23.

[241] Ergötzlicher aber lehrreich und sittsamer auch zuläßiger Burgerlust, bestehend in sehr lustigen Begebenheiten, wohl possierlichen Historien, gar annehmlichen Gesprächen, und Erzählungen: mit vielen merkwürdigen Sprüchen, neu üblichen Gedichten, scharfsinnigen Scherz-Fragen und Antworten. In drei Theile abgetheilt. Dedizirt allen eines melankolischen, langweiligen und unfröhlichen Gemüths behafften, wie dann auch den Aderlassern, Podagrämischen, oder auf was Weise die Patienten ihre Zeit hierdurch zu verkürzen suchen. Aufs neue colligirt und beschrieben. Gedruckt in diesem Jahr. Nürnb.


Zuerst Anekdoten und kleine Erzählungen in der Manier des Rollwagenbüchlein, von denen Viele wohl auch schon lange Zeiten bei allen Nationen umgegangen sind, und niemal sterben wollen; dann allerlei Lehrstücke, vollständige Uebungen, gar scharfsinnige Sprüche in Versen, häufig aus dem Freydank und dem Renner, manchmal schlecht, oft treffend, manchmal recht brav; z.B. gleich die Wahrheitsklag:


Der Gelehrten Wandel ist sehr ehrlich,

Im Werk aber ist er spärlich,

Sie thäten mich fangen und binden,

Begießen mich mit schwarzer Dinten,

In mein schneeweisses Angesicht,

Daß ich mich kannte selbsten nicht.

Sie auch mit Büchern mich schlagen,

Und bey den Haaren umher zagen:

Mich krazten sehr, allzeit krallten,

Und zur Thür hinaus mich brallten.


Der Spruch:


Gut verloren, nichts verloren,

Muth verloren, was verloren,[241]

Ehr verloren, viel verloren,

Seel verloren, alles verloren.


Endlich die Klag unsers Herren Jesu Christi über der Menschen Unglauben und Undankbarkeit:


Gott unser Herr so zu uns spricht,

Ich bin ewig, ihr sucht mich nicht,

Ich bin allmächtig, ihr förcht mich nicht,

Ich bin barmherzig, ihr traut mir nicht,

Ich bin gerecht, ihr ehrt mich nicht,

Ich bin der Weg, ihr geht mich nicht,

Ich bin das Licht, ihr seht mich nicht,

Ich bin weis, ihr folgt mir nicht,

Ich bin das Leben, ihr begehrt mich nicht,

Ich bin ein Lehrer, ihr fragt mich nicht,

Ich bin schön, ihr liebt mich nicht,

Ich bin edel, ihr dient mir nicht,

Werdt ihr verdammt, verweißt mir's nicht!

Quelle:
Joseph Görres: Die teutschen Volksbücher, in: Joseph Görres, Gesammelte Schriften, Band 3: Geistesgeschichtliche und literarische Schriften I (1803–1808). Köln 1926, S. 241-242.
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