[232] Historia von der schönen Magelona, eines Königs Tochter von Neapolis, und einem Ritter genannt Peter mit den silbern Schlüsselen, eines Grafen Sohn von Provincia aus französischer Sprache in das Teutsche übersetzt durch M. Vitum Warbeck samt einer Vorrede Georgii Spalatini. Nürnberg.
Zart, innig, mild, von einem linden Liebesscheine übergossen; alles Scharfe, Zackigte weggeschmolzen in dem lauen Hauche, ganz der Geist der Troubadours, jener warme befruchtende Südwest, der drei Jahrhunderte hindurch aus diesem Punkt der Rose fortdauernd über Europa hinwehte, und einen schönen Blüthenfrühling hervorrief in dem ganzen Occident. Wie eine[232] emsige Biene, die zwischen zwei einsam stehenden, fern einander entrückten Palmen, hin und wiederfliegt, und den Samenstaub von Einer zur Andern trägt, und das Ferne aneinanderknüpft, so tritt gleich Anfangs die Amme zwischen die beiden Liebenden Peter und Magelone; sorgsam trippelt sie ab und zu, tröstet, räth, beschwichtigt, und hilft; und wie Peter die Geliebte nun entführt, und sie ermüdet in seinem Schooße schläft, und er an ihrer Schöne sich nicht ersättigen kann, und ein Raubvogel nun den rothen Zendul mit den Ringen, vermeinend es wäre Fleisch, erwischt, und davonfliegt, und er ihm nun nacheilend über den Meeresarm vom Sturm verschlagen endlich, bis zum Sultan kömmt – das Alles ist mit Gewandheit und leichtem fröhlichen Sinn erzählt, und wie eine Schwalbe kreisend hin über des Wassers Fläche fliegt, so hier das poetische Schicksal über der Begebenheit. Magelones Pilgerschaft nach Rom und durch Italien, bis sie zur Insel, der Heyden Port genannt, gelangt, und dort ein Spital stifftet, und die Kranken pflegt; wie sie zum Ruf der Heiligkeit gelangt; ihr Verhältniß endlich mit Peters Aeltern, – Alles ist fromm und rührend, und die Wiederfindungs- und Erkennungsszene rundet dann das Ganze trefflich zu. Die teutsche Uebersetzung von Veit Warbeck von 1535 giebt das Jahr 1453 für die Periode der Verfertigung des Werkes an, das sich auf eine wahre Geschichte zu gründen scheint, indem man noch gegenwärtig in der Provence das Grab der Magelone zeigt, und eine Insel bei Marseille ihren Namen, Magelone, führt. Die älteste Ausgabe »getruckt zu Augspurg durch Heinrich Steiner 1535« (nicht 45 wie bei Koch) ist durch viele Auflagen Leipz. 1611, Nürnberg 1678 z.B. nach und nach ins Volksbuch ganz unverändert übergegangen, bezieht sich aber selbst wieder auf das französische Original: Histoire des deux vrais et parfaits amans Pierre de Provence et la belle Magelone Fille du roy de Naples. 4. Paris. ohne Jahrszahl, in gothischen Characteren, und Avignon 1524. 8. In der spanischen Literatur erscheint sie unter dem Titel: La historia de la linda magelona hija del Rey de Naples y de Pierres d.P. Seviglia 1533. 1542. 4.