[90] Nimmermehr! rief Heinrich; – als ich mich meiner unumschränkten Herschaft über Sophien rühmte – nimmermehr kann diese geistvolle Person so ganz zum Kinde geworden seyn!
Gut! – sagte ich – Du sollst einen Beweiß haben der keinen Zweifel übrig lassen wird. Bist Du morgen bey Ms?
Er. Das versteht sich! Sie wissen, daß ich niemahls fehle.
»Halte dich in meiner Nähe« – erwiederte ich – »das Uebrige wird sich finden«[90]
Ungeduldig eilte ich am folgenden Tage meinem bevorstehenden Siege entgegen, und zürnte schon, daß Sophie so lange verweilte. Endlich erschien sie, und von dem Augenblicke an, war es mein unablässiges Bestreben, ihre Geduld durch tausend Unarten, eine immer kränkender als die andre, zu ermüden.
Aber mit himmlischer Sanftmuth und bewundernswürdiger Feinheit, wußte sie sie alle so zu mildern, und den Augen der Gesellschaft zu entziehn, daß ich beynahe verzweifelte, meinen Zweck zu erreichen.
Doch als sie sich eben mit Heinrich in einem interessanten Gespräche befand, glaubte ich etwas Entscheidendes wagen zu müssen.
Sophie! – sagte ich; und drängte Heinrich[91] zur Seite! – machen Sie mir doch einmal die Schnalle fest!
Eine hohe Nöthe überflog ihre Wangen; aber ohne weiter auf mich zu achten, setzte sie ihr Gespräch mit Heinrich fort.
Nun Sophie? haben Sie mich nicht verstanden? – sagte ich trotzig; indem ich den Fuß auf einem Stuhle ruhen ließ.
Sehr gut Herr v. S. – antwortete sie, mitleidig lächelnd – ich bedaure, daß Sie sich nicht recht wohl befinden; und in dem Augenblicke nahm sie Heinrichs Arm und entfernte sich in das Nebenzimmer.
Da stand ich, und war ungewiß: ob ich träumte oder wachte. – Den ganzen Abend würdigte sie mich keines Blickes mehr; und eine traurige Ahnung von[92] dem was meiner warte, durchdrang mein Herz.
Den andern Morgen eilte ich in ihre Wohnung; aber man sagte mir: sie sey zu einer Freundin aufs Land gereist, und diesen Morgen sey ein Zettel an Heinrich abgegangen.
Was ist es? – rief ich diesem entgegen – um Gottes willen was ist es? was hat sie dir geschrieben?
Daß sie Ihnen ein für alle Mal ihr Haus verbietet; und daß sie während Ihres hiesigen Aufenthalts, einen andern Wohnort wählen würde.
Heinrich! – rief ich; und warf mich an seine Brust – wirst Du mich auch ....[93] vor Schmerz konnte ich nicht weiter sprechen; aber er errieth mich.
Nein! – sagte er – dafür sey Gott! wie könnte ich dich jetzt verlassen da du die Hölle in deinem Herzen haben mußt! –[94]