Das Drey und viertzigst Capitel.
Warumb die Mönch Weltflüchtig, Liecht und Leutscheu sind, und man an etlichen so grosse Nasen find.

[361] Bei ehren glauben, sprach Artsichwol, ich werd schier zum Narren ob dises Mönchs lustigen erbarn bossen, dann er macht uns all frölich: Und wie kompts dann, daß man die Mönch von aller guten Gesellschafft verstoßt, und heißt sie Trubelefest, Glückstüber, Senffversaurer, Freudenstörer, Freudenversenffer, spilverderber, Stupffelhaaß, Binenhummel, Mußversaltzer, Kalklescher, Zechmilben, Schwalbentreck, der Ganßheisern Beichtwolff, Arons Kälber, Bruder Unlust und den Teuffel auff dem gerüst? Und sie abtreibt wie die Immen die Horlitz, oder Wefftzen vom waben unnd Honigrat. Ignavum fucos pecus (spricht Maro) à præsepibus arcent, Die Hurnaussen hurrnen die Bienen auß. Darauff antwort unser Gurgeldurstlinger, Es ist nichts so war, als daß der Rap, die Kap und die Pfaffenschlap, alle Schmach, Haß unnd fluch der Welt an sich sap, wie der Nordwestwind die Wolcken an sich zeicht. Die Peremptorisch endlich ursach ist, daß sie der Welt treck essen, das ist, ihr Sünd inn sich schlucken, darumb stoßt man sie als Schlotfeger unnd Treckkauer inn ihr heimlich Gemach und Scheißhaußfegerthal, welchs ihre Klöster und Convent sind, so abgesöndert stehn von aller Politischer gemeinschafft, wie die Arsspulkämmerlin in Häusern unnd die Hurenkauten inn Stätten.

Gleichwol wann ihr wißt, warumb ein Aff, wa er inn eim Hauß ist, allzeit verspott, gevexirt und geübt wird, wie ein Nußbaum, Esel unnd Weib, welche stäts wölln getrescht sein, und wie ein schalcksnarr ungeübt kein freud macht, so werd ihr auch verstehn, warumb die Mönch inn der Welt von jung und alten gescheuet werden. Der Aff hütet nit des Hauses wie der Hund, er zeicht nicht im Pflug wie ein Ochß, er tregt weder Woll noch Milch wie das Schaf, ist weder zureuten noch zufahren wie das Pferd, tregt weder Holtz zur Kuchen, noch Korn zur Mülen wie ein Esel: sein gröst thun ist, alles bescheissen und verderben, den kopff mit den Leusen[362] hinwerffen, sdimatzen und im Plosen hindern kratzen, darumb wird er von allen verspott, gestossen unnd geschlagen. Also auch ein Mönch (doch die müsige tropffen verstanden, sampt eim grossen Register mit Predighandtierer) der ackert nicht wie der Baursman, beschützt nicht Land und Leut wie ein Kriegsmann, heilt nicht die Krancken wie ein Artzet, lehrt das Volck nicht auff Canceln unnd in Schulen wie ein rechtschaffener Prediger unnd Schulmeister, hilfft keim zum rechten wie ein Jurist, füret einer Statt oder Landschafft nicht allerley nötige bekömmliche waren zu wie ein Kauffman: sonder etcetera, ihr versteht mich, er zeigt nur stäts die blotte blatt, dann er ist umbs maul dahinden glatt: Küß Affenfutt, so hebst kein Schwantz auff: oder versteht ihrs nicht. So leset das Simiacum. Secht da habt ihr die ursach, warumb sie von allen wie Kautzen und Eulen gescheuet werden. Sed Pauper ubique iacet. Ich hab noch andere Schaaf, die muß man auch inn disen Notstall bringen, sie werden mir sonst vor grossem Theologischen stoltz auß dem Digel springen: das macht sie sitzen inn Rosen wie ein Katz im Rauchloch: Sind Affenschwäntz, sind Kühoden, sie wollens sein unnd wöllens nicht sein: Gleichwol hört bei dem Affen ein Aeffisch geheimnuß: Warumb die Affen den Vulcanum sollen erzogen haben? Da rathen zu ihr Flagelloflegellanten: Errahten ihrs nicht, so seits warend im Gegenflegel. Aber zu unsern verklaußten, und verklaustrierten brüdern wider.

Gleichwol, sprach Grangusier, betten sie Gott für uns: Nicht ein dinglin, antwort Gargantoa, sed pium est credere, sonder mit Glockentrinckeballieren und stätem klancklinckgluckern machen sie schier ein gantze Nachbaurschafft taub und doll wie die, so zu nächst bei dem fall des Rheins wohnen vom rauschen daub werden. Nichts umb sonst sprach der Mönch, ein Meß, ein Metten, ein Vesper wol an unnd eingelitten, sind schon halb gesungen unnd überstritten: man sagt ein Prediger auff der Cancel, ein Barfuser im Chor, ein Carmeliter in der kuchen und ein Augustiner im huren hauß, zierens überauß: nur ein hauffen Paternoster angesteckt, und mit fetten Ave Maria gespickt, und auff der post fort geschickt, das glück und mest die zuhörer, welche sich gern mit worten settigen lassen: uns aber heist es, Bäurlin trags ins[363] Kloster hinein, so gibt man dir ein Sup und ein sauren Trunck Wein. Ich weiß wol, sprach Gurgellang, daß sie meh für die Suppen und das Mäl betten, als für mein Seelmetten: Gleichwol seit ihr Frater Jan nit also, ihr seit kein Heiligenfresser, kein Himmelsnister, kein Todenpfeiffer, kein Conscientzpresser, sonder Indulgentzmesser: ihr seit nicht Weltgescheiden sonder Weltbescheiden, geltet ihr meßt den Himel nicht mit Loten auß? ihr seit lustig mit, seit wie ein Weidsack, auff welche seit man greifft, findt man ein Loch: so seit ihr auch nicht müssig, ihr beschirmt je die Untergetruckten, helfft den angefochtenen, beschützt die Klöster, erhaltet die Geistliche: Von welcher tugenden wegen etwann König und Keyser mit den namen Christenlichst, Erstgebornes Sohns, Pius, defensor fidei, und Catholicus vom Super heiligsten Vatter begabt wurden: wie wöllen wir euch dann tauffen. Fratissimum: und Claustralissimum? oder superiissimum, per p. non b. sonst möchten ihr Bäpstlicher Heiligkeit zu verkürtzung König Tarquinius zu Rom werden: aber diß wollen wir dem Großhertzogen, nein, Grösthertzogsten zu Rom vorbehalten haben. Bei dem H. Weiwadel, sprach der Mönch, ihr seit wolberhümt in genere demonstrativo Ego Cucullariorum novissimus: laßt mich mit solchen Tituln ungeschneitzt. Ein jeder hat ein Ader vom Narren. Inn meniglich stecken semina stulticiæ, man mags leicht säyen, so wächßts daher: das unzeitig loben aber besprentzt es: Jedoch was sagt ihr von müßiggehn? minder als der Seiren auffsticht. Dann wann wir im Chor sitzen unsere Metten und Jarbegegenussen fortzuhudem, so mach ich darzwischen Armbrostwinden, Sennen, Treibschnür, Seidengestrickt Memorialschnür, die man inn die Bettbücher legt, flecht körblin, nähe unnd stopff ballen, schnetzel bilder, spitz Zansteurer, schneid Zungschaber, höl orlöfflin, mach ein gantzen Haußrhat inn ein büchslin, oder den zihenden Passion, bereite flöfallen unnd Nonnentröster, damit ich mich bei den Schwestern zukauff, stricke Königlingarn unnd garnsecklin: kurtzumb, můssig gieng ich nie, dann ich gieng ehe auffs Weidwerck, oder besucht das Vogelnest oder Daubhauß, oder, wie jene Schwester sagt, laußt ehe für die lange weil die Mauß: oder, wann mirs schlaffen nicht ein wolt, legt ich mich an[364] Rucken, unnd zalt die fürfligende Vögel, oder, auff das ich nit ohn weidwerck wer, fieng ich im schlaff Mucken. Aber bücher abschreiben, buchstaben malen, Clasuren machen, den Passion außstreichen, dz kont ich nie und noch: vil weniger, wie her Mönch Tutilo zu S. Gallen, in kupffer stechen und formen schneiden. Aber höra, hieher zutrincken, zu trincken her: bring das Obs: Botz hinden unnd fornen diese gebratene Kästen mit neuem Wein eingenommen sind gute compositores unnd Modelgiesser der fürtz. Ihr seit noch nicht hierinn recht bemostilliert. Bei dem kreutzschwammen, ich trinck zu aller wacht wie eins Promotors gaul, sie itur ad astra, da die funcken wie die Sternen bei nacht, zur Schmidten außschiessen: Warumb geht kein Mönch allein über die gaß? Antwort: wann der Teuffel den einen holt, daß der ander sag, wo er hin sey kommen. Aber Frater Cucullarie, sagt Keibkamp weiter, warumb braucht ihr Klosterheiligen beide händ zum Becher. Das hat ein Laur gemacht, der die hand einer frembden Nachbarin stäts über dem tisch im Schlitz het: Aber Bruder Jan, thut das Rotbrüstlin von der Nasen, seh wie es Claretrot dran henckt: wiewol es etwas besser steht als das Nasenkleinot, darvon Grobianus schreibt: ob ers wol auß India beweißt, da man das Edelgestein an die Nasen henckt: wolan, so gebt ihr auch ein guten Perleinsticker, wann euch also die weisse durchsichtige tropffen an der Nasen bleiben hencken, wie Eißzapffen an eim Dach. Ha, ha, sprach der Mönch, solt ich drumb ersauffen, weil mir das Wasser biß an die Naß geht: Nein, nein: Quare? Quia, sie geht wol herauß, aber nit hinein: dann sie ist wol antidotiert unnd gesegnet mit Reblaub. O mein Freund, wer von solchem Leder Winterstifel het, der möcht getrost nach Ustern fischen, dann sie würden kein Wasser fangen. Waher kompts aber, sprach Gorgellang, daß Bruder Jan so ein schöns näßlin hat? Darumb antwort Langgoschier, daß es Gott also gefeilig war, der uns inn form und weiß, als es ihn gut bedunckt, schafft, wie ein Hafner seine geschirr ihmo. Darumb, sagt Künlob, weil er der erst auff dem Nasenmarckt war, da man die Nasen außwiget, und ihm gleich die gewichtigst ließ darwegen. Wolbegeist sagt ja: darumb, weil der Nasenaußweger eim mehr bein unnd fleisch als dem andern zuwog. Nein[365] sprach der dritt, darumb, weil einer stercker durchs ober Naßloch bloßt, unnd die Naß aufftreibt wie ein Glaßmacher, wann er zu starck in die gemartert äsclien bloßt. Schickts fort, sprach der Mönch, jetz ists an mir: nach der waren Mönichalischen Phylosophy ists daher kommen, das mein Säugamm gar waiche Dutten hat: unnd wann sie mich seuget, truckt sich mein Einleghacken hinein wie in ein Butter, davon wuchß sie und lieff auff wie ein teig in der multer. Dann die harte saugende Brüst machen den Kindern kumpffe Schafsnasen: die geben gute Dellerschlecker: gleich wie die andern gute Kirschenhacken und Leschhömer: Aber dir haben deine die grossen schweren Becher also eingetruckt, weil zu faul warest sie zuheben, sonder nur auff die Nasen legtest. Wie mag wol Socrates mit seiner Silenischen Nasen getruncken haben, weil sie ihm wie ein Rhinocerot allzeit übersich gestanden: doch riechen dieselbigen überstülpten Nasen besser, und geben gut Wetterschmecker, baß als die Laubsäcklin, so untersich sehen, oder wie die Keyserischen Maximinasischen, die wie ein Nußbaum inn eim Gärtlein sich außbreiten: dann inn den übersichtigen schornsteinlöchern kan der geruch oben und unten zustieben, und hat darbei den vortheil, daß sie die augen nit wie ein schidmaur theilen, und also hindern, daß einer nit auff beide seiten kan umb sich schielen. Socrates hat ein solche Naß müssen haben, wie es der Fratz Aristophanes außrechnet, dann er schmackt und gafft nur stäts nach dem Himmel: Dein Naß wird dir nicht ins Maul wachsen, sie lenckt sich zur seiten, sie wächßt ins Allmend, die Bauren werden noch drein scheissen: meine wachßt inn mein eigenthumb, ich mag drein beissen. Aber sehet da, dises Näßlein hat neun krümme, wie ein Hirtenstecken. Aber lustig, guts, quachs, ad formam nasi cognoscitur ad te levavi. Laßt mich mit diser Latwerg unbeschmiert: Ich hab mein lebenlang kein Confect gessen, es gehet von eim als gehaspelt Hafenkäßsuppen und Saurmilch am Rad gespunnen. Holla Bub, zur trenck, schenck, senck, daß ich mein gehenck, zu guter nacht schwenck, nun schrenck und renck dich auff die benck, ehe ich dich henck, dann deine kreutz inn der hand geben, daß nicht wirst ertrenckt, es gang dann das Wasser über den Galgen wie über die Diebsmüller:[366] Wolan Gott wöll den Reben viel Trauben geben, den Aeckern viel getreid, unnd uns ein langes lustiges leben, das wirs geniessen mit freud.

Quelle:
Johann Fischart: Geschichtklitterung (Gargantua). Düsseldorf 1963, S. 361-367.
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