1801

[168] 15/4339.


An Elisa Gore

[Concept.]

Nach einer schrecklichen Krise der Natur, in welcher sich das Individuum zu verlieren schien und welche etwa zehen Tage mag gedauert haben, befinde ich mich wieder ganz leidlich und ich könnte sagen wohl, wenn nicht der Geschwulst des linken Auges mich noch an die Gewalt des vergangenen Übels erinnerte. Doch behaupten die Chirurgen, daß auch das Auge sich bald wieder in seinem natürlichen Zustande befinden werde. Ich empfehle mich der verehrten Gorischen Familie und dem vielgeliebten Prinzen August von Gotha zu fernerer freundschaftlicher Theilnahme.

Weimar am 17. Jan. 1801.


15/4340.


An die Herzogin Louise

[Concept.]

Vergönnen Ew. Durchl. mir das Glück daß das erste was ich wieder schreibe an Höchstdieselben gerichtet sey mit dem lebhaftesten Danke für die gnädige Theilnahme an meinem bisher so zweifelhaften Schicksal.

Nun kehren meine Kräfte wieder zurück und ich kann die Freude ganz fühlen diesen Tag abermals erlebt zu haben, der mir immer ein Festtag ist an dem ich meine täglichen Wünsche für Ew. Durchl.

[168] Wohl verdopple. Möge er mit immer wachsendem Glück für Ew. Durchl. und die hohen Ihrigen zurückkehren.

Nehmen Höchstdieselben eine Zeichnung gnädig auf welche ich im Nahmen der Schloßbau Commission überreiche und die wohl werth war in Ew. Durchl. Nähe zu bleiben. Der Rahmen wird nach einem allgemeinen Muster verändert werden.

Bald hoffe ich Ew. Durchl. selbst wieder aufzuwarten und mündlich zu wiederholen wie sehr ich lebenslänglich sey pp.

Weimar am 29. Jan. 1801.


15/4341.


An Johann Friedrich Cotta

Das neue Jahrhundert hat sich nicht gut gegen mich erwiesen, denn ich bin in den ersten Tagen von einer sehr heftigen, obgleich nicht ganz unvorhergesehenen Krankheit überfallen worden, welche neun Tage lang, indessen ich wenig von mir selbst wußte, die Fortdauer meiner Existenz sehr zweifelhaft machte. Indessen habe ich mich in der letzten Hälfte dieses Monats wieder so ziemlich erholt und fange an, die Lebensfäden wieder anzuknüpfen.

Den Gautier habe ich in den ersten Tagen meiner Genesung erhalten und sogleich flüchtig durchgesehen. Sie haben mir durch die Anschaffung dieses Buchs einen besondern Dienst erzeigt, so wie ich Ihnen für[169] die gefällige Übersendung des so brauchbaren Plouquetischen Werks vielen Dank sage.

Ich wünsche daß Sie bald den Preis des Virgils erfahren mögen, damit unsere kleine Rechnung abgeschlossen werde und ich auch mit hiesiger fürstl. Bibliothek in Ordnung komme.

Wie der gute Vermehren dazu kommt mich als einen bedeutenden Theilnehmer an seinem Almanach anzugeben, begreife ich nicht. Ich erinnere mich wohl daß ich, als er mir von diesem Vorsatz sprach, ihn nicht ohne Hoffnung eines Beytrags für die Zukunft ließ; allein für dieses Jahr ist, besonders unter den gegenwärtigen Umständen, gar nicht daran zu denken. Ich werde mich hüten die Musen früher zu versuchen bis ich mich wieder bey Kräften fühle; ich wünsche nur daß ich Ihnen etwas zum Damenkalender liefern kann.

Übrigens ist es recht schade daß wir so weit auseinander wohnen; in der Nähe könnte man manche Gelegenheit, und wäre es nur zu artigen Kleinigkeiten, nutzen. Das kleine Drama, das jetzt in dem Seckendorfischen Taschenbuche steht, nebst einer englischen Übersetzung desselben, von Herrn Mellish, und dem Kupfer, welches mit der Zeitung für elegante Welt ausgegeben wird, hätte, in eins gefaßt, und splendid gedruckt und mit einigen Scherzen und Galanterien noch verziert, einen artigen Artikel gegeben; allein über so was läßt sich nicht correspondiren,[170] weil alles vom Augenblick abhängt, und so muß man es denn zerstreut hinfahren lassen.

Herr Bitaubé hat nunmehr meine Antwort erhalten, wie mir ein Brief aus Paris sagt.

Ich habe in meinen Notaminibus noch einige ältere französische Bücher gefunden, welche ich bisher noch nicht auftreiben konnte, vielleicht sind Sie damit so glücklich wie mit Gautier, in meinem nächsten Briefe zeige ich die Titel an.

Leben Sie recht wohl und erndten bald in Frieden die Früchte Ihrer Thätigkeit.

Weimar am 29. Januar 1801.

Goethe.


15/4342.


An Friedrich Schiller

Mögen Sie heute Abend, nach der Probe, die doch vor 8 Uhr geendigt seyn wird, mit uns eine kleine Abendmahlzeit einnehmen; so sollen Sie uns herzlich willkommen seyn. Götze kann im Theater auf Ihre Befehle warten und wenn der Fünfte Act angegangen ist, Ihnen den Wagen holen. Wollen Sie auch hineinfahren, so geben Sie ihm deßhalb Ordre.

Mit mir geht es ganz leidlich, ich habe heute früh die Rolle mit der Caspers durchgegangen und bin mit dem guten Kinde recht wohl zufrieden.

Leben Sie recht wohl.

Weimar am 29. Jan. 1801.

G.[171]


15/4343.


An Franz Kirms

[Januar.]

Ich bin Ihnen für diese Behandlung der Sache sehr dankbar. Es war der ganz rechte Weg. Nächstens mehr über dieses Verhältniß und ähnliche.

G.


15/4344.


An Katharina Elisabeth Goethe

Diesmal, liebe Mutter, schreibe ich Ihnen mit eigner Hand, damit Sie Sich überzeugen daß es wieder ganz leidlich mit mir geht.

Das Übel hat mich freylich nicht ganz ungewarnt überfallen, denn schon einige Zeit war es nicht völlig mit mir wie es seyn sollte. Hätte ich im vorigen Jahre ein Bad gebraucht wie ich in früheren Zeiten gethan; so wäre ich vielleicht leidlicher davon gekommen; doch da ich nichts eigentliches zu klagen hatte; so wußten auch die geschicktesten Ärzte nicht was sie mir eigentlich rathen sollten und ich lies mich von einer Reise nach Pyrmont, zu der man mich bewegen wollte, durch Bequemlichkeit, Geschäfte, und Oekonomie abhalten, und so blieb denn die Entscheidung einer Crise dem Zufall überlassen.

Endlich, nach verschiednen katharralischen Anzeigen, zu Ende des vorigen Jahrs, brach das Übel[172] aus, und ich erinnere mich wenig von den gefährlichen neun Tagen und Nächten, von denen Sie schon Nachricht erhalten haben.

Sobald ich mich wieder selbst fand ging die Sache sehr schnell besser, ich befinde mich schon ziemlich bey körperlichen Kräften und mit den geistigen scheint es auch bald wieder beym alten zu seyn.

Merckwürdig ist daß eine ähnliche Kranckheit sich theils in unsrer Nähe, theils in ziemlicher Entfernung in diesem Monate gezeigt hat.

Wie gut, sorgfältig und liebevoll sich meine liebe Kleine bey dieser Gelegenheit erwiesen werden Sie Sich dencken, ich kann ihre unermüdete Thätigkeit nicht genug rühmen. August hat sich ebenfalls sehr brav gehalten und beyde machen mir, bey meinem Wiedereintritt in das Leben viel Freude.

Auch war mir der Antheil sehr tröstlich, den Durchl. der Herzog, die fürstliche Familie, Stadt und Nachbarschaft bey meinem Unfalle bezeigten. Wenigstens darf ich mir schmeicheln daß man mir einige Neigung gönnt und meiner Existenz einige Bedeutung zuschreibt.

So wollen wir denn auch hieraus das Beste nehmen und sehen wie wir nach und nach die Lebensfäden wieder anknüpfen.

Ich wünsche daß Sie diesen Winter recht gesund und munter zubringen mögen und da ich weder gehindert bin Gesellschaft zu sehen noch mich zu beschäftigen;[173] so dencke ich die Paar traurigen Monate nicht ohne Nutzen und Vergnügen zuzubringen.

Hier die Affiche des Tancred. Kurz vor meiner Kranckheit war ich damit fertig geworden. Grüßen Sie alle Freunde.

Weimar d. 1. Febr. 1801.

G.


15/4345.


An Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling

Ich danke Ihnen herzlich für den Antheil an meiner Genesung, möge es sich doch recht bald schicken, daß ich das Vergnügen habe, Sie auf einige Tage wieder zu sehen; denn leider war, als wir Abschied nahmen, die Krankheit schon mit ziemlicher Gewalt eingetreten und ich verlor bald darauf das Bewußtsein meines Zustandes. Auch fühlte ich schon sehr während Ihres Hierseins, daß mir der völlige Gebrauch meiner Geisteskräfte abgehe.

Nach den Versuchen, die ich in diesen Tagen gemacht habe, scheint sich so ziemlich alles in seine alte Ordnung hergestellt zu haben. Doch wird sich das erst in der Folge zeigen. Meine körperlichen Übelnehmen täglich ab und meine Kräfte zu, und so wollen wir, wie weit wir mit der Pflege Geistes und Leibes nach und nachgelangen.

Schreiben Sie mir ja von Zeit zu Zeit und nur gerade von dem, was Sie eben interessirt. Es werden[174] auch dadurch in mir immer mehr Berührungspuncte erzeugt.

Ihren Anhang zu dem Eschenmayerischen Aufsatz habe ich mit vielem Vergnügen gelesen. Wenn ich ein Gleichnis brauchen darf, so gieng es mir wie einem, der in der Dämmerung auf bekannte Wege kommt und sich ganz gut zu rechte findet, ohne gerade jeden Gegenstand, an dem er vorbeigeht, deutlich zu erkennen.

Auch hat mich die Fichtische Ankündigung in der allgemeinen Zeitung beschäftigt und unterhalten.

Um wenigstens etwas zu thun, so habe ich in diesen Tagen angefangen, das Büchlein Theophrasts von den Farben zu übersetzen. Es ist eine wunderliche und schwierige Aufgabe, welche aber aufgelöst zu haben nicht ohne Nutzen sein wird.

Leben Sie recht wohl und sagen Sie mir bald wieder ein Wort.

Weimar am 1. Februar 1801.

Goethe.


15/4346.


An Johann Friedrich Reichardt

Nicht Jedermann zieht von seinen Reisen solchen Vortheil, als ich von meiner kleinen Abwesenheit.

Da ich von der nahfernen Grenze des Todtenreichs zurückkehrte, begegneten mir gleich so viele Theilnehmende,[175] welche mir die schmeichelhafte Überzeugung gaben, daß ich sonst nicht allein für mich, sondern auch für Andere gelebt hatte. Freunde und Bekannte nicht allein, sondern auch Fremde und Entfremdete, bezeigten mir ihr Wohlwollen und, wie Kinder ohne Haß geboren werden, wie das Glück der ersten Jahre darin besteht, daß in ihnen mehr die Neigung als die Abneigung herrscht; so sollte ich auch bey meinem Wiedereintritt ins Leben dieses Glücks theilhaft werden, mit aufgehobenem Widerwillen eine neue Bahn anzutreten.

Wie angenehm Ihr Brief mir, in diesem Sinne, war, sagen Sie sich selbst, mit der Herzlichkeit, mit der er geschrieben ist. Ein altes gegründetes Verhältniß wie das unsrige konnte nur, wie Blutsfreundschaften, durch unnatürliche Ereignisse gestört werden. Um so erfreulicher ist es, wenn Natur und Überzeugung es wieder herstellt.

Von dem was ich gelitten habe weiß ich wenig zu sagen. Nicht ganz ohne vorhergehende Warnung überfiel mich, kurz nach dem neuen Jahre, die Krankheit und bekämpfte meine Natur, unter so vielerley seltsamen Formen, daß meine Genesung, selbst den erfahrensten Ärzten, auf einige Zeit, zweifelhaft werden mußte. Neun Tage und neun Nächte dauerte dieser Zustand, aus dem ich mich wenig erinnere. Das glücklichste war, daß in dem Augenblicke, als die Besinnung eintrat, ich mich selbst ganz wieder fand.

[176] Man erzählt von Hallern daß, als er einmal eine Treppe herunter und auf den Kopf gefallen war, er sogleich, nachdem er aufgestanden, sich die Nahmen der chinesischen Kaiser nach der Reihe hergesagt, um zu versuchen, ob sein Gedächtniß gelitten habe.

Mir ist nicht zu verdenken, wenn ich ähnliche Proben anstellte. Auch hatte ich Zeit und Gelegenheit in den vergangnen vierzehn Tagen mir manche von den Fäden zu vergegenwärtigen, die mich ans Leben, an Geschäfte, an Wissenschaft und Kunst knüpfen. Keiner ist abgerissen wie es scheint, die Combination geht wie vor Alters fort, und die Production scheint auch in einem Winkel zu lauren, um mich vielleicht bald durch ihre Wirkungen zu erfreuen.

Doch wollen wir uns indeß als Genesende behandeln und, zufrieden mit einer so baldigen Wiederherstellung, nach einem so großen Übel, in geschäftigem Müßiggang dem Frühjahr entgegenschlendern.

Das erste höhere Bedürfniß, was ich nach meiner Krankheit empfand, war nach Musik, das man denn auch, so gut es die Umstände erlaubten, zu befriedigen suchte. Senden Sie mir doch ja Ihre neusten Compositionen, ich will mir und einigen Freunden damit einen Festabend machen.

Empfehlen Sie mich dankbar bekannten und unbekannten Wohlwollenden und Theilnehmenden in Berlin.

[177] Ich wünsche nichts mehr, als so vielen Freunden, die auf meine Existenz einen Werth setzen, auch künftig zur Freude und zum Nutzen zu leben.

Nehmen Sie wiederholten Dank für Ihre Annäherung in diesem Zeitpunct und genießen einer dauerhaften Gesundheit.

Weimar am 5. Februar 1801.

Goethe.


15/4347.


An Friedrich Schiller

Ein durchreisender Schauspieler soll heute Abend nach der Probe in einigen Scenen sein Talent zeigen, da man ihm keine Gastrolle zugestehen mag.

Wollten Sie wohl diesen Versuch mit ansehen so schickte ich gegen 6 Uhr meinen Wagen, der alsdann dort warten und Sie zu mir bringen kann.

Weimar am 6. Febr. 1801.

Goethe.


15/4348.


An Friedrich Schiller

Halten Sie sich ja, daß dieser Sturm vorübergehe, freylich hätte ich gehofft Sie heute Abend in meiner Einsamkeit zu sehen. Arbeiten möcht' und könnte ich wohl, besonders auch Ihnen zur Freude, wenn nicht mein zerrißner Zustand mir fast alle Hoffnung und zugleich den Muth benähme.

[178] Die Motive die Sie mir gestern erzählten habe ich weiter durchgedacht, und es scheint wohl daß ich sie auch nach meiner Art zu denken sämmtlich billigen werde, ich wünsche nun die Anlage des Stücks auch von vorn herein zu kennen.

Weimar am 9. Febr. 1801.

G.


15/4349.


An Friedrich Schiller

Ich nehme die Lectüre mit vielem Vergnügen an, um so mehr als ich Sie selbst ersuchen wollte mir wenigstens den Plan von vorn herein zu erzählen. Nur kann ich heute nicht ausfahren, weil Starke heute früh eine etwas schmerzliche, ich hoffe aber die letzte Operation am Auge vorgenommen und mir das Ausgehen wegen der Kälte verboten hat. Ich schicke Ihnen daher um halb Sechs den Wagen und so können Sie auch nach Tische nach Hause fahren. Ich verspreche mir viel Gutes von dieser Lectüre sowohl für Ihr Fortschreiten als für eigne Production.

Weimar am 11. Febr. 1801.

G.


15/4350.


An Christian Heinrich Ramann

Indem ich Ihnen, werthester Herr Ramann, hiebey den Betrag der mir zuletzt übersendeten Ohme[179] Erlauer, mit 9 Karol. überschicke, wobey mir 12 gr. zu Gute bleiben, ersuche ich Sie, wenn Sie gegenwärtig recht guten Erlauer haben, mir eine Probe davon in ein Paar Bouteillen zu schicken. Zugleich wünschte ich ein Paar Flaschen Würzburger, wie ich solchen bey Herrn Hofrath Loder getrunken und ein Paar Flaschen vorzüglich guten Steinwein zur Probe, nebst den Preisen. Diese 6 Flaschen in einem Kistchen wären wohl für Kälte zu bewahren.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 11. Febr. 1801.

Goethe.


15/4351.


An Johann Friedrich Cotta

Hierbey übersende ich den Titel des Werkes, welches ich durch Ihre Bemühung gleichfalls zu erhalten wünsche.

Observations sur l'histoire naturelle, sur la physique, et sur la peinture, avec des planches imprimées en couleur, par Mr. Gautier. Tome I. Partie 1-18. Année 1752-1755 à Paris, iisd. annis. Voll. III.

Wenn Herr Decker sich noch nicht wegen des Virgils erklärt hat; so haben Sie ja wohl die Güte unsere Rechnung für diesmal zu schließen und meine Schuld für den Virgil fürs künftige zu notiren.

Man ersucht mich so eben beyliegenden Brief postfrey nach Paris zu bringen. Verzeihen Sie wenn ich[180] Sie bitte, ihn einzuschlagen und dessen richtige Besorgung zu empfehlen. Da der Brief den Umweg macht, so wäre zu wünschen daß er bald abginge.

Mit meinem Befinden geht es recht gut und ich suche mich nach und nach wieder in Thätigkeit zu setzen.

Leben Sie recht wohl und gedenken Sie mein.

Weimar am 16. Febr. 1801.

Goethe.


15/4352.


An Franz Kirms

Nachdem Dem. Matizek angezeigt, daß sie ein anderweitiges Engagement eingegangen und von dem hiesigen Theater abzugehen entschlossen sey; so hat man ihr beiliegende Berechnung ihrer Rückstände vorgelegt, worauf sie erklärt: daß sie bei ihrem Abgange darauf etwas zu bezahlen nicht im Stande sey, jedoch wolle sie sich von der an dem Ort ihrer neuen Bestimmung zu erhaltenden Gage vierteljährig zwanzig Thaler abziehen lassen; auch habe sie nichts einzuwenden, wenn man deshalb die Garantie der Hamburger Direktion wolle ausstellen lassen; doch müsse sie bemerken, daß sie daselbst nur auf ein Jahr Kontrakt habe. Und ist von ihr auf wiederholte Vorstellung keine andere Erklärung zu erlangen gewesen.

Weimar am 19. Febr. 1801.

G.[181]


15/4353.


An Friedrich Schiller

Heute Abend um 5 Uhr werde ich Probe vom Tancred halten, ich will Ihnen aber nicht zumuthen dabey zu erscheinen. Nach derselben aber, etwa gegen 8 Uhr, komm ich, wenn es Ihnen recht ist, Sie abzuholen zu dem gewöhnlichen frugalen Abendessen.

Am 20. Febr. 1801.

G.


15/4354.


An Immanuel Reimann

[Concept.]

Wegen der Pachtbedingungen nach denen Sie sich, werther Herr Reimann, erkundigen melde ich kürzlich folgendes:

Die Hauptbedingungen waren bisher:

1) 350 rthlr baar in Lbthlrn à 1 rh. 14 gr. in vierteljährigen Terminen.

2) Victualien nach beyliegendem Verzeichniß.

3) Die auf dem Gut haftenden Onera, welche sich gegen 30 rh. belaufen können. 4) 500 rh. Kaution zu 3 p. C.

Hiezu würde bey gegenwärtiger Veränderung noch hinzugefügt werden:

5) Noch fernere 500 rh. Kaution, weil zu bemerken gewesen daß bey der bisherigen der Gutsherr nicht genug gedeckt sey.

[182] 6) Renunciation auf den Ersatz alles Schadens, welcher vielleicht bey der neuen Wegeanlage verursacht werden könnte.

Die übrigen Bedingungen verstehen sich theils von selbst, theils sind sie nicht von Wichtigkeit. Nur muß ich bemerken, zu Verkürzung des Geschäfts, daß von vorstehenden Hauptbedingungen keine nachgelassen werden kann.

Das Inventarium an Vieh liegt hier abschriftlich bey; der Termin kann auf sechs Jahre gesetzt werden.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 20. Febr. 1801.


15/4355.


An Amalie von Imhoff

[Concept.]

Ein Gedicht wie das von dem die Rede ist, zu verbessern, oder auch nur Verbesserungen vorzuschlagen ist nicht eine Sache zerstreuter Augenblicke. Vergebens hab ich gesucht ihm etwas abzugewinnen, und meine Strichelchen und Häkchen, im dritten Gesang, den ich zufällig vornahm, wollen nichts heißen.

Mögen Sie morgen Abend um 6 Uhr, etwa mit Frau von Wolzogen, bey mir einen Thee nehmen; so könnte besprochen werden was zu thun sey und vielleicht könnte man auch einen Anfang machen[183] der Correctur, um wenigstens einen Theil fortzuschicken.

Ein kleines Wort von Ihnen soll die Einrichtung meines Tags bestimmen.

W. d. 26. Febr. 1801.


15/4356.


An Friedrich Schiller

Nehmen Sie es freundlich auf, wenn ich, eingedenck Ihrer gefälligen Teilnahme an den Propyläen, einen Theil eines so eben angekommenen Weintransports zusende. In der Hofnung daß Sie die übrigen Sorten bey mir versuchen und genießen mögen.

W. d. 28. Febr. 1801.

G.


15/4357.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

[ 28. Februar.]

Ihrer freundschaftlichen Theilnahme, bey dem Unfall, der mich betroffen hat, war ich gewiß und danke Ihnen für den Ausdruck derselben. Das Übel war sehr gewaltsam, doch finde ich mich geschwinder wieder hergestellt als ich hoffen durfte.

Die Zeichnung des Monuments erhalten Sie zurück mit einem Gutachten von Meyer, dem ich beytrete. Nur kann ich mich nicht enthalten hinzu zu fügen:[184] daß ich es für sündlich halte ein Kunstwerk, das gut und schön werden soll, in ein barbarisches Land, unter freyen Himmel zu relegiren, besonders in der jetzigen Zeit wo man nicht weiß wem Grund und Boden im nächsten Jahre gehören wird.

Wenn es einmal ein Kenotaph seyn soll, wenn es erlaubt ist mit seinen Schmerzen zu spielen; so würde ich rathen Geld und Kunst nicht für Badegäste und Pfaffen, sondern für den Kreis der Familie und der Freunde wirken zu lassen, ich würde rathen ein Paar Urnen, in der Größe wie man sie in ein Zimmer stellen kann, mit allem Aufwand von Material, Gedanke, Kunst und Technik zu besorgen und sie zu einem wehmütigen Genuß und zu einer bedeutenden Zierde eigner Wohnung aufzustellen.

Die eine Urne müßte mir das Lobenswürdige und Hoffnungsvolle der Verschiednen, die Lieblingsbeschäftigung ihres Lebens darstellen, die andere den Zustand der Nachgelaßnen.

Ein solcher Gedanke mußte mir um so eher einfallen als ein so geschickter Mann, wie Professor Schadow, um so billige Bedingungen, wie der Anschlag zeigt, für Sie zu arbeiten geneigt ist und wir in unsern Häusern und Besitzungen keineswegs an Kunst so reich sind, daß wir das Gebildete auf die Kreuzwege hinaus drängen müßten.

Verzeihen Sie dieser aufrichtigen Äußerung! Ein jeder hat freylich seine eigne Art die Dinge dieser[185] Welt anzusehen. Sie werden thun, was Sie nach Ihren eignen Gesinnungen fürs beste halten.

Sollte mir etwas lyrisches gelingen, das für Sie brauchbar wäre, so schicke ich es bey Zeiten. Vorräthig ist gar nichts und also hängt es vom Zufall ab, ob ich Ihnen mit etwas dienen kann.

Ich freue mich daß Sie meinem Festspiel einigen Beyfall gönnen. Der Effect bey der Aufführung hat mich selbst überrascht. Ich wünschte wohl einmal etwas ähnliches, mit mehr Personen, für ein größeres Theater zu bearbeiten.

Die theatralische Preisaufgabe haben wir deswegen im Allgemeinen gelassen, damit mehr Spielraum bliebe. Auch finden wir dadurch vielleicht am ersten Gelegenheit von der Erfindung bis zur Ausführung mehrere Stufen zu beobachten und zu schätzen.

Was Sie von den Vorzügen des französischen Theaters sagen kenne ich recht gut; allein es ist eine solche wunderliche Wendung überhaupt in die Deutschen gekommen, daß es schwerer als jemals seyn wird sie gewisse Eigenschaften schätzen zu lehren die sie nicht besitzen. Es ist in diesem Volke ein eignes Gemisch von Originalität und Nachahmerey.

So weit für dießmal. Leben Sie recht wohl, grüßen Ihre werthe Gattin, lassen Sie manchmal von sich hören und kommen Sie bald wieder zu uns.

G.[186]


15/4358.


An L. G. H. Burdach

[Concept.]

Die Gedichte, deren Verdienst ich nicht verkenne, kommen hier zurück. Fremde Arbeiten ins Publikum einzuführen ist ein Geschäft welches zu unternehmen ich stets Bedenken getragen habe, indem es ein ganz anderes Verhältniß zur Litteratur voraussetzt, als das in dem ich mich befinde.

Vielleicht mögen Sie mit Herrn Vermehren in Jena, der für das nächste Jahr einen Musenalmanach herausgiebt, in Verbindung treten, und ihn durch Beyträge erfreuen.

Ich wünsche, daß Sie immer recht wohl leben und sich des Umgangs der Musen lang erfreuen mögen.

Weimar am 2. März 1801.


15/4359.


An Gottlieb Hufeland

Indem ich Ew. Wohlgeb. mit Dank das ausgelegte Geld zuschicke und um Quittirung beygelegter Rechnung bitte, so folgt auch das neue Loos, welches zurück zu schicken bitte. Man kann wohl zum Scherz einmal in einem Glückspiele den Zufall versuchen, aber es darf daraus keine Gewohnheit werden.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 6. März 1801.


Goethe.[187]


15/4360.


An Friedrich Schiller

Da es schon spät ist und ich keine Hoffnung mehr habe heute von Ihnen etwas zu hören, so will ich hiermit das Neuste vermelden.

Herr Hartmann von Stuttgard ist angekommen, wenn ich ihn und sein Gemählde gesehen habe sollen Sie ein näheres vernehmen.

Über die Preisfrage habe ich wieder nachgedacht und finde vorläufig daß ihr von dem Standpuncte der empirischen Psychologie, wo wir Poeten doch eigentlich zu Hause sind, recht gut beyzukommen ist. Man steht zwischen dem Philosophen und Historiker und befindet sich auf dem Gebiete des eigentlichen Gehalts, wenn jener die Form und dieser den Stoff bringt.

Der, durch alle Zeiten und Orte, durchgehende, unveränderliche Naturstand scheint mir die Base zu seyn, worauf das ganze Gebäude aufgeführt werden muß, doch dies dient mehr zur Beantwortung als zur Aufstellung der Frage.

Mich verlangt sehr zu erfahren, wie Ihnen die Veränderung zuschlägt und wünsche das Beste.

Leben Sie wohl und lassen bald von sich hören.

Weimar am 7. März 1801.

G.[188]


15/4361.


An Johann Wilhelm Ritter

[Concept.]

Indem ich das Gilbertische Journal mit Dank zurückschicke, füge ich einige Bemerkungen hinzu:

Wie unzulänglich, ja wie hinderlich die Newtonische Theorie, ich will nicht sagen zur Erklärung, sondern nur zur Auf- und Darstellung der Phänomene sey, ist in diesem Falle einem jeden wieder recht einleuchtend, der sich eines bessern belehrt hat.

Dem wackeren Herschel ist das Absurde der Enunciation selbst aufgefallen ( pag. 138) und freylich ist es absurd das reine, sich immer selbst gleiche Licht, aus so widersprechenden Theilen zusammen zu setzen, da es doch eigentlich nur durch äußere Bedingungen in den Fall gesetzt wird, ohne die mindeste Veränderung seiner selbst, jene bekannten Erscheinungen hervor zu bringen.

Höchst merkwürdig bleibt es wie, auch diesmal wieder, ein so scharfsichtiger und scharfsinniger Mann diesen Gegenstand vornimmt, ohne die unauflöslichen Widersprüche zu fühlen, in welche die Hypothese verwickelt. Wenn er sich pag. 142 die verschiednen Stufen der Erleuchtung seiner farbigen Lichter vorzählt; so findet er das einzige Gelb und das nächste Grün eigentlich erleuchtend, (beydes aber gewiß nicht so gut als das ungefärbte Licht) die übrigen Farben[189] leisten immer weniger, so daß man eher von der verdunkelnden, als der erleuchtenden Kraft des gefärbten Lichtes sprechen könnte, und aus diesen Finsternissen soll das Licht zusammengesetzt seyn!

Wenn Herschel durch farbige Gläser die Sonne betrachtet und sie zuletzt gar mit solchen die mit Rauch angelaufen sind in Parallele stellt, so fällt ihm nicht ein, daß doch wohl die Farbe durchaus gegen das Licht als ein Minus anzusehen seyn müsse, sondern immerfort soll das Helle aus Dunkeln zusammengesetzt seyn. Es wäre kein Wunder wenn man den Ruß zuletzt auch unter die integranten Theile des Lichts zählte.

Auch an der Kupfer Tafel sieht man daß, nach dem alten Schlendrian, die Öffnung, durch die man das Licht einließ, so niedrig als möglich gemacht worden. Die spitzen Winkel der punctirten Linien, welche die Divergenz der Farbenerscheinung vorstellen sollen, stehen auf der Mitte des Prismas, eben als wenn hier nur ein untheilbarer Sonnenstrahl hereinkäme und gebrochen würde. Woraus man sieht daß Herschel, so gut als tausend andere, das Spectrum und die daraus abgeleitete Hypothese auf Treu und Glauben angenommen.

Vielleicht wäre es Zeit, da doch jetzt alle Physiker um diese Versuche zu wiederholen das Prisma zur Hand nehmen müssen, die Streitfragen wieder in Anregung zu bringen.

[190] Ich trage die Herschelischen Erfahrungen, bezüglich auf beyliegende Tafel, nach unserer Weise kürzlich vor und füge einige Fragen und Vorschläge hinzu.

Das Sonnenlicht a fällt in eine dunkle Kammer. Man messe die Wärme des Raums a. b. durch ein Thermometer 1.

Das Licht wird durch das Prisma c gebrochen und geht nur an den Rändern gefärbt heraus. Man messe die Wärme des farblosen Raums hinter dem Prisma durch ein Thermometer 2.

Es fragt sich: hat das Sonnenlicht durch die Brechung an Wärme gewonnen oder verloren?

Das im spitzen Winkel, oben und unten, auf den Rändern des Prismas, aufstehende Phänomen verbreitet sich und zeigt die beyden einfachen Farben Gelb und Blau, nach innen, mit ihren Steigerungen ins Rothe nach außen, deutlich.

Endlich treffen die inneren Farben, Blau und Gelb, zusammen und bilden das Grün.

Auf dieser Stufe, des nunmehr völlig farbigen Spectri, hat Herschel seine Versuche unternommen, welche aber, auf unsere Weise dargestellt, ein anderes Ansehen gewinnen.

Er vergleicht die Wärme seines gefärbten Lichtes nur mit der Wärme der dunklen Kammer, wir hingegen nahmen das Phänomen früher und untersuchten die Wärme des gebrochnen, nicht gefärbten Lichtes.

[191] Nun fragen wir: wird das Thermometer 3 aus der + Seite der Farben-Erscheinung gegen das Thermometer 2 steigen oder fallen? Ich vermuthe das letzte. Die Erfahrung mag den Ausspruch thun.

Man führe alsdann das Thermometer ins Grüne bey No 8 und endlich ins Violette bey No 4, so wird nach Herschelischen Erfahrungen das Thermometer immer weiter herabsinken und sich dem Thermometer 7 in der dunkeln Kammer nähern.

Nun wäre noch die sich über die Grenzen des Roths hinaus erstreckende Wärme auf das Thermometer 6 zu untersuchen, wobey ich vor allen Dingen rathen wollte zu erforschen: ob nicht etwa der erleuchtete und erwärmte Raum a. b. nach der Seite zu auf das Thermometer 5 einige Wärme verbreitet? so daß solches höher stünde als eines in 7 oder sonst einem Orte der dunklen Kammer.

Was die Art die Versuche anzustellen betrifft bemerke ich folgendes:

Beyliegende Zeichnung ist als ein Grundriß anzusehen. Anstatt nämlich daß Herschel die Axe des Prisma horizontal stellt, stelle man sie vertikal und werfe das lichte Bild nach der Seite, wodurch man den Vortheil hat, daß man die Thermometer von oben herein, ganz frey, in den farblosen Raum sowohl als in die farbigen Räume bringen kann, wozu der Apparat nicht schwer seyn wird.

Ich rathe zu dieser Anstalt weil die Nähe der[192] Holztafel, bey dem Herschelschen Versuche, mir verdächtig ist, indem dieselbe, von dem rothgefärbten Lichte erwärmt, die Wärme wohl weiter verbreiten kann, als sie der gefärbte Lichtrand selbst nicht verbreiten würde.

Fängt man das gefärbte Bild hinten mit einer Tafel auf, so kann man am Schatten der Thermometerkugel sehen ob man sich in der rechten Farbe befindet.

Auf beyliegender Tafel habe ich auch, in der dritten Figur, die Erscheinung nach der Schattenseite gezeichnet.

Es wäre wohl interessant auch die Wärme des Purpurs zu untersuchen; allein die Vorrichtung dazu würde einige Schwierigkeiten haben. Davon mündlich mehr.

Damit die Tafel auch zur deutlichen Darstellung der Controvers mit den Newtonianern dienen könne, habe ich die falsche Darstellung nach der Hypothese zugleich mit aufgezeichnet, umsomehr als man den Sinn, in welchem Herschel versucht hat, mit dem unsrigen dadurch am leichtesten vergleichen kann.

So manches noch hinzuzufügen ist, schließe ich doch gegenwärtig und erwarte die Resultate Ihrer Untersuchungen.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 7. März 1801.[193]


15/4362.


An den Herzog Carl August

Möge dieser Brief, bester Fürst, Sie ganz hergestellt antreffen, damit Sie das an mancher Unterhaltung reiche Berlin recht genießen können.

Die Gentzischen Zeichnungen, welche Graf Brühl überbracht hat, hebe ich auf bis zur Ankunft des Conducteurs Rabe. Den Quadratoren haben wir einstweilen in der obern Etage, nach dem Regelthore zu, einige Decken und Gesimse in Arbeit gegeben, wozu uns Wolff die Zeichnungen geliefert hat. Auch sind die Stuccatoren beschäftigt, so daß keine Zeit versäumt wird.

Die Nachricht, daß Professor Gentz ein halb Jahr bei uns bleiben wird, war mir sehr willkommen; denn auf solche Weise wird ganz allein eine sichere und schnelle Ausführung möglich, wenn die täglich vorkommenden Räthsel von dem Meister selbst gelöst werden.

Was mich betrifft, suche ich mich einer völligen Genesung immer mehr zu nähern und es scheint zu gelingen; das eintretende Frühjahr giebt die beste Hoffnung. Geschwulst und Mißfarbe des untern Augenlids haben sich noch nicht ganz verloren.

Hartmann von Stuttgart ist angekommen. Sowohl sein früheres, in Rom verfertigtes großes Bild, als einige spätere Zeichnungen, zeugen von dem vorzüglichen Talent dieses jungen Mannes.

[194] Frau von Grothausen werde ich nächstens schreiben und danken. Meinen Brief schließe ich, wie ich ihn anfing, mit Wünschen für Ihr vollkommenes Wohl.

Weimar den 9. März 1801.

Goethe.


15/4363.


An Wilhelm von Wolzogen

Graf Brühl hat mir die verschiedenen Zeichnungen wohl überbracht, wir werden uns jedoch nicht an die Ausführung wagen, bis Ew. Hochwohlgeb. zurückkommen und den Conducteur Rabe mitbringen. Nach Zeichnungen von Wolff beschäftigen wir indessen die Quadratoren in der zweyten Etage nach dem Kegelthore zu.

Die Nachricht, daß Herr Prof. Gentz, an den ich den besten Gruß auszurichten bitte, ein halbes Jahr bey uns bleiben kann, ist mir höchst erfreulich. Nur die Gegenwart des Meisters kann ein solches Werk fördern.

Für so mancherley Unbequemlichkeiten, welche Sie in dem Strudel der Gesellschaft auszustehen haben, werden Sie sich durch Anschauung manches guten Kunstwerks und durch das Theater zu entschädigen suchen, und ich hoffe daß Sie uns bey Ihrer Zurückkunft manches mittheilen werden was durch Erzählung zu überliefern ist.

Wir gehen in dem beschränkten Kreise unseres[195] kleinen Zirkels so sachte hin, und, da wir nichts wichtiges zu behandeln haben; so verwandeln wir gelegentlich Kleinigkeiten in Wichtigkeiten, wodurch denn doch auch der Zweck erreicht wird, daß die Zeit mit einigem Interesse vergeht.

Leben Sie recht wohl und kommen Sie gesund zurück.

Weimar am 9. März 1801.

Goethe.


15/4364.


An Friedrich Schiller

Meine Hoffnung, daß Sie, in diesen schönen Tagen, recht weit vorgerückt seyn würden, benimmt mir Ihr Brief. Vielleicht kommt es auf einmal, wie es mir auch sonst, in ähnlichen Fällen, gegangen ist.

Hartmann von Stuttgard ist hier und es thut mir recht leid daß Sie ihn nicht kennen lernen. Ein großer, derber junger Mann von 28 Jahren, den man eher für einen Musikus als für einen Mahler halten würde. Sein Wesen und Betragen ist naiv, in Absicht auf Kunstgesinnung ist er auf dem rechten Felde, nur nicht immer auf dem rechten Wege. Sein großes Bild ist sehenswerth. Der Gegenstand nicht zu schelten, aber doch nicht ganz glücklich.

Es ist recht angenehm mit ihm zu conversiren, ich habe mich an die bedeutendsten Puncte gehalten,[196] damit man, mit so einem schönen Talent, mit so einem guten Menschen, in eine wahre Verbindung kommt und auch in der Ferne ein Verhältniß unterhalten kann. Das Beste ist, daß er nichts verliert, wenn das Wahre wahr ist, da so viele sich nur dem ächten deßhalb widersetzen, weil sie zu Grunde gehen würden wenn sie es anerkennten.

Mit meinem Faust geht es sachte fort. Wenn ich auch täglich nur wenig mache, so suche ich mir doch den Sinn und den Antheil daran zu erhalten.

Wegen der Preisfrage sind wir ganz einig. Man könnte verlangen

Eine gedrängte, lichtvolle Darstellung des Bestehenden im Menschen, mit Entwicklung der Phänomene der Cultur aus demselben. Man betrachte sie nun als ein Ganzes der Gegenwart oder der Succession oder als beydes zugleich.

Wie Sie bin ich überzeugt daß man auf diesem Wege am ersten zum Zweck gelangen und, bey dem unendlichen Stoff, eine faßliche Darstellung erwarten könne.

In Stuttgard ist, wie ich durch Meyern höre, dem es Hartmann erzählt hat, große Bewegung und Unzufriedenheit über unsere Kunsturtheile. Wenn man das Detail vernimmt, so sieht man freylich in welcher jämmerlichen Denkweise sie gefangen sind. Ihren Aufsatz haben sie für eine Arbeit von Böttiger erklärt. Wenn sie sich auf den Styl der bildenden[197] Kunst nicht besser verstehen, als den Styl des Schreibens, so sieht es freylich windig aus. Man macht sich immer eine Illusion über die Menschen, besonders über seine Zeit. Die Confusion, die durch so viele Individuen entsteht, deren jeder ein anderes Interesse hat dieses oder jenes gelten zu machen, ist unendlich.

Sie erhalten zugleich ein Trauerspiel, in welchem Sie mit Schrecken abermals, wie mich dünkt, aus einem sehr hohlen Fasse, den Nachklang des Wallensteins hören werden.

Ich schließe mit dem Wunsch für schönes Wetter und productive Stunden.

Weimar am 11. März 1801.


15/4365.


An Friedrich Schiller

Zuvörderst wünsche von Herzen Glück, daß die Arbeit gut von statten geht, ich habe an Faust auch einiges gethan und so rückt man denn immer, obgleich langsam, weiter.

Hartmanns Aufenthalt ist vielleicht für uns nützlicher als für denselben, indem wir eine, nicht ganz ausgebildete, Denkweise eines vorzüglichen Menschen kennen lernen. Übrigens fällt es mir manchmal ein daß man auf die Kunst eigentlich eine geheime Gesellschaft fundiren sollte, wobey das Lustige wäre, daß[198] sehr viele Künstler in die höhern Grade gar nicht kommen könnten, auch müßte man sie selbst dem Fähigsten nicht geben, sondern wenn er endlich dahin gelangte ihm nur erklären daß er sie erreicht habe. Sprechen, schreiben, drucken wird etwas nützen aber nicht viel, indessen wollen wir uns auch dieses nicht reuen lassen.

Hartmannen haben wir gleich veranlaßt hier etwas zu componiren und zwar einen etwas widerstrebenden Gegenstand: den Admet wie er, ungeachtet der Leiche im Hause, den Herkules aufnimmt und ihn bewirthet. Wie wir hierauf gekommen sind sollen Sie künftig hören, zum schreiben ist es zu umständlich.

Leben Sie recht wohl, in der Einsamkeit sowohl als in der akademischen Societät, und gedenken an uns.

Weimar am 14. März 1801.

G.


15/4366.


An Friedrich Schiller

Obgleich Florentin als ein Erdgeborner auftritt, so ließe sich doch recht gut seine Stammtafel machen, es können durch diese Filiationen noch wunderliche Geschöpfe entstehen.

Ich habe ohngefähr hundert Seiten gelesen und conformire mich mit Ihrem Urtheil. Einige Situationen sind gut angelegt, ich bin neugierig ob sie die[199] Verfasserin in der Folge zu nutzen weiß. Was sich aber ein Student freuen muß, wenn er einen solchen Helden gewahr wird! Denn so ohngefähr möchten sie doch gern alle aussehen.

Dagegen sende ich Ihnen eine andere Erscheinung, die, wie sie sagt, vom Himmel kommt; allein, wie mich dünkt, gar zu viel von dieser altfränkischen Erde an sich hat. Der Verfasser dieses Werkleins scheint mir sich wie im Fegefeuer zwischen der Empirie und Abstraction, in einem sehr unbehaglichen Mittelstande zu befinden, indeß, ist weder an Inhalt noch an Form etwas über das sonst gewohnte.

Ich wünsche daß Schlegel von diesem Kampf einigen Vortheil ziehen möge, denn freylich habe ich seine Gabe als Docent, auch von seinen besten Freun den, nicht rühmen hören.

Ob wir gleich Ihre Abwesenheit hier sehr fühlen: so wünsche ich doch daß Sie so lange als möglich drüben bleiben. Wenigstens ist mir die letzte Zeit immer in der Einsamkeit die günstigste gewesen, welches ich Ihnen auch von Herzen wünschen will.

Keinen eigentlichen Stillstand an Faust habe ich noch nicht gemacht, aber mitunter nur schwache Fortschritte. Da die Philosophen auf diese Arbeit neugierig sind, habe ich mich freylich zusammen zu nehmen.

Hartmanns erster Entwurf von dem angezeigten Bilde hat schon vieles zur Sprache gebracht. Wenn er[200] das prosaisch reelle durch das poetisch symbolische erheben lernt, so kann es was erfreuliches werden.

Übrigens sagte ich neulich zu Meyern: wir stehen gegen die neuere Kunst wie Julian gegen das Christenthum, nur daß wir ein bischen klärer sind als wie er. Es ist recht sonderbar wie gewisse Denkweisen allgemein werden und sich lange Zeit erhalten können und so lange wirklich als ein Bestehendes der menschlichen Natur angesehen werden können. Es ist dieß einer von den Hauptpuncten auf den zu reflectiren ist, wenn die Preisfrage zur Sprache kommt.

Leben Sie recht wohl und genießen das akademische Wesen nach Herzenslust.

Weimar am 18. März 1801.

G.


15/4367.


An Friedrich Schiller

Ich vermuthete, daß ich Ihnen durch die Rittergeschichte einiges Vergnügen machen würde, sie ist sehr artig und unterhaltend und dabey ein rechtes Muster von modernem Auffassen und Behandeln älterer Zustände.

Mit Hartmann werden wir, ob er gleich schon zwey Zeichnungen gemacht hat, über den Admet nicht einig werden, weil er in einem Bilde, das ganz symbolisch seyn müßte, die Begebenheit natürlich darstellt.

Es ist hier eine Kluft befestigt, die nur durch Offenbarung[201] zu überspringen ist. Wir glaubten uns so deutlich darüber gegen ihn ausgedruckt zu haben, allein aus seiner Production sieht man daß er nicht weiß was wir wollen. Es gehört freylich eine völlige Sinnesänderung dazu, und wer weiß ob er bey seinem schönen Talente unter die Berufenen gehört. Prof. Meyer hat mir versprochen, wenn Hartmann fort ist, eine Zeichnung in unserm Sinne zu machen, aber nur für unsern stillen Gebrauch.

Ich denke bey gutem und schlimmen Wetter an Sie. Hätte ich voraussehen können daß der Herzog so lange außen bleibt (er kommt erst den 27.), so hätte ich Sie auf einige Tage besucht, mit nächstem Boten schicke ich wieder einiges zu lesen.

Den üblen Eindruck, welchen das Greifenpaar auf Sie machen würde, habe ich vorausgesehen. Das allegorische Drama habe ich diesen Morgen wieder gelesen, was mir besonders auffiel ist die Bitterkeit und die Trauer in Einem Product. Ich möchte nicht in der Haut des Verfassers stecken.

Zu Ihren Arbeiten wünsche ich viel Glück und freue mich auf die Zeiten wenn wir wieder zusammen seyn werden. Faust hat noch keinen völligen Stillstand erlitten.

Weimar am 21. März 1801.

G.[202]


15/4368.


An Friedrich Schiller

Eben bin ich im Begriff auf acht Tage nach Roßla zu gehen nach deren Verlauf wir uns denn wohl wieder treffen werden, worauf ich mich sehr freue.

Wenn Ihr Aufenthalt in Jena nicht ganz so fruchtbar wird wie Sie es hofften, so ist das das gewöhnliche Schicksal poetischer Vorsätze, indessen muß man auch das wenigere mit Dank empfangen.

Ich schicke Ihnen eine portugiesische Reisebeschreibung, welche unterhaltend und lehrreich ist und den Wunsch dieses Land zu besuchen wohl schwerlich rege machen wird.

Beim Nachdenken über's Beharrende im Menschen, worauf sich die Phänomene der Cultur beziehen ließen, habe ich bis jetzt nur vier Grundzustände gefunden:

des Genießens

des Strebens

der Resignation

der Gewohnheit.

Überhaupt geht es bey einer solchen Betrachtung sonderbar, daß nämlich die Differenzen unter den Fällen verschwinden, doch eine gewisse Einheit ist ja was man bezwecken will.

Leben Sie recht wohl. Es hat sich inzwischen manches zugetragen, was Stoff zur Unterhaltung geben wird.

Weimar am 25. März 1801.

G.[203]


15/4369.


An Carl Daniel Langerhans

[Concept.]

[ 27. März.]

Dem. Matizek welche vom hiesigen Theater zu dem Hamburger abgeht, brauche ich Ihnen, werthester Herr Director, nicht zu empfehlen; das Vertrauen, das man ihr, durch dieses Engagement, bewiesen, bürgt ihr für eine gute Aufnahme. Da wir sie ungern verlieren, so wünsche ich um so mehr, daß es ihr, an ihrer neuen Stelle, wohl gehen möge.

Erinnern Sie sich, bey diesen wenigen Zeilen, Ihrer vorjährigen Reise, so wie der Stunden, in denen ich das Vergnügen hatte Ihre Bekanntschaft zu machen. Empfehlen Sie mich Ihrer werthen Gattin und leben recht wohl.


15/4370.


An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

[ 27. März]

Ew. Wohlgeb.

verzeihen wenn ich, in Erinnerung der guten Stunden, welche wir zusammen in Weimar zugebracht, gegenwärtiges der Dem. Matizek, welche von hier nach Hamburg reist, mitgebe. Sie hat, als Sängerin und Schauspielerin, sieben Jahre bey dem hiesigen Theater gestanden und durch gutes Betragen ihrem[204] Talent noch mehrern Werth gegeben. Sie geht, aus dem engen, stillen Weimar, in das weite, geräuschvolle Hamburg, wo sie denn gelegentlich sowohl eines guten Rathes, als eines nachdrücklichen Schutzes bedürfen mögte. Dürfte ich Ew. Wohlgeb. ersuchen: sie, nach Dero Einsicht und Einfluß, bey vorkommenden Fällen zu begünstigen, und sich zugleich desjenigen zu erinnern, der sich mit aufrichtiger Hochachtung unterzeichnet: pp.


15/4371.


An Sara von Grotthus, verw. Wulff

Weimar, den 28. März 1801.

Durch die glückliche Ankunft Durchl. des Herzogs werde ich auf's Neue an den Dank erinnert, den ich Ihnen für Ihren freundschaftlichen Brief und für die angenehme Gabe noch schuldig bin. Sie haben mir durch Beides eine recht große Freude gemacht, und mir einen schätzbaren Beweis Ihres Andenkens gegeben.

Da ich kein fleißiger Correspondent bin, und meine alte Untugend, des Schweigens gegen Abwesende, mit den Jahren immer zuzunehmen scheint; so bleibt mir nichts übrig, als desto fleißiger an einigen Arbeiten zu sein, welche, früher oder später, denen, die mir wohlwollen, einiges Vergnügen machen können.

[205] Erhalten Sie mir Ihren Antheil an meinem Dasein, das sich wieder befestigt, und an meinen Productionen, durch die ich am eigentlichsten mit der Weltzusammenhänge. Leben Sie recht wohl und glücklich und gedenken mein unter den Ihrigen.

Goethe.


15/4372.


An Friedrich Bury

[Concept.]

[ 28. März.]

Ich war überzeugt daß Sie an dem Unfall, der mich betroffen hatte, einen herzlichen freundschaftlichen Antheil nehmen würden. Es war freylich ein harter Stand und ich kann wohl sagen, daß ich in schlimmen Augenblicken an Sie gedacht habe. Im ganzen bin ich noch so ziemlich glücklich entkommen und gedenke mich, die gute Jahrszeit über, etwa durch eine Reise nach einem Bad, noch besser herzustellen.

Durchl. der Herzog sind glücklich wieder zurückgekommen, und es sollte mir lieb seyn wenn jemand von der Suite etwa das Portrait von Hirt gesehen hätte, damit ich etwas näheres darüber hörte.

In einem Brief, an Durchl. die Herzogin Mutter, äußern Sie einen Gedanken, der Ihrer ganz werth ist, nur bedenken Sie nicht daß die vier Personen, welche Sie nennen, zwar wohl in der Welt von einiger Bedeutung seyn mögen; bey einem Fürstl. Beylager derselben wohl aber schwerlich zu erwähnen seyn möchte.

[206] Übrigens wünschte ich, wie ich auch schon bey Ihrem Hierseyn äußerte, etwas von Ihrer Hand im Schlosse. Wenn die Decoration im Ganzen näher bestimmt ist; so frage ich darüber nochmals bey Ihnen an.

Leben Sie recht wohl, genießen Sie des guten was eine große Stadt darbietet, grüßen Sie Herrn Hofrath Hirt und gedenken mein.


15/4373.


An Johann Friedrich Rochlitz

Die Aufführung des kleinen Stücks ward von Zeit zu Zeit, wie es bey Theatern zu gehen pflegt, aufgeschoben; desto angenehmer ist mirs daß ich gegenwärtig von einer sehr guten Aufnahme desselben sprechen kann, ohngeachtet ich mit der Darstellung nicht ganz zufrieden war. Daß ich den Verfasser verschwieg erregte von einer Seite Neugierde und ließ von der andern den Eindruck desto unbefangner. Das nächstemal soll es noch besser werden, indessen hat doch schon eine Liebhabergesellschaft, die sich hier befindet, sich das Stück ausgebeten, welches denn auch ein gutes Zeichen ist.

Das Original sende ich mit Dank zurück. Die wenigen Veränderungen die ich gemacht habe, betreffen einige harte Worte, welche man unter Personen einer gewissen Art, besonders unter Soldaten, mit Recht[207] vermeidet, sodann einige Scherze welche sich auf Philosophie beziehen, die ich im doppelten Sinne nicht billigen kann, weil man entweder dadurch keine Wirkung hervorbringt, oder weil man die Menge veranlaßt über etwas zu lachen das sie nicht versteht und das sie wenigstens verehren sollte.

Verzeihen Sie diese Pedanterie; man weiß aber nicht eher als nach einem längern Lebenslauf was ächte Maximen, die uns über das Gemeine heben, für einen hohen Werth haben, der so selten anerkannt wird.

Darf ich Sie nun mit einigen Aufträgen beschweren?

Ich wünschte Nachricht von einem Manne, welcher sich Johann Leonhardt Hoffmann nennt, und einen Versuch einer Geschichte der Farbenharmonie 1786, in Hendels Verlag, zu Halle, herausgegeben. Die Dedication an Herrn Gottfried Winkler, in welcher sich der Verfasser einen Franken nennt, ist von Leipzig aus datirt, wo er sich eine Zeit lang aufgehalten und mit Oeser Umgang gehabt haben mag. Vielleicht haben Sie Gelegenheit etwas näheres über diesen Mann zu erfahren, der mir von gewissen Seiten interessant geworden ist.

Alsdann hätten Sie wohl die Güte mir ein gebundnes Exemplar, von dem im Oktober 1800 geschlossnen Jahrgang der musikalische Zeitung zu verschaffen. Den ersten bis zum Oktober 1799 besitze[208] ich. Die Auslage werde ich mit Dank sogleich erstatten.

Sollte Ihnen nicht ein Liedchen bekannt geworden seyn, das von Capellmeister Himmel componirt ist, es drückt die Unruhe eines verliebten Mädchens aus, das sich seinen Zustand nicht erklären kann, jeder Vers endigt sich mit einer Partikel z.B. Ich weiß nicht woher, wohin, warum. Es ist ein Scherz, den man in einer Gesellschaft wohl gern einmal anhören mag.

Die Fragen wegen Wilhelm Meisters möchte ich am liebsten einmal mündlich beantworten. Bey solchen Werken mag der Künstler sich vornehmen was er will, so giebt es immer eine Art von Confession und zwar auf eine Weise von der er sich kaum selbst Rechenschaft zu geben versteht. Die Form behält immer etwas unreines und man kann Gott danken, wenn man im Stand war so viel Gehalt hinein zu legen, daß fühlende und denkende Menschen sich beschäftigen mögen, ihn wieder daraus zu entwickeln.

Die Recension in der allgemeinen Litteraturzeitung ist freylich sehr unzulänglich, für jeden, der selbst über das Werk gedacht hat; doch ist sie nicht ohne Verdienst, wenn man sie als die Meinung eines einzelnen ansieht, der seine Gedanken darüber äußert. Freylich hat man Ursache von einer Recension mehr zu verlangen, besonders von einer so späten.

Ich wünsche, daß Ihre Gesundheit wieder hergestellt[209] seyn möge, so wie ich mich auch von den Übeln, die mich betroffen haben, nach und nach wieder erhole.

Darf ich bitten mich unserm verehrten Weiße bestens zu empfehlen.

Weimar d. 29. März 1801.

Goethe.


15/4374.


An Anna Elisabeth von Türckheim

geb. Schönemann.


Nach so langer Zeit einen Brief von Ihrer Hand, verehrte Freundin, zu erhalten, war mir eine sehr angenehme Erscheinung. Schon vor einigen Jahren versicherte mich Frau von Egloffstein, daß Sie meiner während Ihres Aufenthalts in Deutschland manchmal gedacht hätten, ich freute mich herzlich darüber in Erinnerung früherer Verhältnisse.

Sie haben in den vergangenen Jahren viel ausgestanden und dabey, wie ich weiß, einen entschlossenen Muth bewiesen, der Ihnen Ehre macht.

Wie sehr verdienen Sie das Glück, daß die Ihrigen gerettet sind und Ihre Kinder alle so gutartig vor Ihnen heranwachsen.

Nun möcht' ich auch gerne etwas zu Ihrer Zufriedenheit beytragen, indem ich den Wunsch des Herrn Kochers begünstigte: sein bey mir eingelaufenes Schreiben soll zwar bestens empfohlen werden, allein[210] ich befürchte, theils daß man die Stelle eine zeitlang offen läßt, bis die neue Gestalt der deutschen Angelegenheiten zu mehrerer Bestimmtheit und Festigkeit gelangt, theils daß einige unter den mehreren Competenten durch nähere Verhältnisse einer Art von Anwartschaft darauf sich getrösten können. Dem ohngeachtet will ich nicht verfehlen, das, was unter den gegebenen Verhältnissen möglich seyn sollte, zu bewirken.

Leben Sie recht wohl und gedenken meiner auch künftig. Genießen Sie mit den Ihrigen, nach so viel Stürmen, der Früchte des Friedens und einer neuen Ordnung der Dinge.

Weimar, den 30. März 1801.


15/4375.


An Thomas (?) Holcroft

[Concept.]

[Oberroßla, 2. April.]

Ein Schreiben von einem Manne zu erhalten, dessen Verdienste sowohl um die Litteratur seiner Nation, als um fremde Litteraturen, mir schon längst wohl bekannt seyn mußten, war mir um so angenehmer als ich daraus den Antheil ersah, welchen derselbe an meinen Productionen zu nehmen geneigt ist. Hermann und Dorothea auch durch Sie übersetzt zu sehen, kann mir nicht anders als schmeichelhaft seyn und Sie würden mir ein besonderes Vergnügen[211] machen wenn Sie mir Ihre Arbeit, entweder im Manuscript, oder sobald sie die Presse verlassen hat, zusenden wollen.

Die Verwandtschaft der englischen Sprache mit der deutschen begünstigt auch eine metrische Übersetzung, und wenn Sie an einigen Stellen von dem Original abgewichen sind, so werde ich wahrscheinlich die Ursachen billigen müssen welche Sie dazu bewogen haben. Sehr gern werde ich, sobald ich mit Ihrer Arbeit bekannt geworden, hierüber meine Gedanken eröffnen.

Wenn Sie mir das Paquet durch die Fahrende Post schicken wollen so wird dasselbe mir bald und sicher zukommen.

Der ich mich Ihrem fernern Andenken empfehle und recht wohl zu leben wünsche.


15/4376.


An Friedrich Schiller

Ich wünsche Glück zu Ihrer Zurückkunft nach Weimar und hoffe Sie bald wieder zu sehen, entweder daß Sie mich besuchen, oder daß ich mich auch wieder nach der Stadt verfüge.

Mein hiesiger Aufenthalt bekommt mir sehr gut, theils weil ich den ganzen Tag mich in freyer Luft bewege, theils weil ich durch die gemeinen Gegenstände des Lebens depotentiirt werde, wodurch eine[212] gewisse Bequemlichkeit und Gleichgültigkeit in meinen Zustand kommt, die ich lange nicht mehr kannte.

Was die Fragen betrifft die Ihr letzter Brief enthält, bin ich nicht allein Ihrer Meynung, sondern ich gehe noch weiter. Ich glaube daß alles was das Genie, als Genie, thut, unbewußt geschehe. Der Mensch von Genie kann auch verständig handeln, nach gepflogener Überlegung, aus Überzeugung; das geschieht aber alles nur so nebenher. Kein Werk des Genies kann durch Reflexion und ihre nächste Folgen verbessert, von seinen Fehlern befreyt werden; aber das Genie kann sich durch Reflexion und That nach und nach dergestalt hinaufheben, daß es endlich musterhafte Werke hervorbringt. Jemehr das Jahrhundert selbst Genie hat, desto mehr ist das Einzelne gefördert.

Was die großen Anforderungen betrifft die man jetzt an den Dichter macht, so glaube ich auch daß sie nicht leicht einen Dichter hervorbringen werden. Die Dichtkunst verlangt im Subject, das sie ausüben soll, eine gewisse gutmüthige, ins Reale verliebte Beschränktheit, hinter welcher das Absolute verborgen liegt. Die Forderungen von oben herein zerstören jenen unschuldigen productiven Zustand und setzen, für lauter Poesie, an die Stelle der Poesie, etwas das nun ein für allemal nicht Poesie ist. Wie wir in unsern Tagen leider gewahr werden, und so verhält es sich mit den verwandten Künsten, ja mit der Kunst im weitsten Sinne.

[213] Dieß ist mein Glaubensbekenntniß, welches übrigens keine weitere Ansprüche macht.

Von Ihrer neusten Arbeit hoffe ich sehr viel Gutes. Das Werk ist gut aufgefaßt und wenn Sie sich genug Muße geben, so wird es sich von selbst ründen. An Faust ist in der Zeit auch etwas geschehen. Ich hoffe daß bald in der großen Lücke nur der Disputationsactus fehlen soll, welcher denn freylich als ein eigenes Werk anzusehen ist und aus dem Stegreife nicht entstehen wird.

Die famose Preisfrage habe ich diese Zeit auch nicht aus der Acht gelassen. Ich habe, um eine empirische Unterlage zu meinen Betrachtungen zu gewinnen, angefangen mir ein Anschauen der Europäischen Nationen zu bilden. Nach der Linkischen Reise habe ich noch manches über Portugal gelesen und werde nun nach Spanien übergehen. Wie sehr sich alles ins Enge ziehe, wenn man solche Betrachtungen recht von innen heraus nimmt, werde ich täglich mehr überzeugt. Ritter besuchte mich einen Augenblick und hat meine Gedanken auch auf die Farbenlehre geleitet. Die neuen Entdeckungen Herschels, welche durch unsern jungen Naturforscher weiter fortgesetzt und ausgedehnt worden, schließen sich gar schön an jene Erfahrung an, von der ich Ihnen mehrmals gesagt habe: daß die bononischen Leuchtsteine an der gelbrothen Seite des Spectrums kein Licht empfangen, wohl aber an[214] der blaurothen. Die physischen Farben identificiren sich hierdurch mit den chemischen. Mein Fleiß, den ich in dieser Sache nicht gespart habe, setzt mich bey Beurtheilung der neuen Erfahrungen in die größte Avantage, wie ich denn auch gleich neue, die Sache weiter auszuführende Versuche ausgesonnen habe. Ich sehe vor mir, daß ich dieses Jahr wenigstens wieder ein paar Capitel der Farbenlehre schreiben werde. Ich wünsche Ihnen das neuste bald vorzutragen.

Möchten Sie mich wohl Donnerstags mit Professor Meyer besuchen? Bereden Sie es doch mit diesem, dem ich das Nähere geschrieben habe.

Leben Sie indeß recht wohl.

Oberrosla [3. oder 4. April.]

G.


15/4377.


An Christian Gottlob Voigt d. J.

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

bin ich für die Nachricht, daß sich Ihr Herr Vater besser befinde, von Herzen verbunden; der Ruf von dem gefährlichen Unfall, den er erlitten, hatte mich äußerst erschreckt. Kaum selbst dem Tod entronnen, sollte ich einen Freund verlieren, dessen Theilnahme und Mitwirkung mir unschätzbar sind. Wie angenehm ist mir daher die Botschaft seiner eintretenden Genesung.

Empfehlen Sie mich ihm, unter den besten Wünschen,[215] so wie Ihrer verehrten Frau Mutter, geben Sie mir gelegentlich weitere hoffentlich immer bessere Nachrichten und erhalten mir ein geneigtes Andenken.

Oberroßla am 5. April 1801.


15/4378.


An Friedrich Schiller

Auch ich freue mich recht sehr wieder in Ihrer Nähe zu seyn und besonders an diesem Tage anzukommen der eine solche Epoche macht.

Heute Abend um 7 Uhr finden Sie mich zu Hause. Will Niethammer zum Abendessen auch von den unsern seyn, so heiße ich ihn willkommen.

Viele Grüße an Ihre liebe Frau der ich noch einen Dank für ihren freundlichen Brief schuldig bin.

Viel Glück zur Vollendung Ihres Werkes.

Weimar am 15. Apr. 1801.

G.


15/4379.


An Friedrich Schiller

Nehmen Sie mit Danck das Stück wieder. Es ist so brav, gut und schön daß ich ihm nichts zu vergleichen weiß.

Lassen Sie uns gegen Abend zusammen spazieren und zusammen bleiben.

Morgen geh ich wieder aufs Land.

W. d. 20. Apr. 1801.

G.[216]


15/4380.


An Friedrich Maximilian Klinger

[Concept.]

Wenn Sie, verehrter alter Freund, nach so langer Zeit einige Zeilen von mir erhalten; so werden Sie den Überbringer, Herrn Hofrath Voigt, den Sohn eines würdigen Freundes und Collegen, einen verdienten jungen Mann, gefällig aufnehmen und geneigt seyn ihm bey seinem Aufenthalt in Petersburg nach Ihren Einsichten und Verhältnissen zu nutzen.

Mögen Sie von meinen gegenwärtigen Zuständen etwas erfahren; so wird er Ihnen davon die beste Nachricht geben können, so wie ich hoffe bey seiner Rückkehr von den Ihrigen unterrichtet zu werden.

Leben Sie recht wohl und erhalten mir ein freundliches Andenken.

Weimar am 23. Apr. 1801.


15/4381.


An Henriette von Wolfskeel

[Concept.]

Wie sehr wünschte ich daß Sie morgen Freytag den 24. den guten Gedanken ausführten und mich mit Freund oder Freundin zu Roß oder zu Wagen unter meinem alten Schieferdach besuchten. Sie sollten in einer Gesellschaft speisen die Sie wohl kaum beysammen gesehen haben und die wenn sie sich gleich[217] ein wenig zur Carricatur neigt doch wie ich hoffe nicht ins Abgeschmackte fallen soll.

Wie angenehm wird mirs seyn Sie gesund und vergnügt im freyen und halbgrünen zu sehen und mich völlig von dem Schrecken zu erholen der mich noch immer ergreift wenn ich mich des Augenblicks erinnere in welchem ich kaum genesen Sie fröhlich zu begrüßen hoffte und Sie selbst gefährlich krank antraf.

Die verschiedenen Wahrzeichen von Oberroßla, die schöne Quelle, die neue Parkanlage und die Gänschen die durchs Gitter fressen, werden Ihnen nicht geringe Unterhaltung gewähren. Leben Sie wohl und erfreuen mich durch Überbringern mit dem berühmten zweylettrigen Wort, das so erfreulich aus einem schönen Munde klingt und empfehlen Sie mich, wenn Sie Urlaub nehmen, unserer verehrten Fürstin zu Gnaden.

Oberroßla am 23. Apr. 1801.


15/4382.


An Franz Kirms

Ungern versäum' ich Herrn Gern als Sarastro; wenn mir's möglich ist komme ich zum »Tarare«. Ich bin nur eben mit meinen Guts-Angelegenheiten in einer Epoche, wo ich sorgen muß, wenn es mir künftig keine Sorge machen soll.

[218] Könnten Sie wohl uns für den erwarteten Prof. Gentz mit etwas Meublen aushelfen? – der Bau-Inspektor, der gegenwärtiges überbringt, wird die näheren Bedürfnisse anzeigen.

Leben Sie recht wohl und sagen mir doch ein Wort von der heutigen Aufführung der »Zauberflöte«.

Oberroßla am 25. April 1801.

G.


15/4383.


An Georg Christoph Steffany

Die Fischern hat gestern Abend schon wieder einiges aus dem Gute gebracht, wahrscheinlich um hiesige Gläubiger zu befriedigen. Da es nun heißt, morgen werde der Mann nebst Bremen hierher kommen, um das Übrige abzuholen; so frage ich durch gegenwärtiges an, ob der Vergleich völlig zu Stande gekommen? und der Mann die Einwilligung zur Enunciation seiner Frau gegeben? Auch wünschte ich zu wissen ob die Quittung über die Caution, welche ich unter dem 2. Juni 1798 ausgestellt, wieder in unsern Händen ist? welche denn wohl vor allen Dingen beyzuschaffen wäre. Auch lege ich die zurückgebliebenen Privatacten bey und wünschte, durch den zurückkehrenden Boten, Ihre und des Herrn Amts-Commissarii Meynung über die gegenwärtige Lage der Sache zu erfahren.

Oberroßla am 26. Apr. 1801.


Goethe.[219]


15/4384.


An Joseph Friedrich von Retzer

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

empfangen geneigt meinen verspäteten Dank für Ihren gütigen Brief und erlauben daß ich in der Angelegenheit eines jungen Mannes mich an dieselben wende. Ein P. M. liegt hier bey, es enthält seine Wünsche und übrigens die lautere Wahrheit. Er ist von guter Gestalt, sein Betragen ist anständig, seine Recitation richtig, seine Aussprache rein und ich würde ihn sehr gern bey hiesigem Theater anstellen, wenn nicht die in dem Promemoria angegebenen Familienumstände den Schritt gewissermaßen bedenklich machten. Könnte er deshalb bey dem Wiener Nationaltheater, durch Ihre Verwendung, aufgenommen werden, so würde man an demselben ein brauchbares Mitglied finden, um so mehr als er auch im Gesang etwas zu leisten verspricht.

Dürfte ich um baldige gefällige Entscheidung in dieser Angelegenheit, so wie um die Abgabe beyliegender Briefe gehorsamst bitten, wobey ich mich zu geneigtem Andenken bestens empfehle.

Weimar am 27. Apr. 1801.[220]


15/4385.


An Carl Anton Gruber von Grubenfels

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

an mich erlaßnes gewogenes Schreiben kam eben zur Zeit an, als ich, von einer gefährlichen Krankheit angegriffen, allem Antheil auf Geschäfte und Liebhaberey entsagen mußte. Nur später kann ich daher für das gefällige Anerbieten danken mir ein alphabetisches Verzeichniß der Wiener Künstler überschicken zu wollen; wobey ich denn freylich den Wunsch nicht bergen kann, das Jahr und den Ort der Geburt, die Schule in welcher sie gelernt, die Umstände ihrer fernern Ausbildung und das Genre dessen sie befleißigen bemerkt zu finden.

Von dem mir übersendeten Trauerspiel werde ich wohl kaum auf dem hiesigen Theater Gebrauch machen können, den Abdruck einer Stelle aber aus demselben, in einem oder dem andern Journal, werde nächstens besorgen. Der ich mich mit besonderer Hochachtung zu unterzeichnen die Ehre habe pp.

Weimar am 27. Apr. 1801.


15/4386.


An Marianne von Eybenberg

[Concept.]

Nach einer bösen Prüfung gehöre ich wieder zu den Lebendigen und hätte wohl gewünscht auch wieder[221] einmal ein Blättchen von Ihnen zu sehen. Nehmen Sie deßhalb diesen laconischen Gruß als ein Lebenszeichen eines beynahe verlornen Freundes günstig auf und lassen mir wissen wie Sie sich befinden und ob Sie noch geneigt sind in diesem Jahr unsere Gegend zu besuchen.

Leben Sie recht wohl und gedenken mein.

Weimar am 27. Apr. 1801.


15/4387.


An Friedrich Schiller

Indessen Sie allerley außerordentliche theatralische Ergetzlichkeiten genießen, muß ich auf dem Lande verweilen und mich mit allerley gerichtlichen und außergerichtlichen Händeln, Besuchen in der Nachbarschaft und sonstigen realistischen Späßen unterhalten. Kann ich es möglich machen so komme ich Sonnabends. Sagen Sie mir doch ein Wort wie es mit Nathan geht, und ob die tapfere Jungfrau sich weiters producirt hat. Von mir kann ich weiter nichts sagen als daß mir der hiesige Aufenthalt physisch nicht übel bekommt und daß ich wohl damit zufrieden seyn kann, da ich von meinem reconvalescirenden Zustand ohnehin keine Wunder erwarten darf. Leben Sie recht wohl und erfreuen mich bald mit einigen Zeilen.

Oberroßla am 27. April 1801.

G.[222]


15/4388.


An Friedrich Schiller

Ich habe diese Tage gerade das Gegentheil von Gesang und Tanzkunst erlebt, indem ich mit der rohen Natur und über das eckelhafteste Mein und Dein im Streite lag. Heute bin ich meinen alten Pachter erst los geworden und nun giebt es so manches zu besorgen und zu bedenken, da der neue erst Johannis anzieht. Ich glaube daher kaum daß ich Sonnabends kommen werde. Nehmen Sie sich doch einer Leseprobe vom Nathan einstweilen an, bis ich eintreffe, denn ohne Leitung würden sich die Leute gar nicht zu helfen wissen, es ist ein sehr undankbares Geschäft, doch kann man es nicht ganz los werden.

Einer Vorstellung Ihrer Jungfrau möchte ich nicht ganz entsagen. Sie hat zwar große Schwierigkeiten, doch haben wir schon große genug überwunden, aber freylich wird durch theatralische Erfahrungen Glauben, Liebe und Hoffnung nicht vermehrt. Daß Sie persönlich etwas besseres thun können als sich einer solchen Didaskalie zu unterziehen bin ich selbst überzeugt, es käme darauf an ob ich bey meiner jetzigen Halbthätigkeit dazu nicht am besten taugte. Doch davon wird sich reden lassen wenn wir wieder zusammen kommen.

Ich habe der Versuchung nicht widerstehen können mir einen Spaziergang hier anzulegen, da man vorher keinen Schritt im Trocknen thun konnte bey[223] feuchtem Wetter und keinen im Schatten bey Sonnenschein. Nun hat mich das etwas weiter geführt als billig, und ich muß hier bleiben bis die Anlage fertig ist, weil sie mir sonst zuletzt noch verpfuscht werden könnte. Leben Sie indessen wohl in einer bessern Welt und sinnen Sie auf neue Schöpfungen zu unserer Freude.

Oberroßla am 28. Apr. 1801.

G.


15/4389.


An Georg Christoph Steffany

Durch den rückkehrenden Expressen sende ich

1. den Gentzischen Brief zurück, was er in demselben wünscht werden Sie leicht besorgen können.

2. Folgen die mir neulich mitgetheilten Papiere, ich habe davon zu meinen Acten Abschrift genommen.

Die Cautionsquittung war schon gestern Abend in meinen Händen und heute ist die Fischern abgezogen, nachdem ihr der Actuarius alles in gehöriger Form überantwortet hatte, und so wären wir für dießmal diese Unannehmlichkeiten los.

3. Liegt ein Brief nach Wien bey, den ich auf die Post zu geben bitte, er wird mir notirt.

4. Ein Brief an Dem. Vulpius.

5. Ein Paquet an Herrn Hofkammerrath Kirms.

6. Ein Brief an Herrn Hofrath Schiller.

[224] Welches ich sämmtlich, nebst einem Compliment an Herrn Rabe, der nächstens von mir hören wird, gefällig zu besorgen bitte.

Oberroßla am 28. Apr. 1801.

G.[225]


15/4389a.


An den Herzog Carl August

[Concept.]

P.P.

Ew. p haben zu meiner unverlöschlichen Dankbarkeit mir so manche Gnadenbezeigung wiederfahren lassen, daß ich in der stärksten Überzeugung dieser huldvollen Gesinnungen es wagen darf, Höchstdero Menschenliebe in einem besonderen Falle ehrfurchtsvoll anzurufen. Ich habe einen natürlichen Sohn, August, dessen Wohlfarth ich auch in Ansehung seiner bürgerlichen Existenz auf die Zukunft gern sichern möchte. In dieser Betrachtung halte ich mich sogar verpflichtet, Ew. p hierdurch unterthänigst zu bitten, denselben propter natales mit einem Legitimations-Decret zu begnadigen. Höchstdieselben werden dadurch eines jungen Menschen Glück auf die Zukunft bestätigen, und die tiefste DankErkenntlichkeit von neuem beleben, in welcher ich mich ehrerbietigst unterschreibe

Weimar den April 1801.

Ew. pp[74]


15/4390.


An Johann Friedrich von Meyer

[Concept.]

[Anfang Mai]

Ew. Hochwohlgeb.

war ich noch Dank für das mir übersendete Gedicht schuldig, als ich erfuhr daß die Bemerkungen über die Hartmannische Zeichnung sich gleichfalls von Ihnen herschrieben. Eine schwere Krankheit unterbrach meine Geschäfte, die ich nur nach und nach wieder aufnehme und nun auch, da ich meine Gedanken zu den Propyläen wende, dringend aufgefordert werde meine doppelte Schuld zu bezahlen.

Die von Ew. Hochwohlgeb. eingesendeten, nach unserer Einsicht, völlig sachgemäßen Bemerkungen communicirte ich Herrn Hartmann, um denselben dadurch zu einer neuen Bearbeitung seiner Preisrechnung zu veranlassen. Er ließ sich auch in so weit willig finden daß er einen kleinen veränderten Entwurf einsandte und zugleich, in einem Briefe, seine Gedanken über die ihm mitgetheilten Bemerkungen äußerte. Beyde liegen zu Ihrer Einsicht hierbey.

[225] Die Absicht, welche wir bey diesem Versuche hegten, war jedoch nicht ganz gelungen. Wir gedachten nämlich Ihre Bemerkungen, den Hartmannischen Entwurf und seine Äußerungen in den Propyläen bekannt zu machen, auch unsere Meynung hinzu zu fügen, um, auf diesem Wege, vor den Augen des Publikums eine so gut entsprungene Arbeit, als die Preiszeichnung war, nachreisen zu lassen; allein sowohl der neue Versuch des Herrn Hartmanns, als auch besonders dessen schriftliche Äußerungen, schienen, wie Sie selbst beurtheilen werden, mehr auf eine Controvers als auf eine Vereinigung zu führen. Deshalb beschlossen wir die Sache auf sich beruhen zu lassen und mit dem ersten Einsender, wenn er uns bekannt geworden, hierüber zu communiciren und demselben für seine Theilnehmung zu danken. Welches denn auch gegenwärtig ob gleich leider sehr spät geschieht.

Wir haben indessen Herrn Hartmann persönlich kennen lernen und an ihm einen sehr talentvollen, denkenden Künstler gefunden, auch dabey aufs neue die Erfahrung gemacht, daß man sich bey differenten Meynungen in solchen Fächern besser mündlich als schriftlich verstehen und vereinigen kann.

Meinem Dank für die geschehene Mittheilung füge ich die Bitte hinzu: daß Ew. Hochwohlgeb. gefällig seyn möge, Bemerkungen und Desideria, an welchen es bey Durchlesung der sechs ersten Stücke der Propyläen nicht fehlen konnte, zu künftigem Gebrauche[226] gefällig mitzutheilen und sich der besondern Hochachtung versichert zu halten mit der ich mich unterzeichne.


15/4391.


An N.N.

[Concept.]

Ein reicher Privatmann hat Endesunterzeichnetem die Summe von 50 Karolin eingehändigt, als Preis der besten Auflösung einer, die verschiedenen Stufen der Cultur betreffenden Frage.

Es sollen nämlich die Phänomene menschlicher Ausbildung, so wie die dabey fördernden und hindernden Ursachen, auf allgemeine Ideen zurückgeführt werden.

Da schon so manches, in mancherley Sinn, über diesen Gegenstand geschrieben worden, so hätte man freylich jetzt die Frage zeitgemäß zu stellen, allein hier finden sich gleich zu Anfang große Schwierigkeiten, indem die Aufgabe unendlich ist und kaum in einiger Begränzung aussprechbar scheint. Damit aber doch etwas geschehe thue ich nachstehenden Vorschlag:

Man verlange eine gedrängte, lichtvolle Darstellung des Bestehenden im Menschen, worauf sich die Hauptphänomene der vorschreitenden, stillstehenden und zurückschreitenden Cultur beziehen lassen.

Je tiefer die Auflösung dieser Aufgabe aus der menschlichen Natur geschöpft wäre, desto willkommner[227] sollte sie seyn; allein man wünscht, um der Gemeinnützlichkeit willen, sie im Felde der rationellen Empirie behandelt zu sehen, so auch daß der Aufsatz gut geschrieben sey.

In wie fern ich eine dergleichen Auflösung für möglich halte gebe ich ein Beyspiel, das nur dazu dienen soll um den Freunden, deren Rath ich mir in dieser Sache erbitte, im Kurzen verständlicher zu seyn.

Man nehme die beyden Enden menschlicher Thätigkeit Genuß und Streben, mit den dazwischen liegenden Zuständen Gewohnheit und Resignation, als empirische Data für einmal an, man lege diesen Maßstab, oder einen ähnlichen, der sich durch strengere Ableitung mehr empfiehlt, an die Völkergeschichte der verschiedensten Länder und Zeiten, ja, an die Lebens und Tagesgeschichte eines einzelnen Menschen; so wird man finden wie manches durch eine solche Operation sich entwickeln, wie manches verschieden scheinende sich unter einerley Rubrik bringen läßt.

Sollte man nicht zur Erleichterung der Sache einen solchen Maßstab, dessen nähere Bestimmung ich meinen philosophischen Freunden überlasse, als Text aufstellen? und den Preis auf die beste Auslegung, Ausführung, Bearbeitung eines solchen Textes setzen. Wenigstens bestimmte man dadurch in dem ungeheuern Felde einen Punct, von dem man auszugehen hätte, und sowohl Stoff als Form wären den Concurrenten[228] gewissermaßen schon vorbereitet. Wobey man jedoch alle Freyheit sich selbst einen Text aufzugeben, und den Gegenstand von einer beliebigen Seite zu fassen, zugestehen müßte.

Dürfte ich mir hierüber ein gefälliges Gutachten erbitten.

Weimar am 1. Mai 1801.


15/4392.


An Johann Friedrich Cotta

Die Sammlung von Münzabgüssen in Schwefel, welche der Bürger Mionet in Paris besorgt, ist bekannt genug, der darüber ausgegebene Catalog beläuft sich auf 1473 Nummern, diese wünscht man sämmtlich zu besitzen. Die Schwierigkeit sie anzuschaffen besteht nur darinne, daß man sie nicht wohl anders als gegen baares Geld erhalten kann. Herr Cotta wird daher ersucht diesen Ankauf gefällig besorgen und den Transport auf die wohlfeilste Weise einleiten zu lassen.

Am Ende des Vorberichts heißt es in dem gedruckten Catalog: Le prix de cent empreintes, prises à Paris, est de 30 francs. On fera une remise à ceux qui prendront la collection complete. Nun sind zusammen 1473 Nummern. Ich zweifle daher gar nicht, daß man in Paris selbst argent comptant bey Mionet die ganze Sammlung für 420 Franken oder Livres[229] erhalten wird, wo die 73 Nummern als Remise gelten würden.

Weimar am 11. Mai 1801.

J. W. v. Goethe.[230]


15/4392a.


An Rabe?

Wollten Ew. Wohlgeb. wohl die Gefälligkeit haben und beyliegendes Buch an den Buchbinder Sachse gelangen lassen, mit dem Ersuchen es so geschmackvoll als möglich einzubinden.

Wir erwarten den Herrn Professor Genz jede Stunde, so bald er angekommen schicken wir eine Fuhre zum Transport der Camine und es wird alsdann von Ew. Wohlgeb. abhangen wenn Sie selbst zu uns herüber kommen, Sich berechnen und wegen weiterer Arbeiten Rücksprache nehmen wollen. Der ich recht wohl zu leben wünsche. W. den 11. May 1801.

Goethe.[75]


15/4393.


An Friedrich Schiller

Mögen Sie heute halb Zwölf zu mir kommen, die bewußten Versuche sehen und sodann eine Stunde mit mir spazieren fahren so wird es mir eine Freude seyn.

d. 12. May 1801.

G.


15/4394.


An Charlotte von Stein

Mit Vergnügen werde ich, diesen Nachmittag um vier Uhr, Ihnen und Frau v. Seckendorf aufwarten.

d. 12. May 1801.

Goethe.


15/4395.


An Georg Christoph Steffany

Hierbey folgt das reine Concept des neuen Pachtcontractes zugleich mit dem ersten Entwurfe, zu näherer Einsicht dessen was ich noch in demselben verändert und hinzugesetzt. Nun wünschte ich, daß die Angelegenheit dergestalt gefördert würde, daß ich zu Ende Mai, vor meiner Abreise, das mundum[230] unterschreiben könnte, indem die Übergabe zu Johannis in meiner Abwesenheit geschehen muß.

Weimar am 13. Mai 1801.

G.


15/4396.


An Carl Friedrich Zelter

Sie haben durch das Denkmal, das Sie Faschen errichtet, ein sehr verdienstliches Werk vollendet und auch mir dadurch viel Vergnügen gemacht.

Das Andenken an ein vergangenes Menschenleben zieht sich so sehr ins Enge zusammen, daß die Neigung erst wieder die Asche palingenesiren und den verklärten Phönix unserm Auge darstellen muß. Jeder Biedermann darf wünschen auf diese Weise von dem Freunde, dem Schüler, dem Kunstgenossen dereinst geschildert zu werden.

Wie übel nehmen sich gegen ein so liebevoll wieder auferwecktes Individuum jene Nekrologen aus, die, indem sie das was Gutes und Böses, durch das Leben eines bedeutenden Menschen, von der Menge gewähnt und geklatscht worden, gleich nach seinem Verscheiden, emsig gegen einander stellen, seine sogenannten Tugenden und Fehler mit heuchlerischer Gerechtigkeit aufstutzen und dadurch, weit schlimmer als der Tod, eine Personalität zerstören, die nur in der lebendigen Vereinigung solcher entgegengesetzten Eigenschaften gedacht werden kann.

[231] Die Entstehung der sechszehenstimmigen Messe und der daraus hervorwachsenden Singgesellschaft hat mich besonders ergötzt. Wie sehr habe ich dem guten Fasch gegönnt daß er so glücklich war eine solche Idee zuletzt noch realisirt zu sehen.

In einem frühern Briefe, auf den ich Ihnen leider die Antwort schuldig geblieben, fragen Sie an, ob nicht etwas das einer Oper ähnlich sieht sich unter meinen Papieren befinde?

Von einem zweyten Theil der Zauberflöte werden Sie die ersten Scenen in dem nächsten Wilmannischen Taschenbuche finden, zu einem ernsthaften Singstücke, die Danaiden, worin, nach Art der älteren griechischen Tragödie, der Chor als Hauptgegenstand erscheinen sollte, hatte ich vor einigen Jahren den Entwurf gemacht; aber keins von beyden Stücken werde ich wohl jemals ausführen. Man müßte mit dem Componisten zusammenleben und für ein bestimmtes Theater arbeiten, sonst kann nicht leicht aus einer solchen Unternehmung etwas werden.

Senden Sie mir doch von Zeit zu Zeit etwas von Ihren Compositionen, die mir viel Vergnügen machen. Übrigens lebe ich in keiner musikalischen Sphäre, wir reproduciren das ganze Jahr bald diese bald jene Musik, aber wo keine Production ist kann eine Kunst nicht lebendig empfunden werden.

Leben Sie recht wohl und gedenken mein.

Weimar am 29. Mai 1801.

Goethe.[232]


15/4397.


An Thomas (?) Holcroft

[Concept.]

Indem ich die mir mitgetheilte Übersetzung von Hermann und Dorothea mit Danck zurücksende erlauben Sie mir, wertgeschätzter Herr, einige Betrachtungen.

Man kann wie es mir scheint, nach zweyerley Maximen übersetzen, einmal wenn man seiner Nation den reinen Begriff eines fremden Autors überliefern, fremde Zustände derselben anschaulich machen will, wobey man sich denn genau an das Original bindet; man kann aber auch ein solches fremdes Werk als eine Art Stoff behandeln, indem man es, nach eignen Empfindungen und Überzeugungen, dergestalt verändert, daß es unserer Nation näher gebracht und von ihr gleichsam als ein Originalwerk aufgenommen werden könne.

In dem letzten Falle scheinen Sie sich zu befinden. Sie haben zwar im Ganzen den Gang meines Gedichtes beybehalten, aber durchaus, so viel ich beurtheilen kann, die Dramatisch charakteristischen, läßlichen Äußerungen meiner Personen strenger, auffallender, didacktischer überliefert, und die gemächliche Epische Bewegung in einen ernsteren gemeßnern Schritt verwandelt.

Nach meiner wenigen Einsicht in die englische Litteratur darf ich schließen daß Sie hierbey den[233] Charakter Ihrer Nation vor Augen gehabt, und es ist mir um so angenehmer eine völlige Aufklärung hierüber in der Vorrede und den Noten, welche Sie Ihrer Arbeit beyzufügen gedenken, nächstens zu erhalten.

Übrigens kann ich die meisten Abweichungen vom Original aus meinem gefaßten Standpuncte ziemlich beurtheilen, nur vermag ich nicht einzusehen warum Sie die Stelle, vom 126. Vers Ihrer Übersetzung an, bis zum 142., auf den ehemaligen Brand des Städtchens gedeutet, da, im Original, dieser längst vergangenen Begebenheit nur im Vorbeygehen erwähnt und eigentlich die Beschreibung des Zuges der Ausgewanderten durch diese Stelle fortgesetzt wird. Doch erhalte ich wohl auch hierüber einige Belehrung und ergreife vielleicht irgend eine Gelegenheit über die vier, nunmehr vor mir liegenden, Übersetzungen meines Gedichtes öffentlich meine Gedanken zu sagen.

Der ich recht wohl zu leben wünsche und mich zu geneigtem Andenken empfehle.

Jena am 29. Mai 1801.


15/4398.


An Heinrich Steffens

[Concept.]

Jedes Zutrauen das Sie mir unter vier Augen bewiesen hätten würde mich erfreut haben, um so mehr dasjenige womit Sie mich öffentlich beehren, ich danke Ihnen aufs beste, daß Sie mich dadurch[234] als Ihren Mitarbeiter anerkennen. Ich werde Ihr Werk fleißig lesen und wenn Zeit und Umstände es erlauben einige Bemerkungen dazu aufsetzen.

Daß uns die Betrachtung der Natur zum Denken auffordert, daß uns ihre Fülle mancherley Methoden abnöthigt, um sie nur einigermaßen handhaben zu können, darüber ist man überhaupt wohl einig; daß aber beym Anschauen der Natur Ideen geweckt werden, denen wir eine gleiche Gewißheit als ihr selbst, ja eine größere zuschreiben, von denen wir uns dürfen leiten lassen, sowohl wenn wir suchen, als wenn wir das Gefundne ordnen, darüber scheint man nur in einem kleinern Zirkel sich zu verstehen.

Zur Zeit da ich den für mich einzig möglichen Weg die Natur zu studiren einschlug fand ich mich in der weiten Welt ganz allein, um desto angenehmer muß ich mich nun in spätern Jahren belohnt fühlen, wenn ich an jüngern Männern Gesellschaft finde, die sich in eben diesen Gegenden mit lebhaften Schritten bewegen und zu deren Übereinstimmung mit mir ich ein desto reineres Zutrauen haben darf, als sie aus ganz fremden Regionen, mit unerwarteten Schätzen bereichert, herankommen und mit mir ohne Verabredung zusammentreffen.

Lassen Sie mich von Zeit zu Zeit Nachricht haben von Ihren Fortschritten und bleiben Sie meines lebhaften aufrichtigen Antheils gewiß.

Jena am 29. Mai 1801.[235]


15/4399.


An Carl Ludwig von Knebel

Ehe ich nach Pyrmont abgehe, wohin mich die Ärzte treiben, mache ich dir noch ein Paquet Bücher von dem verschiedensten Inhalte zusammen. Vielleicht hast du einiges davon noch nicht gesehen und erfreuest dich daran.

Mit meiner Gesundheit geht es ganz leidlich und ich habe die Zeit bisher so gut als möglich genutzt, in mancherley Dingen geht es jetzt sehr rasch, besonders im Ausbilden der Ideen die auf die Natur Bezug haben, nur Schade daß wir einander nicht etwas näher sind, daß ich kein expediter Correspondent und kein mobiler Reiter bin, sonst sollte man sich regelmäßiger mittheilen, welches besonders, da du, wie ich höre, deine Arbeit am Lucrez getreulich fortsetzest, manches Gute hervorbringen müßte.

Lebe indessen recht wohl, wenn ich zurückkomme hörest du wieder von mir.

Weimar d. 2. Juni 1801.

G.


15/4400.


An Johann Christian Stark

Ew. Wohlgeb.

haben die Gefälligkeit beyliegendes Gedicht Ihrer Dem. Tochter in meinem Namen zuzustellen. Möge sie,[236] wenn es ihr einiges Vergnügen macht, sich dabey manchmal des Verfassers erinnern der ihrem Vater so viel Dank schuldig bleibt.

Weimar am 3. Juni 1801.

Goethe.


15/4401.


An Christiane Vulpius

[Göttingen, 6. Juni.]

Da wir glücklich angekommen sind wollte ich mit August, weil es noch heller Tag war um die Stadt gehen. Die Promenade hat uns viel Vergnügen gemacht. Geist hat indeß unsre Reise beschrieben und ich habe nichts hinzuzusetzen als daß das Kind sehr gut und artig ist und daß wir oft vom Mutterchen sprechen und uns freuen dich wieder zu sehen. Lebe wohl, die Reise bis hierher ist mir sehr wohl bekommen. Lebe recht wohl.

G.


15/4402.


An Friedrich Schiller

Ehe ich von Göttingen scheide muß ich Ihnen doch ein Lebenszeichen geben. Es ist mir bisher sehr wohl gegangen, ich habe die merkwürdigsten Anstalten gesehen und den größten Theil der Professoren kennen lernen, man begegnet mir mit viel Neigung und gutem[237] Willen und ich gestehe, daß ich mich lange nicht so wohl und heiter befunden habe.

Die Anstalten sind höchst respectabel, doch werden Sie darüber, so wie über die Menschen erst mündlich von mir hören. Leider scheinen meine Acten auf dieser Reise nicht so anzuschwellen, wie auf der letzten nach der Schweiz. Damals war ich freylich im Falle meine Kräfte an der Welt zu versuchen, jetzt will ich zufrieden seyn wenn ich sie an ihr wieder herstelle. Kann ich indessen nur zum Anschauen der Totalität des Göttingischen Zustands gelangen, so wird mir diese Reise von außerordentlichem Nutzen seyn. Schon jetzt fühl ich, wie sich mein Geist bey Betrachtung dieser Zustände aufheitert.

Mein Reisegefährte August, welcher Carln schönstens grüßen läßt, ist auch Schuld an meinem mindern Fleiß, indem er mich zerstreut und manche Betrachtung ableitet, doch ist er sehr glücklich, er gewinnt in manchem Sinne und auch mein Verhältniß gegen die Menschen wird durch ihn gelinder und heiterer, als es vielleicht außerdem hätte seyn können. Leben Sie recht wohl, grüßen Sie Ihre liebe Frau und erfreuen Sie mich, wenn ich wieder komme, mit Früchten Ihres Fleißes.

Göttingen am 11. Juni 1801.

G.[238]


15/4403.


An Theodor Kestner

26. Juni 1801.

Schreiben Sie, werther Herr Doctor, Ihrer verehrten Frau Mutter: daß ich leider für dieses Jahr die Hoffnung aufgeben muß sie zu sehen. Der Rückweg über Hannover würde mich zu mancherley Excursionen in die Nachbarschaft verführen, welche ich gegenwärtig vermeiden muß.

Sollte ich hingegen, wie es meine Absicht ist, übers Jahr wieder hierher kommen, so wird mein Plan eigends darauf gerichtet seyn Ihre Frau Mutter, nach so langer Zeit, wiederzusehen. Empfehlen Sie mich ihr bestens zu freundschaftlichem Andenken und leben recht wohl.

Pyrmont am 26. Juni 1801.

Goethe.


15/4404.


An Christiane Vulpius

Da eine Depesche an Herrn Hofkammerrath Kirms, in theatralischen Angelegenheiten, abgeht, so will ich auch ein Blättchen für dich beylegen.

Die Kur wird mir hoffentlich gut bekommen, ob sie mir gleich beym Gebrauch unbequem ist, indem sie mir den Kopf einnimmt und mich nicht das mindeste arbeiten läßt.

[239] August ist sehr glücklich. Das lange schlafen, spazieren gehen, ein wenig Wasser trinken, Kirschen und Erdbeeren essen, baden u.s.w. bekommt ihm fürtrefflich.

Gestern waren wir auf einem Hügel 5/4 Stunden von hier, wo Versteinerungen und Krystallisationen angetroffen werden, deren Suchen und Auffinden das größte Fest war.

Das Wetter ist seit ohngefähr 8 Tagen sehr schön und der Aufenthalt deswegen recht angenehm, da sehr viele und schattenreiche Alleen sich ganz nahe hier mitten in dem Ort befinden.

Wegen der Leinwand habe ich meine Gedanken geändert, da in den letzten Tagen sehr schöne gedruckte Mouseline und Batiste angekommen sind, unter welchen ich dir wohl ein Kleid aussuchen werde. Man hat mir gerathen noch damit zu warten, weil noch einige Kaufleute fehlen, die noch vielleicht etwas neueres und geschmackvolleres mitbringen. Übrigens denken wir sehr oft an dich, und August trinkt täglich deine Gesundheit.

Unsere Lebensart ist sehr einfach. Früh um 6 Uhr wird aufgestanden, bis 8 Uhr Brunnen getrunken, um 9 Uhr gefrühstückt, bis 11 Uhr herumgeschlichen und diskurirt, dann über den andern Tag bis gegen 12 Uhr gebadet, um 1 Uhr zu Hause gegessen, ein Paar Stunden nach Tische zugebracht wie es gehen will, und des Abends in der Gegend bald da bald dorthin spazieren gegangen.

[240] Die Lage um Pyrmont ist sehr angenehm und in der Nähe giebt es allerley Merkwürdigkeiten, Mineralien, Ruinen und was dergl. seyn mag.

Morgen bin ich nun schon 14 Tage hier und du sollst von Zeit zu Zeit hören wie es mir geht und was ich vorhabe, damit du dich darnach einrichten kannst. Lebe wohl und gedenke unser.

Pyrmont am 26. Juni 1801.

G.


15/4405.


An Christiane Vulpius

Mein Brief aus Göttingen ist, wie ich von Professor Meyer höre, erst spät angekommen, du wirst indessen einen andern von Pyrmont erhalten haben und ich sage dir durch einen zurückgehenden Boten der mir die Ankunft Durchl. des Herzogs in Pyrmont meldete, nur einige freundliche Worte. Es geht mir und dem Kinde noch immer recht gut, nur bleibe ich bey der Kur zu aller Art von Arbeit untüchtig, welches mir denn doch ein wenig lästig ist.

Durchl. des Herzogs Ankunft wird denn freylich meine Plane einigermaßen verrücken, ich hoffe aber doch daß das Vergnügen das wir uns wegen Cassel ausgedacht, noch Statt finden soll.

Ich freue mich zu hören daß du dich die Zeit über auf verschiedene Weise amüsirt hast. Es wäre hier auch ganz artig, wenn nur nicht wie gesagt der[241] Brunnen einen so gewaltig angriffe. Du hörst bald wieder von mir.

Grüße Herrn Prof. Meyer und gratulire ihm zu der Acquisition des schönen Siegels.

August grüßt, betrübt sich aber daß er nicht ein Paar Zeilen von dir erhalten hat. Er ist sehr vergnügt, führt sich aber auch recht gut auf.

Lebe wohl und gedenke unserer.

Pyrmont am 30. Juni 1801.

G.


15/4406.


An Christian Gottlob Voigt

Ob ich gleich das Detail des Moments nicht weiß, so überzeugt mich doch meine Einsicht in das Ganze daß Sie sich gegenwärtig kaum von Hause entfernen können. Demohngeachtet wünsche ich daß es möglich gewesen wäre Sie hier zu sehen, indem der Ort und die nächste Gegend, durch Natur und Kunst, manches merkwürdige und angenehme hat. Die Gesellschaft ist unterhaltend und mitunter bedeutend, und die Erinnerung an alte merkwürdige Vorfälle, die sich denn doch wohl mögen in der Nachbarschaft ereignet haben, erregt ein ganz eignes Interesse.

Wenn ich Sie auch künftig davon unterhalten kann, so hätte ich es doch lieber im Angesicht der Gegenstände gethan, worauf ich nun Verzicht leisten muß.

[242] In Göttingen haben sich jung und alt sehr artig gegen mich betragen. Es war mir unendlich viel werth ein so wichtiges Institut in der Nähe zu sehen und hoffe bey meiner Rückkehr noch einiges nachzuholen.

Leben Sie recht wohl, empfehlen mich den werthen Ihrigen und erhalten mir ein freundschaftliches Andenken.

Pyrmont am 30. Juni 1801.

G.


15/4407.


An Friedrich Schiller

Zu der Entschließung die Sie gefaßt haben wünsche ich von Herzen Glück, es ist recht schön daß Sie sich nach Norden bewegen, indeß ich im nordwestlichen Deutschland mich umsehe, wir werden alsdann manches einander mittheilen und die Zustände vergleichen können.

Da mich die Kur zu aller Arbeit untüchtig gemacht hat, so habe ich hier wenig Zufriedenheit genossen; doch darf ich manches guten und interessanten Gesprächs nicht vergessen. Der Prediger Schütz aus Bückeburg, Bruder der Frau Griesbach, ist ein sehr unterrichteter und angenehmer Mann, besonders merkwürdig ist es wenn man im Stillen eine Vergleichung zwischen ihm und seinen Geschwistern anstellt. Von andern persönlichen Erscheinungen mündlich.

[243] Wenn ich von einem Resultate reden soll das sich in mir zu bilden scheint, so sieht es aus als wenn ich Lust fühlte immer mehr für mich zu theoretisiren und immer weniger für andere. Die Menschen scherzen und bangen sich an den Lebensräthseln herum, wenige kümmern sich um die auflösenden Worte. Da sie nun sämmtlich sehr recht daran thun; so muß man sie nicht irre machen.

Was auch diese Expedition und Kur auf Geist und Leib für eine Wirkung haben mag, so fühle ich doch daß ich alle Ursache habe mich zu beschränken und nur das nächste und nothwendigste vorzunehmen. Es wird mir also ganz angenehm seyn irgend ein Engagement los zu werden; in ein neues hingegen möchte ich mich nicht gern einlassen; doch das wird sich alles zeigen, wenn wir wieder zusammenkommen und sowohl unser erworbenes als unsere Kräfte berechnen.

Auf Hero und Leander bin ich recht neugierig, ich wünschte Sie hätten mir es mitgeschickt. Was Ihr Schauspiel betrifft, so weiß ich nicht ob Sie von den Malthesern oder von dem untergeschobenen Prinzen sprechen und ich werde also auf doppelte Weise überrascht seyn wenn Sie auch hierinne vorwärts rücken.

Die Totalität des Pyrmonter Zustandes habe ich so ziemlich vor mir. Auf meiner Rückreise hoffe ich auch zu completiren was mir noch an Göttingen fehlt. Cassel werde ich mehr im allgemeinen und[244] nur von der Kunstseite zu fassen suchen, weil die Zeit zu einem weitern nicht hinreicht.

Meine Acten sind übrigens sehr mager geblieben, die Badelisten und Komödienzettel machen den größten Theil davon aus.

Bey dem hiesigen Theater sind mehrere Subjecte die ein recht gutes äußerliches haben und perfectibel scheinen. Die Gesellschaft ist im Ganzen eher gut als schlecht, doch bringt sie eigentlich nichts erfreuliches hervor, weil der Naturalismus, die Pfuscherey, die falsche Richtung der Individualitäten, entweder zum Trocknen oder zum Manierirten, und wie das Unheil alle heißen mag, hier so wie überall webt und wirkt und das Zusammenbrennen des Ganzen verhindert.

Mich verlangt sehr auf die Schilderung die Sie uns vom Berliner Theater machen werden.

Der Herzog wird morgen oder übermorgen erwartet, wenn er sich eingerichtet hat denke ich nach Göttingen zurück zu gehen. Blumenbachs Schädelsammlung hat manche alte Idee wieder aufgeregt und ich hoffe ein oder das andere Resultat sollen bey näherer Betrachtung nicht fehlen. Professor Hoffmann wird mich mit den kryptogamischen Gewächsen näher bekannt machen und dadurch eine starke Lücke in meinen botanischen Kenntnissen ausfüllen. Was ich für meine Farbenlehre auf der Bibliothek zu suchen habe, ist auch schon notirt und wird nun desto schneller[245] zu finden seyn. Ich leugne nicht daß ich wohl ein Vierteljahr in Göttingen zubringen möchte, indem daselbst gar vieles beysammen zu haben ist.


Der Herzog ist nun angekommen und ist im Falle aller Ankommenden: er hofft und amüsirt sich, ich hingegen, als ein Abgehender, finde sehr mäßigen Gewinn und die Weile will alle Tage länger werden. Ich sehe daher mit Sehnsucht meiner Erlösung entgegen, die sich wahrscheinlich Mittwochs den 15. ereignen wird. Von Göttingen schreibe ich noch einmal, wenn ich einigermaßen etwas zu sagen habe.

Leben Sie recht wohl und reisen Sie glücklich. Grüßen Sie die Ihrigen und gedenken mein.

Pyrmont den 12. Juli 1801.

G.


15/4408.


An Christiane Vulpius

Ehe ich von Pyrmont gehe, will ich dir noch ein Paar Worte selbst schreiben, ich habe mich leidlich befunden und hoffe noch gute Folgen von der Cur. Das Beste dabey war die Bewegung und Zerstreuung. Ich habe viele Menschen gesehen, mit vielen gesprochen und kann auf mehr als Eine Weise zufrieden seyn. Nur war das Wetter gar zu schlimm und ist gegenwärtig am aller ärgsten. August hat sich gar artig[246] betragen und hat mir viel Freude gemacht, du wirst dich über ihn verwundern wenn du ihn wiedersiehst.

Die Ausgaben waren mäßig, ich habe mich aber auch durchaus eingeschränckt. Einiges habe ich dir eingekauft. Einiges sollst du dir in Cassel selbst kaufen, wo alles sogut wie hier zu haben ist.

Mittwoch d. 15ten gehe ich nach Göttingen, wo ich noch einige Zeit bleibe und du sollst auf alle Fälle zur rechten Zeit hören wann du mich in Cassel triffst. Ich schreibe dir alles umständlich. Sage nur dem Herrn Professor: daß er sich vorläufig einrichtet um mit dir kommen zu können. Wir freuen uns beyde recht herzlich darauf dich wieder zu sehen. Gustel wünscht nur daß wir in Cassel besser Wetter haben als hier.

Lebe recht wohl, beschäftige dich mit deinen Gärten, wo ich mit dir vergnügt bald herum zu wandlen hoffe.

Pyrmont d. 12. Juli 1801.

G.

Ich will noch ein Paar Worte hinzufügen und dir sagen daß wir beyde dich herzlich lieb haben und oft deine Gesundheit trincken. Ich wünsche nichts mehr als wieder bey dir zu seyn, wir wollen den Rest des Sommers vergnügt zusammen zu bringen. Auf Cassel freue ich mich besonders.

Von Augelchen war wohl manches artige hier, es will aber mit mir nicht recht mehr in den Zug kommen.

[247] Der Herzog ist munter und lustig, dagegen war ich die letzte Zeit recht mißmuthig. Das Wetter zerstörte alles, Cur und Spazierengehen und Geselligkeit, heute stürmts und regnets. Ich habe einheizen lassen.

Mit Freuden werde ich Koppenfelsens Scheungiebel wieder sehen und dich an mein Herz drücken und dir sagen daß ich dich immer fort und immer mehr liebe.

G.


15/4409.


An Christiane Vulpius

Nun bin ich acht Tage hier und befinde mich ganz leidlich. Obgleich Pyrmont mich nicht gänzlich von meinen Übeln befreyt hat; so muß ich doch hoffen daß (wie die Ärzte sagen) die beste Wirckung nachkommt. Ich will mich hier noch einige Zeit in Ruhe halten und im Stillen fleißig seyn, wozu ich auf der Bibliotheck die beste Gelegenheit habe. Indessen, da die Briefe von hier aus manchmal so langsam gehen, will ich dir voraus meinen Plan sagen: Ich wünsche daß du Sonnabend d. 15ten August in Cassel eintreffest, ich werde an demselbigen Tage auch anlangen. Du kehrst im Posthause am Königsplatz, bey Mad. Goullon ein, wer zu erst kommt macht Quartier, so daß wir zwey Zimmer haben, eins für dich und Gustel, eins für mich und den Professor. Mache diesem mein[248] schönstes Kompliment und sage ihm daß er ja sich losmachen und mit dir kommen soll. Indessen sagt niemanden daß ich so lange ausbleibe. Bringe einiges Geld mit, etwa 100 rh. und laß dir von unserm Nachbar Goullon ein Briefchen mitgeben, das du aber erst in den letzten Tagen zu fordern brauchst.

Ich freue mich herzlich dich wieder zu sehen und mit dir in Cassel, unter soviel neuen und schönen Sachen, einige Tage zuzubringen. Ein recht zierliches Unterröckgen und einen großen Schaal, nach der neusten Mode, bring ich dir mit. In Cassel kannst du dir ein Hütchen kaufen und ein Kleid, sie haben die neusten Waaren dort sogut als irgendwo.

August ist gar lieb und gut und macht mit allen Menschen Freundschaft, du wirst dich recht freuen wie er zugenommen hat, wenn du ihn wieder siehst. Lebe wohl, behalte mich lieb und sey überzeugt daß meine Liebe gegen dich unveränderlich ist. Schreibe mir gleich wenn du diesen Brief erhältst, damit ich doch auch weiß wie dirs geht und setze auf die Adresse Bey Herrn Instrumentmacher Krämer, an der Allee.

Göttingen d. 21. Jul. 1801.

G.


15/4410.


An Christiane Vulpius

Da unsere Briefe nun wieder auf einer besseren Poststraße einen geschwindern Weg nehmen; so werde[249] ich dir noch einigemal schreiben, um die Zeit zu verkürzen die wir noch von einander getrennt zubringen. Ich bin hier thätig und fleißig und befinde mich viel besser als im Anfange da ich hierher kam.

August ist sehr glücklich, doch hält es sehr schwer ihn auch nur kurze Zeit an den Schreibtisch zu bringen. Indessen lege ich hier einen Brief an dich und an den Legations Rath Schmidt bey.

Wir haben hier Gewitter und Regengüsse und ich höre aus Briefen von Loders, die hierher geschrieben sind, daß es bey euch auch nicht anders ist.

Ich habe ein artig Quartier, an einer Art von Esplanade und nahe am Walle, auf dem ich alle Tage spazieren gehe. August hat seine Glückseligkeit an Versteinerungen, die er auf einem nahe gelegenen Berge aufsucht. Auch hat er angefangen Schach zu lernen und es geht schon ganz artig damit.

Lebe recht wohl! ich freue mich recht sehr dir in Cassel wieder zu begegnen, ich wünsche uns daselbst nur recht schönes Wetter. Alles bleibt bey der Abrede.

Göttingen am 31. Jul. 1801.

G.


15/4411.


An Johann Heinrich Meyer

Für die Nachricht von Ihren Zuständen danke ich zum schönsten. Von mir kann ich wenigstens gegenwärtig sagen daß es mir recht leidlich geht. Es sey[250] nun daß die Bibliothek und das akademische Wesen, indem sie mich wieder in eine zweckmäßige Thätigkeit, nach meiner Art, versetzten, mir zur besten Kur gediehen, oder daß wie die Ärzte sagen die Wirkung des Brunnens erst eine Zeit lang hinterdrein kommt; denn ich kann wohl sagen daß ich mich in meinem Leben nicht leicht mißmuthiger gefühlt habe als die letzte Zeit in Pyrmont.

Zur Geschichte der Farbenlehre habe ich auf der Bibliothek recht viel und glücklich zusammengearbeitet. Wenn man eine Zeit lang hier bliebe, so würde die historische Behandlung der Wissenschaften für uns, wie für so viel andere, reizend werden. Wenn man nach allen Seiten hin so bequem erfahren kann was geschehen ist, vergißt man fast darüber was geschehen sollte.

Nun eine Bitte: Hofrath Heyne hat den Flaxmann noch nicht gesehen und ist äußerst neugierig darauf. Haben Sie doch die Güte die Wolfischen Exemplare, wohl eingepackt, mit dem Postwagen, direct, an ihn zu senden und so weit zu frankiren als möglich. Ich möchte ihm gern die Artigkeit erzeigen, da man von Seiten der hiesigen Bibliothek äußerst gefällig ist und mir auch nach Weimar künftig alles was ich verlange zu senden versprochen hat.

Daß Schiller nach Dresden und nicht an die Ostsee geht ist mir herzlich lieb, grüßen Sie ihn, wenn er noch da ist, zum schönsten. Wir andern[251] sollten uns niemals so weit in die Welt verlieren, daß wir nicht wenigstens mit Einem Fuß in der Region der Kunst oder Wissenschaft fest stünden, und ich müßte mich sehr irren, dort hinten ist in diesen Fächern wenig zu holen.

Leben Sie recht wohl und kommen Sie ja nach Cassel. Es wird für uns beyde sehr erquicklich und ersprießlich seyn.

Empfehlen Sie mich in Tiefurt zu Gnaden und sagen Herrn Gentz meine schönsten Grüße.

Göttingen am 31. Jul. 1801.

G.


15/4412.


An August Wilhelm Schlegel

Viel Dank für Ihre freundliche Zuschrift und die Versicherung meiner Freude über Ihre glückliche Zurückkunft. Auch ich werde bald wieder in Ihrer Nähe seyn und hoffe auf manche angenehme und lehrreiche Unterhaltung.

Daß Mad. Unzelmann sich entschließt zu uns zu kommen ist mir höchst angenehm, haben Sie die Güte ihr das, mit meinem schönsten Gruße, eiligst zu vermelden. Ich werde zwar mit der nächsten directen Post auch an sie schreiben, diese geht aber erst übermorgen Nachmittag ab und es kommt darauf an, welcher von unsern Briefen sie zuerst erreicht. Leben Sie recht wohl und besuchen Sie mich ja, sobald ich[252] nach Weimar komme. Nach dem verlangten Buche will ich mich sogleich erkundigen.

Cassel am 18. August 1801.


15/4413.


An Johann Georg Lenz

In der Hoffnung daß Sie sich werthester Herr Professor recht wohl befinden und Ihre Geschäfte mit hergebrachtem Eifer treiben, ersuche ich Sie hiermit um einige Gefälligkeiten.

Schellenberg zu Winterthur hat Anfangsgründe der Insectenlehre mit Kupfern herausgegeben welche sich in der Büttnerischen Bibliothek befinden und die ich mir auf einige Zeit erbitte.

Auch wünschte ich gegen beyliegenden Schein ein Buch von der Universitätsbibliothek zu erhalten.

In Pyrmont habe ich einen gar wackern Jungen Mann kennen lernen, den dortigen Apotheker Friedrich Crüger, für den ich mir wohl ein Diplom als Mitglied der Mineralogischen Gesellschaft erbitten wollte.

Der ich bis auf Wiedersehn recht wohl zu leben wünsche. Weimar am 16. Sept. 1801.

J. W. v. Goethe.[253]


15/4414.


An Justus Christian Loder

[Concept.]

Da ich vernehme daß Ew. Wohlgeb. in kurzem nach Göttingen reisen, so ersuche ich Sie bey dieser Gelegenheit mich Ihren verehrten Schwiegereltern ins Andenken zu bringen und denselben für die mir erzeigte Freundschaft meinen aufrichtigen Dank zu wiederholen.

Es ist mir in Göttingen so wohl gegangen, ich habe so manches erfreuliche und nützliche von den öffentlichen Anstalten und von einzelnen Personen genossen, daß ich wünschte Ew. Wohlgeb. würden ein Zeuge meiner Erkenntlichkeit und empföhlen mich allen denen zu geneigtem Andenken die ihre gütigen Gesinnungen auch gegen den Abwesenden fortsetzen.

Der ich eine glückliche Reise wünsche und Sie bald wieder zu sehen hoffe.

Weimar am 17. Sept. 1801.


15/4415.


An Friedrich Justin Bertuch

Ew. Wohlgeb.

habe schon zweymal gesehen, seitdem Sie mir das angenehme Geschenk der naturhistorischen Hefte gemacht, ohne Ihnen dafür zu danken; damit es mir[254] nun nicht zum drittenmale geschehe, so versichere ich hier lieber, schriftlich und kürzlich, daß ich an der von Ihnen unternommenen Arbeit recht vielen Antheil nehme, und wünsche daß es Ihnen gelingen möge, sie zu vollenden, welcher Wunsch einen andern, den einer langen und gesunden Lebensdauer enthält. Mich zugleich einem freundlichen Andenken empfehlend.

Weimar am 23. Sept. 1801.

Goethe.


15/4416.


An Ludwig Rullmann

[Concept.]

Die Ängstlichkeit mit der Sie, werther Herr Rullmann, mir eine Zeichnung, auf Veranlassung der Propyläen, überschicken, bewegt mich Ihnen sogleich die Ankunft derselben sowohl als des ankündigenden Briefes, mit dem darin enthaltenen Gelde, zu melden und zu versichern: daß sie unter die vorzüglichen gehört welche eingesendet worden. Eine gewissenhafte, parteylose Würdigung derselben wird erfolgen.

Mögen Sie mir indessen gelegentlich ein Ölgemählde von Ihrer Hand übersenden; so würde ich dadurch noch näher mit einem Künstler bekannt werden, dessen Talent ich, aus seiner ersten Arbeit, recht gut zu schätzen weiß.

Weimar am 23. Sept. 1801.[255]


15/4417.


An Joseph Hoffmann

[Concept.]

Ihre Zeichnungen, werthester Herr Hoffmann, sind glücklich angekommen und wir freuen uns das vorjährige Verdienst darin gesteigert zu sehen. Noch sind sie ausgestellt und Sie werden darüber bald weiter von uns hören.

Gegenwärtigen Brief veranlaßt eine andere Angelegenheit.

Es liegt ein Maß hierbey, zu einem Gemählde, das in die Decke eines Zimmers im neuen Schlosse bestimmt ist. Man wünscht darauf Diana unter ihren Nymphen vorgestellt zu sehen. Die Länge des Bildes giebt Anlaß die verschiedensten Motive zu entwickeln.

Obgleich das Bild in eine Decke zu stehen kommt, so wünscht man doch keine Verkürzungen, sondern das Ganze so behandelt daß es allenfalls auch an der Wand hangen könnte.

Möchten Sie mir nun einen Entwurf Ihrer Gedanken, in beliebiger Größe, zuschicken und mir zugleich den Preis melden, um welchen Sie es verfertigen würden, auch die Zeit welche Sie glauben dazu nöthig zu haben.

Die Zimmer sind... hoch und es ist überhaupt von keinem äußerst ausgeführten, sondern von einem[256] wohlgedachten, brav und auf den Effect gemahlten Bild die Rede.

Können Sie uns mit dieser Arbeit bald fördern, so möchte ich wohl im Falle seyn sogleich eine weitere Bestellung zu machen.

Der ich indessen recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 25. Sept. 1801.


15/4418.


An Friederike Unzelmann

Nehmen Sie, liebenswürdige Frau, eine Gabe zum Abschied freundlich auf, die weder mit Ihrem Verdienst, noch unserm Dank, sondern mit unsern eingeschränkten Kräften in Verhältniß steht. Gedenken Sie unsrer mit Zufriedenheit, indeß wir Sie, auf dem Theater und in Gesellschaft empfindlich genug vermissen werden.

Weimar, am 1. October 1801.

Goethe.


15/4419.


An Georg Sartorius

[Concept.]

Einige junge Leute, die bey uns zum Besuche waren, kann ich ohne ein Lebenszeichen nicht entlassen, das ich Ew. Wohlgeb. schon so lange schuldig bin. Mein Dank für Ihre viele freundschaftliche[257] Güte war nicht weniger lebhaft während meines bisherigen Stillschweigens.

Ich versetze mich gleich wieder an den Tag meiner Abreise von Göttingen, dessen Abend ich in Dransfeld zubrachte. Können Sie gelegentlich, in guter Gesellschaft, bey gutem Wetter, den Berg, worauf die Steinbrüche zum Göttinger Pflaster sich befinden, ersteigen; so werden Sie gewiß viel Vergnügen haben. Es war mir sehr angenehm von da aus die Gegend, die ich so eben verlassen sollte, erst recht im Zusammenhange zu übersehen. Die Plesse, Weende, und noch manches in jenem Leinegrunde, Göttingen, den Hainberg, sodann, in den benachbarten Gegenden, die Gleichen, mehrere Ortschaften, in sehr abwechselnden Gründen, weiter rechts den Hahnstein, waldige Gebürge, Berlepsch u.s.w., den Horizont von den vielfachen Gebirgen des Harzes abgeschlossen.

August wollte mit bloßen Augen die Theile des Hainberges erkennen, wo er die Versteinerungen aufgesucht, und behauptete die Stallgebäude von dem Weender Gut deutlich zu sehen.

Wie dem auch sey so fühlten wir beyde daß wir Göttingen ungern verließen, wo es uns in manchem Sinne so wohl gegangen.

In Cassel fand sich meine ganze kleine Familie zusammen, da ich denn, in Gesellschaft meines Freundes Meyer, die Kunst und Naturwerke genießen und studiren konnte.

[258] Bey Eisenach sah ich, gleichfalls von gutem Wetter begleitet, des Herzogs neue Anlagen in Wilhelmsthal und das alte Fabrikörtchen die Ruhl, bestieg die Wartburg und erinnerte mich früherer Zeiten.

In Gotha brachte ich etwa 8 Tage, bey meinen hohen Gönnern und Freunden, zu und ergötzte mich an zwey bedeutenden Instituten, der Sternwarte auf dem Seeberge und dem Erziehungskreis in Schnepfenthal.

In Weimar erwarteten mich die eingesendeten Zeichnungen und es war schon ein kleines Geschäft sie unter Rahm und Glas zu bringen und aufzustellen. Ein Verzeichniß liegt bey. Wenn man einmal das Interesse der Kunst nicht los werden kann, so hat eine Sammlung, wie sie hier so zufällig zusammen kommt, recht vielen Reiz und giebt zu mancherley bedeuten den Betrachtungen Anlaß; besonders wenn man sich parteylos halten kann und durchaus gerecht und billig seyn mag.

Mad. Unzelmann traf auch zu Ende Sept. hier ein und gab etwa sieben Vorstellungen. Ihr durchaus charakteristisches, gehaltenes, verständiges, gehöriges, ungezwungenes Spiel hat mir außerordentlich viel Vergnügen gemacht und wenn ich über das was sie leistet ins einzelne gehen dürfte; so würde ich an ihr rühmen daß sie, gegen die Mitspielenden, mit der größten Leichtigkeit, eine gefällige Lebensart ausübt, auch, wenn sie nichts zu sprechen hat, jedem pantomimisch[259] etwas artiges zu erzeigen und das Ganze dadurch zu beleben weiß.

Doch ich darf mich in diese dramaturgischen Bemerkungen nicht weiter verlieren.

Herr Tieck, Bildhauer, der eben von Paris zurückkehrt, modellirt gegenwärtig an meiner Büste. Ich hatte dabey Gelegenheit mich viel mit ihm über jene wunderliche Hauptstadt der Welt zu unterhalten, wo er beynahe 3 Jahre studirt hat. Wenn seine Arbeit glückt, wie ich hoffen kann, so erlauben Sie ja wohl daß ich Ihnen gelegentlich einen gipsenen Freund ins Haus schicke.

Dießmal erhalten Sie die neusten philosophischen Phänomene, die, von Südosten her, das nordwestliche Deutschland bedrohen. Vielleicht ist eins oder das an dere in Göttingen noch eine Neuigkeit.

Leben Sie recht wohl und lassen wo möglich den Faden nicht abreißen, der sich unter uns so freundlich angeknüpft hat. Empfehlen Sie mich Herrn Prof. Hugo und lassen mich bey meiner Wiederkehr einen guten Empfang in Göttingen hoffen.

Nach beyliegenden Verzeichnissen haben Sie ja wohl die Güte in der Kästnerischen Auction bieten zu lassen, mit Dank werde ich die Auslagen erstatten. Von den Büchern die höher weggehen lassen Sie mich ja wohl die Preise erfahren. Rizzeti's Werk: De luminis affectionibus, welches auch in gedachter Auction sich befindet, möchte ich gar gern besitzen. Ich habe[260] Herrn Prof. Reuß mündlich gebeten mir solches zu erstehen, Sie haben ja wohl die Güte ihn daran zu erinnern. Ich gebe gern einen Ducaten, auch wohl etwas mehr dafür. Verzeihen Sie die Bemühung die ich verursache und leben recht wohl.

Weimar am 10. Oct. 1801.


15/4420.


An Johann Friedrich Blumenbach

[Concept.]

Durch einige iunge Leute, welche nach Göttingen zurückkehren, sende ich, mit vielfachem Dank, für alles Gute, das Sie dem Vater und dem Sohn so freundschaftlich haben erzeigen wollen, einiges von dem Versprochenen, worüber ich mir zugleich gelegentlich Ihre Belehrung erbitte.

Die physiognomischen Regeln bitte nicht aus Handen zu geben. Sie sind bey aller ihrer Sonderbarkeit ein wichtiges Vermächtniß eines so scharfsichtigen Beobachters, nur mit Gelegenheit erwarte ich sie zurück.

Könnten Sie durch meinen Aufsatz, über das Geologische Vorkommen des Bologneser Spathes, einen Reisenden aufmerksam machen, daß er uns eine genauere und den Einsichten unserer Zeit gemäßere Beschreibung lieferte, auch die undeutliche Krystallisation bis zu einer höhern Deutlichkeit verfolgte und gute Exemplare nach Deutschland lieferte; so würde es auf[261] alle Fälle ein Gewinst seyn. Ich war freylich als ich jene Gegenden besuchte noch mehr Laye in diesen Wissenschaften als gegenwärtig. Die näheren Bestimmungen, welche Sie in dem Aufsatze finden werden, verdanke ich Herrn Bergrath Werner, welcher mich vor einiger Zeit besuchte.

Was aber sagen Sie zu dem seltsamen Fossil, wovon das andere Blatt Meldung thut. Der große Zahn, der wahrscheinlich so seltsam gebogen war, am einen Ende, in der Mitte ein Tuffsteinähnlicher Klotz, an dem andern Ende ein Paar Schwimmfüße die sich denen des Delphins an Gestalt zu nähern scheinen. Sollte Ihnen vielleicht etwas ähnliches bekannt seyn, so haben Sie die Güte mir davon einige Nachricht zu geben. Von dem Zahne sowohl als von dem sogenannten Körper schicke ich gelegentlich einige Stücke.

Nehmen Sie meinen wiederholten Dank für alles Gute das Sie uns in Göttingen so reichlich erzeigt, empfehlen Sie mich den werthen Ihrigen und verehrungswürdigen Freunden, besonders an Geh. Justiz Rath Heyne, dessen gütiger Brief nebst dem Flaxmannischen Werke zur rechten Zeit bey mir angekommen ist, und fahren fort meiner zu gedencken.

Weimar am 11. Oct. 1801.[262]


15/4421.


An Friedrich Crüger

[Concept.]

Ew. Hochedelgeb.

glaube ich meine Dankbarkeit für die in Pyrmont mir erzeigten Gefälligkeiten nicht besser als durch die Beylage bezeigen zu können. Die Verbindung mit mehreren welche sich für die Wissenschaften interessiren, setzt uns in den Stand unsere Neigung zu befriedigen und unsere Kenntnisse zu erweitern. Es wird dieses bey Ihnen um so mehr der Fall seyn, als gewiß manches Mitglied der mineralogischen Societät von Zeit zu Zeit Pyrmont besuchen wird, wobey es an wechselseitiger Belehrung und Bereicherung nicht fehlen kann.

Das versprochene Kästchen mit Mineralien soll auch nicht außenbleiben.

d. 11. Octbr. 1801.


15/4422.


An Johann August Nahl

[Concept.]

Herr Prof. Gentz hat mir vor seiner Abreise, nach Berlin, wohin er auf drey Wochen gegangen ist, beyliegende Zeichnung und Maße zurück gelassen. Aus der ersten werden Sie sich eine Idee von der Decoration des Zimmers machen können, die andern geben[263] genau die Größe der vier Bilder an, wovon zwey und zwey einander gleich sind.

Man wünscht in denselben die vier Tugenden dargestellt:

Gerechtigkeit,

Mäßigkeit,

Klugheit und

Stärke.

Jedoch nicht in allegorischen Figuren, sondern in analogen geschichtlichen Compositionen wozu die Gegenstände wo möglich aus der griechischen Fabel, nicht später als der trojanische Krieg, zu nehmen wären.

Sollte man in die Geschichte etwa gehen müssen, so würde es gut seyn sich in der ältesten zu verweilen.

Da Sie mit Mythologie und Geschichte so gut bekannt sind, wird es Ihnen keine Schwierigkeiten machen dergl. Gegenstände aufzufinden. Dürfte ich mir bey Zeiten hierüber einige Nachricht, so wie, in der Folge, wie Sie Ihre Arbeit anfangen, Communication der Skizzen erbitten.

Was die Art betrifft wie diese Bilder zu mahlen wären, so bliebe es bey der Verabredung: graue Figuren auf Goldgrund vorzustellen.

Dürfte ich Sie zugleich ersuchen mir den Preis zu melden, um welchen Sie diese Stücke zu verfertigen geneigt sind.

Für die Mittheilung Ihrer schönen Arbeiten zu unserer dießjährigen Kunstausstellung danke ich bestens.

[264] Ich vermuthe daß manche der Zeichnungen ihre Liebhaber hier finden werden, wovon nächstens mehr.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 12. Oct. 1801.


15/4423.


An Adelheid Amalia Fürstin von Gallitzin

[Concept.]

[14. October.]

Diesen Sommer, verehrte Freundin, war ich Ihnen so nahe, daß nur die Pflicht meine Pyrmonter Kur ordentlich abzuwarten, nicht aber Wetter und Weg mich abhielten Ihnen meine Aufwartung zu machen.

Der Duc de Sennet der so glücklich war Sie zu sehen, schmeichelte mir mit der Versicherung Ihres Andenkens und ich erfuhr zugleich daß die schöne Sammlung geschnittener Steine noch in Ihren Händen sey.

Auf meiner Rückreise hatte ich Gelegenheit den Herzog von Gotha zu sprechen, einen Herrn, der seit den friedlichern Aussichten, deren sich unser Vaterland erfreut, wieder manches auf Kunstwerke wendet und nicht abgeneigt wäre einen Schatz dieser Art an sich zu bringen.

Sollten Sie daher, verehrteste Freundin, noch, wie ehemals, geneigt seyn gedachte Sammlung zu veräußern; so haben Sie doch ja die Güte mir durch irgend einen Vertrauten davon nähere Nachricht zu geben und mir den Preis gefällig zu bestimmen.[265]

Lassen Sie mich dabey eines fortdauernden freundschaftlichen Andenkens versichern wodurch Sie einen meiner angelegensten Wünsche erfüllen.


15/4424.


An Immanuel Reimann

[Concept.]

Sie haben, wertgeschätzter Herr Reimann, recht wohl gethan diejenigen Posten nicht zu bezahlen, welche man für Arbeiten fordert, die vor Ihrem Pachtantritt gethan worden. Es wird sich das alles bey näherer Durchsicht der damals geführten Rechnungen finden.

Ich wünschte nun daß Sie über die Art und Weise, wie die neuen Anlagen im Tröbel allenfalls zu machen wären, sich in einem kleinen Aufsatz erklärten, damit wir darüber bey Zeiten übereinkommen könnten.

Für die überschickten Lerchen danke recht sehr und hoffe bald einen Tag zu finden, an dem ich Sie besuchen kann.

Weimar am 14. Octobr. 1801.


15/4425.


An Carl Ludwig von Knebel

Es that mir sehr leid, werther Freund, daß ich, gerade zu der Zeit in welcher du wieder einmal[266] Weimar besuchtest, abwesend seyn mußte, ich hätte doch manches dir mitzutheilen und vorzuzeigen gehabt, so wie ich gewünscht hätte, dich wieder einmal in deinem Wesen und Treiben zu schauen. Indessen kann ich hoffen daß du uns, durch diesen Besuch, wieder näher geworden bist und ihn wohl gelegentlich einmal wiederholen magst.

Meine Reise ist mir ganz leidlich bekommen, auch habe ich manches Interessante gesehen und erfahren, besonders hat mir der Aufenthalt in Göttingen vielen Nutzen geschafft.

Wenn du die Bücher, die ich dir vor meiner Abreise gesendet, nicht mehr brauchst, so sey so gut und schicke sie mir gelegentlich zurück, ich kann dir vielleicht dagegen mit etwas neuem dienen.

Deine Mobilien in Jena werde ich sämmtlich behalten und sie, nach deiner sehr leidlichen Taxe, dankbar bezahlen. Berechnung und Geld liegt hierbey.

Unsere Ausstellung ist dieses Jahr zahlreich und interessant genug, beyliegend empfängst du das kurze Verzeichniß, sobald die öffentliche Beurtheilung erscheint soll sie gleichfalls dir aufwarten.

Der gute Büttner in Jena ist endlich auch abgegangen: Wir werden an seinen Papieren und seinem Nachlaß manches zu entwirren haben.

Lebe recht wohl und gedenke mein.

Weimar am 16. Octobr 1801.


Goethe.[267]

Beyliegenden Kalender nimm freundlich auf, und gedencke mein bey denen Scherzen, die du von mir darinne finden wirst.


15/4426.


An Friedrich Schiller

Unser gestriges Gastmahl war, ohngeachtet der starken Würze, auf dem Wege sehr schlecht abzulaufen. Ihr Außenbleiben machte gleich eine große Lücke in die kleine Gesellschaft, Mellish war nicht vom besten Humor und dieß gab auch mir eine etwas trübe Stimmung. Wir mußten erst einige Stunden essen und trinken, bis wir uns belebt fühlten. Die Jäger, die erst gegen 5 Uhr kamen und mit gutem Appetit in die Überreste einfielen, gaben der ganzen Begebenheit eine bessere Wendung. Der ganze Verlauf der Parforcejagd ward nochmals vorgeführt und wir blieben ganz heiter bis gegen sieben Uhr beysammen.

Nun gehe ich nach Jena ohne Sie nochmals gesehen zu haben, in sechs Tagen bin ich wieder hier und schicke indessen ein Paar Lustspiele zu gefälliger Einsicht.

Leben Sie recht wohl, seyn Sie fleißig und gedenken mein.

Weimar am 18. Octobr. 1801.

G.[268]


15/4427.


An Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling

Bei dem Manuscript, welches ich hier übersende, ist zu bemerken, daß sich die Zahlen auf die Abtheilungen beziehen, welche Simon Portius bei Gelegenheit seiner Übersetzung gemacht hat; während der Arbeit dienten sie mir zu bequemerem Auffinden, künftig müssen sie wegfallen, denn sie irren an Statt zu fördern.

Haben Sie die Güte, wo Sie irgend anstoßen, ein Zeichen zu machen. Noch sind mehrere Stellen einer Verbesserung fähig. Wenn Herr Doctor Hegel mich morgen früh um 11 Uhr besuchen will, so soll es mir angenehm sein.

Jena am 20. October 1801.

Goethe.[269]


15/4429.


An Joseph Hoffmann und Johann August Nahl

[Concept.]

[2. November.]

Mit Übersendung von 15 Ducaten habe ich das Vergnügen zu melden: daß der dießjährige Preis, abermal, zwischen die Herren Nahl und Hoffmann getheilt worden.

Das weitere über die dießjährige Ausstellung, wird nächstens öffentlich bekannt gemacht werden.

An Hoffmann. Man wünscht zu wissen um welchen Preis Sie Ihre beyden Zeichnungen zu verlassen gedächten indem sich wohl ein Liebhaber dazu finden möchte.

An Nahl. Sowie auch wegen der sämmtlichen mir anvertrauten Arbeiten bald etwas näheres zu melden hoffe.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.


15/4430.


An Sylvius Friedrich von Franckenberg

[Concept.]

Meinen lebhaften und aufrichtigen Dank für die gnädige und freundschaftliche Aufnahme, bey unserer letzten Erscheinung in Gotha, wünschte ich Ew. Exzellenz schon längst, jedoch nicht unfruchtbar, abzutragen und ich ergreife daher die Gelegenheit Ihnen einen Mann vorzustellen, dessen nähere Bekanntschaft Sie gewiß interessiren wird.

[270] Es ist der Ritter von Beck, Collegien Rath der auswärtigen Angelegenheiten, von Petersburg, der, von Arnstadt gebürtig, seine Vaterländischen Gegenden wieder einmal besuchen will.

Mein alter Freund, der General Major Klinger, nennt ihn seinen Freund und schildert ihn als einen rechtschaffenen klugen und gescheuten Mann, der das Zutrauen des Gouvernements durchaus zu verdienen gewußt hat. Er lebte lange Zeit in dem Hause des Grafen v. Pahlen und arbeitete mehrere Jahre unter ihm. Die wenigen Tage die ich mit ihm zubrachte, haben mich sehr für ihn eingenommen.

Ew. Exc. werden die Gnade haben ihm einen freundlichen Empfang zu gönnen und ihn wie es sich schicken will, den gnädigsten Herrschaften vorzustellen. Die außerordentliche Kenntniß des dortigen Locals und Personals, sein glückliches Gedächtniß das ihm die geringsten Umstände, so wie alle jene verwünschte Nahmen sehr leicht vergegenwärtigt, machen sein Gespräch höchst unterhaltend.

Von seinem Einfluß haben sich die unsrigen in Petersburg zu loben gehabt.

Darf ich bitten mein Andenken bey der Frau Gemahlin, den gnädigsten Herrschaften und Herrn v. Grimm bey dieser Gelegenheit zu erneuern und sich von meiner dankbaren Verehrung versichert zu halten.

Jena d. 4. Nov. 1801.[271]


15/4431.


An Georg Christoph Steffany

[Concept.]

In der Lage, in welcher wir uns gegenwärtig befinden, sollte ich denken man erklärte sich gegen Frau Pastor Schlevogt und Mitinteressenten folgendermaßen:

Man habe sich wie natürlich vorgesehen das Capital Weihnachten abzuzahlen und könne sich nicht anders als mit Unstatten von der deshalb eingegangenen Verbindlichkeit lossagen; wolle man aber von Schlevogtischer Seite das Capital noch auf ein Jahr, als unaufkündbar und sodann auf weitere halbjährige Aufkündigung stehen lassen, so sey man geneigt dasselbe noch länger zu behalten.

Die Ursachen einer solchen Erklärung werden Sie, werther Herr Bauinspector, leicht einsehen, denn wenn wir uns nicht auf einige Zeit sicher stellen, so können uns jene jedes Vierteljahr wieder die neue Mühe verursachen. Leben Sie recht wohl und haben Dank für die gefällige Besorgung.

Jena am 6. Nov. 1801.


15/4432.


An Henriette von Beaulieu-Marconnay,geb. von Egloffstein

Ihr liebes Billet, verehrte Freundinn, habe ich mit nach Jena genommen, um mich daran, auch in[272] meiner Einsamkeit, zu freuen und eine nicht ganz unfruchtbare Antwort zu übersenden.

Wenn wir unsern guten Wieland behaglich unter uns sehen wollen, so müssen wir unsre moralische Texte künftig etwas mehr versinnlichen. Nehmen Sie beyliegenden Versuch günstig auf, in welchem ich das kühle Grab mit einer Lebensposse auszustechen suche und zugleich meine Wünsche für unsre Gesellschafft sinnbildlich ausdrücke.

Zeitig genug werde ich in Weimar seyn um, vor unsrer nächsten Zusammenkunft, mit Ihnen und Ihren Freundinnen, denen ich mich schönstens und bestens empfehle, noch manches bereden zu können.

Möge diese schöne Vereinigung, die sich so zufällig und doch so natürlich zusammenfand, recht lange dauern und ich dadurch meines alten Wunsches theilhaft werden recht oft in Ihrer Nähe zu seyn.

Jena d. 6. Nov. 1801.

Goethe.


15/4433.


An Henriette von Egloffstein

Meine Ankunft zu notifiziren und zugleich zu melden, daß auf Morgen Abend, zur bekannten Stunde, die liebe Gesellschaft alles zu ihrem Empfang bereit finden wird, halte ich für meine Pflicht und wünsche den schönsten Abend.

W. d. 10. Nov. 1801.

Goethe.[273]


15/4434.


An Friedrich Schiller

Da meine Ankunft noch vor den Ablauf Ihres Geburtstages trifft so säume ich nicht Ihnen noch meinen besten Glückwunsch, von dem Sie schon überzeugt sind, ausdrücklich und schriftlich zu überschicken und zugleich auf morgen, als zum zweyten Feyertag zur bekannten freundschaftlichen Zusammenkunft einzuladen.

Weimar am 10. Nov. 1801.

G.


15/4435.


An die Herzogin Louise

[Concept]

[Mitte November.]

Auf Ew. Durchl. Befehl habe ich drey gute Kupferstiche nach bedeutenden Gemählden angeschafft deren Preis ich hierbey anzuzeigen mir die Freyheit nehme.

Überdieß habe ich noch gewagt das Abendmahl von Leonard da Vinci von Frauenholz zu verschreiben welcher einen guten Abdruck besitzt, da ich überzeugt bin daß die guten Abdrücke dieses Blatts sehr bald rar werden müssen, weil von allen Seiten große Nachfrage darnach ist.

Der Preis ist 40 rthlr. sächs., doch wird es von Ew. Durchl. Bestimmung abhängen, wenn Höchstdieselben es erst gesehen haben, ob es gefällig ist dasselbe zu behalten.[274]


15/4436.


An Johann Friedrich Reichardt

[Concept.]

Ihren werthen Brief habe ich in Jena erhalten und, wegen der einzustudirenden Oper, sogleich Nachricht eingezogen, welche denn auch, bey meiner Rückkunft, so eben bey mir eingeht.

Ich lege das Blättchen bey, woraus Sie die Lage der Sachen sehen werden, und ich muß Ihnen gänzlich überlassen: ob Sie uns mit Ihrem Besuch, da dieser Zweck nicht erreicht wird, dennoch erfreuen wollen.

Da dieser Brief erst den 16. h. m. abgeht, so kommt er freylich fast zu spät bey Ihnen an, als daß Sie sich vielleicht zu einer Reise hierher auf so kurze Zeit entschließen könnten.

Leben Sie indessen recht wohl und lassen mir die Hoffnung, früher oder später, eines reichen und tiefen musikalischen Genusses, der mir lange nicht geworden ist.

Weimar am 16. Nov. 1801.


15/4437.


An Wilhelm Gottlieb Becker

[Concept.]

Wohlgeborner

Insonders hochgeehrter Herr.

Ew. Wohlgeb. haben, wie ich aus einem Briefe des Herrn Bildhauer Wolf ersehen, den diesseits gewünschten[275] Abguß des ägyptischen Löwen dergestalt zu befördern die Gefälligkeit gehabt, daß die Form über denselben bereits hat vollendet werden können; weßhalb ich vorläufig, unsere schuldige Dankbarkeit zu versichern nicht verfehle. Hiebey tritt nun noch der Umstand ein, daß, zum Behuf derer sowohl an dem Schloßbau arbeitenden, als der sich auf der hiesigen Zeichenschule bildenden Künstler, einige Abgüsse, besonders antiker Köpfe, deren Verzeichniß hier beygefügt ist, gewünscht werden.

Da nun Durchl. der Herzog des Herrn Grafen Markolini Excellenz deshalb nochmals anzugehen Bedenken tragen, in der Überzeugung daß durch Ew. Wohlgeb. Vermittlung die gehegte Absicht vollkommen erreicht werden könne; so habe ich Auftrag erhalten Ew. Wohlgeb. unter Versicherung schuldiger Gegengefälligkeit darum zu ersuchen.

Ich füge den Wunsch bey daß dieser Brief Ew. Wohlgeb. in guter Gesundheit antreffen möge und habe die Ehre mich zu unterzeichnen.

Weimar am 16. Nov. 1801.


15/4138.


An Georg Franz Hoffmann

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

besondere Gefälligkeiten, womit Sie mir und meinem Knaben unsern Aufenthalt in Göttingen so angenehm[276] und lehrreich machen wollen, sind uns beyden unvergeßlich und wir hätten früher schon ein Zeichen unserer Dankbarkeit gegeben, wenn nicht der Künstler, der das Keimen der Palme copiren sollte, mich durch die Langsamkeit seiner Arbeit bisher aufgehalten hätte. Gegenwärtig empfangen Ew. Wohlgeb. die Zeichnung und ich wünsche daß Sie dadurch gereizt werden mögen das Phänomen selbst zu beobachten, das, durch diese Vorarbeit, noch lange nicht erschöpft ist.

Auch lege ich einige Nüsse von der Pinus pinea bey, deren Aufkeimen, außer dem vollständigen Acumen, noch das besonders Merkwürdige hat daß die Nadeln des Federchens grün sind, ehe sie das Tageslicht erblicken.

Hierbey bitte ich meiner zu gedenken, so wie ich mich bey jedem Moose der belehrenden Unterhaltungen erinnere, durch welche Sie mich in das Verborgenste der Natur eingeführt haben.

Empfehlen Sie mich dem Westfeldischen Hause und leben recht wohl.

Weimar am 23. Nov. 1801.


15/4439.


An Georg Sartorius

[Concept.]

Eben da ich eine Rolle für Herrn Prof. Hoffmann zusiegle, fallen mir einige akademische Neuigkeiten[277] in die Augen und ich entschließe mich geschwind sie darum zu wickeln und Ihnen das ganze, zu gefälliger Beförderung der Inlage, zu überschicken; denn es ist im Grunde gar nicht übel, wenn Georgia Augusta von den, mehr oder weniger, wunderlichen Zuständen ihrer Schwestern in Apoll zeitig Notiz nimmt. Vielleicht geschieht auch dieß ohne mein Zuthun; doch lassen Sie diese Sendungen immer auch als eine Fortsetzung unserer scherz- und ernsthaften Unterhaltungen gelten. Haben Sie vielen Dank für die Mittheilung des Auctionsgeheimnisses, das ganz nah mit jenen Zahlenoperationen verwandt seyn mag, wodurch sich, nach Plato, schöne und tapfere Kinder zeugen lassen.

Für heute nur ein Lebewohl weil es etwas geschwinde geht.

Weimar am 23. Nov. 1801.


15/4440.


An Friedrich Heinrich Jacobi

Das grüne Briefblatt, das ich lange nicht gesehen hatte, war mir höchst erfreulich, nur hätte ich demselben auch einen heitern Inhalt gewünscht. Es schmerzt mich daß dir ein gesundes und glückliches Alter versagt ist, das doch so manchem zu Theil wird, und wünsche nur daß deine Reise eine Wirkung haben möge, die du freylich selbst nicht zu hoffen scheinst.

[278] Laß mir, wenn du von Paris zurückkehrst, wissen wie es dir ergangen ist; da du dort in Verhältnissen lebst, die dir eine nähere Einsicht in manche Zustände gewähren.

Wenn du einen Freund hast, der auch ein Kunstfreund ist, wie du mir Quatremère de Quincy (wenn ich recht lese), nennest, so verschaffe mir durch ihn eine kurze Anleitung, die man einem jungen Künstler, der nach Paris reist, mitgeben könnte, damit er sich in die dortigen Verhältnisse am schnellsten finde.

Es eilt gegenwärtig so mancher hin, den man seinem guten Glück überläßt, und doch ist hier und da einer für den man etwas zu thun wünscht. Erlaubte dein Freund daß man ihm einen solchen von Zeit zu Zeit addressirte und ihn seiner Vorsorge empföhle, so würde mir dadurch eine besondere Gunst wiederfahren, der ich mich jedoch nur mit der größten Bescheidenheit bedienen würde.

Es hält sich gegenwärtig ein Düsseldorfer Mahler, Nahmens Heinrich Kolbe, in Paris auf, einer von denen, die bey uns den Preis gewannen, der ein schönes Talent besitzt und eine gar gute Natur zu seyn scheint. Möchtest du ihn kommen lassen und ihm etwas Freundliches sagen, oder erzeigen, so würde deine dortige Gegenwart auch für diesen jungen Mann gesegnet seyn.

Übrigens wünsche ich dir zu deinem dortigen Aufenthalt alles Gute und Erfreuliche.

[279] Was mich betrifft, so habe ich mich, nach meinem vorjährigen großen Übel, ganz leidlich erholt und diesen Sommer fünf, meist regnigte und unangenehme Wochen in Pyrmont; dagegen fünf sehr lehrreiche und zufriedene in Göttingen zugebracht. Es ist gar zu angenehm, auf einem solchen Meere des Wissens, nach allen Gegenden, die uns interessiren, mit Leichtigkeit, hinsegeln zu können.

Das alte poetisch-wissenschaftliche Wesen, das du an mir kennst, fahre ich eben fort auszubilden. Man lernt mehr einsehen, indem man weniger leistet, und so hat jede Jahrszeit des Lebens ihre Vortheile und ihre Nachtheile.

Die jährliche Kunstausstellung schafft uns viel Vergnügen und Nutzen, indem sie Gelegenheit zu einer, in ihrer Art, einzigen Unterhaltung giebt.

Die übrigen Geschäfte die ich treibe beziehen sich auch auf Natur, Kunst oder Wissenschaft.

Wie ich mich zur Philosophie verhalte kannst du leicht auch denken. Wenn sie sich vorzüglich aufs Trennen legt, so kann ich mit ihr nicht zurechte kommen und ich kann wohl sagen: sie hat mir mitunter geschadet, indem sie mich in meinem natürlichen Gang störte; wenn sie aber vereint, oder vielmehr wenn sie unsere ursprüngliche Empfindung als seyen wir mit der Natur eins, erhöht, sichert und in ein tiefes, ruhiges Anschauen verwandelt, in dessen immerwährender synkrisis und diakrisis wir ein[280] göttliches Leben fühlen, wenn uns ein solches zu führen auch nicht erlaubt ist, dann ist sie mir willkommen und du kannst meinen Antheil an deinen Arbeiten darnach berechnen.

Für den überschickten Aufsatz danke ich schönstens, der Almanach ist mir noch nicht zu Gesicht gekommen.

Seit Herr Himly in Jena ist bin ich einigemal drüben gewesen und habe ihn verschiedentlich gesehen. Er gefällt mir im Ganzen recht wohl, auch habe ich verschiedenes von ihm gelesen, wo er mir auf guten Wegen zu seyn scheint. Nur glaubte ich aus seinen Reden zu schließen, daß er einige Aversion für der Philosophie habe, welches ihm früher oder später zum Nachtheil gereichen muß.

Ich erlaube jedem Erfahrungsmanne, der doch immer, wenn was tüchtiges aus ihm wird, ein philosophe sans le scavoir ist und bleibt, gegen die Philosophie, besonders wie sie in unsern Tagen erscheint, eine Art Apprehension, die aber nicht in Abneigung ausarten, sondern sich in eine stille vorsichtige Neigung auflösen muß. Geschieht das nicht, so ist ehe man sichs versieht der Weg zur Philisterey betreten, auf dem ein guter Kopf sich nur desto schlimmer befindet, als er, auf eine ungeschickte Weise, die bessere Gesellschaft vermeidet, die ihm allein bey seinem Streben behülflich seyn konnte.

Deinen Enkel habe ich nur einige Augenblicke gesehen, etwas näher den Sohn unserer Freundin. Die[281] drey Schlosser und zwey Voße machen eine der wunderbarsten jungen Gesellschaften, die je zu meiner Kenntniß gekommen sind. Der jüngste Sohn des Schöff Schlosser ist ein kleiner Enragé für die neuste Philosophie und das mit so viel Geist, Herz und Sinn, daß ich und Schelling unser Wunder daran seyn. Sein älterer Bruder ist eine ruhige verständige Natur, den, wie ich merke, der Kleine auch nach Jena, zu der seligmachenden Lehre, gerufen hat. Der Sohn meines Schwagers scheint seinen Vater nicht zu verläugnen. Mir kommt vor daß er einen guten geraden Sinn hat, Luft an der Erfahrung. Nicht wenig scheint er betroffen zu seyn daß er alles, was man ihm an Philosophie eingeflößt, abschwören soll. Wozu ihn doch wahrscheinlich sein kleiner Vetter endlich nöthigen wird.

Von den Voßens scheint mir der eine etwas überspannt und der andere etwas dunkel. Wär es nicht die Neigung und das Verhältniß zu diesen jungen Leuten, so würde schon die Neugierde, wie ein solches Phänomen sich auflösen kann, mich aufmerksam auf sie machen.

Unsere Schlosser hat mir geschrieben, ich denke ihr in diesen Tagen zu antworten. Grüße mir deine treue Schwester in deiner Nähe, und Klärchen, wenn du ihr schreibst, zum schönsten. In unserer Gegend kann ich kaum hoffen dich zu sehen und wo wir uns sonst einmal treffen möchten – Lebe wohl[282] und reize mich bald wieder dir ein neues Blatt anzufangen.

Weimar am 23. Nov. 1801.

G.


15/4441.


An Johanna Schlosser, geb. Fahlmer

[Concept.]

Die Ankunft deines Sohnes in Jena, liebe Freundin, hat mich um so mehr in die vorigen Zeiten versetzt, als er mit seinen Vettern zu mir kam und dadurch einen Familienkreis darstellte. Es ist recht wundervoll wie die jungen Leute mehr oder weniger ihren Vätern gleichen und untereinander Familienähnlichkeit haben. Da sich nun auch zwey Söhne von Voß dazu schlugen, so machen sie zusammen eine kleine Colonie aus, welcher es an Ernst sich auszubilden nicht zu fehlen scheint. Man sieht sie hier weder in der Comödie, noch bey sonstigen Lustbarkeiten und ich habe sie bisher immer nur in Jena gesprochen, ich werde von Zeit zu Zeit nach ihnen sehen und ihre Fortschritte beurtheilen.

Übrigens geht es jetzt in wissenschaftlichen Dingen so rasch und sonderbar zu, daß man von einer Seite die Jugend glücklich preisen muß, indem sie unglaubliche Vortheile genießt, von der andern Seite aber zu fürchten hat, daß sie sich eben dieser Vortheile unmäßig und zu ihrem Schaden bediene. Vielleicht[283] kann ich, gerade in der Lage in der ich mich befinde, theils selbst, theils durch Freunde, auf diese jungen Leute etwas gutes wirken.

Es war ungeschickt vom Zufall daß er uns in Göttingen nicht zusammenbrachte. Da er sich so manchen abgeschmackten Spas macht, so hätte er uns wohl auch diesen artigen machen können. Ich erfuhr nicht ohne Verdruß daß wir uns um so weniges verfehlt hatten.

Von Jacobi, der nun in Paris seyn wird, hatte ich einen Brief von Aachen. Er ist leider mit seiner Gesundheit sehr unzufrieden. Gestern habe ich ihm wieder geschrieben, auch deiner dabey gedacht.

Mich freut es herzlich daß du, von deinen Kindern und Enkeln, den Dank für deine Sorgfalt so rein und reichlich genießest. Grüße sie alle und gedenke auch mein.

Auch ich habe Ursach mit meinem Schicksal zufrieden zu seyn, das mich durch manche gefährliche Zustände, denen meine Natur unterworfen war, glücklich hindurch geführt und auf den Beinen erhalten hat.

Nochmals ein Lebewohl.

Weimar am 24. Nov. 1801.[284]


15/4442.


An Jeremias David Reuß

Ew. Wohlgeb.

setzen durch die Nachricht, daß Rizetti für mich erstanden worden, diejenige Gefälligkeit fort, durch welche Sie mir meinen Aufenthalt in Göttingen, über meine Wünsche, nutzbar zu machen gewußt haben. Darf ich bitten das Buch zu denen übrigen hinzuzufügen, welche aus der Kästnerischen Auction allenfalls für mich erstanden werden.

Zugleich wünschte ich daß Sie mir Bullialdum de lumine, aus den Schätzen Ihrer Bibliothek, alsdann auf einige Zeit anvertrauten.

Mit vielen Empfehlungen an das Heynische und Blumenbachische Haus und Versicherungen meiner ausgezeichneten Dankbarkeit wünsche ich recht wohl zu leben.

Weimar am 24. Nov. 1801.

J. W. v. Goethe.


15/4443.


An Henriette von Egloffstein

Sie haben gewiß, vortreffliche Freundinn, schon erfahren daß wir unser heutiges Fest aufschieben, weil Sie uns fehlen. Ich wiederhohle es nur um meine Wünsche für die Genesung des lieben Kleinen anzubringen.

W. d. 25. Nov. 1801.

G.[285]


15/4444.


An Johann Daniel Sander

Für die doppelte Attention, womit Sie, sowohl meine Küche, als Büchersammlung versorgen, bin ich Ihnen zum schönsten verbunden, um so mehr, als Ihr beyderseitiges Andenken mir dabey, auf eine so gefällige Weise, entgegen kommt.

Was die Gevatterschaft betrifft, so weiß ich nicht recht was ich dazu sagen soll, wenn ich auch gleich dabey Ihre freundlichen Gesinnungen nicht verkenne.

Meine Nahmen sind von der Art daß man sie weder einem Knaben, noch weniger einem Mädchen aufbürden kann, welche letztere man, wegen künftiger Abentheuer, so lieblich als möglich bezeichnen soll.

Stört nicht z.B. die unglückliche Christel, in so mancher interessanten Scene des bedeutenden Lebensjahrs? Hätte die Gattin eines würdigen Verwiesenen etwa Emilie geheißen, welch einen andern Effect würde das thun! Wir Menschen sind nun einmal nicht anders und unser Ohr scheint, noch mehr als unser Auge, mit dem Schicklichen im Bunde zu stehen.

Wenn ich nun ferner bedenke wie wenig mein Zeugniß in der christlichen Kirche bedeuten kann; so muß ich, ohne weiteres Raisonnement, Ihnen eben ganz anheim stellen in wie fern Sie mich zu einem solchen Act einladen dürfen. Mögen Sie meiner bey dieser geistlichen Verwandschaft in Liebe gedenken und[286] überzeugt seyn, daß ich an Ihnen und den Ihrigen herzlichen Antheil nehme, so sehe ich davon für mich den besten Gewinn.

Leben Sie recht wohl.

Weimar am 25. Nov. 1801.

Goethe.


15/4445.


An Giuseppe Gautieri

[Concept.]

Ihr Brief, mein bester Gualtieri, der mir an einem sehr trüben Tage gebracht wurde, hatte die Folgen, die ich in vorigen Zeiten von Ihren freundschaftlichen Unterhaltungen im Felde rühmen konnte, es ward sogleich heiteres Wetter in meiner Stube, als ich mich Ihres herzlichen Andenkens freute.

Erlaubt muß es Ihnen freylich seyn, den Werth Ihrer Freunde, in Prosa und in Versen, gelegentlich über die Gebühr zu erhöhen. Wahrscheinlich verlassen Sie sich darauf daß Autoren, so wie Frauen, ein schmeichelhaft Wort nicht übel aufnehmen, wenn sie es eben auch sich nicht völlig zueignen können.

Haben Sie Dank für das schriftliche Zeichen Ihrer Freundschaft, das mir die Versichrung dessen aufs neue giebt worum ich mich mehrmals, bey Freunden und Reisenden erkundigt, daß es Ihnen wohl gehe und daß Sie an mich denken.

Herr Kriegs Rath Gentz ist durchaus hier willkommen[287] gewesen, er wird es gewiß empfunden haben und uns deßhalb Gerechtigkeit widerfahren lassen.

Möge noch jeder Ihrer Wünsche, die Sie in Ihrer Laufbahn thun dürfen, auf das angenehmste erfüllt werden und möge ich, wo Sie sich auch aufhalten, bey Gelegenheit erfahren daß es mit uns beym alten bleibt.

Weimar am 25. Nov. 1801.


15/4446.


An Adalbert Friedrich Marcus

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

thun sich und mir unrecht, wenn Sie glauben als ein Unbekannter mich anzugehen; der allgemeine Ruf sowohl, als Ihr Verhältniß zu einigen meiner Freunde, hat mich genugsam mit Ihnen bekannt gemacht und mir schon lange den Wunsch erregt auch persönlich dieses Vortheils genießen zu können. Ich sehe daher Ihre gefällige Zuschrift als ein Zeichen guter Vorbedeutung an und wünschte in dem Falle zu seyn dagegen etwas angenehmes zu erwiedern; allein der gegenwärtige Bestand unseres Theaters erlaubt mir nicht an neue Schauspieler zu denken, besonders findet sich das Rollenfach Ihres Empfohlenen gut besetzt.

Empfangen Sie nichts desto weniger meinen Dank für Ihr bezeigtes Zutrauen und erlauben Sie mir, von Zeit zu Zeit, durch einen Reisenden, deren so viel[288] Ihren Unterricht suchen, mein Andenken zu erneuern, so wie ich jederzeit diejenigen mit Vergnügen aufnehmen werde, welche sich mit einem Gruß von Ihnen einfinden.

Der ich recht wohl zu leben wünsche und mich mit besonderer Hochachtung unterzeichne.

W. d. 25. Nov. 1801.


15/4447.


An Christian Gottlob Voigt

Herr von Wolzogen, den ich heute früh an seinem Bette besuchte, übergab mir beykommende Dose, als ein von des Kaysers Majestät dem hiesigen Ministerio zugedachtes Geschenk. Ich verfehle nicht solches sogleich zu communiciren.

W. d. 26. Nov. 1801.

Goethe.


15/4448.


An Friedrich Schiller

Da es wohl Zeit seyn möchte daß wir einander wieder einmal sähen, so komme ich, trenn es Ihnen recht ist, heute Abend um sieben mit dem Wagen Sie abzuholen.

Haben Sie besondere Neigung zur Redoute, so soll Ihnen nach dem Abendessen das Fuhrwerk auch dazu bereit stehen.

Weimar am 27. Nov. 1801.

G.[289]


15/4449.


An Wilhelm von Humboldt

[Concept.]

Es war mir äußerst unangenehm Sie in Weimar verfehlt zu haben. Wenn man so lange auseinander gewesen ist gehört eine mündliche Unterhaltung dazu, um sich wechselsweise über die gegenwärtigen Zustände klar zu machen. Von Ihnen haben mir die hiesigen Freunde manches erzählt, aber mich nur um so begieriger gemacht auch an denen Schätzen, die Sie auf der Reise erbeutet, Theil zu nehmen, und die Hoffnung bald etwas davon zu lesen war mir um desto angenehmer.

Was mich betrifft so können Sie leicht denken, daß man in meinen Jahren nicht Leicht etwas neues angreift, und mein Wunsch darf nur seyn, nach einiger Zeit, bey einem freundschaftlichen Examen, dergestalt zu bestehen daß man mich nicht stationair finde.

Daß Sie Herrn Gentz bey mir einführen wollen dafür danke ich Ihnen bestens. So sehr ein Mann sich auch selbst empfiehlt, so sehr begünstigt die Empfehlung eines Freundes die ersten Augenblicke der Bekanntschaft.

Für die Portugiesische Schrift danke ich recht viel mals, ich kann damit so ziemlich zurechtkommen. Es ist sehr angenehm zu sehen, wie ein Gegenstand, der[290] uns interessirt, die Aufmerksamkeit so manches andern gleichfalls in Bewegung setzt. Dieser Freund begeht den Fehler dem viele, in derselben Materie, so wie den verwandten Fächern ausgesetzt waren; anstatt eine partiale Erscheinung recht zu entwickeln, fundirt er gleich eine Hypothese, einen theoretischen Ausspruch darauf. Anstatt ein merkwürdig Phänomen in Reihe und Glied zu stellen, will er mit demselben, als einer Zauberformel, das ganze Fach erobern.

Sagen Sie mir doch etwas Näheres von seinen Lebensumständen! Ich will mich doch in Göttingen ehestens nach jenen Übersetzungen erkundigen.

Tieck, den Sie ja selbst näher kennen, ist eine Zeit lang bey uns gewesen, als Künstler und Mensch erregt er lebhaftes Interesse. Er besitzt ein schönes Talent, das er treulich ausgebildet hat; nur leidet er gar zu sehr an den affectionibus juventutis, indem er sich ein äußerst heftig absprechendes Urtheil erlaubt, das denn doch oft eine große Beschränktheit andeutet. Dieses schadet ihm nicht allein innerlich, indem es ihn für guten, fördernden Rath unempfänglich macht, wie ich bey verschiedenen Gelegenheiten bemerken können, theils äußerlich, in Bezug auf die Gesellschaft, indem er sich, ganz ohne Noth und Zweck, Widersacher, Feinde und strenge Richter aufregt.

Können Sie hierin etwas auf ihn wirken, so werden Sie ein großes Verdienst um ihn haben; denn er ist, wie ich merke, zugleich sehr empfindlich[291] und mag nicht wohl vertragen, daß es aus dem Wald schalle, wie er hinein gerufen hat. Und freylich ist es eine ganz natürliche Folge, daß man demjenigen, der alle Menschen beurtheilt, als wenn sie unbedingt wirken könnten, wenn er selbst producirt, diejenigen Bedingungen auch nicht gelten läßt, welche ihn beschränken, sondern gleichfalls, bey Beurtheilung seiner, ein Absolutes zum Maßstab nimmt.

Herrn Doctor Grapengießer danken Sie schönstens und sagen mir, ob wir Hoffnung haben, Sie bald wieder zu sehen. Schreiben Sie mir von Zeit zu Zeit, damit wir uns nach und nach wieder eingewöhnen.

Ihrer lieben Dame den schönsten Gruß.

Weimar am 29. Nov. 1801.


15/4450.


An Aloys Hirt

[Concept.]

Schon geraume Zeit liegt ein Blatt bey mir, an Sie gerichtet, das Herr Tieck, der länger als er dachte bey uns verweilte, überbringen sollte. Nun blieb es liegen, als er wegging, und ich gebe Herrn Kriegsrath Gentz, der uns einige Zeit das Vergnügen seiner Gegenwart schenkte, statt des veralteten Briefs den gegenwärtigen mit.

Für das Vergnügen, das Sie mir durch die kleine Bronze verschafft, bin ich Ihnen noch meinen lebhaften[292] Dank schuldig. Diese Brosamen, von dem großen Gastmahl der Vorwelt, sind demjenigen, der sie zu schmecken versteht, ein köstlicher Genuß. Gedenken Sie meiner manchmal wenn Ihnen was gutes vorkommt.

Von geschnittenen Steinen ist auch einiges schätzbare diese Zeit her an mich gelangt.

Leben Sie recht wohl, in der großen Königsstadt, wo die Eröffnung des Theaters und manche andere Feyerlichkeit diesen Winter viel Unterhaltung gewähren wird.

Von unserer kleinen, doch in manchem Betracht interessanten Kunstausstellung hier einstweilen nur vorläufig das trockne Register, bis eine ausführlichere Recension nachfolgen kann.

Weimar am 29. Nov. 1801.


15/4451.


An Johann Friedrich Reichardt

[Concept.]

[1. December.]

Abermals Dank auch für die letzte Sendung!

Mögen Sie die Partitur von Jery und Bätely schicken, so werden Sie unsere Schuld, die wir dankbar abzutragen gedenken, vermehren und ich werde wenigstens dieses Stück in Bewegung bringen können.

Nun eine Anfrage: Hätten Sie wohl Zeit und[293] Lust beykommenden Hymnus zu componiren? Er gehört zu einem Stücke Jon, das ehestens auf unserer Bühne gegeben werden wird und das ich auch wahrscheinlich bald nach Berlin sende.

Ich sollte glauben wenn dieser Gesang blos für Stimme und Pianoforte behandelt würde, so sollte es ganz zweckmäßig seyn. Können Sie mir die Composition innerhalb der drey nächsten Wochen schicken so geschieht mir eine Gefälligkeit. Dem. Jagemann wird ihn singen, deren Talent Sie kennen.

Der ich recht wohl...


15/4452.


An Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling

Für die Übersendung des Almanachs danke vielmals, der eine Art von Purgatorio darstellt. Die Theilnehmer befinden sich weder auf Erden, noch im Himmel noch in der Hölle, sondern in einem interessanten Mittelzustand, welcher theils peinlich, theils erfreulich ist.

Das Vermehrische nimmt sich denn freilich nicht zum besten darneben aus. Die Feuerluft aus Fr. Schlegels Laboratorium vermag den Ballon doch nicht flott zu machen und soviel Ballast mit in die Höhe zu nehmen.

Mit unserer Tragödie soll es hoffentlich recht gut gehen. Hier die Austheilung:[294]

JonDem. Jagemann.

XuthusVohs.

CreusaMad. Vohs.

PythiaMad. Teller.

PhorbasGraff.

Apollnoch in suspenso.

Die vollständige Depesche nach Berlin geht Montags, längstens Donnerstags ab.

Heiterkeit des Geistes zu diesen kurzen Tagen! Mit diesem Wunsch empfehle ich mich Ihrem Andenken.

Weimar, den 5. December 1801.

Goethe.


15/4453.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

So klar Sie mir neulich, werthester Herr Frommann, die Mittel angezeigt, wodurch man ein Kunstjournal eigentlich beleben könnte, so deutlich haben wir, bey genauer Betrachtung unserer Zustände, eingesehen, daß wir, vorerst, auf ein solches Unternehmen renunciren müssen. Wir haben uns daher, wegen der Recension der Kunstausstellung, worum es gegenwärtig hauptsächlich zu thun ist, mit der Litteraturzeitung eingelassen, die solche, als eine der vierteljährigen Zugaben, aufnehmen wird.

Ich halte es für meine Pflicht Ihnen hiervon sogleich[295] Nachricht zu geben, und für den Antheil zu danken, den Sie an unsern Planen nehmen wollen.

Der ich, in der Aussicht mündlich bald weitläufiger seyn zu können, mich bestens empfehle und recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 5. Dec. 1801.[296]


15/4453a.


An Johann Christian Gädicke

[Concept.]

Sehr wohl bin ich zufrieden daß unsere Berechnung erst Ostern abgeschlossen werde. Doch würde es mir angenehm seyn diejenigen Kupfer, die Sie noch nicht verkauft haben, gegenwärtig zurück zu erhalten, weil sich sonst eine Gelegenheit findet sie zu veräußern.

Weimar am 5. Dec. 1801.[75]


15/4454.


An Friedrich Schiller

Indem ich mich erkundige wie es mit den Ihrigen steht, schicke ich den Aufsatz über die Kunstausstellung, der leider zu einem großen Volum anwächst; doch macht gegenwärtiges etwa 3/4 vom Ganzen aus. Das letzte Viertel das noch bevorsteht, bezieht sich auf die nächste Preisaufgabe und die künftige Einrichtung überhaupt.

Mögen Sie wohl die Gefälligkeit haben beym lesen einen Bleystift in die Hand zu nehmen und, was Ihnen beyfällt, an der Seite zu notiren. Einen Theil der Handschrift habe ich, wie Sie sehen werden, noch gar nicht corrigirt und ich gehe überhaupt das Ganze noch einmal durch.

Am Ende von Langers Lucretia fehlt noch die Darstellung was man denn eigentlich auf dem Bilde sehe.

Leben Sie recht wohl und halten Sie sich gut, bis das allgemeine Übel sich von Ihnen und unsern Freunden zurückzieht.

Weimar am 15. Dec. 1801.

G.[296]


15/4455.


An Ludwig Tieck

[17. December.]

Ich war in einiger Verlegenheit was ich Ihnen, werther Herr Tieck, auf Ihre Anfrage zu antworten hätte. Indessen ist Herr Frommann bey mir gewesen, ich habe ihm aufrichtig und weitläufig meine Meynung gesagt und ziehe mich nunmehr deshalb ins Kurze zusammen.

Ich würde Ihnen niemals rathen eine Stelle anzunehmen, die so viel routinirte Gewandtheit erfordert, wenn man sie mit einer gewissen Aisance bekleiden und nicht sein Leben darüber aufopfern will. Doch übernimmt die Jugend wohl manches in Hoffnung durchzukommen und nach einigen Prüfungsjahren zu einem erwünschten Genuß zu gelangen. Durchaus abrathen kann ich also auch nicht.

Was eine Empfehlung betrifft so darf ich damit wohl nicht hervortreten, weil ich, auf verschiedene an mich geschehene Anträge, verweigert habe an jenem Geschäft irgend einigen Antheil zu nehmen. Sollten Sie zu jenem Platz gelangen und ich kann Ihnen alsdann mit etwas dienen; so werde ich es mit Vergnügen thun. Ihren Herrn Bruder hoffen wir hier bald wieder zu sehen und beym Schloßbau zu beschäftigen.

Goethe.[297]


15/4456.


An Johann Friedrich Rochlitz

Mögen Ew. Wohlgeb. mir noch bis zum neuen Jahre wegen des Stückes Frist geben so soll alsdann darüber die schuldige Erklärung folgen. Bis jetzt hat die Beurtheilung der dießjährigen Kunstausstellung, mir und meinen Freunden, viel Zeit weggenommen. Zum neuen Jahre soll der Aufsatz deshalb als Beylage der Litteraturzeitung erscheinen. Auch beym Theater haben uns einige kühne, doch glücklich vollbrachte Unternehmen, diese Zeit her, beschäftigt. Die Brüder nach Terenz von Herr von Einsiedel und ein reducirter Nathan, beyde sind schon mehrmals wieder verlangt worden und sie gehen bey jeder Vorstellung besser.

Von Faust kann ich nur so viel sagen: daß in den letzten Zeiten wohl manches daran gearbeitet worden; in wie fern er sich aber seiner Vollendung, oder auch nur seiner Beendigung nahen dürfte, wüßte ich wirklich nicht zu sagen.

Leben Sie recht wohl und erhalten mir ein freundschaftliches Andenken.

Weimar am 17. Dec. 1801.

Goethe.


Noch einen Wunsch muß ich äußern, dessen Erfüllung ich durch Ihre Gefälligkeit hoffe. Ich besäße nämlich sehr gern, wenn die winklerische Auction[298] vorbey sein wird, einen Katalogen derselben, wozu die Preise geschrieben wären. Ich habe schon, bei vorhergegangenen Rostischen Versteigerungen, dem Secretair Thiele und andern ähnliche Aufträge gegeben; aber niemals, ich weiß nicht warum, zu meinem Zweck gelangen können. Vielleicht können Sie mir durch Ihre Verbindungen dazu verhelfen. Ich will sehr gern demjenigen, der die Bemühung übernimmt, was Sie für billig halten, bezahlen.


15/4457.


An Christian Friedrich Tieck

[Concept.]

Da der Bildhauer Herr Tieck, bey seiner Anwesenheit in Weimar, verschiedene Proben seiner Kunst gezeigt, welche von derselben eine vortheilhafte Meynung erregen, auch einige Entwürfe, zu den großen Basreliefs an der Haupttreppe, eingereicht hat, welche mit Beyfall aufgenommen worden; so trägt man, von Seiten fürstl. Schloßbau Commission, gedachte drey Basreliefs demselben hiermit förmlich auf und verwilligt ihm dafür das verlangte Honorar von Fünfhundert Thalern, in der Voraussetzung daß er sich bald möglichst anher verfügen werde, um die ausführlichern Zeichnungen und Modelle fertigen und, nach dieser Vorbereitung, die Arbeit im großen selbst vornehmen zu können.

[299] So wie man nun allen Grund zu hoffen hat, daß diese Arbeit zu gänzlicher Zufriedenheit ausfallen werde; so glaubt fürstl. Schloßbau Commission voraus zu sehen, daß sie, nach Vollendung gedachter Arbeit, noch zu andern angenehmen und bedeutenden Aufträgen für Herrn Tieck Gelegenheit finden werde.

Weimar am 20. Dec. 1801.


15/4458.


An Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling

Auf den Sonnabend wird Jon gegeben, den man bis jetzt nicht weniger als vier Verfassern zuschreibt. Meine Loge soll für Sie und Ihre Freunde bereit stehen. Mögen Sie nach der Comödie bei uns übernachten, so sollen Sie sehr willkommen sein. Mehr sage ich nicht, weil ich Sie bald mündlich zu begrüßen hoffe.

Weimar am 30. December 1801.

Goethe.


15/4459.


An Christian Gottlob Heyne

[Concept.]

[December.]

Ew. Wohlgeb.

könnte ich wohl für die vielen bey meinem Aufenthalte in Göttingen und nach meiner Abreise erzeigten Gefälligkeiten keinen für beyde erfreulichern Gegendienst[300] leisten als wenn ich in diesem Briefe die Ankunft unserer gnädigsten regierenden Herzogin in Göttingen melde, die ihrer Frau Schwester dort zu begegnen sich zu einer Winterreise gern entschlossen hat.

So ungünstig die Jahrszeit ist, wünscht sie doch die so vorzüglichen Anstalten daselbst kennen zu lernen, und es freut mich um so mehr, wenn ich auch nur mich selbst betrachte, auch künftig in Weimar einen gültigen Zeugen mehr zu haben, wenn manchem das was ich von Göttingen prädicire übertrieben scheinen möchte. Denn ich bin gewiß überzeugt, daß unsere so gründlich unterrichtete und an allem Guten und Schönen theilnehmende Fürstin leider mit einer gewissen Unruhe von dort abreisen und diejenigen glücklich schätzen wird, die längere Muße haben an Ihrer Anstalt Theil zu nehmen, deren Werth man wohl fühlen kann, den zu beurtheilen aber niemand wohl ohne die größte Anmaßung wagen dürfte.

Zur Versicherung meiner dankbaren Ergebenheit füge ich nichts hinzu als den Wunsch bald wieder unter Ihre nostros zu gehören

.[301]


15/4459a.


An Johann Heinrich Meyer

[Concept.]

[Ende 1801.]

Über beykommenden Abdruck eines geschnittnen Steins, den ich am Finger eines Emigrirten in

[83] Pyrmont gefunden habe, bitte ich mir Ihre Gedanken aus. Um die Communication zu erleichtern, sage ich folgendes:

Julius Cäsar, bezeichnete durch den Schwanzstern, das Vexill und das Schwerdt, gegen seinen Mördern über, welche gleichfalls mit Attributen bezeichnet sind; der Dolch über ihrem Haupte ist auszulegen, so auch der Spieß hinter Brutus. Nicht so leicht die Urne hinter diesem und die Art Granatapfel vor dem Cassius.

Der erste Eindruck der Composition ist gefällig; es ist etwas geschmackvoll zierliches in der Zusammenstellung des Ganzen. Was aber bey näherer Betrachtung auffällt, ist die äußerst zarte genialische Charakteristik der drey Köpfe bey einer äußerst leichten Behandlung. Die seine, geistreiche, jesuitische, beynahe etwas verdrießliche Gestalt des Cäsars, der zusammengenommene, gedrängte, kurzgebundne und trutz mäulige Brutus, der explicitere, weichere leidenschaftliche Cassius, alle dünken mich sowohl im Ganzen als im Einzelnen fürtrefflich ausgedruckt.

Ich empfehle die Arbeit durchs Vergrößerungsglas anzusehen. Fast durchaus bemerkt man Spuren des Werkzeugs und dann sind wieder sehr zarte Stellen, z.B. an der Stirne und Wange des Cäsars, so daß er auch durch Behandlung zur Hauptperson wird. Bedeutend aber ist, wie schon gesagt, alles im höchsten Grade; der Contrast zwischen Cäsar und den Gegnern[84] und wieder der Gegner unter sich selbst fürtrefflich empfunden. Irre ich mich nicht, so gleicht Cäsar der großen Büste, die in der Farnesina stand. Was sagen Sie nun zu dem Werke? Ist es alt oder neu? und in beyden Fällen glauben Sie, in welcher Zeit es gemacht sey? Ist es alt, so befremdet zwar der Gegenstand, allein es waren doch auch zu den Kayser Zeiten noch Freyheitsfreunde genug; doch muß man sagen, es ist so zart genommen, daß keine Person dabey avantagirt ist. Sollte es neu seyn, so muß ich mir von den neuern in Absicht auf Genialität einer historischen Sphäre u.s.w. einen bessern Begriff machen, als ich gehabt habe. Sagen Sie mir nun Ihre Gedanken, damit ich wisse, ob sich hierin etwas bejahen oder verneinen lasse.

Geneigt bin ich sehr, wie Sie sehen, die Arbeit für alt zu halten.

Der Stein hat einen Sprung, der durch den Brutus durchgehet.

Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 16.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Nachtstücke

Nachtstücke

E.T.A. Hoffmanns zweiter Erzählzyklus versucht 1817 durch den Hinweis auf den »Verfasser der Fantasiestücke in Callots Manier« an den großen Erfolg des ersten anzuknüpfen. Die Nachtstücke thematisieren vor allem die dunkle Seite der Seele, das Unheimliche und das Grauenvolle. Diese acht Erzählungen sind enthalten: Der Sandmann, Ignaz Denner, Die Jesuiterkirche in G., Das Sanctus, Das öde Haus, Das Majorat, Das Gelübde, Das steinerne Herz

244 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon