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Die Freibeuter.
Sie segelten am Tage des Vollmondes im Dezember 1686 mit gutem Winde ab, und nachdem ich und Freitag sie bis an den Strand begleitet, glückliche Reise und baldige Zurückkunft gewünscht hatten, kehrten wir zurück nach Hause. Freitag war bei dem Abschied von seinem Vater sehr betrübt, und ich selbst war gerührt, doch dabei vergnügt, denn nach siebenundzwanzig Jahren und einigen Tagen war dies die erste Anstalt, die ich zu meiner Befreiung aus dieser Einöde wirklich ausgeführt hatte, und die vernünftigerweise die größte Wahrscheinlichkeit eines glücklichen Erfolgs versprach. Alle meine Gedanken und Beschäftigungen waren jetzt ausschließlich auf meine nahe Abreise, auf meine Ankunft in England, und alles dessen, was dort meiner wartete, gerichtet. Ich machte ein schriftliches Verzeichniß von allem, was ich mit nach Europa nehmen wollte, worunter vorzüglich die von beiden Schiffen geretteten Sachen und das Geld sich befanden, das jetzt wieder in seinen vollkommenen Werth trat, und legte alles zurechte, um weder etwas zu vergessen, noch aufgehalten zu werden.
In dieser Stimmung erwartete ich die Zurückkunft Gusmans und seines Begleiters mit Ungeduld, und da bereits acht Tage verflossen waren, nicht ohne Unruhe wegen den übrigen Spaniern, als Freitag mich eines Tages frühe aus dem süßesten Morgenschlummer weckte, indem er freudenvoll ausrief: Herr! Herr! sie sind gekommen! sie sind wieder da!
Ich sprang sogleich auf, warf meine Kleider über, und unbekümmert um alle Gefahr, lief ich ohne Gewehr dem Strande zu; aber wie groß war nicht meine Bestürzung, als ich kaum aus dem Wäldchen trat, das meine Wohnung umgab, und meine Augen gegen die See richtete, eine Schluppe erblickte, die mit einem Giek- und Foksegel dem Ufer zu steuerte, und kaum noch eine Meile entfernt war. Das war nicht mein Boot, kam auch nicht von der Nordseite, sondern von Südost her, und ich rief Freitag, der schon voraus eilte, ängstlich zurück, mit dem Befehl, sich verborgen zu halten, denn das wären diejenigen nicht, welche wir erwarteten, und ich wüßte nicht, ob es Freunde oder Feinde wären. Wir kehrten erschrocken in unsere Burg zurück, wo ich sogleich mit dem Fernglase meine Warte bestieg, wie ich jederzeit zu thun pflegte, wenn ich etwas befürchtete, und selbiges unentdeckt beobachten wollte. Hier sah ich nun bei dem ersten Blicke ein Schiff, das nicht über zwei Meilen von der Küste entfernt, gegen Südost vor Anker lag, und ich bemerkte[4] ganz deutlich, daß sowohl das Schiff, als das Boot von englischer Bauart waren.
Keiner von Allen, die diese Geschichte lesen, wird im geringsten zweifeln, daß diese Entdeckung mich desto mehr mit Entzücken erfüllen mußte, da ich die größte Ursache zu glauben hatte, dieses Schiff werde ohne Zweifel mit meinen Landsleuten, folglich mit meinen Freunden bemannt seyn, aber diese Freude ward sogleich durch eine Menge von Zweifeln und Besorgnissen verdrängt. Was konnte wohl ein englisches Schiff in diesen Gewässern suchen, wo die Engländer keinen Handel treiben, wo kein Weg von oder zu ihren Handelsplätzen führte, wohin kein Sturm sie bei der schönen Witterung verschlagen haben konnte? Es war also höchst wahrscheinlich, daß sie in keiner guten Absicht hier landeten, und ich hielt es der Klugheit gemäß, mich verborgen zu halten, um nicht in die Hände von Freibeutern zu fallen.
Niemand verachte die geheimen Ahnungen, die uns zuweilen vor unbekannten, ja unmöglich scheinenden Gefahren warnen, und einen andern Weg anweisen, als den unsere Neigung oder unsere Geschäfte uns gehen hießen, wo es sich nachher zeigt, daß wenn wir diesen eingeschlagen, und uns dem geheimen Winke widersetzt hätten, wir unserm Verderben entgegengegangen wären. Ob diese Ahnungen gewisse Enthüllungen einer unsichtbaren Welt, oder Spuren eines Umgangs mit Geistern sind, kann und will ich nicht entscheiden, daß wir aber deren wirklich haben, werden wohl Wenige läugnen, die auf sich selbst aufmerksam sind.[5] Die Gegenbeweise gründen sich auf Vernunftschlüsse; da steht Meinung gegen Meinung, Stimme gegen Stimme, vielleicht Vorurtheil gegen Vorurtheil. Genug, ich hatte mir schon längst zur Regel gemacht, diesen heimlichen Antrieben zu folgen, wenn ich auch keinen andern Grund dafür anzugeben wußte, als daß ich sie verspürt hatte, und ich befand mich wohl dabei.
Ich war nicht lange auf meinem Hügel gewesen, als die Schluppe sich dem Ufer näherte, da sie aber nicht genug nach Nord fuhr, um die Bucht zu entdecken, so lief sie auf den flachen Strand, welches mir sehr lieb war, denn sonst hätten sie so zu sagen gerade vor meiner Thüre gelandet; so aber konnten sie nun mein Boot in der kleinen Bay nicht leicht entdecken, daraus auf meine Gegenwart schliessen, mich aufsuchen und berauben, doch war ich nicht ohne Besorgnisse. Als sie aus dem Boot gestiegen waren, sah ich deutlich, daß es Engländer, wovon acht mit Säbeln bewaffnet, drei aber ohne Waffen, und wie mir schien, gebunden waren; ein paar von jenen hielt ich anfänglich für Holländer, allein es zeigte sich nachher, daß ich mich geirrt hatte.
Die Gefangenen schienen sehr bekümmert und hoben zuweilen ihre Hände stehend empor; einer derselben schien vor Betrübniß und Verzweiflung ausser sich, und machte die rührendsten und heftigsten Gebehrden. Ich konnte mir nicht erklären, was es eigentlich mit dieser Sache für eine Bewandniß hätte, sondern stand in banger Erwartung da, und fürchtete, die drei Gefangenen möchten getödtet werden, ja einmal sah ich[6] schon wirklich einen von ihren Begleitern den Säbel aufheben, doch blieb es bei der Drohung. Freitag, der auch auf die Warte gekommen war, meinte, die Engländer wollten gewiß ihre Gefangenen eben so gut auffressen als die Wilden, und ich hatte Mühe, ihm das auszureden, aber umbringen, fügte ich hinzu, das möchte leider wohl geschehen. Der Unterschied schien ihm eben nicht groß zu seyn.
Jetzt wünschte ich, die Spanier mit Freitags Vater bei mir zu haben, um diese Unglücklichen zu befreien und zu rächen, da ich aber ihrer Hülfe entbehren mußte, so überlegte ich, wie es am besten anzufangen wäre, mich unentdeckt an sie heranzuschleichen, die drei Gefangenen zu retten, denn ich bemerkte kein Schießgewehr bei ihren Verfolgern, und sah, daß diese an dem Ufer und gegen die Waldspitze, wo wir auf Gusmans Feinde gefeuert hatten, hin und her giengen, ohne sich um die Gefangenen zu bekümmern, welche sich auf die Erde setzten und sich der Verzweiflung überließen. Dies erinnerte mich an jenen schrecklichen Augenblick, wo ich zuerst den Strand erkletterte, mich umsah, nichts als meinen Untergang vermuthete, und an jeder Lebenshoffnung und Hülfe verzweifelte; so saßen auch jetzt diese drei armen Verlassenen am öden Strande, in dem Schmerzgefühl ihres Unglücks verloren, und ahneten nicht, wie nahe ihre Befreiung eben in dem Augenblick war, wo sie sich ohne Rettung glaubten. So kurzsichtig sind wir arme Sterbliche, und anstatt uns mit dem Vertrauen auf die göttliche Vorsehung zu stärken, die uns oft durch eben die Mittel[7] dem Verderben entreißt, die dasselbe befördern sollten, lassen wir den Muth sinken, und machen uns dadurch nur desto unglücklicher.
Als die Schluppe am flachen Strande angelegt hatte, war gerade Hochwasser, und während die Seeleute ausgestiegen, die Gefangenen etwas entfernt davon sich selbst überlassen hatten, und landeinwärts gegangen waren, um das Land zu besehen, war die Ebbe bereits eingetreten, und das Boot lag auf dem Trocknen; zwei Matrosen, die in selbigem zur Wache blieben, und zu viel Branntewein getrunken haben mochten, schliefen bald ein, bis einer von den herumstreifenden zurückkam, und die übrigen herbei rief; allein ihre vereinigten Kräfte reichten nicht zu, die Schluppe los zu arbeiten. Nun, nun, – sagte Einer – sie wird mit der nächsten Fluth schon wieder flott werden. Diese Sprache ließ keinen Zweifel übrig, daß sie wahre englische Seeleute wären, die wohl am wenigsten Klugheit und Vorsicht besitzen. Damit liessen sie es gut seyn und giengen auf's Neue im Lande herum.
Die ganze Zeit über war ich auf meiner Warte geblieben, hatte alles das beobachtet, und war überzeugt, daß sie die Schluppe vor Einbruch der Nacht nicht flott machen konnten, und meine Absicht war, nicht eher etwas zu unternehmen, wo ich dann mehr Freiheit hatte, sie auszuspähen und zu behorchen. Jetzt stieg ich von meiner Warte, wo ich über eine Stunde zugebracht hatte, herab in meine Burg, und war herzlich froh, daß ich so gut verschanzt war. Indessen, da[8] ich wußte, daß ich's nun mit ganz andern Feinden zu thun hatte, als mit den Wilden, setzte ich mich in Verfassung, um mich auf das Aeusserste zu vertheidigen. Ich lud die auf Lafetten stehenden Musketen jede mit drei Kugeln und zerhacktem Eisen, die Flinten mit grobem Schroot und die Pistolen mit zwei kleinen Kugeln. Während der Zeit machte Freitag das Frühstück zurecht, denn an's Essen hatte ich nicht gedacht; das ließ ich mir nun recht gut schmecken, stieg dann von Zeit zu Zeit auf die Warte, um zu sehen, was die Fremdlinge unternehmen möchten. Die Einen giengen in der Gegend, wo sie ihr Boot hatten, hin und her, oder lagen im Schatten des Waldes, der sich bis gegen den Strand hinzog, die Meisten aber sah ich nicht, und befürchtete, sie möchten gegen die Anfuhrt, wo mein Boot lag, oder gar in's Innere des Wäldchens kommen, das meine Burg umgab, doch konnte ich nichts von ihnen hier wahrnehmen. Gegen zwei Uhr Nachmittags, da die Hitze am drückendsten war, war Keiner mehr zu erblicken; sie hatten sich wahrscheinlich in das Dickicht des Waldes begeben, um zu schlafen. Die drei Unglücklichen aber, wegen ihres Schicksals zu sehr bekümmert, konnten nicht schlafen, saßen im Schatten eines Baumes, eine Viertelmeile von meinem Burgwäldchen, und weit von ihren Verfolgern, die hier weder Hülfe für sie, noch ihre Flucht befürchteten, denselben aus dem Gesichte.
Diese Umstände schienen mir zu günstig, um sie zu vernachlässigen, und meinen Rettungsplan länger zu verschieben. Ich nahm zwei Flinten, eine Pistole und[9] einen Säbel, gab Freitag, der ein vortrefflicher Schütze geworden war, drei Musketen, einen Säbel und eine Pistole, die er wie ich in den Gürtel steckte. Mein Ansehen war furchtbar, mit diesen Waffen in meiner Ziegenfellkleidung und hohen Mütze und dem schrecklichen Knebelbart; Freitag sah etwas weniger gespensterhaft, doch immer fürchterlich genug aus. So marschierten wir auf die drei Männer zu, ent schlossen, sie zu retten, und einige Nachricht von ihrem Zustande zu vernehmen. Ich kam ganz nahe an sie heran, und ehe noch mich einer von ihnen bemerkte, rief ich ihnen zu: »Wer sind Sie, meine Herren?«
Sie fuhren erschrocken auf, entsetzten sich aber noch weit mehr, als sie mich in meinem abentheuerlichen Aufzuge erblickten, und es schien, daß sie eher auf Flucht als mir Antwort zu geben bedacht waren, daher sagte ich: »Fürchten Sie sich nicht vor mir, an dem Sie unerwartet einen Freund und Erretter finden.« Einer von ihnen nahm den Hut ab, und antwortete sehr ernsthaft: So muß er denn vom Himmel unmittelbar zu unserer Hülfe herabgesandt seyn, denn von Menschen ist keine zu erwarten.
Rob. Alle Hülfe kommt von Gott. Sie scheinen mir in großer Noth zu seyn; ich sah Sie an's Land steigen, und einer von Ihren Begleitern den Säbel drohend gegen Sie aufheben. Zeigen Sie mir an, wie ich Ihnen beistehen kann.
Er. Sind Sie ein Engel oder ein Mensch? (Bei dieser Frage schien der gute Mann ganz ausser sich zu seyn, und die Thränen flossen die Wangen herab.)
[10] Rob. Ein Engel würde wohl in besserm Anzuge und mit andern Waffen erscheinen; ich bin ein Mensch, ein Engländer, und bereit, Ihnen beizustehen; zwar sind wir, wie Sie sehen, nur Zwei, aber hinlänglich mit Gewehr versehen, um Sie alle zu bewaffnen; machen Sie mich also mit ihrem Unglück und der Art, Sie demselben zu entreissen, bekannt.
Er. Eine ausführliche Erzählung möchte wohl bei den kostbaren Augenblicken und der Nähe unserer Mörder zu lange seyn; jetzt nur soviel. Ich war Kapitän von jenem Schiffe, dessen Besatzung sich gegen mich empört, und mich nebst diesen beiden wackern Männern, davon der eine mein Steuermann, der andere ein Passagier ist, hier ausgesetzt hat, wo wir nichts als den Tod erwarteten.
Rob. Wo sind diese Unmenschen, und haben sie Schießgewehr?
Kapitän. Sie haben zwei Flinten bei sich, und eine dritte liegt noch im Boote. Dort in dem nahen Gebüsche schlafen sie, und ich fürchte, daß, wenn sie uns sprechen hören, sie uns Alle niedermachen.
Rob. So kommt mit mir, damit sie uns weder sehen noch hören, und wir die Sache genauer überlegen können. (Mit diesen Worten zogen wir uns in größter Stille in das Burgwäldchen zurück, wohin sie mir willig folgten.)
Rob. Da Ihre Feinde eingeschlafen sind, so wäre es leicht, sie alle zu tödten; laßt uns also gleich über sie herfallen; oder wollen Sie solche lieber zu Gefangenen machen?
[11] Kap. Zwei von ihnen sind wahre Bösewichte, die keine Gnade verdienten; könnte man sich derselben versichern oder niedermachen, so würden die Andern ohne Zweifel zu ihrer Pflicht zurückkehren.
Rob. Sir, wenn ich nun alles zu Ihrer Befreiung wage, wollen Sie dagegen einige Bedingungen eingeben?
Kap. Ich und das Schiff, wenn wir uns dessen bemächtigen können, sollen in allen Dingen Ihren Befehlen unterworfen seyn, und sollte es auch mit dem Schiff nicht gelingen, so bin ich bereit Ihnen in allem gehorsam zu seyn, und mit Ihnen zu leben und zu sterben. (Eben das versicherten auch die beiden andern Männer.)
Rob. Gut! Ich habe nur zwei Bedingnisse. Erstlich, so lange Sie bei mir auf dieser Insel sind, begeben Sie sich aller Gewalt und stehen unter meinen Befehlen und Gehorsam; die Waffen, die ich Ihnen anvertraue, geben Sie mir auf erstes Verlangen zurück, und geloben, mir und dem Meinigen nicht den geringsten Schaden zuzufügen, sondern vielmehr meinen Vortheil nach Möglichkeit zu befördern. Zweitens: Wird das Schiff erobert, so bringen Sie mich, meinen Diener und alle meine Habseligkeiten unentgeldlich nach England zurück.
Kap. Diese höchst billigen Forderungen lasse ich mir nicht allein sehr gerne gefallen, und verspreche sie aufs redlichste zu erfüllen, sondern ich werde mein Leben jederzeit als ein von Ihnen erhaltenes Geschenk ansehen, und nöthigen Falls für Sie wagen.
Nachdem Er und seine Gefährten mir nun alle[12] möglichen Versicherungen gegeben, theilte ich die drei Musketen nebst Pulfer und Blei unter sie, wofür sie mir ihre Dankbarkeit bezeugten. Nun glaubte ich den Angriff nicht länger aufschieben zu dürfen, sondern hielt für das Beste, Alle auf einmal auf die Meutlinge zu feuern, da sie noch schliefen; wer nicht fiele, und sich ergeben wolle, könne man begnadigen, und übrigens der Vorsehung die Leitung der Schüsse überlassen. Allein der Kapitän sagte sehr bescheiden: so sehr er Ursache hätte, mit dem Betragen seiner Schiffsmannschaft unzufrieden zu seyn, so sehr würde es ihn doch schmerzen, um zweier Bösewichte auch die sechs Andern zu tödten. Seine Menschlichkeit erwarb ihm meine ganze Hochachtung, aber die Nothwendigkeit eines schnellen und entscheidenden Entschlusses war zu dringend, um in halbe Maßregeln zu willigen, die beinahe ohne Ausnahme Ursache alles Mißlingens sind, und ich drang daher auf unverweilten Angriff, als wir mitten in unserm Gespräche zwei Erwachte aus dem Gebüsche treten sahen. Sind das, fragte ich, die beiden Schuldigsten? Als der Kapitän dies verneinte, so erwiederte ich: da die Vorsehung selbst sie aufgeweckt zu haben scheint, so mögen sie sich retten; wenn aber die Uebrigen entkommen, so ist es bloß Ihre Schuld.
Jetzt war auch kein Augenblick mehr zu verlieren. Der Kapitän und seine beiden Gefährten nahmen sogleich die Musketen auf, die ich ihnen gab, und rückten vorwärts. Bei dem Geräusche, das ihr Gang und ihre Waffen verursachten, erwachte ein Dritter von den Seeleuten, sah sich nach der Ursache desselben um, und[13] rief seine Kameraden, die erschrocken aufsprangen, aber in demselben Augenblick feuerten der Steuermann und der Passagier so glücklich, daß einer der beiden Anstifter der Meuterei auf der Stelle todt blieb, der andere aber stark verwundet zur Erde fiel, und die Uebrigen um Hülfe rief; allein der Kapitän, der seinen Schuß weislich aufgespart hatte, warf ihm sein Verbrechen vor, und schlug ihn mit dem Gewehrkolben nieder. Ein Dritter war auch leicht verwundet, die übrigen Drei, als sie mich nebst Freitag herankommen sahen, baten um Gnade. Gleich darauf kamen auf das gehörte Feuern, auch die beiden, die zu ihrem Glück sich zuerst entfernt hatten, herbei, und als sie den Kapitän und seine Gefährten, die ihre Gefangenen gewesen waren, mit Schießgewehr bewaffnet sahen, welche die Letztern sogleich wieder geladen hatten, auch mich nebst Freitag gewahr wurden, die sie nicht kannten, und nicht wußten, wie viel Andere noch kommen möchten, so unterwarfen sie sich gleichfalls, und unser Sieg war voll ständig.
Der Kapitän verwies ihnen ihre Meuterei, doch wolle er ihnen das Leben schenken, und sie niemals verklagen, wenn sie selbige bereuten, und schwören wollten, ihm beizustehen, um das Schiff wieder zu erobern. Sie versprachen alles, was man verlangte, und gaben die größten Versicherungen ihrer Treue und Aufrichtigkeit; der Kapitän war geneigt, ihnen zu glauben und ihnen das Leben zu schenken, wozu ich zwar, jedoch mit dem Bedingniß einwilligte, daß sie, so lange sie auf der Insel wären, an Händen und[14] Füßen gebunden in Sicherheit gebracht würden. Diese Strenge schien mir unerläßlich, um unsere Gefangenen in Furcht, und von unsern Berathschlagungen entfernt zu halten. Ich ließ sie daher sogleich an den Händen binden, und durch den Steuermann und Freitag nach der Grotte bringen, wo ihnen auch die Füße gebunden wurden; wenn sie sich auch ihrer Bande hätten entledigen können, so war es doch unmöglich, daß sie etwas sehen oder hören oder den Rückweg finden konnten. Ich hatte den Verwundeten verbinden, und ihnen Mundvorrath geben lassen. Ich versprach ihnen Freiheit, wenn sie sich still hielten, sonst aber den Tod bei dem geringsten Versuche, sich zu befreien.
Ich überlegte hierauf mit dem Kapitän, was nun weiter zu thun seyn möchte? Es waren noch sechs undzwanzig Seeleute an Bord, welche wußten, daß sie wegen ihrer Meuterei nach den Gesetzen ihr Leben verwirkt hatten. Zwar seyen mehr Verführte als Verführer, und unter jenen mancher Redliche, der nichts mehr wünschte, als zur Ordnung zurückzukehren, aber unter diesen, welche, sobald sie nach England oder nach englischen Kolonien gebracht würden, nichts als den Strang zu erwarten hatten, würden es die Meisten auf das Aeusserste ankommen lassen. Mit offenbarer Gewalt war also nichts auszurichten, und wir mußten suchen, die Leute am Bord durch List in eine Schlinge zu locken, und zu verhindern, nicht in zu großer Anzahl anzulanden und uns zu überwältigen, und dies konnte nur dadurch bewirkt werden, daß wir uns ihrer Schluppe bemächtigten.[15]
Hier fiel mir nun sogleich ein, die eine wäre bereits in unserer Gewalt, und der andern möchte es wohl möglich seyn uns auf ähnliche Art zu bemeistern, da die noch am Bord befindliche Mannschaft ganz gewiß das Boot an Land senden werde, um zu sehen, wo die Schluppe mit ihren Kameraden geblieben sey. Das Erste, was wir zu thun hatten, wäre also, diese unbrauchbar zu machen, damit sie nicht fortgebracht werden könne, und dann abzuwarten, was weiter erfolgen würde.
Nachdem ich dem Kapitän dies alles erklärt und vorgestellt, und seinen Beifall erhalten hatte, giengen wir mit dem Passagier zur Schluppe, nahmen Ruder, Mast, Segel, eine Flinte, ein Pulferhorn, eine Flasche Rum, eine mit Branntewein, Zwieback und ein Stück Zucker von fünf bis sechs Pfund schwer, heraus; das alles war mir sehr willkommen, besonders der Zucker, wovon ich schon seit vielen Jahren keinen gesehen hatte. Als wir alles weggenommen hatten, machten wir ein großes Loch in den Boden des Boots, so daß es nicht so geschwinde zugestopft und dieses unmöglich weggebracht werden konnte. Eben als wir damit fertig waren, kamen der Steuermann und Freitag zurück, und mit ihrer Hülfe zogen wir die Schluppe so hoch auf den Strand, daß auch die höchste Fluth sie nicht erreichen, viel weniger wegschwemmen konnte. Hierauf ließ ich Freitag ein paar Schaufeln holen, womit wir eine Grube machten, und die beiden Leichname darin begruben.
Für jetzt war nichts weiter vorzunehmen, wir nahmen also unsere Beute und Waffen, nebst den zwei[16] andern Flinten, die wir im Gebüsche an einen Baum gelehnt fanden, und giengen meiner Burg zu. Ungefähr auf halbem Wege hörten wir eine Kanone vom Schiffe abfeuern, um wahrscheinlich der Schluppe ein Zeichen zu geben, wieder an Bord zu kommen, und als es nicht kam, hörten wir von Zeit zu Zeit noch mehrere Schüsse. Ich beschleunigte daher meine Schritte, um meine Wohnung und meine Warte zu erreichen. Der Kapitän und seine beiden Gefährten bewunderten meine Festung, und wie ich sie so vollkommen in einem Walde verborgen habe, der, da er bereits zwanzig Jahre gepflanzt und das Wachsthum der Bäume hier viel schneller als in England, jetzt so dicht war, daß man schlechterdings nirgends durchkommen konnte, als auf dem kleinen sich durchschlängelnden Pfad, den ich, damit er weniger betreten und nicht bemerkbar sey, in etwas abwechselte, so daß er nur mir und Freitag bekannt war; dies wäre meine Burg, sagte ich ihm, ich hätte aber auch noch ein Landhaus, wo ich einen Theil der schönen Jahrszeit zubringe, das ich ihm zu einer andern Zeit zeigen wolle.
Ich führte ihn und seine Begleiter sogleich auf die Warte, wohin Freitag uns Ferngläser brachte; hier sahen wir, daß das Schiff am Fokmast eine blaue Flagge in Schau aufgehißt hatte, um dem Boot ein Zeichen zu geben, sogleich an Bord zu kommen; da aber dies eben so wenig half, als die wiederholten Kanonenschüsse, so setzten sie das andere Boot aus. Um dieses genauer beobachten zu können, blieben wir oben, und ich ließ Freitag allerlei Erquickungen für meine Gäste[17] holen, auch Ziegenfleisch theils braten, theils mit Reis kochen, um eine Mahlzeit mit ihnen zu halten.
Als das Boot näher kam, bemerkten wir, daß nicht weniger als zehn Mann darin und mit Schießgewehr versehen waren; wir konnten sie ganz deutlich sehen; der Kapitän erkannte die Leute alle, und schilderte mir ihren Charakter. Leider – sagte er – sind unter allen nur drei brave Bursche, und durch Furcht und die Ueberlegenheit der andern zu dieser Meuterei verführt oder vielmehr gezwungen worden. Die übrigen und besonders der Hochbootsmann, welcher die Schluppe kommandirt, sind die ärgsten Bösewichte, von denen wir alles zu befürchten haben. Leute in unsern Umständen, erwiederte ich, müssen keine Furcht kennen, da jede andere Lage der unsrigen vorzuziehen, und sogar der Tod als eine Rettung aus selbiger anzusehen ist. Ich erzählte ihm kürzlich meine Geschichte, die er und seine Gefährten mit großer Aufmerksamkeit und Verwunderung anhörten, besonders rührte ihn die Art, wie ich Lebensmittel und Pulfer erhalten hatte, und daß es schien, als ob die Vorsehung mich bloß hieher gebracht und mein Leben so wunderbar erhalten hatte, im das ihrige zu retten. Nun denn, sagte ich, wenn Sie das glauben, so fassen Sie auch Muth und Vertrauen. Es ist gut, daß eben die Schlimmsten von den Uebrigen abgesondert sind, desto eher können wir hoffen, ihrer Meister zu werden; nur Eins macht die Sache schwierig, daß nämlich drei brave Bursche dabei sind, die wir schonen und uns zu eigen machen müssen. Diese mit Nachdruck und Streitlust ausgesprochenen Worte[18] erhoben seinen Muth, und er war entschlossen, alles zu wagen. Indessen hatte ich noch wenig Hoffnung zur Eroberung des Schiffes, sondern sie war mehr auf die Spanier gerichtet, die ich täglich erwartete.
Unter diesen Gesprächen kam die Schluppe an den Strand, und ruderte denselben entlang, bis dahin, wo die erst angekommene lag; hier stieg die ganze Mannschaft an's Land, und zog ihre Schluppe hoch auf den Strand hinauf, welches mir sehr angenehm war, weil ich befürchtet hatte, sie möchten sie flott und mit einer Wache besetzt lassen, so daß es uns unmöglich gewesen wäre, dieselbe wegzunehmen; auf diese Art hingegen war es desto weniger schwer, da bald die Zeit der höchsten Fluth und der ähnliche Fall eintrat, wie mit dem Boote. Hierauf giengen sie Alle zu diesem, und wir konnten ihre Bestürzung deutlich erkennen, da sie darin ein großes Loch und selbiges ausserdem seiner ganzen Zurüstung beraubt sahen. Dann erhoben sie insgesammt zwei oder drei Mal einen lauten Ruf, und da dieser seine Absicht verfehlte, indem keiner von ihren erstgelandeten Kameraden darauf antwortete, so stellten sie sich in einen Kreis, und schossen ihre Gewehre auf einmal los, daß es von Felsen und Wäldern wiederhallte. Als auch hierauf nicht das geringste Zeichen des Daseyns und des Lebenserfolg te, bemerkten wir ganz deutlich ihren Schrecken, und sahen sie nach ihrer Schluppe eilen, sie flott machen, einsteigen und vom Strande abstoßen, aber, nachdem sie kaum ein paar Ruderschläge gethan hatten, wieder kommen; wahrscheinlich hatten sie sich über fernere Maßregeln berathen,[19] und wollten jetzt auf nähere Erkundigungen ausgehen, um zu erfahren, wo ihre Vermißten geblieben seyn möchten. Wirklich stiegen sieben aus, und giengen mit einander landeinwärts, drei aber blieben in der Schluppe, welches unsern Absichten sehr entgegen war; denn wenn wir uns auch der sieben, auf Entdeckung ausgegangenen, bemächtigten, so half uns das nicht im geringsten, wenn die Schluppe uns entwischte und an Bord fuhr, wo denn das Schiff fortgesegelt seyn würde; denn es war nicht möglich, uns dieses Boots zu bemächtigen, da es sich in einiger Entfernung vom Ufer vor Anker legte.
Die Sieben, welche an's Land gestiegen waren, hielten sich geschlossen zusammen, und kamen gerade gegen meine Burg zu; als sie aber das Wäldchen zu unwegsam fanden, giengen sie längs demselben hin, und bestiegen einen der Hügel, die sich von meiner Felsenwand westlich hinzogen, und von denen sie eine ausgedehnte Aussicht, besonders über den flachen Theil der Insel gegen Nordost hatten. Als sie den Gipfel erreicht hatten, fiengen sie wieder an zu rufen. Es schien, daß sie sich nicht weiter landeinwärts wagen durften, und sie setzten sich nieder, um wahrscheinlich über ihr ferneres Benehmen zu berathschlagen. Wie gerne hätten wir sie einschlafen gesehen, wie die Erstgelandeten; sie waren aber zu sehr voll Furcht und Schrecken, um nur an Schlaf zu denken, zumal die Sonne sich bereits ihrem Niedergange näherte. Wir machten allerlei Entwürfe, sie anzugreifen, aber sie waren entweder zu gefahrvoll, oder zu wenig entscheidend,[20] oder zu unsicher in ihrem Erfolge und in keinem Falle befriedigend. Es blieb uns also nichts übrig, als abzuwarten, ob uns der Zufall nicht etwa begünstigen möchte, und ihn dann nach Möglichkeit zu benutzen; allein er schien eine sehr ungünstige Wendung für uns nehmen zu wollen, denn wir sahen den ganzen Trupp wieder nach der Schluppe zugehen. Dies war uns sehr ungelegen, und brachte den Kapitän fast zur Verzweiflung, bis ich eine List ersann, um sie wenigstens abzuhalten in die Schluppe zu steigen, und wieder an's Schiff zurück zu fahren. Sie gelang vortrefflich.
Ich hieß den Obersteuermann mit Freitag linksweg nach eben den Hügeln hinschleichen, wo die Seeleute herkamen, doch einwärts dem Walde, um von diesen nicht bemerkt zu werden, und wenn sie dann in einer angemessenen Entfernung hinter selbigen angekommen wären, so sollten sie von Zeit zu Zeit laut rufen, und dies so lange wiederholen, bis die Andern antworteten; wenn dies dann geschehe, so sollten sie selbige durch fortgesetztes Schreien von einem Hügel des südlichen Gebirgs zum andern locken, um sie recht tief in's Gehölze zu verwickeln, doch dabei wohl Acht geben, nicht von ihnen entdeckt oder eingeholt zu werden, auch nicht gegen meinen Landsitz, noch weniger über das Gebirge in das Thal, wo die Grotte war, einzulenken, damit die dort befindlichen Gefangenen nichts hören möchten; wenn sie dann endlich die Andern so weit mißgeleitet hätten, daß sie vor Einbruch der Nacht sich nicht zurechte finden könnten, so sollten sie[21] selbst auf dem kürzesten Wege so bald möglich zurückkommen.
Die Meutlinge riefen eben denen in der Schluppe zu, mit derselben an Land zu legen, als der Obersteuermann und Freitag den ersten Ruf thaten; jene machten sogleich Halt, und beantworteten ihn mit einem lauten Gegenruf, worauf ein neuer Schrei der Unsrigen erfolgte. Sogleich kehrten jene unter beständigem Rufen um, und giengen den fortgesetzten Lockungen immer weiter nach.
Jetzt war der günstigste Augenblick, die Leute bei der Schluppe zu überfallen, und uns derselben zu bemächtigen, denn sie lag am Strande, und es war nur ein Einziger darin geblieben; von den beiden Andern lief der Eine dem Trupp nach, und holte ihn bald ein, der Andere aber gieng bis zu einem etwa zwanzig Schritte entfernten Gesträuche, wo er sich niederlegte; der Kapitän gieng behutsam voraus, und zuerst auf diesen zu, und tödtete ihn durch einen Kolbenschlag auf den Kopf; ich aber und der Passagier giengen auf die Schluppe los, wo sich der Matrose ebenfalls auf die Bank niedergelegt hatte; wir legten ihm die Mündung des Gewehrs auf die Brust, und befahlen ihm, sich zu ergeben; er war so heftig erschrocken, daß er nicht einmal antworten konnte, und unbeweglich liegen blieb. Als der Kapitän auch herbei kam, bat er uns, diesen zu schonen, denn er sey ein braver Bursche; durch diese Rede erholte sich der arme Kerl von seinem Entsetzen, bat den Kapitän knieend um Verzeihung, und schwor, uns bis auf den letzten Blutstropfen treu[22] zu seyn, was er auch redlich erfüllte. Er hieß Robertson.
In der Grotte befanden sich sechs Gefangene, worunter einer verwundet war, zweien war nicht zu trauen, auf die drei Uebrigen aber glaubte der Kapitän sich verlassen zu können; wir entschlossen uns also, sie frei zu lassen, uns durch sie zu verstärken, um dem andern Trupp gewachsen zu seyn. Das Erste, was wir unternahmen, war, auch diese Schluppe so hoch auf den Strand zu ziehen, daß sie selbst mit der höchsten Fluth nicht wegtreiben konnte, und da dieselbe kaum vor einer Viertelstunde den höchsten Stand erreicht hatte, so hatten wir sie nicht weit zu schleppen, doch geschah es nicht ohne große Anstrengung, da wir nur Viere waren, obschon wir Mast, Segel, Ruder und alles, was darin war, herausgenommen hatten, und dann mit uns in die Burg trugen.
Als wir daselbst anlangten, war die Sonne bereits untergegangen. Ich führte meine Gäste in mein Gezelt vor der Felswand, zeigte ihnen auch mein Schlafzimmer und meine Küche, und sie konnten sich nicht genug, sowohl über die erstaunliche Arbeit eines einzigen Menschen, als über die Menge und Ordnung aller vorhandenen Dinge verwundern. Ich hatte Licht angesteckt, und etwas Speise und Trank geholt, um uns zu stärken. Während dem kamen der Steuermann und Freitag zurück, und liessen sich's auch gut schmecken. Sie hatten ihren Auftrag vortrefflich ausgerichtet, indem sie durch Rufen und Antworten auf das Geschrei der ihnen folgenden Kameraden diese von Hügel zu[23] Hügel so weit entfernt, irre geführt, ermüdet, und dann plötzlich ohne weitere Antwort oder Zurechtweisung im Dunkel eines waldigen Thales, bei zunehmender Dämmerung, verlassen hatten, so daß sie vor zwei Stunden, also bei dunkler Nacht, nicht zurück seyn konnten, da sie keinen Weg kannten. Nachdem wir abgespeiset hatten, mußte der Kapitän, der Passagier und Robertson mit Freitag, der unermüdlich war, die drei Gefangenen aus der Grotte holen, die mir als brave Kerls waren gerühmt worden, mit denen wir dann unserer Neune waren, die durch unsere gerechte Sache und den vielversprechenden Erfolg muthvoll und gestärkt, acht verzweifelten, aber sehr abgematteten, erschrockenen, und durch ihre verlassene Lage und die Vorwürfe ihres Gewissens feige gewordenen Meutlingen, überlegen seyn mußten, da wir den Vortheil des Angriffs, der Dunkelheit und der genauen Kenntniß der Gegend für uns hatten.
In einer halben Stunde kam der Kapitän mit seinen Begleitern und den drei Gefangenen zurück. Ich machte diesen lebhafte Vorstellungen über das Schändliche und Gefahrvolle ihrer Meuterei, versprach ihnen aber gänzliche Vergessenheit derselben, wenn sie mir mit einem feierlichen Eide angelobten, uns bis in den Tod getreu zu seyn, und uns beizustehen, das Schiff wieder in Besitz zu nehmen; diesen Eid legten sie mit Freuden und tiefer Rührung ab; nachdem ließ ich ihnen Speise, und hierauf Waffen geben. Dies alles geschah auf dem freien Platze zwischen dem äussern Wall und dem Burgwäldchen, denn ich fand nicht für[24] gut, sie mit dem Innern bekannt zu machen. Unsere Gewehre bestanden aus meinen drei Musketen, drei Vogelflinten und zwei Pistolen, und aus den drei Gewehren, die wir aus der ersten und zwei aus der zweiten Schluppe bekommen hatten, folglich aus zwölf Feuergewehren, ohne die, welche meinen Wall vertheidigten, und aus fünf Säbeln, wovon zwei mir gehörten.
Unsere Feinde kamen eine gute Stunde später bei dem Burgwäldchen vorbei, in welchem wir uns versteckt hielten, und ihre Gespräche deutlich vernehmen konnten; da die Angst die Einen voraustrieb, und die Ermattung die Andern zurückhielt, so waren sie ziemlich weit auseinander, so daß jene diesen zuriefen, geschwinder zu gehen, aber sie antworteten, daß sie vor Müdigkeit halbtodt wären, welches uns sehr angenehm zu hören war. Der Kapitän und einige Andere meinten, man sollte jetzt über sie herfallen; da wir aber die zwei Bessern in der Dämmerung nicht unterscheiden konnten, die ich doch eben so ungern als meine eigenen Leute der Gefahr des Todes oder der Verwundung bloßstellen mochte, theils weil sie brave Bursche waren, theils weil wir ihrer zur Eroberung des Schiffs bedurften, so stellte ich ihnen das vor, und hielt sie zurück, hieß aber Freitag nebst dem Passagier so nahe an die Feinde heran schleichen, als es unentdeckt geschehen konnte, und ich folgte mit den Uebrigen, am Rande meines Wäldchens, nach.
Es ist unmöglich, ihre Bestürzung lebhaft genug zu schildern, als sie nicht nur das Wasser größtentheils[25] abgelaufen, und die Schluppe auf dem Trockenen, sondern auch diese der Ruder, des Masts und der Segel beraubt sahen. Wir hörten diese abergläubigen Menschen in den kläglichsten Jammertönen einander zurufen, sie müßten sich in einer bezauberten Insel befinden, die von Gespenstern oder bösen Menschen bewohnt wäre, von welchen sie zerrissen oder sonst niedergemacht würden, wie ihre Kameraden. Der Hochbootsmann, der Anstifter der ganzen Meuterei, der ärgste Bösewicht und jetzt der feigste Kerl von Allen, lief mit gerungenen Händen hin und her, und wußte vor Angst nicht, was er thun sollte; auch die Uebrigen waren in Verzweiflung, giengen bald in's Boot, bald wieder heraus, bald an's Ufer, bald nach den nahen Gebüschen, bald hielten sie sich ganz still, bald beklagten sie ihre Lage, bald riefen sie ihre verloren geschätzten Kameraden bei ihrem Namen.
Der Hochbootsmann kam mit zwei Andern gegen die Stelle, wo der Kapitän stand, welcher so sehr gegen ihn erbittert war, daß er kaum warten konnte, bis er nahe genug war, um ihn nicht zu verfehlen, doch hielt er, obwohl mit Mühe, an sich, so daß der Steuermann Zeit gewann, sich neben ihn zu stellen; dann feuerten sie beide zugleich auf die drei Meutlinge. Der Hochbootsmann blieb auf der Stelle, der Andere ward am Arm und der Dritte im Unterleib verwundet, woran er nach einer Stunde starb.
Diese Schüsse und das Geschrei der Verwundeten setzten Alles in Bewegung; ich rückte sogleich mit den bei mir habenden vier Matrosen vor, und der Passagier[26] nebst Freitag kamen auch heran, während dem der Kapitän und Steuermann ihre Gewehre wieder ladeten, und sich dann zu den beiden Letztern stellten. Es war so dunkel, daß es unmöglich war, unsere Stärke zu beurtheilen, da der Wald hinter uns die Finsterniß vermehrte, und ganz voll Truppen seyn konnte. Ich hieß Robertson den Feinden zurufen, um zu vernehmen, ob sie sich ergeben wollten?
Er rief also: Thomas Smith! Thomas Smith! Dieser erkannte ihn sogleich an der Stimme, und antwortete: Bist du's, Robertson? Ja, erwiederte dieser, um Gotteswillen ergebt Euch, sonst seyd Ihr alle des Todes; der Hochbootsmann und drei Andere sind todt, Wilhelm Frie ist tödtlich und zwei Andere sind leicht verwundet, und ich nebst den Uebrigen gefangen. Hierauf entgegnete Smith: wem sollen wir uns ergeben, und werden wir Pardon erhalten? Jener sagte hierauf: Dem Kapitän müßt Ihr Euch ergeben, der mit fünfzig Mann hier steht. Dieser nahm hierauf selbst das Wort: Ihr kennt meine Stimme, Smith! Ich schenke Euch allen das Leben, ausser Atkins. Ach! um Gotteswillen, rief dieser kläglich aus, ach Kapitän, gebt mir auch Pardon, was habe ich mehr gethan als die Andern? Der Kapitän antwortete: Ich kann dir nichts versprechen, Atkins, denn Du bist viel schuldiger als alle Uebrigen. Ergebt Euch ohne Einwendung, sonst kömmt Keiner davon. Dies wirkte; sie legten das Gewehr nieder, und der Kapitän nahm sie mit den sechs ihm treuen Männern seines Schiffs gefangen, und führte sie durch das Wäldchen auf den freien Platz[27] zwischen diesem und dem äussern Walle. Hier redete er sie mit Nachdruck an, verwies ihnen ihr Vergehen, stellte ihnen die traurigen Folgen desselben vor, da sie wahrscheinlich Seeräubereien hätten treiben wollen, und endlich den verdienten Lohn mit dem Strange erhalten hätten. Ihr glaubtet mich an eine öde Insel auszusetzen, aber es gefiel Gott, es so zu leiten, daß ein Britte Gouverneur derselben ist, von dem jetzt euer Leben abhängt; da er Euch durch mich selbiges geschenkt hat, so wird er Euch vermuthlich nach England senden, um den Gerichten übergeben zu werden. Sie schienen Alle sehr niedergeschlagen zu seyn, und ihr Verbrechen zu bereuen, baten auch den Kapitän sehr demüthig um Verzeihung und um seine Verwendung bei dem Gouverneur.
Unter diesem vielbedeutenden Titel meinte er niemand anders als mich; da aber mein Anzug demselben keineswegs entsprach, so hielt ich mich mit Freitag zurück, denn es war von der größten Wichtigkeit, den sinnreichen Einfall des Kapitäns zu benutzen, obgleich es nicht verabredet war. Ich ließ durch Freitag dem Steuermann heimlich sagen, zu mir zu kommen, und sagte ihm in wenigen Worten meine Absicht, die er als ein verständiger Mann sogleich begriff. Er begab sich wieder zum Kapitän, und sagte ihm: Sir, der Gouverneur verlangt Sie zu sprechen. Melden Sie, erwiederte er, Seiner Exzellenz, daß ich zu Dero Befehl stehe und gleich kommen werde. Die fünf Gefangenen glaubten nun nicht anders, als der Gouverneur befinde sich mit Truppen in der Nähe. Auch[28] dem Kapitän theilte ich meine Meinung mit, und bezeugte ihm zugleich meinen Dank für seinen vortrefflichen Einfall. Dann trat ich mit ihm hervor, und er sagte ihnen, daß ich vom Gouverneur beauftragt sey, über ihr Betragen zu wachen, und sie mit dem Nöthigen zu versorgen; daß sie ohne meine Erlaubniß sich nirgends hinbegeben sollten, und daß der geringste Versuch zu entfliehen die augenblickliche Folge haben würde, auf die Festung gebracht und erschossen zu werden. Da sie mich nicht als Gouverneur kannten, so war es mir leicht, mehrere Rollen zu spielen, was mir sehr gut gelang; ich sprach sehr viel vom Gouverneur, von der Festung und von der Garnison, band dann mit Hülfe Freitags die Gefangenen mit Stricken, und führte sie in die Grotte zu den zwei Andern, ein Gefängniß, das für so erschrockene Menschen desto fürchterlicher, je weniger es andern ähnlich war. Wir wälzten einen Stein vor den Eingang, und thaten als ob wir Schildwache stehen, und von Zeit zu Zeit ablösen liessen. Zu dem Ende sandte ich Freitag bald allein, bald mit einem Andern während der Nacht zur Grotte, um die Gefangenen zu belauschen. Da ihr Schicksal von ihrem Betragen abhieng, so konnte ich versichert seyn, daß sie sich stille halten würden, zumal ich ihnen keinen Mangel ließ.
Da für jetzt nichts weiter zu thun war, ließ ich für Robertson und die Drei, die sich von der ersten Schluppe mit uns vereinigt hatten, in der Geschwindigkeit zwischen beiden Wällen ein Zelt aufschlagen, und eine Streue von Stroh zurecht machen, sandte[29] ihnen auch Speise und Trank; Freitag mußte jedesmal die Leiter in's Innere zurückziehen.
Hier hielt ich nun mit dem Kapitän, dem Steuermann und Passagier Rath, wie wir uns des Schiffs bemächtigen könnten; die Unternehmung mußte noch vor Anbruch des Tages ausgeführt werden, und es mochte bereits zehn Uhr seyn, wir hatten also keine Zeit zu verlieren. Ich glaubte meine Befreiung schon so gewiß und nahe, daß ich mich beredete, die gefangenen Seeleute würden sich gerne zur Wiedereroberung des Schiffs gebrauchen lassen. Ich ersuchte also den Kapitän mit dem Steuer mann, nach der Grotte zu gehen, um zu erforschen, wie Manchem derselben noch zu trauen wäre, um uns durch sie zu verstärken; Freitag zeigte ihnen mit einer brennenden Kerze den Weg dahin.
Der Kapitän wiederholte ihnen seine Verweise, und stellte ihnen vor, daß der Hochbootsmann, der Anstifter der Meuterei, nebst vier seiner eifrigsten Gehülfen getödtet, folglich die Verschwörung so gut als vernichtet sey, da ihr Haupt fehle; es würde also eben so nutzlos als gefahrvoll für sie seyn, wenn sie in ihrer Widersetzlichkeit beharren wollten, da der Gouverneur entschlossen sey, nur diejenigen zu begnadigen, welche redlich das Ihrige dazu beitragen würden, das Schiff wieder zu erobern, die Uebrigen aber würden in Ketten gelegt, und nach England oder in eine brittische Kolonie gebracht und den Gerichtshöfen übergeben werden, ausser Atkins, dem er anzukündigen habe, daß er morgen früh würde aufgehängt werden.[30] Es herrschte in dieser Anrede eine Strenge, welche die größte Wirkung that. Atkins fiel auf die Kniee, und flehete den Kapitän, sich bei dem Gouverneur für ihn zu verwenden; die Andern beschworen ihn ebenfalls Alles anzuwenden, damit sie nicht den Gerichten überliefert würden. Gut, antwortete der Kapitän, ich werde Verzeihung für Euch zu erhalten suchen, aber wie gesagt, das ist nicht genug; das Schiff wieder zu erobern, das ist die Hauptsache, von der alles abhängt. Jetzt versprachen sie ihm nach Matrosenart mit den gräulichsten Verwünschungen, ihm bis auf den letzten Blutstropfen treu zu seyn, ihm das Schiff ohne anders wieder zu schaffen, mit ihm zu gehen, wohin er sie führen wolle, da sie ihn für den Retter ihres Lebens, für ihren Vater hielten, worauf er entgegnete, daß er Seiner Exzellenz von ihren Gesinnungen Rapport machen, ihre Bitte bestmöglich unterstützen, und ihnen von dem Erfolg Nachricht geben wolle. Als er mir dies gemeldet, ich mich aber in der Zwischenzeit mit dem Passagier berathen hatte, erwiederte ich, unsere Sicherheit erfordere, nicht allzu nachgiebig zu seyn, und sandte ihn mit der Antwort zurück: Die sechs gesunden Gefangenen sollten zur Unternehmung zugelassen werden, dagegen sollte Atkins nebst den zwei Verwundeten als Geiseln im Gefängniß bleiben, und ohne weiteres Urtheil sogleich aufgehängt werden, wenn die Andern ihren Eid brechen würden; diesen mußten sie dem Gouverneur auf das feierlichste in die Hand des Kapitäns schwören, der dazu beauftragt war, denn – sagte er – ihr seyd nicht meine Gefangenen, sondern[31] die des Gouverneurs. Nach abgelegtem Eide brachte er die sechs Freigelassenen mit, und nun bestand unsere ganze, zur Wegnahme des Schiffs bestimmte Mannschaft aus folgender Anzahl. Erstlich: der Kapi tän, der Obersteuermann und der Passagier. Zweitens: fünf Freigelassene von der ersten Schluppe. Drittens: Robertson, Thomas Smith und drei Freigelassene von der zweiten Schluppe, also in allem dreizehn Mann. Atkins und zwei Verwundete lagen gefangen in der Grotte, und Fünfe waren todt. Ich und Freitag konnten aber der Unternehmung auf das Schiff nicht beiwohnen, denn wir durften unsere Insel, unsere Güter und die Gefangenen nicht verlassen.
Jetzt war das Letzte aber das Schwerste, die Wegnahme des Schiffs, noch übrig. Wir hatten schon, während der Kapitän zu den Gefangenen gegangen war, das Loch im Boote zugemacht, und dieses sowohl als die Schluppe mit dem Steuerruder, Mast, Segeln und Riemen ausgerüstet, worüber der Steuermann die Aufsicht übernommen hatte. Dann hielt ich mit ihm, mit dem Kapitän und dem Passagier Kriegsrath, und wir kamen darin überein, daß man wo möglich Gewalt und List zugleich anwenden müsse, um jene durch diese zu verstärken, denn es waren noch sechszehn Mann auf dem Schiffe, welche mit allem Erforderlichen versehen, und vermuthlich entschlossen waren, sich bis auf den letzten Blutstropfen zu vertheidigen, oder mit dem Schiff davon zu segeln.
Als nun beide Fahrzeuge zur Abfahrt bereit waren,[32] begleitete ich nebst Freitag den Kapitän mit seinen Truppen bis zur Anfuhrt, wo sie sich einschifften. Er, der Passagier und fünf Mann bestiegen die Schluppe, der Steuermann ebenfalls mit fünf Mann das Boot, und nachdem ich ihnen Glück zu ihrer Unternehmung gewünscht hatte, fuhren sie um Mitternacht ab, ich aber blieb bis gegen zwei Uhr, von Hoffnung, Furcht, Ungewißheit und Ungeduld geschmeichelt oder gequält, am Strande, denn ich würde im vortrefflichsten Bette doch nicht haben schlafen können; aber ungefähr um diese Zeit wurden vom Schiffe sieben Kanonenschüsse gethan; dies war das verabredete Zeichen der gelungenen Ausführung, und man muß so lange als ich auf einer öden Insel gelebt haben, um das Entzücken zu fühlen, das mich durchströmte, als ich jetzt das Zeichen meiner Befreiung vernahm. Ich sank auf meine Kniee, und das glühendste Dankgebet stieg zum allgütigen Vater empor, der mich diesen langersehnten Augenblick erleben ließ. Dann gieng ich mit Freitag nach Hause und zu Bette, wo ich vor Ermattung, die ich erst jetzt zu verspüren begann, sehr bald in einen tiefen Schlaf fiel, aus dem ich durch einen starken Kanonenschuß geweckt wurde. Ich warf mich sogleich in die Kleider, und bestieg mit einem Fernglase meine Warte, wo ich schon den Kapitän fand, der mich mit den Worten umarmte: O mein Freund! Mein Erretter! Dort liegt Ihr Schiff; es gehört Ihnen nebst allem, was wir besitzen.
Jetzt wandte ich meine Augen gegen die See, und erblickte das Schiff, kaum eine Meile vom Strande[33] entfernt, in der Bucht vor Anker liegen, denn sobald er sich desselben bemächtigt hatte, war er, durch Wind und Fluth begünstigt, bis dahin gesegelt, um mir näher zu seyn, und nachdem er alle Anordnungen getroffen, und dem Steuermann den Befehl während seiner Abwesenheit übertragen hatte, war er in der Pinasse, bis zu der Anfurt, wo mein Boot lag, gefahren, so daß er beinahe vor meinem Burgwäldchen ausstieg.
Jetzt war meine Befreiung gewiß. Ein gutes Schiff wartete meiner, um mich dahin zu bringen, wo ich's begehrte. Dieses Glück wirkte so heftig auf mich, daß ich lange sprachlos da stand, und in Ohnmacht gesunken wäre, wenn die Umarmungen des Kapitäns es nicht verhindert hätten; er gab mir einen stärkenden Schluck Kordialwassers. Dies brachte mich wieder zurechte, doch mußte ich mich auf die Erde setzen, und es verfloß eine gute Weile, ehe ich wieder sprechen konnte. Der Kapitän, der eben so entzückt, aber nicht so hart angegriffen war, wie ich, sagte mir tausend zärtliche Dinge, und meine Rührung löste sich in sanfte Thränen auf, so daß ich bald mein Bewußtseyn und die Sprache wieder erlangte. Jetzt umarmte auch ich meinen Befreier, der vom Himmel zu meiner Erlösung gesandt schien, und die wundervolle Verkettung der Umstände war mir ein neuer Beweis von der Leitung einer gütigen und weisen Vorsehung, die selbst an den entferntesten Enden der Erde Rettung herbeizuführen weiß.
Als ich mich erholt hatte, stiegen wir in meine Wohnung herab, wo Freitag bereits aufgeräumt und[34] das Frühstück bestellt hatte; aber der Kapitän sagte: Er hätte mir ein Frühstück vom Schiffe gebracht, und ich möchte Freitag zu der Anfurt senden, um seinen Leuten zu sagen, selbiges herbeizubringen. Dieser lief auch gleich hin, und während dem erzählte mir der Kapitän, wie es mit der Eroberung des Schiffs zugegangen.
Als sich die Schluppe dem Schiffe näherte, befahl er dem Robertson, der wachenden Schiffsmannschaft zuzurufen, sie brächten das Boot nebst den darin befindlichen Matrosen, die sie erst spät und nach langem Suchen gefunden hätten; mit diesen und ähnlichen Berichten wußte er sie so lange hinzuhalten, bis die Schluppe an Bakbord gelegt hatte. Der Kapitän und der Passagier erstiegen zuerst das Schiff, und säbelten den Bootsmannsmaat und den Zimmermann nieder, die ihnen zuerst begegneten, ohne sie zu kennen; die andern Fünfe hielten sich auch sehr brav, so daß man des Halbdeks bald Meister war. Gleich darauf legte auch das Boot an Steuerbord an, und nachdem die Mannschaft hinaufgeklettert war, wandte sie sich gegen den Bak, um auch den Vordertheil des Schiffs zu säubern; von da drangen sie in die Vorlucke und in die Wohnstelle des Kochs, den sie mit zwei andern Meutlingen zu Gefangenen machten. Nach diesem wurden die Lucken geschlossen, damit die Mannschaft, zwischen den Decken, den Uebrigen nicht zu Hülfe kommen möchte. Der Kapitän und der Steuermann liessen dann die Verdecke und Lucken, besonders die zur Pulferkammer und die Gewehrkiste besetzen, und befahl[35] dann dem Steuermann, mit drei Mann die Kajüte anzugreifen, wo der neue Kapitän, von dem Getümmel erweckt, bereits aus dem Bette gesprungen, und nebst zwei Matrosen sich bewaffnet hatte. Sobald jene die Thüre aufsprengten, gaben diese Feuer auf sie, so daß einer getödet und zwei leicht verwundet, dem Steuermann aber der linke Arm zerschmettert wurde, was ihn aber nicht hinderte dem neuen Kapitän eine Pistolkugel durch den Kopf zu jagen; als die beiden Matrosen ihn fallen sahen, so ergaben sie sich. Jetzt waren nur noch acht Mann, denen man zurief, sich zu ergeben, sonst wären sie des Todes; sie weigerten sich auch keinen Augenblick, man öffnete eine Lucke und ließ sie heraufsteigen. So war denn der rechtmäßige Kapitän ohne fernern Widerstand wieder im Besitz seines Schiffs, worauf er sogleich befahl, der Festung das verabredete Zeichen, durch sieben Kanonenschüsse, zu geben, welches auf die Schiffsmannschaft einen tiefen Eindruck machte.
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