Vierter Auftritt.

[197] Hr. v. Kiel. Der Landrath in andern Kleidern, in einem Buche lesend, tritt von der Rechten auf.


HERR VON KIEL. Ah Herr Landrath! Nun, völlig wieder hergestellt? Wollen wir nicht unserer Scheibe nun einige Wunden schlagen? Ich hole sogleich die Pistolen.

LANDRATH. Erlassen Sie mir's, Herr von Kiel, ich bin nicht sonderlich dazu gestimmt.

HERR VON KIEL. Ah, Sie fürchten wohl heut gegen mich zu verlieren.

LANDRATH. Wie könnte ich? Sie wissen ja selbst, wie selten Sie treffen.

HERR VON KIEL. Ja ich kann auch nicht so langweilig zielen wie Sie, ich schlage an, drücke ab, dann muß die Kugel sitzen.

LANDRATH. Sie sitzt aber nicht, sie geht vorbei.

HERR VON KIEL. Heut wird sie's nicht thun. Kommen Sie doch, was soll man denn sonst hier vor Langerweile anfangen?

LANDRATH. Ich kann darüber nicht klagen.

HERR VON KIEL. Ja Sie schleppen sich auch mit Büchern[197] umher, das ist nicht mein Gusto. Nun kommen Sie, liebster Landrath.

LANDRATH. Meinetwegen.

HERR VON KIEL. Ich habe die Scheibe schon im Weingange aufstellen lassen.

LANDRATH. So nah' dem Schlosse? Sie wissen, daß Fräulein Elise das Schießen fürchtet.

HERR VON KIEL. Ei, sie muß sich daran gewöhnen.

LANDRATH. Ich weiß nicht, ob Sie ein Recht haben, meine Cousine zu erziehen, ich maße mir es nicht an; dort werde ich nicht schießen.

HERR VON KIEL. Nein, Sie sind doch der skrupulöseste Mensch von der Welt! Nun gut, ich lasse die Scheibe hinter in den Park tragen, wo wir gestern schossen und hole Sie hier ab. Geht links ab.


Quelle:
Eduard Devrient: Dramatische und dramaturgische Schriften, Leipzig 1846, S. 197-198.
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