Erste Szene.

[42] Das erste Erntefest: Männer und Frauen schichten schwere Garben im Mittelgrunde zu hauf, kränzen sie mit Gewinden von Feldblumen und krönen den Aufbau mit früchtebehangenen Zweigen. Erntelust und Erntejubel bewegen jung und alt. Lachende Kinder schicken sich zu einem Reigen um die Garben an.


VOLK.

Es klingen die Sicheln, es tönt unser Sang,

Reicht euch die Hände, schreitet zu zweien!

Die Schnitter jauchzen den Berg entlang,

Erntetag, Erntetanz! Schlinget den Reihen!


Der Reigen der Kinder hat begonnen. Junge Mädchen und Frauen nehmen ihn anmutig auf, bilden einen zweiten Ring um die Garben und singen:


FRAUEN.

Schaffende Erde, fruchtbarer Schoß,

In Wunden und Schweigen hast du empfangen;

Vom Taue genährt, von Sonnen gereift,

Herrliche Saat ist aufgegangen![42]

DIE MÄNNER treten ihrerseits in den Reigen ein, bilden einen dritten Kreis der Tanzenden und singen:

In Garben gebunden die goldene Frucht,

Von Trauben schwer die schwellenden Reben,

Die Kelter gefüllt, zermahlen das Korn,

Ein neues Leben ist uns gegeben!


Der Rhythmus des Tanzes steigert sich zu feuriger Wucht, die Ringe lösen sich, und Paar um Paar wiegt sich in freudigfeierlichem Tanzschritte.


ALLE.

Es klingen die Sicheln, es tönt unser Sang,

Bekränzt euch mit Ähren und kränzt uns mit Reben!

Gesegnet, siegender Weltengang,

Gepriesen, gepriesen, heiliges Leben!


Quelle:
Max von Schillings: Der Moloch. Dichtung frei nach Fr. Hebbels »Moloch-Fragment« von Emil Gerhäuser, Berlin [1906], S. 42-43.
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