3. Szene

[239] Belian, Marpalye, der Narr, die Wächter und Krieger Belians, der Fremde, der Waffenmeister, die Frauen Belians.

Auf einen Wink des sehenden Wächters gegen links sind von dort viele Bewaffnete, durchwegs sehr reich gerüstet, eingetreten und haben sich teils im Hintergrunde aufgestellt, teils um den Thron gruppiert. Marpalye sitzt dicht zu Füßen Belians, der Narr nimmt seinen Platz vorn unten an den Thronstufen wieder ein. Auch mehrere reich geschmückte, sehr schöne Frauen setzen sich auf die Stufen. Die ganze Gruppe, vom goldbehängten Belian gekrönt, ist ein Bild größter, reichster Pracht.

Der erfahrene Wächter, der mit den Kriegern kam, winkt nach rechts und der Fremde und der Waffenmeister treten von dort ein. Sie sind wie im vorigen Bilde. Der Fremde, ohne sich zu neigen, sieht über alle hinweg. Da treffen sich seine Blicke mit denen der Marpalye und bleiben bewegungslos ineinander ruhen.
[239]

BELIAN. Willkommen, Fremdling. Belian und alle, die dienend ihn umgeben, grüßen dich und bieten dir sich selbst und alles, was du um dich siehst.

DER FREMDE ohne den Blick von Marpalye zu lösen. Im Namen dessen, der mich führt, entgegne ich den Gruß.

BELIAN. Wer führt dich, Fremder?

DER FREMDE. Der die Sterne hält.

BELIAN zuckt. Die Sterne ...?

DER SEHENDE WÄCHTER in unterdrücktem Jubel. Die Sterne ...!

MARPALYE wie träumend. Sterne ...?

BELIAN. Nimm, was um dich ist! Dich bringt ein langer Weg. Verweile, raste, genieße, bleibe, wo du hältst.

DER FREMDE. Noch halte ich nicht am Ziel.

BELIAN auf seine Umgebung weisend. Erfüllung ihrer Fahrt ist diesen allen Belian. Sei du auch einer von den unsern. Jeder Weg von dieser Burg, wenn du selbst einen fändest, kann dich nur abwärts führen. Höher stieg noch keiner, als zu mir. Und trieb die Sucht wohl den und diesen, sich mir gleich zu heben, so bot ich ehrlich jedem Kampf.

DER FREMDE. Ich komme, du siehst es, unbewehrt und fordre nichts. Nur Gastrecht, Mensch dem Menschen, eine Nacht. Dann laß' mich ziehen. Auf Marpalye sehend. Weg ist alles.

BELIAN. Nein! So scheidet keiner, der in meine Grenzen den Fuß gesetzt. Wer mir nicht dienen mag, der herrsche über mich, oder er falle, versagen Hand und Auge ihm die Kraft. Ein Sklave scheinst du nicht. So ist der Kampf dein Teil. Nenn' deinen Preis.

DER NARR. Entscheide, Freund: Um Gold, um Herrlichkeit, um Weibes Süße kannst du die Schneide zücken. Auch um alles mit einem Wurf es wagen. Wenn ich dich beraten darf: Laß' ab. Es lohnt sich nicht zu kämpfen, wo man selbst als Sieger nur verlieren kann.

DER SEHENDE WÄCHTER neben dem Fremden. Stoß' deinen Sternenspeer dem Alten in den Leib und sei das Neue ...!

DER WAFFENMEISTER hinter dem Fremden. Hier ... nimm dein Schwert ... und schlag' dich durch. Ich decke den Rücken dir ...!

BELIAN. Was raunen sie dir zu, der weise Schwächling da, der Schwärmer dort, und hinter dir der väterliche Rabe? Nenn' deinen Preis, du Mann ...

MARPALYE langsam, den Fremden unverwandt ansehend. Sag' deinen Preis.

DER FREMDE fest. Wenn ich zum Kampf mich stelle, ist der Preis mehr, als du dein nennst.

BELIAN. Mehr, als einer hat, setzt keiner auf das Spiel.[240]

DER FREMDE. Doch weiß nicht jeder, wieviel er hat. Um Gold und Macht und Lust rang ich mit Riesen, Drachen, bösen Alben im Anfang meiner Fahrt. Auf ihrer Höhe gilt Höherem mein Kampf. Nun hält dein Bann nicht nur, was dir bewußt und mich nicht müht: Dem Reinen, jenseits trüber Gier und Sucht, dem heilig Einen, dein, doch dir verhüllt, ihm heb' ich meine Waffe ...!

MARPALYE visionär zum Narren. Fand dein Lied ein Ende, Narr ...?

DER NARR verzweifelnd. Es ist, es ist kein Ende! Glaub' nicht daran ...

BELIAN. Ich hab' dein Wort. Der Morgen weckt uns zum Messerwurf. Steht auf; schnell zu Marpalye. Denk an den Trank ...! Zum erfahrenen Wächter. Es wird ein harter Kampf ... Schaff' mir den Speer ...!


Alle wenden sich zum Gehen.

Verwandlung.


Quelle:
Bruno Ertler: Dramatische Werke. Wien 1957, S. 239-241.
Lizenz:
Kategorien: