1. Szene

[245] DER WAFFENMEISTER. Ich trau' ihm nicht. Er wird nicht ehrlich fechten. Auch ist die Art dir fremd ... wie alles hier.

DER FREMDE hat das Fenster aufgestoßen. Kein Licht ... Kein Weg ...

DER WAFFENMEISTER. Und diese Heidenhexe ... Halb Kind ... halb Dirne ...

DER FREMDE macht eine jähe Bewegung, wie im Schreck.

DER WAFFENMEISTER. Sagtest du etwas?

DER FREMDE dreht sich dem Waffenmeister zu und sieht ihn einen Augenblick schweigend an; dann. Wenn meine Wanderschaft nun hier ein Ziel aus Streit und Sieg und Neid gefunden hätte ... in enger, doch erfüllter Welt ...? O Freund, mein Blut, ich fühl' es, schwillt, ein Abendmeer, in breiten Wellen seinem Ufer zu.

DER WAFFENMEISTER. Noch steht dir Kampf bevor ...

DER FREMDE. Seit ich den Preis erschaut, verfielen Not und Weg. Was soll ein Kampf bedeuten, wo die Wahl geschah und Gott sich selbst bejahte? Dies erkennen ist schon dein Sieg. Und selbst ein Feind voll Haß kann reiner Kraft nur Weg zum Lichten sein.

DER WAFFENMEISTER zweifelnd, ahnend. Zum Lichten ...?

DER FREMDE. Ja ... Zum oft Verratenen, das uns die Treue hielt, zum einfach Klaren.

DER WAFFENMEISTER erschrocken. Zu Marpalye ...?

DER FREMDE. Nicht, was du so nennst, ist mir der Preis.

DER WAFFENMEISTER drängend. Hier ... Nimm dein Schwert ... Solange die Sinne dir gehorchen, such' den Weg aus dieser Burg. Ich will dir Schild und Speer ... Sieht um sich. Wo ist dein Speer ...?

DER FREMDE sieht hin. Wie ...?

DER WAFFENMEISTER. Selber lehnte ich ihn hier an die Wand. Der Junge stahl den Speer ...!

DER FREMDE. Er nicht ...!

DER WAFFENMEISTER. Gleichviel! Du bist verloren, Herr! Geschändet.. Ohne Waffe ...

DER FREMDE stark. Ist es so gezielt, Herr Belian?! Dann lerne sehen, du blinder König über blinde Sklaven: Ein Arm, zu heiligem Kampfe frei erhoben, gilt mehr als tausend feile Söldnerspeere![245]

DER WAFFENMEISTER drängt ihm das Schwert auf, holt Schild und Helm. Schnell fort ...!

DER FREMDE weist das Schwert zurück. Bist du von Sinnen? Nun erst glüht des Zornes Lust in mir! Nimm auch das Schwert, den Helm und Schild, den ganzen Sorgenkram, vor dem die Narren zittern, die nicht sehen, was einen Sieger macht! Reckt die Arme. Jetzt ist mir's frei und heiß wie vor dem ersten Drachen. Lachend. Geh', mein Rabe, geh' ... Ich furcht' den Teufel nicht, seit ich allein mir Waffe bin ...

DER WAFFENMEISTER. Ich will dich schützen, Herr ...

DER FREMDE drängt ihn sanft aber bestimmt in die Türe links. Noch nie, seit wir selbander auf weiter Fahrt sind, war ich stärker. Geh' ...


Der Waffenmeister nimmt Schwert und Rüstung und geht zögernd nach links ab.


Quelle:
Bruno Ertler: Dramatische Werke. Wien 1957, S. 245-246.
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