Siebente Begebenheit

von einem Rechtsgelehrten, welcher aus Verhexung an einem übernatürlichen Nachtdrücken auf der Brust, nebst gefährlicher Abnehmung der Kräfte eine Zeitlang gelitten, von eben der Hexe aber, die ihm dieses Uebel angethan, auf besondere Art und Weise wieder davon befreit worden.

[380] In einer berühmten Reichsstadt begab sich und ist mir von einem guten Freund, der Augenzeuge war, mit allen Umständen erzählt worden. Es lebte in einem öffentlichen Wirthshaus ein Rechtsgelehrter von seinen eigenen Mitteln, ein Herr von guter Gestalt und lebhafter Farbe, adelich geboren, beredtsam und wegen seinen annehmlichen Sitten bei Jedermann beliebt, lebte auch noch fort im ledigen Stande. Dieser wurde fast alle Nacht gequält, gedruckt und bald bis in den Tod beschwert, kam schier von allen seinen Kräften und verfiel in eine gefährliche Mattigkeit und Schwachheit. Er zog wider gegenwärtiges Uebel die Medicos zu Rath und brauchte ihre Arzneien aufs fleißigste, aber umsonst und ohne einigen Nutzen. Das Nachtdrücken hält immerzu an und mattet und schwächt das fromme Herz je mehr und mehr ab. Endlich kommt ein Arzt und gibt diesen Rath, daß so das Drucken vergangen, der Kranke alsbald heimlich aus dem Bett steigen, sein Wasser in ein Glas abschlagen, das Glas mit Pergament überall aufs beste verbinden und in das bestimmte Kästlein einschließen soll, wartend, was den folgenden Tag sich begeben würde. Der Rechtsgelehrte gehorcht, und in folgender Nacht, als er von seinem gewöhnlichen Gast übrig genug abgemattet worden, bequemt er sich auf die ihm vorgeschriebene Art und unterläßt nichts, was ihm zu thun[381] befohlen worden war. Und siehe, den folgenden Tag in der Früh um 9 Uhr kommt zu ihm ein altes, ausgemergeltes, verschrumpftes und mit viel tausend Runzeln im Gesicht ausgegrabenes Weib, und begehrt mit inständigem Bitten und Thränen, im Beiseyn des Arztes und des Wirths, von dem bisher Bedrängten, er möchte doch das Kästlein aufschließen und das darin behaltene vermachte Glas ausschütten, sonst würde geschehen, daß sie durch längere Aufbewahrung des Urins umkommen und verderben müßte. Der Geplagte fängt an diese alte Hexe heftig auszuschelten, ihr die Bitte abzuschlagen oder doch die Hilfe eine ganze Stund lang zu verschieben; endlich aber durch die Thränen dieser Vettel bewogen, sagt er ihr zu, öffnet das Kästlein und gießt das Glas aus. Da fängt die Hexe alsbald vor allen an das Wasser zu lassen, welches sie auch auf der Gasse bis an das nächste Haus vollzieht. Also ist sie auf frischer That ergriffen worden, daß sie eine Hexe sey und sie diesem guten Mann so viele und große Beschwerden und Gefährlichkeiten durch ihre Kunst zugefügt habe. Denn von derselben Zeit an begann es sich mit ihm zu bessern und erduldete weiter kein solches Brustdrücken und Herzensbangigkeit mehr. Freudius Quaest. 79 è D. Königii in Heptad. cas. consc. Miscell. cap. 2.

Quelle:
Glorez, Andreas: Des Mährischen Albertus Magnus, Andreas Glorez, Klostergeistlicher und Naturkundiger. Regensburg und Stadtamhof: 1700 [Nachdruck Freiburg am Breisgau 1979], S. 380-382.
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