1789

9/2712.


An Christian Gottlob Voigt

[1788 oder Anfang 1789.]

Ich schicke Ihnen hier lieber Herr Hofrath einen Clienten. Es ist der Sohn des Pfarrers in Berka. Haben Sie doch die Güte ihn anzusehn und ein wenig zu tentiren, der Vater hat mich sehr gebeten[69] mich für ihn zu verwenden. Wenn er brauchbar ist findet sich ja vielleicht in der Folge ein Plätzchen für ihn. Der Alte unterstützt ihn gern noch eine Weile. Ich wünsche gegenwärtig nur daß Sie ein wenig beurtheilen was an ihm ist. Verzeihen Sie diese Bitte.

G.


9/2713.


An Christian Gottlob Voigt

[1788 oder Anfang 1789.]

Da ich nach Hofe gehe und also nach Tische außer dem Hauße bin; so werde ich gegen fünf Uhr zu Ihnen kommen und über die vorliegenden Geschäfte sprechen.

G.


9/2714.


An Carl Ludwig von Knebel

Weimar den 5. Januar 1789.

Ich habe einige Tage das Zimmer, ja sogar das Bett hüten müssen, du erhältst also später ein Wort auf deinen Trauerbrief. Der gute Wiedeburg hat mich sehr gedauert, mehr, daß er des Lebens nicht sonderlich froh ward, als daß er gestorben ist.

Hier schicke ich die versprochenen Kupfer, theile sie unter die Wohlwollenden aus. Komm doch bald wieder, du wirst doch nicht den 12. hujus in Jena zubringen wollen?

Moritz grüßt. Er lehrt den Herzog Englisch, es geht unglaublich schnell.

G.[70]


9/2714a.


An Friedrich Justin Bertuch

[Weimar, Anfang Januar 1789?]

Bey Ew. Wohlgeb. bringe ich das römische Carneval wieder in Erinnerung. Wollte man es auf Ostern herausgeben, so wäre es Zeit nun daran zu dencken. Ich bin eben dran einiges für den Merkur aufzusetzen[43] und könnte bey der Gelegenheit auch die einige Bogen zusammenschreiben welche die Kupfer begleiten sollen.

Dem Künstler mit dem ich in Abrechnung stehe habe ich 15 Dukaten zu gute gethan, er wird damit zufrieden seyn, in Betracht daß wir alle Blätter brauchen können. Ich bitte gelegentlich um deren Ersaz und erwarte was Sie übrigens über diese Entreprise beschließen.

Goethe.[44]


9/2715.


An Georg Joachim Göschen

Vergebens habe ich bisher auf den letzten Bogen des achten Bandes gewartet. Haben Sie die Güte, mir solchen sobald als möglich zu überschicken. Auch wünschte ich zu wissen, in welcher Zeit Sie die bei Herrn Lips bestellten Titelkupfer zu haben Arbeiten einrichten zu können. Leben Sie wohl.

Weimar, den 26. Januar 1789.

v. Goethe.


9/2716.


An Carl Ludwig von Knebel

Ich habe an dir bemerckt und habe durch Moritzen ausführlicher gehört daß du über den Brief im Merkur böse bist. Hätte ich vermuthet dich dadurch verletzen zu können; so würdest du ihn weder gedruckt sehn, noch würde ich schriftlich oder mündlich dieser Sache weiter erwähnt haben.

Gegenwärtig kann ich nichts weiter sagen als daß ichs ernstlich und aufrichtig gemeint habe, daß meine Absicht war: einen Grundstein zu künftigem gemeinschaftlichen Bau manches wissenschaftlichen Denckmals zu setzen. Gelingt das nicht und wir stehen in Prinzipien zu weit auseinander; so ist es ja besser es behandelt jeder die Sache auf seine Weise, als daß[71] wir uns einander immer anzuähnlichen suchen und uns dann am weitsten entfernt finden wo wir uns eben zu begegnen glaubten.

Es ist mir sehr Ernst in allem was die großen ewigen Verhältniße der Natur betrifft und meine Freunde sollten über die Art wie ich meine Erkänntniße manchmal mittheile einigermassen nachsichtig werden.

Was übrigens in diesem Falle zu entschuldigen und zurecht zu legen ist das überlaße ich deinem freundschaftlichen Herzen das das beste dabey thun muß.

d. 28. Jan. 89.

G.


9/2717.


An Johann Heinrich Meyer

[Ende Januar.]

Ihre beyden Briefe haben mir viel Freude gemacht, sagen Sie mir ja von Zeit zu Zeit etwas. Von Ihnen ganz allein höre ich einen ernsthaften Wiederklang meiner ächten italiänischen Freuden. Wie sehr wünsche ich daß wir uns irgend in der Welt wieder begegnen möchten.

Danck für die Zeichnung der Figuren von der Vase. Es ist eine kostbare Composition. Oder wie Moritz will, man soll nicht Composition sagen, denn solch ein Werck ist nicht von aussen zusammengesetzt, es ist von innen entfaltet. Ein Gedancke in mehreren Figuren verkörpert.

[72] Die symmetrische Art die Figuren zu stellen, hatte eigentlich die Absicht daß die Gestalten zugleich ein Zierrath werden sollten. Auch bin ich überzeugt daß in dieser symmetrischen Art mehr Manigfaltigkeit zu zeigen war als in unsrer neueren. Dieß scheint ein tolles Paradox. Vielleicht sind Sie aber auch schon meiner Meynung. Ein andermal sage ich mehr davon.

Man ist in den neuern Zeiten, nach meinen Begriffen selten wieder auf die Spur der alten Denckart ge kommen, und wenn auch ein Meister sich ihr näherte, so verließen die Nachfolger solche gleich. In unsern Tagen scheint sie mir ganz verschwunden. Eben der Punckt wo wir uns wegen Circe vereinigten, ist ein Hauptpunckt. Die Alten sahen das Bild als ein ab– und eingeschloßnes Ganze an, sie wollten in dem Raume alles zeigen, man sollte sich nicht etwas bey dem Bilde dencken sondern man sollte das Bild dencken und in demselben alles sehen. Sie rückten die verschiednen Epochen des Gedichtes, der Tradition zusammen und stellten uns auf diese Weise die Succession vor die Augen, denn unsre leiblichen Augen sollen das Bild sehen und genießen.

Das hat Carrache wohl gefaßt. Merkur legt eine Pflanze in den Becher, wenn er beym Homer dem Ulyß die antimagische Pflanze lang vorher giebt. u.s.w. Wie erbärmlich quälen sich nicht neuere Künstler um die kleinsten historischen Umstände.

[73] Aber freylich jenes ist nicht jedem gegeben. Raphael hatte diese Sinnesart penetrirt, seine Verklärung ist ein deutlicher Beweiß.

Verzeihen Sie ich bin heute zerstreut und von Carnavals Lustbarkeiten ist mir der Kopf wüste; doch soll dieser Brief fort und er ist beßer als nichts.

Den Johannes Kopf, für welchen ich im Voraus dancke, schicken Sie mir ja mit der Thurneysischen Sendung, auch etwa die Juno und was Sie sonst haben. Kniep wird auch für mich etwas hinzufügen. Sorgen Sie doch daß man ein Zettelchen zu Thurneysens Nachricht beylegt, was für mich ist.

Könnten Sie nicht eine Gypsform über die schöne Münze machen, welche der Beichtvater der Königinn besitzt, und mir solche zuschicken. Vielleicht können Sie die Erlaubniß haben.

In Deutschland wird viel erbärmliches über die Kunst geschrieben. Die Berliner Akademie, wovon Riem Sekretair ist, zeichnet sich besonders aus.

Schreiben Sie mir ja, wie es mit dem Rufe geht den Sie nach Zürch haben, noch wünsche ich und hoffe ich es möge sich fügen daß wir einander näher kommen.

Schicken Sie mir auch etwas von Ihren eignen Produckten und blicken in den achten Band meiner Schriften der bald anlagen wird. Leben Sie wohl und schreiben mir bald wieder.

G.[74]


9/2718.


An Christoph Heinrich Kniep

[Anfang Februar.]

Hier ist nun mein lieber Kniep die angekündigte Commission. Ich bitte daß Sie mit aller Sorgfalt arbeiten und möglichst die Arbeit fördern. Ich hoffe es soll diese Bestellung mehrere nach sich ziehen. Also zwanzig Zeichnungen.


Sechs großezu 8 Unzen – 48

Sechs mittlerezu 7 – – 42

Acht kleinerezu 4 – – 32

Zwanzig Stück122Unzen.


Sie werden ein Briefchen durch Bury erhalten haben worinn ich Ihnen zwey große anzeige welche Sie einstweilen anfangen sollten, diese gehören mit unter die zwanzig.

Man wünscht daß alle Sechs große farbig seyen und überhaupt nur ein Drittel der Bestellung also höchstens Sechsieben, braun in braun. Wäre die Grotte von Bonca braun in braun zu machen; so nähme ich sie allenfalls noch besonders.

Außer diesen bestelle ich bey Ihnen noch vier Stück[75]

1., Veduta di Napoli Vesuvio

7 Unzen

1., Ein Pendant welcher Ihrer Auswahl überlassen bleibt

7 –

1., Das Meer Capri zur linken, zur rechten Cap Minervae, vorne den Fischer auf dem Felsen; diese drey farbig.

4 –

1., Eine große Landschaft braun in braun

8 Unzen

4 Stück

26 Unzen


Diese viere wünschte ich daß sie mit der ersten Hälfte der Bestellung abgesendet würden. Versäumen Sie nicht mir in einigen Monaten zu schreiben wie weit Sie sind, damit ich den Liebhabern ein Wort sagen kann. An Herrn Hackert werde ich ehstens die Hälfte der Summe auszahlen lassen, Sie liefern wieder die Zeichnungen an ihn ab und erhalten das Geld nach und nach. Lassen Sie nur gleich ein großes schönes Portefeuille, nach der Größe der größten Sorgfalt daß das Portefeuille erst in Wachstuch eingenäht werde ehe es in den Kasten kommt und daß der Kasten wohl emballirt werde.

Da die Zeichnungen für Herrn ..... noch nicht abgesendet sind; so bitten Sie Herrn Hackert gleiche Sorgfalt beym Einpacken dieser Versendung obwalten zu lassen. Die Auslagen will ich mit Danck ersetzen.[76]


9/2719.


An Friedrich Heinrich Jacobi

Beynah zwey Monate habe ich meinen auswärtigen Freunden geschwiegen, desto mehr bin ich innerlich beschäfftigt gewesen. Prof. Moritz war auf seiner Rückreise von Rom bey mir. Ich wünschte dir ihn zur Stärckung in allem Guten auf einen Monat an die Seite. Ich kann den Vortheil nicht aussprechen, den mir seine Gegenwart gebracht hat.

Die Geldsachen sind in Ordnung, hierbey eine Quittung vom Bergwesen und dem Heinsius, es thut mir leid daß dich der Esel incommodirt hat.

Wegen des empfohlnen jungen Mannes hatte ich auf deine nähere Erklärung und nähere Beurtheilung seiner einiges Bedencken, drum ließ ich es ruhen und habe mich hier und da indeßen umgesehen aber niemand gefunden, vielleicht wenn ich nach Jena komme findet sich ein Subjeckt.

Ich habe diese Zeit her nichts zu Stande gebracht als eine Beschreibung des römischen Carnevals. Bertuch und Krause wollen es auf Ostern mit illuminirten Kupfern herausgegeben. Ich empfehle dir dieß Werckchen und schicke dir ihre Ankündigung. Es wird hoffe ich niemand gereuen einen Blick auf das moderne Saturnal zu thun. Empfiehl es deinen Freunden. Ich habe bey der Entreprise keinen Vortheil, ich wünschte aber daß ihn die Unternehmer[77] hätten, weil ich ihnen Muth zu einem wichtigern und kostbareren Wercke machen möchte.

Nächstens erhälst du einige illuminirte Blätter, hier indeß das Titelkupfer zum achten Bande.

Lebe recht wohl.

W. d. Febr. 89.

G.


9/2720.


An Friedrich Leopold Graf zu Stolberg

Du verzeihst daß ich solang geschwiegen habe. Dieser Monat war für mich reich und fruchtbar, aber auch so nah voll gepfropt daß ich kaum einen Blick in die Ferne werfen konnte.

Professor Moritz war auf seiner Rückreise von Rom sechs Wochen bey mir. Ein trefflicher Mann, dessen nähere Bekanntschaft ich jedem fühlenden und denckenden Menschen wünsche.

Ich nehme mehr Theil als du glaubst an der tröstlichen Erfahrung die mir dein Brief mittheilt: daß deine liebe Agnes in den letzten Zeiten, sich dir reiner, himmlischer, verklärter als in ihrem ganzen Leben dargestellt und daß Sie dir scheidend einen Vorschmack, eine Ahndung seligen und vollendeten Bleibens zurückgelassen.

Wenn ich auch gleich für meine Person an der Lehre des Lucrez mehr oder weniger hänge und alle meine Prätensionen in den Kreis des Lebens einschließe;[78] so erfreut und erquickt es mich doch immer sehr, wenn ich sehe daß die allmütterliche Natur für zärtliche Seelen auch zartere Laute und Anklänge in den Undulationen ihrer Harmonien leise tönen läßt und dem endlichen Menschen auf so manche Weise ein Mitgefühl des Ewigen und Unendlichen gönnt.

Grüße die deinigen und laß mich von Zeit zu Zeit erfahren wo du bist und wie dirs geht.

Die Herdern sagt mir: daß Ihr Antheil an den Auszügen im Merkur nehmt. Ich wünsche Euch von Zeit zu Zeit etwas angenehmes zu liefern. Bald erhaltet Ihr wieder einen Band meiner Schriften, auch habe ich eine Beschreibung des römischen Carnevals gearbeitet. Bertuch und Krause geben sie mit Kupfern heraus. Ich hoffe es wird niemand gereuen einen Blick auf dieß moderne Saturnal zu thun.

Lebe wohl. Nächstens mehr.

W. d. 2. Febr. 89.

G.


9/2721.


An Johann Christian Kestner

Euren Brief habe ich zur rechten Zeit, durch den Umweg erhalten. Ich habe euren Wünschen die Zeit oft nachgedacht und mich hie und da erkundigt, habe aber nichts gefunden das Euch direckt befriedigen könnte. Doch bin ich auf einen Gedancken gekommen, der vielleicht würckt. Schreibt mir durch welchen[79] Weeg ich mich näher erklären soll. Verzeiht daß ich heut nicht mehr sage. Grüßt die Eurigen und gedenckt mein.

W. d. 2. Febr. 89.

G.


9/2722.


An Carl Ludwig von Knebel

[4. Februar.]

Hier M. Ideen über die Bildung des Schönen zusammengerückt und mit einem Köpfchen und Schwänzchen versehen, wie es wohl als Recension in der Literatur Zeitung passiren möchte. Schicke mirs Morgen früh zurück und sage mir deine Meynung.

G.


9/2723.


An Carl Ludwig von Knebel

[5. Februar.]

Hier zu deinem Briefe auch etwas von der guten Bohl. Hatten wir wohl gedacht daß wir die gute Frau nicht eher wieder sehen sollten als biß das Vögelchen aus der Nachbarschaft ausgeflogen wäre. Das nächstemal wenn wir sehen, werden wir wohl schwerlich den angenehmen Kirchhof besuchen, da das Grab unsrer Leichtfertigkeiten westwärts liegt. Adieu. Ich habe heute am Tasso Glück gehabt und werde nicht aus der Stube gehn.

G.[80]


9/2724.


An die Herzogin Amalia

Wäre es nicht Schuldigkeit Ew. Durchl. mich wieder einmal ins Gedächtniß zu bringen; so würde ich auch jetzt die Feder nicht ansetzen können. Was soll man aus dem mittelländischen Thüringen, den Glücklichen schreiben, die sich jetzt am Anblick des mittelländischen Meeres weiden. Genießen Ew. Durchl. alles Guten in vollem und reichen Maaße wie es Ihnen mein Herz wünscht und gönnt. Alle Nachrichten die uns von Ihnen kommen sind so erwünscht, daß uns das Vergangne auch gleichsam für die Zukunft sicher macht.

Sie werden Nachbarinn von der Angelika. Dazu wünsche ich Ihnen Glück. Die Villa ist herrlich gelegen, bewohnen Sie das Paradies gesund und froh und gedencken mein.

Alles ist hier wohl, die gute Hoffnung unsrer Herzoginn wächst mit jedem Tage. Der Herzog ist am 1. Febr. nach Berlin und hat Moritzen mitgenommen der fast 2 Monate bey uns war, in meinem Hause wohnte, sehr zufrieden lebte und aller Welt wohlgefiel.

Wir suchen übrigens uns en detail zu unterhalten wenn es en gros nicht recht gehen will.

Haben Ew. Durchl. doch ja die schönen Wercke die über Pestum, Neapel, Puzzol pp geschrieben[81] sind anzuschaffen (Hamiltons Campi Phlegraei haben wir schon hier).

Ferner laßen Sie Sich doch ja die Kupfer geben soweit solche gestochen sind vom Museum von Portici, wenn auch das Werck selbst noch nicht heraus wäre. Venuti kann das leicht verschaffen. Kommen Ew. Durchl. nach Rom zurück; so lassen Sie Sich ja eine Auswahl aus der Schwefel Sammlung des Abbate Dolce machen. Ingleichen subscribiren Sie auf die Pichlerische Pasten Sammlung die er herausgeben wird. Es wird uns dieses für die Folge ein großer Schatz. Wie oft habe ich in meiner Einsamkeit jetzt Ursach den abscheulichen Raub des Grafen Wallenstein den er an Ew. Durchl. begangen, zu bedauern.

Einige große Wercke wie Z.E. das Museum Pio Clementinum werden Ew. Durchl. ohnedieß mitbringen und andre Schätze an die wir nicht dencken.

Am meisten wünschen wir Sie Selbst zur rechten Zeit und Stunde wieder zu sehen, wenn Sie von allem Guten erfüllt und gesättiget sind.

Ausser Frl. v. Göchhausen schreibe ich heute Ihrer Reisegesellschaft nichts. Allen ist so wohl daß ein Paar Worte von mir nichts dazu thun können. Grüßen Sie alles was jetzt so glücklich ist in Ihrer Nähe zu seyn.

Noch eins! Am Ostertage wird in Rom, in der Peterskirche, von der päpstlichen Kapelle eine Sequenz[82] von Simonelli: Victimae paschali laudes immolent Christiani pp aufgeführt. Bitten Sich Ew. Durchl. ia eine Copie dieses merckwürdigen Stücks, vollständig aus.

Es freut mich daß der gute Verschaffelt für Sie in der Villa arbeitet. Sorgen Sie für das gute Kind den Büry. Es freut mich wenn Ew. Durchl. die Birmannischen Zeichnungen gefallen, sie waren für mich bestellt, stehen aber wie alles das meinige Ew. Durchl. zu Befehl. Sie sind noch nicht bezahlt. Ich empfehle mich tausendmal zu Gnaden.

W. d. 6. Febr. 89.

G.


9/2725.


An Christian Gottlob Voigt

Der seel. Obermarschall v. Witzleben soll schöne Ahorne Bohlen, die sehr alt sind, hinterlaßen haben. Sollte man deren nicht 6 biß 8, gegen Erlegung des Werthes, erhalten können? Wollten Ew. Wohlgeb. wohl deßhalb bey der Frau Oberm. anfangen und sie dazu disponiren?

Verzeihen Sie daß meine Plage sich auch auf Bretterwaare erstreckt und behalten mich lieb.

W. d. 6. Febr. 89.

G.[83]


9/2726.


An Charlotte von Stein

[12. Februar.?]

Ich wollte anfragen ob Sie diesen Nachmittag zu Hause sind? Ich käme von Hof herüber und brächte die erste Scene vom Tasso mit. Es scheint mir räthlich zu seyn daß wir uns nach und nach mit diesem Stück bekannt machen. Knebel wollte ich es sagen laßen.

G.


9/2727.


An Carl Ludwig von Knebel

[12. Februar.?]

Ich danke dir deinen Morgengruß und deine Expectoration. Schon ist es Trost, daß wir auch eine Masse sind, die übereindenken. Heut früh ist die erste Scene des Tasso fertig geworden. Ich gehe an Hof und lese sie euch diesen Nachmittag bey Frau von Stein, wenn nichts hindert.

Ich möchte Euch nun nach und nach mit dem Stück bekannt machen und mich mit Euch zum Schluß ermuntern.

Der deinige

G.[84]


9/2728.


An Christian Gottlob Voigt

[Mitte Februar.]

Ew. Wohlgeb.

ersuche Überbringern dieses den jungen Hunnius einige Augenblicke zu sprechen und ihn ein wenig zu prüfen. Es ist ein armer verlaßner Mensch. Leider haben alle diese Junge Leute nicht was man eben braucht. Dieser kann wieder wenig Französisch Verse machen können sie alle.

Der Ihrige

G.


9/2729.


An Christian Gottlob Voigt

Herr v. Wedel wird Ihnen heute eine Sache vorlegen in welcher ich ihm nach Ihrer gewohnten Klugheit und Mäßigkeit zu rathen bitte. Ich habe ihm schon gesagt daß ich nicht wohlgethan glaube daß er sich einzeln und persönlich vor den Riß stellt. Er schien auch selbst sich zu der Meynung zu lencken.

Ich schicke einige Sachen zurück und wünsche wohl zu leben.

d. 16. Febr. 89.

G.[85]


9/2730.


An Carl Ludwig von Knebel

[17. Februar.]

Dein kleiner Bote fand mich schreibend am Tasso. Ich bin heute nicht unglücklich an der Arbeit gewesen. Es ist mir leid, daß du bey Hofe speisest, sonst könnten wir zusammen essen; ich bin zu Hause.

Lebe wohl. Ich hoffe Euch bald wieder etwas zu lesen.

G.


9/2731.


An den Herzog Carl August

Wir hören das Carneval sey zu Ihren Ehren verlängert worden, ich wünsche daß es auch zu Ihrer Freude möge geschehen seyn.

Bey uns ist es desto ruhiger. Seit dem Abscheiden der Frau v. Zigesar welche von Graf Marschall magnetisirt, von Mephistopheles aber würcklich kurirt worden und ihre Wundergaben wohl schwerlich in Weimar wieder produciren wird, sind die Pistolenschüße in Fiesko von Genua das lauteste gewesen was wie hier vernommen haben.

Die Engländer haben sich, weil sie weggehen, hiesige Hofuniformen machen laßen und gefallen sich zwischen ihren Epauletten auserordentlich wohl.

Ich bin fleißig, leider giebt es aber nicht viel aus. Tasso wächst wie ein Orangebaum sehr langsam. Daß er nur auch wohlschmeckende Früchte trage.

[86] Mit Schmidt der mir gleich ist habe ich ein lang Gespräch in der Commödie gehabt. Es kamen einige Sachen vor von denen Sie mir zu schreiben erlauben.

Es ist im Wercke daß man dem Seiler Wächter neben der Buchholzen die Erlaubniß Schläuche zu verfertigen geben will. Wir fürchte beyde es werde die Operation dem Gewerbe mehr schaden als nutzen. Es ist nicht so ausgebreitet daß mehrere Personen mit entschiedenem Vortheil sich darin sollten theilen können. Die Concurrenz wird geringere Preise erzwingen, die Fremden werden davon profitiren und die Waare wird wahrscheinlich geringer und beyde reiben sich auf. Die Buchholz ist betriebsam, und verdient wohl daß man auf ihre Erhaltung dencke und ihr einigen Vortheil gönne, um so mehr als sie nicht schuldenfrey, ja der Kriegskasse noch 700 schuldig ist, die sie richtig verinteressirt und nach abzutragen sucht. Käme sie zurück; so bliebe nichts übrig als ihr väterlich Hauß anzuschlagen und eine Person zu Grunde zu richten die sich bisher wacker gehalten hat und deren Unternehmungen eine Folge und Glück hatten. Ich will nicht wie andre behaupten, daß es eine Privatabsicht des Majors Germar sey mit dem sie sich von Anfang her nicht vertragen hat. Etwas menschliches kann aber doch dabey zum Grunde liegen. Der Präsident und ich dencken überein und bitten nur daß Sie es nochmals überlegen möchten! es ist mir unbekannt[87] was man für die Theilung des Gewerbs angeführt hat.

Sodann wird das hiesige Rentamt, durch Wirsings gebetene Retraite leer. Der Commissarius Seidel hat sich dazu gemeldet, man traut ihm die Fähigkeiten zu, für seine Redlichkeit bin ich bürge. Die Cammer scheint wohl für ihn gesinnt und ich glaube ihn besonders vor seinen Competenten empfehlen zu dürfen. Ich bin überzeugt daß ausser den gewöhnlichen Dienst Verrichtungen er der erste seyn wird, der den magischen Schleyer, welcher die Renth Amts Geschäfte noch immer zudeckt, gerne und freywillig wegzieht. Er kennt das Hockuspockus recht gut, wodurch man Cammer und Fürsten in ewigen Zweifeln und Dunckelheit zu halten weiß und selbst einiger Verlust an eignen Einkünften wird ihn nicht abhalten manches zu entdecken, das auf die allgemeine Ordnung und Klarheit von nicht geringem Einfluß wird.

Professor Schütz von Jena schreibt mir und bittet sein Gesuch um eine Zulage in Erinnrung zu bringen. Da Hasse nicht kommt und Mag. Paulus mit der blosen Besoldung ex fisco academico zufrieden seyn will; so wären die 200 rh. welche jenem angeboten worden vacant.

Von Moritz habe ich noch nichts gehört, ich bitte ihm inliegendes Blättchen zu geben.

Von Arends habe ich auch noch keine Antwort, mich verlangt sehr darnach. Der Präsident hat mich[88] auf eine freundliche Weise eingeladen an dem wichtigen Wercke des Schloßbaues pro virilii Theil zu nehmen. Das beste was man für die Sache thun kann ist für die Menschen zu sorgen, die das was geschehen soll klug angeben und genau ausführen. Wir verstehns ja alle nicht und höchstens können wir wählen. Alles gehe nach Wunsch und da Sie bauen wollen, werden Sie uns ja auch den lieben Frieden erhalten helfen.

Ich bin sehr neugierig auf die Schilderung scheint sich wohl zu befinden, der Prinz auch. Riedeln habe ich mercken laßen daß Sie gute Gesinnungen gegen ihn geäußert, es hat ihn sehr aufgemuntert und ein muntrer Mensch thut wenigstens alles wenigstens alles was er kann, wenn ohne dieß ein Trieb in ihm liegt.

eben Sie recht wohl. Empfehlen mich den Schönheiten und gedencken mein zur guten Stunde.

W. d. 19. Febr. 89.

G.


9/2732.


An Charlotte von Stein

Gestern Abend war ich einige Augenblicke recht in Sorgen als mir die Kammerjungfer deiner Schwester, wie ich wohl merckte ein Geheimniß machte, ich wußte nicht aus was und warum. Es hat mir sehr leid gethan daß dich das geschmackloße, elende Stück durch[89] Erinnerung an eine traurige Würcklichkeit so geschmerzt hat.

Ich will dich diesen Abend erwarten. laß uns freundlich Leid und Freude verbinden damit die wenigen Lebenstage genoßen werden.

Mirabeaus Buch will ich schicken wenn mirs möglich ist. Die Herzoginn hat es wiederhohlen laßen und es soll fort. Du verlierst nichts an dieser Lecktüre.

Lebe recht wohl und liebe mich.

d. 20. Febr. 89.

G.


9/2733.


An Carl Ludwig von Knebel

[Februar.]

Ich dancke dir herzlich für dein freundliches Wort. Es trifft mich eben beym Tasso an dem ich um desto lebhafter arbeite, als mich mein nächstes und ich möchte sagen einziges Publikum ermuntert. Ich sehne mich recht nach der Stunde in der ich dir ihn senden kann. Lebe wohl. und 1000 Danck für deinen Antheil.

G.


9/2734.


An Charlotte von Stein

[Februar.]

Wenn du es hören magst; so mag ich dir gerne sagen, daß deine Vorwürfe, wenn sie mir auch im[90] Augenblicke empfindlich sind keinen Verdruß und Groll im Herzen zurücklaßen. Auch sie weiß ich zurecht zu legen und wenn du manches an mir dulden mußt; so ist es billig daß ich auch wieder von dir leide. Es ist auch so viel besser, daß man freundlich abrechnet, als daß man sich immer einander anähnlichen will und wenn das nicht reussiert, einander aus dem Wege geht.

Mit dir kann ich am wenigsten rechten, weil ich bey jeder Rechnung dein Schuldner bleibe. Wenn wir übrigens bedencken wie viel man an allen Menschen zu tragen hat; so werden wir ja noch liebe einander nachsehn. Lebe wohl und lieb mich. Gelegentlich sollst du wieder etwas von den schönen Geheimnissen hören.

G.


9/2735.


An Johann Gottfried Herder

Tischbeins Verhältniß zum Herzog steht sehr fatal. Ich hatte alles auf gutem Wege, der Herzog war in den besten Intentionen; ein Brief von Reiffenstein hat alles umgeworfen. Ich habe den Brief nicht gesehen, auch den Herzog diese Zeit her nicht gesprochen, ich kann also nur ohngefähr rathen, wie der Alte zu Werke gegangen ist. Der Herzog von Gotha will von einem Maler, den er pensionirt, auch was sehen und will doch auch diesen Maler einmal bei sich wissen,[91] wenigstens voraussehen, daß er einmal kommen wird. Tischbein dagegen ließ sich auf das ungeheure Bild der Helena ein, das er zuletzt stehen ließ, schickte in 3 Jahren nichts an den Herzog, glaubte zuletzt ihn entbehren zu können, und zog die Pension nicht mehr. Dieses geschah von der Zeit an, als er nach Neapel ging, und er erklärte mir selbst, daß er sich von dem Herzog getrennt ansähe. Tischbein ist mit allen guten Qualitäten ein wunderliches Thier, ein Art Hasenfuß, ist faul, unzuverlässig, seitdem er von den Italiänern in das Metier der Falschheit, Wort- und Bundbrüchigkeit zu pfuschen gelernt hat. Sich zwischen den Herzog und ihn zu stellen, ist ein böses Unternehmen, doch habe ich es nach meiner Rückkunft gewagt, weil ich aus Tischbeins Briefen merkte, daß es mit seinem neapolitanischen Zustande nicht ganz just war. Jetzt aber kann ich nichts weiter thun, weil ich, um den Eindruck von Reiffensteins Brief auszulöschen, mich stärker für Tischbein verbürgen müßte, das ich nicht kann und mag. Denn eigentlich ist es Tischbein mit der Gothaischen Pension und Retraite nach Deutschland gar nicht ernst. Er will nur eine Hinterthüre offen behalten, woran er auch ganz recht hat. Wenn es unser Herzog wäre, dem sagte ich gerade, wie die Sache steht, und der wäre großmüthig genug, das so gehn zu lassen. Der Herzog von Gotha aber will für sein Geld was haben, und was man ihm zusagt, soll man halten.

[92] Ich habe es vorausgesehen, daß Tischbein nicht reussiren würde. Er halt sich für fein, und ist nur kleinlich, er glaubt intriguiren zu können, und kann höchstens die Leute nur verwirren. Er ist unternehmend, hat aber weder Kraft noch Fleiß zum Ausführen. Einen subalternen impiccio weiß er noch leidlich zu leiten. Über Deutsche hat er durch die Exuvien von Redlichkeit, mit denen er sich aufstutzt, und durch seine harmlos scheinende naive Hasenfüßereien eine Weile ein Ascendant. Ein Nachklang von Gemüth schwankt noch in seiner Seele. Es ist Schade um ihn.

Ich kenne ihn recht gut, und wußte, daß er mich in einigen Jahren würde sitzen lassen; ich habe aber doch gewagt, ihm den Herzog zu versöhnen. Interim aliquid fit! dachte ich. Allein der Alte hat mit seiner Tatze mir alles verdorben. Der und Hackert verstehen das Handwerk, und Tischbein wird zwischen zwei Stühlen niedersitzen, ohne daß ihm jemand helfen kann.

So steht das ohngefähr. Laß meinen Brief niemand sehen, vorzüglich um Tischbeins willen. Ich sage niemand, wie ich von ihm denke. Wer mit ihm zu thun hat, mag ihn selbst kennen lernen.

Dein Leben in Neapel freut mich; es wird dir ein heller, lichter Blick durchs ganze Leben bleiben. Ich habe mich schon wieder eingehamstert und bin wohl auch nach meiner Art recht vergnügt. Trutz Schnee[93] und Himmelblau laß ich mir das Beste von Kunst und Natur fürtrefflich schmecken, und habe meine ganze Einrichtung ad intus gemacht.

Vom Tasso, der nun seiner Verklärung sich nähert, habe ich die erste Scene im Kreis der Freunde publicirt. Deine Frau und Knebel haben sie am meisten genossen und durchgefühlt. Ich habe diesen Prologus mit Fleiß dem Werke selbst vorausgeschickt.

Lebe wohl. Empfiehl mich der Herzogin und allen. Ich kann niemanden schreiben.

Meine Schriften achter Band sind nach Rom. So bald Tasso fertig ist, soll eine Abschrift an Angelika abgehn. Das mag denn für eine Menge Briefe gelten.

Frau und Kinder sind wohl. Heut Abend werd' ich dort sein und dein gedenken.

Weimar den 2. März 89. Amalientag.

G.


9/2736.


An Caroline Herder

[Zwischen 2. und 8. März.]

Ich halte nicht für gut noch für nöthig, daß Sie Sich mit dem Gelde übereilen. 1) Heißt das wieder in seine eigne Eingeweide wühlen. 2) Ist es recht gut, daß Sie ihm 500 Rthlr. zu seiner Rückreise bestimmen. Es ist ja aber immer, er läßt sich das Geld dort von Einsiedeln zahlen, wie er es braucht[94] oder soviel er braucht, und man zahlt es an Ludecus zurück. 3) Wenn er es auf der Reise braucht, so ist es ja besser, man verschafft ihm einen Brief nach Venedig oder sonst wohin. 4) Wenn ich jetzt das Geld durch Paulsen zahlen lasse, so empfängt ers dort in Papieren (Bankzetteln); Briefporto, Provision, Interessen müssen gezahlt werden. Will er es auf der Reise brauchen, so muß er es wieder mit Schaden umsetzen. Das ist ja eben das, wodurch die Kaufleute reich werden und wodurch eine Reise immer theurer wird. Es ist also nichts simpler, als: »Wenn er von Rom vereisen will, läßt er sich von irgend einem Banquier einen Creditbrief auf die Orte geben, wo er durchreisen will. Auf das Wort der Herzogin, ja auf Reiffensteins Wort (den er aber vielleicht nicht brauchen will), kriegt er ihn gleich. Wie er dort abreist, so schickt man gleich 100 Ducaten auf Abschlag an den Banquier, damit keine Interessen aufwachsen, und den Rest, wie er ihn aufnimmt oder wie er zurückkommt.« Schreiben Sie ihm das, schicken Sie ihm allenfalls das Blättchen.

Übrigens bleibe ich auf dem Sinne, daß Dalberg nicht los zu lassen ist. Leben Sie wohl, ich sehe Sie bald.[95]


9/2737.


An Christian Friedrich Schnauß

Auf Ew. Hochwohlgeboren Veranlassung habe ich mich sogleich nach den Wiedeburgischen hinterlassenen Maschinen erkundigt. Es liegt ein Verzeichniß hierbey nebst der Taxe. Es sind mancherley brauchbare Sachen drunter, besonders was sich auf die Statik bezieht. Vieles veraltete freylich auch darneben. Außer diesem Verzeichniß sind noch Kleinigkeiten vorhanden, die sich etwa auf 20 Thlr. schätzen lassen. Wollten Sereniss. für alles weg 150 bis 160 Thlr. geben; so wäre es eine Gnade für die armen Kinder und es würde denn doch manches acquirirt, was theils auch in dem Museo seinen Platz finden könnte. Allenfalls könnte man den Handel durch Professor Göttling schließen, er behielte was er benutzen kann und gäbe das Übrige, nebst einer Quittung über die Stücke, die bey ihm verblieben an das Museum, so daß bei seinem dereinstigen Abgang die Sachen wieder vindicirt werden können. Eben so könnte es mit dem kleinen Laboratorio gehalten werden, welches bisher in meiner Verwahrung stand und welches ich an denselben nunmehr abgegeben habe.

Ew. Hochwohlgeboren

V. H.

gehorsamster

d. 15. März 1789.

Goethe.[96]


9/2737a.


An Carl Christian von Herda

Hochwohlgebohrner

Hochgeehrtester Herr Geheimderath,

Ew. Hochwohlgeb. sind meines Anteils versichert, den ich an allen nehme was Ihnen begegnen kann und Sie zweifeln nicht daß ich den schmerzlichen Verlust mitempfinde, den Sie durch den Tod des Herrn Schwagers erlitten haben.

Möge die wünsche erfüllt werden, die ich bey dieser Gelegenheit, mit vielen Freunden thue, daß Ew. Hochwohlgeb. dagegen Sich lange Jahre an den Wohl der Ihrigen erfreuen mögen.

Der ich mit vollkommenster Hochachtung die Ehre habe mich zu unterzeichnen

Ew. Hochwohlgeb.

ganz gehorsamster

Diener

Weimar d. 20 März 1789.

J. W. v. Goethe.[44]


9/2738.


An Johann Heinrich Lips

Ich hoffe mein lieber Herr Lips daß die bestellten Masken Plättchen, wenn dieser Brief anlangt, schon werden abgegangen, vielleicht auch schon in unsern Händen seyn, gegenwärtig schreibe ich Ihnen wegen einer Angelegenheit die Sie näher angeht. Ich werde veranlaßt Sie einzuladen ob Sie nicht zu uns ziehen wollen? Ich kenn ihre Lage nicht, weiß nicht Ihre Plane noch Ihre Aussichten, ich setze also meinen Antrag pure hin, Sie werden ihn überlegen, allenfalls nähere Erleuterung verlangen und Sich entschließen.

Wir sind hier in Absicht auf Buchhändlerische Entreprisen, die in Deutschland gemacht werden, gleichsam im Mittelpunckt. Leipzig ist nahe, Gotha näher und Die Betriebsamkeit einiger Gelehrten und Künstler, die weite Würckung der Literatur Zeitung zu Jena und andre Vortheile setzen uns in den Stand manches zu unternehmen und an manchem Theil zu nehmen, wäre ein geschickter Kupferstecher hier am Orte; so könnte noch manches mehr geschehen. Freylich kann Ihnen die Aussicht nicht ganz reizend seyn, sich dem Buchhandel und seinen Entreprisen zu subordoniren, allein es käme darauf an ob nicht Ihre Lage so werden könnte, daß Sie zu eignen Arbeiten noch Raum und Zeit übrig behielten.

[97] Vorerst also soll ich Ihnen 150 rh. jährlich anbieten, welche Durchl. der Herzog zahlen, wogegen nichts von Ihnen gefordert wird, als daß Sie einigen jungen Leuten, welche bißher sich im Kupferstechen ein wenig geübt haben und denen die sich in der Folge auf diese Kunst zu legen Lust hätten Anleitung gäben und überhaupt unsrer Zeichenschule nützlich zu seyn, mit bedacht wäre, welches aber mit größter Schonung der Zeit geschehen kann. Für die 150 rh. können Sie bey uns Quartier und Tisch bestreiten und diese Summe wäre also der Grund der Haußhaltung anzusehen. Herr Legations Rath Bertuch versichert mir ferner: daß er gleich auf einige Jahre Ihnen auf 500 rh. Bestellungen verschaffen wolle. Welche sich in der Folge eher vermehren als vermindern würden. Chodowieky wird alt und schwach. Schon jetzt wird manches sich ehe an Sie und in der Folge sich alles an Sie wenden. Nun müßte man gleich sich so hoch als möglich im Preise setzen, um mit weniger Arbeit viel zu gewinnen und seine Zeit alsdann nach Eingebungen des eignen Genius gebrauchen zu können. Und nach meiner Kenntniß der Lage sollte ich dencken es müßte bald gehen. Sie kommen in einen Zirckel, der die ganze Buchhändlerische und Kunstlage von Deutschland übersieht und darauf würckt, man wird Ihnen auch übrigens alles zu erleichtern suchen. Ferner haben Sie Dresden in der Nähe, Berlin, Cassel, Gotha, wo mehr oder weniger[98] Kunstschätze aufbewahrt werden und hier am Orte finden Sie eine Lebensart und Umgang wie sie einem denckenden und freygebohrner Künstlergemäß sind.

Vielleicht unternehmen wir einmal zusammen ein ernsteres Werck; ich habe viele Ideen die nach und nach reif werden.

Die jungen Leute welche Sie bilden helfen, können nachher die untersten und mittleren Bestellungen, unter Ihrer Anleitung arbeiten und Sie dadurch auch andern in weitem Kreiße als gewöhnlich der Künstler findet nützlich zu werden. Wie sehr ich persönlich wünsche Ihnen bey dieser Gelegenheit zu zeigen wie ich Ihren Charakter und Ihr Talent schätze brauche ich nicht hinzuzufügen. Leben Sie wohl und antworten mir bald. Wenn Sie nicht abgeneigt sind; so wird auf der nächsten Leipziger Messe schon präludirt. W. d. 23. März 89.

G.


9/2739.


An Christian Friedrich Schnauß

[24. März 1789.]

Ew. Hochwohlgeboren habe die Ehre hiermit das Grießbachische Billet zu übersenden, wodurch der Handel der Wiedeburgischen Instrumente geschlossen worden. Ew. Hochwohlgeboren werden die Güte haben, die Auszahlung gedachter Gelder an die W. Kinder zu besorgen. Die Übernahme werden Herr Loder und Professor Göttling gemeinschaftlich besorgen. Recht[99] herzlichen Antheil nehme ich an der fortdauernden Unpäßlichkeit Ihrer Frau Gemahlin und wünsche baldige Besserung.

Dero

gehorsamster

Freund und Diener

Goethe.


9/2740.


An Christian Gottlob Voigt

[Ende März.]

Durchl. der Herzog gehn Dienstag weg. Kommt indeß Herr v. Wedel nicht zurück und es ist schön Wetter so fahren wir etwa zusammen hinüber und machen das Geschäfte gelegentlich ab.

G.


9/2741.


An den Herzog Carl August

Ein wahrer Scirocco hat uns endlich von dem Schnee befreyt und Sie werden auch wohl trocknen Boden haben. Die Ilm war groß, ist aber nur an den niedrigsten Plätze aus getreten, über den unteren Weg nach dem Brauhauße und hinten an der Quelle, weil das Wehr nicht eröffnet werden konnte, doch ohne Schaden und zum großen Vergnügen der Ernten welche in völliger Überzeugung waren, diese Anstalt sey um ihrentwillen getroffen.

Unsre Commissarischen Überlegungen haben wir[100] fortgesetzt, es ist sehr angenehm mit diesen drey Männern etwas verhandeln, sie sehen auf die Sache, wollen das Rechte und ich bin überzeugt daß die Einleitung, die wir dem Geschäft geben, rein und für die Folge heilsam seyn werde.

Jena war, wie Sie wißen mit einer Loge bedroht, Bertuch ging gleich von dem Gedancken ab und hat auch Hufelanden recktificirt, Bode hält zu fest an dieser Puppe, als daß man sie ihm soleicht abdisputiren sollte, indeß habe ich ihm mit der größten Aufrichtigkeit das Verhältniß hingelegt und ihm gezeigt warum Sie, weder zu einer solchen Einrichtung Ihre Einwilligung geben, noch durch die Finger sehen könnten. Ihre Erklärung gegen Bertuch kommt also recht erwünscht und der Gedancke ein Collegium über das Unwesen der Geheimen Gesellschafften lesen zu laßen, ist trefflich. Ich habe den Direcktoren der Litt. Zeitung auch einen Vorschlag gethan den sie angenommen haben, wodurch allen geheimen Verbindungen ein harter Stoß versetzt wird. Sie werden es bald gedruckt lesen. Und so ist es gut daß man öffentlich Feindschaft setze zwischen sich und den Narren und Schelmen. Die rechtlichen Leute gewinnen alle durch Publicität.

Der Tod der Gräfinn Ingenheim ist wohl jedermann sehr unerwartet gewesen, niemand macht aber dabey eine sehr andre Reflexion, als daß der Platz nicht lang unbesetzt bleiben werde.

[101] Reichard schreibt mir: er werde mich ehstens besuchen und seine Composition der Claudine mitbringen. Wenn er mich nur das Vergnügen, das ich dabey empfinden kann, nicht allzu theuer bezahlen läßt.

Ihre Frau Gemahlinn sagt mir daß Sie Freude an den ersten Scenen des Tasso gehabt, dadurch ist ein Wunsch, den ich bey dieser gefährlichen Unternehmung vorzüglich gehegt, erfüllt und ich gehe desto muthiger dem Ende entgegen. Ich habe noch drey Scenen zu schreiben die mich wie lose Nymphen zum besten haben, mich bald anlächlen und sich nahe zeigen, dann wieder spröde thun und sich entfernen.

Der erste Versuch in der Wachsmahlerey ist sehr artig gerathen. Krauße hat eine Landschaft gemahlt, an welcher nun freylich Lehrgeld mußte gegeben werden. Für eine leichte Art Mahlerey hat diese Methode viel Vorzüge. Lipsen hingegen ist ein Versuch ausgeführter zu mahlen, wie er mir schreibt, mißlungen.

Knebel hat eine Elegie des Properz recht glücklich übersetzt. Die Frauen sagen: ich könnte sie gemacht haben; da sies aber auf den Charackter und nicht aufs poetische Verdienst nehmen; so ists nicht sehr schmeichelhaft. Auch hat Knebel ein gut Quartier gemiethet an der Ecke des Marcktes, wo ehmals die Batsch wohnte. Er ist Ihnen so näher und auf den Sommer fixirt. Ich liege ihm sehr an daß er zu übersetzen fortfahre und die Erotica den schönen[102] Herzen nahlege. Ich leugne nicht daß ich ihnen im Stillen ergeben bin. Ein Paar neue Gedichte sind dieser Tage zu Stande gekommen, sie liegen mit den andern unter Raphaels Schädel, wohin das Cahier in meinem Schranke durch Zufall kam und nun, um des ominosen willen, da bleiben soll. Moritzen amüsirte diese Combination gar sehr.

Moritz hat mir geschrieben. Er empfiehlt sich Ihnen, es geht ihm sehr gut. Die guten Götter erhalten ihm Heynitzen lang! Gelegentlich will ich ihnen etwas zur Monatschrift schicken.

Unger hat den ersten Bogen des Carnevals und zwey der Iphigenie gesendet, beyde sehr schön gedruckt, nur möcht ich sagen, bey jenem die Lettern zu groß, bey dieser zu klein.

Wenn ich vor den Feyertagen die letzte Scene des ersten Acktes, wo Antonio zu den vier Personen, die wir nun kennen, hinzutritt, fertigen könnte, wäre ich sehr glücklich. Fast zweifle ich dran. Sobald sie geschrieben ist, schicke ich sie.

Sagen Sie mir gelegentlich ein Wort wie Sie Sich befinden. Ich fürchte das leidige Übel hat Sie noch nicht verlaßen. Ich werde ihm ehstens in Hexametern und Pentametern aufs schmählichste begegnen, das hilft aber nicht zur Cur. Leben Sie wohl und lieben mich. W. d. 6. Apr. 89.

G.[103]


9/2742.


An Wilhelm Friedrich Hufnagel

Ew. Wohlgeb.

gefälliges Schreiben mit dem beygefügten Kupfer, habe zu seiner Zeit wohl erhalten. Es thut mir leid daß Ihre gütigen Bemühungen für den jungen Vulpius, sowie die meinigen bißher fruchtloß gewesen sind. Wie er mir schreibt, will er Erlangen verlaßen und sich nach Leipzig wenden. Wollten Sie die Güte haben, da er es wahrscheinlich bedarf, ihm zwey Carolin bey seinem Abschiede reichen, ich werde nicht verfehlen Ew. Wohlgeb. sogleich zu remboursiren.

In der Hoffnung daß Sie mir die neue Beschwerde, welche ich verursache, verzeihen werden, unterzeichne ich mich mit aller Hochachtung

Ew. Wohlgeb.

Weimar

ergebenster Diener

d. 15. April 1789.

J. W. v. Goethe.


N. S.

Ich werde gehindert Herrn V. selbst zu schreiben und ihm einen Empfehlungsbrief nach Leipzig zu schicken. Wenn er dort anlangt; so soll er sich bey Herrn Göschen melden dort soll er Briefe finden.[104]


9/2743.


An die Herzogin Amalia

Durchlauchtigste Fürstinn

gnädigste Frau,

Unmöglich war es mir diese Zeit her nach meiner Schuldigkeit an Ew. Durchl. zu schreiben! Die Charwoche, die mir immer vor den Gedancken lag, brachte mich fast zur Verzweiflung und ich mußte alles thun um meine Gedancken von jenen glücklichen Gegenden wegzuwenden. Nun ist der Herwieder auferstanden und hat auch mich von der unmäßigen Begierde erlößt, Ew. Durchl., wenigstens in gewißen Stunden, näher zu seyn. Ich freue mich schon herzlich zu vernehmen wie sehr Sie die Feyerlichkeiten der Sixtinischen Capelle erquickt und erbaut haben. Mit dem Carneval höre ich sind Sie weniger zufrieden gewesen, ich wünsche daß Sie es mehr mit der Beschreibung des römischen Carnevals seyn mögen, welche diese Ostermeße herauskommt. Wenn es mir gelingt, wie ich hoffe, durch diesen kleinen Aufsatz, etwas ungenießbares genießbar zu machen; so wird es mich sehr freuen.

So eben betrübt uns ein zweyter Prinz in dem Augenblick da er uns erfreute, indem er bald nach der Geburt wieder stirbt. Der Herzog wird stündlich von Aschersleben erwartet, dem wir nun leider mit einer traurigen Nachricht begegnen müßen.

[105] Ew. Durchl. gnädiges Schreiben habe ich das Glück zu erhalten und dancke daß Sie meiner mit freundlicher Vorsorge gedencken wollen. Sehnlich erwarte ich die angezeigten Pasten, sie sollen mir einigen Ersatz bringen für alles was ich jetzt entbehre, indem es Ew. Durchl. genießen. So wohl es mir im übrigen geht; so muß ich, was die Kunst betrifft, mich sparsam nähren.

Herder wird Ew. Durchl. einige Scenen von Tasso vorgelegt haben, es kommt hauptsächlich darauf an wie sie sich in Rom lesen laßen. Wahrscheinlich erhalten Ew. Durchl. den Überrest des Stücks wenn Sie Sorrent, seinen Geburtsort aus Ihrem Fenster sehen können. Möge Ihr Aufenthalt zu Neapel recht gesegnet seyn, und meine Furcht ungegründet seyn: daß Sie Sich durch diesen Vorsatz in eine Reihe von Ausgaben verwickeln, die Ihnen am Ende beschwerlich werden könnten. Ew. Durchl verzeihen diese zwar wohlgemeynte, aber freylich nach einem Ex Cammerpräsidenten schmeckende Äusserung.

Den achten Theil meiner Schriften haben Sie nun auch wohl erhalten. Das Ihnen eigentlich gehörige Exemplar habe ich an Jagemann zur Bibliothek gegeben.

Seit einiger Zeit haben wir gutes Wetter nachdem wir vom Schnee unglaublich ausgestanden. Moritz hat mir den beschwerlichsten Theil des Winters gar freundlich überstehen helfen.

[106] Daß Tischbein an Ew. Durchl. eine Beschützerin findet freut mich sehr. Was Sie für die einigen jungen Leute Mayern und Büry thun können, versäumen Sie nicht. Es ist keine schönere Wohlthat als jungen Menschen in gewißen Zeitpunckten beyzustehn. Vielleicht find ich in der Folge Gelegenheit für diese guten Menschen weiter zu sorgen.

Ew. Durchl. überlaße ich dem schönen Himmel und allen Musen. Vergeßen Sie nicht. Nochmals Danck für die Pasten und viel Glück zum schönen Intaglio.

Ew. Durchl.

unterthänigster

W. d. 17. Apr. 1789.

Goethe.[107]


9/2743a.


An Anton von Klein

Verehrungswerther Herr!

Ich danke Ihnen bestens für die wohlwollenden Glückwünsche, welche Sie mir bey Gelegenheit einer Aufführung meiner Iphigenie in Ihrer Residenz zu Theil werden laßen. – Ich wußte längst welch ein[36] unpartheyischer Beurtheiler, und welch ein nachsichtsvoller Richter fremder Produktionen Sie sind, weshalb es nicht anmaßlich von mir war, Ihrer gütigen Theilnahme an meinem poetischen Wirken mich versichert zu halten.

Was Sie über meinen Egmont sagen ist ganz richtig, und unterschreibe ich in Allem Ihren Ausspruch.

Ich bin eben jezo mit einer Tragödie beschäftigt, worin ich die schönsten Lebensmomente und die ergreifendsten Schicksalsspiele des herrlichen Torquato Tasso zusammen zu fassen mich bestrebe.

Empfehlen Sie mich unseren gemeinschaftlichen Freunden und erlauben Sie mir stets zu verbleiben

Dero

W. d 17. April

ganz ergebener

1789.

Goethe.[37]


9/2744.


An Georg Joachim Göschen

In einiger Zeit wird sich ein junger Mann bei Ihnen melden, der Vulpius heißt und dem ich einliegenden Brief einzuhändigen bitte. Er ist von guter Art und nicht ohne Talente; können Sie ihm, da er sich in Leipzig aufzuhalten gedenckt, Arbeit verschaffen, ihm durch Empfehlung oder sonst nützlich sein, so werden Sie mich verbinden.

Da ich mich seit langer zeit für ihn interessire, ihn aber in einigen Jahren nicht gesehen habe, so wünschte ich: Sie schrieben mir ein Wort, wie Sie[107] ihn finden. Aus seinen Briefen muß ich vermuthen, daß sein Gemüth durch verdrüßliche Schicksale gelitten hat.

Die Messe macht Ihnen gegenwärtigen wol vollauf zu thun. Wenn sie vorbei ist, werden wir wohl an den Druck des sechsten Bandes gehen können.

Leben Sie wohl mit Ihrer Gattin und gedenken mein.

Weimar, d. 23. Apr. 89.

J. W. v. Goethe.


9/2745.


An Johann Heinrich Meyer

Sie haben mir lieber Meyer durch Ihre wiederhohlten Briefe und durch die beyden Zeichnungen große Freude gemacht. Der Hauch der mir von Süden kommt ist mir immer erquicklich wenn er mich gleich eher traurig macht als erfreut. Besonders angenehm war mir die Nachricht daß Sie Sich wieder wohl befinden und muthig und munter sind. Gesegnet sey die werthe Familie die Sie so gepflegt hat! ich könne ihr, aber auch ihr allein, den Johannes Kopf auf den ich mich so sehr gefreut hatte. Was Sie mir künftig arbeiten wollen, soll mir willkommen seyn, ich sehe in Ihren Arbeiten, mit doppeltem Antheil, den Künstler und den Freund.

Ihre beyden Compositionen haben meinen völligen Beyfall. Sie komponiren aus denselben Grundsätzen[108] wornach ich urtheile und wenn ich recht urtheile; so haben Sie auch recht. Nach meiner Überzeugungen ist die höchste Absicht der Kunst menschliche Formen zu zeigen, so sinnlich bedeutend und schön als möglich ist. Von sittlichen Gegenständen soll sie nur diejenige wählen die mit dem sinnlichen innigst verbunden sind und sich durch Gestalt und Gebärde bezeichnen laßen. Ihre Süjets haben diese Eigenschaften in einem hohen Grade.

Die Zusammensetzung ist nach meinem Begriffe keinen Regeln unterworfen, sie ist die beste, wenn sie bey Beobachtung der zartesten Gesetze der Eurythmie, die Gegenstände so ordnet daß man aus ihrer Stellung schon ihr Verhältniß daraus abspinnen kann. Die schönsten einfachsten Beyspiele geben uns Raphaels Bibel, Domenichins Exorcismus in Grotta Ferrata. Ihre beyden Compositionen haben auch diesen Vorzug. Ich habe beyde genau durchgedacht und glaube Ihre Absichten eingesehen zu haben und finde sie durchaus rein und gründlich. Möchten Sie Lust und Zeit haben sie als größere Zeichnungen auszuarbeiten und sie mir zu bewahren. Es kann niemand Ihre Arbeiten mehr schätzen als ich und niemand arbeitet meinen Wünschen so entgegen wie Sie.

Bey der Homerischen Scene habe ich zu erinnern daß Ulyß beym ersten Anblicke zu klein erscheint. Es mag eine doppelte Ursache haben, theils weil er zusammengebogen[109] ist, theils weil der robuste Charackter die Länge unmercklicher macht. Ich wüßte aber nicht ob und wie etwas zu verändern wäre. Denn die Superiorität der Prinzessinn als Geberinn, seine edle Subordination als Empfangender, kann nicht besser als durch diese Formen und Weite ausgedruckt werden.

Die Maschinen womit die Bälle geschlagen werden wünschte ich weg, sie sehen gar zu modern aus.

Es hat gar nichts zu bedeuten, daß Ihr Oedipus dem Pylades auf der Vase einigermaßen gleicht. In dem Kreise, in welchem Sie arbeiten, liegen die Nüancen gar nah beysammen. Die menschliche Figur ist von den Alten so durchgearbeitet, daß wir schwerlich eine ganz neue Stellung hervorbringen werden, ohne aus den Gränzen des guten Geschmacks zu schreiten. Es kommt nur darauf an daß sie das ausdrucke was wir gedacht haben und daß wir sie zu unsrer Absicht wieder hervorbringen können.

Grüßen Sie alle Guten. Ich habe Lips einen Antrag gethan: er solle sich nach Weimar wenden. Vielleicht bin ich glücklich genug auch einmal einen solchen Antrag an Sie richten zu können.

Leben Sie recht wohl.

W. d. 27. Apr. 89.

G.


Sagen Sie doch Herrn Schütz: es soll mir angenehm seyn, wenn er mir das Siegel gelegentlich senden will.[110]


9/2746.


An Carl Ludwig von Knebel

[8. Mai.]

Hier schicke ich dir die Hexameter und Pentameter des Heräus, auf welche man wohl nicht eifersüchtig zu seyn braucht. Wenn es Amorn gefällt; so regalire ich dich beym nächstens Wiedersehen mit einigen Späßen im Antikern Styl. Ich kann von diesem Genre nicht laßen, ob mich gleich mein Heidenthum in wunderliche Lagen versetzt.

In Jena mags wohl sehr schön seyn, da unser Thal schon lieblich ist. Reichard hat mir wohl gethan und sein Psalm, den wir am letzten Tag probirten ist recht brav.

Nun erwarte ich den Baukünstler und hoffe von dem auch viel zu lernen. Mir ist nur lieb daß ich in allen Kunst Ideen auf dem rechten Weg bin und daß ich hoffen kann in Kenntniß und Ausübung noch vorwärts zu kommen. Lips hat mir zugeschrieben, nun bin ich auf künftigen Winter geborgen. Vor Herbst wird er wohl nicht kommen.

Ich danke dir für deinen Brief. An Tasso muß ich nun es koste was es wolle. Bey euch mag es sehr schön seyn, es ist aber doch nicht artig daß du jetzt weg bist. Ich war einigemal im Begriff zu dir zu gehen und dich einladen zu lassen. Frage doch Batsch ob einliegende Blätter nicht Tussilago farfara sind.[111] Es scheint mir dasselbe Geschlecht als die Pflanze vom Adriatischen Meere. Ich habe an den Blättern dieses Gewächs, das immer mastiger treibt, zu bemercken geglaubt, daß sie sich vorwärts und rückwärts nach einander sehnen und wenn sie sich erreichen können sich einander ergreifen sich umrollen und gleichsam festhalten.

Grüße alles und lebe wohl. Schreibe mir manchmal. Heute geb ich einen großen Thee im Garten. Es ist auch sehr schön in meinem Thale.

Ein Versuch in Hendekasylben hat noch nicht gelingen wollen, ich will nicht nachlaßen biß ich in diesem Genre dir auch etwas zu Danck mache.

Lebe wohl. Indessen ist ein Nagelneues Erotikon angelangt. Adieu.

G.


9/2747.


An Johann Gottfried Herder

[10. Mai.]

Ich wünschte dir mit diesem Blatt noch irgendwo zu begegnen, da ich von deiner Frauen höre daß du, mehr als gut ist, dem Gedancken nachhängst: von hier zu scheiden und nach Göttingen zu gehen. Wenn es dein Glück, dein oekonomischer Vortheil ist; so will ich dir es gern gönnen und selbst rathen; aber wenn man vortheilhaft tauschen will; so muß man das[112] nicht verachten was man besitzt. Entschließe dich zu nichts biß du wieder da bist, laß uns alles erwägen und dein und deiner Kinder Heil soll entscheiden. Jetzt beruhige dich! Allein, unberathen, ohne Stimme eines Freundes, agitirt von so vielen Gegenständen, unbehaglich mitten in den Unbequemlichkeiten der Reiße, da ist warrlich nicht der Platz einen Entschluß zu faßen der das künftige Schicksal bestimmen soll. Hier ist zu rechnen und nicht zu fühlen, zu erwägen und nicht in einen Loostopf zu greifen.

Dein und deiner Frauen jetziger Zustand macht mir recht bange. Wenn ihr euch nicht im Glauben und Zutrauen an einen Freund halten mögt, den ihr lange genug kennt, so seyd ihr in Gefahr euch auf Zeitlebens zu Grunde zu richten.

Ich wiederhohle: Mir ist nicht an Weimar noch Göttingen gelegen, sondern an dir und den deinigen. Bedencke daß du nicht als ein junger Mensch dein einzeln Schicksal aufs Spiel setzest, das in der Folge sich immer wieder besser kann, wenn man es auch einmal verpfuscht, sondern daß du in Jahren, mit einer großen Familie dich veränderst und daß dein Gemüthe, wie das deiner Frau nicht aushalten würde, wenn der Göttinger Zustand mißlingen und euch drückend werden sollte.

Reiße glücklich und komm gebadet zu uns, dann wollen wir consultiren und dein Heil soll das höchste Gesetz seyn.

[113] Lebe wohl. Ich habe mich wacker durchgehalten und bin wohl und vergnügt. Ich brauche noch auf mehr als eine Weise deinen Segen und deine Hülfe, die du mir nicht versagen wirst, wenn auch dein Entschluß sich zum Scheiden von uns neigen sollte. Leb wohl.

G.


9/2748.


An den Herzog Carl August

[10. Mai.]

Indessen Sie im Staub und Getümmel Ihre Stunden zubringen, um Sich zu einer brillanten Scene vorzubereiten, leben wir ganz still und hängen unsern Gedancken unter blühenden Bäumen und bey dem Gesange der Nachtigallen nach, wir haben unsern Lohn dahin, möge der Ihrige werden.

Ich habe nichts gethan dessen ich mich rühmen könnte, manches dessen ich mich freuen darf und so gehn die Tage vorbey, Gestern laß ich Ihrer Frau Gemahlinn den Tasso vor; sie schien zufrieden. Die fehlenden Scenen erzählte ich so gut es möglich war.

Wenn ich Abends nicht erwartete; so hätte ich mich von der Welt retirirt um das Stück fertig zu machen.

Ihre Frau Gemahlinn schien einen Vorschlag zu billigen, den ich that: ich wollte im Juni mit dem Prinzen und Riedeln auf einige Zeit nach Belvedere ziehen. Es ist ein sehnlicher Wunsch des Kindes,[114] dessen Erfüllung ihm wohl thun wird und ich könnte es eine Zeitlang bequem beobachten und doch ohne Zerstreuung manche Dinge vollenden.

Leider zeigt Herder in seinen Briefen einen großen Hang nach Göttingen, der die Frau selbst verlegen macht. Ich habe ihm wieder geschrieben keinen Entschluß zu faßen biß er wiederkommt.

Lips ist nicht abgeneigt zu kommen, nur hat er mich leider an meiner schwachen Seite angegriffen und mir geschrieben: daß er auf mein Wort kommen wolle, da ich ihm versichert, daß er der Kunst nicht ganz abzusterben und dem Handwerck nicht allein zu leben brauche. Das ist nun gefährlich! Für Deutschland mag ich mich nicht verbürgen. Ich habe deßwegen an Bertuch nach Leipzig geschrieben um alle Preiße zu erfahren, ich will sie an Lipsen schicken, er mag berechnen, was er machen kann. Das Reisegeld würde man ihm wohl zugestehen, es könnte einige Hundert Thaler betragen. Übrigens ist diese Aquisition wichtiger, als man dencken möchte, es hängt so viel an so einem Manne, das sich erst in der Folge zeigen wird.

Leben Sie recht wohl und gedencken mein unter den Waffen. Dafür bereite ich Ihnen auch ein Lobgedicht, an einem Platze wo Sie es am wenigsten vermuthen und bitte schon im Voraus um Verzeihung.

G.[115]


9/2749.


An den Großherzog Carl August

W. d. 12. May 1789.

Vor einigen Tagen habe ich Ihnen, nach einer nicht zu entschuldigenden Pause, ein Brieflein gesiegelt und es dem Geheimen Rath Schmidt gesandt, wahrscheinlich erhalten Sie es mit diesem. Die schöne Zeit, die mich früh in's Thal lockt und recht zum Müßiggang einlädt, hat mich auch abgehalten Ihnen zu schreiben, besonders da alles um uns ganz stille ist, die Empfindungen sich wenig und die Begebenheiten gar nicht regen.

Arends bleibt noch immer aus und ich bin ein wenig verdrüßlich, weil ich ohne die Erwartung seiner, wohl mit Ihnen den nordischen Campus Martius besucht hätte. Das Programm, das Sie mir schicken, macht mir Lust auch so etwas einmal zu sehen. Es ist unerlaubt daß ich noch keine Revüe gesehen habe. Über das Jahr wollen wir den Zuschnitt darauf machen. Es ist doch eins der merckwürdigsten Dinge welche die Welt hat und gehabt hat.

Indessen treibe ich's in meiner Art immer fort und hoffe Ihnen in der Folge auf mehr als eine Weise Freude machen. Mit gar manchen Dingen bin ich auf dem rechten Weg und muß sie nur auf die Spitzen treiben.

Tasso scheint den Beyfall Ihrer Frau Gemahlinn[116] zu haben. Wenn ich ganz fertig wäre, wollt ich mich sehr glücklich schätzen. Von den Eroticis habe ich Wielanden wieder vorgelesen, dessen gute Art und anticker Sinn sie anzusehn mir viel Freude gemacht hat. Bald habe ich Hoffnung daß diese kleine Sammlung, sowohl an Poesie, als Versbau den Nachfolgern manches wegnehmen werde.

Die Wissenschaften gehn ihren Weg. Gelesen habe ich die Memorias de St. Simon ein sehr schätzbar Buch und Abends mache ich indeßen den Wirth Ihrer Promenaden und suche bald durch Thee, bald durch saure Milch die Gemüther der Frauen zu gewinnen, indeß die Männer von der gewaltsamen Parce an den Spieltisch gefeßelt sind. Knebel ist nach Jena und giebt der Gesellschaft dadurch Gelegenheit, kleine Lustreisen zu machen, heut ist die Imhof, Schardts und Steins zu ihm hinüber. Schiller ist nach Jena, Schütz nach Paris. Der letzte empfielt sich zu Gnaden. Er hat mir beym Abschied noch von seiner Geschichte erzählt, die recht artig und merckwürdig ist.

Von Moritz hör ich nichts. Hier schicke ich die Beschreibung des römischen Carnevals. Die Druckfehler kommen auch mit auf seine Rechnung. Einige Blätter müssen umgedruckt werden.

Leben Sie recht wohl und gedencken Sie mein. Wedel ist von Ilmenau zurück und hat gar verständige Bemerckungen von daher mitgebracht, Dieses Vikariat wird viel gutes stiften.

G.[117]


N. S.

Noch füge ich hinzu daß ich wegen Schäfers mit Ihrer Frau Gemahlinn gesprochen habe. Sie ist es wohl zufrieden, daß er von Zeit zu Zeit Riedeln ablöße, es wird diesem wohl thun und dem Kinde auch vortheilhaft seyn. Ich wünschte daß Sie ihm (Schäfern) noch 50 rh. zugeständen, damit er das Opfer seiner übrigen Stunden nicht fühle und daß man auch etwas von ihm fordern könne.

Eine meiner vorzüglichen Sorgen ist nun Herders Schicksal. Sie werden mir erlauben, daß ich einmal gelegentlich über diesen Fall und verwandte Fälle, ein Wort aus dem Herzen sage.

Es wird einem Fürsten, der so mancherley Mittel in Händen hat, leicht das Glück von manchem, besonders der Nächsten zu machen, wenn er es wie eine Baumschule behandelt, nach und nach und immer so fort wenig, aber das wenige zur rechten Zeit thut. So kann der Mensch, dem nachgeholfen wird, von sich selber wachsen. Und am Ende von allem, was unterscheidet den Mächtigen? als daß er das Schicksal der seinigen macht, es bequem, manigfaltig und im großen machen kann, anstatt daß ein Partikulier sein ganz Leben sich durchdrücken muß, um ein Paar Kinder oder Verwandte in einige Aisance zu versetzen.[118]


9/2750.


An den Herzog Carl August

[Mitte Mai.]

Lichtenbergen, den Sie berufen haben, kann ich ohne ein Paar Worte nicht reisen lassen, um somehr als es die letzten sind, die ich Ihnen wahrscheinlich senden kann. Ihr liebes Brieflein erhielt ich gestern. Wir leben stille, stille fort. Wenn ich nur irgend wüßte Ihrer Frau Gemahlinn Freude zu machen. Es hat sie der Fall mehr angegriffen als sie es mercken läßt. Ich habe ihr die Abende einigemal etwas gelesen und eile nun den Tasso zu endigen, da sie das Stück zu interessiren scheint. Es geht mir damit wie es einem im Traum zu gehn pflegt, man ist so nahe am Gegenstand und kann ihn nicht fassen.

Sonst bedencke und besorge ich allerley in der Stille das Ihnen nach und nach entgegen wachsen soll. Von Lips versprech ich mir viel.

Fritz nimmt sich über meine Erwartung heraus, Sie werden in einigen Jahren über ihn erstaunen. Er hat vieles gute von Wedeln, dazu Gelegenheit sich zu unterrichten und den glücklichsten Humor zum Lernen und Erfahren.

Leben Sie recht wohl und zeigen recht glücklich an den Tagen wo es gilt das was Sie bißher so eifrig geübt. Sehen Sie Sich doch in Magdeburg nach einem honetten Menschen um, an den ich mich halten könnte, wenn ich einmal zur Revüe hinkäme,[119] um Alles gut und bequem zu sehen. Kommen Sie gesund zurück.

Um das Räthsel noch räthselhafter zu machen, sage ich Ihnen: Sie das bewußte Lobgedicht dereinst in den Eroticis antreffen werden.

G.


9/2751.


An Carl Ludwig von Knebel

[17. Mai.]

Ich bin glücklich angelangt und habe alles wohl ausser die Fenster zerschlagen gefunden, ich dancke dir für alles Gute.

Leider sehe ich beym Auspacken meiner Papiere daß mir die famosen Popinen fehlen. Wahrscheinlich habe ich sie auf deinem Tische liegen laßen. Bringe mir sie mit und schreibe das Gedicht ich bitte dich nicht ab. Du sollst auch bald wieder etwas neues hören.

Lebe wohl und komme bald.

G.


9/2752.


An Caroline Herder

[Belvedere, 29. Mai.]

Folge Sie mir und lassen den Brief in Venedig liegen, schreiben dem guten Alten sogleich nach Bologna einen guten Extract von allem, was wir wünsche und denken. Daß Sie nach Carlsbad gehen wollen und daß ich vielleicht auch hinkomme.[120] Daß wir ihn lieben und ihn freundlichst erwarten. Nun bitte ich, thun Sie von nun an nichts im Elektrasinne und frage mich hübsch. Ich kann in einzelnen Sachen irren, aufs Ganze werde ich nie fehlen. Der Brief in Venedig liegt ohne Wort ganz ruhig; geht er nach Venedig, so findet er ihn; geht er nicht hin, so lassen wir ihn zurückkommen. Schreiben Sie ihm nur aber und abermal, daß er sich mit Göttingen nicht weiter einläßt.

Sonntags komme ich wohl in die Stadt. Ich möchte Euch wohl einen schönen Morgen einladen. Wir wollen es abreden, daß es ohne weitere Gefahr geschehe. Morgen sage ich noch ein Wort. Tasso ist so gut als fertig. Noch aber darf ich nicht groß thun. Adieu, Liebe. Thun Sie nur jetzt nichts ohne meinen Rath. Der ist immer zu haben.

Adieu. Hier oben geht alles nach Wunsch.

G.


9/2753.


An Johann Heinrich Lips

Weimar d. 1. Juni 1789.

Da ich aus Ihrem ersten Brief zu sehen glaubte, daß Sie erst gegen den Herbst von Rom abzugehn Lust hätten, wollte ich erst Ihren zweyten erwarten, den Sie mir damals ankündigten und den ich jetzt erhalte.

Ich freue mich, daß ich nun völlige Gewißheit Ihrer Ankunft habe und ob ich gleich nicht gern viel[121] verspreche, so hoffe ich doch, daß Sie Sich Ihres Hierseyns auf manche Weise freuen werden. Sie sind thätig und klug und ich werde Sie gleich in den Stand setzen, Ihre Lage übersehen zu können. Wir wollen manches zusammen denken und arbeiten. Auch werden Sie viele gute und unterrichtete Menschen finden.

Zu Ihren Reisekosten wird Ihnen ein Beytragen gern bewilligt werden und man wird auf alle Weise suchen, Sie zufrieden zu stellen.

Wenn Sie durch Siena gehen, befehlen Sie doch mit Aufmerksamkeit ein Bild des Guido von Siena, ich weiß nicht in welcher Kirche. Es stellt eine Mutter Gottes mit dem Kinde vor und ist das erste Bild worauf eine Jahrzahl steht. Die Figur ist über Lebensgröße und mich deucht in einem großen Sinn gemacht. Die Gewänder scheinen mir fürtrefflich gedacht und wenn das Bild beym ersten Anblick ein gemeines Auge erschröckt, so möchte es bey näherer Untersuchung in einem geübten Auge gewinnen. Finden Sie es so interessant, wie ich es gefunden habe, so machen Sie doch eine kolorirte Zeichnung davon, wenn Sie Sich doch auch in Siena etwas länger aufhalten sollten. Es kommt mir auf den Contour und die Lokalfarben an. auszuführen ist so nichts dran. Es ist auch dieß Bild in der Geschichte der Kunst merckwürdig. Sie müßten aber die Zeichnung schon in einiger Größe machen.

[122] Sonst habe ich Ihnen auf dem Wege nichts zu empfehlen was Ihnen nicht schon empfohlen ist. Leben Sie wohl. Reisen Sie glücklich.

G.


9/2754.


An Charlotte von Stein

Ich dancke dir für den Brief, den du mir zurückließest, wenn er mich gleich auf mehr als eine Weise betrübt hat. Ich zaudere darauf zu antworten, weil es in einem solchen Falle schwer ist aufrichtig zu seyn und nicht zu verletzen.

Wie sehr ich dich liebe, wie sehr ich meine Pflicht gegen dich und Fritzen kenne, hab ich durch meine Rückkunft aus Italien bewiesen. Nach des Herzogs Willen wäre ich noch dort, Herder ging hin und da ich nicht voraussah dem Erbprinzen etwas seyn zu können, hatte ich kaum etwas anders im Sinne als dich und Fritzen. Was ich in Italien verlaßen habe, mag ich nicht wiederhohlen, du hast mein Vertrauen darüber unfreundlich genug aufgenommen.

Leider warst du, als ich ankam, in einer sonderbaren Stimmung und ich gestehe aufrichtig: daß die Art wie du mich empfingst, wie mich andre nahmen, für mich äusserst empfindlich war. Ich sah Herdern, die Herzoginn vereisen, einen mir dringend angebotnen Platz im Wagen leer, ich blieb um der Freunde willen, wie ich um ihrentwillen gekommen war und mußte mir in demselben Augenblick hartnäckig wiederhohlen[123] laßen, ich hätte nur wegbleiben können, ich nehme doch keinen Theil an den Menschen. u.s.w. Und das alles eh von einem Verhältniß die Rede seyn konnte das dich so sehr zu kräncken scheint.

Und welch ein Verhältniß ist es? Wer wird dadurch verkürzt? wer macht Anspruch an die Empfindungen die ich dem armen Geschöpf gönne? Wer an die Stunden die ich mit ihr zubringe?

Frage Fritzen, die Herdern, jeden der mir näher ist, ob ich untheilnehmender, weniger mittheilend, unthätiger für meine Freunde bin als vorher? Ob ich nicht vielmehr ihnen und der Gesellschaft erst recht angehöre.

Und es müßte durch ein Wunder geschehen, wenn ich allein zu dir, das beste, innigste Verhältniß verlohren haben sollte.

Wie lebhaft habe ich empfunden daß es noch da ist, wenn ich dich einmal gestimmt fand mit mir über interessante Gegenstände zu sprechen.

Aber das gestehe ich gern, die Art wie du mich bißher behandelt hast, kann ich nicht erdulden. Wenn ich gesprächig war hast du mir die Lippen verschloßen, wenn ich mittheilend war hast du mich der Gleichgültigkeit, wenn ich für Freunde thätig war, der Kälte und Nachlässigkeit beschuldigt. Jede meiner Minen hast du kontrollirt, meine Bewegungen, meine Art zu seyn getadelt und mich immer mal a mon aise gesetzt. Wo sollte da Vertrauen und Offenheit gedeihen,[124] wenn du mich mit vorsätzlicher Laune von dir stießest.

Ich möchte gern noch manches hinzufügen, wenn ich nicht befürchtete daß es dich bey deiner Gemüthsverfassung eher beleidigen als versöhnen könnte.

Unglücklicher Weise hast du schon lange meinen Rath in Absicht des Caffees verachtet und eine Diät eingeführt, die deiner Gesundheit höchst schädlich ist. Es ist nicht genug daß es schon schwer hält manche Eindrücke moralisch zu überwinden, du verstärckst die Hypochondrische quälende Kraft der traurigen Vorstellungen durch ein physisches Mittel, dessen Schädlichkeit du eine Zeitlang wohl eingesehn und das du, dich wohl befunden hattest. Möge dir die Cur, die Reise recht wohl bekommen. Ich gebe die Hoffnung nicht ganz auf daß du mich wieder erkennen werdest. Lebe wohl. Fritz ist vergnügt und besucht mich fleisig. Der Prinz befindet sich frisch und munter.

Belveder d. 1. Jun. 1789.

G.[125]


9/2754a.


An Johann Cornelius Rudolf Ridel

[Weimar, Anfang Juni 1789.]

Die Ankunft des Herrn Arends beraubt mich des Vergnügens Sie heut wieder zu sehen. Ich bringe ihn ehstens hinauf und Sie werden Sich freuen einen Landsmann zu sehen.

Morgen kommt ein Steinewagen. Haben Sie die Güte und lassen die Statue aufladen welche hinten nicht weit von dem Loch mit Köpfen liegt. Lassen Sie ihr aber ja den rechten Kopf mitgeben, sonst kommt sie in Gefahr doppelt ungestalt zu werden. Leben Sie wohl. Grüßen Sie den Prinzen und August.

G.[45]


9/2755.


An Christian Friedrich Schnauß

Es hat mir Horny, welcher bereit ist nach Eisenach zu gehen, den Wunsch zu erkennen gegeben: daß er eine bestimmte Instruction erhalten möge was er eigentlich zu thun habe? und wodurch hauptsächlich sein Verhältniß zu Böbern festgesetzt werde. Ich[125] glaube zwar die beiden Leute werden sich gut vertragen; Ew. Hochwohlgeboren fänden aber vielleicht heut oder Morgen ein Viertelstündchen sie beyde vorzufordern und ihnen nur allenfalls mündlich ihre Plätze anzuweisen. Der eine halte sich im Zeichensache der andre im mathematischen; übrigens mögen sie einander behülflich seyn und sich in die Hände arbeiten; so wird alles gut gehen. Ich empfehle mich bestens und füge nur noch hinzu, daß Herr Lips kommen und seine Wohnung hier aufschlagen will. Durch diesen Mann werden wir sichtbar vorwärts kommen. Leben Sie recht wohl und lieben

Ihren

v. Hs.

Freund und Diener

d. 5. Jun. 1799.

Goethe.


9/2756.


An Charlotte von Stein

Es ist mir nicht leicht ein Blat saurer zu schreiben geworden, als der letzte Brief an dich und wahrscheinlich war er dir so unangenehm zu lesen, als mir zu schreiben. Indeß ist doch wenigstens die Lippe eröfnet und ich wünsche daß wir sie nie gegeneinander wieder schließen mögen. Ich habe kein größeres Glück gekannt als das Vertrauen gegen dich, das von jeher unbegränzt war, sobald ich es nicht mehr ausüben kann, bin ich ein andrer Mensch und muß in der Folge mich noch mehr verändern.

[126] Ich klage nicht über meine hiesige Lage, ich habe mich gut hinein gefunden und hoffe darin auszuhalten obgleich das Clima schon wieder mich angreift und mich früher oder später zu manchem Guten untüchtig machen wird.

Wen man die kalte, feuchte Sommerzeit, die strengen Winter bedenckt, wenn durch des Herzogs äusseres Verhältniß und durch andre Combinationen alles bey uns inkonsistent und folgenloß ist und wird, wenn man fast keinen Menschen nennen kann, der in seinem Zustande behaglich wäre; so gehört schon Kraft dazu sich aufrecht, und nicht einen Plan zu machen, der einen nach und nach loslösen könnte; wenn nun aber gar ein übles Verhältniß zu den Nächsten entsteht; so weiß man nicht mehr wohin man soll. Ich sage das so gut in deinem als meinem Sinne und versichre dich: daß es mich unendlich schmerzt, dich unter diesen Umständen noch so tief zu betrüben.

Zu meiner Entschuldigung will ich nichts sagen. Nur mag ich dich gern bitten: Hilf mir selbst, daß das Verhältniß das dir zuwider ist, nicht ausarte, sondern stehen bleibe wie es steht.

Schencke mir dein Vertrauen wieder, sieh die Sache aus einem natürlichen Gesichtspunckte an, erlaube mir dir ein gelaßnes wahres Wort darüber zu sagen und ich kann hoffen es soll sich alles zwischen uns rein und gut herstellen.

[127] Du hast meine Mutter gesehen und ihr viel Freude gemacht, auch der la Roche. Laß auch mir deine Wiederkunft freundlich seyn.

Der Baumeister Arends ist jetzt hier und ich erfreue mich wieder der Nähe eines Künstlers. Fritz wird in diesen wenigen Tagen viel lernen, er hat Verstand genug das Recht geschwind zu mercken.

Herder zeigt leider in seinen Briefen eine große und fast entschiedene Neigung sich zu verändern, es wird schwer halten ihn für Weimar zu bestimmen und wenn er bestimmt ist ihm gute Tage zu verschaffen.

Ich war eine Woche mit dem Prinzen in Belvedere. Das Kind macht mit viel Freude.

Lebe wohl! Gedencke mein in Liebe. Tasso ist beynahe fertig. Biß ich ihn gedruckt sehe glaub ich nicht daß er fertig wird.

Sonst habe ich wenig gethan. Lebe wohl. Fritz grüßt.

W. d. 8. Jun. 89.

G.[128]


9/2756a.


An Georg Joachim Göschen

Von Tasso kann ich Ihnen den ersten Ackt, sobald Sie ihn verlangen, die folgenden und das Übrige des sechsten Bandes, nach und nach, wie Sie es brauchen übersenden.


Wenn Tasso erst mit deutschen Lettern zu unsrer Ausgabe gedruckt ist und wie ich hoffe so korreckt als möglich, will ich ihn nochmals durchgehn, daß Sie[37] alsdann eine besondere Ausgabe dieses Stücks mit lateinischen Lettern auf schön Papier veranstalten können. Es wird besser seyn als wenn man die Iphigenie nehmen wollte, aus mehr als einer Ursache.

Nur muß der strengste Fleiß auf die Correcktur gewendet werden. Ich habe das böse Beyspiel an dem römischen Carneval erlebt, welches durch abscheuliche Druckfehler verunstaltet ist.

Leben Sie recht wohl und schicken mir vom Tasso die Bogen immer in triplo, daß ich ein Exemplar recht durchgehen wiederzurückschicken kann.

W. d. 8. Jun. 89.

Goethe.[38]


9/2757.


An Johann Friedrich Reichardt

W. d. 15. Juni 1789.

Für Ihren Besuch wie für Ihre Briefe, dancke ich Ihnen später, aber nicht minder aus gutem Herzen und wünsche zur bevorstehenden Aufführung Claudinens das beste Glück. Daß Sie meine Jamben vor der[128] prosaischen Fäulniß verwahrt haben, ist mir sehr angenehm. Ich möchte wissen wie sich diese Art Kunstverständige die Kunst vorstellen. Empfehlen Sie den Dialog desto mehr den Ackteurs, besonders den Actricen. Sie sollen so artig seyn und besonders in der ersten Scene und in der Scene mit Rugantino recht sich angreifen. Wenn Sie es am Platz finden; so geben Sie Claudinen in meinem einen recht schönen Kranz von künstlichen Blumen, den sie in der ersten Scene aufsetzt und Lucinden ein recht Juncker mäsiges Porteepee von breitem Band, wie es zu ihrer Kleidung im letzten Ackte paßt; so eine Kleinigkeit thut manchmal wohl und vermehrt den guten Willen. Ich will Ihnen gern die Auslage ersetzen, oder sonst wieder dienstlich seyn.

Rath Krause führt die Gerüste nach meinen Entwürfen aus, ich hoffe sie noch diese Woche abzuschicken. Wenn nur der Dekorateur sie schicklich zu placiren weiß. Sonst habe ich abwesend nichts zu erinnern. Besonders da Sie auf die Kleidungen schon aufmercksam sind. Nur aber und abermal empfehle ich Ihnen die Jamben.

Tasso ist nun in der letzten Revision und geht sogleich in den Druck über. Ich freue mich daß er Ihnen und Ihrer Gatinn ein paar gute Stunden machen wird.

Zu Schulzens Athalie hab ich Worte untergelegt, das heißt zu den ausgezeichneten Chören. Nach und[129] nach thu ich wohl zum Ganzen. Cramers Unverstand geht über alle Begriffe. Es ist sonderbar daß die Deutschen mit mancherley Kräften und Talenten so wenig Gefühl vom Gehörigen in den Künsten haben.

Leben Sie recht wohl und fleißig, biß wir uns wieder sehen.

G.


9/2758.


An Johann Gottfried Herder

In Parma hast du wahrscheinlich ein Wort von mir gefunden, nun gehe ich dir mit diesen nach München entgegen.

Du hast an Heyne sehr gut geschrieben und behältst dir auf diese Weise einen ruhigen, überdachten Entschluß vor.

Der Herzog hat mir neuerdings geäussert: daß er dir 1800 rh. geben wolle jährlich, um dich in deinem Häußlichen mehr zu beruhigen.

Wenn er nun deine Schulden bezahlt; so ist das auch auf 10 Jahr eine Zulage von 200 rh. zu rechen, die Intressen nicht einmal in Anschlag gebracht. Das also vorläufig.

Mögest du recht wohl uns immer näher kommen.

Schreibe nur gleich von München aus und bleibe etwa ein Paar Tage in Nürnberg. Deine Frau hat dir Ilmenau vorgeschlagen um dir dort zu begegnen. Das ist sehr gut. Ob du von Coburg auf Ilmenau[130] oder Salfeld gehst ist ganz eins. Wenn du nun von Nürnberg gleich schreibst und den Tag bestimmst wann du in Ilmenau seyn kannst; so kann sie gleich ab und dir entgegen gehn. Frage aber in Coburg auf der Post: ob nicht ein Brief an dich da liegt. Wir wollen dir dorthin schreiben. Lebe wohl und vollende deine Reise glücklich.

W. [Mitte Juni.]

G.


9/2759.


An die Herzogin Amalia

[Ende Mai oder Anfang Juni.]

Ich muß Ew. Durchl. eine Nachricht mittheilen die Sie beunruhigen wird, wenn Sie Solche nicht schon wissen: Wir sind in Gefahr Herdern zu verlieren. Die Göttinger haben ihn gerufen und ihm selbst überlaßen die Bedingungen zu machen. Der Herzog hat ihm ansehnliche Vortheile zugedacht, allein die Hanöverische Wagschaale ist schwer aufzuwiegen. – Was diesen Mann vorzüglich beschwert sind die vielen Kinder, für welche man besonders zu sorgen sich von dort aus erklärt hat. Ich habe den Vorschlag gethan: daß unsre gnädigste Herrschaften, in die Vorsorge für diese Kinder sich theilen und sich es dergestalt wechselsweise erleichtern möchten. Der Herzog und die reg. Herzoginn sind es wohl zufrieden und ich hoffe Ew. Durchl. werden mehr aus Freundschaft für Herdern, als in Betrachtung des gegenwärtigen[131] dringenden Falles Sich gleichfalls gerne dazu entschließen.

Es käme darauf an ob es Ihnen gefällig wäre, jährliche einige hundert Thaler vorerst auszusetzen. Es verstünde sich daß die Kinder bey den Eltern blieben und man nur von Seiten der Herrschaften für Kleider und andre Bedürfniße nach dem Wachstume der Geschöpfchen sorgte. Daß man Ihnen dereinst eine Ausstattung zusicherte und es Ew. Durchl. gefällig wäre Ihrem Testamente, in welchem Sie so manche Person bedacht, eine Verordnung beyzufügen, in welcher Sie einige Tausend Thaler den Kinder zuwendeten.

In Betracht was Ihnen persönlich Herder war und seyn wird werden es vielleicht Ew. Durchl mit mir beklagen daß Sie nicht früher veranlaßt worden es thun, weil es jetzt aussehen möchte als thäte man es mehr gezwungen, als aus wahrer Neigung. Haben Sie die Gnade mir bald zu antworten und übrigens niemand etwas von der Sache zu eröffnen. Ich möchte gern ihm, wenn er ankommt, mit allen freundlichen Offerten entgegen gehen und die Eindrücke der Göttinger entkräften. Diese schreiben schon in der ganzen deutschen Welt herum: es sey gewiß, komme zu ihnen.

Ich wünsche Ihnen nur Gesundheit das übrig haben Sie alles.

G.[132]


9/2760.


An Gottfried August Bürger

Sie haben mir ein angenehmes Geschenck in der neuen Ausgabe Ihrer Schriften gemacht, ich dancke Ihnen recht sehr für dieses Andencken. Leider hielten Sie Sich neulich bey uns so kurze Zeit auf daß ich das Vergnügen Ihrer Unterhaltung nicht genießen konnte wie ich gewünscht hätte.

Leben Sie wohl und behalten mich in geneigtem Andencken.

W. d. 19. Jun. 89.

v. Goethe.


9/2761.


An Sophie von La Roche

Weimar, 20. Juni 1789.

Sie sind schon gewohnt, von mir eine spätere Antwort zu erhalten. Es ist eine böse Gewohnheit, mit der ich zu streiten habe.

Viel Glück zur italienischen Reise. In Rom wird Sie ein Empfehlungsschreiben an Reiffenstein aus aller Verlegenheit setzen. Ich habe auch Angelica ein Wort von Ihrer Ankunft gesagt. Mit 5000 Fl. können Sie die Reise zur Noth machen; es kommt hauptsächlich auf die Zeit an, die Sie zubringen wollen.

Das Werckchen über das Erhabene kenne ich nicht, auch die Römerin nicht, welcher es gewidmet ist.

[133] Es freut mich Ihre Freude an der Bekanntschaft der Frau von Stein. Das Manuscript hat Bode wieder.

Schreiben Sie mir doch, ehe Sie abreisen noch ein Wort.

Adieu.

Goethe.


9/2762.


An Georg Joachim Göschen

Hiermit sende ich die erste Scenen eines Stücks, bei dessen Ausführung ich mich nur um Ein Jahr Arbeit verrechnet habe. Was es geworden ist, mag das Publicum entscheiden.

Nun empfehle ich die allerstrengste Fürsorge bei den Correcturen. Die vorigen Bände sind leidlich, doch nicht ohne Mängel; bei diesem Stück werde ich auch dieses Stück gewendet, wünsche ich auch, daß es ganz rein in die Hände des Publicums komme. Wann Sie das Exemplar mit lateinischen Lettern anfangen wollen, ist mir ganz gleich.

Was Herrn Vulpius betrifft, wiederhole ich, daß mir eine Gefälligkeit geschieht, wenn Sie diesem jungen Mann Ihren Rath und Beistand gönnen wollen. Er hat manche gute Eigenschaften und es fehlt ihm nicht an Talent. Bei den weitläufigen Bedürfnissen[134] der Buchhandlung sollte es mich wundern, wenn er nicht, gut geleitet, sich einen mäßigen Unterhalt sollte verdienen können. Ich bin auch nicht abgeneigt, ihm von Zeit zu Zeit einige Unterstützen zu gönnen, nur was seine Einrichtung betrifft, darein kann ich nicht reden; das ist ganz seine Sache.

Leben Sie wohl. Das Manuscript von Tasso folgt nun nach und nach. Senden Sie mir ja gleich drei Exemplare der abgedruckten Bogen.

Weimar, den 22. Juni 1789.

v. Goethe.


9/2763.


An Georg Joachim Göschen

Hiermit übersende ich den Schluß des ersten Actes. Die ersten Scenen werden glücklich angelangt sein. Die Fortsetzung des Manuscripts schicke ich nicht eher, als bis Sie solche verlangen; denn ich mag es immer gern noch einige Tage länger in Händen behalten; es findet sich immer noch etwas zu retouchiren. Ich wiederhole meinen Wunsch, daß aufs strengste und sorgfältige corrigirt werde.

Schicken Sie mir den Brief an Herrn Vulpius zurück; er ist nun zu alt geworden; mit der nächsten Post erhalten Sie einen andern.

Leben Sie wohl.

Weimar, d. 29. Jun. 89.

Goethe.[135]


9/2764.


An Johann Friedrich Reichardt

Hier folgt das Carneval, über dessen Druck ich höchst mißvergnügt bin. Ich habe diese kleine Schrift mit der größten Sorgfalt gearbeitet und ein sehr schön geschriebnes Exemplar zum Druck gesandt, nun sind die abscheulichsten Druckfehler in den paar Bogen, die ich gar nicht mehr ansehn mag. Herr Unger sollte den Eulenspiegel auf Löschpapier drucken und sich nicht anmasen schöne Lettern und schön Papier zu mißbrauchen.

Glück zu Claudinen. Die Are ist zu dem Entzweck recht gut, ich getraue mir nicht da die Worte sehr bedeutend sich andre unterzulegen. Das ist der Vortheil des metrischen Dialogs daß der Componist leicht eine harmonische Stelle herausheben und sich zueignen kann. Arbeiten Sie die Claudine recht zusammen daß es ein braves Ganze werde. Leben Sie wohl und lassen bald wieder von Sich hören.

W. d. 29. Jun. 89.

G.


Sie haben Ihr Patrocinium nicht allein dem gebohrnen Vagabunden, sondern auch, wie ich höre, einem jungen Menschen, dem Bruder meiner Dieners hoffen lassen. Dieser plagt mich Ihnen ein Wort zu sagen und zu fragen. Da Sie so nah an der Quelle königlicher Gnaden stehen; so denckt jeder es müsse[136] auch etwas abfließen. Der Vagabund will nach Franckfurt am Mayn gehn, wenn er von Ihnen nichts näheres hört. Was den jungen Menschen betrift, kann ich nur sagen daß er ein guter, ordentlicher Junge ist, sein Talent kann ich nicht beurtheilen.

G.


9/2765.


An Carl Ludwig von Knebel

Ich hoffe dich neulich zu sehen, das böße Wetter hielt mich ab. Wie lebst du? schwerlich hast du dich der vergangnen Tage gefreut. Ich habe sie genutzt so gut wie möglich und Tasso steht nun auf dem Punckte fertig zu werden. Die drey ersten Akte schicke ich dir hoffentlich noch diese Woche und komme vielleicht Sonnabends mit den beyden andern nach. Ohngefähr vier fünf Tage möchte ich bey dir bleiben und der Zeit genießen wenn sie freundlich ist. In meiner Stille bin ich ganz zufrieden, ich habe mir auf ein Jahr Arbeit schon bestimmt, wir werden sehn wieweit wir kommen.

Lebe indessen wohl und schreibe mir ob ich dir gelegen komme. Morgen erwarten wir Frau v. Stein.

W. d. 4. Jul. 1789.

G.[137]


9/2766.


An den Herzog Carl August

d. 5. Juli 89.

Wahrscheinlich haben Sie auf dem Walde Schnee gehabt, seit vorgestern scheint uns wieder die Sonne, man wird aber der Abwechslung so gewohnt daß man sich nicht mehr freut noch betrübt. Ich dencke immer mehr auf die Haus Existenz, das sich denn auch ganz gut für mich ziemt.

Mit der Messung des alten Schloßes geht es sehr vorwärts. Es scheint der Bau Controleur will zeigen daß er auch genau seyn kann. Wie ich seine Arbeit beurtheilen, ist sie sehr brav und wir kommen auf diese Weise dem Zweck um vieles näher. Der Plan der ersten Etage des kleinen Flügels und des Corps de Logis an den Rittersaal ist beynahe fertig. Nun gehts an die Profile, dann an die untere und obere Etage.

In einigen Tagen dencke ich mit dem Prinzen zum Coadjutor zu gehn, dann nach Jena wenn mich die Wolcken secundiren.

Sobald ich höre daß Sie in Wilhelmsthal angelangt sind werde ich mich auf den Weg machen. In Eisenach hoffe ich Scylla und Charybdis vorbeyzuschiffen.

Von Tasso sind 3 Ackte ganz absolvirt, die beyden letzten noch in der Revision, noch wenige Tage, so[138] wäre den auch dieses schwere Jahrwerck vollendet. Ich werde mit Bornstädt zufrieden ausrufen: soweit hätten wir sie.

Faust will ich als Fragment geben aus mehr als einer Ursache. Davon mündlich.

Über alle meine übrigen Arbeiten habe ich mir einen Plan aufs nächste Jahr gemacht. Wir wollen sehen wie weit wir es bringen.


d. 10. Juli.

Diese Tage hatte ich eine große Freude. Der junge Facius, der eine Zeitlang hier ist und Petschafte sticht, hat einen jungen Herkules Kopf nach einer antiken Gemme ganz über alle Erwartung schön in Stahl gearbeitet. Ich werde suchen ihn auf alle Weise vorwärts und wo möglich zum Steinschneiden zu bringen. Ihre Frau Gemahlinn will etwas für ihn thun und Sie versagen mir eine Kleinigkeit nicht nur um seine Existenz das erste Jahr zu sichern und ihn von der ganz gemeinen Arbeit zu befreyen, mit der er bißher sein Brod verdiente. Dieser Mensch soll uns Ehre machen.

Nun ist auch Herder wieder da, guten Humors, gesund. Ich hoffe das Beste für ihn und uns. In den ersten Augenblicken ist von der Hauptsache wenig gesprochen worden.

Heut Abend gedencke ich nach Jena. Montag komme ich zurück. Leben Sie recht wohl.

G.[139]


9/2766a.


An Carl Christian von Herda

Hochwohlgebohrner

insonders Hochgeehrtester

Herr Geheimderath,

Durchl. der Herzog werden in einiger Zeit in Wilhelmsthal eintreffen, und ich wünschte Höchstdieselben mit Durchl. dem Erbprinzen zu überraschen. Eine einzige Sorge habe ich. Man sagt in jener Gegend seyen gegenwärtig die Masern, welcher Kranckheit wir unser kostbares Kind nicht gerne aussetzen möchten. Haben Ew. Hochwohlgeb. die Güte Sich nach den Umständen zu erkundigen. Sollte man nichts zu befürchten[45] haben; so würde ich mich sehr freuen Ew. Hochwohlgeb. bey dieser Gelegenheit meine Verehrung zu bezeigen. Es wird der Landkammerrath Riedel und ein kleiner Spiegelseele mitkommen. Ein Cammerdiener und einige Bedienten. Doch bitte ich in Eisenach vorerst noch nichts davon zu sagen.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster

W. d. Jul. 1789.

v. Goethe.[46]


9/2767.


An Johann Christoph Schmidt

Hochwohlgeborner,

Hochgeehrtester Herr,

Es hat das hiesige Fürstl. Amt auf Befehl Fürstl. Cammer ein Stück Alluvion unter dem ehmalig Bentheimischen nunmehr Trütschlerischen Garten, für gnädigste Herrschafft in Besitz genommen. Gegenwärtig finde ich daß noch ein ander Fleck gleichfalls aufs baldigste in Besitz zu nehmen wäre und ich wünschte daß Ew. Hochwohlgeb. auf das baldeste einen Befehl an das hiesige Amt erließen:

daß selbiges die Alluvion an dem lincken Saal Ufer oberhalb des Castropischen Durchstichs gleichfalls in Besitz nehmen solle.

Könnte der Befehl noch vor Mittwoch hier eintreffen, so würde der Secretair Güßfeld, welcher instruirt und bey dieser Expedition nothwendig ist, noch in loco seyn und dieser Besitz Ergreifung beywohnen können.

Die übrigen Umstände wie ich den Durchstich gefunden werde mündliche zu referiren die Ehre haben.

Ew. Hochwohlgeb.

Jena d. 12. Jul.

gehorsamster Diener

1789.

Goethe.[140]


9/2768.


An Christian Friedrich Schnauß

Der Musikus Pfeifer, dessen wunderlichen Brief ich hier Ew. Hochwohlgeboren überschicke, ist hier in einer traurigen Lage, seine einzige Hoffnung beruht auf einem Erbschafts Antheil das beym Consistorio in Deposito liegt und das er bisher, weil Ackten verlohren gegangen und ich weiß nicht aus was sonst für Ursachen, noch nicht erhalten konnte. Ist es möglich; so helfen Sie dem armen Teufel, ich hoffe daß er durch Capell Meister Reichart in Berlin ankommen wird. Sie erlauben ja wohl seinem Advokaten in dieser verworrenen Sache einen Augenblick Vortrag thun.

Ich empfehle mich zu fortdauernder Freundschaft.

Ew. Hochwohlgeboren

treuer Freund und Diener

d. 18. Juli 89.

Goethe.[141]


9/2768a.


An Carl Christian von Herda

Ew. Hochwohlgeb.

dancke für die gefälligen Nachrichten und habe die Ehre anzuzeigen daß Durchl. der Prinz, wenn nichts wichtiges dazwischen kommt, Freytag in Eisenach eintreffen und wenigstens die Nacht daselbst bleiben wird.

Wir nehmen das freundschaftlich angebotene Abend Essen mit Danck an und werden wohl erst gegen Abend eintreffen. Wahrscheinlich sind Serenissimus alsdann auch gegenwärtig oder in WilhelmsThal und wir werden uns nach Ihro weiteren Befehlen richten.

In Hoffnung Ew. Hochwohlgeb. bald gesund und zufrieden anzutreffen unterzeichne ich mich

Ew. Hochwohlgeb.

ganz gehorsamster

Diener

W. d. 20 Jul. 1789.

J. W. v. Goethe.[46]


9/2769.


An die Herzogin Amalia

Wie viel Freude mir Ew. Durchl. durch die übersendeten Pasten gemacht haben kann ich nicht ausdrücken, alles was von dorther kommt giebt dem Leben einen neuen Reiz, ich dancke auf das Beste und wünsche dagegen ungestörten Genuß so vieles Guten das Sie jetzt umgiebt.

[141] Der Abdruck des Steins, den Ew. Durchl. besitzen, hat mich in Verwunderung gesetzt, wenn ich meinen Augen trauen darf, so ist es ein wahres kostbares Original. Wir sind hier fleißig indem Sie genießen. Ich erwarte Herrn Lips und wir wollen manches arbeiten um Ew. Durchl. dereinst etwas angenehmes vorlegen zu können. Tasso ist fertig und wird gedruckt, wahrscheinlich erhalten Ew. Durchl. noch das Exemplar in Italien, ich werde gleich eins an Mad. Angelica abschicken.

Herder ist wohl und vergnügt angelangt. Ich hoffe wir werden ihn behalten und der Herzog wird alles thun ihm eine angenehme Situation zu verschaffen. Was eines seiner Kinder betrifft, so habe ich scheint es zu viel zu gebeten, denn eine Kleinigkeit würden mir Ew. Durchl wohl zu Beruhigung eines der verdientesten Männer und Ihnen wahrhaft attachirten Dieners nicht abgeschlagen haben. Verzeihen Sie also daß ich noch einmal bittend erscheine.

Wollten Sie nur jährlich 100 biß 150 rh. für ein Kind, etwa für Adelberten biß zu dessen Majorennität aussetzen, so würde es mit dem aufrichtigsten Danck erkannt werde. Es ist für Ew. Durchl. eine wahre Kleinigkeit und da der Herzog und die Herzoginn ein Gleiches thun, bedeutet es in der großen Familie schon etwas. Lassen mich Ew. Durchl. mit diesem Anliegen nicht unerhört.

Was das Vermächtniß betrifft, so abstrahire ich[142] vorerst davon, biß Ew. Durchl. zurückkommen und sollten Sie es nicht thunlich finden, so will ich selbst dereinst von meinem geringen Nachlasse dem Kinde etwas bestimmen.

Erhalte ein gutes Geschick Ew. Durchl. in einem dauerhaften Genuß. In einigen Tagen gehe ich mit dem Erbprinzen zu dem Herzoge nach Wilhelmsthal. Dort wollen wir in den Thüringischen Wäldern gute Stunden finden, indeß Sie am Rande des unvergleichbaren Meeres freylich eines andern Schauspiels genießen. Leben Sie wohl und vergessen uns nicht ganz.

W. d. 22. Jul. 89.

G.


Ew. Durchl. haben eine Sammlung sächsischer Mineralien befohlen, sie wird mit Sorgfalt gemacht und ich erwarte Befehl wohin sie abgehn soll.


Brächten Ew. Durchl. einige Sizilianische Münzen mit, so würden Sie unser Kunststudium sehr befördern.

G.


Inliegendes wird Einsiedel den ich bestens grüße, oder das Fräulein der ich mich schönstens empfehle einsiegeln an Herrn Georg Hackert kouvertiren und gelegentlich nach dem Pallast Francaville spediren.

G.[143]


9/2770.


An Johann Heinrich Lips

[Juli.]

Ich grüße Sie herzlich in Zürich und werde Sie noch freudiger hier begrüßen. Sie sollen aufs beste willkommen seyn.

Treten begrüße Sie nur in meinem Hause ab, Sie können bey mir bleiben biß Sie Ihre Einrichtung gemacht haben. Frau Schultheß wird Ihnen 200 f. die Carol. zu 11 f. auszahlen lassen, wir berechnen uns wenn Sie hierher kommen. Nehmen Sie nur nicht von den neusten französischen Louis, diese verliehren zu viel. Lieber Laubthaler, diese gelten durchaus.

Wenn Sie hierher kommen sprechen wir über alles. Mit dem Beytrag zu Ihren Reisekosten sollen Sie zufrieden seyn. Was Sie als Vorschuß brauchen soll Ihnen nicht fehlen. Arbeit finden Sie gleich. Mein Wunsch ist Sie bald wohl eingerichtet zu wissen.

Nach Reifenstein hat Ihnen Pasten mitgegeben, geben Sie solche an Frau Schulthes, es werden einige doppelt dabey seyn diese bringen Sie mir mit. Leben Sie wohl. Ich freue mich auf Ihre Ankunft und wünsche glücklich zu reisen.

G.[144]


9/2771.


An Johann Gottfried Herder

[Juli.]

Deine Auszüge lege ich dem Herzog noch nicht vor. Bringe mir den Aufsatz der Deputate mit bey Hof und ich sage dir meine Meynung.

G.


9/2772.


An Johann Gottfried Herder

[Wilhelmsthal, Ende Juli.]

Ich sage dir nur, daß der Herzog die Papiere gut aufgenommen hat, und mit der über die Sache ordentlich und menschlich sprechen wird. Mache es ihm nur auch von deiner Seite leicht. Durch wenig gute Worte lösen sich beschwerliche Knoten.

Ich sitze in Wilhelmsthal und habe, Gott sei Dank! weiches Wachs. Der Prinz ist in Eisenach, August mit ihm. Lebe wohl! Grüße die deinen!

G.


Ich habe mich diese zwei Tage mit dem Profil eines Jupiters beschäftigt, und wünsche, daß dir der Bärtige, Gelockte gefallen möge, wenn ich ihn bringe. Bei der Gelegenheit habe ich sehr sonderbare Gedanken über den Anthropomorphismus gehabt, der allen Religionen zum Grunde liegt, und habe mich des bonmots abermals erfreut: Tous les animaux sont raisonnables, l'homme seul est religieux. Leb wohl.[145]


9/2773.


An Johann Gottfried Herder

Deinen lieben Brief habe ich erhalten und will an den Inhalt zur rechten Zeit dencken, ich hätte es auch von mir selbst gethan, denn ich halte es für billig.

Wie sehr mich freuen muß wenn dir Tasso behagt kannst du dencken, da ich mehr als billig ist von Zeit und Kräften an dieses Stück gewendet habe. Seit zwey Tagen darf ich erst sagen er sey fertig, denn ich habe noch immer an den letzten zwey Ackten zu thun gehabt. Laß dir die drey ersten von Knebeln geben und von der Frauen vorlesen. Die beyden letzten siehst du schön abgeschrieben sobald ich nach Weimar komme. Einige Erotica sind gearbeitet worden.

August bleibt sich gleich, ist immer lustig und hat Streiche im Klopfe. Jedermann leibt ihn. Lebe wohl. Nun hoffe ich kommen wir bald, wahrscheinlich zu Ende der Woche. Lebe wohl mit dem Weibchen.

Eisenach d. 2. Aug. 89.

G.


9/2774.


An Johann Gottfried Herder

Ich habe diese Tage hundertmal an Euch gedacht und es ist mir um Eurentwillen unangenehm daß es dem Herzog hier wohlgefällt. Ich bitte daß du ruhig[146] seyst, denn es wird sich alles machen lassen und machen, der Herzog ist in den besten Dispositionen. Sonnabends gehen wir nach Gotha, wo wir einige Tage bleiben und dann zurück nach Weimar kehren, wo der Herzog gewiß diese Angelegenheit gleich arrangiren wird. Also biß dahin seyd ruhig und genießt Eures lange gewünschten wieder Zusammenseyns.

Der Herzog hat auf dieser Tour Augusten sehr lieb gewonnen und ich hoffe der Junge soll dadurch in eine Existenz kommen, die für ihn passt. Alles übrige mündlich.

Wie sehr freut es mich daß du den Tasso magst. Die zwey letzten Ackte, hoff ich sollen zu den ersten gehören. Dein Beyfall ist mir reiche Belohnung für die unerlaubte Sorgfalt mit der ich dies Stück gearbeitet habe. Nun sind wir frey von aller Leidenschafft solch eine konsequente Composition zu unternehmen. Die Fragmenten Art erotischer Späße behagt mir besser. Es sind wieder einige gearbeitet worden.

Hier sind wir in dem Lande der berühmten Bergnymphen und doch kann ich dir versichern, daß ich mich herzlich nach Hause sehne, meine Freunde und ein gewisses kleines Eroticon wieder zu finden, dessen Existenz die Frau dir wohl wird vertraut haben.

Lebe wohl. Grüße das liebe Weib und die Kinder und behaltet mich lieb. Ruhla d. Aug. 89.

G.[147]


9/2775.


An Johann Gottfried Herder

[etwa 18. August.]

Ich habe den Herzog noch nicht sprechen können, sonst würde die Angelegenheit die uns solang beschäftigt schon glücklich geendigt seyn. Hier indessen die letzten Ackte des Tasso, die ich der Frauen zur Vorlesung heut bestens empfehlen.

G.


9/2776.


An Georg Joachim Göschen

Weimar, d. 20. Aug. 89.

Nunmehr habe ich drei gedruckte Bogen des Tasso erhalten. Senden Sie mir von Zeit zu Zeit auch das Manuscript zurück, damit ich nachsehen kann, ob kein Druckfehler geblieben ist. Es wird ja nun wol mit dem Abdruck schneller gehen; denn sonst möchte der Band zu Michael nicht fertig werden.

Herr Streiber in Eisenach hat mir für Ihre Rechnung 54 rh.. 15 Gr. in Louisd'ors zu 5 rh. gezahlt. Sie haben einiges für mich ausgelegt. Senden Sie mir die Rechnung, damit ich wisse, was ich noch von Ihnen zu erhalten habe. Mit der Zahlung kann es bis Michael Anstand haben, nur daß ich alsdann die Summe in vollwichtigen Louisd'ors erhalte.

Ich danke Ihnen, daß Sie Herrn Vulpius soviel[148] als möglich wollen behilflich sein; ich wünsche sehr, daß er sich in die Arbeiten, welche dort einen Unterhalt geben, schicken möge.

Leben Sie wohl.

v. Goethe.


9/2777.


An Johann Heinrich Meyer

Endlich m. l. Meyer kann ich Ihnen sagen daß ich meinem Wunsch etwas für Sie zu thun näher komme. Herder, welcher glücklich zurück ist und Sie herzlich schätzt hat mir gesagt Ihr Wunsch sey noch einige Jahre in Rom zu bleiben und nachher irgendwo ein ruhige Plätzchen zu finden wo Sie unter Freunden Ihr Talent üben und ein leidliches Leben führen mögten. Ich kann Ihnen folgendes Anerbieten thun.

Wenn Sie noch zwey Jahre bleiben wollen, kann ich Ihnen jährlich 100 Scudi versprechen, welches wenigstens eine Zubuße ist und bey Ihrer Art zu leben Sie erleichtert und Ihnen Raum zum Studiren giebt. Ich schreibe mit heutiger Post an Reifenstein, daß er Ihnen vierteljährig 25 Scudi auszahlt. Sind die zwey Jahre herum; so kommen Sie zu uns. Für das Reisegeld sorge ich, und sorge daß Sie eine Situation hier finden, die Ihrer Gemüths Art angemessen ist. Wenn ich Ihnen keine große Pension versprechen kann, so sollen Sie doch haben was Sie brauchen, so sollen Sie doch haben was Sie brauchen.

[149] Nun wäre mein Wunsch: Sie sagten mir Ihre Gedancken etwas umständlicher über die Zeit Ihres dortigen Aufenthalts, über die Studien die Sie noch zu machen wünschen. u.s.w. Sie könnten auch in der Zeit manches sammeln was Sie glaubten das dereinst hier nützlich und erfreulich seyn könnte und sich so nach und nach zu einer Existenz in einem nordischen Städtchen vorbereitet. In der Nachbarschaft haben wir kostbare Kunstwerke, wo sich der Sinn wieder auffrischen läßt. Gute Freunde finden Sie und eine sehr zwanglose Existenz.

Mit Lips will ich mich nun brav üben, daß ich dem Begriff der Formen immer näher rücke und Ihnen entgegenarbeite.

Der Herzog, der mich in den Stand setzt Ihnen diese Anerbieten zu thun, ist ein Herr, dem Sie anzugehören Sich freuen werden. Mir giebt es eine neue Aussicht aufs Leben, daß ich mir nun dencken kann, dereinst Ihres Umgangs zu genießen.

Ihr Antheil an meinen kleinen Gedichten ist mir sehr werth. Ich werde Mad. Angelika ersuchen Ihnen den nächsten Theil mitzutheilen sobald sie solchen erhält. Sie finden darin Tasso ein Schauspiel das ich mit großer Sorgfalt gearbeitet habe.

Der Dichter der seine Leyer opfert, in Hetrurischer Vorstellungsart ist sehr schön gedacht. Von Ihren Arbeiten wie sie vorwärts gehn, schreiben Sie mir ja und von allem was Sie glauben[150] was uns gegenwärtig und künftig erfreulich seyn kann. Da wir nun zusammen gehören, so müssen wir auch unsren Lebensgang zusammen leiten, auf jede Weise.

Nur eins muß ich bitten sagen Sie niemanden etwas von diesem Engagement, sondern arbeiten Sie und würcken Sie still fort biß die Zeit kommt.

Auf die Münzabgüsse freue ich mich.

Lips erwarte ich etwa in vier Wochen.

Leben Sie wohl und genießen der römischen Welt noch aufs beste und lieben mich.

W. d. 21. Aug. 89.

G.


Schreiben Sie mir was Sie an Zeichnungen der Herzoginn gegeben haben. damit ich mich mit ihr berechnen kann. Sie haben von Jenckins 43 Scudi erhalten.[151]


9/2777a.


An Georg Joachim Göschen

Hier sind die zwey letzten Ackte. Lila folgt nächste Woche und durch diese beyde wird der Band wahrscheinlich gefüllt werden.


Hier ist die Tittel Platte welche sich auf Lila bezieht. Es wird aber an der Vignette fehlen, weil die welche schon gestochen ist, sich auf Jery und Bätely bezieht. Lassen Sie also eine allgemeine auf Dichtkunst deutende stechen, vor dem sechsten Band kann man sie auf Tasso deuten und vor dem siebenten wäre sie auch nicht ganz unbrauchbar.

Herr Lips der ehstens zu uns kommen und sich hier etabliren wird ist zwar schon unterwegs, ich weiß[38] aber nicht wann er ankommt, und ob alsdann noch Zeit seyn würde für die Vignette zu sorgen.

Leben Sie wohl. Den abgedruckten Theil des Mspts habe ich empfangen.

W. d. 27. Aug. 89.

G.[39]


9/2778.


An Johann Gottlob Immanuel Breitkopf

Im Zutrauen auf unsre ehmaligen guten Verhältnisse, nehme ich mir die Freyheit Ihnen einen jungen Mann zu empfehlender Ihnen diesen Brief überreichen wird. Es wünscht in Leipzig zu bleiben und dort ein besseres Schicksal zu finden als er bisher hat erfahren müssen. ich hoffe er wird Ihnen nicht beschwerlich seyn. Haben Sie die Güte ihm zu erlauben daß er Sie manchmal sehe, sich Ihnen eröffne. Verschaffen[151] Sie ihm wo möglich einige Bekanntschaften und Connexionen, damit er durch litterarische Arbeiten etwas verdienen könne. Er heißt Vulpius und ist mir als ein gutartiger junger Mann bekannt. Verzeihen Sie diese Bitte und bleiben meiner fortdauernden Freundschaft und Hochachtung versichert.

Weimar, d. 31. Aug. 89.

J. W. Goethe.


9/2779.


An Johann Gottfried Herder

[Ende August.]

Es wird sich wohl schicken daß du dem Herzog aufwartest.

Hier sind die Pichleriana.

Zugleich das Papierchen.

Schreibe ihr folgendes dazu:

Hier ist das Maas zu den Armbänder das G. neulich seinem Briefe beyzulegen vergessen.

Vale.

G.

Daß du zu den Geh. Räthen und zum Präf. gehst versteht sich.[152]


9/2779a.


An Georg Joachim Göschen

Hier sende ich Lila und ich vermuthe daß sie mit Tasso einen mäßigen Band machen wird. Es ist mir die Verspätung des Drucks nicht angenehm, ich sehe voraus daß darüber der sechste Band vor Neujahr nicht in den Händen des Publikums seyn wird.

Der siebente soll bald folgen. Herr Lips, den ich täglich erwarte, wird wohl die Vignette noch selbst stechen können.

Auch können die neuen Kupfer zu meinen Schriften seine erste Arbeit seyn. Ich bin überzeugt er wird sich dadurch allgemein empfehlen.

Leben Sie wohl.

Ich habe einige Naturhistorische Bücher bey ihnen bestellt, die ich noch nicht erhalten habe und sie nun anderwärts nicht bestellen mag, um sie nicht doppelt zu erhalten. Sagen Sie mir ein Wort darüber.

W. d. 9. Sept. 89.

v. Goethe.[39]


9/2779b.


An Ernst August Anton von Göchhausen

[Weimar, etwa 16. September 1789.]

Hochwohlgebohrner

insonders Hochgeehrtester Herr,

Ich habe nicht ermangelt Serenissimo die Risse und Ackten sogleich vorzulegen und Höchstdieselben sind mit allem was bißher geschehen sehr zufrieden, und finden selbst räthlich mit der Arbeit, wenn man auf den mit L. C. bezeichneten Kopf gekommen, inne halten zu lassen.

Wenn H. Baumeister Arends zu uns kommt, werde ich sorgen, daß zu dem Häußchen, den Canapees, Thoren pp Risse gemacht und Ew. Hochwohlgeb. übersendet werden.

Was die übrigen Punckte der Angelegenheit betrift, wünschten Serenissimus, daß sie nunmehr bey fürstl. Cammer in Überlegung gezogen und alsdann Bericht erstattet würde. Ew. Hochwohlgeb. werden dieses durch einen nunmehr ad Cameram zu erstattenden Commissarischen Bericht einzuleiten wissen. Läuft der Cammer Bericht ein; so wird man als dann das weitere überlegen können.

Noch richte ich schließlich ein gnädiges Compliment Smi an Ew. Hochwohlgeb. aus und empfehle mich zu[132] freundschaftlichem Andencken, mich mit vollkommener Hochachtung unterzeichnend

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster D[iene]r

J. W. v. Goethe.


N. S. Von den Rissen habe ich diejenigen hierbehalten welcher die Anlage vorstellt und den Riß zum Thore. Die übrigen folgen hierbey in der Capsul zurück, wie auch das eingesendete Fascikel Ackten.[133]


9/2780.


An Johann Gottfried Herder

[17. September.]

Gestern kam Inspecktor Werner den ich mineralogisch bewirthete und der mich abhielt euch zu besuchen, heute[152] habe ich auch noch mancherley zu kramen und um eilf Uhr fahren wir ab.

Lebet also schönstens wohl und gedeckt meiner in Liebe, ich komme mit allerley Waaren aus Ophir zurück, die um wohlfeilen Preis zu Dienst stehen.

G.


9/2781.


An Christian Gottlob Voigt

Hier sende ich den unterzeichneten Bericht wieder zurück und freue mich daß er mir Gelegenheit giebt Ihnen ein Wort zu sagen.

Mit Herrn Werner haben wir einige angenehme Stunden zugebracht, ich habe nun den ganzen Umfang seiner Meynung über die Vulkane gefaßt. Er hat die Materie sehr durchgedacht und mit viel Scharfsinn zurecht gelegt. Er wird immer mehr Beyfall finden und wir müssen nur sehen daß wir Ihrem Bruder den Rückzug decken und ihm zu ehrbaren Friedensbedingungen helfen.

Wegen des Ilmenauer Wercks sprach ich ihn. Die Berufung Freislebens widerrieth er ganz und nannte Baldauf zuerst. Das kann uns sehr lieb seyn.

Die Wittrung ist nicht lustig und hindert uns an manchem. Indessen da wir das Cabinet oben, die Bibliotheck unten und guten Humor in der Mitte haben, so kann es uns nicht fehlen.

Sollten Sie uns besuchen können, so wäre es sehr[153] schön. ich dachte gestern daran, ob Sie nicht vielleicht kommen möchten. Wir wollen Sie freundlichst empfangen.

Leben Sie recht wohl und empfehlen mich den Ihrigen.

Jena d. 19. Sept. 89.

G.


9/2782.


An Christian Gottlob Voigt

[September oder October.]

Nach dem was mir Ew. Wohlgeb. gestern erzählten und was ich nun in des Bergsekretairs Protokollen lese, muß ich sehr mit dessen guten Benehmen in der Sache zufrieden seyn.

Desto nöthiger aber will mir scheinen daß er noch länger oben bleibe. Ich sehe die Möglichkeit nicht, wie bey dem gegenwärtigen Stande des Personals, bey bevorstehender rauherer Witterung pp. eine so komplicirte Operation, wie die Gewältigung des Wassers immer mehr zu werden scheint, ausgeführt werden könne, ohne eine Aufsicht wie sie Ihr Bruder zu führen im Stande ist. Dencken Sie doch darüber und sagen mir Ihre Meynung. Wenigstens a dato noch vierzehn Tage müßte er noch bleiben, daß die Sache besser in Gang und Schwung käme, der Steiger völlig eingerichtet wäre pp. Alsdann gingen wir vielleicht hinauf und hohlten ihn ab. Die ganze Angelegenheit[154] ist zu kitzlich und ernsthaft. Auf dem bißherigen Wege kommen wir nicht zum Ziel.

Leben Sie recht wohl.

G.


9/2783.


An Carl Ludwig von Knebel

Ich höre vom Herzoge und von Herdern daß dir Neues, das dir unangenehme Empfindungen erregt, dich von uns, wenigstens eine Zeit, entfernen wird. Ich kann nichts dazu sagen, als daß es mir sehr leid thut und daß ich fühle wie viel ich durch deine Abwesenheit verliere. Ist es dir möglich so bleib und laß uns diesen Winter zusammen freundlich verleben. Hier schicke ich das neue Museum, vielleicht hast dus noch nicht. Lebe wohl.

W. d. 17. O. 89.

G.


9/2784.


An die Herzogin Amalia

Indeß Ew. Durchl. im Paradiese Europens ein seliges Leben führen, machen wir uns in Norden auch mancherley irdische Veränderungen.

Wir haben die Musen in Jena, Martem im Ascherleben, Merkurium in Leipzig und so weiter noch einen Theil der Mythologie durchverehrt und durchbesucht und befinden uns wieder in Weimar um Öfen setzen zu laßen.

[155] Ich zweifle nicht daß Ew. Durchl. nach dero glücklichen Rückkunft auch solchen prächtigen Schauspielen beyzuwohnen geruhen werden, welche auf Stoppelfeldern, mit berittnen und gewafneten Ackteurs vorgestellt werden und wo man den Brocken im Hintergrunde sieht.

Tasso Druck ist verspätet worden, sonst wäre das Stück schon bey Ew. Durchl. ich hoffe noch vor Neujahr damit aufzuwarten. Wo er auch sich Ihnen präsentiren mag, so wünschte ich daß es zur guten Stunde geschehe. Haben doch Durchl. ja bey Ihrem längern Aufenthalt in Neapel die Gnade, die Wercke welche uns mit der Natur, der Kunst, den Alterthümern der beyden Sicilien bekannter machen können, anzuschaffen und dereinst Ihre Bibliotheck damit, zu unserm Troste, zu bereichern.

Ein junger Steinschneider Facius, bildet sich gegenwärtig bey uns, von dem ich dereinst viel hoffe. Er hat Unterstützung gefunden und ich will ihm gerne nach und nach das beste von allem was ich weiß mittheilen.

Leben Ew. Durchl. wohl in dem Genuß der Erndte, von der wir nur Nachlese halten, gedencken Sie unsrer, die wir Sie verehren und lieben.

Herder ist thätig in seiner neuen Stelle und ich hoffe es soll sich zu seiner Zufriedenheit manches fügen. Wieland ist vom besten Humor.

[156] Nochmals wünsche ich Ew. Durchl. die beste Zufriedenheit.

W. d. 18. O. 89.

G.


9/2785.


An Philipp Christoph Kayser

W. d. 18. Octbr. 89.

Ihnen wie allen Freunden und Bekannten muß ich in diesem Augenblicke sagen: daß mein Leben bißher voller Zerstreuung war. Erst jetzt kann ich anfangen an meine Briefschulden zu dencken und ich erhalte Ihr Blat eben zu dieser Zeit. Es war mir sehr empfindlich Sie kranck zu wissen, und ich freue mich nun um desto mehr Ihres Wohlbefindens. Lassen Sie es an Bewegung nicht fehlen, es ist die beste Nachkur.

Über die Oper bin ich mit Ihnen gleicher Meynung. Wie das Werck jetzt liegt, geht die ungeheure Arbeit verlohren. Sie haben daran gelernt, und werden beym Umarbeiten wieder lernen. Vielleicht liese man gar die Recitation weg und die prosaischen Deutschen möchten den sanglosen Dialog deklamiren wie sie könnten. Es wäre mir um so angenehmer, als ich das Stück auf Ostern in dem siebenten Band meiner Schriften will drucken lassen. Man könnte zugleich die Anzeige thun und wenn Sie diesen Winter fleißig sind bald damit hervorrücken.

Was Ihre Röm. Nebenstunden betrifft; zu diesen[157] hat Breitkopf nicht übel nur möchte er etwas davon sehen. Schicken Sie mir etwas und ich will suchen wenigstens dieses Werck unterzubringen. Göschen läßt sich nichts ein wo er nicht unmittelbaren Gewinst sieht. Den Impresario sollen Sie haben. Bißher hoffte ich diesen Winter das Stück geben zu können, aber unsre Truppe ist zu schlecht besetzt. Haben Sie noch sonst etwas das Sie wünschen; so legen Sie nur gelegentlich ein Blättchen bey, wenn Frau Schultheß schreibt. Ich hoffe diesen Winter auch für Abwesende Freunde besser sorgen zu können.

Von Musick habe ich nichts neues noch merckwürdiges vernommen. Das heißt in dieser letzten Zeit. Zu Anfange des Jahrs machte mich Reichart mit Schultheß Athalie bekannt und trug mir den größten Theil der komponirten Claudine vor. Ehstens schicke ich einiges davon an Frau Schultheß.

Leben Sie hübsch wohl und bereiten Sich auf den Winter. Ich verändre mein Quartier und ziehe ins Jägerhaus. Es ist das letzte Gebäude vor dem Frauenthor auf der Reihe wo Wieland wohnt.

Nochmals Adieu.

G.


9/2786.


An Johann Friedrich Reichardt

Sie werden im Wechsel von mir ein Blat erhalten haben. Ich sage Ihnen aber doch gleich einige Worte auf Ihren letzten reichhaltigen Brief.

[158] Zuerst wünsche ich viel Glück zu Brenno, ich hoffe der Barbar wird auf dem Wege der musikalischen und italiänischen Metempsychose sich sehr humanisirt haben. Ferner zur Acquisition von Fischern und zu allem Künftigen. In den Künsten wer nicht das Beste hat, hat nichts.

Zu einem deutschen Texte zu einer ernsthaft genannten Oper kann Rath werden, nur müßte ich vor allen Dingen näher von dem Bedürfniß Ihres Theaters, vom herrschenden Geschmack, vom Möglichen auf Ihrer Bühne pp. unterrichtet seyn. Man kann, wie Sie wohl wissen, ein solches Werck auf mehr als eine Weise anlegen und ausführen. Der beste Effeckt ist wenn es den Schauspielern recht auf den Leib gepaßt und wenn dem Lieblings Geschmack des Publicums geschmeichelt wird, ohne daß man ihnen das schon Gewohnte bringt. Also erwarte ich darüber mehr. Auch kann ich unter einem Jahre solch ein Opus nicht liefern.

Der Conte wird nun bald an die Reihe kommen; hinter Fausten ist ein Strich gemacht. Für dießmal mag er so hingehn.

Viel Glück auf die Italiänische Reise, Sie können immer im Vorbeygehn ansprechen, es wird allerley abzuhandeln geben.

Herder ist Vicepräsident des Consistorii und läßt sich diese Geschäfte angelegen seyn. Übrigens können Sie dencken was mir seine Nähe wieder aufs neue geworden sey.

[159] Leben Sie indessen recht wohl. Lassen Sie bald wieder von Sich hören.

Sie sollen auch einmal etwas von mir haben, das einer Zeichnung ähnlich sieht, nur müssen Sie Sich gedulden.

Was macht Prof. Moritz? ich habe lange nichts von ihm gehört.

W. d. 2. Nov. 89.

G.


9/2787.


An den Herzog Carl August

Zuvörderst wünsche ich daß der böse Zahn Sie nicht möge geplagt haben, das Wetter war schön und das übrige pflegt sich zu geben.

Ich bin wohl und fleißig gewesen. Faust ist fragmentirt, das heißt in seiner Art für dießmal abgethan. Mittelsdorf schreibt ihn ab. Ein wunderlicher Concept ist ihm wohl nie vorgelegt worden. Es ist recht eigen alle diese Tollheiten von eben der Hand zu sehen, welche uns sonst nur: Beste, liebe getreue vorzulegen gewohnt ist. Nun wünsche ich daß Ihnen das Stückwerck noch einmal einen guten Abend machen möge.

Die beyden kleinen Stücke die in den siebenten Band kommen sollen, waren schon in der Ordnung und ich fühle mich nun erst als ein freyer Mensch, da ich diese Verbindlichkeiten erfüllt habe. Nun kann es andre Sachen gehn.

[160] Das Griechische wird eifrig getrieben und ich habe gute Hoffnung.

Unsre Bergwercks Besorgnisse klären sich recht schön auf. Voigt geht mit seinem Bruder Morgen hinauf. Der Berg Sekretair mußte hereinkommen um seine Frau, die über den Entschluß sich im Gebürge festzusetzen kranck worden war, oder sich kranck stellte, zu beruhigen. Wir haben alles mit ihm durchgegangen. Er ist sehr danckbar daß Sie ihm den Charackter accordiren und hat das hartungische Hauß gegen dem Schlößchen über gekauft. Er wird manches Gute oben auch neben her stiften. Bey seinem raschen Kopf ist er ein grundehrlicher Mensch.

In Jena war ich gestern und genoß den herrlichen Tag im Saalthale, das sehr schön war. Der Durchstich wird auch gut werden. Das Stück Wiese ist acquirirt, die Bäume sind gefällt und der neue Durchstich angegeben. Ich habe nun das ganze Werck dreymal angesehn, bey großem, Mittel und kleinem Wasser und bin überzeugt daß der Entzweck erreicht ist. Nur muß man jetzt noch einige Jahre, mit Aufmercksamkeit zusehen, was der Strom thun will. Wenig Aufwand wird es erfordern.

Ich erwarte sehnlich Ventens Wiederkunft, daß endlich die Strom Aufsicht zu Stande komme. Es[161] ist, biß auf wenig kritische Punckte, ein sehr leichtes Geschäfte, das wenig Tage jährlich erfordert.

Voigt ist in Apolda mit Ludekus gewesen und hat die Abgabe des Brodts an die Bedürftigsten gut vorbereitet. Er hat mir die Protokolle gelassen, die ich aber noch nicht gelesen habe. Heumann hat sich als ein sehr verständiger Mann gezeigt.

Der große Ofen ist zu Stande, nur tünchen sie ihn noch ab und es ist noch keine rechte Probe damit gemacht worden. Ich habe di beste Hoffnung davon, es soll mir recht lieb seyn wenn es reüssirt. Der Berg Sekretair will gleich in Ilmenau einen ähnlichen Versuch machen.

So oft ich ins neue Quartier komme freue ich mich der anmuthigen freyen Lage, des schönen Raums und mancherley Bequemlichkeit, und freue mich Ihnen auch das verdancken zu können. Schon einigemal bin ich nach Belvedere zu Fuß gegangen, es scheint mir nun wieder näher. Reicherts botanischer Vorrath vermehrt sich immer, leider daß wir die interessantesten Sachen immer unter Dach halten müssen. Wo Sie dieser Brief auch antrifft, treffe er Sie zur guten Stunde. W. d. 5. Nov. 89.

G.[162]


9/2787a.


An Georg Forster

Für die überschickte Reise nach den Pelew Inseln habe ich noch nicht gedanckt, ob mir schon diese Schrift ein ganz besondres Vergnügen gemacht hat. Die Begebenheit ist einfach und doch so reich an Detail, das Ganze macht wie eine kleine Epopee und es kann das Buch unter den canonischen Büchern der Naturreligion einen würdigen Platz einnehmen. Besonders hat mich der Engländer gefreut der Mensch genug war dort zu bleiben. Desto bedencklicher wäre der Zustand des kleinen Prinzen gewesen wenn er auch wieder zurückgekommen wäre.

Sie haben Sich durch diese Übersetzung um viele Menschen verdient gemacht, jedermann ließt die Geschichte gern und jedermann erbaut sich daraus nach seiner Art.

Leben Sie recht wohl. Ich bin fleißig und hoffe von Zeit zu Zeit meinen Freunden und dem Publiko davon Beweise zu geben. Grüßen Sie Ihre liebe Gattinn und behalten Sie mich beyderseits in gutem Andencken.

W. d. 16. Nov. 89.

Goethe.[40]


9/2788.


An den Herzog Carl August

Wenn Ihre Träume, von denen Sie mir schreiben, von heroisch philosophischem Inhalte sind, so sind die[162] meinigen gegenwärtig höchstens erotisch philosophisch und folglich auch nicht die unangenehmsten. Wie Sie dereinst in der 101sten Elegie meiner immer wachsenden Büchlein werden ersehen können.

Vom Faust schickte ich etwas, wenn ich mir nicht vorbehielte einen der ersten Abende nach Ihre Rückkunft, Sie, Ihre Frau Gemahlinn, und wen Sie sonst berufen mögen, vorlesend damit zu bewirthen.

Wenn Sie so arges Wetter haben als wir, wenn eine eben so ausgebreitete Wolcke auch Sie deckt, so bedaure ich Sie da Sie einen günstigen Himmel nötiger haben als wir.

Lips ist angekommen, seine Gegenwart wird viel gutes und erwünschtes stiften. Wir arbeiten uns nun sachte zusammen ein.

Indessen bin ich auch angespornt worden meine botanischen Ideen zu schreiben. Es hat den Schein daß ein auf Ostern angekündigtes Buch mir zuvorkommen könnte. So will ich wenigstens zugleich kommen.

Ich maneuvrire mich immer sachte ins neue Quartier. Das schwere Geschütz ist voraus, das Corps ist in Bewegung und ich decke die Arriergarde. In wie fern Sie mein als Regiments Quartiermeisters bedürfen, werden Sie bey Ihrer Ankunft entscheiden.

Leben Sie indeß wohl und erhellen und erwärmen Sich die Tage wie es möglich ist und gedencken meiner.

W. d. 20. Nov. 89.

G.[163]


9/2789.


An den Herzog Carl August

Es möchte sehr billig seyn dem bescheiden angebracht Gesuche dieses Mannes zu willfahren.

Bey gegenwärtigem Regenwetter wird wahrscheinlich die Durchstich Arbeit nicht fortgesetzt, worüber der Sekretair Güßfeld zu befragen und ihm allenfalls aufzugeben wäre: biß auf weitere Verordnung mit der Arbeit inne halten zu lassen.

Anfangs nächster Woche, sobald nur das Wetter sich einigermaßen ändert, war meine Absicht mit Herrn Cammerrath von Lyncker ohne dieß, wegen des zu besorgenden Geschäftes im Fürstengarten, nach Jena zu fahren; Sekretair Güßfeld könnte beordert werden sich am gleichen Tage dort einzufinden und man könnte theils die angefangene Arbeit besichtigen und beurtheilen. W. d. 21. Nov. 89.

s. m.

v. Goethe.


9/2790.


An Johann Friedrich Reichardt

Auch mir war es nicht angenehm daß die jovialische Stimmung unterbrochen wurde, die Sie von Ihrer glücklichen Reise in meine kleine Stube brachten. Doch dünckt mich das Wölckchen ging bald vorüber und die Tonkunst übte ihre Gewalt aus.

[164] Ich habe der Idee nachgedacht die Helden Ossians aufs lyrische Theater zubringen, es möchte gehn, wenn man die übrige nordische Mythologie und Zaubersagen mit braucht, sonst möchten die Nebel auf Morven schwerlich zu einer transparenten Dekoration Gelegenheit geben. Ich habe schon einen Plan ausgedacht, den Sie hören sollen wenn Sie mich besuchen.

Schicken Sie mir indeß die Büchelchen der Opern welche seit dem Regierungsantritt des Königs gegeben worden und notiren mit wenigem was Effeckt gethan. Ich muß wissen was schon da gewesen ist, damit ich suchen kann etwas Neues zu geben und den Herrn Collegen Moisé wo möglich zu übertreffen.

Jetzt bin ich ganz in der Naturgeschichte, weil ich auf Ostern einen kleinen botanischen Versuch herausgeben will, dieser muß noch vor Neujahr fertig, auch der achte Band meiner Schriften ins reine seyn, dann soll mich nichts abhaltenden famosen Conte auszustatten, daß er mit Ihnen die Reise ins gelobte Land antreten kann.

Vom Brennus verlangt mich auch zu hören wenn ich Sie wieder sehe.

Richten Sie Sich auf einige Tage, Sie sollen ein freundliches Zimmer in meinem Hause bereitet finden.

Indeß leben Sie wohl und gedencken mein.

W. d. 10. Dez. 89.

G.[165]


9/2791.


An Ernst Christian Friedrich AdamSchleiermacher

Ew. Hochedelgeb.

beyde Schreiben habe ich richtig erhalten und aus der Beylage des ersteren Herrn Klingers fortdauernde freundschaftliche Gesinnungen gegen mich gesehen. Schreiben Sie ihm, so ersuche ich Sie beygebognes Blat beyzulegen und ihn bestens von mir zu grüßen.

Die Erläuterung über das aufgenommene Capital, giebt mir ein Licht in dieser Sache, das mir bißher fehlte. Ich werde mich nach Ihrem, den Umständen völlig angemeßnem, Vorschlag benehmen.

Herrn Mercken schreibe ich das Gleiche in dieser Angelegenheit und wünsche wohl zu leben

Ew. Hochedelgeb.

Weimar d. 11. Dec.

ergebener

1789.

J. W. v. Goethe.


9/2792.


An die Herzogin Amalia

Es ist recht verdienstlich und ein gutes Zeichen daß Ew. Durchl. sich fleißig unsrer erinnern, ich bin öfter in Gedancken bey Ihnen als ich es gestehen mag und freue mich zu hören wenn Ihnen alles nach Wunsch gelingt.

[166] Da Ew. Durchl. so mancherley mitbringen so wünschte ich Sie verschafften uns eine Mineralien, hauptsächlich Felsenstein Laven und Basalt Sammlung aus Sicilien, der Cavalier Goeni zu Catania wäre der Mann dazu. Eine gleiche wünschten wir von Ischia zu haben, welche Ew. Durchl. in Neapel noch bequemer haben können. Über Hamburg spedirt kommen die Sachen ohne großen Aufwand hierher.

Büry ist glücklich das schöne Neapel unter Ihrem Schutze zu sehen und zu genießen. Ich brauche Ihnen die Gute Seele nicht weiter zu empfehlen, er verdient Ihre Gnade und Unterstützung. Lips ist nun hier, wenn Meyer (im Vertrauen sey dieß gesagt) sich von seiner Kranckheit erhohlt, die ihn nun nach Hause nötigt, gedencke ich ihn nun auch hier zu sehen; eignen Sich Ew. Durchl. den Büry zu. so können wir eine artige Akademie aufstellen. Ohne Künstler kann man nicht leben weder in Süden noch Norden.

Tischbeinen wünsch ich Glück, er verdient daß es ihm wohlgehe und da ers soweit hat wird er es auch weiter bringen.

Ew. Durchl. finden mich wenn Sie wiederkommen in einem neuen Quartier. Der Herzog, der auf alle nur mögliche Art für mich sorgt und mich zu meiner größten Danckbarkeit auf das beste behandelt, hat mir die Wertherischen und Staffischen im Jägerhauße gegeben wo ich gar anmuthig wohne.

[167] Ich ordne nach und nach meine Besitzthümer und erinnere mich der schönen Tage jenseits der Gebirge.

Das Carnaval hat auch in Deutschland Liebhaber gefunden. Die Kleinmuth der Entrepreneurs, Bertuch und Krause, hat ihnen zu einer kleinen Auflage gerathen, die nun ganz vergriffen ist, ohne daß man doch wagen kann eine zweyte zu machen.

Die acht Bände meiner Schriften sind fertig geschrieben, die Saumseligkeit des Verlegers verschleift die Ausgabe.

Tasso ist noch nicht einmal ganz abgedruckt. Indessen arbeite ich in der Naturgeschichte. Auf Ostern wird eine kleine botanische Abhandlung herauskommen.

So suchen wir im Fleiße unser Glück und streben die Nebel der Athmosphäre durch das Licht des Geistes zu zerstreuen.

Welch ein schönes Wetter müßen Sie haben, da wir bißher noch so gelinde Witterung gehabt. Genießen Sie jeder schönen Stunde in völliger Gesundheit und Zufriedenheit.

Bringen uns Ew. Durchl. doch auch allerley Sämereyen aus jener Gegend mit, es sey was es wolle. Was dort gemein gehalten wird ist zu unsern wissenschaftlichen Speculationen auf eine oder die andre Weise nütze.

Einsiedeln und der Fräulein viele Grüße.

[168] Ich empfehle mich zu Gnaden und wiederhohle alle meine aufrichtigen Wünsche

W. d. 14. Dec. 1789.

Ew. Durchl.unterthänigster

Goethe.


9/2793.


An August Johann Georg Carl Batsch

Ew. Wohlgeb.

sende ich den botanischen Versuch, über welchen ich mich Morgen mit Ihnen vorzüglich zu unterhalten wünschte. Ich habe ihn weder völlig endigen, noch genugsam ausarbeiten können, indeß wird er auch wie er da liegt Stoff zum Gespräch geben.

Ich wünschte Ihre Meynung:

1) Über die Idee im Ganzen und wiefern Sie damit einstimmen.

2) Über den Vortrag ob Sie ihn einleuchtend halten.

3) Wünschte ich daß Sie mir mehrere Beyspiele anzeigte welche meine vorgelegte Theorie entweder einschräncken oder bestätigen.

Ich habe die §§ einsweilen mit Bleystift numerirt, wenn Sie bey einem oder dem andern sich etwas notiren wollten.

Das übrige mündlich.

[169] Es freut mich recht sehr daß sich die Weimarischen Gartenknechte gut halten.

Ew. Wohlgeb.

W. d. 18. D.

ergebenster

1789.

Goethe.


9/2794.


An Carl Ludwig von Knebel

Ich melde dir m. l. daß es mir wohl geht und daß Batsch die Sache sehr gut aufgenommen hat. Ich habe wieder neue psychologische Erfahrungen bey dieser Gelegenheit gemacht, und sehe wohl daß der Umfang des Ganzen schwer zu dencken ist. Ich arbeite es nun aus und es mag hingehen. Die Hauptsache wird nun seyn daß ich die Idee weiter ausarbeite und durch Beyspiele und Tafeln erläutre.

Des Thees auf den Sonnabend nimmst du dich wohl an. Besonders daß es an einem Lhombre Tisch nicht fehle.

Lebe wohl. Es ist gar still und freundlich in deiner Stube. Jena d. 22. Dez. 89.

G.


9/2795.


An Christian Gottlob Voigt

[27. December.]

Auch dießen neuen Beweiß Ihrer thätigen Freundschaft und gütigen Vorsorg dancke auf das[170] herzlichste. Eine in eben diesem Momente vollbrachte heilige Handlung erinnert mich aufs neue an die Gefälligkeit, womit Sie mir vor einem halben Jahre in re incerta beystehen wollten und fordert mich nochmals zur Danckbarkeit auf.

Arens ist wohl unterwegs. Wenn nur nicht gerade unsere Baumeister ober und unter der Erde zusammentreffen.

G.


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 9, S. 162-171.
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