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[349] Jetzund fallt uns eben ein wunderliche geschicht ein, die sich damals mit 6 Pilgern hat zugetragen: Dieselbigen gute Muscheln könig, kamen eben zur zeit diser unruh von S. Sebastian bei Nantes inn Britanien gelegen, unnd vor sorg der feind, hatten sie sich inn ein Garten hinder die Bonenstengel, hindern langen Lattich und breite Köl versteckt und gestreckt, meinten allda wol zulosieren. Gurgelstrozza aber war eben damals etwas unlustig, unnd fraget, ob man nit Kropfflattich gehaben möge, ein Köpffelsalat mit Köl vermengt zumachen. Als er nun verstund, daß die schönsten und grösten im gantzen Land daselbs wachssen, so groß als die Pflaum unnd Nußbäume hie aussen, gieng er für lust selbs dahin, und bracht ein Handvoll desselben, so vil ihn genug bedaucht, mit, und zugleich auch darinn die sechs Pilger, welche vor forcht nicht reden noch husten dorfften, geschweig ein fürtzlin lassen, daß kein wunder gewesen, es hett sie aller Schwindel angestossen.
Als er nun den Salat erstlich beim Bronnen Wasserstein oder Röhrkasten (dann ich wills wandel haben) geweschen, sprachen die Jacobsbrüder heymlich zusammen: Ei, ei, was will das werden? wir ersauffen wol hie zwischen dem Lattig: wollen wir uns hören lassen? aber reden wir, so töd er uns gewiß für Kundschaffter: Unter des sie also rahtschlagten, legt sie Gargantoa mit dem Lattich inn ein Platt, so groß als die Thonn zu Cisteaux, unnd sibenmal grösser als der rund napff vor dem Domm zu Spir welchen man zu jedes Bischofs einritt mitt wein füllt, unnd gute arme schlucker sich redlich darumb rauffen läßt: Der Salat war beräit das fläisch darinn schmückt sich, er streifft die Aermel hindersich, griff darein, unnd aß es also mit öl, Essig unnd Saltz hinein, vor dem essen sich zuerfrischen, unnd het bereit fünff Pilger verschlungen, der sechst lag inn der Schüssel unter eim Lattichblatt, in einander Igelmäsig gekrümt, gepfumpfft und gewickelt, als het man ihn inn eim Mörsel zusammen gestossen,[350] und die Ballenbinder zu Franckfort zusammen gerollt, oder als der im kalten bett ligt, und die füß ins loch und die knie inns maul steckt, aber so genau hat er sich nicht geschmuckt, das ihm nit der Messenbeschlagen Bilgerstab hett herfür geguckt. Welchen als der Grandgoschier ersah, sprach er zum Gargantua, Ich glaub es gutz da ein Schneckenhorn herfůr, nicht eß es. Warumb? sagt Gargantoa, es ist disen gantzen Monat gesund: griff damit zum stab, unnd hub den Pilger zugleich under dem Lattigblatt auf, und zecht ihn lustig mit dem andern gekraut hinweg: That darauff ein guten suff fůrnen Wein, und wartet demnach wann man das Nachtessen zurüstet.
Die verschluckte Bilger, wandten und schraubten sich, so vil ihn möglich, auß seinen Malzänen, vermeinend, man het sie vileicht inn die äusserste finsternuß eins Kerckers, und das unterst gewelb eines Thurns oder ins Hechssenkämmerlin geworffen, da den letzten Heller zubezalen. Aber als Strosagurgel den Küsuf that, meinten sie nicht anders, dan sie müsten all im Maul ersauffen: Auch hett sie beinah der anlauffend stram des Weins in abgrund seins magens geschwemmet und getriben, doch erhielten sie sich Ritterlich mit den Pilgerkrucken, und sprangen damit wie die Frisische Botten über die Thammgräben, biß sie die grentze oder das gezäun der Zän, wie es Homerus septum dentium heißt, widerumb erlangten: da fing zu allem unglück eyner unter ihnen an mit seim stock auffs Land zuschmeissen, zufülen ob sie sicher weren, und fest Land erreicht hetten: dann derselb hat etwann von dem Walfisch gehört, welcher so vil Sand und Erd auff den Rucken nimpt, das, wann er im Mör ligt, es eyn Insel scheinet, und so die Schifleut die äncker drauff anwerffen, dieselbigen zu grund gehn: Derwegen wolt ers besser versehen, unnd schmiß so hefftig durch eyn grub eynes holen Zans, daß er eyn Ader des Kinbackens traff, und der streich auff eyn geschwollen Zanfleysch abglitschet, davon eyn solcher schmertzen dem Gurgellantua entstund, daß er gleichsam inn eyner Tobsucht Mordio schri, und wie eyn tolle Ganß im Kreiß herumb lieff. Doch dem übel zuraten, hiß er ihm seinen Zansteurer pringen, stach stracks gegen dem Nußbaum zu, da der specht angehauen hat, und hub da meine[351] liebe Junghern von Sant Jacob auß dem Nest. Dann den eynen erhascht er beym Beyn, den andern bei der Pilgertaschen, den tritten bei der muschelhafft, damit er den Mantel zuband, den vierten bei dem Dieb oder Schiebsack unnd Plodergesäß, daß die stuck Prots hernach fulen, den fünfften durch eyn schnitt im Schuch, den er minders Truckens halben drein gekerbet hat, also daß die Filtzsocken herauß ragten: Und den letzten armen JacobsPruder der mit dem stecken hat anackern wölln, ergrappt er durch den Latz: Doch war es sein groß gluck, dann er stach ihm damit eyn heßlich Schlirgeschwär auff, welchs ihn sidher sie von Ancenis außgangen, heßlich plagte.
Nach dem also die Pilger außgehaben, unnd dort hinauß für besteckend gekräut geschlaudert gewesen, flohen und stoben sie über die Heyd hinüber, zohen den hals inn sich, huben den Lincken Fuß Kreutzfertig auf, daß man sie inn kurtzem verlor: Damit hört auch das Zanwe auff, Unnd kam eben zur stund Jungker Artdich wol, berufft sie zu tisch, dann es wer alles gerüst. So muß ich, sprach er, vor hingehen mein unglück mit dem wasser abzuschlagen, und meim geselln eyn Aderlassen: fing darauff an so überflüssig zuharnen, daß dz wasser ein Welsche meil von dannen lieff, und den Pilgern den weg verschlug, also dz sie darüber nit watten konten: und einer, wie S. Sebald sein kotzen nemmen must, und darauff hinüber schwimmen dann er het sonst geschwummen wie eyn Wetzstein, weil er die gröst unnd ungeschickst Mor unnder ihnen war. Als sie gleichwol mit Not hinüber kommen, kamen sie inn eyn andern unfall, und fulen alle, außgenommen Cläußlin Kleienfurtz von Fournilier, inn eyn Zuggarn, welches den Wölffen gestellet ward: darauß sie durch geschwindigkeyt des gemelten Kleienfurtz entkamen, unnd war das Mäuslin welchs dem Löwen aus dem Netz hülff, dan er alle Strick und Seiler als eyn Cordischen Knopff mit scharpffen langen Nägeln unnd spitzen Zänen zerriß unnd zerbiß: Von dannen zogen sie auff Couldrai, und lagen dabei übernacht: da ergetzten sie sich wider von allem überstandenen unglück. Dann ein belesener Kautz unter ihnen, genant Zihdenbart Lasdaller von Träggänglingen, welcher auß eym Kloster entloffen war, richtet sie durch tröstliche[352] wort auff, unnd bewiß ihnen auff Müntzerisch unnd Münsterisch Prophetisch, daß diese abentheur vom David inn Psalmen were vorgesagt: cum exurgerent, forte vivos deglutissent nos: Als man uns im Salat für Saltzkörnlin aß: (Wir weren als die eyn flut erseufft) als er den Suff that. Torrentem transivit Anima nostra, als wir über die groß Schwämm watteten, pertransit Aquam intollerabilem, Als er uns die Straß unterschlug und verloff. (Gelobt der nit zugab, daß ihr schlund uns möcht fangen, wie eyn Vogel des Stricks kompt ab, ist unser Seel entgangen) Als wir inn die Wolffstrick fulen: (Der Strick ist entzwei) durch des Furnilliers gute Händ und Zän. Und wir sind Frei. Adiutorium nostrum etc. Secht da, diß reimt sich, wie quatuor quadrigæ, des Propheten Zacharie, zu den vier Bettelorden: Unnd wie dort, amo decorem Domus tuæ: Ich hab den Chor deins Doms lieb. Unnd wie die Pasquillendichter die gute sprüch auß der Heiligen schrifft mutwillig auff ihre außrichtige verkleinerliche Materien verbiegen unnd herbei ziehen. Nun wer kans alles umbrüsseln? Si non probitate, at pravitate: Es ist dannoch eyn kunst, inn eyn jeden glockeoklang eynen Text erdencken.