[420] Siegmund. Julchen.
JULCHEN. Was sagen Sie mir? Das glaube ich in Ewigkeit nicht.
SIEGMUND. Ich aber glaube es.
JULCHEN bestürzt. Hat er es Ihnen denn selbst gesagt? Ich Unglückliche!
SIEGMUND. Er hat mir's nicht mit deutlichen Worten gesagt: aber es ist gewiß, daß er Ihnen Lottchen weit vorzieht. Ich wollte ihm diese Beleidigung, so groß sie auch ist, gern vergeben, wenn er nur Sie nicht zugleich beleidigte. Ich bedaure Sie, mein Engel. Ich weiß, Sie meinen es aufrichtig und werden meine Redlichkeit dadurch belohnen, daß Sie dem Unbeständigen wenigstens meinen Namen verschweigen.
JULCHEN. War dies die Ursache seiner Traurigkeit? Der Treulose! Was hat er für Vorteil davon, ein unerfahrnes Herz zu betrügen? Wenn er mir aus Rache das Leben hätte nehmen wollen: so würde ich ihn noch nicht hassen. Aber daß er mich unter der[420] Maske der Liebe und Aufrichtigkeit hintergeht, ist die schandbarste Tat.
SIEGMUND. Er wird es leugnen, denken Sie an mich.
JULCHEN. Der Verräter! Ja, er soll es leugnen. Ich mag dieses Verbrechen nie aus seinem Munde erfahren. Ich will ihn nicht bestrafen. Nein, sein Gewissen wird mich rächen ... Wie? Er? dem ich heute mein Herz schenken ... doch nein, ich habe ihn nicht geliebt. Aber hat er nicht tausendmal gesagt, daß er mich liebte? Hält man sein Wort unter den Männern nicht besser?
SIEGMUND. O meine Freundin, lassen Sie das Verbrechen eines einzigen nicht auf unser ganzes Geschlecht fallen. Sollten Sie mein Herz sehen! Ja ... auch der Zorn macht Sie noch liebenswürdiger.
JULCHEN. Verlassen Sie mich, liebster Freund. Ich will ... Und du, meine Schwester, du schweigst? Und alles dies tust du, o Liebe, du Pest der Menschen! ... Verlassen Sie mich. Ich verspreche Ihnen bei meiner Ehre, Ihren Namen nicht zu entdecken und Ihre Aufrichtigkeit zeitlebens zu belohnen. Aber kommen Sie bald wieder hieher.
SIEGMUND. Sobald, als ich glaube, daß sich Ihre Hitze etwas gelegt haben wird.