Das Sechs und zwentzigst Capitel.
Wie Gurgellantula mit der massen feiner zuchtlehrung unnd Lehrzucht durch D. Lobkundum von Ehrnsteig ward unterricht, daß er kein stündlin vergebens hinricht.

[251] Als Kundlob von hohen Ruhmsteg die undietlichkeit und schädliche weiß zuleben seines undergebenen Gurgelmans erkant, ward er zu rhat ihn in studierung guter Künst anders anzuweisen. Aber übersah es ihm die ersten tag, inn betrachtung, daß die Natur die plötzliche änderungen wegen der gewaltsame, on verdrüßlichkeit nicht wol überstehet und außhart. Derwegen solch sein vorhaben füglicher ins werck fort zusetzen, bat er ein Weisen Artzet derselbigen zeit, genant[251] Herr Theodor Lilgenkol oder Lüllenkul (vom geschlecht des Ehrwürdigen Latinzarten Herren Lilii, dessen der Priscianus vapulans Kautreckkodrisch wol gedencket) darauff bedacht zusein, den Gargantubald auff bessere pfad zubringen: Er Cullingius etwas klüger, doch nicht glückhaffter, als der Baur, welcher ein heilige allgmeinhilffliche Purgatz seinen verlohrenen Esel zufinden einnam, und denselben als er sich zu pflütteren beim Zaun nidersetzet, durch die Hurst ersahe: gieng gleich hin und rüstet ihm ein Teuffelsbannige scharffe Purgatz von Anticirischem Helleborischem Nießwurtz zu, gab ihm die ein, unnd reiniget ihm damit alle verruckung, verschupffung, alteration unnd verkehrte disposition und unwesenlichkeit des Hirns. Wundert euch diß, es dundert noch schlägt doch noch nicht. Es hat doch der Warsager Melampus (der also genandt ward von dem einen schwartzen fuß: dann als ihn sein Mutter Kindsweiß inn ein Wald ließ vertragen, ward ihm inn der eil alles verdeckt ausserhalb eim fuß, welchen die Sonn gar schwartz brante) derselb Schwartzfuß hat mit der schwartzen Nießwurtz, oder Daubmäl, des Königs Proeti unsinnigen Töchtern wider zu recht geholffen, unnd die ein Tochter Hüpschnäßlin darmit verdienet. Hat der nicht wol genießt, so sagt ihm, Gott helff euch. Was sag ich vom schwartzen Mäl am Fuß? Cameades der Philosophus mit den langen Negeln, hat nimmer ein Buch anfangen zu schreiben, er hat zuvor die schwartz Christierwurtz (welche die Narren Christwurtz nennen) gebraucht. Darumb haben alle Würtzler umb Bingen unnd Mentz, auch damals, als Lingeculius für unser Strotzgurgel das Recept macht, die Clistierwurtz auff der Ingelheimer Heyd all ergraben unnd zutragen müssen, also daß es die Venediger, denen mans hievor Ruckörbenweiß zugetragen, sehr geklagt, auch die Bingheimer Meuß, so deren gelebt, vor leid seidher gestorben. Nun mit disem Hirnhölenborn bracht Kundlob zuwegen, daß er alles das, welchs er zuvor unter seinen alten Lehrmeistern eingesogen, vergaß, gleich wie etwann der Musickünstlich Meister Timotheus seinen Lehrjüngern that, die zuvor von anderen Musicweisern underricht waren worden. Dann nicht weniger müh ist, böse angenommene unart abzugewinnen, abzuziehen unnd zuentwehnen, als von Neuem[252] zu rechter weiß anzuführen, zugewehnen, unnd gute art zuentlehnen. Derhalben solches bekömmlicher außzuführen, führet er ihm zu Gefehrten und Gesellen zu, weise Leut, alle die er da antreffen mocht: auß welcher beiwohnung er ihnen änlich zu sein oder vortrefflicher zuwerden, auß eifer entzündet, noch großmütiger ergeysteret unnd hertzhaffter ermanet, einen begirlichen gelust unnd sehnliche begird bekam auff andere gestalt sein studieren anzurichten, unnd sich auch wol begabt von angearteter scharffsinne zuerweisen. Dann es ihm auch jetzund anfieng an die Bindriemen, wie dem Hercule, zugelangen: Da ihm auff dem wegscheid Frau tugend mit Buch unnd Rocken, unnd Frau Wollust, mit Lauten und eim Weinkelch der Hurn in der Offenbarung bekamen, und jede auff ihren weg ihn bereden wolt. Derwegen solchen mut nicht under der Aschen erstöcket ligen zulassen, sondern mit dem Blaßbalg strenger anmanung und unabläßlicher übung mehr auffzublasen, richtet ihm Kindlob sein studium auff ein semliche weiß an, daß er nit eine tagstund unnützlich verzeret, sondern all sein zeit inn Schrifftgründung und ehrlichen zu Weißheit förderlichen künsten und übungen zubracht. Also ward alleweil Gargantua dahin gewänet, daß er umb vier uhren morgens erwachet. und under deß er sich mit eim helffenbeinen Sträl, von gantzen Helffanten zänen zusammen gefügt, kämmet, und mit eim höltzinen Reißbürstlein das Haupt kratzet und rib, laß man ihm etwas auß heyliger Geschrifft, mit verständlicher prononciation durch einen jungen Knaben, bürtig auß dem Land, da man (Kompt ihr) grüsset, genannt Anagnostes: Darauff kondt er Gott des andächtiger anruffen: dann was der Mund annimpt zukauwen, daran hat der Magen zudauwen. Was darff man viel Bettglöcklein? seinds Puff oder Stoßgebettlein, so gibt eins jeden anligen genug Notpüff unnd Notstöß zum Gebett: derhalben behulff er sich nit der Gebettformular, die heut ein jeder Cantzelstand und Predigstulbeschreiter zusamen klittert, damit er auch wie ein Schwalbennest am Hauß, an Doctor Geßners Bibliotheck oder ins Suppliment zugeflickt werde: aber sie werden mir im andern theyl zur Liberi noch wol bekommen, und wird sie kein Lumroff schützen, es sey dann ein frommul. Folgends gieng er zur heimlichen reinigkeit, sich[253] der natürlichen däuungsmateri zuentladen. Demnach widerholet sein Preceptor was gelesen war worden, unnd legt ihm die schwerverständlichsten puncten auß. Kehrten alsdan wider umb, unnd besahen gelegenheit des himels, ob er noch solcher gestalt, wie sie ihn den vorigen abend gemerckt, geschaffen: Unnd inn was zeichen Sonn unnd Mon denselben tag gang, unnd solche ohn die Nörnbergischen lebendigen Aeurlein, unnd ohn ein Uhrwerck im Mönster zu Straßburg: Allweil man diß vorhett, under des war er angethan, gestrält, vom Schuh biß zum hut, außgebutzt, geräuchert unnd erlabt, also das wann er nur gebeicht het, wer er mit dem nechsten pergamenseligen in den Himmel gefahren.

Hierauff repetiert und repliciert man die Lection des vorigen tags, das er die nicht im SchulSack verligen ließ. Da recitiert ers außwendig: goß, gründet und gab umb mehr verstands willen desselbigen etlich Exempel von fürfallenden händeln unnd geschäfften, die er oder andere practicirt hetten: Das weret etwan auff zwo oder drey stunden, biß er sich gar außgerüst, eingnestelt, gefegt, inn die Händ gespeitzet, die Stümpff auffgebunden, außgebürstet, ersteubert und erblasen hett. Da kam man erst darnach auff den rechten butzen, that ihm die ordenliche Lection auff drey stunden. Nach vollendung dessen, giengen sie hinauß auff Ferripfatetisch, conferierten und unterredeten sich von einhalt der gehaltenen Lectur, und fügten sich hiemit auff das grün Bruch, oder auff die Schweitzermatten, die Reinisch Wisen, und die Schwäbisch Au, da spilten sie des Ballens, sprangen der Röck, stiessen der Böck, des Handballens, des überkreyßschenckens, der Grubenkinder, des Rucksprungs, des Häuschreckensprungs mit gleichen füssen fürsich, des Jungfrauwurffs durch die Bein, der Barr, des Wettlauffs, des einbeinigen Thurniers, der Garnwind, des Brennjagens, der fünff Sprüng der weitest, und anders, damit sie eben so weidlich den Leib übten, als sie zuvor das Gemüt und die Seel geübt hetten. Unnd stunden solche Spiel ihnen frey, dann sie liessen davon ab, wann es ihnen geful: Und hörten gemeinlich auff, wann sie über den gantzen Leib vor schweiß tropfften, wie ein Badschrepffer, oder sonst ermüdet waren. Darauff trockneten, wischeten und riben sie sich sehr wol, zogen frische hemder[254] an, neue kleyder über alte Filtzläuß, und gingen damit allegemachlich fuß fur fuß zu hauß, zusehen ob der Imbiß fertig sey. Under deß sie nun warteten, prachten sie beredeter, divisierlicher, Discurirlicher, avisirlicher weiß die zeit zu, mit erkündigung unnd erwegung allerley zeitung, discutirung etlicher Antiquitteten, erzehlung etlicher schöner Sprüch, die sie auß der Lection behalten hatten. Welchs sie nicht lang triben, da fing sie der Herr Happetit von Darmstatt unnd Eßlingen an zureiten: Satzten sich derwegen ordenlich zu Tisch. Zu anfang des essens laß man etwan ein Lustige Hystori von der alten Dapfferkeit: Biß er ein Trunck Weins gethan hett.

Alsdann, wa es ihm gefellig, fuhr man inn der Lectur fort, oder wa nicht, fiengen sie an kurtzweilig sich mit einander zubesprachen, unnd gemeinlich zum allerersten nach form des Philosophischen Mensæ, oder der Plutarchischen Gastreden oder Zechkallung, von krafft, Tugend, stärck, eigenschafft und Natur alles dessen, was ihnen zu Tisch auffgetragen ward: als von Prot, Wein, Wasser, Saltz, Speiß, Fischen, Früchten, Ops, Kraut, Wurtzeln, und wie solch stuck auffs gesundest unnd nach dem Mentzischem Kochbuch zubereiten. Mit welcher Tischweiß er inn kurtzer zeit alle die örter und allegationen, so zu disen sachen auß dem Plinio, Atheneo, Dioscoride, Polluce, Galeno, Porphirio, Opiano, Polybio, Heliodoro, Aristotele, Eliano unnd anderen, so hie von etwas gedacht, angezogen und gefunden werden, kondt wissen, unnd ohn sondere müh ergreiffen: Pflegten auch offt, meherer vergwissung halben, die gemelte Bücher über Tisch darzureichen. Dadurch er benante stück also fein und vollkommenlich inn gedechtnuß behilt, das damals kein Medicus war, der halb so vil het verstanden als er. Darnach redeten sie wider von den desselben Morgens gelesenen Lectionen. Zu letzt endeten sie ihre Malzeit mit eim Catoniatconfect, oder küttenlatwerglin, mit korkraut vermengt: da fieng er an ein weil seine zän mit eim gespitzten Gribelspißlein vom Mastichbaum zusteuren, seine hend unnd augen mit frischem Wasser zuweschen, und endlich mit etlichem schönen Lobwasserischen, Marotischen, Mentzerischen, Waldischen, Wisischen etc. Psalmen unnd lidern, zu lob Göttlicher mildgüte[255] gemacht, danck zusagen: Als nun diß für über, trug man Karten auff, nit zuspilen, sondern vil hundert geschwindigkeiten, kurtzweil unnd neuwe fündlin zu leren und zulernen: welche alle auß der Rechenkunst entstunden: durch welche angeneme weiß er ein lustneigung zu derselbigen zalkunst bekam: wie auch wol sonst viel ohn Karten, wann sie nur vil gelts zuzalen hetten: O rimpffen lehrt fein rechenen. Unnd also pracht er alle tag nach Mittag und nachtimbiß die zeit auff das kurtzweiligst zu, wie man auff Würffeln unnd Karten erdencken mag. Auch verstig er sich inn derselben Plätterkunst unnd Augenrechnung also hoch, daß er beides inn der Theorie unnd Practic, inn ertürung und erprechung derselbigen vortreflich ward berümt. Dann Tunstal der Engelländer, welcher weitläufig davon geschriben, selber ihm den Preiß gab, unnd bekandt, das er inn vergleichung seiner, weniger darinn als inn Knifwendischer, Frisischer, unnd alter Britannischer Wallischer sprach verstand. Unnd nicht allein inn deren, sondern inn anderen Matemathischen Weißheitkundlichkeyten unnd erfarungskünsten nicht minder, als inn Geometry, Astronomy und der Music. Dann inn dem er der verdäuung und Konkochsion seiner eingenommenen Speiß außwartet, rüsteten unnd Zimmerten sie daneben viel tausend lustige Instrument und Geometrischer Figuren: übten und Practicirten also damit die Astronomysche Hauptregelen unnd Canones: so gut als het sie Gamnitzer, Apian, Lescher, oder sonst ein Eysenmenger von Weil entworffen.

Nachgehends hatten sie ihren mut Musicisch mit vier und fünff stimmen zufiguriren, auß allerlei Partes, wie es Gernlachs Erben zu Nörnberg Trucken möchten: Ungefährlich wie die Baierisch Capell: oder sonst der Kälen zu lieb, diezuüben und zuentrostigen, ein gut gesetzlin Bergreyen, Bremberger, Villanellen, unnd Winnenbergische Reuterliedlin zusingen, zu gurgelen und im Halß Nachtigallisch zu dichten und zuüberwerffen: Und solchs wann sie mutig warn, dann wann der Mut sigt, so singt man Mutsig nit Mutlig.

So viel die Instrument der Music betrifft, so lernet er auff der Lauten spilen, auf dem Spinet, der Harpffen, der Teutschen Zwerchpfeiff, dem Polnischen Sackpfeifflein, den Braunschweiger Hermele, die sie inn die Aermel stecken, der[256] Cytthar, dem Zincken, den Posaunen: Aber die HarschHörner unnd Alpenhörner sambt den Trommeten sparten sie zur andern zeit, der Flöten auff neun Löchern, der Geigen, des Hackprets, unnd der Sackebutte. Nach dem also die zeit angewendet und die verdäuung vollpracht worden, Purgiert er sich des natürlichen und innerlichen überlastes: Füget sich folgends zu seinem fürnemesten Principalstudiren auff drey stunden, oder ferner, eins theyls sein vorgenommen Buch oder Matery außzufüren, auch dann ein weil zuschreiben unnd die Feder zufüren, unnd die alte Römische, so man die Lombarchsch nennet, Schrifft recht zu arten, unnd zuformieren. Deßgleichen auch ander Sprach Schrifften mit rechtem Schreiberischem grund zugestalten: Da wußt er was mit dem breiten theil, was mit fleche der Federn zumachen, wußt das recht unnd Linck Eck der Feder, ihr Spitz und Schneid, wie die Fechter auff ihrn Wehrn (dann die von der Feder geben gute Fechter, und schirmen mit Federklingen unnd Lemmerkengeln manchen auß dem Land) Er wüßt wie die Rauten zumachen, wußt das Quadrangels Zirckels Eck, der Circuls fläche gewunden, auffgezogen, verlängt, die selberwölte, die sichtige und unsichtige Puncten: das geschweifft: das gebogen: das hol: die Schlangenliny: die Schneckenliny: die zerstreiung der Buchstaben unnd ihr vergleichung, er kondt die gelegte, die gebrochene, die Current Schrifft: die Versal unnd Canon: Schier wie ein Dintenklitteriger GuldenSchreiber unnd Schlangenzügmaler, als hets ihn der Nef von Cölln, oder der Neudörffer und Prechtel zu Nörnberg gelehrt.

Auff diß alles giengen sie auß, unnd mit ihnen der offtgedacht Kammerjung Kampkeib, sonst genant Gymnastes, ein guter Federfechter, der underwiß ihne in allen Ritterlichen übungen sehr kunstfertig. Da schickten sie sich inn ein andern bossen, verwechselten die Kleider, hingen den Schulsack an ein nagel, da schwang er sich zu Pferd, da saß er auff ein ungesattelts, ein gesattelts, mit sporen, ohnsporen, auff ein licht Roß, ein kürißPferd, ein Harttraber, ein Hochheber, ein Hochstampffer, ein Sanfftzeltner: ein Jungfraudiener: ein Rennroß: da stach ers an: da mußt es traben: treischlagen: Rennen, gengen: anhalten: Passen: Schreiten: heben: Hässiren: Zabelen: Galopen: Lufftspringen: Außspringen, auflänen:[257] Schweiffen: hacken, über den graben unnd wider herüber, durchs Wasser und wider dadurch setzen: Schwimmen: Klimmen: über den Pfal: über die Schrancken: über Eppelins Häuwagen: Albrecht von Rosenberg hat ein Rößlein, das kan wol reuten unnd traben etc. Eng in eim ring lincks und rechts umbkehren: sich Zäumen: Sperren: Prangen: feldschreyen: Feldmütig: Forstrutig: Und was dergleichen geradigkeit mit Pferden zutreiben ist. Doch prache man nicht vil Schäfftlin, dann was soll diß Spißprechen, diß Rumpellantzen. Es ist die gröste Narrheit die man erdencken mag, wann ainer kompt und sagt: Ich hab im Thurnier: oder Scharmützel zehen Rennsper erprochen: ein Schreiner könds auch thun: es ist auch ein handel für Schreiner Inn der Faßnacht brechen die Fischer auch kolben Stangen im Schiffthurnier: es ist als wann einer vermeint groß Fisch mit zufangen, wann er etlich Algäuische Deller kan nach einander auff eim Finger oder an der Stirnen zerschlagen, oder zwischen jedem Finger mit eim Deller Fünff Nuß auff quetschen: Diß ist Affenwerck. Aber das ist Rhumswerd, mit einem Rennspieß zehen seiner Feind nidergesetzt haben. Derwegen erlasen sie dafür gute bewärte, starcke, schwere, grüne und dicke Rennstang, damit rannten sie ein Thor auff, zerspilten einen Harnisch, stutzten an eim baum, zersprengeten ein ring, führten inn eim Ritt sattel und man hinweg, und trenten alle Pantzer: Unnd diß alles von Fuß auff biß zur Scheitel beharnischt und bekürißt. Sonst so viel das Pferdgepreng, das trabschencken, das libtraben, das zaumdäntzelen: Und sonst solch Poppenspil zu Roß belangt, kondt er, wann ers gern that, besser als ein anderer Reutersman, also das der Pferddummeler und Roßbereuter von Ferrar ein Aff gegen ihm zurechenen war. Fürnemlich war er wol geübt, von eim Pferd auf das ander geschwind zuspringen, das er kein Erd berürt: Unnd solche Pferd nannt man Desultorios, Zu unnd absprüngling: O hettens die gekrönten Pfauwenschwentzige helm inn der Sempacherschlacht gekent, die Unbeschnittenen Schweitzer hetten so vil nicht erlegt. Er kondt auch auff jede seit die glän inn der faust halten, und füren, on stegreiff das Pferd besitzen, ohn zaum unnd zügel das Pferd nach seim gefallen leiten, on sattel alle sprüng, es stiß den kopif zwischen[258] die Bein, oder warff die hinderste Füß nach den Rappen, außstehen: die staffelen hinauff, den Berg hinab rennen, den Schonbachischen Hirtzsprung thun, rinn den Meyn sprengen, die stiffel zu Nörenberg holen. Dann solche wagstück sind krigsstück, die inn Schlachten und Streiten zu nutz kommen. Er macht ein feins schnabelschühig S. Jörgen füßlein, kont ein Plappart unverruckt ein gantzen tag unabgesessen im Stegreiff führen: Kondt den abgefallenen Hut im rennen auffheben, in vollem renn wie die Irrländer ein Pfeil auß der Erden ziehen, und eim auff ihn geschossenen Pfeil entreuten, saß fein lang, doch daß ein Haß mit auffgereckten Ohrn zwischen dem Sattel unnd dem Gesäß unangestossen wer durchgeloffen, wann er sich in Stegreiff stellt zustallen: Er kont wie ein Egyptischer Mameluckischer Gwardyknecht eim Gaul inn vollem lauff ein Sattel gürten: Postiern, viel tag ohn ein Postküssen: die Gäul zur Noht im Wagen auffrecht strack wie die Müller auff den Kärchen regiern. Auff ein anderen Tag übt er sich mit breit Beiheln, als ob er inn der Mameluckenschul inn Egypten wer, mit den Streitachßten, mit Bömischen Hacken, mit Wurffgewehr, mit Ungarischen Streitkolben, Fausthämmern, Harnischprechern, Kutschen, Knotsen, Knebelspiessen, Helleparten, die er ihm alle so fertig inn der Hand ließ umbher gehn, lehrnet sie so kräfftig ansetzen, so nutzlich anlegen, so steiff halten, daß er in Schimpff unnd Ernst für den besten Ritter Passiret. Hub den schweren Cesthändschuch hoch auff, unnd schlug ihn mit solchem geschrey nider, daß einer vom ruff mehr als vom streich geschlagen ward: wurff Eisene Lantzen wie die alten Frisen: Ließ ihm, wie der groß Keyser Carl, einen Kürisser auff die Hand stehn, unnd hub denselben stracks mit dem einigen arm auff biß zu seinen achsseln, und stellt ihn darnach wider nider. Darnach schwang er den Reißspiß, setzt ihn gerad, setzt ihn schrancksweiß, schoß die Federspiß, meyet mit den Fochteln zu beiden händen, focht mit den Degen, stach mit den Rapiren, durchstrich mit den Sebelen, stupfft mit den Tolchen, nun im Harnisch, dann on Harnisch, itz mit Bucklen, flugs mit Tartschen, mit Schilten, mit Rondelen, mit Armgewundenen Mänteln und Kappen, mit Händschuhen, ohn Händschuh. Weiter lehrnet unser Gargantuischer Wolffditerich[259] von seim Gimnastischen Hertzog Bechtung, wie zu Fuß einer zu Roß zubestehen, wie mit vielen zu balgen, wie mit zweien Rapiren zu schirmen, wie die Knebelspieß underzulauffen, die Baurenhebel abzuweisen, die Stein zuschlingen werffen, mit dem stahel zuschiesen, zu Plättelen, Rädelen, Ritschen auf den Reutschuhen: Bogenschiesen: wettlauffen: im kalten baden, im Schnee wie S. Frantz umbwaltzen, Schneballengschütz, öpffelkrieg: wie die jungen König in Franckreich sich üben: barhaupt im Winter reisen, ein starcken Kopff zumachen, damit er mit dem Arß ein Thor aufflauff, so dörfft ers nicht außheben wie Samson die Statthor zu Gaza, noch außwinden, wie Grunbach die zu Würtzburg: er bekam sonst ein guten starcken Schedel, daß er mehr dann neun Stirnschnallen mit Pantzerhändschuhen eim gehalten hett: Ja Stirnböcket mit den Herman Leithämmeln. Ein Adler het auch ein Mörschneck auff seim Schedel, wie auf des kalen tropffen kopff entzwey geworffen. Man kont auch von ihm sagen, wie einer vom König Masinissa schreibt: kein Reg ihn darzu bracht noch kält, daß er sein Haupt je decken wollt, und war sein Leib so trucken doch, als ob er all sein hitz het noch, auch neuntzigjärig gieng er so sehr, daß er keins Rosses achtet mehr, unnd wann er ritt, stieg er noch ab, als ob er müd wer worden darab. Wer weiß, er möcht vielleicht drab müd sein worden, wie heut unsere Gutschen-Jungherrn, darüber Marx Fucker inn seim Buch vom Gestud klaget, daß seidher man auff die Gutschen gefallen, man kein rechte ReutPferd mehr inn Teutschland ziehe. Aber es sitzt sich dannoch sanfft darinnen auff den Küssen under eim Ledern Himmel: Es ist mir nur leid, daß man ihnen zu lieb die Gleiß oder Wagenlaist nicht reformieret: es wird auch ein nötlichkeit sein, auff nächsten Tag fürzupringen, auch beineben zuberatschlagen, wie man möcht die alt Troianisch weiß auff den Bigis zustreiten, wider anstellen. Under deß lehrt unser Gargantobel ringen: schwingen: verträhen: kämpffen: Zilschiesen: den Schafft ziehen, den Helm recht binden, den Küriß schrauben, das Visier ablassen: Aber daß Baderisch unnd Bechtungisch Messerwerffen, Scharsach schiesen, ließ er Sant Velten haben: Auch das Fischgarn kempffen, unnd ölgeschmiert ringen.[260]

Nachgehends lieff er der Barr, der eyer, des Hirtzes, des Bärens, des Schweins, des Hasens, des Repphuns, der Röck, des Fasanen, sprang der Geiß, sprang über das Gälglin, klettert auff Maximilianisch oder Teurdanckisch, der Gemsen, spielt des grossen Ballens, schmiß ihn so wol mit den füssen als fäusten in die höh: rang, liff, und sprang, sprang, lief und rang, nit mit trei Passen ein sprung, nit des hinckebincke Knapfuß, nicht des Xockspringens, seit und rucksprungs, noch des Böhmischen sprungs, noch auff eim Fuß schupffen: dann sein Abrichter Wolhinan sagt, solche Sprüng weren nichts werd, noch etwas nutz im Krieg. Sondern in eim zulauff sprang er über ein graben, an eim Reiffspiß schwang er sich über alle pfitzen, flog über ein zaun, ersprang ein wand, lieff sechs schritt ein Maur auff, unnd erstig also ein Laden unnd Fenster eines spises hoch, also dz kein Hund sicher am Getter schlief. Schwamm inn vollem stram, zur seiten, die zwär, im kreiß, auf dem rucken, ein Liechtstöcklin, mit gantzem Leib, mit halbem, allein mit den Füssen, allein mit den armen, den einen arm übersich streckend, unnd ein Buch darinnen tragend, welches er ungenetzt über den fluß pracht, seinen Mantel inn den Zänen nach ziehend, wie Julius Cæsar inn Alexandria etwann gethan, und wie die Spanier bei Mülhausen über die Elb thaten, schwam auff Türckisch unterm Wasser, wie die inn neuen Insuln, wann sie die Spanier fliehen: dorfft sich nit wie der groß Alexander in ein glaß schrauben lassen, die Schätz des Mörs zuerspähen: stig mit gewalt inn ein zimmlich groß Schiff, mit einer Hand das Schiff, in der andern ein stecken haltend: Hielt das Schiff mit den Zänen, wie jener Griech, da ihm beide Händ abgehauen waren: stürtzt sich alsdann wider ins Wasser, den kopff vor an, spilt des Tauchentlins, holt ein Pfenning darunter, schloff unter den Flotz, saß auff den Flotz, schwam auff dem Dielen, bürtzelt umb mit dem Dilen, spilt wie der Walfisch mit den Tonnen, sprang wie die Mörkälber, waltzt sich im Mur, beschmirt sich mit kat, wusch sich wider, hing ein ploch an ein fuß, unnd schwum darmit: er hett sein Brot mit schwimmen können gewinnen, wie die Kinder inn Egypten am Nilfluß, welchen man nit ehe das Brot gibt, man werffs ihnen dann inn mitteln stram, daß sie inn den Nil darnach schwimmen[261] müssen, unnd es im Maul holen, wie unsere Barbehund, da müssens das Hembd unnd den Mantel wie ein Türckischen bund umb den kopff winden. Und warlich es thut den Egyptiern vonnöten, dann weil der Nil stäts nach dem Monliecht außlaufft müssen sie wol von eim Dorff zum andern schwimmen, wie die in Schweden auff Reiß unnd Reutschuhen zusamen fahrn: welche, wann der weg sehr weit ist, Ried und Mörbinssen hernach ziehen, etwann underwegen darauff zuruhen: diß mußt Gargantzuwol alles nachthun: dann wann er oder seine Auffwarter etwas lasen oder hörten, das wacker war, so mußt mans nach machen. Darumb thurniert er auch auff dem Wasser, macht plasen und wällen hinden und fornen, lieff am gestad und hielt den Haußrhat, sprang über die Prucken ab: darnach wider über sein Schiff, welchs der Fischer da anhieng, auff das des Müllers Esel drein gieng und drinnen untergieng, auff daß man ein rechtfertigung drauß anfieng, dasselbig wand er herumb, stieß es ab: schalt es: regierets: führets, praucht die nächst Stang für ein Steurruder, tribs geschwind, tribs lind, inn strengem ablauff des strams, wider den stram, in der mit, an dem uffer, hielts im mittelen lauff auff, mit einer hand leitet ers: mit der andern schirmet er und trib sein Affenspiel mit einem grossen Ruder, wurff daß Netz auß, stelt den Setzbären, schoß die Fischergere, die Tridenten, die trei Zänig Elger, die Füscingabel, stellt Reuschen, Angelt, zog die Segel an, stig die Seilleiter den Mastbaum auff und ab, gieng auff den Zehen auff dem rand, am bort, auff der spitze: wickelt und wackelt: justiert unnd richtet den mörquadrant unnd Compaß, widerstrebet dem Wind, er ließ sich dem Wind, da band er das Nachsteurruder hoch, da nider, hie zog ers zur lincken, dort zur rechten, unnd hett also sein flechten und fechten.

Wann er auß dem Wasser kam, lieff er inn alle macht den Berg hinauff, bald ins Thal, flugs wider hinauff, erklettert die Bäum wie ein Katz, sprang von eim zum andern wie ein Eychhörnlin, oder wie die Ilophagi, schlug die grosse äst herab wie ein anderer Milo: wußt die Türckisch geschicklichkeit sich von Bergen zulassen: soff wie die Masegetischen Teutschen seins Pferds Blut mit Milch ein auff das kalt Bad: Mit zweyen Meyländischen Schweitzertölchlin, unnd wolgestahelten[262] Reuterböcken Klemmet er zum höchsten Hauß hinauff, wie ein Marter, flog darnach so hoch wider herab, mit solcher geschicklichkeit der Glider unnd gleichwagung des Leibs, daß er vom fall, sprung oder Fußsatz inn keinen weg beschwert, noch verruckt ward, wurff breite Kiselstein am gestaden schlimms auffs Wasser, das sie ob dem Wasser weiß nicht wie viel sprüng thaten: warff über alle Thürn, schornstein und Storckennest, ja dem Storcken auff dem Nest ein bein entzwey, warff stein mit der obern fläche des Fusses, faßt stein zwischen die Zähen und schlaudert sie, wurff Stein hindersich wie die Pilger zu Mecha, den Teuffel darmit zusteinigen: Ja wurff auch zum ziel wie die Cynischen Hundsphilosophi. Warff daß Englisch Beihel, schlenckert den Spiß, schlaudert die Stangen unnd schweresten Rigel, warff Leiter an und stig darauff, warff Hacken an unnd zog sich hinauff, warff mit Bengelin nach der Ganß, hefftet auff Saulisch den Spieß, dartet den sparren, schoß zum zweck, trug den schweresten Palcken auff eim daumen, wie des Pompeii Gwardiknecht seine gefangene: ketschet einen baum das er sich darunder buckt wie Simon unter dem kreutz, oder die Giganten, da sie die Berg auff einander setzten, stieß den stein, viel schwerer als den Turnus dem Aenea nachwurff, hätschiert mit der Hallenpart, zog darmit wer den anderen von der statt reiß: wann er ein Seyl gefaßt hat kondens ihm fünff Kerles nicht auß der Hand zwingen, wie des Keysers Valentinian Vatter Gratian, so deßhalben der Seyler ward genannt: Er ließ ihm ein Ampoß auff die Brust setzen, unnd darauff Hemmern, wie Firmus der Römisch Regent. Er kont mit der Faust eim Roß die Zen einschlagen, unnd oben die Schenckel entzwey stossen, unnd mit beiden Henden ein Roßeisen von einander reissen, wie der ReißEisen Keiser Maximin, so Acht Schuh lang war: Ja kont wie der groß Keyser Karl (von dem es Bischoff Turpin schreibt) vier neuer Huffeysen von einander reissen (aber nicht beissen) Krümmet sich wie ein Spartiatischer Bub nit, wann man ihn schon schlug: O es gibt gut starck hart Buben, die darnach die Folter und ein Strapekorden wol außstehn können, wie auch der Spartaner, so den Gestolnen Fuchß under den Mantel versteckt, unnd ihm ehe die halb Seite wegfressen ließ, ehe er[263] schreien unnd sich verrhaten wolt: Er stund auch offt vier Stunden inn nasser Kleydung, der Kelte zugewonen: Er verschwur offt nicht zutrincken, er schieß dann ein auffgehengten Angster von eim Haußhohen stangenbaum herab, wie es die Holtzflötzhendler bei ihrn Holtzmerckten, oder die Wirt bei den Herbergen stehen haben. Gleich wie inn Balearischen Insuln die Muter dem Kind ein ziel steckt, unnd ein stuck Brots oder Schüssel mit Muß auffs zilholtz bindet, welchs es nicht ehe essen dorfft, es würffs dann am anstall herab, Er spannt von Freier sperriger hand des Herculis Armprost, krümmet den Türckischen Flitschbogen über das Knie, legt die Sennen an, zog sie an, ließ sie ab, zielt mit der Bürstbüchssen, legt sich hinder die Toppelhacken, praucht Eßlingische Handror, Gasconische Musceten, Hispanische Muscatnuß auff gäbelen wischt und Pliß, Pliß unnd wischt, ward einäugig, damit ers zil reicht, schoß mit Lumpen, mit gekauet Papir, mit Schröt, mit Speck, mit trei unnd vier Kugeln, mit toppelem Lot, gestälten Kugeln, mit trippeler ladung, halb zündpulffer unnd halb Ladpulffer, schoß im ritt, im tritt, im lauff, im sincken, nach dem augenmaß, im griff, nach des Daumens absehen, so gewiß als schiß er nach dem besten mit einer Nörnbergischen geschraubten Büchssen, die Neuner hettens ihm auch zugesprochen, schlug bald an, zielt kurtz, baut nit lang, acht nit das Aermelpopperle, truckt schnell ab, hub nicht viel ab, kont daß Geschoß wol stechen, trang den anschlag nicht zu viel, hielt recht auß, verwart das Treff sehr wol: Richtet und underlegt das Feldgeschütz, zilet nach dem Zweckvogel, schoß vom Berg zu thal, auß dem thal gehn Berg, fürsich, zur Seiten, hindersich wie die Parthen, und das Thier Bevasus, nach dem höltzenen Zweckman, nach dem kopff unnd Latz, mit dem Feurstein, mit der Zündrut, mit den Zündlunten, da waren kein fäler, eitel Treffer, es wer im rechten Berg oder versuchrein, on quadrant, ohn Sattelschlagen: kein Pöltz giengen überzwer, sie Pfiffen dann: oder waren ihm versehrt und zerschossen: oder trugen zu weit auff die seit: man schwang ihm nimmer die Gärten, sie waren all umbspringens unnd auffschreibens werd: er schoß eim ein Pomerantzen vom Kopff, wie Histaspes unnd Wilhelm Dell den Apffel seim Kind, schoß eim ein Groschen[264] zwischen den Fingern hin: Sein Geschoß war aller Ehrn werd, dz mans mit trummen unnd Pfeiffen aufftrug. Im stechen verlor ers nimmer, es wer dan die senn zerstochen, verruckt oder zerprochen: oder das Schloß hett gelasen: oder ein Wind hett ihn angeplasen: oder einer hett ihn gestossen: oder der Stul wer verritscht: oder der Fuß wer ihm geglitscht: oder der Stand war uneben: oder hett was umb das Inbeyn geben: oder die Sen war zu lang: daß ihm der Schuß nidersanck: oder hett den Bogen gehengt: oder die Seul zersprengt: oder die Nuß war zu klein: oder der Poltz nicht rein, oder einer neben ihm auffstund: oder die Nuß gieng nicht umb sehr rund: oder die Wind wer überrungen: Oder das Beyn abgesprungen: Oder hett zu vil eingeleimet: oder den Poltz nicht recht eingereimet: oder daß schloß nicht gehangen: Oder ihm zweymal war gangen: Oder war ihm zu Hart: oder der Bock zu krumm: Oder der Pfeil zu stump: oder das Geschoß zu groß: oder die wartz ihm abschoß: oder der Treff nicht recht kam, oder der Windenschlupff ihm entkam, oder der Windfaden gewichen, oder die Nuß entzwei gestrichen, oder der Poltz hett sich gestrichen, oder het das messen vergessen, oder das Reißbein gieng ihm auff (dann er besorgt sich nit, daß er sich im bart raufft) oder das Zünglin kroch unnd hieng, oder ein feuchter lufft gieng, oder der berg wär zu weich, daß der Poltz zu tieff hinein schleich, oder giengen die Federn ab, oder der windfad ein streich gab, oder die senn erließ sich, oder vergieng ihm das gesicht, daß er zuweit ins windloch sticht, oder het ihm zuviel herab geprochen, oder das gesicht verstochen. Oder bey der Büchssen hat er nicht wol gewischt, oder das Pulver het gepflischt oder der schuß versagt, oder ihn verwagt, oder nit recht eingeraumpt, oder der filtz versaumt, oder dz Pulver wer zu feucht: oder das futertuch zu leicht: oder der schwam nit prent: oder die Sonn plent: oder daß schloß war verrürt: oder hett nit vor der kugel gschmirt: oder der han schlug nit ein: oder felet schmär: das ist gut wein: oder het den schuß verschufft: oder hets auff die büchsen trufft: Solche mengel verwireten zuzeiten unsern jungen schützen: die klagt er seim hoffmeister: der sagt ihm hinwider solcher faulen außreden müsig zustahn. Dan gewiß wann der jäger kompt unnd[265] sag. Wer daß nit gewesen etc. so pringt er keinen Hasen: des Nisi kondt ich nie geniessen. Unnd weiter sprach er, wie kein kunst ist bey eim guten Wein wol leben, unnd eym frommen weib nachgeben, mit einer guten Feder wol schreiben, unnd auß gutem flachß gut Garn treiben. Sonder bey eim schlimmen Wein, auch frölich sein, unnd mit eim bösen Weib, leben ohn keib: Also ist kein kunst mit gutem geschoß unnd geschraubten oder gezogenen Büchssen wol schissen, sondern auß jeder, wie selsam sie auch sey, das schwartz zutreffen wissen. Dann was sind das für faule schnacken, daß man sagt, man hab zuviel am backen, oder die büchß hab gestossen, oder das Feur hab ihn erschreckt, O Glockengeck, daß dich der erst streich nicht erschreck: Bist Härings Art, stirbst vom Plitz, oder Krebsart, stirbst vom Donner knall: So verkriech dich auch wie die Krebß, Förchst nicht: wanns Tonnert, ein Tron werd vom Himmel fallen? Weist nicht das schrecklich laut kecklich, unnd kecklich ist schrecklich. Die Gethischen völcker, wanns donnert, Schossen sie inn all macht mit Pfeiln dargegen, dem Jupiter solchen trotz zuwehren, seine rumpelende steinfässer umzukern, wie unsere kugelklemmer heut mit grobem geschütz thun: Heut haben die Leut meher als ein Löenmut ja über Basiliscenmut, dann die Löen förchten ein Hanengeschrey, die Basiliscen ein geräusch vom Wisel, aber die Menschen nicht den Feurspeienden, Pulverscheissenden und Salpeter furtzenden höllenfund, und das Praßlend erschütteren und erzitterend Praßlend Teuffelsgeschrey. Ja sie jagen mit den Püchssen Pröllen, den Teuffel noch mit seinen Hechssen auß der Lufft in die Höllen, Ja Schisen sie bey totzend herab: Daß sie wol bey uns hie unden bleiben müssen, auß sorg man schieß sie wider heraber: daher kompts dz die Leut nit meher des Tonners: noch Erdbidems achten, ja schier den Jüngsten Tag gar verachten, dieweil er im Feur soll kommen. Also daß Granich recht schreibt, Hannibald mit seinen Ochssen, welchen er feur und stro zwischen die hörner legt, Pyrrhus mit seinen Elephanten, Alexander mit seinen höltzinen rädergengigen thürnen, Antiochus mit seinen hauenden hackenkarren, Cæsar mit seinen Feurigen Bergablauffenden fässern, wird heut die Leut so wenig schrecken, als lieff einer mit nassen Stroschauwen[266] gegen ihnen: dann sie füren heut nicht mehr Stätt umb die Berg, sonder Berg umb die Stätt, geleyten Mör darumb, ja graben abgründ darumb: Allweil man die Sündflut besorg, bauet man uff die Berg: heut da man die Sündbrunst besorgt, bauet man inn die tieffe inn die Wasser: und hilfft doch so vil als es mag, steigt schon kein Troianisch Roß hinein, kompt doch etwan ein Goldbeschlagener und goldbeladener Esel darein, oder schießt Gulden Ketten hinein, oder schickt Bestechgold in eim Faß mit Wein. Aber dz Hurrlebausisch geschütz hat dannoch ein Weck uff in die andacht gebracht, und die Leut gar Heiligenehrsam gemacht: Dann wie fallen sie nur so demütig nider, wann S. Peters oder S. Marx, oder eins andern Heiligen begevatterter Maurbrecher inn tonnerender gestalt vom Berg Sina mit ihnen das Gesatz redet, also daß mancher vor Welterstorbener demut vergißt auffzustehn, wie die Moscowiter Legaten, die den kopff zur ehrerbietung wider die Erd stossen. O wie bucken sich die Königische vor dem Roschellischen Evangelio, unnd die Ingolstadische vor dem Protestantischen verbo, und die Tordesillische Junckern vor des Bischofs Gwevare Zamorischen Pfaffen geweiheter Kreutzbüchß, der kondt sie Beicht hören, unnd also gefirmt par gen Himmel schicken, O wie lieffen die Mäuß vor dem Frantzösischen geschütz auß Terowan, und zu Quintin liessen sich die Ratten zwen Monat nit sehen, unnd starben vor schrecken, unnd die Hasen lieffen im Land Lützelburg auß den Hecken. Derhalben unerschrocken, fehrt Sant Johans Kugel inn dich, so bist wol vor dem Teuffel gesegnet. Schreibt doch Lemnius inn seyner verborgenheit (die doch heut jeder mag lesen) die Lantzknecht inn Flandern umb Tornay haben mit pulvergestanck die Pestilentz weggeschossen: diß war ein besser Meisterstück als Hippocratis, der die Wäld deßhalben anzündet, oder eben disses Lemnii, da er mit gestanck gebranter Abschnidling von Leder und Hörnern die Pest wolt vertreiben, als ob die Leut die Bärmuter hetten. Ach neyn, es hilfft nicht ein jeden das Lorberkräntzlein für den Donner, wie Keiser Tiberium. Es regnet nicht wann die Bauren auff Steltzen gahn, es hat aber geregnet Unnd Claus Narr sagt, daß seyen die besten Schützen die fählen, denn sie schiessen niemand tod.[267]

Man hieng bißweiln unserm Durstgurgeler zu oberst eins Thurns, ein groß Kamelseyl an, das biß uff die Erd reichet, an demselben haspelt er mit beiden Händen hinauff, darnach fuhr er widerumb so gewaltig unnd gewiß herab, daß einem das Gesicht darob vergieng. Man richtet ihm einen grossen Gabelgalgen auff zwischen zwen Bäum gesperret, an demselbigen hieng er sich mit den Händen an, unnd fuhr daran herumb unnd herwider, wie ein anderer mürber braten am Spiß herumb, daß er mit dem Fuß gar nichts berühret, so starck war er inn den Armen: Er kondt auch auff eim Arm auff ein Stock sich steuren, daß der Leib wie ein Kauffmännische Bilantz inn der Wag stund. Auch auff daß er das gebrüst unnd gelüng exercieret, schrye er wie tausendt Teuffel, wie die Schifleut über Rein, als ob er im Heckelberg seß. Ich hab ihn einmal gehört, daß er seim spießjungen Wolbeiart von Sanct Vitorsporten biß zu Montmartre ruffet, unnd inn der schlacht wider die Hutzelbutzen, auff dem Lechfeld hort man ihn schreyen biß gehn Langweit, etwas neher als das Geschütz vor Metz, welchs man über Rein Teutsch Laureto oder Lor gehört hat. Der berümbt Stentor hett lang kein solche stimm inn der schlacht vor Troi, noch Demosthenes, der stein inn mund nam unnd am Mörufer in den Wind ruffet, als ob ihm der Halß ab wer, damit er das R außsprechen lehre. Auch seine Glider unnd Adern mehe zusteiffen und inn seiner stärcke zuerhalten, worden ihm gemacht zwo grosse Bleiene Kugeln, grösser als die Margraff Albrecht inn Franckfort geschossen, ein jede acht tausent, siben hundert Quintalpfund wigend, welche er Alteratzen und Zuckander nennet. Dieselbe nam er von der Erden inn jede Hand, hub sie inn die höhe über den Kopff, und hielt sie also unverwendet drey viertheil Stund, unnd wol noch mehr, welchs ein unnachzuthunige stärck ist. Spielt mit den Glingstangen, Sperrbäumen, Handspacken und Sperrlingen: riß mit den aller stärckesten. Unnd wann es zu dem fall kam, stund er so fest auff den füssen, daß er sich eim jeden Waghals außbot, wa er ihn von der stett ziehe, wie vorzeiten faustbeheb Milo that: Nach dessen Exempel pflegt er ein Granatapffel inn die Hand zunemmen, unnd schanckt ihn dem, der ihn ihm auß der Hand kondt bringen. Mit diser[268] weiß gewöhnet er sich, daß er nicht alleine stärcker ward, sondern mit der stärcke auch jünger: wie König Masinissa, der durch gleiche weiß sich erjunget wie ein Adler, daß er auch neuntzigjärig einen Son erzielet: und kont 14 tag Postlauffen.

Wan er also nun die zeit hat zugebracht, und sich getrocknet, geriben, gewischt gefrischt, und die Kleider geendert, zettelt er allgemach wider heim, nam den Weg durch etliche lustige Wisen oder andere krautbare Oerter, da hat er sein Gesprech von Feldbaulichen Sachen, von des Liebalti Meyerhof, erfragt der Bienen Policei und Regiment, erwog, wie Stigelius an eim jeden kräutlin Gottes fürsehung, besichtiget, und ersuchet etliche Bäum und Kräuter, die heut etwas zweifels haben, und hielt sie gegen der Alten Bücher, die davon geschriben, als Theophrast, Dioscorid, Marin, Plinius, Nicander, Macer und Galen: trugen auch der simplicien hand voll zu hauß: welcher ein junger Knab, Rhizotomus genant, von Würtzburg bürtig, warten mußt mit Hackengraben, Schaufelen, Sichelen, Karstlen, Rattenkloen, Spaden, Hebzapffen, Jettauen, Grabstickeln, Eggezincken, Gerthauen, Hippen, Pickeln, ZänGäblin, Gerteln, Bindmessern, Hagmessern, Häplin, Raupenhecklin unnd anderm Gartnerszeug, wol zuarborisieren, und zuherbieren, zupflantzen, zubeltzen, zuversetzen, zuschripffen, zujetten und den bäumen zuschneutzen, zubeschneiden, zupfrupffen, zuschröten. So bald sie nun heim kamen, erholten unnd sinnschöpfften sie etlichs was zuvor gelesen war worden, alleweil man das essen zurichtet, unnd sassen damit zu Tisch. Hie solt ihr mercken, daß er sich von dieser Disciplin auch über Tisch bessert: Dann seine Mal waren nüchtern, mäßig unnd sparsam, sintenmal er der Speiß nur genoß den widerspennigen aufflauff des Magens zustillen: aber das Nachtmal war gemeinlich etwas flüssiger und weitleuffiger: und also solls sein: darumb haben die Alten das Nachtessen allein für ein recht Mal gehalten, den Mittagimbiß zu acht Uhren nur für ein Morgensupp: daher kompts daß man sagt: Ein Abend ist frölicher dann vier Morgen. Was auch der Troß anderer vieler ungehöfelter unerbeutelter und schüpiger Artzet in der Sophisten Werckstatt abgerollet unnd gewalblochet im gegentheil halten und rhaten.[269] Unter des man nun aß, ward die Lection zum Morgenimbiß angefangen, unnd als lang es jhenen gefellig vollzogen. Die überige zeit ward mit guten gelehrten unnd nutzlichen reden zugebracht. Nach dem nun der Tisch auffgehaben, unnd Gott umb seine Gaben danck gesagt gewesen, da fieng man widerumb an Musickartlich zusingen, auff zugestimpten Instrumenten zuspilen, quatuor, trium, Muteten, Vilanellen, etc. oder die kleine kurtzweilchen auff Karten, Würffeln und Prettspiel vorzunemmen: Und dabei blieben sie mit grossem lust unnd gutgeschirrig, unnd übten sich zuzeiten biß sie die stund zuschlaffen scheidet. Bei weilen besuchten sie gelehrte belesene Leut, wolgeschickte Versamlungen, Historicos, Poëtas, die einen unsterblich machen können, entweders Jambisch oder Heroisch, Dann Carmen amat quisquis carmine digna gerit: Wer Lobswürdig kan thun und beweisen, der liebet die so einen können loben und preisen. Oder sie besprachten Leut, welche frembde Länder gesehen hatten.

Inn mitteler Nacht, ehe sie sich zur ruh begaben, giengen sie zuvor an das lufftigste ort, welchs offen unnd frey stund, des Himmels wesen unnd enderung zubeschauwen, unnd da gaben sie acht auff die Planeten, Cometen, Figuren, leger, gelegenheit, Aspect, ansehen, Oppositzen, und conjunctionen des Gestirns. Darauff recapitulirt, unnd überschlug er kurtzlich auff Pythagorische weiß mit seinem Lehrweiser alles was er die gantze Tagzeit durch gelesen, gesehen, erfahren, gehört, gethan unnd vernommen hat. Ja er trutiniert sich auch unnd legt sein Leben unnd wandel desselben Tags auff die Wag des Vergilischen Vir bonus & sapiens, etc. Wann du dich legst zu süsser rhu, unnd dir wöllen gehn die augen zu So denck zuvor ein jede nacht, Wie du den tag habst hingebracht und was daselbst weiter folgt.

Quelle:
Johann Fischart: Geschichtklitterung (Gargantua). Düsseldorf 1963, S. 251-270.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Gellert, Christian Fürchtegott

Die Betschwester. Lustspiel

Die Betschwester. Lustspiel

Simon lernt Lorchen kennen als er um ihre Freundin Christianchen wirbt, deren Mutter - eine heuchlerische Frömmlerin - sie zu einem weltfremden Einfaltspinsel erzogen hat. Simon schwankt zwischen den Freundinnen bis schließlich alles doch ganz anders kommt.

52 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon