[424] Lottchen. Simon.
SIMON. Endlich habe ich die Ehre, Ihnen die Abschrift von dem Testamente zu bringen. Ich habe sie selbst geholet. Wollen Sie unbeschwert diesen Punkt lesen?
Er reicht ihr die Abschrift.
LOTTCHEN sie liest. Wie? Ich bin die Erbin des Ritterguts? Ich?
SIMON. Ja, Sie sind es, Mamsell, und nicht Ihre Jungfer Schwester. Der Herr Hofrat, der mir die erste Nachricht gegeben, muß sich entweder geirret, oder diese kleine Verwirrung mit Fleiß angerichtet haben, um seiner Jungfer Pate eine desto größere Freude zu machen. Genug, es ist nunmehr gewiß, daß Sie die Erbin des Ritterguts sind, und kein Mensch kann Ihnen dieses Glück aufrichtiger gönnen, als ich es tue. Sie verdienen noch weit mehr.
LOTTCHEN. O das ist ein trauriges Glück! Wird nicht meine liebe Schwester darüber betrübt werden? Wird nicht Ihr Herr Mündel ...?
SIMON. Waren Sie doch viel zufriedner, da ich Ihnen die erste und nunmehr falsche Nachricht brachte. Lesen Sie doch nur weiter. Sie sind die Erbin des Ritterguts, aber Sie sollen Jungfer Julchen zehntausend Taler abgeben, sobald sie heiraten wird.
LOTTCHEN. Nun bin ich zufrieden. Sie soll noch mehr haben als zehntausend Taler, wenn sie sich nur nicht über ihren Verlust kränkt. O was für Bewegungen fühle ich in meiner Seele! Und was werde ich erst da empfinden, wenn ich meinen Geliebten vor Freuden über mein Glück erschrecken sehe? O wie schön wird er erschrecken! Gott, wie glücklich bin ich! Wenn nur meine liebe Schwester nicht unruhig wird.