Das Dreitzehend Capitel.
Was bedeitet werd durch Plau und Weiß, auch nach Natürlicher weiß.

[178] So hört ihr nun, ihr seit dann daub, das Weiß bedeit freud, wollust und kurtzweil: unnd nit unfüglich noch übertieffklüglich, sonder sehr billich, naturmüglich und tüglich welchs ihr auch werd billichen, wann ihr, hindan gesetzt alle[178] An oder Onmutungen, das jenig, so ich jetz also par will außführen, wollet on Fußscharren und räuspern anhören. Nun Silentium, das Maul zu oder etc.

Aristoteles schreibt, so man zwey widerwärtige ding inn ihrer art und specie, als gut und Böß, Tugend und Laster, warm und kalt, schwartz und weiß, Lust und schmertz, freud unnd leid unnd andere widerstrebende sachen zusamen halt und vergleicht, da muß notwendiglich folgen, wann ihr sie solcher gestalt gegen einander stellt, das so das widerspil eynes, mit dem einen, so dem andern zuwider, überein kommet, alsdann das ander wideriges, dem andern überplibenen zugehör. Als exempelsweiß, tugend und laster sind inn einer art specie widerwertig, wie auch gut unnd böß. So nun eins der ersten streitigen specien mit einer der andern zustimmet, als tugend und gut (dann diß besteht ausserhalb allem zweiffel, das tugend gut sey) So müssen von notwegen die andere zwey überigen überein treffen, welche sind Laster unnd böß, dann Laster sind ja böß: das frag man den Erlöß uns vom Beza, der wird uns den betzen zu Bern im Loch zeigen.

Wann ihr nun dise Redwechselig Dialectisch Kunst und Logicalisch Regel ergriffen, so versucht es nun mit anderm, Nembt dise zwey widerstrebende freud unnd leid, darnach dise zwey weiß unnd schwartz: Dann sie streiten naturmäsig und Physicisch widereinander. So ihm nun also, das schwartz bedeitet leid, so wird von rechtswegen Weiß bedeiten freud.

Unnd zwar diese Außlegung ist nicht durch Menschlichs gründelen und Fündelen auffkommen, sonder durch ein allgemeyne Emhälligung der gantzen Welt auffgenommen. Welchs die Philosophi das Völcker Recht heissen, ein rund recht, das durch die gantz Weltründe unwandelbar wandert: und allenthalben gilt ungeändert. Wie ihr dann wol wißt, daß alle Nationen (außgenommen die alte Syracusaner und etliche Argiver, welchen die Seel überzwerch gelegen) alle Sprachen, alle Zungen, alle Völcker, alle Heyden, wann sie äusserlich anzeigen ihr traurigkeit, so tragen sie ein schwartz Kleid.

Welche allgemeyne der gantzen Welt gleichstimmung jedoch also ist auffkommen, das gleichwol darzu die Natur[179] selbs vil notwegliche anleitungen, Folg und schlißursachen gibt, die leichtlich ein jeder on einige unterweisung von ihm selbs kan begreiffen und erkennen, welches wir sonst das Natürlich Recht nennen. Auß welcher anführung und Induction dann, wie gesagt, die gantz Welt durch Weiß hat verstanden lust, Freud, Kurtzweil unnd ergetzlichkeit.

Vorzeiten haben die Traces und Creter durch weisse stein die freudenreiche glückfertige tag verstanden, durch schwartze die traurige unglückselige: wie solche stein die Juden Christo nachwurffen, und heut von vilen böß bottschafftbringern auffgelesen und Damnoclamantisch gebraucht werden. Mir nit des Bottenbrods, ich will mich des Trinckgelts behelffen. Item macht nicht der vilsprachmalerisch Eisenthurn inn seinen Calendern etlich Tag mit schwartzen widerwertigen. (.) Etlich mit Roten unglückhafft, etlich gemeynes Unglücks, vor dem grossen behüt uns Got. Was? Ist nit die nacht traurig, öd, schwermütig, schläfferig, unlustig, schrecklich, Gespänstgrausend, Hechssenführig, Katzenmautzig, Todenleychig, unnd etwas Höllischer art? Daß sich auch ein sprichwort daher angespunnen, die Nacht sey niemands Freund, unnd derwegen unholdselig, unfreundlich, ja Feindselig unnd feindlich? Dann sie ist schwartz, dunckel unnd Finster auß mangel: was aber mangel leidet, ist unvollkommen und derhalben unglückhafft.

Hingegen erfreut nicht die klarheit, der Tag und das Liecht die gantz Welt? Ist aber der tag nit weiß, so muß Marcolfi rechenung mit der Milch fälen, darüber Salomon ful. In summa es ist weisser als kein ding. Welches ferrner zu beweren kan ich euch auff das Buch Laurentz Valle wider den Bartolum De Insignii weisen. Aber der Evangelisch Spruch wird euch vernügen, da staht, Seine Kleider worden so weiß als das Liecht. Durch welche Weisse der Herr seinen Jüngern das Himmlisch Leben wolt einbilden. Dann durch klarheit wird alles was Menschlich ist erfreut: Wie ihr dann ein Sprüchwort von einer alten pflegt zuhaben, welche, wiewol sie keinen Zan im Halß hat, doch alle morgen Bona Lux sagt: Deren geful der Schnee hie noch wol, besser als dort die Pfaffenkolen, oder das Tyrannodisciplinisch Lemanisch Bad im Genfischen Todenmeer.[180]

Unnd lieber sagt nicht Tobias, da er sein Gesicht verlohren: Was freud kan ich haben, sintemal ich nicht des Himmels Liecht sihe: Auch bezeugen es meine Juristen, l. inter Claras. C. de sum. trin. ibi. nihil est etc. In solcher Farb Kleydung erzeigen sich die Engel gemeynlich, wann Gott etwas Freudhaffts auff Erden wircket. Auch sah inn solcher gestalt Johan in der Offenbarung im Ewigseligen Jerusalem alle Gleubige gekleidet.

Leset beide Griechische unnd Römische Geschichten, so findet ihr, daß die Statt Alba, so der erst Model unnd Patron der Statt Rom gewesen, gebauet unnd genant sey worden nach einer weissen Sau, die da gefunden worden. Wer sie schwartz, oder halb und halb, wie man die Hund schiert, gewesen, sie hettens dahin nicht gebaut, sonst wers ihr wie Troia gangen, die ein schwartze Sau im Wapen führen: Darumb hat Keyser Carl der Machtgroß, den Sachssen, nach dem sie Christen worden, das Westphalisch schwartz fal oder Pferd im Wapen in weiß verkehrt. Ihr werd auch finden, das wann einer an den Feinden einen Sig erholet, also das ihm deßhalben vom Rhat inn Triumphirender gestalt zu Rom einzuziehen gegont war, solchen Triumph mit Weissen Pferden vollprachte. Ihr findet weiter, das Pericles der Athener Kriegsoberster gebot, das diß theil seins Kriegsvolcks, welchem das Loß der weissen Bonen zugefallen, den gantzen tag rhüig in freuden und kurtzweil zuprächte, unter des das ander theil stritte, unnd fechte.

Noch andere Tausent Zeugnuß rneher könt ich zu diesem fürnemmen dienstlich anziehen: Aber was darff ich vil knöpff an einer Bintzen suchen, ich möcht sonst die Halffter am Barrn vergessen. Nicht deß minder, hab ich euch durch diß weitläuffig erzelen gar geschickt gemacht, also daß ihr durch vorgesetzter stuck erkantnuß, itzund könt ein frag, welche Alexander von Aphrodis unaufflößlich schätzte, schön auflösen. Warumb der Löwe, ab welches Prüllen alle Thier erschrecken, allein den weissen Hanen förchte und ehre. Dan solches geschieht darumb (wie Proclus im buch vom Sacrificio und Magia meld) Weil der Sonnen krafft, welche ein ursach unnd zeug alles Irdischen und gestirnigen Lichts ist, sich viel reimet, schicket unnd Artet in dem Weisen Hanen,[181] also daß sie auch an der Farb außspricht: Demnach dan das Licht, wie erwisen, weiß ist, und der Löe das Feuer scheuet, wie auch der Elephant, vil meher scheuet er das Sonenartig Thier, welches von hitz gantz schneweiß wie der Tag worden: Dann des Feuers und Sonnen wirckung ist inn ihrer krafft weiß: Daher den Latinern die Kolen candiren.

Ja ich will noch weiter sagen, das in Löen gestalt offtermals sind die Teuffel gesehen worden, welche, so bald ein weiser Han darzu kommen und gehebt worden, plötzlich sind verschwunden.

Daher kams, das die geyle, gobelige, gogelige, guckelhanige Gallier (mit wölchem Namen die über Reinige Francken benant werden, von wegen daß sie gemeynlich weiß sind wie Milch im Kolsack, welche die Griechen Gala nennen) gern weisse Federn auff den Hüten tragen. Weil sie von Natur freudig, Lustig unnd (mit zweyen Worten zusagen) leichtsinnig unnd leichtfertig sind: dantzen auff eym Fuß, wa ein Schweitzer Baur zwen bedarff, gleichwol nicht rahtsam ist, sich von eym solchen Heyne von Ury mit Füssen tretten zulassen: Ja dise Feder Francken können den gantzen Leib mit der Beckelhauben im stürm decken, da ein breiter Plateiselschwab auß seim Rucken ein Rückkorb macht, so vil steyn trägt er darvon: Ja hupffen wie ihr Katzenspiliger Ball, scheissen nicht dan im flug: eh ein anderer auffsteht, sind sie ein halbe stund gelegen, springen einem meher umb ein Haller, als ein Botter Holländer, oder ein enzwey geprochener Lamer Seeländer umb ein Thaler. Sie bestehen wie ein Beltz auff seinen ärmeln. Darumb haben sie auch die allerweissest, zartest unnd hinfelligest Plum die Lilg zu eym zeychen im Wapen.

Und darumb secht ihr, auch wie die Zimmerleut die feinen Hanen, also hui sind, wann sie über die Plöcher springen, das machen die Hanenfedern, die sie auff den Hüten stecken haben. Auch die Dänen, welche Gorop von den Hanen herreimet, wann sie im schwimmen das Geses hinden außburtzelen: dann es geht, wie Magister Pileatoris in tertia sui spricht, Quamvis arte nates, tamen apparent tibi nates. Wann schon schwimmest nach der Ars, sicht man dir doch den Arß:

So ihr aber fragt, wie die Natur uns unterweise, durch[182] weise farb freud zuverstehn. Antwort, die vergleichung, conformitet, proportz und zusammen reimung darin halt sich also folgender massen. Gleich wie daß weiß eusserlich das gesicht vertheilet, verstreiet, spatzieren und splaciren füret: Also enscheiden, ermunteren, erstäuberen, erquicken und erspatzieren sich auch davon die gesichtliche Spiritus oder augenscheinliche lebkräffte: nach meynung des Aristotels in seinen fragen von der perspectiff. Wie ihr dann solches inn greifflicher erfarung empfindet, wann ihr durch Berg und Thal mit Schnee überdecket, reyset, da klaget ihr bald, ihr sehet nicht wol, die augen thun euch wee, wie auch solches seinem Kriegsvolck geschehen sein Xenophon schreibet: auch Galen: lib. 10 de usu partium erkläret: wiewol mich jener Vilochssenfuß bereden wollen, der Schnee sey schwartz, Gott geb ihm ein gute zeit, wa er auch schwartzen Schnee mit weissen Kolen distillier.

Wann sich nun die ergetzlichkeit inn das Gesicht schicket, reicht es folgends einwertz zum hertzen, welches alsdann von fürtreflicher freud innwendig gar zerlöset, ein öffentliche erlassung des lebhafften Geistes verursachet. Welche folgends also übermässig mag zunemmen unnd außgelassen werden, daß ein hertz warhafftig von seiner auff und unterhalt kan entsetzt, entblöset und beraubt werden: und also folglich das leben auß Pericharischer überfreudigkeit verlieren unnd erleschen, wie Galen: sagt lib. 12 Method: lib. 5 de locis affectis, und lib. 2 De Symptomaton causis. Unnd wie solches Mar. Tull. im Ersten Buch Tusculanischer fragen, auch Verrius, Aristotel, Livius, nach der Schlacht vor der Cannen geschehen sein bezeugen. Item Plini lib. 7 c. 3 2 und 53 Aul. Gell: lib. 3. 15 unnd andere vom Diagora von Rodo, vom Chilon, Sophocle, Dion dem Tirannen von Sicilien, Philippide, Philemon, Polycrate, Philistion, M. Juventi, Bapst Julio unnd Leo, die alle vor freuden starben: darumb muß man sie, wo sie jetzund sitzen, mit kaltem Wasser beschütten, sie lachen sich sonst wider lebendig.

Wie deßgleichen auch Avicen im 2. Canon und im Buch von den Viribus des hertzens schreibet vom Safran: welcher also das hertz erfreuet, daß er einen zu tod kützelt, unnd durch überschwenckliche und überflüssige erlassung, Dilatation[183] und verstreyung das leben nimpt, wann mans zu vil über sein maß einnimpt. Hiezu hebt unnd leset auch den Aphrodisischen Alexander im ersten Buch inn der 119. frag. Unnd diß auß ursach. Unnd auß welcher? Hey kleine Häflin lauffen bald über. Ich vertieff mich zu ferr inn diser Materi, wiewol ichs zu anfang nicht im sinn gehabt. Derhalben laß ich hie mein Segel nider, unnd spar das überig inn unser Vollendal. Und schließ entlich mit eim wort, ihr wolt mir wie euerem Beicht Vatter diß falls glauben, blau bedeut gewißlich den Himmel und Himmlische Sachen, gleich wie das Weiß freud und lust bedeut. Weiter darff ich nicht sagen, dann wann man ein ding zu vil lobet und liebet: gemeynlich viel falsches damit unterstiebet: Und wie man spricht. Wer sein Frau lobt unnd sein Kunst, der käm ihren gern ab umbsonst. Ach ich hab viel zugedencken, wie der Schultheiß im Bad, der nicht wußt, ob er gezwagt hatte.

Quelle:
Johann Fischart: Geschichtklitterung (Gargantua). Düsseldorf 1963, S. 178-184.
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