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[3] Madame Welldorf. Dann Sophie.
MADAME WELLDORF unruhig umhergehend. Sie, kömmt nicht. Sie weiss, mit welcher ängstlichen Ungeduld ich nach ihr aussehe, und kommt nicht. – O dies schreckliche Leben! Ich könnte wünschen, dass nur Alles aus, Alles entschieden wäre. So wär' ich doch ruhig. – – Horchend und dann entgegen. Endlich! Ja, sie ist es; ihr Gang. – Nun? Nun, Sophie?
SOPHIE ausser Athem. Ah Madam! Wer doch lieber nicht reden dürfte![3]
MADAME WELLDORF erschrocken. Wie?
SOPHIE. Die Geissel sollen fort. Ohne Gnade. – Schon in der Nacht, sagt man, ist der Befehl gekommen. – Die Anstalten sind schon alle gemacht; die Freunde, die Anverwandten nehmen schon Abschied; es kann sich auss längste noch eine Stunde hinziehn, dann geht es fort: und hier der Herr – ach hoffen Sie nur für den keine Schonung! – Ich hörte, als der Oberst die Namen abrief – –
MADAME WELLDORF. Dass er auch ihn nannte? auch ihn?
SOPHIE. Ihn zuerst. Und so laut! – Ich würde Sie nicht erschrecken, wenn ich nicht zu gewiss wäre. Aber ich stand so nahe.
MADAME WELLDORF in Angst. Sophie! –
SOPHIE. O, Sie müssen nur einen Entschluss fassen; nur gleich! Sie müssen nur Anstalten machen, ihn fortzuschaffen.[4]
MADAME WELLDORF. Ihn fortzuschaffen?
SOPHIE. Er hat hier doch noch Freunde – hat Anverwandte –
MADAME WELLDORF. Gab er denn nicht sein Ehrenwort, sich zu stellen? Ist Er der Mann, das zu brechen? – Würd' er nicht, ohne dies Ehrenwort, noch gleich den Übrigen im Gefängniss liegen?
SOPHIE. Sagen Sie eher: im Grabe.
MADAME WELLDORF. Um so schlimmer! Das vermehrt noch seine Verpflichtung. – Und wenn ich ihn auch zur Flucht zu bereden wüsste; wo sollt' ich mit einem Sterbenden hin? mit einem Manne, der kaum noch Kraft hat, von seinem Sessel bis an sein Bett zu taumeln? – Soll ich denn selbst ihn tödten, damit nicht Andre ihn tödten?
SOPHIE. Aber dann – ich bitte Sie: was bleibt übrig, Madam?
MADAME WELLDORF. Nichts. – Leider![5] nichts. Du hast Recht. – Ich muss ihn Gott in die Arme werfen, und muss kommen lassen, was kömmt. – Nach einigem unordentlichen Umhergehen. Aber doch – wie wenn der Arzt für ihn spräche?
SOPHIE. Der Arzt?
MADAME WELLDORF. Er ist bekannt mit dem Oberstern; hat ihm Dienste gethan. – Lauf! lauf! Du wirst ihn noch finden, hoff' ich; es ist noch frühe. – Sag' ihm, in welcher Unruhe ich bin; sag' ihm, dass er zum Obersten eilen, dass er sich erst näher erkundigen, dass er dann versuchen soll, was sein Fürspruch – –
SOPHIE auf dem Sprunge. Genug! – Zeit ist kein Augenblick zu verlieren. Ich weiss schon Alles. Ab.