[204] Eine lesenswürdige Historie vom Herzog Ernst in Bayern und Oesterreich, wie er durch wunderliche Unfälle sich auf gefährliche Reise begeben, jedoch endlich vom Kaiser Otto, der ihm nach dem Leben gestanden, wiederum begnadigt worden. Zuvor niemals abgedruckt. Nürnberg und Augsburg.
Herzog Ernst entzweyt sich mit seinem Vater dem Kayser Otto, erwählt nach Christi Geburt 933, wird von Land und Leuten durch ihn verjagt, wallfahrtet nach Jerusalem, mit seinem Vetter Herzog Wezelo, geräth zu den Agripinen, Menschen mit Kranichköpfen, mit denen er sich um eine entführte Prinzessin herumschlägt, leidet dann Schiffbruch am Magnetberge, läßt sich[204] mit seinen Gefährten in Ochsenhäute eingenähet von einem Greifen zu seinem Neste durch die Luft wegführen, fährt auf einem Floße durch den Carfunkelberg, gelangt zu den Armaspen, Leuten mit einem Auge, bekämpft dort die Riesen und Sciopoden, geht nach Indien, besiegt da für die Pygmaen die Kraniche, dann den König von Babylon, und erreicht endlich von diesem geleitet Jerusalem, von wo aus er in der Folge wieder nach Teutschland geht, und mit seinem Vater sich versöhnt. Der Roman ist von einem alten Gedichte von Heinrich von Veldeck des gleichen Namens und Inhalts ausgegangen, das man in Prosa aufgelößt, und das sich in der Gothaischen Bibliothek im Manuscripte findet, und sich wieder auf ein lateinisches Buch, als seine ursprüngliche Quelle zurück bezieht. Man sieht aus dem angegebenen Inhalt, wie nahe verwandt auch dieses Buch mit jenen fabelhaften Sagen ist, wie es vom Alexander und den ältern orientalischen Traditionen ausgegangen, die um diese Zeit durch die Uebersetzung des Callisthenes in Westeuropa in allgemeinen Umlauf gekommen waren. Alle jene fratzenhafte, mißgebohrne Menschenarten finden sich schon bei Solinus und Plinius in seiner Beschreibung von Indien; vom Magnetberge erzählt Montevilla uns weitläufig in seinen Reisen, wie um ihn her die festgewordenen Schiffe gleich Felsen und kleinen Inseln stehen; die Riesen sind aus der gleichen Quelle geschöpft, und die Luftfahrt findet sich im Alexander schon, der von einem Greifen sich geharnischt hinauf in die Höhe viele Tagreisen hoch tragen läßt, daß das rothe Meer einer Schlange gleich unter ihm zu seinen Füßen liegt. Das Ganze, einigermaßen ein Pendant zu Lucians wahrer Geschichte, die aber in ihrer Art vollendeter ist, erscheint nur von mittlerm Werth, anfangs besonders schleppend, in der Folge wohl rascher voran schreitend, im Allgemeinen aber doch matt, und wenn man das, was dem Dichter gegeben war, abrechnet, leer und mit geringer Erfindung gedacht und durchgeführt.