[290] Die hörbegierig ihr in kleinem Nachen
Bis hieher nachgefolgt seid meinem Schiffe,
Das mit Gesange seine Bahn durchmißt,
Kehrt nun zurück zu eurem Heimatsstrande,
Wagt nicht ins hohe Meer euch; denn ihr wäret,
Verlört ihr meine Spur, gar leicht verloren.
Nie ward das Meer beschifft, das ich befahre,
Mich führt Apoll, Minerva schwellt die Segel
Und die neun Musen zeigen mir die Bären.
Ihr wenigen jedoch, die ihr bei Zeiten
Den Hals gestreckt nach jenem Engelsbrote,
Das Nahrung hier, nie Sättigung gewährt,
Wohl dürft eu'r Schifflein in die hohe Meerflut
Ihr lenken, haltet ihr nur meine Furche,
Eh sich das Wasser wieder glättet, ein.
Die Ruhmgekrönten, die nach Kolchis fuhren,
Erstaunten minder, wie zum Pflüger Jason
Geworden war, als ihr erstaunen werdet. –
Uns trug der anerschaff'ne ew'ge Durst
Nach jenem Reich, das Gottes Stempel trägt,
So schnell fast als der Fixsternhimmel kreis't.
Beatrix sah nach oben, ich auf sie,
Und in der Zeit, in der ein Pfeil ans Ziel kommt
Und fliegt und von der Nuß sich losmacht,
Gelangt' ich dorthin wo ein wunderbares
Gesicht mein Auge auf sich zog; Sie aber,
Der nichts verborgen blieb, was in mir vorging,
Sie wandte sich zu mir so schön als freudig
Und sagte: Richte dankbar nun den Geist
Zu Gott, der uns dem ersten Stern vereint hat. –[290]
Mir war es, als bedeck' uns eine Wolke,
Die licht und dicht war, fest und wie geglättet,
Daß Diamant im Sonnenstrahl sie schien.
Es nahm uns in sich selbst die ew'ge Perle
Nicht anders auf, als wie den Strahl des Lichtes
Das Wasser aufnimmt und in sich geeint bleibt.
War ich nun Körper, und ist's unbegreiflich,
Daß eine Räumlichkeit die andre zuließ,
Wie wenn ein Körper in den andren schlüpfte,
So sollten drum nur heißer wir verlangen
Die Wesenheit zu schauen, welche zeigt,
Wie Gott sich menschlicher Natur geeinigt.
Was hier wir glauben, das wird dort man schauen,
Nicht als erwiesen, nein als selbstverständlich,
So wie die erste Wahrheit, die wir glauben.
Andächtig, wie ich irgend nur zu sein weiß
(Sagt' ich darauf), o Herrin, dank' ich dem,
Der mich der Welt der Sterblichkeit entrückt hat.
Doch saget mir, was sind die dunklen Zeichen
An diesem Körper, die zu Kainsfabeln
Dort unten auf der Erde Anlaß geben? –
Nach kurzem Lächeln sprach sie: Daß die Meinung
Der Menschen da auf falschen Wegen geht,
Wo nicht aufschließen kann der Sinne Schlüssel,
Darf mit des Staunens Pfeil dich nicht mehr treffen,
Siehst du zu kurz die Flügel der Vernunft
Selbst da, wo ihr den Weg die Sinne weisen.
Doch sage mir, was deine Ansicht ist? –
Und ich: Was uns verschieden scheint hier oben,
Bewirkt, so glaub' ich, Lockerheit und Dichte. –
Und sie zu mir: Gewiß wirst du dein Wähnen
In Irrtum tief versunken sehn, vernimmst du,
Was ich dagegen dir entwickeln werde.
Es hat die achte Sphäre viele Lichter,
Die, als an Art verschieden wie an Größe
Erkennen muß, wer auf ihr Aussehn acht hat.[291]
Wenn Lockerheit und Dichte das bewirkten,
So wäre eine Kraft in ihnen allen.
Verschieden nur verteilt nach mehr und minder.
Verschiedne Kräfte müssen unterschiedner
Urgründe Früchte sein; die aber wären
Nach deiner Meinung, bis auf einen, tot.
Und wäre Lockerheit der Grund des Dunkels,
Nach dem du fragst, so wäre ja entweder
Der Mond dort durch und durch so stofflos, oder
In seinem Umfang wechselten die Schichten
Von dicht und locker, so wie fett und mager
In eines Körpers Fleisch verteilt wir sehen.
Das erste würde, wär' es wahr, sich zeigen,
So oft die Sonne sich verfinstert, da ihr Licht
Durchscheinen müßte, wie durch andres Lock're.
Ist dem nun nicht, so ist nur noch das andre
Zu prüfen; wenn ich dann auch dies vernichte,
Wird deine Meinung sich als falsch ergeben.
Durchdringt das Lock're denn den Mond nicht ganz,
So muß ein Endpunkt sein, an dem das Dichte
Das Licht verhindert, weiter vorzudringen.
Dort aber müßte so der fremde Strahl
Abprallen, wie ein farbig Bild vom Glase,
Das hinten überkleidet ist mit Blei.
Nun sagst du wohl, es zeige sich um deshalb
Der Strahl dort dunkler als an andren Stellen,
Weil weiter rückwärts er gespiegelt werde;
Von diesem Einwurf kann, willst du sie machen,
Erfahrung dich befreien, die die Quelle
Von allen Bächen eurer Kunst zu sein pflegt.
Drei Spiegel nimm, entferne deren zweie
Gleich weit von dir, und lasse zwischen beiden
Den dritten ferner ab dein Auge treffen.
Laß hinter deinem Rücken, bist den Spiegeln
Du zugewandt, ein Licht aufstell'n, das alle
Erhell' und rückgestrahlt von allen werde.[292]
Erreicht nun auch, des Bildes Größe nach,
Der fernre Spiegel nicht die beiden nähern,
So siehst du doch gleichmäßig alle glänzen.
Da, so wie von der Kraft der warmen Strahlen
Der Boden schneebefreit sich wieder bloßlegt,
Des Winters Farbe und den Frost verlierend,
Nunmehr dein Geist geworden ist, so will ich
Mit so lebend'gem Lichte dich erleuchten,
Daß du erbeben sollst bei dessen Anblick.
Im Himmel ew'gen Gottesfriedens dreht
Ein Körper sich, in dessen Kraft das Wesen
Vor allem dem beruht, was er enthält.
Der nächste Himmel mit den vielen Lichtern
Verteilt dies Wesen in verschiedne Gaben,
Von ihm verschieden und in ihm enthalten.
Die andren Kreis', in gar verschiedner Weise,
Verteilen ihrer Kräfte Unterschied
Je nach dem Zwecke und je nach dem Samen.
So ist der Gang von diesen Weltorganen,
Von Stufe, wie du nun erkennst, zu Stufe;
Von oben nehmen sie und wirken abwärts.
Nun achte wohl auf mich, wie zu der Wahrheit,
Die du begehrst, ich diesen Punkt durchschreite,
Damit allein du einst die Fuhrt nicht fehlest:
Die Kraft der hei'gen Kreis' und die Bewegung
Muß, wie die Kunst des Hammers von dem Schmiede,
Ausgehen von den seligen Bewegern.
Der Himmel, den so viele Lichter schmücken,
Nimmt von dem tiefen Geist, der ihn beweget,
Das Abbild in sich auf und wird sein Stempel.
Wie ihr die Seele sich in eurem Staube
In Gliedern mannigfacher Art und Zweckes
Auflösen sehet zu verschiednen Kräften,
So wird die Güte der Intelligenz,
Indem sie selbst um ihre Einheit kreiset,
Zur Vielfachheit in der Gestirne Wirkung.[293]
Verschiedene Kraft tritt in verschiedner Mischung
Zum Himmelskörper, welchen sie belebt,
An ihn sich, wie an euch das Leben, bindend.
Aus der gemischten Kraft strahlt durch den Körper
Die freudige Natur, von der sie herstammt,
Wie aus lebend'gem Augenstern die Freude.
Das ist es, und nicht Lockerheit und Dichte,
Was einen Stern verschieden macht vom andren:
Ein wesentlich Prinzip, das Hell und Dunkel
Je nach dem Maße seiner Güt' erzeuget. –
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