Feldmusik

[56] Der frische Nord fegt übern Rhein,

Die Flocken und die Schloßen treiben,

Vom Dache klirrt herab der Stein,

Und zitternd rühren sich die Scheiben.

Nun ist es Zeit, nun ans Klavier!

Vor dir am Flügel will ich knien –

Du aber sende lächelnd mir

All deine mut'gen Melodien!


Laß brausen sie heran im Takt

Die Klänge all, von denen jeder

Den Arm mir wie ein Werber packt,

Und auf den Hut mir steckt die Feder;

Ein Schwert mir in die Rechte preßt,

Ein blitzend Schwert, und lauten Schalles

In sein Gebraus mich jubelnd läßt:

Deutschland und Freiheit über alles!


Musik, Musik! – o schmettre fort!

Frisch auf, Musik von deutschen Meistern!

Auch wer ins Feld zieht mit dem Wort,

Läßt sich von Tönen gern begeistern!

Drum immerzu! – Noch ein Gedicht

Von deinem göttlichen Beethoven!

Laß ich auch Banner fliegen nicht,

Laß ich doch fliegen zorn'ge Strophen!
[56]

Das ist die rechte Feldmusik,

Geht ein Poet der Welt zu Leibe:

Am eignen Herd ein mutig Stück,

Gespielt von seinem lieben Weibe!

Füllt kühnes Klingen ihm das Haus,

Dann singt er doppelt freud'gen Schalles

In Wetter und in Sturm hinaus:

Deutschland und Freiheit über alles!


St. Goar, Februar 1844.


Quelle:
Ferdinand Freiligrath: Werke in sechs Teilen. Band 2, Berlin u.a. [1909], S. 56-57.
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