Scena I.

[41] Lorentz, Heine, Fridlin.


LORENTZ.

Ich hab mein Käplein zimlich bsungen,

HEINE.

Es hat mir auch nit vbel glungen.

Hets lenger gwert, ich sags fürwar,

Wer füller worn denn jenes Jahr.

LORENTZ.

Bey Gott es ist ein guter Wein,[41]

HEINE.

Ach das man mir schenckt wider ein.

Mein lidirin Fläsch, wolt diesen Tag,

So lang dran lüpffeln, weil ich mag.

LORENTZ.

Die Fraw die wirt vns nit mehr kennen,

Thu nur den andern keiner nennen.

Ich dörfft drumb schweren einen Eyd,

HEINE.

Ich han die Hoffnung zu meim Kleyd,

Weil ich dasselb verendert hab,

LORENTZ.

Deßhalben han ich gleget ab,

Mein liderin Rock, vnd kom hieher,

Als wan ich nie da gwesen wer.

HEINE.

Botz marter Lentz, mir kommen zspaht,

Die Spend ein end schon gnommen hat.

Ich sieh die Frawen nimmermeh,

LORENTZ.

Mich dünckt ein Diener ich dort seh.

FRIDLIN.

Nu kommend her jhr arme Leut,

Wir haben nit viel vbrig Zeit.

Wo einer ist, der noch nit hett,

Empfangen hie, der kom zur Stett.

LORENTZ.

Ach lieber Herr, gebt mir Almusen,

Vmb GOTTes willen in meinen Busen,

Das euchs GOTT der Herr trewlich vergelt,

FRIDLIN.

Ich hab dich dafür auch gezelt.

LORENTZ.

Nein warlich nit, jhr jrrend euch,

FRIDLIN.

Heb dich hin weg, flux dich verkreuch.

Man hat dir geben, was dir gehört,[42]

Ich glaub, du meinst, ich sey bethört.

Du hast der Sachen mehr getriben,

LORENTZ.

Er hat sich auch an Schelmen griben.

FRIDLIN.

Zeuch hin, da wirst du nichts erlangen,

LORENTZ.

Ich hab bey GOTT vor nichts empfangen.

FRIDLIN.

Wie darffst so schwern, du arger Wicht,

Als hettestu empfangen nicht.

Man hat dir geben Brot vnd Wein,

Habs gsehen mit den Augen mein.

LORENTZ.

Man gibt vns hie das GOTT erbarm,

Wir bleiben dennoch jmmer arm.

FRIDLIN.

Der wer ein Narr, und gar nit klug,

Der allen Bettlern gebe gnug.

Wer wöll euch Bettler all erfüllen?

HEINE.

Ach gebt mir auch vmb Gottes willen.

FRIDLIN.

Du Schelm, du bist vor auch da gwesen,

Ich könt dich auß dem Zedel lesen.

LORENTZ.

Wie schneud ern an, gleich wie ein Hund,

Denckst nit an reichn Mann, den Kund,

Wie er dem armen Lazaro that,

FRIDLIN.

Was mutiert hie der grob Vnflat?

LORENTZ.

Ach sehend an den kranken Mann,

Der nimmer auffrecht tretten kan,

Muß sich anstüren an sein Krucken,

FRIDLIN.

Du hast ein Schelmen Bein im Rucken.[43]

HEINE.

Ach schonend doch meiner blinden Augen,

FRIDLIN.

Es ghört darauff ein rässe Laugen.

Warum bleibst nit daheim zu Hauß,

HEINE.

O lieber Herr, wir müssen nauß,

Die Nahrung suchen, wo wirs finden,

Mit vnsern armen Weib vnd Kinden,

Es sey gleich Winter oder Summer,

FRIDLIN.

O mein gut Gsell, ich kenn dein Kummer.

Du bist ein Gsell, der schafft nit gern,

Es sey gleich Hewer oder Fern.

Ich kenn dich wol mein blinder Mann,

HEINE.

Ihr sehnd mich füra vnrechten an.

FRIDLIN.

Ich bin nit blind, gsich baß dann du,

Dein Gsellen ich auch mercken thu.

Ihr zieht den Rhein so auff vnd nider,

Vnd samlet Wurst, verkauffens wider,

Vnd ziehend die halben Hosen auß,

Vnd machend Bettelseck darauß.

Mit bettlen thun jhr euch ernehren,

Gibt man euch nit, ists lauter schweren.

Vnd sollt euch einer ein Bitt versagen,

Ihr wünscht jhn solt der Hagel erschlagen.

Fluck trollet euch jhr arge wicht.

HEINE.

Ach gebet mir nur noch ein Richt.

LORENTZ.

Die Knecht sein gmeinlich herber Leut,

Dann jhr Herrn zu aller zeit.

Wann schon ein Herr eim etwas günt,

Verhelts jhm doch das Hoffgesind.

FRIDLIN.

Gib Geissel her, ich wil mit streichen,

Beweisen hie viel Wunderzeichen.[44]

LORENTZ.

Der Streich wil ich nit gwärtig sein,

HEINE.

Mir schmecket baß ein küler Wein.

FRIDLIN.

Sieh zu, wie lauffend Schelmen all,

HEINE.

GOTT wöll, das er den Halß abfall.

LORENTZ.

Der Hagel schlag den argen Knecht,

FRIDLIN.

Der lose Bettler mich verschmecht.

HEINE.

Botz Lufft, mein lieber Lentze schaw,

Wer geht dort mit der gnädign Fraw,

Vnd mit dem jungen Grafen her?

LORENTZ.

Es ist bey Gott vnd meiner Ehr,

Der heutig Mann, der mit vns gieng,

HEINE.

Wie wann er jetzund albeid fieng?

LORENTZ.

Ich fleuch bey Gott zum Thor hinauß,

HEINE.

Wil auch nit warten diesen Strauß.


Quelle:
Nicodemus Frischlin: Fraw Wendelgard. Stuttgart 1908, S. 41-45.
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