Das XXXV. Capitel.
Wie Grangoschier, von Großkählingen friden zuerheben, schafft die Samkuchen, Noteln unnd Käßfladen wider zugeben.

[318] Hierauff zog mein Gesandter Herr Gallet die Pfeiff inn Sack: Aber König Kyklopokol Herr von Bitterkalt gab auff alle seine Reden keinen andern bescheid, als Kompt unnd versuchts, Kompt unnd versuchts: Iht habt schöne Mäuler darzu, Sucht, sucht, ihr werd die Bon finden, Man muß euch vor die Gurgel schmieren, es schmackt sonst ohn schmaltz wie ein toder Jud: kompt, kompt, habt ihr ein hertz wie ein Lauß, was gelts man wird euch den Eissen auffthun, unnd die Käßfladengelüst legen: wolt ihr Käßfladen, so freßt auch Käßmaden, sie werden euch recht die Feig zeigen, unnd die Käßkrapffen und Küfladen eintreiben, Was solt auff dise beschissene Antwort der Höralt anders thun, als sich wider zu seim Hern Grantbuchier fügen, und ihm den schönen handel anzeigen: Welcher, so bald er ihn ansichtig ward, rüffet er ihm zu: O Gallet, geb Got das gute zeitung bringst: was guts? was guts? Was solt es guts sein, antwort Gallet, was guts solt man von bösen Leuten bringen? Da ist kein ordnung, minder als im Häuhauß: Der arm Mann bedörfft S. Lienhart mit den grossen Ketten, und den Engel Sant Michel mit des Lucifers schweren Fesseln. Aber doch, sprach Grandgosier, was ursach wendet er für dieser seiner ungebür? Er hat mir, sagt Gallet, gar nichts richtigs geantwortet, ohn daß er Gallbitterzornig von Käß unnd Kühfladen herauß gefahren ist. Ich wills dannoch, sprach GroßBruchier vor wissen was es seie, ehe ich etwas weiters underneme. Befahl demnach dem Handel nachzufragen, da befand sich, daß man die Picrocholische Krapffbauren umb etliche Käßnotteln gestreckt, und der Saurimarß ein feuchts mit dem Hebel auff den Schettel bekommen hett: jedoch dz alles wol bezahlt sey worden, und gemelter Saurimarß am ersten dem Großgoschischen Unterthan Schollentritt mit einer wolbeknöpfften Geisel von Barfüsserkordenart umb die bein geschmickt habe: Beschloß derwegen auß diesen umbständen der gantz Raht, daß ihr König[319] Goschengroß sich nottringlich inn gegenwehr begeben solte. Diß unangesehen, sprach Grantbruchier, dieweil nur der unwill an etlichen Käßfladen hangt, so will ich ihn zufriden stellen. Dann es will mir gar nicht ein, darumb einen krieg anzufangen: Fragt folgends nach, wie vil ungefehrlich der nidergelegten Käßkrapffen gewesen, unnd als er von vier oder fünff totzent vernam, ließ er gleich dieselbige nacht fünff Kärch machen, und einen Kuchen fürnemlich auß gutem Holändischen und Böhmischen Botter, schönem frischen gelben Eiertotter, köstlichem Saffran unnd herrlicher Specerey zurüsten, dem Märxlein Saurimarß zu zustellen: auch für seinen schaden hundert siben tausent Engergroschen zugeben, den Schererlohn drauß zurichten: Und zum überfluß etlich Hub ackers und Baumgärten zu ewiger freier besitzung erblich auff seine Nachkommene zuverschaffen. Welches alles außzurichten, ward Gallet abermal abgefertiget.

Der ließ unterwegen bei den Weidenbuschen ein hauffen Zweig von Roren und Riet abhauen, damit die Kärch zubestecken, auch etliche Kärcher mit anthun unnd schmucken, daß sie wie ein alter Silvanus zur Faßnacht sahen. Er hielt auch selber der Ror eins inn der hand, anzuzeigen daß er umb frid komm, und darzu denselbigen zukauffen.

Als sie nun an das Statthor kamen, begerten sie von wegen des Grandgusiers mit dem Picrochol zu sprachen, aber er wolt sie nit einlassen, auch nit zu ihnen hinauß, dann er ließ fürwenden, er wer sonst mit geschäfften beladen, solten aber alle ihre Werbung bei dem Hauptmann Duckedilen anbringen, welcher on das auff der Maur ein stuck Büchssen beschoß: Dem sagt nun der abgesant Heralt: Herr Hauptmann, euch nit lang auffzuhalten, unnd gegenwertiger unrhu unnd aller außred, inn die altgewonte Freundschafft zutretten, zuentheben, so übergeben wir euch jetzumal die Käßkrapffen, derenhalben der hefftig streit ist: unser Volck nam ihr fünff totzent, doch mit erfolgter erbarer bezahlung: gleichwol sind wir also fridgeflissen, daß wir euch 5 Kärch voll wider geben: unter denselben soll dieser so der breitest, des Marxen Saurimgeseß sein, welcher sich am mehsten beschwert fület: und zum überfluß ihn gentzlich zuvernügen, secht da huntert siben tausent und trei Engergroschen, die ich ihm überlifer:[320] Deßgleichen für allen weiteren anspruch, übergeb ich ihm die freie Erbnutzung der Meyerei zu Gaggenpfill, oben an den Regenbach, unten auff die Junckhern von Adelstoll stossend, unnd zur seiten auff Fritzenlippen Matten, und Schultheisen Lentzenpopp Senne, ihm unnd seinen Nachkommenen ewiges bestands erbnutzlich, in bester form Erbrechts, laut der gegenwertigen exhibirten verschreibung darüber auffgericht: unnd laßt uns umb aller Heyligen willen forthin fridlich miteinander leben, ziehet mit freuden wider heim in euer Land, laßt uns diese Landwehr, darzu ihr gar nichts befügt, unvorgehalten, und bleibet Freund wie vor. Haubtmann Trockenteller zeigts alles seim König Picrochol an, doch mit zusatz und vergifften nebenhetzworten, sprechend. Botz hundert tausent Regiment, die Knebel förchten sich rechtsinnig, die Katz laufft ihn den rucken auff, es träumt ihnen vom Teuffel. Bei Jobs Hunden, Großbruchier scheißt schon vor angst inn die Hosen, es ist dem armen Weinlepper ungewont in Krieg zuziehen, aber hinter die Krüg geb er ein Schützen, er ziehet lieber inn die Häfen als inn Krieg, so kan er sicherer herauß kommen. Mein meynung wer, man schickt ihnen ihre Notelkrapffen und Gelt wider heym, ließ sie ein Pfeffer darüber machen: Unnd wir führen inn alle Macht fort, wie angefangen. Dann sehen sie E. Mt. für ein Bonenwibel unnd Rattenkönig an, daß sie die mit ihren Käßfladen mästen wollen? da sicht sie was es ist, euer grosse freundlichkeit, die ihr ihnen vor der zeit erzeigt gehabt, gereicht euch jetzt bei ihnen zu einer verachtung. Salbt den Schelmen, so sticht er euch, stecht den Schelmen, so salbet er euch. Da, da, da, sprach Koklopocol, bei tausent Elenwunden, sie habens nur darumb gethan, wie du gesagt hast.

Aber Herr König, sprach Tuckedillon, eins muß ich euch erinneren, Bei dem heiligen Spieß, wir sind hie nicht sonders wol Proviantiert, unnd mägerlich mit Gurgelharnisch unnd Halßkragenblech versehen: Wann Großguchier uns heut oder morgen solt belägeren, wolt ich mir gleich alle Zän außreissen ohn drey, und dem Volck deßgleichen, so wird man nit so leichtlich und fertig die Munition alle hinweg fressen und kauen, Taubenschlück aber müßten verbotten sein. Das wer ein besserer fund zu hungerszeit als des Palamedis vor[321] Troi, der am ersten das Brettspiel er fand, damit man des essens vergeß: wie die Siracuser auch darumb das dantzen. Ich meynt die zugeschickten Fladen möchten uns auch wol bekommen. Was tausent Frantzosen, Antwort Picrockol, wir werden nur zuviel Brotfrission haben. Sind wir hie umb fressens oder streitens willen? Warlich umb streitens willen, sprach Duckedil, aber auff vollen Wanst folget der Dantz, der Dantz reget den Schwantz, voll bringt Groll, Groll schlägt drein toll, wolgemäst ist man wolgetröst, und steht fest, daß man drauff trescht, vollgesetzt Bäuch thun wolgesetzt Streych: Hinwider wa Hunger regiert, die stärcke man verliert: wa Nagenranfft überhand gewint, da hat stercke außgedient, Wo ich mit dem hunger zu Feld muß ligen kan ich mit dem Feind nicht kriegen, kont doch der Hörnen Seifrid auff einmal nit zwen bestehn, viel weniger ich den Mars und Hunger: Warlich Gnädiger Herr, am Hungertuch nagen, macht schwechlich zuschlagen: der hungerig Wolf muß den lähren Magen mit Sand füllen, daß er gewichtig sey ein Pferd niderzuziehen. Es ist genug, sprach Picrochol, freß ein Ochssen biß an die hörner: Welches ist das best stuck am Ochssen? Ich denck das zwischen Hörnern unnd Schwantz, Welchs ist das best am Pfaffen? Oho, das Horn reiß ihm der Teuffel auß, und mach Clistierpfeiffen den Nonnen drauß. Wolan dann, förcht ihr euerm Magen, so nempt alles was sie hergeführt haben. Darauff namen sie Gelt, Käßkrapffen, Eierkuchen, Ochssen und Kärch und schickten die Großgoschianer also mit langen Nasen fort, mit dem anhang, der Teuffel solt sie bescheissen, wann sie wider kommen, ursach halben, die man ihnen Morgens werd anzeigen. Also zottelten sie unverrichter sachen widerumb heim zu ihrem Grandgusier, unnd zeigten ihm den schönen handel sampt seim anhang an, mit dem bescheid, wann man disem Zornstrotzigen Bauch lang vorgang und schon, wie eim schallosen Ey, so werd doch nichts anders darauß, als den friden mit wehrhafftem gewalt zuerlangen, dann er sey so grumsig wie ein Mauß inn der Kindbett, darein müß man ihm Katzenbälg schencken.

Quelle:
Johann Fischart: Geschichtklitterung (Gargantua). Düsseldorf 1963, S. 318-322.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich

Deutsche Lieder aus der Schweiz

Deutsche Lieder aus der Schweiz

»In der jetzigen Zeit, nicht der Völkerwanderung nach Außen, sondern der Völkerregungen nach Innen, wo Welttheile einander bewegen und ein Land um das andre zum Vaterlande reift, wird auch der Dichter mit fortgezogen und wenigstens das Herz will mit schlagen helfen. Wahrlich! man kann nicht anders, und ich achte keinen Mann, der sich jetzo blos der Kunst zuwendet, ohne die Kunst selbst gegen die Zeit zu kehren.« schreibt Jean Paul in dem der Ausgabe vorangestellten Motto. Eines der rund einhundert Lieder, die Hoffmann von Fallersleben 1843 anonym herausgibt, wird zur deutschen Nationalhymne werden.

90 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon