1810

[155] 21/5876.


An Silvie von Ziegesar

[1809 oder 1810.]

In einigen Tagen sehen Sie den Freund der von Ihnen wohl empfangen zu werden hofft. Die kurze Ehe. Ein lustiger Titel! Erhalten Sie bald sie wird eben abgeschrieben. Darf ich bitten mich dem lieben Vater zu empfehlen auch mit der lieblichen Freundinn meiner zu gedencken, als eines wahrhaften Einsiedlers. Denn ich sehe fast niemand außer dem Klausner Knebel und meinem Klausurfreund Riemer. Soviel! daß Sie nicht etwa dencken wir leben in Zerstreuung und gedencken nicht dorthin.

G.[155]


21/5877.


An Silvie von Ziegesar

[1809 oder 1810.]

Sie hätten, beste Silvie, mich heute schon gesehen, oder von mir gehört, wenn nicht ein grausamer Fleis mich gefangen hielte. Auf Seebecks Garten hatte ich schon meine Hoffnung gestellt. Dort such ich Sie auf, und verweile sehr gern bis ich zu Knebel gehe der uns auf heut Abend zu sich geladen hat. Viele Empfehlungen den scheidenden und bleibenden Lieben.

G.


21/5878.


An Silvie von Ziegesar

[1809 oder 1810.]

Meine liebe Freundinn werde ich leider heute nur von ferne begrüßen. Indem ich mich freue sie hier zu wissen, betrübt mich daß mein kleines ausgedachtes Fest nicht statt haben soll.

Erlauben Sie mir bey dieser Gelegenheit den Wunsch zu äußern daß ein freundlicheres Verhältniß zwischen unsern Häusern möge statt finden. Gastfreundlichkeit ist von beyden Seiten und wir genießen ihrer nicht. Die Zeit vergeht der Hindernisse sind viel und wir erschaffen uns selbst welche. Tausend Adieu. Paulinen viel artiges.

G.[156]


21/5879.


An Silvie von Ziegesar

[1809 oder 1810.]

In größter Eil! Tausend Danck für Ihr freundliches Wort mit Bitte die geschickten Kleider des lieben Vaters wohl gepackt wenn Sie Gelegenheit haben herein zu schicken. Ich hoffe wir wollen des Handels einig werden. Nächstens mehr!

G.


21/5880.


An Silvie von Ziegesar

[1809 oder 1810.]

Wie sieht es denn in diesen Feyertagen aus. Gäste sind hier angekommen, sollte man nicht auch freundliche Nachbarn hier erwarten können?


21/5881.


An Silvie von Ziegesar

[1809 oder 1810.]

Seyn Sie herzlich gegrüßt liebe Freundinn! Wenn die Sonne uns einigermaßen ihre Strahlen lindert, such ich Sie auf. Nach Drackendorf zu kommen ist mein eifriger Wunsch, ich hoffe er soll mir erfüllt werden. Leider sind mir diese Wochen in tausenderley Beschäftigungen verschwunden. Dem verehrten Papa und dem geliebten Paulinchen die besten Empfehlungen und Grüße.

G.[157]


21/5882.


An Silvie von Ziegesarund Pauline Gotter

[1809 oder 1810.]

Die Freundinnen sind herzlich gegrüßt und dies Blättlein fragt an: ob man sie heute vor dem Schauspiel zu Hause findet? Keine Antwort gilt für Ja.

G.


21/5883.


An Silvie von Ziegesarund Pauline Gotter

[1809 oder 1810.]

Hier das Versprochene mit einer Zugabe. Es thut mir herzlich Leid die Freundinnen nicht persönlich zu begrüßen.

Der gestrige Theaterbesuch ist der königlichen Theorie nicht so günstig als das Westchen.

Wie ihm auch sey! Leben Sie recht wohl und reisen glücklich durch das schreckliche Wetter.

G.


21/5884.


An Carl Friedrich Zelter

Herr von Humboldt, der mit durch seinen Besuch auf das angenehmste überrascht, nimmt diesen Brief an Sie mit. Er sollte eigentlich nur einen Dankhymnus enthalten für alles das Gute was Sie uns in und durch Eberwein gesendet. Es entfaltet sich[158] nur erst nach und nach und ich genieße recht glückliche Stunden in dem Abglanz Ihrer Werke, der freylich einigermaßen gedämpft zu mir gelangte. Die Gunst des Augenblicks, Herr Urian und so manches andere erhebt und erfreut uns jedes in seiner Art; ich wüßte nicht wo ich das Kernhafte mit dem Gefälligen so verbunden angetroffen hätte, als in Ihren Arbeiten.

Herr von Humboldt überraschte mich sehr angenehm. Könnte ich doch ein Gleiches auch von Ihnen wieder hoffen! Doch sind Sie jetzt bey sich beschäftigt genug, um Ihren guten Herrscher würdig zu empfangen und die so lang ersehnten Einflüsse wieder zu genießen.

Sagen Sie mir etwas von Zeit zu Zeit; ich habe bis Ostern noch ein schweres Pensum vor mir. Vergessen Sie ja Johanna Sebus nicht und lassen solche nicht wieder untertauchen, da Sie ihr einmal hülfreiche Hand gereicht haben. Tausend Lebewohl.

Weimar, den 4. Januar 181o.

Goethe.


21/5885.


An Carl Ludwig Kaaz

Viel früher hatte ich Ihnen, mein lieber Kaaz, für die angenehme Sendung danken sollen, mit der Sie uns, besonders aber meine Frau, auf's Neue sehr verbunden haben. Sie hat sich das Bild sogleich[159] zu eigen gemacht und solches ihrem Schmuck- und Schatzkästchen einverleibt; es wird zu Ihrem Andenken daselbst sorgfältig verwahrt werden.

Durchlaucht die Prinzeß ist sehr fleißig und arbeitet mancherley, um die guten von Ihnen überlieferten Lehren in Ausübung zu bringen und sich jenen Unterricht, bey mir hat der Nachklang Ihrer Einwirkung einige Zeit fortgewirkt, und noch jetzt finde ich manchmal ein Vergnügen meine alten Entwürfe etwas deutlicher, doch leider immer nur skizzenhaft, auszuarbeiten.

Hofrath Meyer fragt an, ob Sie das übersendete Geld, welches ihm die Prinzeß zur Besorgung übergeben, wohl erhalten haben? Von Zeit zu Zeit wünschte ich zu vernehmen, wie Sie sich beschäftigen.

Weimar, den 4. Januar 1810.

Goethe.


21/5886.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Es soll mir sehr angenehm seyn wenn Sie noch einige vergnügte Tage in Jena zubringen.

Empfehlen Sie mich allen Freunden und übergeben inliegendes Herrn Dr. Seebeck.

W. d. 6. Jan. 1810.

G.[160]


21/5887.


An Carl Ludwig von Knebel

Ob ich gleich, wie man mir zu vernehmen giebt, mit den Wiener Herrlichkeiten nicht ganz gut bey dir angekommen bin, so will ich es doch wagen, dir abermals ein Heft zu senden, das auch theilweise bedenklich ist, aber doch vielleicht theilweise dein Gefallen erregt. Wenn du es wiedersendest, erhältst du ein anderes, das sehr lesbar und unterrichtend ist, die Fortsetzung von Schlegels Vorlesung. Der Streit den das französische Theater schon über 100 Jahre mit sich selbst und andern Nationen führt, wird hier auf eine sehr kenntniß- und geistreiche Weise auseinandergesetzt. Wird dieß Werk ins Französische übersetzt, so muß es gute Wirkung thun: denn unter den Franzosen sind gleichgesinnte, die aber freilich nicht auftauchen können.

Die Gegenwart des Herrn v. Humboldt hat dir gewiß auch viel Freude gemacht. Wirwar sie belehrend und aufmunternd. Ich erfuhr genauer, wie es im Preußischen mit dem Erziehungs- und Wissenschaftlichen Wesen aussieht und was man davon hoffen darf. In der jetzigen Lage hätte man vielleicht keinen Mann gefunden, der sich zu Restauration so gut geschickt hätte als er.

Er hatte die Artigkeit in den wenigen Stunden, die ihm übrig blieben, meine Farbenlehre und was[161] dazu gehört zu durchlaufen und schien, da ihn der Inhalt eigentlich nicht interessiren konnte, mit der Behandlung und Methode wohl zufrieden. Der erste Band ist nun schon bis zum 39. Bogen gelangt, der zweyte bis zum 30. Und ob ich gleich dem Ende nunmehr entgegensehe, so habe ich doch bis Ostern noch voll auf zu thun. Ich hoffe daß dieses Werk wenn es zu Stande ist, auch dir zur Zufriedenheit gereichen soll. Anders kann ich bis dahin nichts vornehmen.

Von Voigt aus Paris habe ich einen kurzen, aber verständigen Brief. Er geht auf seine Weise unverrückt fort und sieht nun deutlich genug, daß er eigentlich dort aufs Wissen auszugehen hat: denn was das Räsonnement betrifft, darin werden Deutsche und Franzosen wohl nie zusammentreffen.

Wenn ich deinen Saul noch liegen lasse, so verzeihst du mir. Unsere Theaterfreunde haben dazu kein Vertrauen fassen wollen, so daß ich das Stück auf den Geburtstag nicht wagen konnte. Bey genauer Überlegung fast unerläßlich ist, die Gesänge Davids, wenigstens nach Art der Melodramen, mit Musik zu begleiten, und eine solche Composition ist eine sehr schwere, nicht leicht zu lösende Aufgabe; doch habe ich nach Bianca della Porta und Zaire an die Reihe zu bringen.

[162] Dein Carl hat die letzten Köpfchen sehr gut und lobenswürdig nachgeahmt. Wenn er so fortfährt, so wird es ihm wohl gelingen. ich schicke ihm heut wieder einiges. Nächstens aber größere Dinge, damit er nach und nach aus dem engern Wesen herauskommt. Nur müßte man sehen, wie man ihm größere Pinsel verschaffte. Besonders mag er immer mehr auf Licht und Schatten acht geben, Licht und Halblicht. Schatten und Halbschatten von einander gehen. Lebe recht wohl und gedenke unser.

Weimar den 10. Januar 1810.

G.


21/5888.


An Christian Gottlob Voigt

Beyliegendes räsonnirendes Verzeichniß der geognostischen Sammlung des Herrn Bergrath Voigt zu Ilmenau muß jeden interessiren, der diese Gegenstände liebt und sie theils wissenschaftlich, theils historisch zu studiren denkt.

Mir ist gar wohl bekannt, daß das ganze Leben dieses braven Mannes gleichsam in dieser Sammlung enthalten ist. Seine Reisen in Geschäften, seine Excursionen um der Wissenschaft willen, gaben ihm Gelegenheit so viele wichtige Stücke zusammenzubringen. Seine Beharrlichkeit, der Wissenschaft auf seine Weise nützlich zu seyn, veranlaßte die Methode,[163] nach welcher die Gegenstände aufgeführt sind, so daß man von der Einen Seite Sammlung als ein treues Bild der Natur und von der Andren als ein Document der Meinungen und Ansichten in gewissen Epochen betrachten kann.

Der Besitzer hat bey famosen Streite zwischen Vulcanisten und Neptunisten bey jener Partey unverrückt Stand gehalten und wird in der Geschichte der Geognosie, sowohl wegen des Characters den er bewiesen, eine bedeutende Rolle spielen, als auch von ihr desto mehr begünstigt werden, je mehr es ihn selbst freuen muß noch zu erleben, daß den übermächtigen Neptunisten nach und nach manche ihrer Besitzungen wenigstens einzeln entrissen werden.

Er wünscht diese Sammlung an irgend ein öffentliches Institut abzulassen und das mit so größerm Fug und Recht, als sie in der Folge bey Particuliers, denen doch meistens der Raum abgeht, nicht gut aufzuheben seyn möchte, und weil sie wirklich verdient, öffentlich und unverrückt aus den oben schon angeführten Ursachen aufbewahrt zu werden.

Daß bey der allgemein herrschenden Meinung die Rubrik, Vulcanische Gebirgsarten, unter welcher manches enthalten ist, was die herrschende Lehre keineswegs darunter begreifen möchte, daß diese Rubrik und Abtheilung, sag' ich, bey manchen sonst braven Männern der Sammlung eher schaden als nutzen wird, sieht der Besitzer selbst ein, und ich habe[164] nach der Kenntniß der wissenschaftlichen Welt, die jedesmal nach den neuesten Entdeckungen und Meinungen alles sogleich umrangiren möchte, selbst keinen Zweifel dran.

Dabey aber gestehe ich gern, daß mir dadurch die Sammlung um desto lieber wird, weil man dadurch Gelegenheit bekommt, eine von dem Augenblick nicht begünstigte Methode vor Augen zu sehen. Haben doch die Franzosen, bey einer ihrer mannigfaltigen Anstalten, den guten Gedanken gehabt, die Mineralien einmal nach der Wernerischen, das anderemal nach der Hauyschen Methode geordnet, neben einander aufzustellen.

Gedachte Sammlung kann noch aus einem andern Gesichtspuncte angesehen werden. Sie enthält nicht allein, wie oben bemerkt worden, die Geschichte der eigenen Lebensthätigkeit des Besitzers, sondern auch zugleich einen höchst schätzbaren Beytrag zur Geschichte dessen, was unter Durchlaucht des Herzogs Regierung in diesem Fache gewirkt, unternommen, ausgeführt, angeregt und vorbereitet worden, und wie diese hier begonnene Thätigkeit theils nach innen, theils nach außen sehr weit in die Ferne gewirkt.

Mein Wunsch wäre daher, daß man mit dem Besitzer in Unterhandlung träte. Die Summe die er dafür in verlangt. ist billig und würde, wenn er sie in Terminen bezahlt nähme, von dem Überschuß unserer Museums-Casse, in einigen Jahren gar wohl abzutragen[165] seyn. Sind Ew. Excellenz über das Ob mit mir einverstanden, so will ich die Sache weiter vorbereiten und über die nähern Bedingungen, den Transport nach Jena und die Aufstellung daselbst, meine Gedanken nächstens umständlicher eröffnen.

Weimar den 10. Januar 1810.

Goethe.


21/5889.


An Nikolaus Meyer

Weimar den 11. Jan. 1810.

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey, was schon längst hätte abgehen sollen; aber der Winter ist keines Menschen Freund, und auch nur das Geringste aus kalten Kammern hervorzusuchen, scheint uns oft unbequemer als billig ist. Möge dieses Packet Sie und die lieben Ihrigen in guter Gesundheit antreffen. Sie haben uns indessen durch allerley gute Sendungen erfreut und erquickt, wofür wir Ihnen vielen Dank sagen.

[166] Zunächst wünsche ich wohl, daß Sie uns eine Beschreibung von Ihrem jetzigen Aufenthalt geben, von dem Ort, seiner physischen und politischen Lage, von dem Geschäfts- und Gesellschafts-Kreis, und wie Sie sich daselbst befinden und eingerichtet haben. Eine solche Nachricht würde mir sehr angenehm seyn, weil es uns einen Gedankenbesuch bey Ihnen erleichtert.

Leben Sie recht wohl! Meine Frau schreibt nächstens. Geben Sie mir Nachricht ob Gegenwärtiges angekommen, und was Sie etwa sonst von uns wünschen.

G.


21/5890.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

erhalten hierbey verschiedene mitgetheilte Papiere zurück.

1.) Bey den Pflichts-Rotuln habe ich weiter nichts zu erinnern, als daß man etwa in der Körnerischen, da wo das Fähnchen nach der dritten Zeile steht, wie Ew. Excellenz bemerken, einschalten könnte:

so lange Ihr, nach der Überzeugung und dem Gutbefinden Herzoglicher Commission, in dieser Qualität angestellt seyn werdet.

Die Expedition dieser Sache könnte man solange aussetzen, bis wegen der Besoldung entschieden ist, da man dem Verpflichteten auch bald eine günstige Resolution eröffnen könnte.

[167] 2.) Liegt ein Brief an Professor Voigt nach Paris bey. Er scheint seine Sachen durchaus klug und gut zu machen.

3.) Herr Brecht ist nicht gut berathen, daß er in diesem Ton auftritt. Er hätte das, was er dieses Vierteljahr geleistet, seine Vorträge, die Art derselben, die Zahl seiner Zuhörer und dergleichen erst ausführen, sich auf das Zeugniß einiger wackern Männer in Jena berufen, seine Hoffnungen und nothwendigen Einrichtungen willen, sich eine baldige Entschließung erbitten sollen. Da er aber so peremptorisch erscheint, so möchte man wohl darauf resolviren: wie gebeten abgeschlagen! Ew. Excellenz werden ihn deshalb schon gefällig bescheiden.

4.) Der alte Klötzner hat sich doch lange gehalten. Ich wünschte Herr Schlegel hätte uns das ganze Skelett verschaffen können. Sein Knochenbau muß auf alle Weise merkwürdig seyn. Doch läßt sich freylich so etwas von einem Arzte in einem Landstädtchen nicht verlangen.

5.) Zugleich übersende das räsonnirende Verzeichniß der geognostischen Sammlung des Herrn Bergrath Voigt zu Ilmenau, mit dessen Briefe und einem von mir aufgesetzten Votum. Wenn Ew. Excellenz jenes Verzeichniß durchblättern, so werden Sie sich der guten alten Zeiten erinnern und sich freuen, daß hier noch alle Spuren jener Bemühungen und Arbeiten,[168] jener Reisen und Spaziergänge, so mancher nothwendigen und willkührlichen Expeditionen übrig geblieben und die Resultate so mancher Betrachtungen bey diesen sehr wohl geordneten Resten aufbewahrt sind.

Ew. Excellenz werden es natürlich finden, daß ich die Acquisition der Sammlung wünsche, um mich beym Auspacken und Einlegen derselben in die Schubladen und Repositorien noch einmal in der Vergangenheit zu bespiegeln, und indem ich selbst über diese Dinge noch manches schriftlich mitzutheilen habe, auch von meiner Seite beyzutragen, daß von so manchem geschehenen und geleisteten einiges Andenken übrig bleibe.

Ich glaube nicht, daß man Preis, den der Besitzer verlangt, zu hoch finden werde. Freylich sind keine Prachtstufen, noch Stücke von innerm metallischen Werthe dabey; aber eine solche Sammlung kommt uns durchaus höher zu stehen als eine andre, wie ich nur zu gut aus eigener Erfahrung weiß. Wollte man die Reisen und Transportkosten rechnen, die man nach und nach aufgewendet hat; so würde eine ungeheure Summe zum Vorschein kommen. Und eigentlich wird denn doch am Ende nur im gegenwärtigen Falle die deutliche Kenntniß, das Unterrichtende, die Methode bezahlt.

Wegen einer dereinstigen Aufstellung in Jena werde ich das Nähere zu erkennen geben. Lenzen würde ich[169] sie nicht anvertrauen, dessen Strudeley und wilde Behandlung alles dessen was nicht mit seiner heutigen Meynung zusammentrifft, mir leider nur allzu wohl bekannt ist, und unsere Anstalt gar manchen verschmerzten und verwischten Schaden gethan hat.

In den Zimmern über der Reitbahn ist ein recht hübscher Platz dazu, und die ehmaligen Schränke der Conchylien können vielleicht zu diesem Zwecke recht sauber eingerichtet werden.

Möchten Ew. Excellenz, indem ich über diesen alten Erinnerungen, Resten und Einrichtungen noch immer wie ein Abgeschiedener Geist schwebe, der nach Hofrath Jungs Theorie bey seinen im Leben so sehr geliebten Schätzen wie ein blauer Dunst verweilt, möchten Sie für das Viele was Sie uns sind doch eine recht freudige und lebenvolle Belohnung genießen. Mich zum allerbesten und angelegentlichst empfehlend

Weimar den 14. Januar 1810.

Goethe.


21/5891.


An Anton Friedrich Justus Thibaut

[Concept.]

Wohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr,

Wie vielen Dank ich Ew. Wohlgebornen schuldig bin, habe ich nur immermehr entdecken können, je länger mein Sohn sich in meiner Nähe befindet und mir nach und nach von dem Heidelberger Leben, seiner[170] Theilnahme daran und seinen Studien erzählt und eröffnet. Es thut mir daher um so mehr leid, daß ich dem von Ew. Wohlgebornen gegen mich geäußerten Wunsche nicht bereitwillig entgegenkommen kann.

Ich kann zwar nicht in Abrede seyn, daß ich mit einigen Curatoren der russischen Akademie in ganz guten Verhältnissen stehe, auch sonst auf mancherley Weise jenen Gegenden verbunden bin; allein ich mußte mir sowohl aus allgemeinen moralischen, als auch aus besondern Local- und Persönlichen Rücksichten zum strengsten Gesetz machen, Niemanden zu empfehlen, als wenn ich gefragt, aufgefordert und in einem besondern Fall meine Meynung zu eröffnen veranlaßt wurde. Ich habe alsdann die Schilderung der in Frage seyenden Personen nach meiner Überzeugung abgegeben, und die Entscheidung jenen Stellen ohne weiteres überlassen.

Daß man übrigens dortigerseits vielleicht künftig ohne Mittelspersonen direct mit Gelehrten tractiren will, die zu irgend einer solchen Anstellung Lust haben, scheint mir der Aufruf anzudeuten, der in Nr. 2 des Intelligenzblattes der Universität zu Charkow, abgedruckt steht. Wie denn soviel ich weiß sowohl was den Erfolg dieser Anstalten, als die Gesinnungen über dieselben betrifft, sich zeither manche Veränderungen mögen ereignet haben. Dieß ist das Verhältniß wie ich es einsehe und wovon ich Ew. Wohlgebornen vertraulich[171] Eröffnung thue, um allen Verdacht einer Lässigkeit oder Ungefälligkeit von mir abzulehnen.

Ich füge meine besten Wünsche für Ihr Wohl hinzu und werde meinen August auffordern und aufmuntern, daß er zu Ostern von seinem vergangenen halben Jahre Rechenschaft gebe und sich Ew. Wohlgebornen Freundschaft und Antheil dadurch abermals empfehle.

Der ich pp.

Weimar, den 14. Januar 1810.


21/5892.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

ersehen aus beyliegenden Schreiben, daß der Staatsraths-Auditor und Bibliothekar Herr Grimm in Cassel für sich und seinen Bruder um Mittheilungen zweyer auf der hiesigen Bibliothek befindlichen Manuscripte altdeutscher Liedergebeten hat, welche ich mir habe geben lassen und hier zu näherer Einsicht beylege. Was mich betrifft, so würde ich diesen beyden Personen die Communication wohl gönnen, da ich den jüngeren Bruder bey seiner Durchreise hier kennen gelernt und ihn als einen ganz hübschen, in diesem Fache ganz fleißigen Mann gefunden. Nicht weniger muß ich bemerken, daß mir von Göttingen aus alle und jede Bücher auf mein Verlangen, bis auf die neusten Zeiten, mitgetheilt worden, wogegen ich dorthin auch etwas Freundliches zu erzeigen wünschte.

[172] Ew. Excellenz habe jedoch die Sache vorher mittheilen und zu gefälliger Überlegung und Entschließung anheim geben wollen.

Weimar, 18. Januar 1810.

Goethe.


21/5893.


An Caroline von Wolzogen

Weimar, 18. Jan. 1810.

Daß unser Freund zurückkäme und sich bey uns pflegte war mein stiller Wunsch, daß er bey Ihnen einkehrt muß ich mir, obwohl ungern, gefallen lassen. Ich bin auf meine Wände beschränkt und mit seinem Übel hat er auch Ursache sich zu Hause zu halten. Doch werden Sie ja, theure Freundin, das beste thun die Mittheilung zu unterhalten. Es ist noch allerley bey mir vergraben, wir wollen die Geister emsig beschwören, daß sie es an's Licht lassen. Die besten Grüße dem Kommenden, dem ich eben einladen zu schreiben im Begriff war.

Goethe.


21/5894.


An Jacob Grimm

Wohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr,

Das Vergnügen, das ich durch die Bekanntschaft des Herrn Bruders hier genossen, wird nicht wenig dadurch vermehrt, daß ich zugleich zu der Ehre Ihrer Zuschrift gelange. Sehr gern übersende ich die Manuscripte,[173] welche ich auf meinen Namen von Herzoglicher Bibliothek entlehnt. Ich füge die Abschrift des Scheins bey, den ich deshalb ausgestellt.

Es soll mir sehr angenehm seyn, wenn Sie in diesen beyden Bändern einige bedeutende Stücke finden, und indem Sie solche entziffern und mittheilen, das Verdienst, das Sie sich schon um diesen Zweig der deutschen Literatur gemacht, zu unsrer allseitigen Dankbarkeit vermehren.

Der ich die Ehre habe mich zu unterzeichnen

Ew. Wohlgeboren

Weimar

gehorsamsten Diener

den 19. Januar 1810.

J. W. v. Goethe.[174]


21/5899.


An Caroline von Egloffstein

[22. Januar.]

Sie erhalten, theure Freundinn, die mir heute früh mitgetheilten Vorschläge in einem Billet an Herrn Präsidenten von Fritsch sogleich beantwortet zurück, um sie heute Abend, in der wahrscheinlichen Session, noch weiter durchzusprechen. Wie leid thut mirs, daß ich auf meine vier Wände eingeschränkt bin, sonst würde ich gewiß nicht fehlen. ist die Sache etwas weiter, so kommen Sie ja wohl einmal bey mir zusammen: denn das Eisen will freylich geschmiedet seyn, wenn ein Hufeisen daraus werden soll. Grüßen Sie mir das liebe, sonst so genannte Kehlchen, und sagen Sie ihr: es thue mir leid, daß ich mir bey dieser Gelegenheit für sie nichts heiteres erdenken dürfe. Dagegen wollen wir denn mit Erlaubniß, wenn die Sache einmal ausgemacht ist, für unsre schlanke Gräfinn etwas aufgehen lassen. Leben Sie recht wohl und interessiren Sie sich ja für die Sache.[177] Es ist in mehr als einem Sinne nothwendig, daß wir dießmal etwas zusammen bringen, das sich darf sehen lassen. Ich hoffe mündlich bald mehr.

Goethe.[178]


21/5895.


An Johann Heinrich Meyer

[26. Januar.]

Mitten im Festgetümmel sende den Gautier. Ein Paar Worte über ihn zu ruhiger Stunde. Ist die Jägerinn zu haben; so bitte darum. Kommen Sie doch heut Abend. Mad. Hendel wird bey uns seyn.

G.


21/5896.


An Caroline von Egloffstein

[26. Januar.]

Hier kommt ein Abgesandter, theuerste Freundinn, mit einem großen Blatte, welches er auslegen wird.[174] Haben Sie die Güte ihm die nöthigen Anmerkungen dazu zu dictiren, und was am nächsten zu bestimmen erforderlich wäre, zu bezeichnen.

Herr von Bielke und Boyneburg könnten Nr.7 und Nr. 9 übernehmen. Die Fräul. Täubner, Laßberg, Marwitz hätten Nr. 6 und 8 offen, und für die Überbleibende findet sich gewiß auch noch etwas artiges: denn wir werden noch manches einzuschalten und zu ändern haben. Sie mag vor der Hand zu ihrer Kleidung wählen, was ihr am bequemsten ist und ihr gut steht. Den Charakter wollen wir schon finden. Das Mehrere sagt Überbringer und empfiehlt mich zugleich.

G.


21/5897.


An die Herzogin Louise

Durchlauchtigste Herzoginn,

gnädigste Frau,

Um an den heutigen schönen Tage nicht ganz leer vor Ew. Durchl. zu erscheinen, nehme ich mir die Freyheit den historischen Theil meiner chromatischen Bemühungen, obgleich leider auch noch unvollendet zu übersenden. Das Buch ist im Ganzen nicht lesbar, vielleicht aber finden Ew. Durchl. beym Durchblättern einiges Geschichtliche, besonders Biographische das Interesse gewährt.

Von meinen Wünschen, meiner Freude bey den neuesten glücklichen Ereignissen sey mir erlaubt zu[175] schweigen. Ew. Durchl. kennen als einen ewig treu ergebenen

Höchstihro

d. 30. Jan. 1810.

unterthänigstenJ. W. v. Goethe.


21/5898.


An Carl Wilhelm von Fritsch

Ew. Hochwohlgeboren

ersehen aus nachstehendem Schema, wie unser Aufzug sich zuletzt gestaltet hat. Ich wünschte dem Arrangement Ihren Beyfall. Die Nummern, wozu die Verse August zu sprechen hat, sind mit Roth unterstrichen, die andern, welche Ihnen empfohlen werden, ohne Bezeichnung. Hiernach werden Sie übersehen können, wenn Sie beykommende Strophen damit vergleichen, welcher Theil Ihrer Rolle noch zurücksteht, welches leider der größte ist. Ich habe alles auf einzelne Blätter schreiben lasen, damit das Einzuschaltende eingeschaltet werden kann; eine schließliche Abschrift wird die sämmtlichen Strophen mit ihren Stichwörtern in der Folge darstellen und aller Verwechslung vorbeugen.

Morgen früh um 12 Uhr, ja eher, werde ich mich im Stadthause einfinden. Die Herren werden gebeten sämmtlich, und von den Frauenzimmern, wer Lust und Muße hat, zu erscheinen. Auch wollte ich bitten, daß man alles, was noch etwa an Requisiten abgeht,[176] in diesem Termin erinnerte und entweder mündlich zum Protokoll gäbe oder schriftlich zu Acten einsendete. Ew. Hochwohlgeboren haben ja wohl die Güte, diesen Wunsch an die Interessenten gelangen zu lassen.

Weimar, den 31. Januar 1810.

Goethe.[177]


21/5900.


An Carl Wilhelm von Fritsch

Ew. Hochwohlgeboren

danke nochmals für alles gestern erzeigte Freundliche und Gute. Ich habe noch eine Anzahl Exemplare aus dem gestrigen Getümmel gerettet und sende daher 50, weil sie doch als Novität immer mehr werth sind. Der Satz ist in der Druckerey stehen geblieben, und die Gesellschaft kann nachschießen lassen, so viel sie will. Der Aufwand ist gering. Das Exemplar kommt nicht 18 Pfennige. Da wir Beyfall gefunden haben, so würde ich einen anständigen Titel vordrucken lassen und noch einiges hinzufügen und ändern. Hierüber ließe sich am besten mündlich verhandeln. Wollten Sie daher wohl morgen früh mit Ihrer lieben Frau Gemahlin, der ich für die schöne Stickerey selbst zu danken wünschte, zu unserer Singstunde früh um 11 Uhr sich einfinden? Bis dahin empfehle ich mich zum allerschönsten.

Weimar, den 3. Februar 1810.

Goethe.[178]


21/5901.


An Caroline von Egloffstein

Indem ich mich nach Ihrem Wohlbefinden, theuerste Freundinn, erkundige, so bezeige ich mein Leidwesen darüber, daß Sie gestern Abend die so unvergleichlich als mannigfaltig und kostbar gekleidete Versammlung nicht haben mit ansehen können. Es war wohl der Mühe werth, deshalb noch einige Noth und Angst auszustehen. Haben Sie tausend Dank für alles das Freundliche was Sie mir bey dieser Gelegenheit erwiesen. Dürfte ich nun um die Gefälligkeit bitten, möglichst beyzutragen, daß wir die Zeichnungen, sie seyen in welchem Stande sie wollen, wieder erhalten. Wir wünschen eine Sammlung davon, auf Verlangen, in verificirten Copien den Interessanten zuzustellen.

Wie hat die schlanke Jägerin geschlafen? Hier folgen noch einige Exemplare des Gedichtes. In einigen Tagen stehen mehrere zu Befehl. Werden wir morgen das Vergnügen haben Sie bey uns zu sehen?

Weimar den 3. Februar 1810.

Goethe.


21/5902.


An Bettina Brentano

Deine Schachtel, liebe Bettine, ist wie eine Glücksbombe ins Haus gefallen und hat einen herrlichen[179] Effeckt gethan. Meine Frau mag dir selbst schreiben wie verlegen sie um ein Maskenkleid gewesen und wie erfreut sie bey Eröffnung der Schachtel war. Dein lieber Brief mußte als der schönste Schmuck des Ganzen angesehen werden. Nimm in diesen wenigen Worten meinen Danck für deine nie versiegende Liebe, dein immer lebendiges Andencken an die Gegenwärtigen deine Treue für die Vergangenen. Dein Albrecht Dürer wohl restaurirt und eingerahmt, hängt an der Wand zur Lust aller Kunstfreunde und Patrioten. Lebe wohl und laß bald wieder von dir hören.

W. d. 5. Febr. 1810.

G.[180]


21/5902a.


An Leon de Yacovleff

[Concept.]

[Weimar, 5. Februar 1810.]

V. E.

sera persuadee que l'envoi que je viens de recevoir en me surprenant tres agreablement m'a fait un plaisir infini, tant comme gage precieux de Son Souvenir que comme piece tres interessante d'histoire naturelle.

[129] J'ose bien dire que je ne connois enter les pierres composees aucune qui me paroisse valoir celle la qui jusqu'ici a manqué a ma Collection.

Ayes la bonté Mr. le Comte d'accepter avec les remercimens les plus sinceres une piece que je fais partir par le Chariot de Poste. C'est une Chalcedoine a plusieurs couches qui taillee et gravee sous Votre Direction donnera lieu j'espere a quelque Camee digne de Votre Collection pretieuse.

Ayes la bonte d'agreer en meme tems les assurances les plus respectueuses du parfait devouement de celui qui a l'honneur de se souscrire.[130]


21/5903.


An Carl Ludwig von Knebel

Es ist mir diese Zeit her, wie du erfahren und gesehen hast, gar wunderlich gegangen, indem ich durch äußern Andrang zu einem Gedicht angeregt worden, woran ich außerdem wohl niemals gedacht hätte. Man hat es überhaupt gut aufgenommen und es freut mich zu vernehmen, daß es auch deinen Beyfall hat. Freylich war der Text zu diesem Commentar sehr schön. Es ist nicht leicht bey uns ein so mannigfaltiger und brillanter Aufzug erschienen. Leider bin ich dadurch von meinem chromatischen Wesen abgeführt worden, und werde zwischen hier und Ostern noch mehr gedrängt seyn. nun steht uns auch der Geburtstag[180] der Hoheit bevor, der auch durch Redouten und Maskeraden gefeyert werden wird. Jener Aufzug wird wiederholt und es wäre schon der Mühe werth, herüber zu kommen und ihn zu sehen. Du brauchtest deswegen dem lärmenden Feste nicht selbst beyzuwohnen.

Mit etwas poetischen müssen wir auch wieder auftreten, und ich fühle mich erschöpft. Ein oder ein paar Sonette will ich wohl zu Stande bringen. Der Schreiber des Gegenwärtigen wird auch nicht feyern. So haben wir auch Gries eingeladen uns etwas dazu zu stiften. Wolltest du in der Distischenform, die dir so wohl geräth, auch ein paar kleine Gedichte hinzufügen; so wäre auch wieder was neues, erregte den Wunsch zu wissen, von wem jedes einzelne entsprungen, und was dergleichen mehr ist; und die Hoheit würde, nach Ihrer äußerst freundlichen Art, Jedem Dank wissen und bezeugen. Es ist noch lange hin, nämlich bis zum 15. Man ließe die Verse in schicklicher Ordnung drucken. Für das alles wollte ich sorgen.

Grüße deinen Carl schönstens. Er macht seine Sachen täglich besser. ich werde ihm nun ernsthaftere Dinge schicken müssen. Nächstens soll etwas folgen.

Laß dir von meinem August das Umständlichere des Aufzugs erzählen, er hat sich dabey sehr gut ausgenommen und producirt. Lebe recht wohl und grüße die Deinigen.

Weimar den 7. Febr. 1810.

G.[181]


21/5904.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgebornen

hoffe durch beygehendes einiges Vergnügen zu machen, da ich Ihre Theilnahme sowohl an öffentlichen Dingen, als an dem was uns besonders angeht, zu kennen und zu schätzen weiß. Diese kleinen Heftchen sind erst gestern angekommen und es hat sie noch Niemand gesehen. Sollten aber Ew. Hochwohlgebornen guten Freunden etwas daraus vorlesen wollen, so würde es mir zum Vergnügen gereichen; nur bitte das Bändchen nicht aus Händen zu geben. Mich freundschaftlichen Andenken empfehlend

Weimar den 7. Febr. 1810.

Goethe.[182]


21/5904a.


An die Hoftheater-Commission

Die Anstellung eines neuen Tanzmeisters betreffend, auf welche sich beyliegender Brief so wie das demselben zugefügte Votum bezieht, habe ich folgendes mitzutheilen.

Serenissimus äusserten als Hauptmotiv dieser Berufung, daß Sie von hiesigen Familienvätern und Müttern um Herbeiziehung eines Tanzmeisters angegangen worden; weshalb man denn auch jene Negotiation mit dem Hanauer angefangen.

Allein inzwischen haben mehrere hiesige Personen ein Vertrauen auf einem Tanzlehrer, Namens Langer in Rudolfstadt, geworfen, und ist auch schon, wie aus[130] dem beygelegten Blatte zu ersehen, eine beynah hinlängliche Subscription zu Stande gekommen.

Nun möchte es wohl bedenklich seyn, daß man von Seiten des Theaters jene Negation mit dem Hanauer fortsetze:

1.) Weil man eine beynahe zu Stande gekommen Verabredung von Privatpersonen dadurch störte und ihnen, entweder statt eines Mannes in den sie schon Vertrauen gesetzt, einen Freunden Unbekannten aufdränge; oder, wenn sie bey dem genannten Lenger verharrten, jenen zu einer schon occupirten Stelle beriefe.

2.) Hat man in den gegenwärtigen Falle die Bequemlichkeit, ohne Kosten und Risiko, gedachten Lenger zu beobachten, wie er sich während seiner 3 Monate benimmt. Fällt diese Erfahrung gut für ihn aus, und man wünschte ihn zu behalten: so wird er sich, wie ich vernommen, auch gerne hier fixiren, und es brauchte, wenn er vom Publicum gekannt und für seine Dienste bezahlt ist, nur einen Zuschluß von Serenissimo, um denselben auch noch bey andern Anstalten brauchen zu können.

3.) Gestehe ich aufrichtig, daß ein Ballet, von welcher Art es auch sey, bey unserm Theater nicht leicht gedeihen werde, und seiner Natur nach dennoch die Kosten vermehren und manche Unzufriedenheit erregen muß. Weswegen mir also ein einzelner[131] Mann, wie dieser, einem andern, der Familie hat, vorzuziehen scheint.

Auf alle Fälle kann man sich mit dem Hanauer in Connexion erhalten und, nach Beschaffenheit der Umstände, ihn vielleicht zu Michael auf einige Wintermonate engagiren, da er denn mit seinen Darstellungen eher der Casse nützen, dem Hofe und Publicum erfreulich werden könnte, als im Sommer, wo durch den Lauchstädter Aufenthalt die Sache ohnehin, im Ganzen, ein anderes Ansehen gewinnt.

Gegenwärtiges lege ich zur Prüfung vor, und überlasse, ob man hiernach, oder auf eine sonst gefällige Weise, Serenissimo unterthänigsten Vortrag thun will.

Weimar den 8. Februar 1810.

Goethe.[132]


21/5905.


An Christoph Martin Wieland

Indem ich die neue Ausgabe des Gedichtes vom 30 ten übersende, lege ich folgendes meinem theuren Herrn und Bruder ans Herz. Du hast Pr. Caroline mit einem freundlichen Gedichte begrüßt ich habe dasselbe an der Herzoginn Geburtstag gethan. Nun folgt der Geb. Tag Ihro Hoheit, mehrere Freunde wollen kleine Gaben zusammen spenden, die ich redigiren und, zusammen gedruckt, dem neuen Maskenzug, der aus Russischen Völckern besteht, anvertrauen wollte. Du[182] würdest uns sehr erfreuen wenn du ein weniges mit ins Füllhorn legen wolltest. Die Gedichte werden nicht unterzeichnet. Das Rathen wer sie gemacht ist unterhaltend. Alle formen sind gleich willkommen, die freyeren wie die gebundneren.

In vier fünf Tagen fällt die gewiß was ein. Zum Schönsten bittend. Der Deinige

d. 9. Febr. 1810.

Goethe.


21/5906.


An Caroline von Egloffstein

[12. Februar.]

Sie erhalten, theuerster Freundin, noch ein spätes Blatt von mir. August ist angekommen und hätte schon selbst aufgewartet wenn er nicht in einiger Bänglichkeit befangen wäre. Die Vorklage will er dem Vater überlassen. Da ich nun immer als Micio bekannt bin so darf ich es nicht ablehnen. Die schöne Aufforderung macht ihn verlegen. Er glaubt mancherley Gründe zu haben, die alle gut sind und die vielleicht alle nichts taugen. Er mag nur selbst kommen und probiren wie man sich entzieht. Wäre nicht von einer Quadrille die Rede, so böte der Vater sich für den Sohn an, bey dieser schönen Gelegenheit, da es sonst billig ist daß der Sohn für den Vater stehe.

Freundlichkeit und Verzeihung.

Goethe.[183]


21/5906a.


An Franz Kirms?

[Concept.]

[Weimar, Mitte Februar 1810.]

Ew. Wohlgebornen

haben mir noch gestern Abend spät eine Besorgniß geäußert, die darüber entspringen wollen, daß die nächste Sonntags-Redoute wegen der dabey beliebten Einschränkungen etwa weniger besucht werden könnte. Ich sage hierüber ganz aufrichtig meine Meynung, wie ich sie geäußert, als wir über dieser Sache vor einiger Zeit Rath gepflogen.

[132] Es ist Ihnen leider genugsam bekannt, daß die Redouten blos dadurch so tief gesunken, daß man dabey sich allzu läßlich benommen, so daß es dem Niedrigsten leicht geworden sich droben zu ergehen, weshalb sich nicht nur alle vornehme sondern alle anständige Personen davon entfernt; wie denn die zweyte Redoute dieses Winters hievon ein Zeugniß giebt, wobey nur 27 bezahlte Billets eingekommen.

Da man nächsten Freytag bey Hofe einen Maskenball giebt, wobey so ausgezeichnete schöne Kleidungen erscheinen; so wird die Sonntags-Redoute schon höchst brillant seyn, wenn die höchsten Herrschaften die Gnade haben darauf zu erscheinen und die übrigen Personen des Freytägigen Festes ganz gewiß nach ziehen. Sehr viele die an diesem Tage nicht Theil genommen, werden wünschen jene schönen und wohlverzierten Gestalten gleichfalls mit Augen zu erblicken, und die anständigen Personen der Stadt werden auf ihre Weise auch befriedigt werden.

Freylich wäre es höchst wünschenswerth daß die Personen welche die Russischen Völkerschaften vorstellen sich entschlössen auch auf der Redoute ihren Aufzug zu wiederhohlen.

Von Fremden kann man mit Gewißheit sagen, daß viele aus der Nachbarschaft herbeykommen, ja sogar, daß Riesende schon die Einrichtung getroffen haben, sich diesen Tag hier zu befinden.

[133] Von den sämmtlichen Abbonnenten wird niemand fehlen und diese machen schon ein kleines Publicum und ziehen Freunde und Verwandte nach sich.

Glaube man nur nicht, daß die Forderung von Character-Masken den Menschen lästig sey. Jeder freut sich, wenn seine Erfindungskraft, sein Witz einigermaßen angeregt wird, und vergißt darüber manches drängende Übel der Zeit.

Hierzu kommt noch, daß kluge Speculanten schon gefällige Charactermasken-Kleidungen theils zubereiten, theils kommen lassen, deren Miethe sich nicht höher belaufen wird, als in der letzten Zeit die Miethe eines Tabarros, die. . .

Setzt man diese Einrichtung mit Beständigkeit fort, zeigen sich die gnädigsten Herrschaften jeder Zeit geneigt die Redouten zu besuchen; so wird diese Anstalt zum Vergnügen der Einwohner und zum Vortheil des Stadtraths gewiß sobald nicht wieder sinken, da sie durch ein Paar so schöne Feste aus ihrer Erniedrigung mit Entschlossenheit und Anstrengung glücklich erhoben worden.[134]


21/5907.


An Carl Ludwig von Knebel

Tausend Dank in Einem Worte dir und Herrn Gries für das Übersendete! Die Blätter wandern gleich in die Druckerey. Abdrücke sollen bald möglichst aufwarten. Ich lege noch ein paar vom vorigen Aufzug bey.

Auch die Voigtische Briefe. Ich dachte sie dem Herzog sehen zu lassen, weil sie gar löblich sind und weil ich wünsche, daß der Fürst mit einer mäßigen Gabe den leider so hart verletzten erfreute. Auf alle Fälle trage ich darauf an.

Herrn Doctor Seebeck danke schönstens für seinen Brief. Er wird mir erlauben, ihn in meiner Farbengeschichte abdrucken zu lassen.

Ich schreibe nächstens selbst an ihn und sende die Journaux de Physique.

Heute nicht weiter: denn es geht sehr bunt bey uns zu.

Weimar den 14. Februar 1810.

G.


21/5908.


An Christoph Martin Wieland

Hohe herzlichen Dank, Theurer Freund und Bruder, für deine Bemühung und sey ja so gefällig uns deinen Entwurf zu schicken. Wir wollen ihn auf das freundlichste und sorgfältigste in Überlegung ziehen. Sollte[184] auch auf den Freytag kein Gebrauch davon gemacht werden, weil wir freylich sehr im Engen sind; so ist Sonntag doch Redoute, gleichfalls zu Ehren der Hoheit, wo es gewiß gut aufgenommen wird, wenn etwas Bedeutendes erscheint, in einem Augenblick wo man glaubt, daß schon alles vorbey ist. Riemer käme vielleicht den Sonnabend zu dir, das Weitere zu bereden.

Weimar den 14. Febr. 1810.

Goethe.


21/5909.


An Caroline von Egloffstein

Gegenwärtiges erhalten Sie, vortreffliche Freundin, durch den Bartkünstler: denn auf alle Fälle bedarf Ihr Herr Gemahl eines solchen russischen Schmucks. Wir sehen ihn doch um 11 Uhr auf dem Schlosse: denn ich habe auch an ihn als Hofmarschall manches Anliegen. Stehen Sie vielleicht auch uns bey?

Die schöne Jugend soll uns nur keine verdrüßlichen Gesichter machen: denn das wäre ein übler Schluß nach so viel Heiterkeit. Zwey Verse für die einwandernden Italiäner stehn schon auf dem Papiere. Mich würde besonders der Reim von Pomeranzen und Tanzen verdrießen, wenn ich ihn verlieren sollte. Ich mache das Gedicht fertig: denn es ist ja nicht der letzte Redoutenabend und wir brauchen noch manchen Spaß und Zierde auch auf den folgenden,[185] wo ja dieser Einfall vielleicht besser und glücklicher als gegenwärtig ausgeführt werden kann.

Leben Sie recht wohl und lassen Sie uns sich empfohlen seyn.

Weimar den 14. Febr. 1810.

Goethe.


21/5910.


An Silvie von Ziegesar

Haben Sie, liebste Freundinn, bis jetzt nicht von mir gehört: so verzeihen Sie mir es wohl um der schönen Maske willen die ich Ihnen vorbereitet und um des statlichen Ritters willen den ich Ihnen zugetheilt habe.

Um eilf Uhr versammelt man sich im großen Schloßaale und wünscht Sie dort zu sehen. Ich freue mich sehr Sie wieder zu begrüßen.

W. d. 15. Febr. 1810.

Goethe.


21/5911.


An Carl Wilhelm von Fritsch

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hierbey 200 Exemplare zu gefälliger Austheilung an die Gesellschaft und sonstige Freunde. Das dritte Hundert ist bey mir schon ziemlich auf die Hälfte zusammengeschmolzen. Es scheint, als ob keine Schriften besser abgingen, als die man gratis austheilt. Mit meinem Rest will ich noch die Nachfragenden zu befriedigen suchen.

[186] Wie befindet sich denn unsere liebe kleine Frau? Kann sie den Zug heute anführen? Das Heizen der obern Zimmer ist besorgt. Genast wird sich mit den Stangenmännern zur rechten Zeit einfinden und weitere Anordnung erwarten. Eberwein der Ältere wird die russischen Melodien mit Instrumentalmusik vortragen, wodurch wieder etwas Neues und Fremdes entsteht. Ich wünsche, daß alles wohl passen und gelingen möge. Ich werde diesmal schwerlich selbst aufwarten können.

Weimar, den 18. Februar 1810.

Goethe.


Noch Eins!

Ist es möglich, so wünschten wir die sämmtlichen ausgetheilten Zeichnungen wieder zurückzuerhalten, in welchem Zustande sie auch seyn mögen. Wir würden sie nebst denen vom ersten Aufzuge in ein Buch zusammenbringen und zum künftigen Gebrauch aufheben. Einzeln nutzen sie niemanden, gesammelt aber können sie künftigen Maskenlustigen zu neuer Anleitung dienen. Der ich wohl zu leben wünsche und mich bestens empfehle.


21/5912.


An Carl Friedrich von Reinhard

Dießmal, verehrter Freund, war ich glücklicher und habe die Fürstinn und den Fürsten Repnin gesprochen.

[187] Meine Bemühungen die ich seit den letzten drey Wochen einer großen Maskerade widmen mußte, wurden mir auch dadurch belohnt. Sie werden erzählen, daß ich in einer etwas wunderlichen Gestalt meine Aufwartungen gemacht. Die Maske der Fürstinn war außerordentlich schön und kleidete die schöne Dame sehr gut. Der Fürst erzeigte sich sehr freundlich und sprach über manche interessante Gegenstände, deren weitere Ausführung ich wohl gern vernommen hätte. Sie schienen beyde, so wie Fremde und Einheimische, mit ihrem Abend wohl zufrieden zu seyn.

Sie können denken, daß ich durch diese Erscheinungen von meiner Bahn einigermaßen abgelenkt worden bin. Will ich nicht ganz daraus fallen, so muß ich im März nach Jena gehen, um in absoluter Einsamkeit das Farbenwesen endlich abzuschütteln, das ich Ostern los seyn will und wenn es fragmentarisch geschehen sollte.

Der Cammer Diener des Fürsten nimmt gegenwärtiges Packet mit. Die beyden Maskenzüge welche in diesen Heften celebrirt werden, haben unsere Gäste am 16. vereint auftreten sehen. Möchten Sie beym Lesen einiges Vergnügen empfinden und angereizt werden, sich diese Gestalten durch die Einbildungskraft zu vergegenwärtigen. Mehr will ich jetzt nicht sagen von manchen was mir zu sagen übrig bleibt, weil ich fürchte diese Gelegenheit zu verlieren. Leben Sie recht wohl und lassen Sie mich auch bald[188] wieder vernehmen, daß ich noch in Ihrem Andenken lebe.

Weimar den 18. Februar 1810.

Goethe.


21/5913.


An Christian Ludwig Stieglitz

[Concept.]

Ew. Wohlgebornen

sende mit dem lebhaftesten Danke die mir anvertrauten Zeichnungen zurück. Sie haben mir und mehreren Freunden sehr viel Vergnügen und Unterhaltung gewährt. Dem Dichter kann nichts angenehmeres begegnen, als wenn er auf eine so bedeutende Weise erfährt, daß ihm die Einbildungskraft des Lesers entgegenarbeite.

Da Ew. Wohlgebornen von der Landschaft, vom Local, von der Umgebung ausgehen und die Personen als Staffage behandeln; so entspringt daraus eine neue Art von Poesie, die ohne die frühere nachahmen zu wollen, sich mit ihr in Rapport setzt und das Gedichtete von einer Seite darstellt. Nehmen Sie daher nochmals meinen aufrichtigen Dank und lassen mich von Zeit zu Zeit vernehmen, wie Sie sich befinden und womit Sie sich beschäftigen.

Herrn Hof Rath Rochlitz bitte das eine der eingeschobenen Packete zu überreichen, und das andre[189] gefällig aufzunehmen. Der ich die Ehre habe, mich mit vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen.

Weimar den 18. Febr. 1810.


21/5914.


An Christian Gottlob Voigt

Sowohl die Briefe des Professors Voigt aus Paris als auch die Nachrichten von manchen Reisenden zeugen von dem besondern Glück das er dort gemacht und von der fortdauernd guten Behandlung die er sich zu erwerben gewußt.

Der Unfall der ihm begegnet ist daher desto bedauerlicher, als er ihn nicht allein auf seinem Wege gehindert, sondern ihm auch, wie sich leicht denken läßt, außerordentliche Kosten verursacht. Außer den körperlichen Leiden, den Cur- und Aufwarte-Kosten, hat er noch den Verdruß, daß ihm dabey ein Rock und Überrock zu Grunde gegangen, welches bey einer so beschränkten Garderobe ein großer Verlust ist. Was wir für ihm thun können, ist erschöpft. Sollten Ew. Excellenz es nicht vermitteln können, daß Serenissimus etwas unmittelbar für ihn thäten, da er wohl schwerlich, ohne noch einen Zuschluß, von Paris wird los und hieher gelangen können.

Möge diese vorsorgliche Bitte mir verziehen seyn.

Weimar den 19. Februar 1810.

G.[190]


21/5915.


An Johann Heinrich Meyer

Dürfte ich Sie, mein lieber Freund, nunmehr nur um eine kurze Recension der Gautierschen Tafeln und die Tafeln selbst mir zurück erbitten.

Weimar den 19. Februar 1810.

G.


21/5916.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Wohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr,

Ew. Wohlgeboren verzeihen, daß ich auf die mir schon längst überschickten, höchst interessanten Papiere noch nichts weiter vernehmen lassen. Sie haben dadurch den ganzen Zustand dessen, was mich in jener Gegend angeht, so klar auseinandergesetzt, daß mir weiter nichts zu wünschen übrig bleibt. Wie glücklich ist der Staat, wie glücklich die Einzelnen, um deren Geschäfte Sie sich bemühen wollen.

Haben Sie die Gefälligkeit nunmehr mit dem Abtrag des Capitals an Herrn Geheimenrath Willemer fortzufahren, und wenn diese Obliegenheit ganz erfüllt ist, mir von Zeit zu Zeit einige Nachricht zu geben, was etwa für mich in Casse liegt.

[191] Die verschiedenen Staats Papiere, durch die leider die Achiver gefragt werden für das was die Fürsten rasten, beurtheilen Sie vollkommen richtig. Ich dächte, man sähe noch einige Zeit der Sache zu. Wenigstens kann es beynahe nicht schlimmer werden, als es gegenwärtig steht. Ew. W. befinden sich in einer großen Handelstadt eher im Fall auf diese Verhältnisse Acht zu haben und irgend einen günstigen Augenblick abzuwarten. Consolidirt sich der Zustand unsres Vaterlandes auf eine oder die andere Weise; so verbessern sich vielleicht auch diese Aussichten.

Das übersendete Verzeichniß der gewünschten Bücher kam leider um 8 Tage zu spät. Bey der Wohlfeilheit der Preise sind freylich die Liebhaber gleich dahinterher. Sollte wieder so ein Ausgebot geschehen, so will ich das Verzeichniß bald möglichst übersenden. Es haben sich bey uns, durch Todesfälle und andre Umstände, so viele Dubletten von sehr bedeutenden Werken gesammelt, welche man nach und nach auf diese Weise anzubringen denkt und ungeachtet des wohlfeilen Ausgebotes noch immer gegen Kosten und Unstatten einer Auction gewinnt. Die Lebensbeschreibung Götzens von Berlichingen hat mein Sohn, der sich gegenwärtig hier befindet und sich bestens empfiehlt, in Jena. Er wird bey seiner nächsten Hinüberkunft sogleich sie mir zusenden, und sie erfolgt alsdann von hier aus aufs baldigste. Die alten Rechnungs-, Haushaltungsbücher, Quittungen und[192] sonstige Papiere, welche noch in Ew. W. Händen sind, bitte in eine Kiste schlagen zu lassen und mir solche durch einen Fuhrmann zu übersenden. Gewiß sind einige Notizen; die mir vielleicht zufällig brauchbar sind, die Fracht werth, die ich daran wende.

An allem Guten, das Ihnen und den Ihrigen widerfährt, welche wir billig auch die unsrigen nennen, nehmen wir den herzlichsten Antheil. Empfehlen Sie uns zum besten sämmtlichen lieben Freunden.

Von Ihres Herrn Bruders Behagen in Rom erhalte ich soeben durch Frau von Humboldt Nachricht, welche sich seines Umgangs vorzüglich erfreut.

Meine Frau, die sich bestens empfiehlt, wird nächstens selbst von sich hören lassen. Sie ist, wie auch ich, seit beynahe einem Monat durch die vielen aufeinander folgenden Geburtstagsfeste, welche durch einen sehr unangenehmen Faden von Einquartirung durchwirkt waren, in steter Beschäftigung und Unruhe gewesen. Sie dankt aber mit mir aufs herzlichste für alle freundschaftlichen Bemühungen, und freut sich mit treuer Theilnahme an den gegebenen guten Nachrichten. Erhalten Sie uns Ihr gütiges Andenken und empfehlen uns den lieben Ihrigen aufs allerbeste.

Weimar den 19. Februar 1810.[193]


21/5917.


An Carl von Knebel d. J.

Weimar, den 19. Februar 1810.

Ich sende die, mein lieber Carl, deine Zeichnungen zurück, und da du dich so gut gehalten hast, so traue ich dir etwas Schwereres zu. Aus den mitkommenden Umrissen historischer Bilder, die dich interessiren werden, nimmst du nur einzelne Figuren heraus, wenn die ein ganzes Blatt zu umständlich und schwer vorkommen möchte. Doch kannst du ja auch wohl, wenn du dir Zeit dazu nimmst, ganze Compositionen abzeichnen; denn sie sind hübsch, und du wirst Freude haben, sie in deiner Sammlung von Studien zu besitzen. Empfiehlt mich deinen lieben Eltern. Ich hoffe nun Jena bald wieder zu sehen.[194]


21/5917a.


An Wolfgang Gottlob Christophvon und zu Egloffstein?

Ew. Hochwohlgebornen

aufzuwarten hindert mich nur das wilde Winterwetter, und ich nehme mir daher die Freyheit schriftlich noch[34] einiges über die Angelegenheit zu äußern, welche Sie so gefällig eingeleitet haben. Auf die mir gestern gethane Äußerung habe ich alles nochmal wohl überlegt und ich glaube nun auch, daß es am vortheilhaftesten seyn werde, diese musicalische Unterhaltung im Theater zu geben, weil sich immer zuletzt noch mehr Personen finden welche Theil zu nehmen wünschen, und die man nicht gerne desobligiren möchte.

Die gnädigsten Herrschaften und die ihnen attachirten Personen beträten wie gewöhnlich die Loge, der Adel besetzte den Balcon, was sich aus der Stadt einfindet, die Logen, die Personen vom Theater das Parterre, und so würden wir kein ganz leeres Haus haben. Manches andere macht sich auch diese Weise leichter und bequemer. Hat dieses Beyfall, so bitte ich nur um die Stunde, wann wir die Höfe zu erwarten haben, um die übrige Gesellschaft darnach avertiren zu können. Mich gehorsamst empfehlend

Goethe.

Weimar den 20. Februar 1810.[35]


21/5918.


An Carl Wilhelm von Fritsch

Ew. Hochwohlgeboren

gefällige Anfrage beantworte sogleich.

Das Chor bestand aus 26 Sängern. Jeder würde nach unserer Theatertaxe für seine Bemühungen 8 Groschen erhalten haben. Zahlen Sie jedem 12 Groschen, so wird es mit Dank angenommen werden und zur Ermunterung in ähnlichen Fällen dienen. Das Ausschreiben der Stimmen betrug 1 Thaler 8 Groschen.

[194] Mögen Sie mir diese kleine Summe zukommen lassen, so werde ich gern für die Entrichtung und Vertheilung sorgen.

Möchte doch alles, was unternommen und aufgewendet wird, von so guter Wirkung seyn. Ich erfreue mich dessen, indem ich Ihnen und Ihrer lieben Dame meinen Dank und meine Anhänglichkeit auf das beste zu versichern die Freude habe.

Weimar, den 21. Februar 1810.

Goethe.


21/5919.


An Carl Friedrich von Reinhard

Ihren erfreulichen Brief, mein verehrter Freund, erhalte ich heute früh, und heute Abend läßt mir der Fürst Repnin gefällig sagen, daß er Ihnen noch etwas von mir gern überbrächte. Da sehe ich um mich her, was ich Ihnen schicken könnte, und wage es die Bogen des zweyten Theils der Farbenlehre, die zu jenem ersten gehören, den Sie schon besitzen, einzupacken und mitzugeben. Lassen Sie solche nur leicht heften, die folgenden sende ich nach. Nur bitte ich, dieses werdende Werk geheim zu halten. Mitwollende giebts wenig, Mißwollende viel. Wenn ich in diese Bogen hineinsehe, so kommt mir's manchmal vor, daß ich älter werde und daß ich radotire: denn radotiren heißt nicht, wies das gemeine Lexicon sagt, allein albernes Zeug reden, sondern auch, das Rechte zur unrechten[195] Zeit sagen; welches dem sogenannten Verstand immer albern vorkommt. Da Sie mir meine liebe Ottilie so ächt, gut und freundlich nehmen und auch dem Eduard Gerechtigkeit widerfahren lassen, der mir wenigstens ganz unschätzbar scheint, weil er unbedingt liebt; so gewinnen Sie gewiß diesem zweyten Theile des Farbenwesens so viel ab, daß er dem ersten, der Ihre Gunst erwerben konnte, die Wage hält. Wie viel anderes wirklich Erfreuendes und Erquickliches hätte ich nicht zu sagen, wenn wir einander gegenüber stünden; jetzt mag es ein Ende haben, weil ich einpacken und fortsenden muß, und mich nur noch Ihrem freundlichen Wollen empfehlen kann.

Weimar den 21. Februar 1810.

Goethe.[196]


21/5919a.


An Johanna Schopenhauer

Ich ermangle nicht, theure Frau Hofräthinn, vorläufig anzuzeigen, daß morgen abend im Theater eine musicalische Unterhaltung statt finden wird. Sie werden daher freundlichst ersucht, Ihre Gesellschaft für dießmal auszusetzen; dagegen ich nicht verfehlen werde Ihnen ein paar Billette auf Ihre Loge zu schicken, und auch[35] die übrigen Freunde soviel als möglich zu versorgen. Der ich recht wohl zu leben wünsche

Goethe.

Weimar den 21. Februar 1810.[36]


21/5920.


An Franz Kirms

Herrn Stromeyer wären also die beyden Rollen wieder zuzustellen und eine Verordnung an den Cassier zu erlassen, daß ihm die zurückgehaltene Gagenhälfte morgen mit seiner gewöhnlichen Gage zugestellt werde. Übrigens glaube ich nicht, daß man sich weiter gegen ihn zu erklären hat, weil sonst immer wieder neue Schwierigkeiten zur Sprache kommen.

Weimar den 22. Februar 1810.

G.[196]


21/5921.


An den Herzog Carl August

Ob die von den Hackertschen Erben beygebrachte Legitimation ausreichend sey, das muß ich zu Ew. erleuchtetsten Ermeßen ausstellen.

Mir hat sie nicht ausreichend geschienen, weil unter dem Blanquet sub E weder Siegel noch Unterschriften der Vormünder befindlich sind.

Da hiernächst die Hackertschen Erben am Schluße ihrer Eingabe vom 20. dieses Monats sich nicht allein die Restitution der ihnen erwachsenen Kosten, sondern auch den Regreß wegen längerer Zurückbehaltung der Papiere und die Anforderung des Manifestations Eides dahin, daß von den Papieren nichts abhanden gekommen sey, oder Auszüge und Abschriften davon genommen worden seyen, vorbehalten; so kann ich die Ausantwortung der befraglichen Papiere an sie vor der Hand auch nicht geschehen laßen, sondern muß dagegen feyerlichst protestiren und um rechtliches Gehör darwider bitten.

Als ich mich erklärte, daß ich alle Ansprüche auf die Hackertschen Papiere aufgeben wolle, waren mir die Hackertschen Erben mit der Erklärung, daß ich solche behalten und bearbeiten möchte, vorangegangen; die Bedingungen aber, unter denen mir solche zur Bearbeitung überlassen werden sollten, konnten wir nicht[197] anstehen, ich that also lieber Verzicht auf meine Ansprüche.

Bis dahin hatten die Hackertschen Erben weder von einem Kostenersatz, noch von einer Entschädigung wegen vermeintlicher Zurückbehandlung dieser Papiere, noch vom Manifestations Eide, das geringste erwähnt; es konnte mir daher auch kein Gedanke daran einfallen. Jetzt nun, da sie mit diesen Dingen hervortreten, kann ich die Ausantwortung der befraglichen Papiere geradehin nicht zugeben, denn, wenn sie wegen des Manifestations Eides oder wegen einer Entschädigung angeblicher Zurückbehaltung halben, den Rechtsweg gegen mich einschlagen wollen, so gehört zu meiner Vertheidigung, daß das Manuscript zur Hand sey, und bevor diese meine Vertheidigung geführt ist, kann ich das Manuscript nicht in fremde Hände laßen.

Wollen daher die Hackertschen Erben von ihren Vorbehalten nicht abgehen, so bitte ich unterthänigst, sie sofort zu deren Anbringung in rechtlicher Ordnung zu verweisen.

In tiefster Ehrerbietung verbleibe ich

Ew.

v. Goethe.

Weimar den 28. Febr. 1810.[198]


21/5922.


An Karl Ludwig Wilhelm Joseph von Keverberg

[Concept.]

[28. Februar.]

Hochwohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr.

Ew. Hochwohlgeboren haben mir durch die freundliche Sendung eine sehr große Freude gemacht, welche meine hiesigen Freunde sämmtlich mit mir theilen. Die Nachricht von dem wohlthätigen belohnenden Feste war sehr tröstlich und erquicklich, und der Anstand mit dem alles Äußere eingerichtet erschien, höchst achtenswerth.

Soll ich hiebey ganz aufrichtig seyn, so würde ich, wenn ich hätte voraus wissen können, daß ein von mir verlangtes Gedicht bey einem so stattlichen Feste recitirt werden sollte, es vielleicht gar nicht, gewiß aber anders gemacht haben. Ob es besser geworden wäre, wüßte ich selbst nicht anzugeben. Aber Ew. H. haben sich um mich und um diese kleine Production höchst verdient gemacht, da Sie solche auf eine Weise einführten, die ihre Wirkung nicht verfehlen konnte, indem dadurch eine naive Production zu einer feyerlichen erhoben wurde.

Nehmen Sie dafür meinen aufrichtigen Dank, dem ich zugleich die Nachricht hinzufüge, daß einige meiner Freunde sich für diese kleine Production gleichfalls interessirt. Herr Büry in Berlin hat eine colorirte[199] Zeichnung des letzten Momentes gar glücklich gedacht und ausgeführt. Herr Professor Zelter ebendaselbst hat die Ballade componirt. Solostimmen für die Erzählung und Chor für den Refrain. Wir haben nur erst die Partitur beym Clavier durchgegangen; man erkennt jedoch sogleich, daß sie, wie alle Arbeiten dieses außerordentlichen Mannes, von großem Werthe sey. Sie wird auf Ostern in Leipzig gedruckt erscheinen, und wir werden uns die Freyheit nehmen, gleich ein Exemplar an Ew. H. zu dirigieren. Darf ich noch bitten, mich dem Andenken der Frau von Vernejoul bestens zu empfehlen und mir Ihre eigene geneigte Gesinnung zu erhalten.


21/5923.


An Johann Heinrich Meyer

[Februar.]

Sagen Sie mir, lieber Freund, nur mit einem Wörtchen hierunter, ob Sie die Strahlenkrone für den Prinzen bestellt haben und bey welchem Klempner, daß ich kann darnach fragen und sie abholen lassen. Fällt Ihnen sonst noch was ein, so haben Sie die Güte es auch zu notiren. Wie steht es mit dem Fächern als Fähnchen?

Goethe.[200]


21/5924.


An die Hoftheater-Commission

[Februar oder März.]

Das Denysche Schreiben wird Herzogl. Commission zu beachten die Güte haben.

Wird Zayre wieder aufgeführt; so wünsche ich daß es einen Mittwoch geschehe. Wie ich denn auch eine sorgfältige Probe davon empfehle.

G.


21/5925.


An William Motherby

Herrn Docktor Motherby sage ich den aufrichtigsten Danck für die mir verehrten Blätter Kantischer Handschrift. Ich werde sie als Seltenheiten, ja als Heiligthümer bewahren und mich dabey oft des verewigten, dem wir soviel schuldig sind und jener Freunde erinnern die in seinen alten Tagen so treulich an ihm hielten.

Mich zu geneigtem Andencken empfehlend

Weimar, d. 1 März 1810.

Goethe.[201]


21/5925a.


An Christian Gottlob Voigt

Wenn von indiskreten Menschen die Rede ist, welche die ihnen gegönnte Benutzung wissenschaftlicher Schätze mißbrauchen, so möchte Herr Oken wohl durchaus den ersten Platz verdienen.

[134] Zu Ew. Exzellenz gelangt mehr Unangenehmes als Angenehmes und ich mache mirs daher zur Pflicht, mit Allem, was sich schlichten oder übergehen läßt, nicht beschwerlich zu fallen; deshalb ich auch von dem vorjährigen Betragen obgenannten Mannes nichts erwähnte und auch jetzt davon schweigen will. Ob er sich ändern und bessern kann, weiß ich nicht; ich zweifle daran, denn er gehört unter diejenigen, welche grade das höchste Recht zu haben glauben, wenn sie am unerträglichsten sind. Persönlich wünsche ich nie wieder ein Verhältniß zu ihm zu haben.

Wollen aber Ew. Excellenz nach seinem letzten Briefe an Dieselben, von 21. Febr., und dem darauf sich beziehenden Berichte des Bibliothekars von Kommission wegen verfügen, so werde nicht ermangeln meine Unterschrift der Ihrigen beyzusetzen.

Der erste, zweyte und dritte Punkt des bibliothekarischen Berichts könnte genehmigt und allenfalls die Humboldtische Zoologie mit den andern Büchern ins Museum gelegt werden.

Eine solche Unordnung könnte immer auf ein halbes Jahr gelten. Man sähe wie er sich benähme und könnte alsdann, nach den Umständen, die gegebene Erlaubniß erweitern oder verengern. Bey einem so äußerst eigenwilligen und um sich greifenden Manne getraue ich mir kein bleibendes Reglement auszusinnen.

Der ich mich bestens empfehle

W. 3. März 1810.

G.[135]


21/5926.


An Charlotte von Stein

[3. oder 4. März.]

Das übersendete Zeitungsblat kommt mit dem besten Dancke zurück. Über dessen Inhalt mündlich.

[201] Wäre der Dienstag Durchl. der Herzoginn angenehm; so stehe ich zu Befehl. Freytag ist Hauptprobe von Mackbeth. Ich hoffe Sie heute bey uns zu sehen.

G.


21/5927.


An Christian Gottlob Voigt

[4. März?]

Mögen Sie mir, verehrter Freund, noch heute die 50 rh. für Fuchs übersenden, so habe ich Morgen Gelegenheit sie hinüber zu schicken.

G.


21/5928.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

[5. März.]

Ew. W. erlauben mir eine Anfrage und verzeihen eine Bitte um ein Gutachten in einer Angelegenheit, die Sie am besten übersehen.

Die Hackertschen Erben, welche der Herausgabe der biographischen Papiere, von welchen Sie einen Theil kennen, bisher Hindernisse entgegengesetzt, fangen nunmehr, da ich die Sache ganz aufgegeben, sich zu bestimmen an, möchten gerne wieder einlenken, und da gemeinsam mit ihnen nichts vorzunehmen ist; so Thue ich den Vorschlag, die gedachten Manuscripte ihnen abzulaufen, und für eine rechte und billige Summe an mich zu bringen.

Die Papiere, wie sie liegen, würden 10 bis 12[202] Bogen in 8°, gedruckt, wie ohngefähr mein Winkelmann, allenfalls ausmachen. Was könnte eine solide Buchhandlung für ein solches Manuscript zahlen? wobey zu bedenken ist, daß wenn man sie auch ohne weiteres abdrucken wollte, immer, wo nicht ein Redacteur, doch ein geschickter Corrector zu honoriren seyn würde, der mit Sach- und Sprachkenntniß versehen, diese Aufsätze einigermaßen producibel machte.

Was würde dagegen eine gedachte Buchhandlung für ein Manuscript zahlen können, das ohne an Volumen merklich gewonnen zu haben, eben diese Aufsätze, von einem namhaften Schriftsteller verarbeitet, nutz- und genießbarer, lieferte!

Haben Sie die Gefälligkeit mir diese Fragen, ohne weitere Rücksicht, nach Ihrer genauen Kenntniß des Buchhandels zu beantworten, und zwar dergestalt, daß ich allenfalls Ihr Schreiben jenen Interessenten mittheilen könnte.

Wir hoffen nunmehr bald persönlich aufzuwarten. Wenigstens ist unsre Abriese von hier auf Montag den 12. Festgesetzt. Ich wünsche, daß es dabey bleiben möge. Mich bestens empfehlend.[203]


21/5928a.


An Carl Wilhelm von Fritsch

[Concept.]

[Weimar, 5. März 1810.]

Ew. Hochwohlgebornen

erlauben in einer Angelegenheit eine gehorsamste Anfrage und Bitte.

Die Nähe der Haufischen Wirtschaft ist für sämmtliche Umwohnende von jeher eine große Unwohnende von jeher eine große Unbequemlichkeit gewesen, und von Jahr zu Jahr hat sich die Sache verschlimmert. Aus Einer Regelbahn sind zwey geworden, und anstatt, daß sonst wenigstens der Morgen ruhig war, und daß auch selbst Nachmittags- und Abendstunden Einschränkung erlitten; so ward zuletzt von Morgen bis in die Nacht gekegelt, wobey es denn an Geschrey, Lärm, Streit und andern Unarten nicht gebracht. Daß man in Kriegszeiten, wo manches gute Gesetz schweigen muß, sich sehr gefallen läßt, als zu Zeiten der Ruhe, daß ich auch mehrere Sommer auswärts gelebt, ist Ursache daß ich nicht früher mich hierüber geäußert.

Nun höre ich aber, daß ein neuer Wirth einzieht, und zwar einer der bisher in Belvedere gesessen, welcher denn diese städtische Anstalt wahrscheinlich, nach Weise eines Landwirthshauses noch zu erweitern und unruhiger zu machen trachten wird.

Darf ich anfragen, ob man bey Ertheilung einer neuen Concession vielleicht schon darauf gadacht hat,[136] eine solche Vergünstigung, wie es früher Sitte gewesen, einzuschränken? Inwiefern diese Sache vom Ressort herzoglicher Polizey ist; oder was sonst noch für Instanzen concurriren? Ob Ew. Hochwohlgeborner auf diese meine Privat-Anzeige gefällig reflectiren mögen und können, oder ob Sie nöthig finden, daß ich deshalb einen förmlicheren Schritt thue?

Ich läugne nicht, daß mir diese Sache sehr angelegen ist: denn eine Hauptursachen, warum ich den Sommer auswärts zubrachte, war eben diese unruhige Nachbarschaft, die mir den ganzen Tag und weit in die Nacht hinein, mein Hinterhaus und meinen Garten unbrauchbar machte. Sie werden mich daher durch gefällige Wirkung oder Anleitung ganz besonders verbinden. Der ich ppp.[137]


21/5929.


An Carl Friedrich Zelter

Die Composition von Johanna Sebus habe ich zwar erst unvollkommen gehört, allein genugsam, um versichern zu können, daß sie mir ganz vortrefflich[203] vorkommt. Ich müßte sehr weitläufig seyn, wenn ich alles sagen wollte was mir bey dieser Gelegenheit durch den Sinn gegangen. Nur Eins will ich erwähnen, daß Sie auf eine sehr bedeutende Weise von demjenigen Gebrauch gemacht, wofür ich keinen Namen habe, das man aber Nachahmung, Malerey und ich weiß nicht sonst wie nennt, und das bey andern sehr fehlerhaft wird und ungehörig ausartet.

Es ist eine Art Symbolik fürs Ohr, wodurch der Gegenstand, insofern er in Bewegung oder nicht in Bewegung ist, weder nachgeahmt noch gemalt, sondern in der Imagination auf eine ganz eigene und unbegreifliche Weise hervorgebracht wird, indem das Bezeichnete mit dem Bezeichnenden in fast gar keinem Verhältnisse zu stehen scheint. Daß auf einem ganz natürlichen Wege in der Musik der Donner rollen und die Wellen brausen können, versteht sich von selbst. Wie glücklich Sie aber die Negation kein Damm, kein Feld durch den abgerissenen unterbrochenen Vortrag ausgedruckt haben, ist überraschend, so wie die Anticipation des Gefälligen vor der Stelle Doch Suschens Bild.

Lassen Sie mich nicht weiter gehen, weil man ja des Ganzen so wie des Einzelnen erwähnen müßte. Nächstens hoffe ich es noch einigemal zu hören und mich daran recht von Grund aus zu ergötzen; welches besser ist als Reflexion und Urtheil. Ihre Correcturen sind auch angekommen und eingeschaltet.

[204] Was das Lied betrifft, so könnte man es Pflicht und Frohsinn nennen. Fahren so fort und suchen Sie daß jedesmal, so oft es gesungen wird, von irgend einem wohlgelaunten Manne, eine neue Strophe eingeschaltet oder statt einer andern gesungen wird. Noch habe ich die Melodie nicht gehört; es war diese Tage gar zu vielerley Drang um uns her.

Leben Sie nun recht wohl, und senden mir das Trommellied von Voß: denn Eberwein hat es nicht mitgebracht. Unsere kleine Societät gab vor kurzem im Theater eine musicalische Unterhaltung, wo Ihr In Flammen nahet Gott, so wie die Gunst des Augenblicks und anderes den besten Effect machten.

Weimar den 6. März 1810.

G.[205]


21/5929a.


An Carl Wilhelm von Fritsch

[Concept.]

[Weimar, 7. März 1810.]

Ew. Hochwohlgeborner

gefällige Zusicherung, daß Sie bey dem Anzuge des neuen Besitzers auf meine und der ganzen Nachbarschaft mehrere Beruhigung denken wollen, erkenne ich mit ganz besonderem Danke, um so mehr als ich zu Anfang der nächsten Woche nach Jena zu gehen gedenke, in welcher, so wie ich höre, Frau Hauf auszieht und der neue Nachbar Besitz nimmt. Er hat,[137] wie ich vernehme, schon alle Anstalten gemacht, die zweyte, bisher nur unter freyem Himmel angelegte Kegelbahn gleichfalls zu überbauen. Ich wiederhole daher dringend meine Bitte, auf diese Angelegenheit ein wachsames Auge zu haben, damit nicht etwa dasjenige geschieht, was sich späterhin so leicht nicht redressiren läßt.

Ich erkenne mit Dank, daß Sie meine Blätter zu den Acten nehmen wollen, Der ich die Ehre habe mich mit vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen.[138]


21/5930.


An Nikolaus Meyer

Sie erhalten hiebey, mein werthester Freund, die Zeichnungen von Menken, die ich glücklicher Weise beym Aufräumen wohlbehalten beysammen gefunden habe. Ich gratulire zu deren Besitz: denn sie sind wirklich sehr schön. Sorgfältig eingepackt, werden sie, hoffe ich, wohlbehalten bey Ihnen ankommen. Haben Sie die Güte mir es anzuzeigen und mir zugleich zu melden, wie Sie sich mit den lieben Ihrigen in der neuen Lage befinden.

[205] Uns geht es ganz wohl. Ich werde in diesen Tagen nach dem alten Jena gehen und mich zur Carlsbader Reise im Stillen vorbereiten.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar den 9. März 1810.

G.


21/5931.


An Christiane von Goethe

[12. März.]

Wir sind glücklich hier angekommen, obgleich Wetter und Weg höchst unangenehm waren. Der Hecht, den dir August gesendet hat, ist gewiß gut empfangen worden. Wenn ihr uns auch etwas schmackhaftes dagegen schickt; so soll gelegentlich wieder ein Fisch folgen, sonst gewöhnen wir uns an, sie selbst zu essen.

Sende mir einen von den schwächeren Ästen des Wachholderbaums, nur etwa eine Elle lang; wir wollen einen Versuch machen und sehen, was damit zu thun ist. August legt sich eine artige Sammlung von Holzmuster an; dazu soll auch ein Stück verwendet werden.

Er befindet sich übrigens recht wohl und geht schön gerade. Ich hoffe Carolinchen wird es auch thun.

Sende mir einige Abputztücher, damit es so reinlich um mich bleibe, wie es gegenwärtig ist.

[206] Schicke uns auch von solchen Calendern auf Pappe gezogen. Sie liegen auf dem Bücherrepositorium meines Schreibtisches, rechts, ganz oben. Riemers rothes Brieftäschchen ist am Sonntage im Saale liegen geblieben. Er erbittet sichs zurück.

Noch einiges würde ich hinzusetzen; aber August hat mir so allerley vorerzählt daß die Boten drüber ankommen. Besorge nur das Beyliegende recht ordentlich und lebe wohl.

G.


21/5932.


An Johann Heinrich Meyer

Sie haben, mein lieber Freund, durch Sachsen wohl nebst andern Dingen auch eine Pappe mit Kupferstichen erhalten, welche Herrn von D'alton gehören. Stellen Sie ihm solche wieder zu, mit Dank, daß er mir sie zu meiner Unterhaltung und Belehrung so lange überlassen wollen. Es fehlen noch einige daran, besonders leider das Beste, die Himmelfahrt Mariä von Guido; sie sollen aber unverloren seyn; sobald ich sie auffinde, gebe ich auch diese mit zurück. Für heute nicht mehr. Leben Sie recht wohl, lassen Sie mich bald hören, wie Sie sich befinden und was sonst vorgeht.

Jena den 13. März 1810.

Goethe[207]


21/5933.


An Christiane von Goethe

Da es denn doch nicht wohl angeht, daß man einen so angenehmen Besuch verbittet; so sollt ihr eben Freytags nach eurer Bequemlichkeit willkommen seyn. Das Tagebuch ist recht schön und reichlich, das Übrige wollen wir mündlich besprechen.

Jena den 14. März 1810.

G.


21/5934.


An Franz Kirms

Ew. Wohlgebornen


danke verbindlichst für die mir gegebenen guten Nachrichten. Ich wünsche und hoffe, daß alles so fort einen guten Gang gehen möge.

Was den Urlaub des Ambrosius betrifft, So unterschreibe ich alles was Sie glauben thun und erlauben zu können. Es ist Ihnen ja die Verfassung, sowie das Verhätniß unsres Orchesters am besten bekannt. Es geht mir diese Tage hier ganz leidlich; doch wünsche ich noch immer bessere Wirkung von der Ruhe und Einsamkeit in der ich mich gegenwärtig befinde. Lassen Sie mich von Zeit zu Zeit hören, wie es unserm Geschäft geht. Empfehlen Sie mich Herrn Rath Kruse schönstens und sagen Sie mir doch auch gelegentlich, was der gute Witzel macht. Wegen[208] der Belagerung von Smolensk wird mir wohl Herr Genast selbst schreiben und das Stück schicken. Die Ähnlichkeiten, nach dem Französischen, von Vogel wollen mir nicht recht gefallen. Der ich mich bestens empfehle.

Jena den 16. März 1810.

Goethe.


21/5935.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

würden mir eine besondre Gefälligkeit erzeigen, wenn Sie mir die Allgemeine Literaturzeitung von 1792 und sodann einige Nachricht von einem englischen Gelehrten Chester Morehall verschaffen könnten. In Hoffnung einer baldigen persönlichen Zusammenkunft

Jena den 18. März 1810.

Goethe.


21/5936.


An Behrendt

[Concept.]

[21. März.]

Wohlgeborner

Insonders hochgeehrtester Herr,

Ew. Wohlgebornen gefälliges Schreiben vom 24. Februar hat mir viel Vergnügen gemacht, indem ich daraus die Möglichkeit sehe, daß mein Verhältniß zu[209] den Hackertschen Erben demjenigen ähnlich werden könne, welches ich zu einem abgeschiedenen hochgeschätzten Freunden gehabt.

Der bisherigen Vorgänge würde ich daher gar nicht erwähnen, wenn es nicht nothwendig schiene, mich von dem Vorwurf zu reinigen, als wenn ich an Verzögrung der Sache schuld sey. Auf meine den 11. May 1808 eingereichten Vergleichs-Vorschläge hat Herr Cammerconsulent Hufeland erst den 3. May 1809 eine Erklärung übergeben, welche so wenig eine gütliche Auskunft und eine gemeinsame Behandlung des Geschäfts hoffen ließ, daß ich mich lieber entschloß die Sache aufzugeben, und deshalb am 1. July 1809 das versiegelte Packet mit den Manuscripten übergab, mit geziemender Bitte, dieselben den Personen, die zu den Eigenthums Rechten auf selbige sich gehörig legitimiren würden, aushändigen zu lassen. Hierauf hat Herr Hufeland erst am 212. Februar dieses Jahrs ein Schreiben und mit demselben mehrere allgemeine Vollmachten, jedoch keine besondere für den vorliegenden Fall, übergeben, dabey auch aufs Neue solche Bedingungen und Vorbehalte hinzugefügt, welche zu freundlicher Beendigung eines so wenig bedeutenden Geschäfts keine angenehme Aussicht eröffnen.

Mit desto mehr Zufriedenheit habe ich Ew. W. gefälliges Schreiben erhalten, und will, ganz frey und unbewunden, über die Sache meine Gedanken mittheilen.

[210] Wie unbedeutend sie sey, fällt sogleich in die Augen, wenn man den Gegenstand des Streits näher betrachtet. Die sämmtlichen Papiere von denen die Rede ist, würden gedruckt nicht mehr als 10 bis 12 Bogen in Octav ausmachen. Eine Buchhandlung könnte dafür allenfalls 12 Louisd'or geben, wobey noch immer, wo nicht ein Redacteur, doch ein geschickter Corrector zu honoriren seyn würde, der mit Sach- und Sprachkenntniß versehen, diese Aufsätze einigermaßen producibel machte. Nicht gerechnet, daß manches daraus noch wegfallen muß.

Da ich die Sache mir aus dem Sinne geschlagen und ganz andere Arbeiten vorgenommen, deren Beendigung ich sobald nicht entgegensehe; so würde ich nicht einmal gegenwärtig die in meinen Vergleichs Vorschlägen angezeigten Vorsätze erfüllen und das Werk, wie ich es mir damals gedacht, zu leisten im Stande seyn.

Um jedoch auch hier meine Bereitwilligkeit zu zeigen; so offerire ich mich, den Hackertschen Erben obgedachte Summe von 12 Louisdor in der Leipziger Jubilate Messe vorauszuzahlen, da ich mich wegen eines Termins der Herausgabe noch sonst auf irgend eine Weise binden oder verpflichten kann.

Sollte jedoch in der Folge, durch meine Bearbeitung, der Werth des Manuscripts über das Doppelte gesteigert werden; so erbiete ich mich das Surplus Ew. Wohlgebornen anzuzeigen und zu entrichten; wobey[211] sich von selbst versteht, daß mein gegebenes Wort hiebey als hinreichende Sicherheit angesehen werde.

Mögen daher Ew. W. bey Herzoglicher Regierung deshalb die nöthige Erklärung thun, oder mir eine zu diesem Geschäft hinlängliche Acte ausstellen; so will ich das versiegelte Packet wieder zurücknehmen, und von meiner Seite die Arbeit möglichst beschleunigen.

In weniger Zeit werde ich von hier abreisen und daher Sommer auswärts zubringen. Ew. W. ersuche daher um eine baldige gefällige Antwort, der ich eine Nachricht beyzulegen bitte, was etwa von Hackertschen Kunstarbeiten noch in Ihren Händen und verkäuflich ist. Es kommen manchmal, ehe mans vermuthet, Gelegenheiten zu Empfehlung solcher Dinge.[212]

Jedoch dieses alles und manches andere Unfreundliche beyseite gesetzt, erkläre ich auf Ew. W. neueren Antrag hiemit, daß ich, ob ich mir gleich die Sache schon gänzlich aus dem Sinne geschlagen, dennoch das Geschäft wieder übernehmen will, wenn man jenerseits dasselbe wieder in den Weg des Vertrauens und der Neigung, wohin es eigentlich gehört, zurückzuführen geneigt ist.

Mögen Ew. Wohlgebornen bey Herzoglicher Regierung deshalb die nöthige Erklärung thun, oder mir eine zu diesen Behuf hinlängliche Acte ausstellen; so werde ich das versiegelte Packet wieder zurücknehmen, und von meiner Seite die Arbeit möglichst[138] beschleunigen; wobey ich das Interesse und die Zufriedenheit der Hackertschen Erben gewiß nicht aus den Augen verlieren werde.

Möchte man doch bedenken, daß die Dazwischenkunft von Sachwaltern und Richter zu einen solchen Zwecke nicht frommen könne, daß wir in einer Zeit leben, wo uns der gute Humor nicht wie sonst zu Gebote steht, wo vielmehr Zufälligkeiten und Hindernisse aller Art jede Thätigkeit, besonders eine geistreiche, leider oft genug unterbrechen und wo Privatpersonen sich ja unter einander nicht noch die wenigen guten Stunden verkümmern sollten.

Die Sache selbst ist von geringer Bedeutung. Die sämmtlichen vorliegenden Papiere würden, gedruckt, nicht mehr als 10-12 Bogen in 80 ausmachen; wobey noch immer, wo nicht ein Redacteur, doch ein geschickter Corrector zu honoriren seyn würde, der mit Sach- und Sprachkenntniß versehen, diese Aufsätze einigermaßen producibel machte; nicht gerechnet, daß manches daraus noch wegfallen müßte.

Ich wünsche diesen Stoff durch meine Bearbeitung so zu steigern, daß die den Hackertischen Erben zukommende Hälfte ihnen einige Zufriedenheit erregen könne. In weniger Zeit werde ich von hier abreisen, und den Sommer auswärts zubringen. Ew. W. ersuche daher um eine baldige gefällige Antwort, der ich eine Nachricht beyzulegen bitte, was etwa von Hackertschen Kunstarbeiten noch in Ihren Händen unverkäuflich[139] ist. Es kommen ehe man es vermuthet Gelegenheiten zu Empfehlung solcher Dinge.

Der ich die Ehre habe mit besonderer Hochachtung mich zu unterzeichnen.[140]


21/5937.


An Christiane von Goethe

Um folgende Besorgungen wollte ich dich dießmal gebeten haben:

Erstlich wird Herr von Knebel nach Weimar kommen, den du ohne mein Erinnern gut aufnehmen wirst. Sodann aber suchst du, in der mittleren Schublade meines großen Schreibtisches, rechts, ein Packet, worauf

Saul

geschrieben steht. Dieses eröffnest du und giebst ihm was es enthält.

[212] Zweytens hängen in dem Schranke rechts oben dieses Schreibtisches kleine messingene Schlösser mit Schlüsselchen. Diese schicke mir mit den rückkkehrenden Boten.

Da unser guter Knebel mit den Seinigen dich zu Mittag heimsuchen wird; so richte dich darauf ein. Ich hoffe, daß du dieses Blatt noch zur rechten Zeit erhältst.

Von meiner Seite habe ich, zu ihrer bessern Aufnahme, hierbey auch noch ein Blättchen wegen Entrée des Freundes in meine Loge, solange er in Weimar ist, und ein zweytes geschrieben, damit du für die Familie auch Billette ins Parterre erhalten kannst. Mache übrigens alles, wie du glaubst daß es recht ist.

August hat sich auch entschlossen zur schönen Müllerinn zu wandern. Vielleicht ist er früher da als gegenwärtiges. Du wirst auf alle Fälle einen wohlbesetzten Tisch haben. Lebe recht wohl und schicke uns manchmal Froschkeulchen. Die übersendeten waren ganz vortrefflich. Grüße Carolinchen.

Jena den 23. März 1810.

G.


21/5938.


An Silvie von Ziegesarund Pauline Gotter

Wir dreye, meine schönen Freundinnen, könnten wahrscheinlich nichts Bessers thun, als wenn wir aus unsern kleinen Übeln und Gebrechen ein Picknick[213] machten und sie zusammen aufzuzehren suchten. Weil jedoch hierbey die Interessenten wo nicht unter Einem Dache doch wenigstens auf einer Flur sich befinden müssen, so hat mich mein guter Geist schon einigemal der Ihrigen nahe geführt, so daß ich die einzelnen Steine Ihrer alten Burg zwar nicht zählen aber doch unterschreiben konnte. Vermuthlich wird sich die Anziehungskraft mit jedem Mal vermehren und ich werde zuletzt, ohne daran zu denken, vor Ihrer Thüre stehen, da ich mir denn eine freundliche Aufnahme und meinen ärztlichen Vorschlag guten Erfolg wünsche. Sollten sich Übel indessen verloren haben, so wird ja wohl Rath werden, in der Geschwindigkeit neue anzuschaffen. Gedenken Sie mein ja recht freundlich.

Jena, den 23. März 1810.

G.


21/5939.


An Georg Sartorius

Nach Empfang Ihres lieben Briefs, mein Theuerster, der mich in Jena antrifft, mache ich sogleich ein Paket zusammen, stark genug um von der fahrenden Post angekommen zu werden. Es enthält allerley, was inzwischen bey uns vorgegangen. Sie sehen daraus, daß wir uns so wenig etwas abgehen lassen, als das heitere Menschengeschlecht vor der Sündfluth, welches freyte und sich freyen ließ, und bey der Zimmerarbeit des Erzvaters weiter nichts zu denken[214] fand. Ich möchte Ihnen gleichen guten Humor wünschen, wie ich denn selbst dießmal mit dem Schicksale nur auf vier Wochen contrahirt habe, in welchen ich die zwey Bände meiner Farbenlehre, nebst einem Hefte Tafeln, nach Leipzig zu spediren hoffe. Ich werde dadurch einer großen Last, aber auch einer guten Unterhaltung los: denn da es ganz einerley ist, woran man sich übt; so war mir dieses Geschäft zuletzt sehr gelenk und bequem, ja sogar anmuthig; und wenn ich denke, daß ich doch getrieben bin, mich wieder in etwas anderes hineinzuarbeiten, so würde ich ungern von diesem scheiden. Da sich jedoch, wie Sie leicht denken können, bey einem solchen Unternehmen, immer Paralipomena finden, auch aus dem Thun immer neue Wirkung entspringen, so werde ich wohl alsbald nicht völlig loskommen.

Von unserm Berliner Geschäft kann ich wenig sagen. Man hat es dilatorisch tractirt und da dieß auch Ihr Wunsch ist; so habe ich weder Gang noch Entschließung beschleunigen mögen. Der Hauptanstand jedoch scheint darin zu liegen, daß man den, mir freylich sehr billig und natürlich scheinenden Wunsch, dem Lehrervorstand auch ein Lebens- und Thatamt verbinden zu können, aus mancherley Rücksichten, die freylich auch von Bedeutung sind, vorerst auch ablehnen möchte. Dieser Hauptpunkt wäre denn freylich vor allen Dingen von Ihnen zu beherzigen um darüber mir vielleicht ein Wort sagen zu können.[215] Zuletzt kommt man freylich immer wieder in diesen Tagen der Ungewißheit auf die Frage zurück, was besser sey: zu fliehen oder zu bleiben? und wer wagt da zu rathen, da man für sich selbst nicht zu wählen wußte.

Gleich nach Ostern hoffe ich Carlsbad wieder zu besuchen. Ich habe mich diesen Winter manchen Übeln, und manchen Sorgen ausgesetzt gesehen, weil ich voriges Jahr jene heilsame Quelle versäumen mußte. Leben Sie wohl und grüßen mir die liebe Gevatterin nebst dem kleinen Pathen, denen ich alles Gute von Herzen wünsche.

Jena, den 23. März 1810.

Goethe.


21/5940.


An Philipp Otto Runge

Jena den 23. März 1810.

Ich will nicht länger säumen, Ihnen, mein lieber Herr Runge, für das übersendete Exemplar zu danken, welches schon einige Zeit bey mir liegt. Ich freue mich vorauszusehen, daß Sie sich mit den beyden Bänden meiner Farbenlehre gut unterhalten werden, wenn sie dieses Frühjahr in Ihre Hände gelangen. Mögen Sie mir alsdann sagen, was Sie am meisten angesprochen, was Sie am meisten gefördert; so werde ich alsdann zu neuer Communication vergnüglich aufgeregt werden.

[216] Übrigens wünsche ich, daß der geheimnißvolle Opal Ihnen nicht als ein Irrlicht vorleuchten und Sie von Ihrem heitern und glücklichen Naturwege in die abstrusen und wunderlichen Labyrinthe einer Denkart hinabziehen möge, von der, wenigstens für Sie, kein Heil zu erwarten ist. Bleiben Sie meines aufrichtigen und herzlichen Antheils an Ihrem Wesen und Wirken vor wie nach überzeugt und lassen mich hoffen, Sie einmal persönlich näher zu lernen.


21/5941.


An Franz Ludwig Carl Friedrich Passow

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbey den Aufsatz über das Weimarische Trauerspiel mit Dank zurück. Es hat mir sehr viel Vergnügen gemacht, und ich wüßte nichts davon noch dazu zu thun. Wollen Sie jedoch die Bemerkungen Ihres zweyten Briefes zum Zeugniß dienen, welche Aufmerksamkeit Sie wiederholt diesem Kunstwerke geschenkt haben.

Was die einzelnen Stellen betrifft, welche Sie zu benutzen wünschen, so darf ich wohl die Einwilligung des Verfassers dazu voraussetzen und sie Ihnen in seinem Namen ertheilen. Er wird sich geehrt finden durch Ihren Aufsatz und billigen, daß ich seinen Dank vorläufig wenigstens zum Theil dadurch abtrage.[217] Lassen Sie mich von Zeit zu Zeit von Ihrer Thätigkeit und von Ihrem Wohlbefinden vernehmen!

Jena, den 23. März 1810.

Goethe.


21/5942.


An Christiane von Goethe

[24. März.]

Heute schreib ich dir wenig, mein liebes Kind, ich habe Besuch und die Boten wollen fort.

Entschuldige mich bey Herrn Hofkammerrath und Genast daß ich nur schicke und nicht schreibe. Wegen des Treuterischen Hauses schreibe ich nächstens. Auch wegen andrer Dinge die ich geschickt wünsche.

Kannst du die Dose finden die ich von Stuttgard geschickt kriegte, von dem grünen Stein mit Granaten. Sie steht auf meinem Schreibtische in einer kleinen weisen Schachtel, so schicke sie.

Grüße Carlinchen schönstens. August speist und dämmert. Lebe wohl liebe mich.

G.


21/5943.


An Christiane von Goethe

Da ich Dienstags nicht schreiben konnte, so will ich sehen, diesen Brief früher als Sonnabend zu dir zu bringen, und dir von mancherley Dingen Nachricht zu geben.

[218] 1.) Was das Treutersche Haus betrifft, so liegt ein Blatt an Genast, nach deinen Gesinnungen bey, welche mit den meinigen völlig übereinstimmen. August denkt eben so, und wir finden beyde kein großes Unglück, wenn auch am Ende die Planke wieder hergestellt und unser Garten um so viel kleiner würde. Dieß ist die beste Gesinnung, um nicht übertheuert zu werden. Kann man dieses Besitzthum auf eine Leidliche Weise acquiriren, so ist es etwas anders.

2.) Was den Saul betrifft, der sich nicht finden will, so wären drey Personen denkbar, denen ich ihn gegeben hätte: erstlich Genast, zweytens Wolff, drittens Fräul. von Knebel. Erkundige dich deshalb, finden muß er sich.

3.) Das Holz des Wacholderbaums hebe ja sorgfältig auf und laß nichts mehr davon zerschneiden. Es ist viel kostbarer als wir jetzt denken: denn dergleichen ist unter keiner Bedingung wieder zu haben, und ich würde nicht rathen ein größeres Möbel daraus machen zu lassen, sondern kleinere Dinge, womit es aber noch Zeit ist: denn das Holz kann immer noch austrocknen.

4.) Was deine beyden Schränkchen betrifft, so wird August den Sonnabend, wenn er hinüberkommt, das Maaß nehmen, und alsdann will ich dir hüben ein Paar, wie du sie verlangst, von Pappelholz machen lassen, welches gut in die Augen fällt und ein Zimmer sehr putzt. Auch arbeiten die hiesigen Tischer ungleich[219] besser und wohlfeiler als die Weimarischen. Die Sache wird mit Herrn Obrist von Hendrich besprochen und August betreibt sie alsdann.

5.) Was die Hof Trauer betrifft, so brauchst du mir niemals den Zettel zu schicken. Richte du dich vielmehr darnach: denn es schickt sich immer, daß du Hof Trauer trägst, wie du es Dießmal auch gethan hast. Von Frankfurt laß dir kommen, was für gut gehalten wird, daß du bey den Vermählungsfeyerlichkeiten, in wiefern du dazu gezogen wirst, anständig erscheinen kannst.

6.) Den Brief von Schlossern habe ich erhalten; es ist leider nur Verlust daraus zu ersehen. Indessen da die ganze Welt verliert, so wollen wir uns nicht ausschließen.

7.) Frau von Knebel hat ein Hütchen für dich bestellt, welches hoffentlich fertig wird, um mit den Boten Sonnabend anzukommen. Das ihrige wonach es gemacht wird, ist freylich niedlich genug.

8.) Wenn du etwas weißt, was Carolinchen Vergnügen machte, so sage es mir entweder, oder wenn du die Sachen von Frankfurt verschreibst, laß ihr auch etwas mitkommen.

9.) Die schwarzen Beinkleider sind angekommen und passen gut. Den Schwarzen Hofrock laß mir zu einem Frack umändern. Die alten Beinkleider will ich für Heinrich schicken. August will meinen alten Überrock haben.

[220] 10.) Der Frau von Heigendorf empfehle mich vielmals. Sobald es hier freundlich wird, soll sie förmlich eingeladen werden. Wenn sie sich einrichtet ein paar Tage hier zu bleiben, so wollen wir schon für ein artig Quartier sorgen: denn in einem Tage hin und wieder zu fahren ist für sie und das Kind nicht rathsam. Alles übrige Sonnabend mit dem Boten.

Jena den 29. März 1810.

G.


11.) Federnelken, und zwar gefüllte, erhältst du, sobald es rechte Zeit ist, sie zu verpflanzen. Das allzufrühe hilft nichts. Auch schicke ich Rapontica Samen, welchen zu säen es auch noch Zeit hat. Hebe nur dazu einige sonnige Beetchen auf.[221]


21/5943a.


An Anton Genast

Die Lage unseres Hauses und Gartens zu dem Treiterischen ist Ihnen, mein lieber Herr Genast, nicht unbekannt; auch wissen Sie, daß Frau Treiter ihr Besitzthum weggeben will, jedoch vorgibt, daß ihr schon ein ganz disproportionirtes Gebot darauf geschehen.

Wollten Sie wohl, nach Ihrer Einsicht in solche Sachen, das Geschäft gefällig übernehmen, mit ihr sprechen und ihr auf eine freundliche Weise das Gewissen schärfen. Zu gleicher Zeit wäre es wohlgethan, ein wenig zu horchen und zu sondiren, ob es wirklich Liebhaber und Concurrenten und wer sie allenfalls seyn möchten. Kein Gebot wollen wir vorerst nicht thun, sondern das Weitere abwarten.

Indessen passte man auf, ob die Vollmachten der Söhne wirklich ankommen und suchte zu erfahren, was sie enthielten. Die Instanzen, bey denen solche Dinge vorkommen, müssen ja auch davon unterrichtet werden, und haben keine Ursache einige Nachricht vorzuenthalten. Haben Sie die Sache näher mit meiner[140] Frau und August, welcher Sonnabends hinüber kommen wird, überlegt und besprochen; so haben Sie die Gefälligkeit, mir Ihre weitre Meynung zu eröffnen.

Die Eroberung von Smolensk werden Sie wohl erhalten haben. Ich wünsche davon guten Erfolg und hoffe zu vernehmen, daß Sie sich mit den Ihrigen recht wohl befinden. Mir ist es die Zeit über ganz gut gegangen.

Jena den 29. März 1810.

Goethe.[141]


21/5945.


An Christiane von Goethe

Heute weiß ich, mein liebes Kind, nicht viel zu schreiben: denn in dem gestrigen, durch Herrn von Egloffstein abgesendeten Brief habe ich alles möglichst bedacht. Ist etwas vergessen, so erinnere mich.

Meine Arbeiten gehen insofern gut, daß wir hoffen können bald fertig zu werden. Freylich keine Störungen dürfen eintreten und wir werden euch nicht eher einladen, als bis wir recht auf dem grünen Zweige sitzen.

August kommt wieder zu euch hinüber und ich freue mich seiner, auf mehr als eine Weise; aber es ist doch etwas Wunderbares in der Sache. Wenn ich es recht übersehe und bedenke, so ist mir sein Heidelbergischer Aufenthalt lieber als sein Jenaischer: es kommt schon etwas Kümmeltürkisches in ihn. Ich[222] habe niemals einen so deutlichen Begriff von diesem Worte gehabt als jetzt. Ich will ihm seinen Sommer nicht verderben, und du brauchst ihm hiervon nichts merken zu lassen; aber wenn es so fortgeht, so muß er auf Michael wieder in eine andere Welt, nach Göttingen oder wohin es auch seyn mag. Da viel Zeit bis dahin ist, so wollen wir's besprechen; aber ich sage es voraus, weil ich nicht viel mehr Zeit habe, etwas lange auf dem Herzen zu behalten.

Du erhältst einen ganzen Kasten voll köstliche gefüllte Federnelken. Lasse sie nicht zu nahe an einander pflanzen: denn sie bestocken sich sehr. Den Kasten schicke zurück.

Auch lege ich Rapontika-Samen bey, davon du die Hälfte jetzt auf ein wohlbestelltes Ländchen säen kannst, die andre Hälfte erst im May auf ein anderes. Wie diese Pflanzen übrigens zu behandeln sind, besprechen wir noch weiter mündlich.

Das Hütchen, hoffe ich, ist auch glücklich angekommen. Es ist wirklich sehr artig und ich glaube, daß es dir gut steht.

Frau von Knebel kommt auch schon wieder hinüber, und August ist vielleicht früher bey dir als gegenwärtiges.

Die Mitglieder der Singestunde grüße zum schönsten. Wenn ich wieder hinüber komme, so müssen wir einen recht vergnügten Donnerstag haben. Erkundige dich im Stillen, ob in der Charwoche ein[223] Oratorium oder etwas dergleichen stattfinden soll. Ich werde mich darnach richten.

Lebe wohl und versäume nicht, zu dictiren was vorgeht, und grüße deinen hübschen Secretär.

Jena den 30. März 1810.

G.[224]


21/5945a.


An Carl Ludwig von Knebel

[Jena 1. April 1810.]

Wir freuen uns herzlich deiner Ankunft und hoffen, daß du uns, wegen deiner bisherigen Abwesenheit, durch mancherley gute Nachrichten und Erzählungen von Weimar entschädigen sollst. Bey Hanburys werden wir uns wohl diesen Mittag sehen, bis dahin also sey das weitere verspart.

G.[141]


21/5970.


An Silvie von Ziegesar

[Anfang April.]

Heute früh wollt ich Ihnen schreiben, liebste Silvie, da läg nun wenn ich mich nicht von der Sonne hätte auslocken lassen ein Briefchen zum Absenden fertig. Danck also in der Eile für das überschickte, ich will es bald möglich nutzen und zurücksenden. Möge doch manche Melodie darunter zu so guter Stunde gesungen werden als die neuliche. Wir müssen im Stillen auch auf die nächste Zeit einiges vorbereiten. Indessen werden mich die Freundinnen allein nach Carlsbad schicken, und nicht sonderlich bekümmert seyn was für Bilder mir aus Felsen und Bäumen dort entgegen kommen.

Vorher aber muß ich Sie noch einigemal sehen und die Erinnerung der Gestalten und Gesinnungen bey mir anfrischen.

Ausser der unvermeidlichen Arbeit thu ich fast nichts als Zeichnen und bin im Begriff mir[260] Visiten Billete zu radiren, mit denen ich mich nächstens anzumelden hoffe.

Riemer empfielt sich mit mir aufs angelegentlichste.

G.[261]


21/5946.


An Christiane von Goethe

August ist glücklich zurückgekommen, hat uns viel erzählt und war von der Aufführung des Hamlets besonders erbaut. Mir geht es auch ganz gut und wir werden vor Ostern, wo nicht fertig, doch ziemlich weit seyn.

Habe Dank für das überschickte Gute. Die Näpfchen sollen heute sämmtlich wieder zurückkommen.

Schicke mir wieder etwas Franzwein, und von Zeit zu Zeit, auch ohne meine Erinnerung, einige Fläschchen.

Von der schwarzen Weste will Carl nichts wissen: er sagt, daß er sie nie gesehen habe.

Das eine Paar Beinkleider für Heinrich kommt mit.

In deinem Garten wird alles wohl schön bestellt seyn. Ich habe vergessen anzuzeigen, daß die Nelken etwas tief gesetzt seyn wollen; doch wird das der Gärtner, als ein verständiger Mann, schon für sich gethan haben.

Ich gehe hier viel spazieren, und das schöne Wetter gefällt mir sehr wohl.

[224] Für heute wüßte ich nichts mehr zu sagen; sollte ich etwas vergessen haben, so sey so gut und erinnere es. Lebe recht wohl und grüße Carolinchen.

Jena den 3. April 1810.

G.


21/5947.


An die Hoftheater-Commission

Ew. Wohlgebornen

erhalten hiebey das Concept des abzustattenden unterthänigen Vortrags signirt zurück. Ich habe nur einige wenige Ausdrücke gemildert. Es ist ja wohl nicht nöthig, daß ich das Mundum unterschreibe.

Daß der neue Sänger und Schauspieler gut einschlägt, freut mich sehr. Da wir denn aber doch von außen schwerlich ganz nach unsern Wünschen möchten bedient werden; so ersuche ich meine hochgeehrtesten Herrn Mit-Commissarien aber und abermals das gegenwärtige Personal unsers Theaters, insofern es sich gut beträgt, und bescheidene Wünsche hegt, zufrieden zu stellen und sich diese Personen für das Gegenwärtige und Zukünftige zu attachiren.

Was gebeten worden, davon zeugen unsre Registranden. Deny möchte ich weder derangirt sehen, noch ihn vermissen. Demoiselle Häsler verdient nach dem was sie leistet, unsre Aufmerksamkeit, und so die Übrigen mehr oder weniger.

Haben Sie ja die Güte mir über diese Dinge schriftlich Ihre Gedanken zu eröffnen, und ich will[225] das gleiche thun. Komme ich auch vor meiner Reise nach Carlsbad wieder nach Weimar, so ist es nur auf kurze Zeit, wo ich nichts zu überlegen noch zu entschließen wünschte, was von Bedeutung ist. Werden ja viel wichtigere Dinge durch schriftliche Vota und Communicationen abgethan.

Herr Oels wünscht seine Frau nach Leipzig zu begleiten: ist er zu entbehren, so habe ich nichts dagegen, vielmehr glaube ich, daß es ihr, in ihren gegenwärtigen Gesundheits-Umständen, wohl zu gönnen wäre. Alles kommt auf die Umstände und auf eine ihnen gemäße Resolution Herzoglicher Commission an.

Zum neunten May, als zu Schillers Todestag, der gerade auf einen Mittwoch fällt, wünschte ich ein Gedächtnißfest. In vier oder fünf Abtheilungen würden Scenen aus Wallenstein, der Jungfrau von Orleans, der Braut von Messina, Maria Stuart und Tell gegeben. Die Glocke machte den Schluß. Meine früheren Stanzen, denen ich noch einige zufügen würde, würden zuletzt recitirt. Ich wünschte hierüber Herrn Genast's Gedanken und nähere Vorschläge zu vernehmen. Es kann eine vortreffliche Repräsentation werden, die sehr viel Menschen anzieht und erfreut.

Was ich sonst noch mitzutheilen habe, soll nächstens erfolgen, indessen ich recht wohl zu leben wünsche.

Jena den 10. April 1810.

Goethe.[226]


21/5948.


An Christiane von Goethe

Schon gar manches von dem was ich gewünscht habe, ist angekommen. Sey so gut und schicke mir das Blättchen zurück, worauf alles steht, damit ich zuletzt weiß, ob auch alles hier ist.

Hofrath Meyer wird kommen und einiges aussuchen. Das überlasse ihm, oder übernimm es und schicke es mir, oder besorge es sonst, wie es sich fügen will. Nur bitte ich dich, gieb diesen Sachen einige Aufmerksamkeit, daß sie nicht blos im Sturm geschehen und daraus Confusionen entspringen, wie leider schon der Fall war.

Ich habe noch gar mancherley was ich herüberwünschte und will es nach und nach verlangen. Ich hoffe, ihr werdet euch wohl befinden und auf eure Weise vergnügt seyn. Der Schnee hat mich auf einige Tage eingesperrt: es wird aber nur bald um desto besseres Wetter werden.

Schicke mir ja von Zeit zu Zeit etwas genießbares: denn unser Tisch ist sehr schlecht und wird noch schlechter werden, wenn Hanburys weggehn. Lebe recht wohl, grüße den Schirmvoigt und Carolinchen. Wegen dieser habe ich recht umständlich und treulich an Herrn Geh. Rath von Voigt geschrieben.

Jena den 13. April 1810.

G.[227]


21/5949.


An Johann Heinrich Meyer

[13. April.]

Nachdem wir uns, mein theurer Freund, nun bald vierzig Tage in der Absonderung befinden, und bereits die guten Folgen dieses einsamen Aufenthaltes verspüren; so ist es Zeit, daß ich mich auch wieder einmal vernehmen lasse, und Ihnen ein Blatt übersende, welches Dank, Nachrichten und Bitten enthalten soll.

Vor allen Dingen also seyn Sie mir schönstens gegrüßt und gelobt für die fortgesetzte technische Beschreibung. Ich brenne vor Ungeduld mich damit bekannt zu machen, und das was ich mir dabey vorgesetzt, auszuführen. Ich hoffe es soll uns zu besonderer Vergnüglichkeit gedeihen.

Sodann lassen Sie mich sagen, daß das sämmtliche Farbenwesen bald von unsren Schultern auf Setzer und Drucker gewälzt ist, welche denn wohl geschwinder als wir damit fertig werden können. Indessen schleppt sich der Druck auf alle Fälle in den May hinüber. Doch wollen wir in diesen letzten Wochen nicht ungeduldig werden.

Das von der Prinzeß Caroline wieder zurück erhaltene Landschaftsgemälde senden Sie nur an meine Frau, die es wieder an den alten Platz hängt.

Es ist recht schön, daß Sie zwey von den Casselschen Claudes für die regierende Herzoginn gefunden[228] haben. Regierungsrath Müller besitzt alle vier, und giebt sie wohl her, wenn man ihm die zwey dagegen giebt und die übrigen vergütet. Hierbey kommt freylich alles auf die Abdrücke an. Entamiren Sie wenigstens die Negociation.

Wenn ich mich nicht irre, so hat Bertuch noch die kleine Kaazische Skizze auf blau Papier, von dem Wasserfall. Diese möchte ich nicht gern entbehren. Seyn Sie so gut, mir sie allenfalls im Rahmen herüberzuschicken. Was Kaazen dafür werden kann, will ich gerne zahlen. Die Mondschein-Landschaft steht, wo ich nicht irre, auf meinem Schreibtisch in dem bekannten Portefeuille. Diese könnten Sie zurücknehmen. Allenfalls aber behielte ich sie auch.

Was die hier beyfolgende Pappe bedeuten soll, ist innerhalb derselben umständlich beschrieben. Haben Sie die Güte diesen kleinen Auftrag so viel als möglich zu befördern, und da Sie deshalb die Gefälligkeit haben werden, sich in mein Haus zu bemühen; so füge ich noch einiges hinzu.

Sie kennen die Zeichnung von der Einweihung der Academie zu Charkow. Sie steht in Rahmen und Glas vorn bey meiner Frau, und wäre so an Bertuch zu übergeben, aber mit derselben ein längliches Kästchen, das Sie in meinem Vorzimmer finden werden. Es enthält noch verschiedenes auf diese Zeichnung bezügliches, einen Brief an mich und eine colorirte Skizze. Dieses alles erhielte Herr Bertuch mit der[229] Bitte die Sache zu überlegen und sich allenfalls darüber gegen mich zu erklären.

Sodann wird sich in der obern Schublade meines großen Schreibtisches, rechts, ein Papier oder einige finden, welche die Bemerkungen enthalten, wie man bey der sogenannten Mittelguache zu Werke geht. Haben Sie die Güte solche aufzusuchen und sie mir zu schicken. finden sich aber diese Papiere nicht in gedachter Schublade, so suchen Sie nicht weiter nach.

Ferner werden Sie in dem höhern Schrank in meinem Vorzimmer ein kleines Portefeuille finden, auf welchem steht: radirte Landschaften. Dieses erbitte mir auch.

Nicht weniger finden sich wohl einige kleinere und mittlere leere Portefeuilles im Vorzimmer selbst oder in meinem Wohnzimmer, welche mir auch zu senden bitte. Alles dieses zusammen kann meiner Frau übergeben werden.

Finden Sie Gelegenheit mich Ihro Hoheit zu Gnaden zu empfehlen; so versäumen Sie solche gar nicht. Unserer guten Prinzeß, und wen Sie sonst von Freunden und Freundinnen geneigt finden, sich meiner zu erinnern, sagen Sie das allerschönste. Ich habe noch allerley mitzutheilen; doch wollen wir es dießmal dabey bewenden lassen.

Außer daß ich noch eins nachbringen muß. Senden Sie mir doch auch von dem Kaazischen hellblauen Papier, welches Sie in meinem Portefeuille wohlverwahrt[230] finden werden. Sie müssen aber die Güte haben, solches um einen Stab zu rollen. Es könnte mir doch auf meinem Skizzenwege die Lust ankommen, mich auch in die Farbengebung hinüber zu skizziren.[231]


[Beilage.]

Beykommende landschaftliche Skizzen haben folgendes zu bedeuten.

[141] Freund Knebel besitzt die vier landschaftlichen Radirungen von Hackert, die er mir nach der großmüthigen Art des edlen Glaukus, Gold für Erz austauschend, überlassen will, wenn ich ihm in die leer werdenden Rahmen etwas einzeichne.

Die Pappe bestimmt die Größe der Blätter. Nun wünschte ich, Sie nähmen aus meinem Vorrathe gutes holländisches Papier und ließen mir die drey Skizzen, die ich übersende, mit Bleystift darauf copiren, und zwar so wie ich das Viereck mit Bleystift auf der Pappe gezogen habe. Nur dürften um diesen neuen Umriß keine Linien gezogen werden, damit ich beym Auszeichnen über die Gränze gehen und besonders die Höhe der Zeichnungen etwas vermehren kann, indem ich den Vordergrund etwas ansetze, der es durchaus verlangt.

Temlern, oder wer es macht, will ich gern für seine Zeit entschädigen. Haben Sie nur die Güte mir deshalb ein Wort zu sagen.

Freylich wünschte ich, daß es bald geschähe.

Ich wiederhole nochmals, daß es weiter nichts als leichtere Bleystift-Umrisse bedarf, die mir nur erleichtern, die rechte Stelle zu finden, die mich aber nicht geniren, mit den einzelnen Theilen hin und wieder zu rucken, nach der Eingebung des Geistes oder des Augenblicks.[142]


21/5950.


An Christiane von Goethe

Dein Bruder hat mir alles recht ordentlich überliefert und ich schreibe mit den Boten mehr. Dieses gebe ich mit den Bouteillen an den Kutscher, der euch selbst erzählen mag, wie es zugegangen ist, daß er unterwegs umgeworfen hat. Der Bibliothekar hat am Backen einigen Schaden genommen, der aber schon durch guten Hendrichischen Wundbalsam auf dem besten Wege der Heilung ist. Ich sage dieß nur, damit nicht etwa die klatschige Fama das Übel größer macht als es ist, damit sie etwas zu sagen habe. Labe recht wohl.

Jena den 17. April 1810.

Goethe.


21/5951.


An Christiane von Goethe

Alles was ich gewünscht habe ist recht glücklich und gut angekommen, deswegen du auch ganz besonders gelobt seyn sollst. Ganz allein fehlt noch das Holz vom Wacholderbaum, wovon ich dich um einen stärkeren und schwächern Ast bitte.

[231] Unsere Geschäfte gehen hier sehr gut; nur bringt mich leider das Essen beynahe zur Verzweiflung. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, daß ich vier bis fünf Tage blos von Cervelatwurst Brodt und rothem Wein gelebt. Auch sehe ich unter den hiesigen Umständen gar keine Rettung und wäre, weil es mir zuletzt doch schädlich werden muß, schon wieder hinübergefahren, wenn es unser Geschäft nur einigermaßen zuließe. Ich bitte dich also aufs allerinständigste, mir mit jedem Boten-Tage etwas Gutes Gebratenes, einen Schöpfenbraten, einen Kapaun, ja einen Truthahn zu schicken, es mag kosten was es will, damit wir nur zum Frühstück, zum Abendessen, und wenn es zu Mittag gar zu schlecht ist, irgend etwas haben was sich nicht vom Schweine herschreibt. Ich mag dir nicht sagen, wie verdrießlich und ärgerlich ich die Zeit her gewesen bin, wenn ich mit einem übertriebenen und ganz unschicklichen Aufwand entweder hungern oder etwas genießen mußte was mir offenbar schädlich war.

Alles andere was von uns selbst abhängt geht sehr gut, und wir werden zur rechten Zeit fertig. Daß der Bibliothekar schon heute kommt, hindert daß der Schreiber dieses nicht mit dem Wagen zurückkehrt. Ich wiederhole, daß der kleine Unfall den der Bibliothekar gehabt, von keiner Bedeutung ist. Wegen Carolinchen ist, hoffe ich, schon ein Rescript an die Regierung gegangen. Erkundigt euch immer wieder einmal darnach und laßt die Sache nicht ruhen.[232] Weiter wüßte ich für den Augenblick nichts, womit ich dich plagen oder belästigen möchte. Schreibt mir aber doch, und zwar etwas ausführlich, wie es mit der Schweizerfamilie gegangen ist. Wenn August von seiner Tour zurückkommt; so ermuntere ihn ja, daß er mir eine recht wohl und besorge Inliegendes besonders an Ludecus recht pünktlich: denn es enthält Geld und Geldeswerth.

Jena den 17. April 1810.

G.


21/5952.


An Johann Heinrich Meyer

Für die gute und gefällige Besorgung aller meiner Aufträge kann ich Ihnen nicht genugsam danken. Sie haben ja aber immer die Güte, meine Wünsche, Vorsätze, Einfälle und Grillen zu begünstigen.

Heute wüßte ich nun beynahe Nichts warum ich Sie ersuchen möchte, als, daß Sie das große Portefeuille, das unter den andern in meinem Vorzimmer auf dem Gestelle liegt, und worin die Michel Angelos, Rafael und Jul. Romano's und andre Kupferstiche enthalten sind, an Sachsen übergeben, mit dem Auftrage, solches aufs beste eingepackt, baldigst herüber an Bibliothekar Vulpius zu senden.

Sie erlauben, daß ich Sie. nächstens, noch um einiges andere ersuche. Sprechen müssen wir uns noch,[233] ehe ich nach Carlsbad gehe, entweder, daß Sie mir das Vergnügen machen, mich zu besuchen, oder daß ich noch einmal nach Weimar hinüberkomme. Leben Sie recht wohl und empfehlen mich unsern hohen Herrschaften und Freunden.

Jena den 17. April 1810.

G.


21/5953.


An Carl Friedrich Zelter

Für Ihr thätiges Antworten danke ich zum allerschönsten. Leider bin ich von meinem Singchore getrennt und kann also das ergo bibamus nur mir den Augen und mit dem Schlunde feyern. Schreiben Sie mir doch zu allernächst, was eigentlich für Lieder an Ihrer Tafel am öftersten wiederholt werden, damit ich den Geschmack Ihrer Gäste kennen lerne und erfahre, welche Art Poesie ihnen am meisten ohret. Wenn man das weiß. so kann man den Freunden allerley Späße machen.

Verfolgen Sie den Gedanken ja nach Töplitz zu gehen. Ich bin überzeugt, daß es mir selbst sehr heilsam seyn würde, dieses Bad, nach Carlsbad, zu besuchen; aber bey meiner großen Lust in irgend einem Zustande, der nicht ganz verdrießlich ist, zu verharren, komme ich ohne entschiedenen Anlaß von der Eger nicht weg. Sind Sie aber in Töplitz, sagen mir wie es da aussieht, sorgen mir[234] für ein Quartier, so läßt sich die Reise bald machen. Doch zur Vorbereitung nur soviel. Bis Jubilate trifft mich ein Brief noch hier. Auch erhalten Sie, ehe ich weggehe, noch einen Brief und ein Exemplar der Farbenlehre. Wollten Sie mir alsdann nach Carlsbad poste restante schreiben, so würde ich den Brief nach meiner Ankunft erhalten und schon näher vernehmen können, inwiefern es uns gelingen dürfte, diesen Sommer zusammenzukommen. Mehr sage ich heute nicht, damit dieses Blatt nicht aufgehalten werde.

Leben Sie recht wohl und lassen recht bald von sich hören.

Jena den 17. April 1810.

G.


Machen Sie es, liebster Freund, nur möglich nach Töplitz zu kommen, sind wir zusammen, so helf ich nach. Wir sind zwar jetzt alle zusammen arme Teufel und wissen nicht wo aus noch ein, es findet sich aber am Ende immer noch ein Mittel. Mehr sag ich nicht. Das herzlichste Lebewohl und die besten Wünsche zu unsrer Zusammenkunft.


21/5954.


An Anton Genast

Jena d. 17. April 1810.

Sie erhalten, mein lieber Herr Genast hierbey ein ziemliches Packet. Vor allen Dingen aber will ich Ihnen danken, daß Sie sich unsrer theatralischen Angelegenheiten[235] so treulich annehmen. Ich habe besonders viel Gutes von der Vorstellung der Maria Stuart gehört; man glaubt dergleichen gar noch nicht gesehen zu haben. Die Rollen des Ubaldo folgen hier unterzeichnet. Der Ähnlichkeit und den andern kleinen Stücken habe ich nichts abgewinnen können. Die Werke der Madame Weißenthurn zu lesen, ist mir gegenwärtig ganz unmöglich. Haben Sie Zutrauen zu irgend einem derselben, so zeigen Sie mir es an. Die Glocke schicke ich auch wieder zurück. Ich habe an der Seite einige Veränderungen des Personals beygeschrieben. Überlegen Sie solche nochmals. Ich wünschte, daß man Madame Beck und Teller auf eine freundliche Weise veranlassen könnte, sich bey dieser Gelegenheit zu dispensiren und die wenigen Verse ihren Kindern zu überlassen. Auch wünsche ich, daß Caroline Wolff dabey sey, welcher man vielleicht noch einige Verse zuwenden könnte, etwa von denen, welche Demoiselle Häsler zugeschrieben sind. Bey Recitation der Stelle, welche den Brand schildert, wünsche ich, daß sie in der Reihe stünden wie sie sprechen, so daß ein Nachbar dem andern immer das Wort aus dem Munde nimmt, welches eine sehr gute Wirkung thut. Überlegen Sie dies und noch manches andere. Gut wäre es überhaupt, daß man das Gedicht abschreiben ließe, doch dergestalt, daß zwischen den Reden, wie sie jetzt abgetheilt sind, immer Raum bliebe, so daß man den Namen des Schauspielers oben drüber[236] setzen könnte. Schicken Sie mir dieses Manuscript mit nochmaligen Gutachten zurück, so wollte ich die Namen selbst einschreiben und wir hätten alsdann einen sichern und reinen Grund. Die zum 9. May ausgesuchten Scenen finde ich sehr gut, der Absicht und den Umständen gemäß. Freylich, wenn Oels in diesen Tagen nicht fehlte, so hätte man noch einiges dazu fügen können; doch ist es überhaupt gut, wenn man sich kurz faßt. Die neue Besetzung der fehlenden Rollen in den beyden Stücken liegt hier bey. Was die Rolle des Rathsherrn in der Jungfrau von Orleans betrifft, so wünsche ich, Sie fänden einen andern Ausweg. Diese Rolle ist durch die neue Bearbeitung ganz null geworden, und ich möchte nicht, daß darüber, besonders in meiner Abwesenheit, neue Händel entstünden.

Leben Sie recht wohl, empfehlen Sie mich den Herrn Commissarien bestens, grüßen Sie die lieben Ihrigen und gedenken mein.

Goethe.[237]


21/5954a.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

P.P.

Ew. Wohlgebornen haben die Gefälligkeit gehabt, auf den von Herrn Doctor Cotta in Tübingen mir bey Denenselben eröffneten Credit von 2000 Thalern, gegen Anweisung an die Ordre des Herrn Cammer-Secretär Ludecus in Weimar 1200 Thaler auszahlen zu lassen. Ich habe demselben abermals eine Assignation auf 800 Thaler zugestellt, welche gleichfalls zu honoriren und dadurch dieses Geschäft abzuschließen hiermit gebeten haben will. Der ich diese Gelegenheit ergreife, mich Ihrem fortdaurenden geneigten Andenken zu empfehlen, und die Ehre habe, mich zu unterzeichnen pp.

Jena den 17. April 1810.


[Beilage.]

Die Herrn Cammerrath Frege und Comp. in Leipzig haben die Gefälligkeit, für Rechnung des Herrn Doctor Cotta in Tübingen, auf diese meine Assignation, an Herrn Cammer-Sectetär Ludecus in Weimar oder dessen Ordre, die Summe von Achthundert Thalern Sächsisch auszahlen zu lassen. Jena den 17. April 1810.[143]


21/5955.


An Christiane von Goethe

Auf eure freundliche Einladung können wir uns leider nicht einfinden: denn gerade in diesen Tagen und in der nächsten Woche steht uns noch das schwerste bevor. Wir müssen also aushalten, es sey auf welche Art es auch sey.

[237] Doch haben deine Wohltaten, theils an und vor sich selbst sehr gute Wirkung gethan, theils auch anderes Gute herbeygeführt, und wir haben uns in der letzten Zeit, was das Essen betrifft, um vieles besser befunden. Sende uns nur mit jedem Botentage etwas Abgebratenes, es sey was es sey, damit ich nur zum Frühstück und Nachtisch etwas Kaltes habe, das mir allein wohlschmeckt und mir allein wohl bekommt.

Zahnpulver schicke ich hier eine kleine Gabe. Herrn von Hendrich werde ich wegen solcher Schächtelchen erinnern. Daß du mir die beyden Flaschen Franzwein aufgeopfert hast, weiß ich dir großen Dank. Die eine hat uns schon besonders gut geschmeckt; die andere wollen wir mit destomehr Verstand trinken.

Frage doch auch August gleich wenn er wiederkommt, ob ich ihm ein ganz kleines, französisch sehr schön geschriebenes Büchelchen, die Feyerlichkeiten in Cleve, zum Geburtstag des Kaisers, und das Andenken der Johanna Sebus betreffend, etwa gegeben habe. Es ist mir verschwunden, und ich weiß nicht wohin.

Heute sage ich nichts weiter. Nächstens werde ich dich ersuchen, mir wieder einiges zu schicken. Nach meinem Wunsche und nach der Nothwendigkeit müssen wir noch einmal nach Weimar hinüber. Wann dieß geschehen kann, weiß ich nicht zu sagen. Unangemeldet kommen wir nicht; aber wir finden auf jede Weise[238] alles besser als wir es hier verlassen. Ich wünsche recht wohl zu leben, und umständlich zu vernehmen, wie man sich befindet.

Jena den 20. April 1810.

G.


Noch eins! Man hat von Seiten der Theater-Commission bey mir den Wunsch geäußert, den neuen Capellmeister und seine Frau, auf unsere Bank, wenigstens für die Zeit des gegenwärtig laufenden Theaterjahrs zu bringen.

Ich habe doch Witzel darauf einen Platz und eine Art von Aufsicht übergeben. Dieser ist nun krank und gewiß lange nicht im Schauspiel gewesen. Carolinchen wird am besten sagen können, wie es jetzt auf der Bank aussieht, damit ich einen Entschluß fassen kann: denn ich möchte diesen Personen gern eine Gefälligkeit erzeigen, ohne doch Jemanden zu vertreiben, obgleich die sämmtlichen die darauf sitzen, außer etwa dem schönen eben genannten Kinde, uns deshalb nicht den mindesten Dank wissen. Erkundige dich nach der Sache, schreibe mir deine Meinung: denn ich habe mir die Resolution offen behalten.

Sey so gut und schicke mir ein paar Pfund Chocolade. Augusten bitte gefälligst zu sagen, daß ich sein Stammbuch besorgt habe, es aber leider heute nicht mitschicken kann, indem es bey Frommanns liegt, die in diesem Augenblick, wo die Botenfrau eben abgehen wollen, nicht zu Hause sind. Es erfolgt nächstens.[239]


21/5956.


An Franz Kirms

Ew. Wohlgebornen

erhalten hierbey die mir übersendeten Vota mit meiner unmaßgeblichen Meynung zurück. Belieben Sie gefällig mit Herrn Rath Kruse das weitere zu bedenken, zu expediren, und was nöthig ist, an mich zu überschicken. Besonders was die Sache des Capellmeisters betrifft, wünschte ich sie gleich von Anfang recht auf guten Fuß gestellt, aber nur in den Hauptpuncten. Kleiner Nebenstimmung wäre nicht zu erwähnen.

Ich wünsche recht wohl zu leben und freue mich daß es im Ganzen so gut geht. Das Einzelne findet sich auch, oder läßt sich übertragen. Mich geneigtem Andenken empfehlend

Jena den 20. April 1810.

Goethe.


21/5957.


An die Hoftheater-Commission

Ich hatte zu Anfang des Winters unserm Witzel einen Platz auf gedachter Bank gestattet und ihn zugleich ersucht, einigermaßen Aufsicht über deren Besetzung und Benutzung zu führen. Ich wünschte daher durch denselben oder auf sonst eine Weise zu erfahren, wer sich gegenwärtig dieser Bank bedient, damit sich überlegen ließe, in wie fern man Herr[240] und Frau Capellmeister wenigstens für die laufende Theaterzeit auf derselben, ohne Jemanden zu verletzen, unterbringen könnte.

Jena den 20. April 1810.

Goethe.


21/5958.


An die Hoftheater-Commission

Vorstehendes hat allerdings zwey Seiten. Die Ansicht des Amtmanns ist nicht ohne Grund und die Lauchstädter können freylich wünschen, daß wir bey einer Anstalt die auf unsren Vortheil angesehen ist, auch an den ihrigen denken.

Daß beyderseitige Vortheile nach dem Vorschlage des Herrn Rath Kruse zu verbinden seyn möchten, glaube ich selbst: denn dem Weimarischen Publicum wird ein allzulange fortgesetztes Schauspiel eher lästig als erfreulich, und ich sollte daher denken, daß nicht viel zu riskiren wäre, wenn man früher sich nach Lauchstädt begäbe, und trete daher, wie gesagt, der Gesinnung des Herrn Rath Kruse bey, ob ich gleich wohl weiß, daß in solchen zweifelhaften Dingen eine Entschließung schwer zu fassen ist.

Ich verfehle nicht, zugleich zwey Briefe des Herrn Oberbergrath Reil beyzulegen. Auf den ersten habe ich entschuldigend, auf den zweyten gar nicht geantwortet, weil man es auch nicht zu erwarten schien.[241] Ich übergebe sie zu den Acten, und damit Herzogl. Commission nicht ohne Kenntniß dieses neuen Ansinnens bleibe.

Jena den 20. April 1810.

Goethe.


21/5959.


An die Hoftheater-Commission

Die Bank quaestionis ist in zwey Bänke abgetheilt. Die erste kleinere enthält zwey Plätze. Sie ist die, auf welcher ich sonst gesessen, und stößt unmittelbar an die Bank der Cammerfrauen. Diese Bank mit ihren zwey Plätzen würde ich recht gern dem Herrn Capellmeister Müller und seiner Frau bestimmen, um ihnen etwas freundliches zu erzeigen. Sodann käme die größere Bank, auf welcher Demoiselle Ulrich und Madam Kruse die ersten Plätze einnehmen. Die Herren würden sich wegen der übrigen schon vertragen. Dabey würde Herzogliche Commission die Gefälligkeit haben, die Schlösser nachsehen und allenfalls für jede Bank besondre Schlüssel fertigen zu lassen. Ich glaube, daß diese meine Entschließung so ziemlich mit dem Seyfarthischen, von Herzoglicher Commission approbirten, Vorschlag zusammentrifft.

Jena den 22. April 1810.

Goethe.[242]


21/5959a.


An die Hoftheater-Commission

Unsere guten Schauspieler werden sich wohl niemals in einen Geschäftsgang finden, so wenig als in Subordination, da es ihnen viel bequemer und angenehmer dünkt, die Sache nach Belieben, wie unter ihres Gleichen, abzuthun. Herzogliche Commission hat daher von ihrer Seite bey den einmal gut gefundenen Einrichtungen immer wieder zu bestehen und solche auf's neue einzuschärfen.

In dem gegenwärtigen Falle würde ich rathen, auf eine nächste wöchentliche Austheilung nochmals die Erklärung zu setzen, daß alles dasjenige was Schauspieler an Herzogliche Commission bringen wollen, nicht durch Billette an einzelne Glieder derselben, sondern entweder durch eine auf Herzoglichem Hofamte zu besorgende Registratur, oder durch ein schickliches Schreiben Herzoglicher Commission vorzulegen sey.

Jena den 20. April 1810.

Goethe.[144]


21/5960.


An Carl Friedrich von Reinhard

Nur eilig, mein verehrter Freund, soll mein Dank seyn für den Brief den ich durch Fürst Repnin erhalten. Ehe ich von hier abgehe, kompletire ich Ihnen noch das Exemplar der Farbenlehre und schreibe manches bey dieser Gelegenheit. In Weimar will ich die gehörigen Anweisungen geben, daß Herr Zimmer von Heidelberg mit Herrn Hofrath Meyer, unserem trefflichen Künstler und Kunstverständigen, zu sprechen komme und ihm das Portefeuille übergebe, auch wohl mit ihm über die Sache sich berede. Bin ich selbst drüben, so werde ich ihn freundlich aufnehmen.

Jenem jungen Mann dagegen, von dem Sie mir sprechen, würde ich gegenwärtig eine Reise zu uns nicht rathen. Ich bin höchlich gedrängt, indem ich von der einen Seite das Farbenwesen zur Jubilatemesse ausstatten soll, wogegen sich besonders jetzt manche technische Hindernisse setzen, und wobey immer mehr zu thun ist, je näher die Zeit kommt, da man sich entschließen soll, was man weglassen, zusammendrängen und noch allenfalls nothdürftig arrangiren möchte. Die Tafeln und deren Beschreibung, eine Anzeige, das Register sind alles Dinge die den Schwanz verlängern über den man so gut als über den Fuchs hinaus soll, und die ich nicht zu Stande bringen könnte, wenn ich nicht so gute Beyhülfe hätte.

[243] Um nun noch von der andern Seite zu reden, so soll unser Theater für Lauchstädt, wie gewöhnlich, eingerichtet, neue Stücke und Opern soviel als möglich auf den Weg gegeben werden. Ein neuer Kapellmeister tritt an, und obgleich jedermann gern nach seinem eigenen Willen lebt; so will man doch auch, daß der Vorgesetzte ja dazu sagen soll, damit man weniger mehr sind, die Sie in weit höhern Regionen genau und ausführlich kennen.

Noch bin ich in Jena. Ob ich nach Weimar hinübergehe, oder die dortigen Angelegenheiten, wie bisher schriftlich und per legatos verhandeln lasse, weiß ich selbst noch nicht. Das aber weiß ich wohl, daß ich zuletzt aus dem Stegereife fortgehen muß, wenn ich loskommen will. Träfe mich nun Ihr junger Mann in einer solchen Art von Turbulenz; so würde er noch weniger Freude und Nutzen genießen, als ohnehin zu erwarten steht. Denn wie Sie selbst am besten fühlen, so müßte ein Schüler von Friedrich Schlegel eine ziemliche Zeit um mich verweilen und wohlwollende Geister müßten uns beyderseits mit besondrer Geduld ausstatten, wenn nur irgend etwas erfreuliches oder auferbauliches aus der Zusammenkunft entstehen sollte. So ein Versuch wäre etwa gegen den Herbst und Winter zu machen, wo ich in Weimar wäre, wo man eine mehrsinnige Gesellschaft, Theater Musik, Bibliothek, Sammlungen aller Art[244] um sich hat. Ihre Empfehlung und Einstellung soll ihm so wie jedem andern bey mir den freundlichsten Empfang vorbereiten, ja er soll auch bey mir in Puncten, die mir sonst feindselig sind, mehr Geduld und Nachsicht finden, als ich sonst zu üben pflege.

Was das zu unternehmende Werk betrifft, so will ich es wohl überlegen, und meiner Freunde Überzeugungen sammeln, und solche nach Befinden, entweder den Theilnehmern oder Ihnen, redlich und wohlmeinend mittheilen.

Viel andres liegt mir noch am Herzen. Ich werde es Ihnen aber auch wohl nur in ein paar Octav Bänden zuschicken können. Diesen Sommer habe ich mir mancherley vorgenommen, davon wenigstens etwas zu Stande kommen wird.

Empfehlen Sie mich dem Fürsten Repnin vor seiner Abreise noch zu gnädigem Andenken, und wenn er wirklich nach Spanien geht und Herr von Yacowleff an seine Stelle kommt; so erzeigen Sie sich diesem auch um meinetwillen freundlich. Er hat sich immer höchst artig gegen mich benommen, und mir noch zuletzt eine Dose von einer Steinart verehrt, die mich sehr interessirt. Leben Sie recht wohl und gedenken mein unter den Ihrigen.

Jena den 22. April 1810.

G.[245]


21/5961.


An Christiane von Goethe

Die Chocolade ist mir sehr zur guten Stunde angekommen: denn ich habe diesen Morgen allerley Proben gemacht mit Kaffee und hiesiger Chocolade, es hat aber nicht gehen wollen.

Gleichfalls danke ich für die guten gebratenen Bissen. Schicke mir ja wieder etwas dergleichen. Dafür folgen auch hiermit die besten Fische, die ich wünsche, daß ihr sie in guter Gesellschaft wohlbereitet verzehren möget.

Mir geht es ganz gut, nur daß unsere Arbeit sich noch immer etwas mehr in die Länge zieht.

Schreibt mir nur hübsch fleißig euer Tagebuch. Ich habe nicht viel besonderes zu erzählen. Für Augusten habe ich das verlangte beygepackt. Lebt recht wohl und gedenkt an uns. Ob und wenn es hinüberzukommen möglich ist, weiß ich noch nicht zu sagen.

Jena den 24. April 1810.

G.


21/5962.


An Christiane von Goethe

Für das Übersendete sollst du vielen Dank haben. Laß es uns nicht an Nößeln Franzwein und an halben Braten nicht fehlen. Schicktest du mir etwas[246] Spargel, der doch nun auch hervorkriechen sollte, so würde ich es auch gut aufnehmen. Die Freundinnen haben mir hier die Erstlinge zugetheilt. Du erhältst hiermit mancherley. Ich hoffe einen Aal. Aalraupen haben wir auch verzehrt, welches wirklich kein schlechter Fisch ist. Pflanzen erhältst du, und auch Federnelken. Dagegen bitte ich dich inständig: Schicke mir Kasten und Schachteln zurück! Es ist noch einer drüben von den ersten Federnelken. Eine Schachtel die Wagnern gehört. Nun kommt wieder ein Kasten. Laß den nicht bey dir stehen. Die Leute geben sehr gerne das was drin ist, aber die Gehäuse wollen sie wieder haben.

Mache dem guten Rinaldo einmal eine Artigkeit und sage, daß sie von mir komme. Das artige Kind hat mir ein paarmal geschrieben und Zeichnungen geschickt; aber ich komme nicht dazu, auszudenken, wie ich ihm auch etwa Erfreuliches erzeigen könnte.

Lebet recht wohl und genießt des guten Tages. Wenn August Sonntag zu uns herüberkommt, so soll er wohl empfangen seyn. Wann wir bey euch anlangen, das wissen wir noch nicht zu sagen: denn ob wir gleich fleißig sind, so verspätet sich doch unser Vorhaben. Davon wird jedoch in der nächsten Woche besser die Rede seyn können.

Denke nur ja auf alles, was es etwa zu meiner Abreise noch bedarf, oder was vorher entschieden seyn muß: denn ich möchte sie beeilen soviel als möglich. Das Carlsbad, wenn auch nur die Hälfte von dem[247] wahr ist, was man sagt, wird dieß Jahr so voll, daß man nicht früh genug anlangen kann. Lebe recht wohl und versäumt nicht das Tagebuch.

Jena den 27. April 1810.

G.


21/5963.


An Charlotte von Schiller

Es gehört eine Überwindung dazu, liebe theilnehmende Freundinn, wenn man nach langem Schweigen wieder einmal sich äußern soll. Ihre guten Worte fordern mich indessen auf und ich kann nicht ganz stumm bleiben.

Wir haben diese Zeit her ganz eigentlich gemühet, getrieben das was gethan seyn mußte und weiter keine Freude daran gehabt als daß es gethan war. So gingen die schönen und mitunter sehr schönen Tage hin, ohne innere Belohnung und ohne Hoffnung einer äußern.

Dabey zeigte sich noch etwas sehr Bedenkliches, was aber, wie mich durch eine einsamkrittliche Hypochondrie erzeugt wird. Mir erscheinen nämlich nicht allein das Publicum, sondern auch Gönner, Freunde, Freundinnen, selbst die nächsten, immer unter jener Gestalt des Tyrannen, der den Becher so lange in den Strudel wirft bis der arme Taucher zugleich mit dem Becher ausbleibt.

Da ich mir ein so kühnes Gleichniß erlaubt habe; so verzeihen Sie mir gewiß, wenn ich nur weniges[248] hinzufüge. Was zunächst hier zu thun ist, beschäftigt uns noch einige Wochen; dann will ich möglichst eilen, nach Carlsbad zu kommen, weil mein jetziger leidlich behaglicher Zustand doch nur ein Scheinwesen ist, das ehe man sich's versieht, in eine sehr unerfreuliche Wirklichkeit umschlagen kann.

Indessen muß ich nothwendig noch einmal meine Weimarischen Lieben besuchen und sehen: denn ich finde höchst nöthig mich von gewissen hypochondrischen Einflüssen zu befreyen. Denken Sie einmal, daß mir seit einiger Zeit nichts mehr Vergnügen macht, als Gedichte zu schreiben, die man nicht vorlesen kann! Das ist denn doch, wenn man's genau besieht, ein pathologischer Zustand, von dem man sich je eher je lieber befreyen soll. Leben Sie recht wohl, gedenken und verzeihen Sie.

Jena den 27. April 1810.

G.


21/5964.


An Johann Heinrich Meyer

Ihre gütigen Besorgungen und Sendungen, mein theurer Freund, haben mir viel Freude gemacht. Die Pappe, das Kaazische Blatt, sind gut zu mir gekommen. Daß dieser ausgebildete Mann sich und uns verloren gehen soll, ist fatal; welches eben soviel heißen soll als schicksalig und verdrießlich.

Die beyden Contradrucke folgen auch. Das gute Kind kann wohl was und könnte noch mehr lernen,[249] aber das schlimmste ist, sie denkt falsch wie die sämmtliche Theecompanie ihrer Zeitgenossinnen: denn in unsrer Sprache zu reden, so hole der Teufel das junge künstlerische Mädchen, das mir die heilige Ottilie schwanger aufs Paradebett legt. Sie wissen besser als ich was ich sage. Jene können nicht vom Gemeinen und Niederträchtigen von der Amme, von der Madonna loskommen und dahin zerren sie alles, wenn man sie auch gelinde davon zu entfernen wünscht. Das todte, wirklich todte Kind gen Himmel zu heben, das war der Augenblick der gefaßt werden mußte, wenn man überhaupt solches Zeug zeichnen will. So wie im andern Falle in der Capelle für malerische Darstellung nichts gelten kann, als das Herantretendes Architekten. Aber wo sollte das Völklein, bey allem freundlichen Antheil, hernehmen worauf es ankommt.

Die chromatischen Berge und Gipfel, die wir zu ersteigen haben, sind zwar nicht mehr blau, aber da Sie so ein entsetzlicher Feind von solchen Gipfeln in der Nähe sind; so werden Sie ohngefähr begreifen, wie es uns zu Muthe ist, wenn wir auch das noch beklopfen und überschreiten sollen.

Weil aber kein andrer Weg ins Carlsbad ist, als dieser, so muß er auch zurückgelegt werden und eingedenk der Späße auf dem Gotthardtsgipfel, behalten Sie mich lieb und gedenken Sie meiner ohne ganz zu schweigen.

Jena den 27. April 1810.

G.[250]


21/5965.


An die Hoftheater-Commission

Auf beyliegendes Schreiben möchte gern Herrn Lorzing eine freundliche Antwort ertheilen; jedoch wünsche vorher von meinen hochgeehrtesten Herren das nähere Verhältniß und Ihre Meynung zu vernehmen.

Wir statuiren, und zwar mit Recht, bey dem Weimarischen Theater keine Fächer, d.h. Niemand kann auf diese oder jene Rolle entschiedene Anspruch machen. Allein wir wissen auch recht gut, was wir zu des Schauspielers und zu unserm eigenen Vortheil einem Jeden lassen müssen.

Die Rollenart von welcher hier die Rede ist, würde ich nicht gern Herrn Lorzing entziehen, theils weil sie ohnehin selten vorkommt, theils weil sich der Schauspieler mit dem Publicum in eine Art von Relation setzen muß, daß man ihn auf diese Weise plaisant findet; wozu denn Gelegenheit, Übung, daraus entspringende Leichtigkeit und guter Humor erforderlich ist.

Ich habe nie gedacht, daß Herr Frey an solche Rollen Anspruch machen würde, sonst hätte ich mich früher erklärt. Soviel ich mich erinnere, war die Rede von humoristischen gutmüthigen Alten in der Art wie solche Malcolmi spielt, und wie selbst der Wasserträger ist, mit dem Herr Frey auftrat. Will[251] er sich darin zeigen und qualificiren, so wird es sein Vortheil und der unsrige seyn; da wir hingegen nichts gewinnen, wenn wir Lorzing bezahlen, ohne ihn spielen zu lassen und ihn überdieß noch verdrießlich machen.

Da ich aber Herrn Frey's Persönlichkeit nicht kenne und sein Talent nicht zu beurtheilen weiß, auch einen braven, bey uns neueingetretenen Mann, der wenigstens nicht mißfällt, keineswegs disjustiren mag, von der andern Seite aber Herrn Lorzing, weder die genannten beyden Rollen, noch irgend eine andere dieser Art aus oben angeführten Ursachen entziehen möchte; so wünschte ich hierüber das Nähere zu vernehmen, um mich vollkommen unterrichtet bestimmen zu können.

Zugleich ersuche auf das dringendste, alles was das Theater betrifft, in der nächsten Woche an mich hieher gelangen zu lassen; ja es würde mir sehr angenehm seyn, wenn mich Herr Genast besuchen wollte. Die wenigen Augenblicke, welche ich vielleicht noch in Weimar zubringe, muß ich jede Art von Geschäft verbitten, und mich sogar von jeder Unterschrift entschuldigen.

Jena den 27. April 1810.

G.[252]


21/5966.


An Strick Linschoten Hellendorp

[Concept.]

[27. April.]

P. P.

Ob ich gleich das mir früher mitgetheilte Original des Cajus Gracchus und die Übersetzung recht gut zu schätzen weiß; so kann ich mich doch nicht ganz überzeugen, daß es jetzt wohlgethan wäre dieses Stück auf dem Weimarischen Theater zu geben. Da ich jedoch hierüber nicht selbst absprechen mag, so habe ich die beyden Manuscripte Herrn Regisseur Genast zugeschickt, welcher in solchen Dingen schöne Einsichten hat, damit er mir seine Gedanken darüber eröffne. Wollen Ew. H. ihn deshalb sprechen, so soll es mir um desto angenehmer seyn. Zugleich wollte ich Sie ersucht haben, mir das Original nochmals zuzusenden, weil ich mich aus demselben über einiges belehren möchte. Der ich die Ehre habe, mich mit vollkommner Hochachtung zu unterzeichnen.


21/5967.


An Christiane von Goethe

Der Versuch von August war uns sehr angenehm. Wir hätten gewünscht, daß er länger geblieben wäre. Warum er so schnell forteilt, wird er dir selbst erzählen. Sage Lorzingen etwas Freundliches darüber,[253] daß ich ihn nicht zu Tisch behalten habe. Wir haben wenig zu essen, und ich wollte mich doch auch mit August etwas freyer unterhalten. Die Morcheln in der Schachtel sind für Aten, sie soll sie aber gleich kochen, weil sie noch so ziemlich frisch sind. Die Bohnen schickt Madam Frommann.

Nun laß mir vor allen Dingen noch einen blauen Überrock, ein paar schwarze Hosen und ein paar Stiefel machen. Diese soll aber der Schuster ja nicht enger machen als die letzten, wegen der warmen Strümpfe.

Ferner schicke mir zunächst aus der mittelsten Schublade rechter Hand meines Schreibtisches die zwey hübschen Portefeuilles, das violettsammtne, und das andre mit zwey Farben gestickte von der Herzoginn von Curland.

August wird dir sagen, wie ich über die letzten vierzehn Tage denke. Ich halte es mit euch für besser, nicht mit herüberzukommen. Riemer käme etwa den 9. zu Schillers Gedächtnißfeyer. Ihr brächtet ihn Sonnabend wieder zurück. Wir blieben den Sonntag zusammen, und dann ging' ich Montag oder Dienstag fort. Es ist allerdings nothwendig, daß ich nach Carlsbad eile, weil es eine Große Noth um Quartiere seyn wird; ob es mir gleich nicht bange ist, unterzukommen.

Lebe recht wohl! Denke alles recht durch und bereite es vor, daß am Ende nichts fehlt. Die Pässe[254] laß, auch auf der Polizey ausfertigen und sie vom Sonntag Jubilate, das ist den 13. May datiren. Übrigens sagst du Niemanden, weder wann ich gehe, noch daß ich nicht mehr hinüber komme. Hast du denn Mad. Dillon besucht?

Jena den 29. April 1810.

G.


21/5968.


An die Hoftheater-Commission

Die Capelle betreffend.

Seit 1802 ist die Capelle in allen Disciplin-Direction- und Oeconomie-Sachen der Herzoglichen Theater-Commission untergeordnet; so waren es auch bisher der Capellmeister Kranz und der Concertmeister Destouches. Der neu eintretende Capellmeister ist gleichfalls an dieselbe gewiesen.

Der Geschäftsgang wird auf folgende Weise eingerichtet:

1.) Der Capellmeister hat Zutritt zu den Sessionen der Commission, wo er an bestimmten Tagen und Stunden erscheint, daß mit ihm und dem Regisseur alles für eine Woche verabredet und angeordnet werden könne.

2.) Ist die Aufführung irgend einer neuen Oper bestimmt, so erhält derselbe die Partitur, um solche vor allen Dingen durchzusehen und, wo es nöthig, zu corrigiren.

[255] 3.) Hierauf geschieht das Ausschreiben der sämmtlichen Stimmen, und zwar bekommt Contractmäßig der Correpetitor die Singstimmen, der Scribent Zahn aber und Consorten die Orchesterstimmen zu schreiben.

4.) Er überlegt, wie die Oper, nach Maßgabe der Stimmen, Kräfte und Fähigkeiten der vorhandenen Sänger zu besetzen sey, und zeigt solches Herzoglicher Commission an, die es in weitere Überlegung zieht und bestimmt, auch die Namen der Schauspieler und Sänger auf die Rollen setzt.

5.) Hier geht nun die Arbeit des Correpetitors an, in welche der Capellmeister Einsicht zu nehmen und gleich von Anfangs, besonders was die Tempo betrifft, solche zu leiten hat.

6.) Die sich daranschließenden Quartett- Orchester- Dialog- und Hauptproben werden jede Woche verabredet, ihre Zeit bestimmt und auf die Austheilung gesetzt. Je weiter eine Oper auf diese Weise vorrückt, desto stärker wird die Theilnahme des Capellmeisters.

7.) Derselbe dirigirt die Aufführung am Flügel und trägt, vereinigt mit dem Regisseur, alles dazu bey, um eine solche Vorstellung gelingen zu machen.

8.) Die Zwischenacte der Schauspiele, so wie die dazu nöthigen Symphonieen, werden von den beyden Kammer Musicis, Unrein und Riemann,[256] dirigirt, wofür einer um den andern von Dienstleistungen bey Comödien vor der Hand befreyt bleibt. Sollte aber der Capellmeister, bey irgend einer Vorstellung, die Zwischenacte selbst dirigiren; dann müssen gedachte Cammer Musici beyde, wie bey Opern, zugegen seyn.

9.) Der Capellmeister wird auf Ordnung und Ruhe im Orchester, sowohl wenn er gegenwärtig als abwesend ist, bedacht seyn, auch die Componirung der vorfallenden Gelegenheits Musik bey Hof und beym Theater, als zu seiner Function gehörig, übernehmen.

10.) Das Anfangen der Dienstleistungen geschieht durch den Capelldiener.

11.) Sowohl größere als kleinere Concerte bey Hof werden, wie sie befohlen worden, herzoglicher Commission gemeldet.

12.) Wegen Krankheit oder sonstiger dringender Umstände dispensirt der Capellmeister die ihm untergebenen Capellglieder, an Tagen, wo nichts bedeutendes vorfällt; doch darf von der Musik zu Entreacts, die bey jedem neuen Stück bestimmt wird, besonders bey den Blasinstrumenten und bey Opern niemand fehlen. Ein Urlaub auf längere Zeit, oder gar auswärts wird bey Herzoglicher Commission genommen, welche, nachdem sie das Gesuch mit dem Capellmeister besprochen und überlegt, dasselbe entweder gewährt oder abschlägt.

[257] 13.) Übrigens ist die sämmtliche Capelle in allem was das Technische und das Kunstfach, besonders aber die Ausführung betrifft, an den Capellmeister gewiesen und wird dessen Anordnung auf das genauste Genüge leisten. Widersetzlichkeiten und Unfertigkeiten zeigt der Capellmeister bey Herzoglicher Commission an, welche für Remedur ungesäumt Sorge trägt.

14.) Die Anschaffung von Instrumenten und Musicalien geschieht von Herzogl. Commission. Wegen Aufbewahrung der letzteren wird sich Abrede treffen lassen.


Vorstehendes, dächte ich, ließe man nunmehr abschreiben und Herzogliche Commission lüde, je eher je lieber, Herrn Capellmeister Müller ein, bespräche sich mit ihm über die Sache, gäbe ihm gedachte Abschrift, damit derselbe seine Gedanken gleichfalls schriftlich darüber eröffnete. Geschieht dieß innerhalb 14 Tagen, so kann ich darüber auch noch beyräthig seyn.

Jena den 29. April 1810.

G.


21/5969.


An die Hoftheater-Commission

Die Papiere wegen des erforderten Berichts kommen hierbey zurück. Ich habe dabey folgendes Bedenken.

Wir dürfen es nicht aufkommen lassen, daß die Mitglieder des Theaters sich als einen Körper ansehen,[258] der ohne die Commission, die ihr Haupt ist, bestehe. Wie kann einer für alle unterschreiben? und wie legitimirt er sich zu seinem Auftrag? Auf diese Weise können drey, vier zusammentreten und Gott weiß was für Vorstellungen und Prätensionen machen. Allenfalls möchte es angehen, daß sie einen gemeinsamen Wunsch durch den Regisseur an die Commission brächten, der in solchen Fällen wohl als Mittels-Person angesehen werden könnte.

Um kurz über diese Sache hinauszukommen; so würde ich Herzogliche Commission ersuchen, den intentionirten Bericht, mit Weglassung des von mir durchgestrichenen Einganges und Schlusses, in Form eines Voti, abschreiben zu lassen. Erhielte ich dieß, so würde ich mich über den Modum, ohngefähr wie vorsteht, gleichfalls durch ein Votum erklären; man machte ein kleines Acten Fascicul und bezög' sich darauf in einem ganz kurzen Vortrag an Serenissimum. Dadurch würde der geforderte Bericht erstattet, die Unschicklichkeit des eingereichten Schreibens gerügt, und man verwahrte sich für die Zukunft. Ich müßte mich sehr irren, wenn wir nicht zeitig dazuthun, so sehen wir noch mehr solche Exhibita, welche zu gar unangenehmen Verhältnissen Anlaß geben können.

Jena den 29. April 1810.

G.


N. S. Vielleicht spricht Herr Rath Kruse ein Wort über diese Sache mit des Herrn Geheimenraths von[259] Voigt Excellenz, damit man sie nach Analogie andrer Departements besser beurtheile. Ich möchte nicht gern ombrageus erscheinen; aber unsre Theater-Angelegenheiten weichen immer einmal gelegentlich aus dem Gleise, so daß man nicht aufmerksam genug seyn kann, um sie dahin wieder zurückzuführen.[260]


21/5971.


An Christiane von Goethe

Jena den 1. May 1810.

Unsere Dinge werden sich alle nach und nach ganz gut machen. Vieles habe ich nun schon erhalten, besorge noch gefällig das Fehlende.

Vor allen Dingen die Pässe. Den Stiefel schickt Carl, ich wünsche aber daß er zurückkomme wenn der Schuster das Maaß darnach genommen hat. Die beyden Orden, sowohl den französischen als den russischen mit dem großen Bande, bringe wohl eingepackt mit; man weiß nicht, ob man nicht in den Fall kommt, sie zu brauchen.

Wegen unserer Hin- und Wiederfahrten wollen wir es so einrichten. Riemer kommt auf alle Fälle Mittwoch den 9. und es soll mir lieb seyn wenn ihr alsdann alle zusammen Sonnabend zu guter Zeit anlangt, da ihr denn ein gut Mittagessen finden sollt. Ich will mich einrichten, daß ich erst Dienstag den 15. abgehe. In diesen drey Tagen haben wir übrig Zeit, alles zu besprechen. Carl bleibt hier. Er will das Geld für den Überrock nehmen, welches mir auch ganz recht ist. Grüße Weissern zum schönsten und[261] sage ihm folgendes: Eine förmliche Bestellung auf die Büste der Prinzeß in Marmor könnte ich vor meiner Abreise nicht auswirken; allein man müßte in der Welt auch etwas riskiren. Er soll mit sich zu Rathe gehen, ob er wagen mag, die Büste auf seine Gefahr zu machen, da er den Marmor doch hat, und Zeit auch. Rückt die Arbeit vor, die Zeit der Vermählung und des Abschieds rückt heran: so will ich mein möglichstes thun, daß die Herrschaften sie bezahlen und er zu seinen Wünschen gelange. Es ist mit solchen Dingen, wie mit Waaren. Bestellen würde man sie nicht, wenn sie aber fertig sind und gut aussehen, so nimmt man sie wohl. Er soll nur aufmerken, was die Leute an der Gipsbüste loben und tadeln und Hofrath Meyer zu Rathe ziehn.

Du sagst mir nicht, daß du bey Madam Dillon gewesen seyst. Ich wünsche es gar sehr. Versäumt nicht hinzugehen, noch ehe ich abreise.

Von den Geschirren kommt hier wieder etwas zurück. Von dem weißen Weine möchte ich immer wieder etwas und auch auf die Reise. Ich trinke ihn gerne und er bekommt mir gut.

Lebe recht wohl! Ich möchte gar zu gern euren Garten sehen, der sehr hübsch seyn muß, aber ich würde ihn doch kaum genießen können. Grüße Carolinchen und August und denke über alles nach was du mir etwa mitzugeben hast. Riemer gebe ich über verschiedenes noch Aufträge. Die Portefeuilles sind[262] glücklich angekommen. – Lebe wohl! Die Inlagen baldigst zu besorgen!


21/5972.


An Christian Gottlob Voigt

Einer Einladung nach Hohlstedt von Ew. Excellenz versah ich mich in diesen Tagen bey dem schönen Wetter und während der Abwesenheit unsers gnädigsten Herrn. Allein wie schwer können Sie sich frey und losmachen! und ich habe mich indessen darein ergeben, aber nicht ganz. Wäre es vielleicht diese Woche noch möglich, da Serenissimus, wie ich höre. den 6. wiederkommen? Ich wünsche es um so mehr, als ich mich kaum entschließen kann, nochmals nach Weimar zurückzukehren. Ich habe zwar bisher ohne Schmerzen gelebt und mich deshalb, nach Epicurs Lehre, über weiter nichts zu beklagen; allein die Gebrechen mucken doch immer hier und dort und ich habe schon öfters üble Folgen erlebt, wenn ich mich kurz nach einer großen Veränderung fatiguirt und agitirt habe. Meine Theatersachen mache ich mit dem Regisseur noch mündlich hier, mit meinem Herren Mitcommissarien schriftlich von hier aus ab. Was die Bibliothek betrifft, so wird Vulpius Rechenschaft gegeben haben. Sein letztes Promemoria liegt hier bey, mit meinen Bemerkungen und Zustimmungen, Ew. Excellenz Entscheidung und gefälliger Ausübung ganz anheimgegeben.[263] Was den kleinen Buchbinder betrifft, so glaube ich, werden wir eine gute Acqusition an ihm machen. Vulpius kennt die bisherigen Gebrechen zu gut, als daß er nicht die Bedingungen, die man so einem Manne vorschreibt, de Absicht gemäß verfassen sollte. Was einem solchen Mann auf der andern Seite zu gönnen ist, findet er gewiß bey uns. Ich will ihn zum Besten empfohlen haben.

Ferner nehm' ich mir die Freyheit beyzulegen einen Brief von Herrn von Massenbach und einer Dame, welche beyde, aus verschiedenen Gründen, den Druck des vierten Theils seiner Memoiren suspendirt, oder das Gedruckte secretirt wünschen. Herr v. R. hat mich schon von der Sache unterrichtet; ich will also Ew. Excellenz nicht weiter beschwerlich fallen, als mit der Bitte, mir nur mit wenigen Worten anzuzeigen, was ich diesen Personen, die ich doch nicht ganz ohne Antwort lassen wollte, etwa Freundliches, wenn auch nicht Ersprießliches, vermelden könnte: denn ich sehe wohl, daß die Sache in einer wunderlichen Klemme steckt.

Meine Chromatika sind nun sämmtlich der Druckerey übergeben, haben aber zuletzt noch mancherley Noth gemacht: denn bis Inhalts-Anzeigen, Register, Erklärung der Inhalte, öffentliche Anzeige des Buchs zusammen kamen und zusammen trafen, wobey Druckfehler-Bemerkungen oder Cartone auch nicht vergessen werden durften; so verging ein Tag nach dem andern,[264] ohne daß man sich gefördert fühlte. Und wenn ich kurz nach Jubilate gehe, wie mein Vorsatz ist; so fürchte ich das Ganze nicht einmal vollendet zu sehen.

Unser Lenz ist immer gutes Muths. Das Papiergeld seiner Diplome ist eher im Steigen, als im Fallen und ehe man sich's versieht, wird wieder einmal eins gewünscht und mit baaren Steinen bezahlt. Er hat jetzt sein Netz nach einem Edelsteinhändler ausgeworfen und ich vermuthe immer, daß er etwas fangen wird. Hauy hat ihn einem Briefe mon très cher confrère genannt, welches auch keine Kleinigkeit ist. Aus New York sind zwar wenig, aber sehr interessante Mineralien angekommen. Dort schreibt man auch ein mineralogisches Journal und hat um Beyträge gebeten, die wir denn gleich in Masse durch einen rückkehrenden Reisenden fortgeschickt haben. Indem ich oben von Hauy sprach, vergaß ich zu sagen, daß dieser, auf Lenzens Bitte um gewisse neue Mineralien, wo er keine Doubletten hatte, von seinen einzigen Exemplaren Splitter abgebrochen, um der Autopsie durch diese minutissima nachzuhelfen.

In St. Petersburg sind wir gleichfalls berühmt und Reisende versprechen, wo nicht goldne, doch wenigstens wunderliche Berge und Bergarten.

Fuchs geht in seinem anatomischen Cabinete sachte, aber säuberlich zu Werke. Homburg ist vor wie nach weder zu bändigen, noch zu nutzen, dagegen der neue Anatomie-Diener jung, brav und thätig ist, ein[265] wahres Mittelding zwischen einem Caviller und einem Prosector. Er verspricht das Skelet des schönen Mecklenburgischen Pferdes bald aufzurüsten. Er ist wie natürlich, ein armer, aber dabey sehr ordentlicher Mensch, Ew. Excellenz erlauben, daß ich ihm manchmal etwas zu Gute thue.

Die Jahresrechnung unsrer Museen ist schon eingereicht. Ich übersende sie vor meiner Abreise, indem ich sie nochmals mit Bedacht durchgehen möchte.

Die Auslagen für Professor N. habe ich Herzogl. Ober-Cammer-Casse restituirt und will mich nun hier aus der Museums-Casse, wie es gehen will, bezahlt machen. Kühn ist ein gar ordentlicher, braver Rechnungsführer, mit dem man gern zu thun hat, weil er Alles genau in den Schranken seiner vorgeschriebenen Form hält.

Verzeihen Ew. Excellenz, wenn mein heutiger Brief nicht sehr methodisch, mitunter desultorisch ist.

Noch will ich eines Mannes erwähnen, der sich hier auf eine sehr lobenswürdige Weise thätig erzeigt. Es ist nämlich Otteny, der nunmehr durch Frau und Kinder und seine übrige Lebensweise an Jena gebunden ist, so daß ihm äußere Offerten nichts mehr anhaben können. Für den Augenblick wünscht er nur eine Aus sicht, dasjenige künftig zu erhalten, was gegenwärtig der Hofmechanicus Schmidt empfängt. Survivances werden mit Recht nicht gern ertheilt, aber es käme darauf an, ob man sie ihm nicht bedingt[266] zugestehen könnte, daß er sich nämlich, im eintretenden Falle des Abgangs jenes ältern Mannes, wie bisher als einen fleißigen und ordentlichen Arbeiter und Bürger müsse darstellen können; zweytens daß er die Aufsicht und Custodie eines allenfalls von gnädigster Herrschaft zu errichtenden physikalischen Apparats unentgeltlich übernehmen wolle, dagegen man ihm die dabey vorfallenden Arbeiten um gerechten Preis bezahlen würde. Geschähe es mit Ew. Excellenz Zustimmung, so würde ich ein kurzes, Serenissimo vorzulegendes Promemoria in diesem Sinne nächstens verfassen.

Könnten wir alsdann im Laufe dieses Jahrs die Fledermaus-Reste des Consistoriums aus den hintern schönen Zimmern des Reithauses los werden, wird das Zimmer gegenüber von den Auctionsbüchern frey, so könnten wir übers Jahr um diese Zeit zu mancher schönen Einrichtung Anstalt machen. Jetzt bezahlen wir noch im ehemaligen Batschischen Hause dreyßig Thaler Miethzins für die freylich nicht zu verachtenden Besitzungen der naturforschenden Gesellschaft. Diese könnte man alsdann herübernehmen, die Instrumente absondern und aufstellen und das, was da ist, obgleich nicht von großem Belang, wenigstens conserviren.

Alle diese Desideranda und noch andere ließen sich freylich geschwinder beseitigen, wenn man nicht mit Recht den Ausbau der obern Etage des Schlosses verspätete: denn am Ende würde man doch nur die[267] Einquartierung dahin ziehen, welche gegenwärtig an die zerstörten Zimmer keinen Anspruch macht.

Wäre dieß nicht die letzte Seite, so würde ich noch manches Andre hinzufügen. Es ist so lange, daß ich mich mit Ew. Excellenz nicht unterhalten habe, daß mir meine dießmalige Ausführlichkeit und Geschwätzigkeit wohl zu verzeihen ist.

Mit den besten Wünschen und Versicherungen der treuesten Anhänglichkeit mich unterzeichnend

Jena den 1. May 1810.

Goethe.


21/5973.


An Franz Kirms

Da ich bey meiner Abreise voraussah, daß sich die Sache verziehen würde; so habe ich Denyn auf die bey Fürstlicher Commission verabredete Zulage selbst Hoffnung gemacht. Er ist, wie ich aus einem Briefe von ihm sehe, gegenwärtig abermals in der größten Verworrenheit und Verzweiflung. Es muß aber ein Mißverständniß obwalten: denn er glaubt Herzogl. Commission versage ihm alle Zulage. Möchten Sie ihn doch bald kommen lassen, ihm diesen Irrthum benehmen und ihm die Zulage von 2 Thalern gewähren, so wird er sie dankbar erkennen, ohne auf die Annahme seiner Frau weiter zu dringen. Übergehen Sie diesen Punct ganz, weil wir sonst die Sache nur mehr verwirren.

[268] Lorzings erkennen das ihnen Zugedachte dankbar. Er war persönlich bey mir, und gab mir seine Besorgnisse bescheiden zu erkennen. Da ich mich im besondern weder erklären konnte noch wollte, so habe ich ihn im Allgemeinen zu beruhigen gesucht. Für uns ist es auf alle Fälle kein Vortheil, daß nunmehr drey Schauspieler auf ein noch dazu sehr beschränktes Fach Ansprüche machen, da sie uns in andern Fächern willkommen seyn würden. Mit Herrn Genast, der mich hoffentlich bald besucht, werde ich die Sache besprechen und alsdann Herzoglicher Commission meine Gedanken kürzlich mittheilen.

Die Expeditionen wegen der Zulagen habe ich zurückbehalten, bis die Denysche und Lorzingische auch dazukommen; alsdann sende ich sie zusammen.

Es soll mir sehr angenehm seyn, zu vernehmen, wenn Herr Genast mich besucht, daß meine hochgeschätzten Herrn Mit-Commissarien sich recht wohl befinden, und daß unser Geschäft gute Aussichten zeigt. Ich werde mit diesem alles bereden und insofern es nöthig ist meine Gedanken schriftlich eröffnen. Könnte ich vor meiner Abreise Herrn Müllers Bemerkungen über unsre Capell Einrichtung sehen, so sollte mir's angenehm seyn. Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Jena den 1. May 1810.

Goethe.[269]


21/5974.


An Christiane von Goethe

Wenn Herr Buchhändler Zimmer von Heidelberg in meinem Hause nachfragt; so wird ihm gegenwärtiges übergeben, um denselben zu benachrichtigen, daß Herr Hofrath Meyer Aufträge wegen des bewußten Geschäftes erhalten habe und Herrn Zimmer deshalb erwarte.

Jena den 2. May 1810.

Goethe.


21/5975.


An Johann Heinrich Meyer

Sie erhalten hierbey, mein lieber Freund, verschiedenes: Erstlich werden Sie aus dem Briefe des Herrn von Reinhard ersehen, was für eine Gabe uns zur Einsicht und Beurtheilung nächstens überbracht werden soll. Wahrscheinlich kommt Herr Zimmer vor dem 11. oder 12. May nicht; kann er alsdann den Umweg zu mir über Jena nicht machen, so fragt sich, ob ich das Portefeuille noch erhalten kann, weil ich den 14. 15. abzugehen gedenke. Wir wollen also folgende Abrede nehmen. Ich lege ein Blatt an Herrn Zimmer bey, und in meinem Hause liegt ein anders, welches ihn an Sie verweist. Ist meine Frau, welche den 12. May ohngefähr nach Jena fahren wird, noch in Weimar; so geben Sie ihr das[270] Portefeuille mit und ich schicke es Ihnen durch sie die folgende Woche wieder zurück, da es denn Herr Zimmer bey seiner Rückreise von Leipzig bey Ihnen wieder abholt. Kann es nicht zu mir gelangen; so haben Sie die Güte es anzusehen und den guten Leuten irgend etwas freundliches darüber zu sagen. Der Zufall wird bey dieser Sache das beste thun.

Ferner sende ich verschiedene, auf Hackerts Arbeiten sich beziehende Papiere zur Ansicht.

1.) ein Catalog der von ihm hinterlassen Gemälde und Zeichnungen.

2.) Catalog der Kupferplatten von und bey Georg Hackert. Bey diesen scheint mir merkwürdig, daß die Platten von den vier schönen, von Philipp selbst radirten Vüen und Studien nicht darunter befindlich sind, welche doch immer eine höchst schöne und merkwürdige Arbeit bleiben. Knebel hat mir damit in diesen Tagen ein Geschenk gemacht.

3.) Antike geschnittene Steine mit unsinnigen Preisen. Indessen ist es doch immer merkwürdig, daß man weiß wo diese Dinge stecken; ich will sehen, daß wir Abdruck davon erhalten.

4.) Moderne geschnittene Steine, gleichfalls mit unsinnigen Preisen. Vielleicht wäre es auch belehrend von einigen dieser Abdrucke zu erhalten. Schicken Sie mir diese Papiere mit ihren Bemerkungen baldmöglichst wieder zurück.

Die vorjährige Rechnung haben Sie die Güte[271] Herrn Geheimenrath Voigt zuzustellen. Derselbe ist prävenirt.

Ich habe diese Tage nach Ihrer Anleitung die Baumwolle gut studirt, und suche nun einen hinlänglichen realen Zettel zu einem poetischen Einschlag vorzubereiten. Sollten Ihnen noch irgend locale, individuelle, persönliche Züge einfallen, deren Ihr Aufsatz sehr schöne enthält, so beschenken Sie mich damit. Ihr Garnhändler z. E. ist eine treffliche Person, die mir sehr zu Statten kommt. Mehr will ich dießmal nicht sagen, als daß ich von Herzen wohl zu leben wünsche.

Jena den 3. May 1810.

G.


21/5976.


An Charlotte von Schiller

Ihr letzter freundlicher Brief, theuerste Freundinn, ist zur guten Morgenstunde angekommen und mir sehr erquicklich gewesen. Man sollte wirklich nicht alles mit sich selbst verarbeiten, sondern manchmal eine kleine Beschwerde führen, damit man so freundlich zurecht gewiesen und über sich selbst aufgeklärt würde. Kaum darf ich hoffen, Sie wieder zu sehen. Denn ob ich viel zumuthen, und für kurze Zeit in Weimar wieder anzuknüpfen, um sich sogleich wieder loszureißen, wäre etwas das mich mehr agitirte als[272] vieles andre. Nehmen Sie deswegen vorläufig ein herzliches Lebewohl. Mögen Sie mich in meiner Abwesenheit erfreuen, so erzeigen Sie den Meinigen etwas Gefälliges, die ich wieder, wahrscheinlich länger als billig ist, allein lasse. Verschaffen Sie meiner Frau das Glück, Frau von Humboldt kennen zu lernen, und empfehlen mich dieser lieben Freundinn aufs allerbeste, die ich leider bey ihrer Durchreise nicht begrüßen kann. Tausend Gutes und Liebes an Frau von Wolzogen! Wie ich im Wagen sitze, um von hier abzufahren, so wird schon wieder für die Freundinnen gearbeitet, und zu Michael werden sie genöthigt seyn, mit dem alten Wilhelm die Wanderschaft anzutreten, wo sie mancherley irdischen und himmlischen Heiligen begegnen sollen. Glücklicherweise habe ich wieder eine von der ersten Sorte adoptirt und ich hoffe sie nicht übel auszustatten. Leben Sie recht wohl und empfehlen mich an guten Orten und Enden. Da ich nicht weiß, ob ich Herrn Cotta hier sehe; so lege ich ein Briefchen für ihn bey. Grüßen Sie ihn zum schönsten und bereden ihn, daß er den Umweg nicht scheue.

Jena den 5. May 1810.

G.


21/5977.


An Caroline Bardua

Da Sie so treulich im Glauben an Ihre Freunde verharren, und ungeachtet verlorner oder versäumter[273] Briefe, doch immer wieder etwas von sich hören lassen; so soll Ihnen auf dem zierlichen Blättchen der Dank für Ihr letztes, durch eine treffliche Dame, deren Verwandte Sie kennen, Madame Hanbury, überbracht werden. Bleiben Sie ja unsres aufrichtigsten Antheils versichert und lassen uns den Wachsthum Ihrer Tugenden einmal wieder mit Augen sehen. Empfehlen Sie mich Ihrem wackren Meister und ersuchen ihn mir nicht zu zürnen, daß ich ihm nicht geantwortet habe. Es ist ein alter Fehler, über den so viele Freunde klagen, und den ich besonders begehe, wenn ich sagen müßte, daß ich in dieser oder jener Sache nichts vermag, wie es dießmal der Fall war. Unsern Kaaz grüßen Sie zum allerschönsten. Es kann mir keine erfreuliche Nachricht kommen, als daß er sich besser befindet und wieder thätig ist. Möge er sich doch mit jedem Tage mehr erholen! Wenn Dresdner nach Carlsbad gehen, geben Sie mir doch einige Nachricht von sich und andern. Ich beneide Ihren Zustand, in dem Sie sich, umgeben von so viel Schönheiten der Natur und Kunst, von Künstlern und Kenner, von Fremden und Freunden, befinden. Meine Frau grüßt zum schönsten. August und Riemer danken aufs beste für ein so freundliches Andenken und empfehlen sich zu fernerer Geneigtheit.

Jena den 5. May 1810.

Goethe.[274]


21/5977a.


An Silvie von Ziegesar

Sie erhalten, liebste Silvie, endlich das kleine Stück, wünsche erfreulichen Gebrauch.

Über beyliegendes Blätchen haben Sie die Güte den Papa zu fragen. Ob die bemerckte Schuld durch[144] Herrn Reg. R. v. Müller abgetragen worden? Wonicht bringt ich das Geld danckbar mit wenn ich die nächste Woche aufwarte. Heil den lieben Freundinnen deren freundlichem Andencken sich empfielt.

[Jena] d. 6. May 1810.

G.[145]


21/5978.


An Christiane von Goethe

Ich habe dir, mein liebes Kind, zwar heute eigentlich nichts zu sagen, doch will ich, da eine Gelegenheit geht, dir einige Aufträge geben und ein freundliches Wort hinzufügen. Habe die Güte beyliegende Briefe und Pakete zu besorgen. Die Gegenwart von August war uns gestern sehr erfreulich. Wir haben allerley Späße zusammen gehabt, wovon er dir wird erzählt haben. Eberwein hat mich auch gefreut. Er ist gar verständig und ordentlich, geschickt, fleißig und anhaltend; welches zu seinem Metier und zu seinen Zwecken besonders nöthig ist. Ich zweifle nicht, daß er seinen Sing Unterricht, sowohl bey Einzelnen als bey unsrer Anstalt, recht gut fortsetzen wird. Im Ganzen weiß ich nur zu sagen: Wer sich nähert, den stoßt nicht zurück und wer sich entfernt, den haltet nicht fest, und wer wiederkommt, den nehmt auf als wenn er nicht weg gewesen wäre. Alles kommt darauf an, daß der Faden nicht abreißt, das Übrige will im Einzelnen alles nichts heißen.

Durch die Boten und durch Riemer welcher Mittwochs noch kommt schicke ich und schreibe was allenfalls noch zu besorgen ist. Laß mir dagegen auch wissen, was dich allenfalls interessirt. Sonnabend kommen wir noch einmal zusammen und wir wollen, hoffe ich, die paar Tage ganz vergnügt seyn. Lebe recht[275] wohl, besorge aber ja die sämmtlichen Inlagen bald möglichst: denn einige haben Eile. Lebe recht wohl.

Jena den 7. May 1810.

G.


21/5979.


An den Herzog Carl August

Wenn Ew. Durchl. wissen könnten, wie günstig iene letzte nächtliche Unterhaltung bey mir nachwirkt und den Wunsch nach ähnlichen Stunden erregt, so würden Sie fühlen in welchen Zustand mich Ihr Gestriges versetzt hat. Ich brachte den Abend zu, mehrere Blätter mit der Schilderung meines Zustandes zu füllen, heute Morgen als sie der Bote abholen will kann ich sie nicht wegsenden. Unsre heimlichen Lasten, geheime Gebrechen, stillen Leiden nehmen sich auf dem Papiere nicht ergötzlich aus und warum soll ich nicht lieber, wie so vieles andre auch die Erlaubnis grade von hier in's Carlsbad gehen zu dürfen ganz allein Ihrer Güte und Nachsicht verdancken.

Alles was mir in Geschäften obliegt, ist Theils schriftlich, Theils mündlich auf das Beste besorgt und ich hoffe zu Ew. Durchl. Zufriedenheit.

Nur mit schwerem Herzen bitte ich mich von einer Tour nach Weimar zu dispensiren, da mir die letzte nach Hohlstedt zu Geh. R. Voigt sehr übel bekommen ist. Mehr darf ich nicht sagen um nicht wieder in die Litaney meiner gestrigen Blätter zu fallen.

[276] Voigt sollte jede Stunde ankommen, bey Sonderung der Saamen würde ich wenig durch meinen Beyrath nutzen. Darf ich vielleicht Wagnern schicken, den ich mitgebracht hätte, weil er in diesen Dingen genaue Kenntniß hat. Mögen Ew. Durchl. was sonst zu besorgen oder zu bedenken wäre mir schriftlich gnädigst anzeigen, was Ihnen so leicht wird und ia wohl auch selbst im engeren Bezirck der Stadt geschieht. Ich werde nicht verfehlen alles aufs beste zu besorgen und zu überlegen.

Noch immer komme ich, indem ich dieses schreibe in Versuchung dieses Blat abermals und zwar durch meine Abreise nach Weimar zu vernichten; aber meine letzte Erfahrung und das nächste Beyspiel unsers guten Starcke schüchtert mich zurück. Und so habe ich keinen sehnlichern Wunsch als daß Ew. Durchl. mich bald aus der Verlegenheit reißen und mich versichern mögen daß ich nicht mißfällig geworden.

Die päpstliche Münze intriguirt mich. Pius der sechste könnte sich allenfalls in meinen Garten verlohren haben; vom siebenten begreif ich es nicht.

Die Unruhe Ew. Durchl. zu Willen zu leben bringt mich zu dem Entschlusse Wagnern gleich selbst zu schicken, wodurch wenigstens dem dringenden abgeholfen wird und er Saamen und Capseln und andre Dinge gleich sichten kann.

Indessen wird Voigt ja wohl ankommen.

Wegen dieses letztern habe ich mit Geh. R. Voigt[277] neulich gesprochen und werde wegen des ihm gegönnten Vorschusses und sonst nächstens einen Aufsatz einreichen welchen, so wie er zum Vortrag kommt, Ew. Durchl. zu gnädiger Aufmercksamkeit empfehle, so wie einiges andre unsre hiesigen wissenschaflichen Anstalten betreffend.

Die Farbenlehre ist noch nicht vom Stapel gelaufen und macht zuletzt noch, wo alles zusammentreffen soll, noch viel Unruhe und Mühe. Ew. Durchl. nehmen gewiß gnädig auf daß ich in dem Capittel Confession des Verfassers betittelt, kurz und bündig ausgesprochen habe wieviel ich Ihnen schuldig bin.

Mich zu Gnaden empfehlend

Jena 7. May 1810.

Goethe.


21/5980.


An Franz Kirms

Hierbey folgt alles, was von Theatersachen, soviel ich mich erinnere, bey mir befindlich ist. Wäre noch etwas zurück, so bitte es zu erinnern.

Käme sonst noch etwas die Woche vor, so würde ich mit Vergnügen daran Theil nehmen.

Der ich mich zu geneigtem Andenken empfehle und recht wohl zu leben wünsche.

Jena den 7. May 1810.

Goethe.[278]


21/5981.


An die Hoftheater-Commission

Hierbey erfolgt verschiedenes, Theater und Musik betreffend, was bisher noch bey mir lag.

1.) Die Instruction für den Capellmeister, unterzeichnet. Ich überlasse, ob man ihm nicht, wenigstens in der Überschrift, das Prädicat Herr geben will, welches man recht gut vor den Namen setzen könnte. Hinter denselben machte man einen Schnirkel, so daß die Symmetrie wieder hergestellt würde. Wir gehen ja ohnehin bey unsern Expeditionen mit diesem Prädicat nicht sehr sparsam um.

2.) Ein Brief an denselben, der eine Antwort enthält auf einen, den er mir diese Tage zugesendet hat.

3.) Das Verzeichniß der Stücke für Lauchstädt mit den beygesetzten Namen der Rollenveränderungen. Was mir Herr Genast von Herrn Frey erzählt hat, hat mir viel Vergnügen gemacht. Durch die ihm nunmehr zugetheilten Rollen kommt er in vollkommene Thätigkeit und wird gewiß auch, wie ich höre, im Fache der anständigen und humoristischen Alten recht gute Dienste leisten. Dagegen wünschte ich, daß die Beckerschen komischen und Carricatur-Rollen, wie der Consulent, Graf Balken, Flickworst und dergl. Herrn Lorzing vorbehalten würden, damit dieser junge Mann, der in der Oper wenig zu thun hat, durch[279] Schauspiel in der Übung und in Connexion mit dem Publicum bleibe.

4.) Eine Vorstellung des Herrn Haidewegen einer Rolle in Ubaldo liegt bey, so wie eine Antwort von mir darauf, welche ihm zuzustellen wäre.

5.) Das Verzeichniß der Rollen, welche Madam Wolff abzugeben wünscht, wäre aufzubewahren und auf Michael mir wieder zuzustellen. Auswärts ist nicht gut, Veränderungen zu machen. Auch könnte es nur nach und nach geschehen, daß man ihr die Rollen abnähme: denn es sind einige darunter, die gegenwärtig sonst Niemand auf unserm Theater spielen kann.

6.) Die unruhige Nachbarschaft würde dem Text nach, wie beyfolgt, besetzt. Der Herr Capellmeister wird beurtheilen können, ob diese Besetzung der Stimmen gemäß ist.

7.) Das kleine Stück: Die Spiele des Zufalls, kann ich wegen gar zu übler Handschrift nicht wohl durchlesen. Findet man es brauchbar, so überlasse die Besetzung meinen Herrn Mit-Commissarien.

8.) Mein Gemälde der sogenannten Venus, das ich bisher zu Stella hergegeben, und welches auf dem Theater sehr übel behandelt worden, hat Her Lorzing, wie ich höre, ganz gut copirt. Ich wünsche, daß man seine Bemühung billiger Weise honorire. Ich wünschte zu erfahren, was er allenfalls dafür verlangen möchte.

9.) Herr Unzelmann wird vermuthlich in Rochus Pumpernickel sich sehr gut exhibiren. Doch wünschte[280] ich vor allen Dingen, daß man das Stück durchginge, damit nicht allzu platte Späße darin vorkommen, und daß man den Herrn Capellmeister über den Werth der Musik befragte, und ob zu hoffen ist, daß man damit einige Wirkung hervorbringe.

Jena den 7. May 1810.

Goethe.


21/5982.


An August Eberhard Müller

Durch Ihre Anstellung in Weimar, mein werthester Herr Capellmeister, ist einer meiner angelegentlichsten Wünsche erfüllt worden, die Musik bey uns recht begründet zu sehen. Ich bin überzeugt, daß Sie dasjenige was Sie vorfinden gar bald auf einen höheren Grad der Vollkommenheit bringen werden, und ob es mir gleich leid thut, daß ich bey dem Anfang Ihrer Beschäftigungen nicht gegenwärtig seyn kann; so werde ich mit desto größerem Vergnügen den schnellen Einfluß Ihrer Bemühungen bey meiner Wiederkunft wahrnehmen.

Auch die kleine Singanstalt, die sich in meinem Hause durch Zufall gebildet und schon einige Jahre fortgedauert hat, empfehle ich Ihrer freundlichen Theilnahme, so wie Herrn Eberwein, den Vorsteher derselben. Haben Sie die Güte, diesen jungen Mann zu beobachten, sein Talent und seine Unterrichtsmethode zu beurtheilen, und ihm mit Rath und That an Handen zu gehen, damit wir je eher je lieber[281] auch von dieser Seite gefördert werden. Der ich mich zu geneigtem Andenken empfehle, Ihrer theuren Gattin meine besten Grüße auszurichten bitte und recht wohl in Jena neuen Verhältnissen zu leben wünsche.

Jena, den 7. May 1810.

Goethe.


21/5983.


An Friedrich Haide

So gern ich, mein lieber Herr Haide, etwas zu Ihrer Zufriedenheit beytrage, so kann ich Sie doch von der Rolle des Camponezo nicht, wie Sie wünschen, befreyen. Sie haben den Marinelli mir selbst sehr zu Danke gespielt, und werden dieses, wenn ich nicht irre, schwächere Abbild von jenem gewiß auch recht gut darstellen. Sind hie und da einige Züge übertrieben, so bemerken Sie solche und bereden mit Herrn Genast, daß sie gestrichen werden. Es werden sich wohl gelegentlich auch einige würdige Rollen für Sie finden. Der ich bis auf Wiedersehen recht wohl zu leben wünsche.

Jena, den 7. May 1810.

Goethe.


21/5984.


An den Herzog Carl August

Das zu fertigende Pferdeskelet betreffend.

Eure Durchlaucht haben befohlen, daß dieses Skelet natürlich werden, d.h. im Zusammenhange seiner Bänder bleiben soll. Dabey macht Hofrath Fuchs mit mir folgende Bemerkung.

[282] Die sogenannten natürlichen Skelete haben, besonders bey großen Körpern, die Desavantage, daß indem die Bänder eintrocknen und zusammenschrumpfen, weder Maaß, noch Verhältniß, noch Stellung richtig und dem Auge angenehm bleiben. Es kommt noch dazu, daß die Knochen nicht gebleicht werden können, daß also das Ganze immer einen unangenehmen Eindruck macht. Auch ist die Aufstellung in manchem Sinne beschwerlich. Bey dem Pferde ist eigentlich nur das Ligamentum nuclae bedeutend, das den Hals in der Höhe hält. Dieses ist aber zur Demonstration schon genugsam an dem Exemplar ersichtlich, was im osteologischen Saal steht und wäre deshalb wohl an dem neuen Skelet entbehrlich.

Sieht man nun dagegen das schöne Hirschskelet an, welches wir Ew. Durchlaucht Vorsorge verdanken, so entsteht freylich der Wunsch, das Pferdeskelet eben so künstlich und zierlich, nachdem die Knochen gebleicht worden, mit Drähten zusammengehängt zu sehen.

Dazu kommt noch eine Hauptbetrachtung: daß jenes Skelet mit Ligamenten durch den Prosektor gemacht werden müßte, welcher nie gewohnt ist, zu thun, was man ihm befiehlt, selbst wenn man es ihm bezahlt, und weder ich noch Hofrath Fuchs können garantiren, daß das Skelet jemals fertig werde. Es ist sogar möglich, daß er es verfaulen läßt, da man denn zuletzt ein künstlich Skelet noch immer als pis aller würde machen müssen.

[283] Der Anatomiediener hat in künstlicher Zusammensetzung von Thierskeleten bisher so viel Beweise seiner Accuratesse und Geschicklichkeit gegeben, daß wir ihm sehr gerne nach unserer Überzeugung das Pferd zur Reinigung, Bleichung und endlichen Zusammensetzung der Knochen übergeben würden und versichert sind, daß er etwas sehr Lobenswürdiges zu Stande bringen werde. Doch möchten wir ohne Ew. Durchlaucht ausdrückliche Genehmigung nicht von dem ausdrücklichen Befehl abgehen.

Jena den 8. May 1810.

Goethe.


21/5985.


An die Hoftheater-Commission

Serenissimus haben mir in diesen Tagen geschrieben, daß Ihre Intention sey, das Theater bis Ende Juni in Weimar zu behalten, da die Prinzen den 14. Juni kommen und die Heirath nicht vor den ersten Tagen des Juli statt finden kan. Ich theile über diese Angelegenheit hier meine Gedanken mit.

Sonst ging unser Schauspiel erst zu Ende Juni weg. Auf Andringen des Amtmanns gab man nach, daß es dieses Jahr früher kommen sollte, und noch waren hierüber die Meynungen getheilt. Ich stimmte für das frühere weggehen; allein damals war ich entschieden der Überzeugung, daß die Hochzeit erst spät im Juli vor sich gehen, und man das Theater[284] zu diesen Feyerlichkeiten nicht verlangen würde. Gegenwärtig aber sehe ich nicht wohl ein, wie man schicklich das Theater von Weimar entfernen kann, in dem Augenblicke da man dessen so sehr bedarf. Ja es scheint mir eine Art von Beleidigung für das junge Paar und für den Hof, wenn man die Abreise des Theaters gegen andre Jahre beschleunigt und den Festen gleichsam vorsätzlich aus dem Wege geht, die daselbst angestellt werden.

Hätte man auch dem Amtmann schon zugesagt, dieß Jahr früher zu kommen; so würde ich gar kein Bedenken tragen, demselben wieder abzuschreiben, die Umstände ganz einfach anzuführen und zu versichern, daß wir den guten Willen, den wir dieß Jahr beweisen wollen, das nächste Jahr zu realisiren nicht ermangeln würden. Ich glaube, wir haben Ursache diesen Weg einzuschlagen, damit Durchlaucht der Herzog nicht zuletzt mit dem Befehl eintritt, daß das Theater bleiben soll, dem wir uns ja am Ende doch auch nicht entziehen können.

s. m.

Jena den 8. May 1810.

G.


21/5986.


An den Herzog Carl August

Ew. Durchl. haben mich durch Ihr gnädiges Schreiben recht erquickt und ich bin auf das lebhafteste danckbar für die huldreiche Condescendenz[285] und erbitte mir zugleich die Erlaubniß diesmal in Töplitz aufwarten zu dürfen.

An den Hofk. Rath habe ich heute nach Ew. Durchl. Absichten geschrieben, und ich hoffe er wird von seinen Bedencklichkeiten geheilt werden.

Lenz sprang hoch auf und triumphirte daß er auch eine solch Dose und zwar eine Schönere aufzuweisen habe. Die versteinten Hölzer sind merckwürdig und das Accident mit den Gesichtern einzigartig, es bedarf keiner Imagination um sie zu erkennen.

Die päpstische Medaille ist wahrscheinlich eine meiner Doubletten die sich verirrt hat. Von diesem Alexander Chigi habe ich sehr viele Schaumünzen. Möge die schöne Finderinn sich in der Frühlingsumgebung recht froh fühlen und zu Ew. Durchl. Freude glücklich genesen.

Auf die Beylagen erbitte mir gnädigste Resolutionen. Wegen der Academie will ich meine Gedancken zusammen nehmen und in einem kurzen Aufsatze vor legen.

Sobald ich nach Carlsbad komme soll mein erstes seyn die Resultate der Naturerscheinung des vergangnen Jahres zu beobachten und einige Nachricht davon sogleich zu übersenden.

Auf die angekündigten Schätze höchst neugierig empfehle ich mich zu Gnaden.

Jena d. 9. May 1810.

Goethe.[286]


21/5987.


An Carl Friedrich von Reinhard

[9. oder 10. Mai.]

Mein Wunsch vor meiner nahen Abreise noch ein Wort von Ihnen, trefflicher Freund zu vernehmen ist also erfüllt. Der Courier soll hoff ich Gegenwärtiges mit sich zurücknehmen. Wohl bin ich in Jena, ganz allein, ohne meinen Notarius. Riemer ist nach Weimar nachdem der letzte Bogen die Revision passirt, woraus Sie erkennen daß wir diese Last für diesmal abgeschüttelt haben. Dienstag den 15ten denke ich abzureisen. Die Ordres Ihr Exemplar zu kompletiren sind gegeben, ich behalte mir vor mit einem ganzen anständigen aufzuwarten. Lassen Sie die Arbeit wie bisher Ihrer Theilnahme empfohlen seyn. Diesen Sommer hab ich es wieder mit den zärtlichen Herzen zu thun, die ich auf's neue mit einigen Problemen zu beunruhigen gedenke.

Eben kommt ein junger Professor Voigt von hier, ein Neveu Blumenbachs auf den mancherley Tugenden seines Onckels übergegangen sind, von Paris zurück, wo er sich zehen Monate aufgehalten. Es macht mir sehr viel Freude uns jene seltsame Stadt durch einen jungen lebhaften Mann in ihren Einzelheiten vergegenwärtigt zu sehen. Eigentlich beschäftigt er sich mit Botanick und Naturgeschichte, ist mäßig, geistreich und gescheidt, hat den 14. Octbr. hier überstanden[287] und ist auf seiner Gegenvisite von den Franzosen sehr gut aufgenommen worden.

Die neue Postkarte des Königreich Sachsen habe ich mir angeschafft und nehme sie mit nach Carlsbad, besonders weil ich sie an die Wand nageln und wie Jonas auf Ninive, doch mit besserm Humor als er, auf die bunt illuminirte Fläche schauen, ob sich nicht irgend ein Farbenwechsel darauf hervorthun mögte. Vielleicht ließe sich im supplementaren Theil auch noch ein Capitel von den politischen Farben nachbringen.

Mit der Sendung der Letzten Bogen, welche freylich vor meiner Abreise nicht abgehen kann, schreibe ich noch ein Wort. Herrn Zimmer oder sein Portefeuille erwarte ich in einigen Tagen.

Und somit für diesmal ein herzliches Lebewohl! Lassen Sie mich nach Carlsbad von Sich hören. Die ersten Gläser Wein dort sollen auf Ihre Gesundheit ausgetruncken werden, wenn er auch schon nicht so gut ist als jener den ich damals Ihrer Güte verdanckte. Nochmals Adieu.

Goethe.


21/5988.


An Bettina Brentano

Von dir liebe Bettine habe ich sehr lange nichts gehört und kann Reise in's Carlsbad ohnmöglich antreten, ohne dich nochmals zu begrüßen[288] und dich zu ersuchen mir dorthin ein Lebenszeichen zugeben. Deine Briefe wandern mit mir, sie sollen mir dort dein freundliches liebevolles Bild vergegenwärtigen. Mehr sage ich nicht – denn eigentlich kann man dir nichts geben weil du dir alles entweder schaffst oder nimmst.

Lebe wohl und gedencke mein.

Jena d. 10. May 1810.

Goethe.


21/5989.


An Charlotte von Stein

So muß ich mich denn doch, verehrte Freundinn, entschließen schriftlich von Ihnen Abschied zu nehmen. Meine Arbeiten haben sich diese Paar Monate durchgezogen und mich verhindert Weimar wieder zu besuchen; jetzt am Ende ist mir's wünschenswerth ohne neues Anknüpfen und losreißen gleich aus meinem hiesigen Zustande in jenen so ersehnten versetzt zu werden. Ich habe diese Zeit her zwar ohne Schmerzen gelebt und habe also nach Epikurs Lehre mich über nichts zu beklagen, doch bleibt ein beständiges Abwiegen unsres physischen und moralischen Betragens immer eine lästige Sache. Das Zutrauen zu den heißen Quellen und die Hoffnung in unangenehmen Fällen unmittelbare Hülfe von der Natur zu erhalten verschönert mir den hier sehr schönen Frühling.

Die zwey Bände der Farbenlehre mit ihren Tafeln[289] werden nunmehr nach Leipzig wandern. Vielleicht interessirt Sie dabey am meisten ein Capitel Confession, wie ich zu diesen Studien gekommen. Es reut mich nicht ihnen so viel Zeit aufgeopfert zu haben. Ich bin dadurch zu einer Cultur gelangt, die ich mir von einer andern Seite her schwerlich verschafft hätte. Auch wird noch manches andre hervorgerufen, das mir in der Folge erfreulich und andern wohl nützlich seyn kann.

Empfehlen Sie mich angelegentlichst unsrer Durchlauchtigsten Herzoginn, sie wird verzeihen wenn ein gebundnes Exemplar erst später überantwortet wird, vor meiner Abreise konnte es nicht zu Stande kommen. Erhalten Sie mir bey unsern Durchl. Herrschaften ein gnädiges Andencken, und legen mich Ihro Hoheit zu Füßen.

Unserer geliebten Prinzess die besten Wünsche! Ich besuche sie oft auf ihrem Eckzimmer, wo ich sie zuletzt noch so freundlich sah, leider kann meine Einbildungskraft Ihr bald nicht mehr folgen. Sie erlaube mir daß ich Ihr Erinnerungen aus den wundersamen Gegenden nachsende wohin ich abermals ziehe.

Diesen Sommer, oder vielmehr gleich wenn ich meine Wanderschaft antrete, werde ich mich mit Wilhelms Wanderjahren beschäftigen. Vermuthlich wird er unterwegs einigen schönen Kindern begegnen, die ich hie und da im Verborgnen erziehe. Besonders empfehle ich das Nußbraune Mädchen, welche jetzt der[290] Favorit ist. Begegnen Sie Pandoren, die. wie ich höre, ihre Reise von Wien nach Leipzig macht, so erzeigen Sie Sich diesem geliebten Kinde freundlich.

Bringen Sie mich gefällig der Frau Gräfinn Henckel, der Frau von Wedel in's Andencken und lassen mich manchmal Montags unter sich seyn.

Von Carlsbad werde ich nicht ganz stumm bleiben. Lassen Sie mich auch etwas von Sich vernehmen, den Kochbergern, dem Schlesischen Freunde, den Seebachischen meine treusten Grüße.

Mögen Sie mir eine Wohlthat erzeigen; so thun Sie in meiner Abwesenheit den Meinigen etwas zu Liebe, die ich abermals länger als billig allein lasse.

Vor zwey Tagen ist Prof. Voigt von Paris wiedergekommen, es hätte mir keine schönere Ausstattung auf meine Reise werden können. Dieser unterrichtete geistreiche junge Mann hat so gut gesehen und so viel eingeerntet, daß seine Erzählungen höchst unterhaltend und lehrreich sind.

Noch gar Manches hätte ich, nach einem so langen Stillschweigen hinzuzusezen; der Raum aber gebietet mir abzubrechen und mich Ihrer Freundschaft und Neigung abermals zu empfehlen.

Jena d. 11. May 1810.

Goethe.[291]


21/5990.


An Marianne von Eybenberg

Jena 11. May 1810.

Ein Blatt wozu mich Ihre beyden lieben Briefe auffordern, wäre auch vom Herzen aus vor meiner Abreise zu Ihnen geflogen. Nächstens d. 15. May reise ich von hier nach Carlsbad und melde das nur mit wenigen Worten. Ich werde vor dem Phasane so lange auf und abgehen, bis ich Sie dort, oder sonst in einem glücklichen Vogel einquartirt weiß.

Sobald Sie Sich bestimmen können, schreiben Sie mir ja gleich.

G.


21/5991.


An Johann Heinrich Meyer

[12. Mai.]

Ich wünschte, lieber Freund, Sie Morgen Sonntag hier zu sehen. Lorzings wollen herüber fahren nehmen Sie das Ehepaar in Ihre Kutsche.

Die Cöllner Zeichnungen sind gar zu schön wir müssen sie zusammen betrachten. Dann giebts wohl auch noch manches zu bereden.

G.


21/5992.


An Silvie von Ziegesarund Pauline Gotter

Wie soll ich mich entschuldigen, schöne Freundinnen, daß ich vergangne Woche nicht angelangt bin? Lassen[292] Sie Sich erzählen daß der Wagen schon angespannt war, als der lange erwartete Prof. Voigt von seiner pariser Reise zurück kam, ich wollte ihn gleich mit zu Ihnen hinaus nehmen, allein es wäre grausam gewesen ihn im Augenblicke des Begrüßens von seiner Familie loszureisen. Ich habe viel mit ihm über vergangnes und künftiges zu reden; gestern erwartete ich Durchreisende nach Leipzig, heute Riemer und die Meinigen von Weimar. Wie manches ist noch vor der Abreise zu expediren! Und schicke ich dies Blättchen nicht sowohl mich zu entschuldigen als um nicht zu schweigen. Tausend Schönes.

D. 12. May 1810.

Goethe.


21/5993.


An Christian August Vulpius

Indem ich Ihnen, mein lieber Bibliothekar, das Manuscript, welches Herr Professor Schneider zu Frankfurt an der Oder in Händen gehabt, wieder zurückschicke; so ersuche ich Sie den Schein, den Sie darüber von mir haben, zu cassiren und bis zu meiner Rückkunft aufzuheben.

Sollte Herr Staatsrathsauditor Grimm in Cassel jene ihm zugesendeten Manuscripte zur rechten Zeit nicht zurückschicken, so erinnern Sie solche höflich und beziehen Sich darauf, daß ich nicht gegenwärtig bin.

[293] Übrigens wünsche ich recht wohl zu leben und ersuche Sie, wie bisher gute Aufsicht und Ordnung bey der Bibliothek fortzusetzen.

Jena den 13. May 1810.

G.


21/5994.


An Carl Friedrich von Reinhard

Das Portefeuille ist mir durch Herrn Zimmer in Jena zugestellt worden und hat mir sehr viel Vergnügen gemacht. In Eile nur weniges von dem was darüber zu sagen wäre.

Man kann Niemanden vorschreiben, wohin er seine Liebhaberey wenden und wozu er die ihm einwohnenden Gaben ausbilden soll. Ferner ist alles dasjenige höchst schätzbar, was uns den Sinn einer vergangenen Zeit wieder vergegenwärtigt, besonders wenn es in einem wahrhaft treuen historischen und kritischen Sinne geschieht.

Nach diesem sind die Bemühungen des jungen Mannes, durch welchen die vorliegenden Zeichnungen zu Stande gekommen, höchlich zu loben. Er ist dabey gründlich zu Werke gegangen, wie ich denn gern bekenne, daß der Grundriß des Doms zu Cöln, wie er hier vorliegt, eins der interessantesten Dinge ist, die mir seit langer Zeit in architectonischer Hinsicht vorgekommen. Der perspectivische Umriß giebt uns den Begriff der Unausführbarkeit eines so ungeheuren[294] Unternehmens, und man sieht, mit Erstaunen und stiller Betrachtung, das Mährchen vom Thurm zu Babel an den Ufern des Rheins verwirklicht.

Desto erfreulicher, obgleich eben so erstaunenswürdig, ist die Restauration oder vielmehr der auf dem Papier unternommene Ausbau, welcher mit sehr viel Sorgfalt aus dem Vorhandenen, aus dem sonst Bekannten dieser Kunstzeit und Bauart, das Wahrscheinliche so harmonisch als man es wünschen mag, zusammenstellt. Und man müßte sehr viel bewandter in diesen Dingen als ich seyn, wenn man sich vermessen wollte, irgend etwas daran auszusetzen.

Die von Quaglio gezeichneten Blätter sind sehr geistreich, die andern von Fuchs mit unendlicher Sorgfalt, und beyde mit Geschmack, Fleiß und Zierlichkeit ausgeführt, so daß man wirklich sagen kann, daß für dasjenige was diese Blätter seyn sollen, nichts zu wünschen übrig bleibt. Sie sollen eigentlich einem Hauptwerk die Krone aufsetzen, und ich bin nicht weniger neugierig auf das was uns diese Kunstfreunde und Künstler aus früherer Zeit her überliefern werden.

Diese Zeichnungen werden immer, wie sie hier liegen, unschätzbar bleiben, wenn es auch große Schwierigkeiten haben sollte, sie in Kupfer stechen und dem großen Publicum mittheilen zu lassen; wozu ich in unserer Zeit kaum eine Möglichkeit sehe. Doch wird die Betriebsamkeit derer, die schon soviel[295] geleistet, auch hierbey wohl mehr thun als man sich vorstellen kann.

Vorstehendes wäre das aufrichtige und unbewundene Lob, das man den Cölner Kunstfreunden ertheilen muß. Freylich gehört eine solche leidenschaftliche Beschränkung dazu, um etwas der Art hervorzubringen. Ich habe mich früher auch für diese Dinge interessirt, und eben so eine Art von Abgötterey mit dem Straßburger Münster getrieben, dessen Façade ich auch jetzt noch, wie früher, für größere gedacht halte, als die des Doms zu Cöln.

Am wunderbarsten kommt mir dabey der deutsche Patriotismus vor, der diese offenbar faracenische Pflanze als auch seinem Grund und Boden entsprungen, gern darstellen möchte. Doch bleibt im Ganzen die Epoche, in welcher sich dieser Geschmack der Baukunst von Süden nach Norden verbreitete, immer höchst merkwürdig. Mir kommt das ganze Wesen wie ein Raupen- und Puppen-Zustand vor, in welchem die ersten italiänischen Künstler auch gesteckt bis endlich Michel Angelo, indem er die Peterskirche concipirte, die Schale zerbrochen und als wundersamer Prachtvogel sich der Welt dargestellt hat.

Ich verarge es unterdessen unsern jungen Leuten nicht, daß sie bey dieser mittleren Epoche verweilen; ich sehe sogar dieses Phänomen als nothwendig an, und enthalte mich aller pragmatischen Betrachtungen und welthistorischen Weissagungen.

[296] Herr Boisserèe hat mir einen sehr hübschen verständigen Brief geschrieben, der so wie die Zeichnungen mich für ihn einnimmt. Ich lege für ihn ein flüchtiges Blättchen bey, worin ich ihn auf Michael einlade. Sie haben ja wohl die Güte, ihm die erste communicable Hälfte meines vorläufigen Urtheils mitzutheilen.

Verzeihen Sie, wenn ich durch die gedruckte Beylage das Porto vermehre, das Ihnen jährlich nützer oder unnützer Weise abgenommen wird. Doch wünschte ich diese Blätter bald in Ihren Händen. Mehrere folgen nach. Nachsicht für die Eile! Ich bitte um ein paar Zeilen nach Carlsbad.

Jena den 14. May 1810.

G.


Ich füge die zwar unnöthige, aber doch wohlgemeynte Bitte hinzu: daß Sie de vorzüglichen jungen Mann nichts von meinen Äußerungen mittheilen was ihn betrüben könnte. Das beste Lebewohl im Augenblick der Abreise!


21/5995.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz erhalten vor meiner Abreise noch eine kleine Sendung

1) ein Votum wegen des kleinen Buchbinders, der in großer Verlegenheit schwebt.

[297] 2) einen Brief von Hauy an Lenz, woraus zu ersehen ist, wie freundlich und dienstfertig sich jene Männer gegen unser Museum betragen. Die verdienstlichen Anregungen des auf der letzten Seite genannten Doctor Geigers haben wir nicht besser zu belohnen gewußt, als durch ein Doctor-Diplom, welches die medicinische Facultät so gefällig war frustra auszustellen, das sonst ihre Art nicht ist. Wäre es möglich, beykommende Rolle, die es enthält, wo nicht durch einen Courier, doch vielleicht durch einen Kaufmann bestellen zu lassen, so würde es von guter Wirkung seyn.

3) Serenissimus haben mir vor ihrer Abreise unter andern Dingen auch wegen des Zustandes der Academie, besonders in Absicht auf die fehlende Doctrinen geschrieben und von einem Plane, der zu machen wäre, u die Lücken wieder auszufüllen. Ich habe zugesagt, darüber an Ew. Excellenz etwas gelangen zu lassen, ob ich gleich, nach meiner geringen Kenntniß der Umstände, sehr zweifle, daß man sich über einen Plan vereinigen werde, oder auch den einfachsten und thunlichsten ausführen könne. Indessen will ich gern, was ich denke, mittheilen.

4) Eine Anzeige meines Farbenwerks liegt bey, als Vorläuferinn des Ganzen. Ew. Excellenz lesen so wunderliche Acten und Exhibita, daß ich für dieses auch wohl einige Aufmerksamkeit erbitten kann.

5) Bey dieser Gelegenheit bitte Ew. Excellenz nochmals[298] inständig, uns die Consistorial-Zimmer zu verschaffen.

6) Die an mich gelangten, oder bey mir verwahrten Briefe, die chemische Stelle betreffend, werden Ew. Excellenz auch erhalten haben. Ich habe das Personal nochmals durchgedacht und mit Dr. Seebeck besprochen. Wir können leider zu keiner entschiedenen Empfehlung gelangen.

Haben Ew. Excellenz die Gnade, unter den verehrten Ihrigen, besonders im Garten lustwandelnd, meiner zu gedenken und empfehlen Sie Ihrem Herrn Sohne meine junge Clientinn, welche sehr ängstlich auf eine Entscheidung harrt.

Wenn mein Sohn aufwartet, so haben Sie die Güte, ihn freundlich aufzunehmen und ihn mit einsichtigem Rath und Anweisung zu unterstützen. Mehr wüßte ich für de Augenblick nicht hinzuzufügen, als daß ich mich und das Meinige noch zum Schlusse bestens empfohlen haben will.

Jena den 15. May 1810.

Goethe.


21/5996.


An Silvie von Ziegesar

Wenn die Russischen Lieder und das Päcktchen Schuld an den Papa für sich ankommen und sich danckbar verneigen; so werden die Freundinnen, hoffe ich, ihnen ein scheel Gesicht machen. Mir aber müssen[299] Sie nicht zürnen weil ich in diesen letzten Tagen ausser dem Bestimmten und Erwarteten noch manches Fremde erfahren müssen, so daß noch in dem Augenblicke der schreibende und expedirende Riemer sich doppelt seufzend empfielt. Entschuldigen sollen mich zunächst die Carlsbader Stecknadeln und manches andre, vor allem aber von Innen Ihr liebes Herz. Dem lieben Vater tausend Empfehlungen und Beyliegendes Gedruckte. Er hat sich in seinem Leben so seltsame Kasus vortragen lassen, möge er auch diesen Blättchen eine Stunde in der Eremitage schencken. Und Sie meiner auf den Höhen und in den Thälern gedencken.

J. d. 15. May 1810.

G.


Dies war gestern geschrieben eh ich die Freude hatte Sie zu sehen. Heute noch ein herzliches Lebe wohl.

G.


21/5997.


An die Hoftheater-Commission

Meinen hochgeehrtesten Herren Mit-Commissarien kann ich nicht genug für die anhaltende und einsichtige Bemühung danken, womit Sie das Geschäft in meiner bisherigen Abwesenheit, nach unsern gemeinsamen Grundsätzen, weiter führen wollen. Ich brauche Sie nicht zu ersuchen, auch diesen Sommer auf gleiche Weise fortzufahren. Ich empfehle mich Ihrem geneigten Andenken und wünsche recht wohl zu leben.

Jena den 15. May 1810.

Goethe.[300]


21/5998.


An Sulpiz Boisserée

Jena, 15. May 1810.

Die von Herrn Zimmer mir überbrachten Zeichnungen sowohl, als der beygefügte Brief haben mir und meinen Freunden viel Vergnügen gemacht. Des Herrn Minister v. Reinhard Excellenz habe ich darüber nur flüchtig meine Gedanken eröffnen können, und da er die Gefälligkeit haben wird, sie Ihnen mitzutheilen, so verzeihen Sie, wenn ich sie gegenwärtig nicht wiederhole.

Sollten Sie, mit Ihrer Bequemlichkeit, uns auf Michael besuchen können, so würden Sie auf das freundlichste empfangen seyn. Für das Schöne und Lehrreiche, was Sie uns mitbringen, soll Ihnen das, was wir an Kunstwerken und sonst besitzen, zu freiem Gebrauche angeboten werden.

Ich hoffe, daß Sie die Gegenwart des sorgfältigen Architekten beym Einpacken Ihrer unschätzbaren Zeichnungen nicht vermissen werden. Das Zutrauen, uns so köstliche und mehrjährige Arbeiten zu überschicken, hat beym Vorzeigen sowohl, als sonst, unsere Gewöhnliche Sorgfalt noch erhöht.

Der ich kurz vor meiner Abreise nicht mehr zu sagen im Stande bin, als daß ich Ihnen bis auf nähere Bekanntschaft recht wohl zu leben wünsche.

G.[301]


21/5998a.


An Carl Ludwig von Knebel

[Jena, 15. Mai 1810.]

Nun wollte ich, lieber Freund, vor allen Dingen bitten, beykommende drey Anzeigen Herrn Staatsrath Langermann zu gefälliger Annahme und Besorgung zu übergeben, sodann mir den ehernen Stier nebst seinem losen Fuße zu nochmaliger Beherzigung zu übersenden und anzuvertrauen; ferner mir zu sagen, wann ich dich etwa erwarten könnte.

Die Meinigen gehen um 5 Uhr fort. Meine Geschäfte sind alsdann abgethan, das Einpacken vollendet und wir kämen heut Abend wohl noch zu dir, um zum Schlusse noch eine frohe Unterhaltung zu haben.

G.


21/5998b.


An Carl Ludwig von Knebel

[Jena, 15. Mai 1810?]

Deine Einladung nehme ich um so lieber an als ich Morgen zu scheiden gedencke. Seebecks Gegenwart wird mir recht angenehm seyn.

G.[145]


21/5999.


An Christiane von Goethe

Wir sind gestern Abend mit Langermann und Seebeck bis gegen Mitternacht bey Knebel gewesen und hatten so viel einzupacken übrig gelassen, daß wie heute früh erst um 8 Uhr fortkommen. Alles was ich von Papieren und sonst zurücklassen mußte, ist in einen großen Kasten geschlagen den Färber übernommen hat, um ihn in der Bibliothek aufzubewahren. Es befindet sich auch der Stier von Bronze drinn.

Den großen Orden habe ich auch hier gelassen und nebst der schönen Dose Herrn von Hendrich aufzubewahren gegeben. Du erhältst hier einen Brief an Cammer Secräter Ludecus. Schicke ihm denselben hin und wenn er zu dir kommt und nachfragt, so zeige ihm das Papier, welches gleichfalls beyliegt, benimm dich aber ruhig und glimpflich, und mache überhaupt von der Sache kein Aussehen.

In dem violetten Couvert ist der Brief von Schlossern befindlich, wegen der Österreichischen Obligationen. Diesen hebe wohl auf, bis ich ihn zu den Acten nehmen kann, wo er hineingehört.

Übrigens will ich Gott danken, wenn wir im Wagen sitzen, weil immer noch etwas Neues sich hervorthut. Weiter weiß ich nichts, als daß wir dir von Herzen wohl zu leben wünschen.

Mittwochs den 16. May 1810.

G.[302]


21/6000.


An Carl Ludwig von Knebel

Mit tausend Danck für alles erzeigte Gute send ich dir 20 rh. Sächs. für den Halbgott, du wirst hoffe ich im Nahmen deiner Committenten damit zufrieden seyn. Ich will das Werck weder rühmen noch herab setzen, es kostet mich aber noch 10 rh. bis ich es wieder auf die Beine bringe und dann ist es just der rechte Preis. Lebe recht wohl! Gedencke mein. Von Carlsbad vernimmst du das Weitere.

d. 16. May 1810.

G.


21/6001.


An Christiane von Goethe

Pösneck den 16. May 1810.

Nachdem mit vieler Mühe alles noch eingepackt und geordnet war, fuhren wir um 8 Uhr von Jena aus und kamen bey dem schönsten Wetter und den besten Wegen hier um 3 Uhr an und wurden sogleich mit den trefflichsten Schmerlen bewirthet welche wir gern getheilt hätten, wenn die Abwesenden uns näher gewesen wären. Weiter wäre für dießmal nichts zu sagen. Morgen geht es sehr frühe fort. Wohin wir gelangen soll Abends gemeldet werden.


Hof den 17.

Heute haben wir schon etwas mehr zu erzählen. Wir sind nach Jenaischer Uhr um 4 Uhr von Pösneck[303] weggefahren, bey bedecktem Himmel und sehr angenehmen Wetter. Gleich hinter der Stadt geht es bergauf und das dauert ein paar Stunden, da es denn ein wenig langsam vorwärtsrückt. Auf der Höhe fuhren wir desto geschwinder: denn die Wege waren durchaus trefflich, weil es hier in langer Zeit keinen anhaltenden Regen gegeben hat. Wir hielten in einem Fichtenwäldchen stille, aßen die letzten Cotteletten von Jena und tranken noch von unserm gewohnten rothen Wein; indessen sangen die Haidelerchen und wir fuhren vergnügt weiter. In Schleiz frühstücken wir und fuhren gegen Mittag weg, fast auf beständig guten Wegen und unter wenigem Sprühregen, kamen wir um 1/2 7 glücklich nach Hof, wo wir denn ausruhen und morgen weiterfahren.


Franzenbrunn den 18. May.

Heute früh fuhren wir etwas später von Hof aus, hatten ganz herrliches Wetter und einen Weg so gut er nur seyn konnte, und so fuhren wir geschwind dahin und waren sehr vergnügt. An dem großen Quarzfelsen, von welchem August mehr zu sagen wissen wird, verzehrten wir die letzte Jenaische Taube, und tranken von dem Franzwein. Dann sahen wir bald das schöne Thal des Egerkreises vor uns liegen, und darin die hellen Häuser Franzenbrunns in der Entfernung von 2 Stunden. Sobald wir angekommen waren gingen wir zum Brunnen und tranken daselbst[304] vortreffliches Wasser welches wir gern euch zugetrunken hätten. Ich mußte mir recht Gewalt anthun, um nicht zu viel zu trinken.

Unterwegs begegnete mir Feuerstein von Weimar, der eben eine große Ladung Egerwasser für Weimar und Jena abführte. Er versprach mir dir ein Kistchen von etwa 18 Flaschen zu verschaffen, weil ich aber nicht weiß ob er es leisten kann, und ich wünsche, daß du diesen Sommer die Cur recht ernstlich brauchst, auch daß Carolinchen immer ein Glas mittrinke; so schicke ich dir noch zwey Kistchen durch den Fuhrmann, jedes zu 20 Flaschen, um so mehr, da es sich ja hält, wenn du es nicht aufbrauchen solltest. Wir hoffen morgen bey guter Zeit in Carlsbad zu seyn und eure Commissionen zu machen. Nur erinnere ich nochmals, daß ja an den Merseburger Arzt geschrieben wird, damit in Zeiten eine ordentliche Cur angefangen werde, und der Lauchstädter Aufenthalt desto vergnüglicher sey.


Carlsbad den 19. May.

Heute fuhren wir bey guter Zeit ab, und hätten beym schönsten Tage auch den Schönsten Weg gehabt, denn es hat in langer Zeit hier nicht geregnet, wenn man nicht unglücklicher Weise hier zu Lande die Chaussèen besserte, wobey es denn manchen Umweg und manche Stöße gab. Indessen sind wir glücklich und froh hier angelangt, haben unser Quartier frey und Carlsbad wie sonst, ja verschönert gefunden.[305] Mehr nicht für heute, weil wir noch die Stecknadel Commissionen besorgen und uns einrichten müssen. An Madam Herder gieb die drey Pakete mit beyliegendem Papier. Ich schicke dir auch ein Dutzend zinnerne Löffel zum Spaß; es kostet 5 Kopfstückchen. Seitdem die guten Leute ihr Silber hingeben mußten (denn Niemand darf außer den Löffeln, etwas silbernes im Hause haben) so raffiniren die Zinnarbeiter auf alle Weise und machen die schönsten Sachen. Wenn sie nicht so beschwerlich zu transportiren wären, so schickte ich dir in der Folge noch manches. Von den Stecknadeln kommt nur ein halb Pfund, weil man, bey dem Verhältniß des Papiergeldes zum Silber nicht so geschwind überschlagen kann, wie es sich gegen die vorigen Jahre verhält, und ob die Leute einen freventlich übertheuren, weil man Eile hat.

Doch habe ich nicht unterlassen wollen, dir auch noch ein paar Hundert Nähnadeln zu schicken: es sind die beyden größten Sorten. Unter diesen sind noch drey Nummern 6, 5 und 4; könnt ihr von diesen etwas brauchen, so schreibe es nur.

Ich habe mich auf der Reise sehr wohl befunden; wir haben uns aber auch keineswegs übereilt und sind ruhiger hier angekommen, als wir oft von Jena nach Weimar gelangen. Mir macht es ein ganz wundersames Vergnügen wieder auf dem alten Flecke zu seyn, und eine schöne ruhige Zeit vor mir zu sehen, wo man sich pflegen, eine heilsame Quelle brauchen,[306] und dabey gar vieles thun und abthun kann. Versäume nur nicht an den Merseburger Arzt zu schreiben und behandle deine Cur hübsch regelmäßig. An Egerwasser fehlt dir's nicht; ich bin überzeugt, daß es überhaupt und dir besonders heilsam ist.

Schreibe mir ja bald und grüße deinen lieben Secretarius, dem von Steck- und Nähnadeln ohnehin sein Theil werden wird. Auch liegen Stricknadeln bey; wenn sie nicht recht sind, so schreibe nur.

Augustens Krug ist eingepackt, der Fuhrmann soll ihm denselben in Jena übergeben. Mehr kann ich nicht sagen: denn das Paket muß geschlossen seyn.

G.


21/6002.


An den Herzog Carl August

Nachrichten von Carlsbad

vom 24. May 1810.


Das erste was in die Augen fällt, wenn man sich Carlsbad nähert, ist die neue Chaussée, die nunmehr oder der Stadt weg angelegt wird. Die Substructionen, Mauern, Böschungen sind von weitem sichtbar. Von dem Flecke an, wo man die Arbeit einige Jahre ruhen ließ, geht sie nunmehr mit gleichem sanften Falle immer weiter, läßt das Wirthshaus links unter sich, sowie von da an alle Äcker, Gärten, Besitzungen, Häuser, welche am Fuß des 3 Kreuzberges[307] liegen. Es versteht sich, daß sie manche davon durchschneidet. eben so bleibt die Andreas Capelle und der Kirchhof links unten. Dann erreicht sie den Galgenberg, wo sie etwa 40 Fuß unter dem ehemaligen Hochgerichte vorbeygeht und dann Zickzack ins Thal gelangt, wo eine neue Brücke über die Töpel am obern Ende der sächsischen Wiese angelegt wird. Alles ist abgedeckt; gebaut aber nur theilweise, zum größten Theil ebauchirt, so daß man nicht mehr aus dem Plane fallen kann, und die Theile können einzeln vollbracht werden. In dessen ist die Arbeit so groß, daß sie unter einem Jahre wohl schwerlich wird zu beendigen seyn.

Die erste Überlegung zu der man sich wendet, wenn man nach Carlsbad kommt, ist sodann das Geld. Die Bankzettel waren bisher immer im Fallen, standen zuletzt in Wien auf 375 für's 100. Wir haben sie sogleich für 362 hier gekauft, welches auch ungefähr der Preis ist, wie sie in Sachsen angeschaft wurden.

Vor einem Jahre standen sie hier schon auf 500, wovon wir auswärts freylich nichts erfahren haben. Dadurch ist eine solche Confusion in die Menschen gekommen, daß die Theurung, selbst gegen Silbergeld gerechnet, zugenommen hat. Wer deswegen Rechnungen von einigen Jahren besitzt, kann sich besser finden, indem er die gegenwärtigen Forderungen gegen den vorigen Curs balancirt, da sich's denn die Leute zuletzt auch gefallen lassen.

[308] Die Quartiere sind durchaus etwas gestiegen. Die Ursache ist wohl, weil die Hausbesitzer vorm Jahre gar keine Einnahme hatten, und dieses Jahr sehr viel Gäste, besonders im July erwartet werden. Wer in diesem Monat ankommt, ohne sich eine Wohnung bestellt zu haben, wird sehr übel fahren.

Daß man zunächst den Sprudel besucht, läßt sich denken. Ich bedaure auf's neue, daß ich vorm Jahre nicht gegenwärtig war, als der letzte Ausbruch geschah; doch habe ich mich mit allen Umständen genau bekannt gemacht. Das Übel wäre so groß nicht, wenn sie sich geschwind zu helfen gewußt hätten, und überhaupt wüßten was sie wollen. Von jeher hat man die Sache ohne eigentliche Übersicht und Einsicht behandelt und diese bedeutende Naturwirkung so in die Enge getrieben, daß sie sich von Zeit zu Zeit gewaltsam Lust machen mußte. Als sich diese letzte Explosion durch bekannte Vorzeichen ankündigte, beging man noch einige Fehler im Augenblicke, wodurch sie sich denn stärker als eine der vorigen manifestirte. Auch nachdem das Unglück geschehen war, ergriff man, wegen Zwiespalt der Meynungen, und der Mannigfaltigkeit der Instanzen, welche auf die Sache Einfluß haben, einzelne, wenig fördernde ja schädliche Behandlungsweisen. Die Bürger, der Amtmann, das Kreisamt, das Gouvernement zu Prag, die von demselben abgesendeten artis periti (welches wie bekannt, in Geschäften immer so viel heißt, als Leute welche die[309] Sache verstehen sollten) die Carlsbader Ärzte, die Ingenieurs und wer nicht alles, hatten Jeder seine Meynung; worunter manches Gute sich fand; keine Vorschläge aber waren zulänglich, noch durchgreifend. Man zersplitterte die Thätigkeit in vielerley Arbeiten, man verzettelte das Geld, sodaß noch jetzt alles in vollem Ruin liegt, einen abscheulichen Anblick macht, und der Sprudel nur mit der größten Unbequemlichkeit genossen werden kann; da nach meiner Einsicht und Überzeugung schon jetzt alles hergestellt, und da a ohnedem alles Bretterwerk ist, recht artig decorirt und bequem seyn könnte.

Da die Gemeinbäder abgetragen sind, so konnte von dem bekannten Saale und der alten Sprudelpromenade an der Platz erweitert und ein sehr schöner Raum eingerichtet werden. Der jetzige Sprudel quillt gegen das letzte Ende der Gemeinbäder, den Fluß hinabwärts gerechnet. Bey einer so wichtigen Sache ist weder an Grundriß, noch Plan, noch Aufriß gedacht worden, und selbst diese große Veränderung hat die Geister aus ihrer alten Beschränktheit nicht herausschütteln können. Ich werde zu meiner eigenen Unterhaltung einen Plan machen, indem vorauszusehen ist, daß bey der obgemeldeten Verschiedenheit der Instanzen, und dem Zwiespalt der Meynungen, nichts Erfreuliches ausgeführt, und von diesem unglücklichen Ereigniß kein glücklicher Gebrauch gemacht wird.

Von den Quellen selbst zu sprechen, so blieb kurz[310] nach der Explosion Anfangs September 1809, der Schloßbrunnen sehr bald auch der Theresienbrunnen aus. Der erste ist noch in demselben Zustande und giebt nur einiges von sich. Den Theresienbrunnen hat man etwa 4 Fuß tiefer wiedergefunden. Er quillt und wird geschöpft, und scheint, seinen Gehalt nach, nunmehr dem Schloßbrunnen völlig ähnlich zu seyn. Der Neubrunn fließt noch ruckweise wie sonst, aus Röhren, aber giebt weniger Wasser und intermittirt. Der Sprudel quillt in einem hölzernen Kasten, der unmittelbar auf den Riß der Decke aufgesetzt ist, gewaltsam herauf und läuft in einer Rinne ab, so daß die Becher untergehalten werden. Es ist ein großer Anblick, diese ungeheure siedende Gewalt zu sehen, die man sonst sehr philisterhaft gezwungen hatte, Männerchen zu machen; woher, genau betrachtet, alles frühere und spätere Unglück gekommen ist. Glücklicherweise sehen dieses diejenigen ein, welche hier in der Sache zu reden und zu wirken haben. Doch hatten sie deshalb mit den höhern Instanzen ihre Noth, welche alles, um der Renommée des Bades willen, in den alten Zustand wollten zurück versetzt haben.

So viel von dieser Angelegenheit über die sich ein ganzer Tractat schreiben ließe. Ich habe einen perspectivischen Umriß der gegenwärtigen Lage des Ganzen aus einem benachbarten Hause gezeichnet, um diese unglaublichen Gräuel der Verwüstung, nicht durch[311] den Sprudel, sondern durch Menschenhände hervorgebracht, zu jedermänniglichem erstaunen, wenigstens auf dem Papiere zu erhalten.

Die neue Johannisbrücke ist gut gebaut, so daß zwey Wagen einander bequem ausweichen können; allein da sie ganz horizontal ist, so fällt die Abfahrt etwas stark gegen den Markt und die Wiese zu. Doch hat man sich so ziemlich zu helfen gewußt, indem man den Boden und die Trittsteine am Meerfräulein her, ja selbst die Schwellen des obern Ecklandes erhöhte.

Noch sind nicht viele Fremden hier, etwa 40. Die Prinzeß Marianne von Sachsen mit ihrem Gefolge, Graf Razoumowsky mit einer sehr schönen Gemalinn, Graf Corneillan mit seiner Familie, Gräfinn Potocka, Stanislaus Gemalinn; und heute zeigte sich der alte bald neunzigjährige Obrist Otto, aus dem siebenjährigen Kriege her wohlbekannt, ein kleiner hagerer Mann, mit einem recht wohl gebildeten Gesichte.

Erwartet wird den 26. die Kaiserinn von Östreich, die sehr krank seyn soll; Prinz Anton von Sachsen und Gemalinn kommen auch zugleich. Es soll eine Illumination Statt finden, und was dergleichen mehr seyn wird. Doch glaubt man nicht, daß sie sich über 14 Tagen aufhalten werden.

N. S. Die Kaiserinn trifft erst Mittwoch den 6. Juny hier ein.[312]


21/6003.


An Christiane von Goethe

Carlsbad. Sonntag den 27. May 1810.

Wir sind nunmehr acht Tage hier und haben also schon etwas zu erzählen. Wir haben uns vor allen Dingen überall umgesehen und die alten und neuentstandenen Wege des Sprudels, der sich vorm Jahre im September ereignete, und die Bemühungen die man sich giebt, die Quelle wieder herzustellen, hat auch meine Aufmerksamkeit sehr beschäftigt. Auch bin ich so ziemlich fleißig im Zeichnen gewesen. Dabey ist manches dictirt worden, wenigstens zur Vorbereitung für künftige Arbeiten.

Das schöne Wetter, das wir auf der Reise gehabt, hielt auch hier die ersten Tage noch an, zu unserm größten Vergnügen, indem wir uns bey so guter zeit und fröhlichem Sonnenschein, überall umsehen konnten. Nun aber ist seit 3-4 Tagen Regenwetter eingetreten, welches mich weniger genirt als andre, weil ich den Brunnen aussetzen kann. Ich befinde mich übrigens recht wohl, wie ich lange nicht gewesen: denn ich will nun gern gestehn, daß mir's auf die letzte Zeit in Jena sehr übel zu Muthe war.

Das Papiergeld steht sehr niedrig. Wir haben für 100 fl. sächsisch, 362 Gulden in Bancozetteln erhalten. Allein dießmal kommt es uns nicht zu Gute,[313] indem die Victualien und Waaren in gleicher Maße gestiegen sind, ja die Leute wissen gar nicht mehr was sie fordern sollen, um sich sicher zu stellen, weil die Bancozettel immer noch fallen, so daß man z.B. das Quartier und alles was feste Preise hat in der Folge immer wohlfeiler bezahlt. Und so macht es die Menschen durchaus, wie gesagt, verwirrt und man wird es selbst, wenn man die Summen hört, die man ausgegeben hat. Reducirt man sie auf Silbergeld, so verschwindet freylich das Übertriebene; aber doch ist, wie gesagt, alles theurer als vor zwey Jahren. Wenn du Gelegenheit hast, dieß Herrn Geheimen Hofrath Starke wissen zu lassen; so thue es ja, damit er sich darnach einrichte.

Die Portionen Essen sind gleichfalls kleiner als jemals. Man muß ihrer drey nehmen statt zwey. Der Kaffee wird in den nächsten Monaten so gut wie völlig verboten und wird wenigstens theuer genug zu bezahlen seyn. Dem allen ungeachtet wird mein hiesiger Aufenthalt nicht theurer als in Jena zu stehen kommen. Wenn ein paar Wochen herum sind, will ich dir darüber einmal etwas ausführlicheres schicken.

Wein werden wir wohl von Prag kommen lassen. Ich habe einen Auftrag für Madam Hanbury und werde bey dieser Gelegenheit auch für mich einige Sorge tragen. Curgäste sind noch nicht viel hier. Die Prinzeß Marianne von Sachsen, ist[314] sehr freundlich und gesprächig am Brunnen und unterhält sich mit Jedermann; so auch auf der Promenade. Sie sieht aber Niemand bey sich, wodurch man den aller Aufwartung und aller gêne überhoben ist. Sodann fehlt es nicht an schönen und interessanten Personen und täglich kommen neue Gesichter. Die Kaiserinn von Östreich kommt den 6. und wohnt schräg gegen uns über. Sie ist aber sehr krank und wird keine große Differenz im öffentlichen Leben machen. So viel für dießmal. Grüße Carolinchen und August, und lebe recht wohl!

G.


Seyd ja so gut und antwortet gleich auf diesen Brief und meldet mir den Tag wann er angekommen, damit man einigermaßen weiß, inwiefern man sich communiciren kann.


21/6004.


An Christiane von Goethe

Carlsbad den 3. Juny 1810.

Dein lieber Brief vom 24. May ist acht Tage gelaufen. Einen von deinem Bruder habe ich in fünfen erhalten. Man muß also nur schreiben, am Ende kommen die Blätter doch an.

Einen Shawl habe ich dir gekauft bey einem Händler, der unmittelbar von Wien kam. Er gefällt mir besser als alle die, welche die Damen jetzt hier[315] umhaben, davon die meisten noch mit den langen garstigen geschwänzten Blumen sind. Diese ist man nun endlich einmal los und die neuen Bordüren sind sehr viel schöner. Die Shawls sind jetzt viereckt und ich hoffe dieser soll dir gefallen. Ich habe mich entschlossen dir ihn wohl eingepackt auf der fahrenden Post zu schicken. Er soll Donnerstag den 7. hier abgehen. Wenn er ankommt, schreibe mir das Datum der Ankunft und auch was das Porto macht, damit man sich in andern Fällen darnach richten kann. Es ist freylich hier eine böse Sache mit den Posten und der Versendung durch dieselben. Ich lege ein kleines Halstuch für Carolinchen bey, welches recht haasig ist und ihr Freude machen wird. Von Nadeln und andern Dingen soll nächstens die Rede seyn.

Die neun Eger Wasser Flaschen hat man dich freylich sehr theuer bezahlen lassen. Ein Kästchen mit den 40 kleinen, wie ich dir zwey schickte kostet am Brunnen nur 2 Thaler sächsisch und noch weniger, wenn man sie in Papier zahlte. Doch ist freylich der Transport zu rechnen. Laß sie dir nur wohl schmecken und wohl bekommen.

Das schöne Wetter hat uns verlassen. Nun hat es geregnet und ist sehr kalt geworden. Wir hoffen indessen auf bessere Tage, und wie die Sonne scheint, ist es auch gleich wieder hübsch. Täglich kommen neue Gäste, und im July wird es übermäßig voll werden. Für diesen Monat ist kein Quartier in einer[316] guten Lage mehr zu finden. Frau von Eybenberg kommt Anfangs July. Von Bettinen habe ich nichts gehört. Es ist nicht wahrscheinlich, daß von Jena oder Weimar noch jemand komme, außer Madam Bohn, die mit Madam Hanbury den 12. Juny ankommen wird. Ein Brief vom 27. May von mir wird bey dir angekommen seyn. Ich schreibe von Zeit zu Zeit.

Es ist hier zwar alles theurer als vor zwey Jahren, aber wir leben doch durchaus wohlfeiler als in Jena: denn wir bestreiten, Miethe, Tisch, Wein, Frühstück, Nebensachen, und sonstige kleine Ausgaben mit 30 Thalern gut Geld, die Woche. Nächsten Mittwoch den 6. kommt die Kaiserinn von Östreich hier an, da es denn keinen geringen Zufluß von Menschen geben wird.


Dienstag den 5. Juny.

Dieser Brief ist liegen geblieben und geht nur erst einen Tag vor dem Shawl ab, welcher also wohl bald nachfolgen wird. Was das kleine Tüchelchen für Carolinen betrifft, so wird es nur an den Seiten gesäumt, wo es abgeschnitten ist. Die Franzen bleiben wie sie sind und dienen zum Zierat.

Es liegen ein Dutzend Exemplare eines Gedichts bey, der Kaiserinn bey ihrer Ankunft von der Carlsbader Jugend überreicht. Besorge, daß etwa 4 nach Hof, 3 in die Stadt, 3 nach Jena kommen und ein paar behalte für dich. Das Wetter ist seit 8 Tagen[317] ganz abscheulich. Es hat gegraupelt, geregnet, geschneit und wir haben einheizen müssen. Übrigens aber geht alles ganz vergnügt und lustig zu, und ich befinde mich besser als seit langer Zeit.

Der Shawl ist sehr gut eingepackt und wird hoffentlich unbeschädigt ankommen. Schreibe mir gleich und laß mich erfahren, wie es bey euch steht. Da Herr Hofrath Stake, wie ich höre, noch hieher geht, so schicke mir durch ihn, was etwa nöthig ist.

G.


21/6005.


An Christiane von Goethe

Carls Bad d. 6. Juni 1810.

In diesem Briefchen das den Shawl begleiten soll will ich aber auch einmal eigenhändig sagen: daß ich recht oft und in herzlicher Liebe dein gedencke, und Plane mache wie wir künftiges Jahr einige Zeit hier zusammen zubringen können. Für diesmal kommt der Schleier, der dir gewiß gefallen wird, wenigstens haben wie alle drey ihn für den schönsten gehalten. Ich wünsche daß er glücklich ankommt, schreibe mir seinen Empfang. Versäume ja nicht diesen Sommer alle Arten von Cur in Weimar und Lauchstedt. Am letzten Orte laß dir das Baden empfohlen seyn. Grüße August von dem ich noch nichts vernommen habe. Auch Karolinchen grüße, sie soll sich in meinem[318] Nahmen mit dem Tüchelchen putzen. Schreibe mir auch wie hoch man den Shawl bey Euch schätzt. Lebe recht wohl und gedencke mein in Liebe.

G.


21/6006.


An den Herzog Carl August

Fortsetzung der Nachrichten von Carlsbad.

Abgesendet Sonntag den 10. Juny 1810.


Sowohl auf der ganzen Reise, als auch wie wir hieher kamen, fanden wir, daß es lange geregnet hatte. Die Wege waren deshalb sehr gut; auch waren die Bäume hier durchaus so weit ausgeschlagen als wir sie in Jena verlassen hatten. Von Blühten ist freylich wenig zu sehen. Das heitere Wetter dauerte fort bis ohngefähr den 22. Nach und nach überzog sich's, regnete einzeln, bis den 24. und 25. völliges Regenwetter eintrat, womit denn die Feldbauenden sehr zufrieden sind.

Hierauf ist es immer kälter und stürmischer geworden, so daß zuletzt Regen, Graupeln und Schnee mit einander mehrere Tage abwechselten und den Curgästen sehr beschwerlich wurden. Es zogen große Wolkenmassen von Nordwest nach Südost, und bildeten, sowohl in Bewegung als manchmal auch ruhend, die seltsamsten Formen, indem sie weder Winter- noch Sommerwolken glichen und doch gewitterartig einherzogen[319] und umherstanden. Heute den 6. Juny ist es das erstemal schönes Wetter; doch wird es kaum beständigt seyn.

Die Bankozettel haben in diesen Tagen wunderliche Veränderungen erlitten. Sie waren schon auf 375 gegen 100 gefallen, als die Juden und Handelsleute ein Gerücht aussprengten, das sich auf die Einlösungscommission, die in Prag seyn sollte, bezog. Auch hielten sie mehrere Tage inne, boten nur 350, und brachten wirklich die Neuankommenden in einige Verlegenheit. Das Gold besonders fiel wirklich. Nun aber rücken sie schon wieder 364 vor, und es ist höchst wahrscheinlich, daß das neue Papier die Sache nicht verbessern wird. Überhaupt scheint es, daß der Tod des Finanzministers, Grafen ODonel, einige Stockung in die Operation gebracht habe, deren Absicht und Folgen ein Ungeweither wohl schwerlich einsehen möchte.

Unter den gegenwärtig hier verfertigten Waren verdienen die vollständigen Bestecke chirurgischer Instrumente, welche ein Schlossermeister Blatzer, im goldenen Kegel, durch mehrere hiesige Arbeiter verfertigen läßt, alle Aufmerksamkeit. Sie sind für die Kaiserliche Armée bestimmt. Eine solche Kiste enthält alles was zum Amputiren, Trepaniren und sonstigen solchen traurigen Operationen nöthig ist, nach den neusten französischen und englischen Mustern gearbeitet, den größten Theil von Stahl,[320] einen Theil von Silber, wie es die Art und Weise der Vorrichtung mit sich bringt. Er erhält nach einem Accord, den er freylich schon vor einem Jahre geschlossen, für ein solches Ensemble 450 fl. Bankozettel; welches nach dem jetzigen Curs kaum 125 fl. gut Geld macht, wobey er freylich eher Schaden als Vortheil hat.

Die Anstalten um die jetzige Sprudelquelle sind höchst kleinlich und ängstlich. Wäre der Zudrang größer, so würde die Lage ganz unerträglich seyn. Da aber die meisten Personen am Neubrunn trinken, so behilft man sich am Sprudel wie man kann. Die Anzahl der Gäste nimmt mit jedem Tage zu, und auf den July ist in der guten Lage nicht wohl ein Quartier mehr zu finden. Prinz Anton von Sachsen mit Gemahlinn und Prinzessin Tochter ist den 5. angekommen. Heute den 6., um Mittag ohngefähr, erwartet man die Kaiserinn.


Die ganze Stadt war, wie man sich leicht vorstellen kann, in Bewegung, so wie sich auch viele Landleute herzudrängten. Eine Compagnie des in Eger liegenden Regiments zog mit klingendem Spiel ein, und belebte noch mehr das sonst stille Carlsbad. Eine Hauptwache wurde dem weißen Löwen, der Wohnung der Kaiserinn, gegenüber eingerichtet. Gegen 2 Uhr fuhr sie unter Läutung der Glocken und Abfeuerung von Böllern in Carlsbad ein. Das Gedränge[321] von der Brücke bis auf den Markt war sehr groß. Die Schützen-Compagnie umgab den Wagen, und die Obrigkeiten standen zu ihrem Empfang bereit. Vier und zwanzig weißgekleidete, mit Kränzen gezierte Mädchen machten Spalier im Hause und auf der Treppe, und überreichten ein Gedicht.

Die von den Sächsischen Herrschaften eingeführte Lebensweise wurde fortgesetzt. Ins Innere wurde niemand zugelassen. Gegen Abend begab sich die Kaiserinn zu Fuß in den sächsischen Saal, wo sie sich die sämmtlichen Anwesenden präsentiren ließ und durchaus sehr freundlich und gnädig war, auch zurückblieb, als die sächsischen Herrschaften früher, zu ihrer gewöhnlichen Stunde, sich entfernten. Nachts war Illumination, die man zwar nicht unter die brillantesten zählen konnte, die aber doch bey gutem Wetter Jedermann Vergnügen machte. Bunte Papierlaternen waren zu beyden Seiten des Wassers an dem untern Stock der Häuser angebracht, so wie auch die Bäume der Wiese damit geziert waren. Das Haus des Grafen Bolza mit durchaus erleuchteten Fenstern und der Widerschein im Wasser machte sich recht gut. In der Mitte des 3 Kreuzbergs stand wie ein großer erleuchteter Palast, dessen Etagen eine colossale Inschrift (es lebe unsere geliebte Landesmutter) in Lampenfeuer bildeten. Eine colossale Kaiser-Krone machte gleichsam den Giebel dieser Façade. Die kleine Lusthütte auf dem Hirschensprung war auch erleuchtet[322] und diese sämmtlichen Lichter in der Höhe machten einen sehr erfreulichen Eindruck.

Den 7. erschien die Kaiserinn abermals im Saal und unterhielt sich mit mehrern Personen sehr lebhaft, nachdem sie vorher das Theater besucht hatte. Den 8. war gleichfalls Präsentation und Unterhaltung im Saale. Den 9. früh fuhr die Kaiserinn in die Kirche, und machte Nachmittags in einem zweyrädrigen kleinen Wägelchen die Tour den Schloßberg hinauf durch die Findlaterschen Wege und gelangte hinter dem Promenade sehr zufrieden und versicherte, daß sie ihren Gemahl würde zu bewegen suchen, übers Jahr mit ihr herzukommen. Ihr Aussehen ist zart, aber nicht eben kränklich, so wie denn wegen ihrer Gesundheitsumstände das Publicum wie die Ärzte getheilter Meynung ist. Sie trinkt Eselsmilch, weil man ihre Brust für angegriffen hält, und scherzt oft über ihre Milchgeschwister.

Überhaupt ist sie höchst angenehm, heiter und freundlich. Stirn und Nase erinnern an die Familienbildung. Ihre Augen sind lebhaft, ihr Mund klein und ihre Rede schnell, aber deutlich. In ihren Äußerungen hat sie etwas Originelles. Sie spricht über die mannigfaltigsten Gegenstände, über menschliche Verhältnisse, Länder, Städte, Gegenden, Bücher und sonstiges, und drückt durchaus ein eigenes Verhältniß dieser Gegenstände zu ihr aus. Es sind eigene Ansichten,[323] jedoch keineswegs sonderbar, sondern wohl zusammenhängend und ihrem Standpunkt vollkommen gemäß. das sie übrigens geübt ist, einem Jedem etwas Angenehmes aus dem Stegreise zu sagen, oder zu erwidern, läßt sich denken. Ihr eigenes Betragen und das der Ihrigen nicht allein, sondern auch ausdrückliche Äußerungen fordern einen Jeden auf frey und ungezwungen zu seyn. Man veranlaßte, daß die Herrn einige Spieltische arrangirten, ja der Obrist Hofmeister, Graf Althann, spielte selbst Billard; und so wird sich mit jedem Tage die Anzahl der Aufwartenden, so wie die Behaglichkeit derselben vermehren.

Die Sächsischen Herrschaften haben seit dem ersten Augenblick ihres Hierseyns sich auf dieselbe Weise benommen. Prinz Anton ist freundlich und mittheilend.

Daß auch in der Kleidung Niemand genirt sey, so gehen die Cavaliere der beyden Höfe in Stiefeln, welches eine große Erleichterung für die Curgäste macht, welche Abends den Saal besuchen.

Fremde kommen täglich mehr an; doch findet sich darunter Niemand von älteren Bekannten. Die Fürstinn Lubomirska wird nächstens erwartet, Prinz Bernhard heute Abend. Kurz vor Abgang der Post mich zu Gnaden empfehlend

Goethe.[324]


21/6007.


An Christiane von Goethe

Carlsbad den 12. Juny 1810.

Deinen lieben Brief, eingeschlossen in den des Herrn Genast vom 7. Juny, empfange ich eben, als ich im Begriff war, den gegenwärtigen zu schreiben. Prinz Bernhard, der auf einige Tage hier war, um der Kaiserinn aufzuwarten, geht unmittelbar nach Weimar und nimmt diesen Brief mit, begleitet von einem Korbe mit Trüffeln und getrockneten Schwämmen und einem Paketchen für August. Hätte ich gewußt, daß so eine schöne Gelegenheit kommen könnte; so hätte ich den Shawl noch zurückbehalten, er ist aber den 7. Juny schon abgegangen mit der fahrenden Post, und kommt vielleicht zugleich mit diesem in deine Hände.

Es ist sehr freundlich, daß ihr so umständlich schreibt. Setze es ja alle 8 Tage fort; ich will auch nicht verfehlen, es zu thun. Ich wünsche, daß deine neue Pflanzung gut gedeihen möge und bedaure, daß deine neue Pflanzung gut gedeihen möge und bedaure, daß dein Garten soviel gelitten hat. Uns begünstigt das Wetter hier auch nicht; doch giebt es einzelne schöne Momente und ich lasse mir alles gefallen, weil ich so gerne hier bin, und mich recht wohl befinde.

Die Kaiserinn und die Sächsischen Herrschaften fahren fort, die hiesige Gesellschaft zu beleben und aufzumuntern. Sie sehen Niemanden bey sich, aber[325] auf Spaziergängen sowohl als in den Sälen nähert man sich ihnen, und sie unterhalten sich sehr freundlich mit Jedermann. Es ist ausdrücklich verlangt worden, daß Niemand sich in Kleidung und sonst geniren solle. Die Hofleute selbst gehen beständig in Stiefeln, um gutes Beyspiel zu geben. In dem Saal wo die Kaiserinn sich befindet, stehen mehrere Spieltische für die Herren, und die jungen Frauenzimmer sind aufgemuntert worden, in dem äußern Saale kleine Spiele zu spielen.

Da ich gleich von Anfang mich zur Gesellschaft gehalten habe, so habe ich schon viel Bekanntschaft gemacht, und esse auch manchmal auswärts, welches mir ganz leidlich bekommt, doch nicht so gut als wenn ich zu Hause ein frugales Mahl einnehme. Jeder gute Augenblick wird zum Spazierengehn benutzt. Gezeichnet habe ich auch schon manches und die übrigen Arbeiten gedeihen auch nach und nach.

Wenn dieser Brief zu euch kommt, so erhalte ich vielleicht zugleich Nachricht, daß die gegenwärtige Sendung und der Shawl glücklich angelangt sind. Da die zinnernen Löffel Beyfall erhalten haben, so schaffe ich vielleicht noch etwas von Zinn an: denn sie ma chen es gar zu hübsch.

Sonst giebt es noch Manches hier, welches man anzuschaffen versucht wäre; doch muß man sich zurückhalten, weil es ohnehin durchaus theurer ist als vor Zeiten.

[326] Dießmal will ich nichts weiter hinzufügen, als den Wunsch, daß euch dieses Blatt möge im Gartenhaus heiter und lustig antreffen. Versäumet ja nicht mir zu schreiben, da denn doch die Briefe endlich, obgleich nicht sobald als billig wäre, ankommen.

Zu der Lauchstädter Reise werdet ihr euch nun wohl vorbereiten. Vorher wünsche ich vergnügliches Vogelschießen und fröhliche Hochzeitfeste.

G.


Grüße Herrn Genast schönstens und ersuche ihn, daß er mir von Zeit zu Zeit schreibe. Über unsre theatralischen und musicalischen Angelegenheiten bin ich völlig ruhig und überzeugt, daß alles diesen Sommer so gehen wird, um nächste Michael wieder in das alte Weimarische Gleis zu kommen.

Beyliegendes gieb Augusten und sage ihm, ein Kästchen, wie er es wünscht, werde nachkommen: in diesem Augenblick sey es nicht zu haben gewesen.

Ich lege auch noch ein paar Hundert Nadeln bey, welche sie hier Stopfnadeln nennen, und noch einmal so theuer verkaufen als die andern. Schreibt mir, wie es damit ist, und wiefern ihr sie brauchen könnt; es giebt noch eine größere und mehrere kleinere Sorten, alle von gleichem Preis.

Sage Augusten, er solle ja dem Prinzen Bernhard gleich aufwarten: denn es war sein erstes, daß er nach ihm fragte. Nun weiß ich weiter nichts zu[327] sagen, als daß ich recht wohl zu leben und bald von euch zu hören wünsche.


21/6008.


An Carl Ludwig von Knebel

Carlsbad d. 12. Juny 1810.

Es ist freylich ein großer Unterschied seit den vorigen Monaten, da ich alle Morgen deine Fenster anrief und so manchen schönen Abend bey die zubrachte, daß ich jetzt so lange nichts von mir hören ließ und dich erst später begrüße. Ich befinde mich sehr wohl, ob uns gleich das Wetter nicht sonderlich begünstigt. Ihr habt auch Kälte und manches andere Unerfreuliche gehabt, wie ich höre. Dagegen ist die Gesellschaft schon sehr glänzend und angenehm. Die Gegenwart der Kaiserin und der Sächsischen Herrschaften bringt viel Leben und Bewegung hierher. Sie sehen Niemanden bey sich, sind aber auf eine Weise genirt. Auf ausdrückliche Anordnung und Befehl erscheint Jedermann in seiner gewohnten Tracht. In dem Sale, wo sich die Herrschaften befinden, stehen Spieltische für die Cavaliere, und die jungen Personen spielen im Vorsal kleine Spiele und so, weil es Jedermann behaglich ist, vermehrt sich die Menge täglich, um so mehr als täglich neue Gäste ankommen.

[328] Die Intervalle schöner Tage und Stunden, die sich zwischen den rauhen und regnerischen zeigen, habe ich benutzt, um mich in der Nähe wieder umzusehen. Die neue Chaussée, die oberhalb Carlsbad weg, am Fuß des Drey-Kreuzberges, über den Galgenberg in vielen Zickzacks nach der Töpel herunter geführt wird, fordert wieder zu neuen Promenaden auf, und wird, wenn sie einmal fertig ist, die größte Zierde von Carlsbad seyn.

Viele alte Bekanntschaften habe ich erneuert und einige neue, ganz angenehme, gemacht. So eben vernehme ich, daß Jena auch durch die Gegenwart Ihro Hoheit, der Großfürstin, belebt ist. Ich wünsche den besten Erfolg dieses Aufenthalts, Empfiehl mich ja zu Gnaden und bringe mich bey allen Freunden und Gönnern ins Andenken.

Auch in Weimar laß mich aufs beste empfohlen seyn.

Prinz Bernhard ist seit einigen Tagen hier. Gegenwärtiges erhältst du durch die Gelegenheit seiner Rückkehr.

Graf Razoumowsky, gegenwärtig hier, hat schöne geschnittene Steine; auch einige andere Gäste manches Beneidenswerthe. Von diesem portativen Genre von Kunstwerken kriegt man allenfalls noch etwas zu sehen. Herr von Rühle hat schöne Mosaiken bey sich. Vielleicht kann er dir sie zeigen, wenn er durch Jena geht, wo der Prinz Bernhard sich doch aufhalten wird.

Über den ehernen Stier, den ich dir verdanke, habe[329] ich eine eigene Hypothese ausgebildet. Ich halte nämlich dafür, daß es Jupiter in dieser Gestalt sey, der Europen trägt, oder vielmehr trug, da leider diese Schönheit verloren gegangen ist. Das Majestätische und Pferdehafte klärt sich dadurch am besten auf; zu den äußeren Kennzeichen scheint mir eine auf dem Rücken befindliche, nunmehr aber zugelöthete Öffnung zu gehören. Denn daß dieses edle Geschöpf einigemal restaurirt worden und jetzt wieder in einem zerstückten Zustand gerathen, ist evident.

Wir wollen es gelegentlich zusammen untersuchen. Könnt' ich dir oder Carln etwas von den Carlsbader Producten wünschenswerthes mitbringen, so wird es mich freuen. Gieb mir einen Anlaß dazu und lebe recht wohl.

G.


21/6009.


An Marianne von Eybenberg

Seyn Sie uns also in der Nähe zum allerschönsten willkommen.

Mehr wüßte ich kaum in diesem Augenblicke zu sagen. Fahren Sie getrost bey den drey Mohren an; es ist schon Rath geschafft. Bringen Sie ein leidliches Befinden mit; für das Übrige ist mir nicht bange. Leben Sie recht wohl. Wir freuen uns in der Hoffnung eines so baldigen Wiedersehens.

Carlsbad den 22. Juny 1810.

G.[330]


21/6010.


An Christiane von Goethe

Carlsbad den 27. Juny 1810.

Nachdem mir lange Zeit die Briefe ausgeblieben waren, so kamen sie endlich alle an einem Morgen und machten mir um desto mehr Vergnügen. Ich konnte hoffen, daß der Shawl und das Tüchelchen würden gute Aufnahme finden. Sie sind, Gott sey Dank! um vieles wohlfeiler als die Schätzung, die du mir schreibst. In ähnlichen Dingen, als kleinern Shawls, Halstüchern und Kleidern dieser Art, ist wieder aufs Neue so viel Lustiges angekommen, daß man sich wirklich enthalten muß, kein Geld auszugeben. Auf alle Fälle soll August eine solche Weste haben: denn ich hatte mir selbst eine zugedacht.

Was ich aber nicht ganz loben kann, das ist, daß ihr gar nichts meldet von der freundlichen Sendung, die ich durch die Leute des Prinzen Bernhard gemacht habe, so daß ich also gar nicht weiß, ob sie zu euch gekommen ist. Augusten hatte der Schreiber dieses ein Schwänchen zusammen gemacht von Stecknadeln, Ohr-Kleinigkeiten; auch waren Nähnadeln dabey. Von allem diesem hören wir nichts. Auch hatten wir einen schönen Rohrkorb, mit getrockneten Trüffeln und Schwämmen dazu gethan. Aller dieser guten Gaben erwähnt ihr mit keinem Wort, und wir müssen nur hoffen, daß sie glücklich zu euch gekommen sind.

[331] Mir ist es bisher ganz wohl gegangen; aber freylich, daß ich wünschen müßte, das ganze Jahr in Carlsbad zu seyn. Denn gerade der mäßige Gebrauch des Wassers, wie ich mich dessen jetzt bediene, ist das rechte. Ich nehme auch noch ein paar Becher Sprudel Abends und befinde mich vortrefflich dabey. Es zeigt sich keine Spur von Krampf, woran ich in Jena noch unendlich gelitten habe, ohne Jemanden etwas zu sagen, weil es nicht unerträglich war, und ich mich von einem Augenblick zum andern mit Hoffnung hinhalf.

Dagegen habe ich hier eine recht gute Art zu seyn. Die Gegenwart der Kaiserinn und der sächsischen Herrschaften hat uns, diese Wochen her, in Athem erhalten und beschäftigt. Nachdem wir die verschiedenen Momente des Hierseyns der liebenswürdigen Monarchinn so gut wir nur konnten gefeyert; so ertheilte sie mir den Auftrag, den Carlsbadern in ihrem Namen zu sagen, wie ungern sie von hier weggehe, wie sehr sie sich hier gefallen habe, und wie lebhaft sie wiederzukehren wünsche. Auch diese schwierige Aufgabe, habe ich zu lösen gesucht, und ich schicke nächstens die kleine Sammlung der Gedichte. Indessen ängstigt es mich, daß darüber gerade die Zeit hin gegangen ist, die ich bestimmt hatte, unserer lieben Prinzessinn und Ihrem Gemahl, nach meiner Art etwas Freundliches zu sagen. Ich werde dieses nun wohl nachbringen müssen, und wünsche, daß die Festlichkeiten[332] recht froh und freudig mögen vollbracht werden. Das Übelbefinden des Herzogs und des Enkelchens hat mir einen traurigen Eindruck gemacht.

Du kannst von mir noch einen Brief in Weimar erwarten, da du erst den 12. July nach Lauchstädt gehst. Auf alle Fälle aber sollst du dort etwas von mir finden.

Die Schirme zur Farbenlehre kannst du Herrn Falk nur lassen wenn du auch weggehst. Empfiehl mich aller Welt und danke fürs Andenken. Lebe recht wohl und nimm von dem Tanzlehrer alles was dir gemäß ist. Der Fräulein Beust kann ich für kein Quartier stehen, am allerwenigsten für eine so kurze Zeit. Alles ist schon bestellt, und ich will nicht rathen, auf Glück hierher zu kommen. Wollen es die Frauenzimmer aber thun, so bin ich bey den drey Mohren zu finden, bin gerne hülfreich, stehe aber für nichts. Ich habe die letzten Zeilen der vorigen Seite ausgestrichen, weil ich nicht rathen kann, auf gut Glück hieher zu kommen. Fräulein Riedesel hat es gewagt, begnügt sich aber auch mit einem sehr engen Quartier in einer keineswegs erfreulichen Lage. Herr und Frau von Riedesel sind früher angekommen und haben um ein geräumiges Quartier zu finden, sich entschließen müssen auf den Schloßberg zu ziehen. Sage dieses mit meinen vielen Empfehlungen an Fräulein von Beust und Frau von Seebach. In Franzenbrunn und Teplitz ist es noch[333] viel voller. An diesen beyden Orten ist gar kein Unterkommen mehr. Nun will ich schließen und dir ein herzliches Lebewohl wünschen. Vor deiner Abreise nach Lauchstädt kannst du mir wohl noch einmal von Weimar schreiben. Wenn du hingegen nach Lauchstädt kommst, sollst du unter Herrn Genast's Adresse etwas von mir finden. Ob ich sonst etwas schicken kann, weiß ich nicht: denn die Leipziger die hier sind, gehen erst nach Eger. Lebe recht wohl und grüße Carolinchen und die Theaterfreunde.

G.


21/6011.


An Franz Kirms

Ew. Wohlgebornen

haben mir durch die ertheilten guten Nachrichten viel Vergnügen gemacht. Wenn Herr Capellmeister Müller so fortfährt, so wird er sich und uns, dem Hofe, dem Publicum und der Kunst, viel Vortheil und Vergnügen bringen. Ich wünsche uns allen Glück dazu, und freue mich auch deshalb auf meine Rückkehr.

Der Gebrauch der Wasser hat mir auch dießmal wieder großen Nutzen gebracht, und mich sogleich von den krampfhaften Übeln befreyt, an denen ich in Jena noch sehr, ohne mich viel zu beklagen, gelitten habe. Möge doch unser guter Fürst bald in Töplitz anlangen, und dort die erwünschte Hülfe finden.

[334] Die Gegenwart der Kaiserinn hat uns alle in Bewegung erhalten, ob sie gleich Niemanden genierte und höchst angenehm und freundlich war. Jetzt ist es so voll hier, daß kein Quartier mehr zu finden ist, und jeder zufrieden seyn kann, der fest sitzt.

Den Mannheimern würden Ew. Wohlgebornen gefällig antworten, daß ihnen der neue Götz von Berlichingen, welcher sobald nicht gedruckt erscheinen werde, zu Diensten stehe, wenn sie mir das Einkommen der dritten Repräsentation desselben nach der Art, wie die Benefize den Schauspielern gegeben werden, zugestünden. Nur allein, wenn dieses eingeführt wird, kann man sich entschließen fürs Theater zu arbeiten, sonst ist es nicht der Mühe werth, daß man eine Feder anrührt, oder auch nur eine Abschrift machen läßt.

Des Herrn Ifflands Anfragen beantworten sich sämmtlich durch das Fragment des zweyten Theils der Zauberflöte, das in meinen Werken, und zwar in deren siebentem Band abgedruckt ist. Das Personal der ersten Zauberflöte mit geringer Vermehrung sollte hinreichen, auch diese Fortsetzung zu geben. Wie ich die Situationen, Decorationen u. dergl. ähnlich zu erhalten und doch zu steigern dachte, sieht man gleichfalls daraus, so wie die Absicht blos für musicalischen und theatralischen Effect zu arbeiten. Der Plan, so wie noch ein Theil der Ausarbeitung, liegt unter meinen Papieren. Ob ich aber, da ich soviel andere[335] Dinge vorhabe, mich wieder zu theatralischen Arbeiten, wobey weder Freude noch Genuß, noch Vortheil zu erwarten ist, wenden möchte, glaub' ich schwerlich. Mehrere Plane und Halbausarbeitungen bedeutender Stücke liegen da, und werden wohl immer liegen, wie die zwey letzten Theile der natürlichen Tochter, und eine Tragödie aus der Zeit Carls des Großen. Sollte das Berliner Theater den obgemeldeten Vorschlag, die dritte Repräsentation zum Benefiz des Autors zu geben, eingehen, so könnte man eher seine Maßregeln darnach nehmen und einen Theil seiner Zeit auf dramatische Arbeiten verwenden. Abgerissen kann man dergleichen nicht unternehmen. Ich ziehe jetzt den Roman allem andern vor, weil einen dabey alles begünstigt, was beym Theater dem Autor nur zum Nachteil gereicht. Könnte man die unternommenen Arbeiten nach und nach vom Stapel lassen; so würde der, durch einen sehr hohen und bedeutenden Theaterkenner mir aufgetragene, Brutus wohl auch mit flott werden; dagegen ich jetzt befürchten muß, daß alle diese Dinge bey mir, wie bisher, stocken und nicht zum Ende gelangen.

Überlegen Sie doch, ob das Stückchen von Contessa sogleich ausgetheilt und etwa in Lauchstädt einstudirt werden könne. Dieser Autor verdient, daß man ihm gefällig sey, und wahrscheinlich ist ihm daran gelegen, daß er bald auf unserm Theater erscheine.

Und nun wünsche ich recht wohl zu leben, in[336] Hoffnung mich bald wieder mit Ihnen persönlich über unsere Angelegenheiten zu unterhalten. Herrn Rath Kruse viele Empfehlungen.

Carlsbad den 27. Juny 1810.

Goethe.


21/6012.


An Christiane von Goethe

Vor einigen Tagen sendete ich durch Herrn v. Helldorf ein Packet an dich ab das allerley Gutes enthält und das du wahrscheinlich gleichzeitig mit dem gegenwärtigen Blatte erhalten wirst. Gedencket meiner bey einer Tasse Chocolade und wenn im Theater ein Pfeffermünzküchelchen genommen wird. Dein ausführlicher Brief vom 25. Jun. hat mir viel Vergnügen gemacht schreibe mir von Lauchstädt dergleichen. Carolinchen soll geliebt seyn daß sie soviel auf ein Blatt bringt. Mir geht es recht wohl und wenn ich diese Wasser immer neben mir hätte, wäre mir für nichts bange. Seit der Abreise der Kayserinn habe ich mich in die Enge gezogen. Es gehen ohnehin schon die Personen der ersten Zeit und die meisten meiner Bekannten fort. Indessen kommt unter sovielen Menschen immer einmal wieder ein alter Bekannter oder es findet sich etwas interessantes Neues. Von Äugelchen hat sich noch gar nichts gefunden. Die Gegenwart der Kayserinn wird für mich nicht ohne Folgen seyn, man hat mir vertraut daß Sie mir eine Artigkeit[337] erzeigen werde die mich um so mehr freuen müsse weil sie sich selbst etwas ausgedacht. Du sagst niemand davon, denn so etwas muß man abwarten. Es kann gar manches dazwischen kommen das die besten Absichten der Großen hindert. Auch Wien bin ich von hunderten eingeladen. Ich habe es nicht abgesagt aber mir auf jeden Fall vorbehalten Augusten an die Wohlwollenden zu adressiren. Es wird überall willkommen seyn. Bis jetzt hab ich von dem edlen Jüngling keine Zeile erhalten, so daß ich nicht weis ob er die durch des Prinzen Bernhard Leute überschickte Sachen bekommen hat. Auch schreibst du mir nichts von den getrockneten Trüffeln und Schwämmen, die in einen flachen Korb gepackt waren. Ich lege dir ein Blätchen an den Cassier bey er wird ja wohl dies Jahr genugsamen Überschuß haben die das Wenige auszuzahlen.

Den 12. Juli wollen wir mit den besten Wünschen feyern. Ich hoffe indessen von euch zu hören. Es geht mir ganz wohl und wünsche dir das Gleiche. Dabey bin ich ziemlich fleißig und habe schon allerley zu Stande gebracht.

Ich lege die Gedichte bey die ich zusammen drucken lies. Jedes wurde durch eine besondere Gelegenheit veranlaßt, das letzte durch die Kayserinn selbst, welche verlangte daß ich in ihrem Nahmen den Carlsbadern etwas freundliches sagen sollte. Ihr werdet sehen wie ich mich aus der Sache gezogen habe. Grüße[338] Herrn Genast zum schönsten, er wird mir wohl schon geschrieben haben wenn Gegenwärtiges an kommt. Auch die Übrigen grüße und trage wie sonst alles bey daß die Sache gut und ordentlich geht. Richte dich auf alle Fälle ein solange zu bleiben wie die Gesellschaft; denn ich werde meine Nachhausreise nicht beschleunigen. Ich muß noch gar manches vorher thun und ausrichten. Lebe recht wohl und sey meiner eingedenck.

CarlsBad d. 3. Jul. 1810.

G.


21/6013.


An Friedrich August Wolf

Höchst merkwürdiges und erfreuliches

Fragmentum epistolare

cum notis & animadversionibus

Justi Carlsbadensis et Aciduli Gishübelii.


Das Blatt, worauf dieses Fragment geschrieben, hat ungefähr die Größe eines ächten Papyrus, indem es nur drey bis vier Querfinger breit, zu Rechnungen liniirt und die Ausgabe von Gulden, Kreuzern und Hellern darauf zu notiren eingerichtet ist. Da nun beyde letztere Rubriken jetziger Zeit unnöthig seyn möchten, weil gegenwärtig alles nur in Gulden evaluirt wird: so scheint dasselbe auf eine ältere Epoche zu deuten. Dieser Umstand, so wie der Mangel eines Datums, setzt die Ausleger in nicht geringe Verlegenheit; welche aber eben deswegen mit desto ernsterm Beruf und größerm Vergnügen ans Werk schreiten.

[339] »In 10-14 Tagen bin ich in Carlsbad.«

Es würde sehr viele Seiten einnehmen, wenn man die Conjecturen alle aufzeichnen wollte, welche bey Ermanglung eines Grund- und Normaltages hier von den Critikern durchgearbeitet werden mußten. Nach sehr vielen Controversen und Überlegungen vereinigten sie sich endlich, die Epoche des Blattes zwischen das Ende des Juny und den Anfang des July zu setzen; wobey sie sich, wie man sieht, einen billigen Spielraum vorbehielten. Eine von den Hauptschwierigkeiten diese Stelle richtig zu erklären, entsprang daher, daß beyde Ausleger geneigt waren, das eigentliche Datum (Ort und Zeit) dieses Dati (Erlasses) früher zu setzen, damit das Datum der Ankunft um so viel näher rückte.

»Hätten Sie wohl die Güte«

Hier wurde eine Emendation gewagt, statt Güte, Freude zu setzen; weil man aber auch das Verbum und alles übrige hätte ändern müssen; so hielt man es für besser, den Text stehen zu lassen, und jenes für eine rednerische Umschreibung dessen zu halten, was sich von selbst versteht.

»Mir um die Zeit«

Die Verlegenheit wegen der Epoche und des Termins sowohl a quo als ad quem ging bey dieser Stelle von neuem an. Nach dem Vorgange Petavs und andrer Meister entschloß man sich die Hälfte Julys, welche eben ein so ungewisser Termin ist, als fest anzunehmen.[340]

»Auf acht Tage«

Wir machen hier ein Comma, welches im Original fehlt, ob es uns gleich viel angenehmer gewesen wäre, das folgende unterstrichene wenigstens, auf die Zeit zu deuten. Acht Tage vergehen gar zu bald und acht Tage wenigstens erlauben noch immer seine Hoffnung auf vierzehn Tage wenigstens, ja auf vier Wochen auszudehnen.

»wenigstens drey Zimmer«

Hier fängt nun aber erst die Qual an, da nicht nur vom Auslegen, sondern vom Ausrichten die Rede ist. Drey Zimmer wären vielleicht in dem Augenblick, wo dieses gegenwärtige geschrieben wird, irgendwo zu haben, aber, ob beysammen, ob getrennt, wie und wo, ist nicht einmal auszusprechen, geschweige ob es morgen oder übermorgen noch so seyn wird.

»Vorn heraus«

Auch sogar diese Bedingung ist gegenwärtig schwer zu erfüllen.

»Auf der Wiese«

Durch diesen Zusatz wird die Sache noch schwerer. Wir haben zwar gegenwärtig zwey Wiesen, die Wiese oder Lauka schlechtweg und die neue Wiese, nowa Lauka. (Hier ist wohl der Ort zu bemerken, daß es eines böhmischen Puristen Sache seyn möchte, ob man nicht statt nowa, welches doch offenbar ein ausländisches Wort ist, ein inländisches bedeutenderes finden könnte, welches ganz vollkommen seyn würde, wenn es[341] zugleich die Wirthshaus- Theater-, und Judenwiese ausdrückte.) Auf der kat' exochên so genannten und wahrscheinlich gemeinten Wiese, ist gegenwärtig keine Art von Zimmer, noch Kammer mehr zu haben. Die Häuser sind bis in die äußersten Giebel bewohnt, sodaß man Abends Sterne in der Luft zu sehen glaubt, und sogar Dachkämmerchen werden nur aus Gunst vergeben.

»Oder sonst«

Hier würden benannte Freunde zu jeder andern Zeit sich getröstet finden, wenn nicht auf eine ganz unglaubliche Weise die Hülfsbedürftigen, wie es jedoch scheint, meistens in guter gesunder Gesellschaft sich hier eingefunden und alle Räume weggenommen hätten.

»Auf jeden Fall bey guten Leuten zu besprechen«

Diese Bedingung würde am ersten zu erfüllen seyn. Die Carlsbader sind alle gut, nur haben sie dieß Jahr bemerkt, daß sie den Fremden noch einmal so viel abnehmen können, ohne deshalb an ihrer guten Renommée abzunehmen und es steht zu erwarten, daß sie in dieser Einsicht nicht zurückschreiten werden, wenn auch der Curs der Banknoten auf einen bessern Weg zurückkehren sollte.

Die Unmöglichkeit, etwas Gewisses zuzusagen, nöthigt also Unterzeichnete zu folgender bedenklichen Erklärung.

Ein anständiges Quartier in der Hälfte July auf[342] kurze Zeit zu versprechen, ist völlig unmöglich. Es könnte nur durch den wunderbarsten Zufall ein solches offen werden, der jedoch keineswegs wahrscheinlich ist. Auch selbst ein ungeräumiges, in der geringsten Lage, würde nicht vorzubereiten seyn. Das Städtchen ist schon bis hinter die Kirche und bis zum Hirschensprung hinauf besetzt, und wird rücken selbst in unserm Hause so zusammen, daß es beynahe unbequem wird. Indessen möchten wir wünschen, daß die Freunde, zu unserm Glücke, ihrem Glücke vertrauten und zu gedachter Zeit hieher kämen, um im schlimmsten Falle nur die Nacht unter Dach allenfalls unter dem Dache, den übrigen Tag aber unter freyem Himmel, unter Bäumen, in Sälen, auf Spaziergängen, Spazierfahrten, und was dergleichen Seligkeiten dieses irdischen Paradieses mehr erfreut seyn könnte, als die Unterzeichneten.

Carlsbad den 3. July 1810.

Justus Carlsbadensis.

Acidulus Gishübelius.


21/6014.


An Carl Friedrich Zelter

Carlsbad den 4. July 1810.

Mit vielem Vergnügen erhalte ich unmittelbare Nachricht von Ihnen. Man hatte mir schon gesagt, daß Sie sich in Töplitz befänden, und ich wartete[343] jeden Tag auf ein näheres Wort. Vor allen Dingen also etwas über unser Wiedersehen. Meine Absicht ist bis gegen Ende July hier zu bleiben und alsdann nach Teplitz zu gehen. Es hängt jedoch dieses von mancherley Umständen ab. Wenn Sie also in der Hälfte July nach Prag, und allenfalls nach Wien gingen, so würden Sie mich Anfang und Mitte Augusts in Töplitz treffen, wo wir noch einige Zeit zusammen bleiben müßten. Dieses jedoch näher zu bestimmen, giebt uns die Nähe der Orte Gelegenheit, da wir uns in wenig Tagen von einander Nachricht geben können. – Körners von Dresden sind hier und bringen allerley Neues und Gutes von Ihnen mit, auf dessen Vortrag ich mich freue, über alles aber auf unser Wiedersehen, welches für beyde nicht unfruchtbar bleiben kann. Den Meister des Harmonichords will ich auf seine Einladung besuchen, und ihm andre Musikfreunde zuführen. Die Zeichnungen von Herrn Nauwerk haben mir sehr viel Vergnügen gemacht; ich behalte sie einstweilen bey mir. Mehr sage ich heute nicht. Wenden Sie bald wieder ein Blatt an mich; besonders schreiben Sie mir gleich, wenn der Herzog von Weimar ankommt, den Sie zu besuchen nicht versäumen werden. Leben Sie schönstens wohl!

G.[344]


21/6015.


An Silvie von Ziegesar

Ihr herzlicher Brief, liebste Silvie, ist fast den ganzen Juni unterwegs geblieben und kam, jedoch zur rechten Stunde, gerade nach der Abreise der Kaiserinn, da wir uns gleichsam allein und verwaist fanden, denn die Gegenwart dieser liebenswürdigen Dame hatte dem alten Carlsbad eine frische und muntre Tournüre gegeben. Davon sollte ich nun viel erzählen will aber doch lieber ein gedrucktes Blat beylegen aus welchem Sie Sich in der holden Einsamkeit gar manches heraus werden.

Jetzt hat sich Carlsbad übermäßig angefüllt; die kleinsten und geringsten Quartiere sind besetzt und Ankommende müssen zufrieden seyn nur Dach und Fach zu finden, von guter Lage und Bequemlichkeit ist gar die Rede nicht mehr wenn man nicht früh genug bestellt hatte.

Indessen zerschlägt sich die bisherige Gesellschaft der ersten Saison und ich finde mich ziemlich allein; denn man hat wenig Lust sich zum zweytenmale anzuschließen. Gleich bey meiner Ankunft machte ich mir oft Gelegenheit an Sie, meine Beste, zu dencken, ich ging täglich in den weißen Hirschen und zeichnete aus den Hinter Fenstern die Verwüstung welche Natur und Mensch Hände um den Sprudel her hervorgebracht hatten. Sie sollen es sehen und Sichverwundern[345] wie wild alles aussah. Jetzt ist alles wieder leidlich in Ordnung aber die Einrichtung höchst unbequem und nur für den erträglich der hier sein Heil sucht. Am Neubrunn ist es das Alte, wer das nicht von Alters her kennt klagt jämmerlich.

Die Damen Hänbury und Bohn nebst der Kleinen befinden sich wohl und munter, sie haben sich nun in die hiesige Cur- und Lebensart geschickt und ich wollte wetten sie gehen ungern hier weg, wie es jedem geschieht, der sich Verhältnisse zu machen weiß und seine Gesellschaft findet.

Neue Promenaden sind nicht entstanden. Der Weg vom Hammer nach Aich durchs Gebirg ist angefangen. Der Stillstand voriges Jahr hat alles zurückgehalten. Der Sprudel Ausbruch, ein großes Wasser hat die Carlsbader überall zu Reparaturen genötigt und die heurige Affluenz ist ihnen zu gönnen. Auch scheint es daß sie Lust haben sich zu erholen. Alles ist vertheuert. (Doch darf ich der neuen Chaussee nicht vergessen, die über der Stadt her, am Fuß des drey Kreuzbergs, und so weiter nach der Töpel herab geführt wird.)

Und nun könnte ich meine letzte Seite nicht besser anwenden als daß ich Ihnen von unsrer lieben Prinzess rede, deren Fest ich so gern mit begangen hätte. Auch aus der Ferne war ihr etwas zugedacht, das hat sich aber verspätet und nun brauchts ein Jahr um zu reisen? Rathen Sie wohl? Was es[346] seyn kann? die kleine Melodie sollen mir die Vöglein an der Töpel solange vorpfeifen biß sich ein artig Liedchen zu regen anfängt. Haben Sie Gelegenheit; so empfehlen Sie mich zum allerbesten.

Zuletzt muß ich noch erwähnen daß wir den 21ten mit Ball und Illumination gefeyert haben und nun bey hellem Tage, so wie dort in der erhellten Nacht der lieben Abwesenden fleißig gedencken.

CarlsBad d. 4. Juli 1810.

G.


21/6016.


An Pauline Schelling, geb. Gotter

Das Theater ist noch das vorige, geliebte Pauline; aber die Schauspieler sind andre, gewisse Persönchen vermißt man darunter gar sehr, besonders wenn man mit Augen sehen muß, was für neue Gestalten sich gegenwärtig an den lieben Orten herumtreiben. Ihre Zimmer im Wallfisch bewohnt Himmel und das ungeheure Meerwunder erstickt fast an diesem neuen Jonas. Auf dem Hammer war ich ein einzigmal mit Riemer in so abscheulichen Regen und Sturm, daß der Tag recht ausgesucht schien, um uns den Unterschied gegen frühere Stunden recht fühlbar zu machen.

Das Wetter ist wieder sehr schön und des Fahrens, Reitens, Spazierens vor meinen Fenstern und über die neue Johannisbrücke gar kein Ende, wobey Riemer sehr die Equipage der Freundinnen vermißt.

[347] Bringen wir übrigens nicht in Anschlag was uns abgeht, so müssen wir bekennen, daß uns manches Gute begegnet. Unter anderm muß ich Ihnen erzählen, daß ich eine sehr schöne Abbildung von Wallenstein erhalten habe. Auf dem Schlosse Friedland nämlich befindet sich eins in ganzer Figur. Dieses hat Prof. Bergler in Prag, ein sehr geschickter Mann, mir gezeichnet und sehr geistreich radirt. Es stimmt vollkommen mit dem Begriffe überein, den man sich von diesem merkwürdigen Manne bildet. Regelmäßige Züge, ernst, trocken und in den Augen etwas Bedenkliches. Ich freue mich Ihnen das Blatt gelegentlich sehen zu lassen. Auch außer diesem hat uns noch manches Interessante aufgesucht.

Möge die schöne Sonne, die uns gegenwärtig begünstigt, auch über Drackendorf scheinen, wie Sie früher unser kaltes und rauhes Wetter getheilt haben. Und so theilen Sie auch mit mir den Wunsch eines baldigen frohen Wiedersehens. Versuchen Sie einmal Sich ihn recht lebhaft auszudrücken und fühlen Sie, daß ich ein Gleiches thue. Leben Sie wohl, liebe Pauline!

Carlsbad, den 4, Juli 1810.

G.[348]


21/6016a.


An Carl Fürst Lichnowsky

[Concept.]

[Carlsbad, 7. Juli 1810.]

Sobald ich aus Ew. Durchlaucht wohlwollendem Schreiben ersehe daß allerhöchsten Ortes das Überreichte nicht ungnädig aufgenommen worden, habe ich sogleich den Druck der kleinen Sammlung veranstaltet, wobey mich jedoch die hiesigen typographischen Einrichtungen keineswegs begünstigt. Indessen nehme ich mir die Freyheit einige Exemplare zu beliebiger Verwendung zu übersenden.

Was sonst höchst erfreuliches Ew. Durchlaucht theilnehmendes Schreiben enthält, verwahre ich in einem danckbaren Herzen. Ich weiß das Glück zu schätzen einer so erhabnen und fürtrefflichen Herrscherinn nicht unbekannt geblieben zu seyn und was ich Ew. Durchlaucht in dieser schönen und günstigen Zeit schuldig geworden, bleibt mir unvergesslich. Meinen wiederholten Danck und die Versicherung meiner aufrichtigen Anhänglichkeit hoffe ich bald mündlich wiederhohlen zu können.[146]


21/6017.


An Carl Ludwig von Knebel

Ich danke dir, mein lieber Freund, für die reichhaltigen Blätter, die du mir durch Herrn Geh. Hofrath[348] Stark gesendet, und erwiedere nur weniges, da ich Gelegenheit nach Jena habe. Vor allen Dingen wünsche ich Glück, daß die letzte Epoche, die euch viel zu leiden gab, doch soweit glücklich vorüber ist. Krankheiten, Sorgen, Scheiden, Kriegsbewegungen machen zusammen eine böse Zugabe zum Leben. Möge Sommer und Herbst sich desto besser legitimiren! und unsre liebe Hoheit erfreuliche Tage in Jena genießen. Vom Herzog hoffe ich nun bald zu vernehmen, daß er in Töplitz angekommen ist. Empfiehl mich unsrer lieben Prinzeß, die mit allgemeiner Bewunderung scheidet. Was ich über sie höre und lese, ist durchaus gleichlautend. Danke ihr für das liebenswürdige Blatt; ich bleibe ihr Schuldner.

Meine Absicht war, ihr etwas zum Tage der Abreise zu widmen; aber mein Juny ist mir, auf eine unerwartete aber doch angenehme Weise, daraufgegangen. Ich lege einige Exemplare der Gedichte bey, welche durch den Aufenthalt der Kaiserin veranlaßt worden. Die beyden ersten schrieb ich aus eigenem Antrieb, als ein hübscher Platz Ihrer Majestät gewidmet wurde; das letzte hat sie selbst verlangt. Sie wollte, daß den Carlsbadern etwas Freundliches in Ihrem Namen gesagt werden sollte. Man ist mit der Art zufrieden, wie ich mich aus der Sache gezogen habe.

Danke Carln für die Zeichnung. Er soll ja immer fortfahren: denn was ist dieß nicht für ein Vortheil,[349] in der Geschwindigkeit gleich ein Bild versenden und communiciren zu können. Über die Sache denke ich so. Das Urbild dieses Stiers ist aus der besten Zeit der Kunst; und wie die Alten so klug waren, was einmal recht war, nicht noch besser machen zu wollen, so ist dieser Stier wahrscheinlich unzählige Male wiederholt worden. In welche Zeit die Bronce zu setzen, wird uns der spätern römischen Zeit, ein wunderliches Götterbild machen sollte, hat diesen Stier auch nachgebildet, und den Kriegsmann auf eine sehr ungeschickte Weise daraufgestellt; so wie der Adler auch nur angeklebt ist. In den Werkstätten solcher Künstler mögen die alten Modelle gestanden haben, wie sie bey unsren stehen; und ein ungeschicktes Zusammensetzen vortrefflicher Kunstelemente kommt öfters vor. Hast du Zeit den Montfaucon und Caylus durchzusehen; so finden sich wahrscheinlich noch Repetitionen.

Daß Herr von Ende einen interessanten Theil der Naturgeschichte ergreift, ist auch für uns höchlich erwünscht. Ich freue mich durch ihn dieses Fach in unsrem Kreise belebt zu sehen. Dem guten Voigt ist es gewiß auch anregend und giebt ihm Gelegenheit zu zeigen, was er auch in dieser mikroscopischen Welt gearbeitet. Grüße beyde und erhalte mein Andenken bis ich zurückkehre.

Daß du dich in meinem Hause wohlbefunden und meiner gedacht hast, macht mir sehr viel Freude. Ich erwarte[350] einen Brief von meiner Frau aus Lauchstädt; von August habe ich nichts gehört, seitdem ich weg bin. Er macht seine Sachen wahrscheinlich nach seiner Art, und die ist noch gut genug. Ich denke, er wird sich aus diesem Weltstoff Rock und Mantel schneiden, wie sie ihm passen, und dadurch einen großen Vorsprung vor uns andern haben.

Es ist mir nicht angenehm, daß wir Passow verlieren; vielleicht wäre er mit der Zeit communicabler geworden. Doch müssen wir uns jetzt wohl gefallen lassen, daß junge Leute nicht mehr an einem Orte ausdauern und etwas zu Auferbauung dieses Ortes leisten. Jeder sieht sich um, wo er von seinem Talente Vortheil ziehen kann, und ich müßte mich sehr irren, wenn ein dauerhafter und gründlicher Nachwuchs zu unsern Zeiten erscheinen sollte. – Nun lebe recht wohl und laß mich gelegentlich wieder etwas vernehmen.

Carlsbad d. 10. July 1810.

G.


21/6018.


An Georg Sartorius

[Concept.]

[19. Juli]

Durch den theilnehmenden Freund in Ihrer Nachbarschaft hatte ich schon im Allgemeinen das glückliche Ereigniß vernommen, welches Sie sich so wohl verdient haben, und mich herzlich darüber gefreut, als[351] Ihr lieber Brief mich mit dem Näheren, mit dem Gegenstande Ihrer Arbeit, bekannt machte. Mich verlangt sehr darauf, um mich über einen so wichtigen Geschichtspunkt zu unterrichten. Die Frage über das Verhältniß des Siegers zu den Besiegten ist freylich jetzt bedeutend genug.

Jede Auszeichnung muß in diesen trüben und stürmischen Zeiten willkommen seyn, und besonders in Ihrer Lage eine von außen. Ja ich möchte dieses Ereigniß als einen Wink ansehen, daß Sie wohl in Ihrem Zustande noch verharrend ausdauern sollten. Ich bin zwar weit entfernt, Jemanden bey einem so wichtigen Schritte zu rathen; aber wie die Dinge stehen, so glaube ich kann man Jedermann mit gutem Gewissen abrathen, an den gegenwärtigen Berliner Verhältnissen Theil zu nehmen. Wer einmal darinn steckt, mag schwimmen und waten wie es gehen will. Aber einen solchen Zustand zu wählen, würde frevelhaft seyn. Ich habe hier Gelegenheit durch mehr oder weniger offene Erzählung und Mittheilung, mir einen allgemeinen Begriff zu machen, wie es dort aussieht, und das Resultat davon ist, Sie recht dringend zu bitten, daß Sie sich ja nicht übereilen möchten, sich nicht möchten blenden lassen, durch scheinbar gute Bedingungen. Das Detail mag und kann ich dem Papier nicht anvertrauen. Vielleicht kommt das Mögliche und Wahrscheinliche nur zu bald an den Tag.

Hier in Carlsbad habe ich das Glück seit 8 Wochen[352] nichts von deutscher Literatur und überhaupt nichts von Wissen oder Wissenschaft zu vernehmen; so wie ich auch keine Zeitung angesehen habe und nicht ins Theater gekommen bin. Ich fühle mich dadurch gleichsam in einem goldenen Zeitalter, in einem Paradies der Unschuld und Unbefangenheit, welches blos dadurch einigermaßen gestört worden, daß ich den Nachdruck des Campischen Wörterbuchs für einen Ducaten gekauft habe, und vor allen Dingen bemüht bin, soviel daraus zu lernen, als dieses Geldstück werth ist. So bleibt denn das Übrige reiner Gewinn für die Zukunft.

Von meinem Farbenwesen ist mir hie und da ein Widerhall entgegen gekommen, wie ohngefähr die Gebirge wiederklingen wenn man darin schießt. Man erfährt dadurch weiter nichts als daß geschossen worden. Haben Sie die Güte, da Sie in der Mitte der Literatur sich befinden, einiger Maßen Acht zu geben, was sich Günstiges oder Ungünstiges ereignet; notiren Sie sichs auf ein Blättchen, wenn ich es auch erst spät erhalte, so bin ich dafür dankbar. Die große Arbeit, die ich gemacht und wovon ich doch noch einen Theil vor mir habe, soll mir wenigstens nützen, die Menschen, die Wissenschaften und mich selbst besser kennen zu lernen.

Zelter ist gegenwärtig hier und wahrscheinlich komm ich durch seine Gegenwart weiter in meinem alten Wunsch, der Tonlehre auch von meiner Seite[353] etwas abzugewinnen, um sie unmittelbar mit dem übrigen Physischen und auch mit der Farbenlehre zusammenzuknüpfen. Wenn ein paar große Formeln glücken, so muß das alles Eins werden, alles aus Einem entspringen und zu Einem zurückkehren. Geh. Rath Wolf ist gleichfalls hier. Seine metrische Übersetzung der Wolken des Aritophanes wird ein bedeutendes Meteor an unserm philologischen und rhythmischen Himmel seyn; wenn er sie nur bald zum Druck befördert.

Was mich betrifft; so habe ich mich indessen aufs Schlendern begeben; vielleicht sehen Sie noch zu Michael den ersten Theil von W. Meisters Wanderjahren.

'Ein kleines Heft von mir, unter dem Titel: Pandora, ein Taschenbuch, ist es der erste Theil eines wunderlichen Drama's. Mögen und können Sie sich hineinlesen, so werden Sie es nicht ganz umsonst gethan haben.


21/6019.


An den Herzog Carl August

Ew. Durchl.

nunmehr in Töplitz zu wissen beruhigt mich gar sehr, besonders da Sie in der letzten Zeit um äusserer Umstände willen Sich nicht schonen konnten und körperlichen Leiden nicht einmal durch Ruhe und Bequemlichkeit[354] zu schmeicheln im Falle waren. Nun in der Nähe einer schon erprobten Quelle läßt sich neue Hoffnung schöpfen, von deren Erfüllung ich selbst bald Zeuge zu werden wünsche. Leider hat sich nach langem Gutbefinden wieder ein alter Anfall gemeldet, wobey Starckens Gegenwart mir sehr zu statten kam. Ich bin nunmehr desto emsiger am zweyten Absatze meiner Brunnen Cur.

Der gute Starcke selbst befindet sich abwechselnd und hat einige böse Tage gehabt und ist da er selbst Hülfe bedarf immer hülfreich für andere. Ich habe abermals in geringeren und wichtigern Dingen seine Einsicht, Besonnenheit und Entschlossenheit kennen lernen. Möge er uns erhalten werden!

Nach einer alten leider eingewurzelten Unart ist dieser Brief einige Tage liegen geblieben. Allenfalls könnte ich Zelters Gegenwart zur Entschuldigung an führen. Es war mir eine große Freude den so tüchtigen Freund und Künstler wiederzusehen und mich mit ihm über mancherley Gegenstände zu unterhalten, die uns beyde lebhaft interessiren. Erwünscht uns zu der neuen Orgel Glück, so wie zu der Acquisition Müllers, auf dessen Thätigkeit ich zunächst für künftigen Winter großes Zutrauen setze. Bringt er Einheit in unsre musikalischen Elemente; so werden wir erst gewahr werden was wir alles besitzen.

Möge Ew. Durchl. Wohlbefinden und das der geliebten Ihrigen uns zu solchen Genüssen eine recht[355] behagliche Witterung und einen reinen unbewolckten Himmel gewähren.

Daß Ew. Durchl. viel Freude haben würden der Kayserinn Majestät zu kennen hatte ich mir zum voraus versprochen. Der Eindruck den ihre Person und ihr Betragen macht ist höchst wohlthätig, man erinnert sich ihrer so gern. Ich finde mich glücklich ihr nicht ganz unbekannt geblieben zu seyn, und mich in dem Falle befunden zu haben, etwas, so wenig es auch seyn mag, für sie thun zu können. Wenn Wünsche etwas bey den Göttern vermögen; so muß sie gewiß erhalten werden.

In den Augenblick der Abreise Ihro Maj. fiel auch unsre erste Societät auseinander und ich fühlte mir nicht die Fähigkeit ein Glied der folgenden zu werden die sich nach und nachbildeten; doch hab' ich vorzügliche und gute Menschen mancher Art kennen lernen, leider keinen behaglichen. Jedermann hat viel verlohren und wenig wissen das zu schätzen und zu genießen was ihnen übrig geblieben ist.

Mein Wunsch war Ew. Durchl. gleich zu Anfang August aufzuwarten und in Ihrer Nähe mir die guten Wirckungen der Töplitzer Wasser zuzueignen. Nun da ich einen kleinen Rückschritt im Wohlbefinden gemacht habe will ich suchen mich hier noch herzustellen und alsdann meinen ersten Vorsatz eilig auszuführen. Wegen des Quartiers habe ich Vogeln ein Wort geschrieben.

[356] Müllers Geschichtswerk hat mich diese Tage sehr unterhalten, es ist ein schönes Vermächtniß das er uns hinterlassen hat. Aus mehr als einer Ursache ist es in seinen Theilen nicht gleich, gewisse Theile aber, die durchgearbeitetsten sind fürtrefflich.

Mich zu Gnaden und Hulden empfehlend

Carlsbad d. 22. Jul. 1810.

Goethe.


21/6020.


An Christiane von Goethe

Es war mir sehr angenehm zu erfahren daß meine kleine Sendung, durch Herrn v. Helldorf und mein Brief bey dir wohl angekommen, und ich will nicht zaudern auf dein letzteres freundlich zu erwiedern.

Ich habe mich seit der Zeit nicht so gut wie im Anfang aufgeführt und ich bin von einigen Übeln angegriffen worden, von denen mich aber Starcke glücklich befreyt hat, der eben angekommen war; nun ist alles wieder in Ordnung und ich befinde mich recht schön. Eigentlich war ich selbst Schuld an meinem Unfall. Ich hatte aufgehört zu trincken und wollte nun gleich anfangen zu arbeiten, welches nicht ganz klug war. Starcke selbst befindet sich abwechselnd und ich will noch einige Zeit hier zusehen und dann nach Töplitz zum Herzog gehen. Starcke räth mir die dortigen Bäder und das Eger Wasser. Von diesem[357] will ich noch ein paar Kisten nach Weimar schicken, wovon ich mir Eine aufzuheben bitte.

Zelter war acht Tage hier, seine Gegenwart hat mir viel Freude gemacht, ich treffe ihn wieder in Töplitz. Auch ist Geh. Rath Wolf noch bey uns, wodurch wir denn auch auf mancherley Weise erfreut und gefördert werden.

Von Bettinen hab ich einen Brief ohne Ort und Datum; sie ist aber in Böhmen, etwa eine Tagreise von hier, kommt aber nicht und schreibt;: wenn ich nach Hause käme würde ich entweder sie selbst oder einen langen Brief finden. Ich glaube das letzte, schwerlich lassen ihre Verwandte sie aus den Händen.

Fr. v. Eibenberg ist angekommen. Bey der großen Noth um Quartiere hab ich ihr das meinige abgetreten und bin eine Treppe höher gezogen. So führen wir denn ein ganz freundliches Leben zusammen. Doch aufrichtig gesprochen, so will es nicht mehr mit uns fort wie sonst, sie ist ganz unendlich politisch und auf eine Weise daß wir nicht eben zusammen stimmen. Da schweigt man denn lieber und bey Ermanglung anderer Interesses wird die Unterhaltung ein wenig lahm.

Ich freue mich dich wieder zu sehen um einmal wieder ganz offen mich mittheilen und ausreden zu können.

Riemer ist recht brav und geht mir in allem zur Hand; auch ist er überall geschätzt und wohl aufgenommen.[358] Es hinge nur von ihm ab sich weiter zu verarbeiten. Er leistet mir aber sehr freundlich Gesellschaft und so steht alles sehr gut. Wir essen zu Hause und ich sehe seit den letzten vierzehn Tagen wenig Gesellschaft. Auch Fr. v. Eibenberg hat eine Societät in die ich nicht komme und so leb ich auf meine gewöhnliche Art ziemlich eingezogen.

Daß Lauchstedt sich bevölckert dazu wünsche ich dir Glück. Lasse dir Cur und Zerstreuung wohlbekommen. Herrn Müller sey freundlich und versichre ihn meiner besten Neigung. Es wird mich sehr glücklich machen wenn er mit mir überzeugt ist: daß es gar nicht nötig ist sich immer zu ärgern in einer Sache die eigentlich zum Vergnügen gereichen soll.

Halte deshalb zu allen Gliedern des Theaters ein gutes Verhältniß, in so fern es nur möglich seyn will. Grüße Genasten, er wird sich nach seiner Art wohl durchhelfen. Freylich spürt man in solchen Fällen, was Unentschlossenheit und allerley Nebenrücksichten für Schaden bringen. Mögen sie's doch in ihrer Kasse fühlen.

Lebe recht wohl. Schreibe mir von nun an nach Töplitz in den drey Äpfeln. Unterhaltet euch gut mit alten und neuen Verehrern. Karolinchen viel Grüße. Von August habe ich einen Brief.

Carlsbad d. 22. Jul 1810.

G.[359]


21/6021.


An Carl Friedrich von Reinhard

Carlsbad den 22. July 1810.

Da mein hiesiger Aufenthalt sich nach und nach zu Ende neigt, und ich wahrscheinlich bald nach Töplitz gehe; so will ich ein ruhiges Wort vernehmen lassen und für den lieben Brief danken, den ich vor einiger Zeit erhalten.

Zuerst will ich Sie ersuchen, den jungen Freund in Heidelberg hinreichend aufzuklären, damit er deutlich erfahre, wie ich es meine. Es würde sonst, wenn er uns besucht, leicht ein verdrießliches Verhältniß geben, wenn er erst alsdann erführe, wie ich denke. Das was er mit seinen Künstlern geleistet hat, kann man ohne Bedingung loben. Die Behandlung des Gegenstandes ist trefflich: der Gegenstand selbst aber, für uns, nur an seiner Stelle schätzenswerth, als ein Document einer Stufe menschlicher Cultur. Betrachteten freylich diese guten jungen Leute nicht einen solchen Mittelzustand als den obersten und letzten, wo sollten sie den Muth zu einer so unendlich mühsamen Arbeit hernehmen. Wenn der Ritter seine Schöne nicht für die schönste und einzige hielte, würde er Drachen und Ungeheuer um ihrentwillen bekämpfen?

Ich habe schon oft genug in meinem Leben ähnliche Fälle mit jungen Leuten gehabt, so daß ich neulich mich ganz und gar auch von den bessern enthalte.

[360] Einfluß gestehen sie uns, Einsicht trauen sie sich zu, und die erste zu Gunsten der letzten zu nutzen, ist eigentlich ihre stille Absicht. Ein wahres Zutrauen ist nicht in der Sache. Ich nehme es ihnen nicht übel; aber ich mag mich weder gutmüthig selbst betrügen, noch fremde Zwecke gegen meine Überzeugung befördern.

Müllers Werk habe ich in diesen Tagen mit Ruhe, und manche Abtheilung wiederholt gelesen. Es ist ein höchst dankenswerthes Buch. Schon das ist für uns wichtig, mit einem Zeitgenossen, den wir kannten, die Weltgeschichte nach seiner Art zu durchlaufen. Freylich verbirgt sich ein jedes Individuum schwer hinter der Maske des von ihm hervorgebrachten Buches; vielmehr erkennt man den Autor aus der Schrift vielleicht deutlicher als aus dem Laben: denn es schneidet sich doch Jeder die Welt ziemlich nach seiner Taille. So ist es auch hier; und ich liebe dieß Werk besonders, weil es die Tugenden und die Mängeln des Verfassers so deutlich ausspricht. Das große Studium, das zum Grunde liegt, ist respectabel, und diejenigen Theile, wo das Metall recht durchgeschmolzen, gereinigt und flüssig in eine wohlausgesonnene Form lief, sind vortrefflich zu nennen. Für die größere Masse von Menschen ist das Buch gewiß auch wohlthätig. Mir, auf meiner einzelnen Warte, ist abermals aufgefallen, daß man aus dem moralischen Standpunct keine Weltgeschichte schreiben[361] kann. Wo der sittliche Maaßstab paßt, wird man befriedigt, wo er nicht mehr hinreicht, bleibt das Werk unzulänglich und man weiß nicht was der Verfasser will.

Zu wie vielen hieraus fließenden und anknüpfenden Betrachtungen fand sich nicht Anlaß, besonders da ich kurz vorher den Tacitus gelesen.

Haben Sie aufrichtigen Dank, daß Sie sich wieder von Zeit zu Zeit mit meiner Farbenlehre beschäftigen mögen. Mit einiger Geduld, mit wiederholten Versuchen sich des Gegenstandes zu bemächtigen, wird es Ihnen gewiß gelingen. Denn so stark das Werk ist, und so wunderlich es im Einzelnen aussehen mag: so ist es doch durchaus consequent, und das was es eigentlich bringt und will, läßt sich sehr kurz fassen, ja es wiederholt sich gewissermaßen selbst auf jedem Bogen.

Sobald ich nach Hause komme, will ich sehen, ob irgend ein Mechanicus anzuregen ist, einen kleinen Apparat, zu dem ich schon früher den Gedanken gehegt, zusammenzustellen und in einem Kästchen, das etwa so groß wäre wie Göttlings chemische Cabinette, zu Bequemlichkeit der Liebhaber einzurichten. Es würde sich leicht thun lassen, wenn man Bestellung auf eine Anzahl solcher Apparate erhielte, weil man das dazu Gehörige, Dutzend- ja schockweise, auf den großen Glashütten bestellen müßte, die sich sonst mit solchen Dingen nicht befassen. Trübe, gefärbte,[362] weiße und in den nöthigen Formen geschliffene Gläser würde man, wie ich erst vor kurzem Erkundigung eingezogen habe, auf den böhmischen Glashütten, nach Belieben erhalten können; nur, wie gesagt, in größern Portionen. Vielleicht wird eine solche Forderung laut, und ich will wenigstens das Nöthige vorbereiten, auch allenfalls sorgen, daß Freunde wenigstens mit einem Theil des Nothwendigen versehen werden. Es wird mich freuen, wenn Sie Ihre theilnehmende Fürstinn tiefer in die Sache führen. Jedem, der sich damit abgeben will, rathen Sie, besonders sich mit den Phänomenen der ersten Abtheilung recht bekannt zu machen. Hiezu bedarf es fast gar keines Apparates. Bis man aber ein Auge, dem diese Erscheinungen noch nicht deutlich geworden sind, daran gewöhnt, sie überall zu sehen, dazu gehört ein aufmerksames Wollen; und doch liegt hier der Grund der ganzen Farbenlehre, der Grund aller Harmonie und ästhetischen Anwendung. Auch kommt man dadurch am geschwindesten von dem Trug der alten Beschränkung los.

Es freut mich recht sehr, mein Bild bey Ihnen zu wissen. Kügelgen ist geschickt, und man war mit den bey uns verfertigten Portraits gar wohl zufrieden. Ich bin überzeugt, daß er zu seiner eigenen Ehre sich auch bey den Copieen keine Mühe verdrießen lassen.

Leider ist mir erst in diesen Tagen der Brief, welchen Willmanns überbringen sollte, hier in die Hände gekommen. Ich glaube nicht, daß der gute[363] Mann sehr zufrieden von uns weggegangen ist. Wäre ich auch da gewesen, so hätte es nicht viel besser werden können: denn es wäre mir doch auch nichts übrig geblieben, als in Rücksicht auf Ihre Empfehlung, durch eine persönliche gute Aufnahme, das Unangenehme einer abschläglichen Antwort zu mildern.

Können Sie mir gelegentlich sagen, ob Villers mit meiner chromatischen Arbeit sich befreunden mag. Er ist eine wichtige Person durch seinen Standpunct zwischen den Franzosen und Deutschen, und es wäre mir bedeutend, zu erfahren, wie er die Sache nimmt, da er wie eine Art von Janus bifrons herüber und hinüber sieht. Was Frankreich selbst betrifft, daran denk' ich, aufrichtig zu sagen, nicht. Etwas Unfreundliches von dorther läßt sich immer erwarten; etwas Freundliches würde überraschen.

Doch habe ich für die Zukunft eine wunderbare Aussicht zu Vereinigung deutscher und französischer Vorstellungsarten dadurch gewonnen, daß mir ein Auszug von Degerando's Discours, der sich bey seiner Geschichte der Philosophie befinden soll, in die Hände fiel. Ich bin neugierig, das ganze Buch zu sehen: denn in diesen wenigen Blättern habe ich nichts gefunden, was meiner Art zu denken, widerspräche. Die Differenz des Ausdrucks ist nicht größer, als man von einer Sprache zur andern voraussetzen muß. Ich werde, sobald ich zurückkomme, diesem Manne, seinen Werken und ihrem Einfluß eine besondere Aufmerksamkeit[364] schenken. Können Sie mir dabey behülflich seyn, und mir einige besondre Nachrichten von ihm geben; so werden Sie mich sehr verbinden. Überhaupt bin ich nunmehr im Fall, da jene beengende Arbeit vollbracht ist, mich etwas mehr in der Breite des Alten und Neuen wieder umzusehen.

In Wien ist ein kleines Heft von mir, unter dem Titel: Pandora, ein Taschenbuch, gedruckt worden. Eigentlich ist es nur ein Theil eines Drama's von wunderbarem Inhalt und seltsamer Form. ich empfehle es Ihnen. Vielleicht kostet es einige Mühe sich hinein zu lesen, die aber nicht ganz ohne Frucht bleiben wird. Ein herzliches Lebewohl!

G.


Ich lege noch ein Blättchen bey um wegen jenes chromatischen Apparats ein Wort zu sagen. Ganz unentbehrlich ist dazu das große aus Spiegelglastafeln zusammengesetzte Prisma, wovon die letzte Platte meiner Tafeln eine Abbildung lieferte, wie denn auch die nähere Beschreibung davon sich unter den Erklärungen befindet. Jeder Tischer und Glaser kann es verfertigen. Will man einem Mechanicus den Auftrag geben, so thut man besser, weil noch manches zur Verbesserung gethan werden kann, z. E., wenn man unten an der Spitze einen Hahn anbringt, um das Wasser abzulassen und das Gefäß leichter zu reinigen. Übrigens kann man dieser sehr einfachen Vorrichtung alle objectiven und subjectiven[365] Versuche im großen und kleinen nach Belieben darstellen, ja wenn man ein kleines gutes solides Glas-Prisma daneben hat, so lassen sich auch die complicirtesten Versuche wie z.B. die wahre Darstellung des Experimentum Crucis und andere auf das beste vollbringen und darstellen. Es gehört freylich hierzu wie zu allen solchen Dingen eine gewisse Übung und Gewandtheit, um mit wenig Mitteln viel zu leisten; gerade aber dadurch thut man viel, indem man zeigen kann, wie einfach alles ist; eine edle Wahrheit, die sich leicht verbirgt, wenn man Vorrichtung und Instrumente häuft oder damit unnöthiger Weise wechselt. Mögen Sie mir anzeigen, wie und wo das hauptsächlichste Bedürfniß empfunden wird, und was die nächsten Forderungen und Wünsche sind, die entspringen, so werde ich gern auszuhelfen suchen.

Carlsbad d. 22. July 1810.

G.[366]


21/6021a.


An Johann Friedrich Cotta

[Concept.]

[Carlsbad, 29. Juli 1810.]

Ew. Wohlgebornen für den neusten Brief vom 18. July zu danken, will ich nicht verschieben. Ich hatte ein Blättchen an Sie in Weimar niedergelegt,[146] welches aber bey Ihrer Durchreise nicht abgegeben worden. Ich dankte darin für dasjenige was Sie wegen der Farbenlehre notirt, und bin nunmehr auch wegen der übersendeten Rechnung dankbar, und wünsche daß alle Ihre Unternehmungen glücken und Sie für so viel guten Willen und Bemühung belohnen mögen.

Mein hiesiger Aufenthalt ist mir auf mancherley Weise vergnüglich und fruchtbar geworden. Die Gegenwart Ihro Majestät der Kaiserinn hat uns im Juny sehr glücklich gemacht, und es mußte mir sehr erwünscht seyn, etwas zu der Zufriedenheit beytragen zu können, die sie über ihren hiesigen Aufenthalt zu hegen schien.

Die vorgesetzten Arbeiten sind freylich dadurch etwas zurückgesetzt worden, und eines was mir besonders am Herzen lag, muß ich dieses Jahr völlig aufgeben. Ich dachte nämlich unserer Prinzeß Caroline, jetziger Erbprinzeß von Mecklenburg, durch Ihren Damen-Calender eine Artigkeit zu erzeigen, um so mehr, da ich bey der Hochzeitfeier nicht gegenwärtig seyn konnte; allein mein Vorsatz ließ sich nicht ausführen und ich wollte Sie nun ersuchen, ob Sie dieser trefflichen Fürstinn diesen Calender das nächste Jahr dediciren möchten; wobey es denn an meiner Theilnahme nicht fehlen soll.

An den Wanderjahren wird gearbeitet. Ob aber ein Theil fertig wird, weiß ich gegenwärtig kaum zu sagen. Es ist mir das Werk unter der Arbeit lieber[147] geworden, und ich sehe erst jetzt wieviel sich für dasselbe und durch dasselbe thun läßt. Hier schalte ich das Prooemion oder Paroemion zu einiger Vorahndung meiner Absichten ein; nur bitte ich inständigst, es nicht aus Händen zu geben, damit es nicht früher im Publicum als an der Spitze des Werks selbst erscheine.

Was das Manuscript betrifft, welches Sie zurückwünschen; so werde ich die erste Gelegenheit ergreifen, um solches zu erhalten, es wo möglich zu überschicken oder wenigstens Nachricht zu geben, wie es mit der Sache steht.


21/6021b.


An August von Goethe

Carlsbad den 30. Julii 1810.

Ehe ich aus Carlsbad nach Töplitz abgehe, welches wohl zu Ende dieser Woche geschehen wird, muß ich dir, mein lieber Sohn, doch auch ein paar Worte zukommen lassen. Es ist mir diese Zeit her so ziemlich gut gegangen und ich hoffe nach allem, was ich von Töplitz höre, auch von dem dortigen Bade eine gute Wirkung.

Es freut mich zu vernehmen, daß du in deinen Studien treulich und fleißig fortfährst. Wende die Zeit an, so gut es gehen will: denn sie eilt geschwinder vorbey, als man denkt. Ich höre, daß es wieder akademische Händel gegeben hat. Du wirst nach deiner[148] gewöhnlichen Art dich zu benehmen, wohl von allen diesen und ähnlichen Dingen entfernt geblieben seyn.

Meine Lebensweise ist hier ungefähr wie du sie schon kennst. Ich bin einsamer seitdem im July die große Menge Menschen angekommen ist. Früher war recht gute und angenehme Gesellschaft beysammen, und die Gegenwart der Kaiserinn und der sächsischen Herrschaften gab einen Mittelpunct, um den man sich gern versammelte. Jetzt mag es auch wohl ganz hübsch seyn, für den der erst ankommt; aber meine Fähigkeit neue Bekanntschaften zu machen, ist schon erschöpft. Die Gegend hat man genugsam durchlaufen und so verlangt man wieder nach etwas Neuem. Eigentlich aber hat das schlimme Wetter, welches gar zu lange anhielt, mir einen Strich durch die Rechnung gemacht, daß ich gar nicht habe zum Zeichnen kommen können. Es wird wohl besser gehen, wenn wir wieder beysammen sind, und du mir entweder von deinen Reisen erzählst, damit ich alte Schlösser, oder einschläfft, damit ich Staffage in die Landschaft kriege.

Von der Mutter höre ich, daß sie sich ganz wohl unterhält. Sie haben in Lauchstädt ein Badejubiläum gefeyert, welches zu mancherley außerordentlichen Lustbarkeiten Anlaß mag gegeben haben. Mit dem Theater scheint es auch ganz leidlich zu gehen. Empfiel mich Herrn Obrist von Hendrich, und danke ihm vielmals für seine letzte Sendung und die dazu gefügten Nachrichten. Ich nehme mir die Freyheit, ein paar Kisten[149] Egerwasser an ihn zu adressiren, die ich gelegentlich nach Weimar abzusenden bitte.

Unter die angenehmen Dinge, die mir hier begegnet sind, gehört auch, daß Herr Nauwerk aus Ratzeburg, von dessen Zeichnungen bey unsern Ausstellungen du dich wohl noch etwas erinnerst, 6 Blätter Gegenstände aus Faust gesendet hat. Es sind sehr gute Sachen darunter; leider muß ich sie unmittelbar wieder zurückschicken.

Herrn Zelters Gegenwart hat mich sehr glücklich gemacht. Ich treffe ihn wahrscheinlich in Töplitz. Herr Geheimerath Wolf ist auch hier, lebt aber in solchen Zerstreuungen, Gastereyen und Spazierfahrten, daß wir ihn nur selten sehen.

Mit Herrn Hofrath Stark erhältst du wenigstens einen Theil des Gewünschten. Lebe recht wohl und versäume nicht Herrn v. Knebel schönstens zu grüßen.

G.


Haben Sie Dank für Ihr freundliches Andenken. Es hat mich gefreut, daß die Sächelchen nicht ganz gegen Ihren Geschmack gewesen. Gern würde ich den Auftrag von mehreren Duzzenden erfüllen, wenn der Spaß nur nicht gar so theuer wäre. Das Stück der stählernen kostete 40 Kreuzer; und gleichwohl sind sie nicht mehr zu haben, wenigstens nicht in der besten Qualität, die durchaus dazu gehört, wenn die Sache artig aussehen soll. Doch wollen wir sehen, ob etwa ein Duzzend noch aufzutreiben.

Sobald ich mich in Töplitz einigermaßen werde umgesehen haben, sollen Sie eine weitläuftige Relation von allem[150] erhalten. Unterdeß habe ich eine Bitte an Sie, die Sie aber nicht incommodiren darf. Mein Exemplar der Farbenlehre befindet sich noch in Jena bey dem Buchbinder, der nach Weimar engagirt werden sollte. Ohne Zweifel ist es bereits gebunden. Wollten Sie wohl die Güte haben sich durch Ferbern darnach zu erkunden, und im Fall es fertig, dasselbe an Doctor Werneburg senden, damit er es einstweilen studire. Die Tafeln, wenn sie nicht dabey seyn sollten, giebt Herr Frommann, dem ich mich zu empfehlen bitte, als dann schon dazu. – Leben Sie wohl und vergnügt, und gedenken meiner im Guten.

Ihr F. W. Riemer.


Grüße den Bibliothekar und lebe recht wohl.

G.


21/6021c.


An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

[Carlsbad, 31. Juli 1810.]

Ew. Excellenz

erhalten von mir einige Nachricht spät und kurz vor meinem Abgang, welche früher hätte erscheinen sollen; doch will ich mich nicht entschuldigen und vor allen Dingen versichern, daß es mir höchst unangenehm war zu vernehmen, Ihre Thätigkeit sey durch ein unerwartetes Übel gestört worden. Glücklicher Weise vernahm ich zugleich die Wiederherstellung und wünsche nur, daß sie dauerhaft gewesen sey.

Von Carlsbad will ich zuerst des Alten und Unvergänglichen erwähnen, der Felsen und Gebirge, die[151] noch immer in alter Pracht und Herrlichkeit dastehen und besonders wenn die Sonne scheint, einen gar vielfach erfreulichen Anblick geben. Auch im Einzelnen sind sie wieder untersucht worden; und ob sich gleich nichts eigentliches Neues findet, so ist doch Mannigfaltigkeit und Vollständigkeit angenehm.

Der gute Müller lebt noch auf seine alte Weise fort. Er hat sich von großen Krankheiten erhohlt und ist, wenn auch nicht rüstig, doch noch immer thätig und klug. Mein kleiner Aufsatz zu seiner Sammlung hat nun Zeit gehabt sich zu verbreiten, und seine Cabinettchen werden häufig verlangt. Wenn er ein klein wenig mehr Geschick hätte; so würde er den Winter über die Sammlungen machen, einpacken, um sie bereit zu haben, wenn sie gefordert würden. So sucht er aber jedesmal erst die Suite zusammen, wenn sie bestellt ist. Unser guter Bergrath würde sich hiebey anders benehmen.

Ein Graf Razoumowsky, der sich seit dem May hier befindet, geologisirt auch sehr eifrig; weil er aber ins unendliche Kleine geht, und deshalb alles besser zu wissen glaubt, weil er Varietäten, die man mit Fleiß ignorirt, auffindet und für bedeutend hält; so ist nicht angenehm mit ihm umgehn, um so weniger als auf diesem Wege keine Belehrung zu hoffen ist.

Einiges was sich auf diese Liebhaberey bezieht, habe ich hier gefunden. So besitzt Franz Mayer ein Schmuck-Kästchen, worin acht oder mehr Stücke, als[152] eine Uhr, Uhrkette, Etuis, Dosen und dergleichen, alle von dem Villacher opalisirenden Muschelmarmor, und zwar von dem allerschönsten, gearbeitet, sind. Es schreibt sich aus der besten Zeit her, wo dergleichen häufig zu haben war, und man also aussuchen konnte. Er verlangt 1500 fl. dafür.

Bey dieser Gelegenheit muß ich des Curses der Bankzettel gedenken. Sie stehen jetzt wieder zu 400 für 100. Sie waren schon weiter herunter, und werden sich schwerlich wieder viel hinauf helfen. Dieser Curs macht den hiesigen Aufenthalt dießmal unangenehm und theuer. Nicht allein die Kaufleute, sondern auch die Wirthe fangen nun an ihre Forderung nach diesen Verhältnissen einzurichten, und weil diese Verhältnisse nicht sicher, sondern vorübergehend sind, und die Banknoten täglich mehr an Credit verlieren; so übertreibt man die Forderungen, um ja nicht zu kurz zu kommen. Deswegen ist alles, besonders auch die Quartiere, theurer als sonst, nicht allein dem Nennwerthe der Zettel nach, sondern auch gegen Silbergeld gerechnet.

Hiezu kommt noch, daß bey der großen Anzahl von Gästen mancher zuletzt für die Quartiere bezahlte, was gefordert wurde. Ferner daß in Teplitz und Franzenbrunn alles noch theurer ist, und die Carlsbader, ungeachtet ihrer sonstigen Honnettität, doch auch nicht ganz zurückbleiben wollen. Genug es läßt sich voraussehen, daß bey dieser Einleitung Carlsbad in[153] keinem Sinne mehr für uns so wohlfeil seyn wird, wie es sonst war.

Seit einigen Tagen fängt es an, wieder etwas leerer zu werden. Der Zudrang war im July sehr groß. Ich habe ältere Freunde wiedergefunden, sowie auch neue interessante Bekanntschaften gemacht. Die erste Zeit befand ich mich recht wohl; nachher mußte ich einiges leiden, doch half ich mir bald wieder, wobey mir besonders die Gegenwart unsers Starke zu gute kam.

Dieser treffliche Mann befindet sich sehr abwechselnd, und es sieht nicht aus, als wenn ihm die hiesige Kur großen Vortheil bringen werde. Doch wollen wir für ihn und uns die Hoffnung nicht aufgeben.

Von Durchlaucht dem Herzog aus Töplitz vernehmen wir desto bessere Nachrichten. Das Baden soll ihm sehr gut anschlagen. Ich denke auch die nächste Woche in Töplitz zu seyn, und hoffe, da Ew. Excellenz doch manches Paket dahin spediren, auch daselbst ein Wort von Ihnen zu vernehmen.

Sie haben in Weimar indessen auch nicht immer die beste Zeit gehabt: die Krankheit der kleinen Prinzessin, der Abschied unsrer theuren Prinzeß Caroline, des Herzogs Übel und was sich sonst noch hinzufügte. Sagen Sie mir, daß es jetzt im Ganzen und Einzelnen wieder besser steht.

Das Vergnügen, das wir in Carlsbad hatten, Ihro Majestät die Kaiserinn längere Zeit unter uns[154] zu sehen, ist leider auch durch das Befinden dieser trefflichen Dame einigermaßen verkümmert worden. So vielen Vorzügen wünscht man eine lange Dauer, und ist freylich bey allen Symptomen ängstlich, die auf das Gegentheil hindeuten.[155]


21/6022.


An Christiane von Goethe

Euren Brief vom 24ten Juli erhalte ich am siebenten Tage und will auch gleich danckbar ein Wörtchen dagegen vernehmen lassen. Eure Jubiläum hat auch meine besten Segnungen, da alles so wohl abgelaufen ist, und anständig und das Theater das seinige gethan und erworben hat. Besonders freut mich daß Capellmeister Müller eingreift, ich wäre sehr[366] glücklich wenn mir das auf künftigen Winter so viel Vergnügen machen könnte was mir sonst so viel Verdruß gemacht hat.

Ich zweifle nicht daß alter und neuer Äugelchen vollauf seyn wird dazu wünsche auch Glück. Macht euch in jener Gegend so viel Freude wie möglich; hier ists immer was wunderliches und eine Confusion die mir beynahe selbst verdrieslich wird. Mit der lieben Hausfreundinn bleibts wie ich dir schon gesagt habe, so angenehm und liebreich sie ist, so gehn wir doch nicht auseinander daß sie nicht etwas gesagt hätte was mich verdrießt. Es ist wie in der Ackerwand.

In meinem Wesen gehe ich übrigens immer so fort nach meiner Art und wenn auch nicht ieden Tag etwas gefertigt wird, so wird doch stets vorbereitet und dann gehts auf einmal. Es fehlt mir nicht an vielerley Dingen die mich interessiren.

Von August habe ich endlich auch einen ganz verständigen Brief, er scheint auch auf seine Weise vor sich hinzugehen und wenigstens immer einiges zuzulernen. Das erste halbe Jahr war es wirklich ein Verderb für ihn daß Schömann ein Gegner von Thibaut ist, den August so sehr verehrt und deshalb jenen nicht leiden konnte. Leider hats in Jena wieder Händel gesetzt mit Landsmanschaftlichen und dergleichen Verhältnissen. August hat sich aber wie mir Herr von Hendrich schreibt aus allem entfernt gehalten. Es ist sehr gut daß er das Zeug in Heidelberg[367] durchgearbeitet hat. Vielleicht haben dir Schmidt und Bülow das Nähere erzält.

Ich mache ihm einige Kleinigkeiten zusammen und schicke sie ihm nächstens mit Gelegenheit. Sonst habe ich nichts weiter angeschafft. Das Steigen und Fallen des Papiergeldes und das Steigen aller Preise macht einen so konfus daß man nicht weis ob etwas wolfeil oder theuer ist. Steck- und Nähnadeln habe noch genommen. Übrigens habe ich keinen hübscheren Schawl gesehen, unter denen die nicht ächt sind, als der den ich dir schickte.

Zelters Gegenwart hat mich sehr glücklich gemacht wahrscheinlich finde ich ihn noch in Töplitz. Ich wäre schon dorthin abgegangen, wenn ich sicher wäre Quartier zu finden. Carlsbad leert sich schon, aber Franzenbrunn und Töplitz füllen sich.

Geh. Rath Wolf ist auch noch hier, aber ich sehe ihn wenig. Spazierfahrten, Gastereyen, hübsche Frauen ziehen ihn an und da hat er gar nicht unrecht.

Die überschickte Silhouette physiognomisch genommen sieht aus wie ein Frauenzimmerchen das sein eigen Köpfchen hat. Ich dancke schönstens fürs Andencken.

Grüße Herrn Genast aufs beste, nicht weniger Herrn Müller. Suche wenigstens mit Wolf in einem guten Verhältniß zu bleiben wenn es auch mit ihr nicht geht. Lorzings grüße, auch Denys. Ich habe gegen sie alle den besten Willen. Was sich zu Michael[368] thun und machen läßt wollen wir sehen. Es ist mir von großem Werth daß du wieder in Lauchstedt warst. Denn gewöhnlich kochen sie im Sommer einen garstigen Hexenbrei den ich im Winter schmackhaft machen soll.

Lebet recht wohl und vergnügt. Von nun anschreibe ich nach Weimar. Besonders gleich wenn ich in Töplitz ankomme. Lebet wohl!

Carlsbad d. 1. Aug. 1810.

G.


21/6023.


An Christiane von Goethe

Töplitz den 8. August 1810.

Da sich eine Gelegenheit findet, diesen Brief bis Dresden zu bringen, will ich sogleich melden, daß wir in Töplitz glücklich angekommen sind. Nachdem unser Aufenthalt in Carlsbad 11 Wochen gedauert hatte, gingen wie den 4. August von dort ab. Ich will nicht läugnen, daß die letzte Zeit mir nicht die angenehmste war, denn da sich meine Übel wieder meldeten, so verminderte sich das große Zutrauen auf Carlsbad einigermaßen. Das Wetter war sehr schlimm, sodaß unter vierzehn Tagen kaum einer rein und heiter gewesen wäre. Und so war mir's denn ganz angenehm zu vernehmen, daß man in Töplitz für mein Unterkommen gesorgt hatte. Hier ist es freylich um vieles heitere als in Carlsbad, die Gegend weiter und erfreulicher. Auch haben wir gutes Wetter[369] sowohl hier als auf der Reise gehabt. An Gesellschaft fehlt mir es auch nicht, da der Herzog hier ist, bey dem ich speise, auch mit ihm die Abende beym Fürst Clari zubringe, wo viel Menschen sind. Zelters Gegenwart macht mich sehr glücklich. Morgen will ich anfangen zu baden und mich sodann in der Gegend umsehen. Für dießmal lebe recht wohl. Ich werde von Zeit zu Zeit schreiben, wie es mir geht.

G.

Für die Nachrichten vom Jubiläum danke ich zum schönsten. Sie trafen mich noch in Carlsbad.


21/6024.


An Christiane von Goethe

Fräulein v. Riedesel wird dieses Blat mit über die Berge nehmen und es soll dich bey deiner Ankunft in Weimar begrüßen. Vor allen Dingen muß ich dir ein Abentheuer erzählen. Ich war eben in ein neues Quartier gezogen und faß ganz ruhig auf meinem Zimmer. Da geht die Thüre auf und ein Frauenzimmer kommt herein. Ich dencke es hat sich jemand von unsern Mitbewohnern verirrt; aber siehe es ist Bettine die auf mich zugesprungen kommt und noch völlig ist wie wir sie gekannt haben. Sie geht mit Savignis nach Berlin und kommt mit diesen auf dem Wege von Prag her hier durch. Morgen gehen sie wieder weg. Sie hat mir unendliches erzählt von[370] alten und neuen Abendtheueren. Am Ende geht es denn doch wohl auf eine Heyrath mit Arnim aus. Lebe für diesmal recht wohl. Ich habe schon ein Paar Bäder genommen, die mir ganz gut anschlagen. Der Herzog befindet sich abwechselnd. Zelter ist immer der alte. Seine Gegenwart macht mich sehr glücklich. Grüße Carolinchen und August.

Töplitz d. 11. Aug. 1810.

G.


21/6025.


An Christiane von Goethe

Töplitz d. 13. Aug. 1810.

Zu einer Depesche welche der Geh. R. Vogel absendet leg ich nur ein paar Worte bey. Deinen lieben Brief von Lauchstedt habe ich erhalten, es thut mir leid zu vernehmen daß du dich nicht wohl befunden, und daß der Jubiläums Gottesdienst so einen übeln Erfolg gehabt. Pflege dich zu Hause biß wir Wieder zusammenkommen. Empfiel mich Fr. v. Heygendorf und wünsche ihr Glück zum jungen Sohn. Du wirst ihr ja auf allerley Weise assistiren. Mir geht es hier ganz wohl, nur macht das Bad etwas schwach im Kopfe. Thun kann man gar nichts.

Bettine ist gestern fort. Sie war wirklich hübscher und liebenswürdiger wie sonst. Aber gegen andre Menschen sehr unartig. Mit Arnim ists wohl gewiß. Lebe recht wohl. Schwarze Spitzen bringe ich.

G.[371]


21/6026.


An Christiane von Goethe

Töplitz den 20. August 1810.

Dein lieber Brief vom 11. August, der mir eure Ankunft in Weimar meldet, hat mich glücklich erreicht. Du mußt nun gegenwärtig zwey von mir aus Töplitz erhalten haben, einen durch Fräulein von Riedesel, und einen, den der geheime Sekretär Vogel eingeschlossen hatte.

Die Bäder bekommen mir noch sehr wohl und ich vermuthe fast, daß mich Töplitz künftig von Carlsbad abziehen wird: denn da ich dort von meinen Übeln nicht ganz frey geblieben bin; so hat sich der unbedingte Glaube und die Gegend hier viel lustiger und wir haben eine recht heitere Wohnung.

Die vielfachen Einladungen nach Prag und Wien werden mich dießmal nicht bewegen, eine Reise an diese Orte zu machen. Ich will erst die Abreise des Herzogs erwarten, dem das Bad jetzt besser zuschlägt als Anfangs, und alsdann über Dresden zu euch zurückkehren. Bey dieser Gelegenheit will ich von mir nach der Natur nochmals malen, oder das erste copiren will. Es soll alsdann in einem schönen Rahmen, wohl eingepackt, an den guten Schlosser wandern, der sich freylich mit unsern Sachen viele Mühe giebt.[372] Grüße Frau von Heygendorf schönstens, und sey ihr behülflich und beyräthig. Frau von Dankelmann und Luise Seidler sind auch hier angekommen. Mehr sage ich nicht, als daß ich wünsche es möge euch wohl gehen. Auf der Rückseite meine Adresse für die nächsten Briefe.

G.


21/6027.


An Franz Kirms

Ew. Wohlgeboren

haben mir durch Ihr Schreiben und die demselben beygefügte Sendung viel Vergnügen gemacht. Sehr angenehm ist mir zu hören, daß Sie sich so wohl befinden und Ihre gehäuften Geschäfte mit gewohnter Kraft und Munterkeit abthun. Mir ist es außer einigen unangenehmen Zwischenspielen auch ganz vortrefflich. Der Versuchung nach Prag und Wien zu gehen werde ich wohl diesmal widerstehen und meine Rückreise über Dresden zu Anfang des kommenden Monats antreten.

Sehr gern habe ich vernommen, daß der Lauchstädter Aufenthalt, ungeachtet mancher Hindernisse, doch nicht fruchtlos gewesen ist; daß man ihn etwas verlängert, scheint mir ganz billig. Was Deny und Strobe betrifft, würde man sich mündlich wohl besser besprechen können. Ich sehe nur ungern einen Schauspieler[373] abgehen, der sich einigermaßen gebildet hat und etwas leistet, den man gewohnt worden ist, denn eine jede Stelle, sie sey wie sie wolle, ist schwer wieder zu besetzen. Da sie hauptsächlich zum Opernfach gehören, so wäre wohl des Kapellmeisters Müller Urtheil zu vernehmen. Es freut mich, daß dieser brave Mann so wacker eingreift, und ich hoffe von seiner Mitwirkung das Beste.

Wenn Sie die ältliche Competentin zu der Stelle der Mad. Teller ablehnen und abweisen, so handeln Sie völlig auch in meinem Sinn. Haben Sie die Güte, aus unsern Tabellen einen Auszug machen zu lassen, was für Rollen sie seit zwey Jahren gespielt hat, und es wird daraus klar werden, daß wir sie schon bisher hätten entbehren können.

Das Herr von Luck, dem ich mich bestens empfehle, sich für die Mannheimer Bühne interessirt, so will ich nicht unfreundlich seyn. Wenn sie 20 Dukaten in natura schicken, so soll, sobald ich nach Hause komme, eine saubere und correcte Abschrift des Götz erfolgen.

Wenn ich bey meiner Wiederkunft neue Stücke vorfinde, soll es mir recht angenehm seyn, denn mir ist leider diesen Sommer nichts vorgekommen, das für uns brauchbar wäre. Überlegen Sie doch mit Herrn Genast, was man von älteren Stücken allenfalls vorsucht, und mit Herrn Müller, was man für Opern vornimmt. Können wir es dahin bringen,[374] daß auch das Einstudiren der Oper nicht wie bisher so viel Zeit aufzehrt und findet sich, daß... mit kleinen Balleten und pantomimischen Repräsentationen glücklich ist, so sind wir geboren. Mehrere Stücke, in welchen Mad. Wolff die Rollen der Mad. Teller übernimmt, werden dadurch ganz neu. Unser Repertorium ist überhaupt gut bestellt und ich hoffe das Beste.

Das hiesige Schauspiel ist über alle Begriffe schlecht. Man weiß nicht, worüber man sich mehr verwundern soll, daß die Schauspieler so ganz nichtig sind, oder daß das Publicum so geduldig ist. Leben Sie recht wohl.

Töplitz 20. August 1810.

G.


21/6028.


An Christiane von Goethe

Töplitz d. 28. Aug. 1810.

Ich hoffe daß Ihr diesen Tag vergnüglich feyern werdet, besonders wenn Ihr so schön Wetter habt wie es hier ist. Carl hat mir heute früh einen herzlichen Glückwunsch gebracht, und dabey ist's geblieben. Niemand weis von meinem Feste und ich werde es wohl im Stillen zubringen.

Die Bäder bekommen mir auserordentlich wohl. Dies war um so erwünschter als ich diesmal in Carlsbad kein Glück hatte. Von meinen Übeln blieb ich[375] nicht ganz frey, die Arbeit wollte nicht vom Flecke, das Wetter war abscheulich und die Gesellschaft in politischen Spannungen. Deshalb ich seit Abreise der Kayserinn kaum einen vergnügten Tag hatte. Die hiesigen Bäder dagegen haben mich auf eine wunderwürdige Weise hergestellt. Du erinnerst dich daß Capellmeister Müller sie mir sehr dringend empfahl. Grüße ihn schönstens und sage ihm: es sey wircklich alles Gute für mich daraus erfolgt. Auch für deine Zustände würden sie sehr heilsam seyn. Vielleicht brauchst du sie nächstes Jahr und siehst Dresden bey dieser Gelegenheit das nur sieben Meilen von hier liegt. Der Herzog geht den 31. ab. Ich will noch eine Woche länger bleiben, sodann über Dresden und Freyberg nach Hause gehen und zu Michael bey euch seyn. Die Gegend ist hier auserordentlich schön, besonders zum Spazierenfahren, denn es liegen viel Schlösser, Städtchen und Lustörter umher. Alle Menschen sind gutmüthig, gastfrey und würden wie im Himmel seyn, wenn die unseligen politischen Spaltungen nicht wären. Übers Jahr gehe ich wieder hieher und dann kannst du mit Carolinchen nachkommen. Zu tanzen giebts wenig; aber desto mehr Rutscherchen.

An Äugelchen fehlts nicht jungen und alten, bekannten und unbekannten und was das Beste ist alles geht geschwind vorbey. Die Herzoginn von Curland hat mich freundlich auf ihr Gut eingeladen, das bey Altenburg liegt. Wahrscheinlich besuche ich sie auf[376] der Rückreise. Sehr wichtig ist mir daß ich den König v. Holland habe kennen lernen, mit dem ich in einem Hause wohne. Ich sehe ihn öfter und er hat Vertrauen und Güte gegen mich, wovon ich dir manches zu erzählen habe.

Im Schauspiel bin ich wenig; Sie haben einen einzigen Ackteur der brav ist, die übrigen sind unglaublich schlecht und die Liebhaberinnen sehr häßlich. Einen Brief von August habe ich erhalten. Grüße ihn schönstens uns so auch die Theaterfreunde. Richte alles recht ordentlich ein, damit wir einen frohen Winter haben. Ich wünsche öfter Freunde bey Tisch und die Musickübungen recht thätig und treulich fortgesetzt. Wenn Carolinchen recht artig ist soll sie übers Jahr hier auch baden.

G.


21/6029.


An Carl Ludwig von Knebel

Mit den Leuten des Herzogs sende ich dir, mein lieber Freund, ein paar Worte mit dem besten Dank für deinen letzten Brief. Es war mir sehr angenehm deinen freundschaftlichen Zuruf aus der Ferne zu hören.

Von mir kann ich dir gute Nachricht ertheilen, daß mir das Töplitzer Wasser sehr wohl bekommt. Es war aber auch nöthig: denn ich kam von Carlsbad verstimmt und verdrießlich hieher. Das schlechte Wetter der letzte vierzehn Tage hatte nicht wenig[377] beygetragen, mir jenen sonst so lieben Ort zu verleiden. Hier ist nunmehr das schönste Wetter, die Gegend ist heiter und frey, an der mittägigen Seite des Erzgebirges, und hat an der andern Seite das wunderliche, basaltische, porphyrschiefrige, pseudovulkanische, sogenannte Mittelgebirg. Der Bilinerfels besonders ist prächtig anzusehen, wegen der ungeheuren, ernsthaften und durch manche malerische Theile interessanten ausgesprochenen Gestalt. Wir haben einen sehr vergnügten Tag an dessen Fuße zugebracht und bringen einige Zeichnungen mit.

Übrigens ist die Gegend mit Städtchen, Schlössern, Dörfern, Klöstern und Lustorten besäet, so daß es an Spazierfahrten nicht fehlen kann. Man beklagt sich hier über den Mangel an Geselligkeit, ich kann aber nichts als Gutes auch von dieser Seite von Töplitz sagen. Freylich macht die Gegenwart des Herzogs, daß ich viele Menschen sehe und an viele Orte hinkomme, die mir sonst fremd wären.

Der Herzog befindet sich auf das Bad auch ganz wohl; ich wünschte nur, daß die vielen Jagden und andern starken Bewegungen nicht einen Theil des Guten wieder wegnehmen.

In Carlsbad hatte ich fast keinen Umriß gemacht; hier aber bin ich durch die neuen Gegenstände wieder angeregt worden. Nur hält es leider nicht lange bey mir nach, und wenn auch einiges glückt, so kann doch nichts rechts daraus werden.

[378] In etwa 8 Tagen will ich auch von hier weg und auf Dresden gehen, wo ich so lange nicht war, und sodann über Freyberg nach Hause, da ich dich denn aufs Herzlichste zu begrüßen denke.

Du hattest nach Carlsbad mir von ungarischen wollnen Decken geschrieben, welche daselbst gefunden. Man sagt in Prag gäbe es dergleichen, wohin ich leider nicht gekommen bin. Die Tyroler ledernen hingegen und dito Kissen waren sehr gäng und gäbe. Sie sind aber, außer auf der Reise, eigentlich von geringem Gebrauch.

Von unsern Bekannten sind wenige hier. Her von Dankelmann und Frau, geborne Jagemann; Demoiselle Luise Seidler war nur auf kurze Zeit erschienen. Die Prinzeß Solms, Schwester der Königin von Preußen, hat uns viel Sorge gemacht. Sie war sehr krank und einige Tage gefährlich; itzt ist sie wieder auf gutem Weg, worüber wir uns alle freuen. Nach dir aber hat besonders Frau von Berg gefragt, welche der Fürstin Solms zu assistiren hieher kam. Sie erinnerte sich deiner Eigenheiten so gut, daß man wohl sah, du hattest Eindruck auf sie gemacht.

Eine höchst interessante Bekanntschaft habe ich an dem König von Holland gemacht, mit dem ich in Einem Hause wohne. Er sieht seinen Bruder ähnlich genug. Sein Charakter ist eine höchst respectable Herzensgüte, wovon ich dir im Zusammenhang manches[379] zu erzählen denke. Ich bin mehrmals bey ihm. Er ist sehr freundlich und zutraulich, wie er denn überhaupt eine königliche Offenheit hat, wie Sophokles sagt: dem König allein ziemt's zu sagen, was er denkt. Wie man ihn genauer kennen lernt, so sieht man wohl, daß die Gründe seiner Abdication mit ihm geboren sind.

Noch so viel Platz ist übrig, um von Prince de Ligne ein Wort zu sagen. Dieser ist in seinem 78. Jahre noch so Hof- und Weltmann, noch so heiter und leichtsinnig als jemals. Er belebt durch seine Anmuth jede Gesellschaft in der er sich befindet.

Nun lebe wohl, erfreue dich des schönen Herbstes, in welchem ich dich glücklich wieder zu sehen hoffe.

Töplitz den 30 August 1810.

G.


21/6030.


An Johann Heinrich Meyer

Töplitz den 30. August 1810.

Indem ich Sie, mein theurer Freund, bestens begrüße, und Nachricht von meinem besten Wohlbefinden gebe, will ich Sie im Namen unseres Landschafters Friedrich höflichst ersucht haben, das Eyweis von seinen Bildern abzuwischen, das er für schädlich hält, wenn es länger darauf bleibt. Dagegen werden Sie die Gefälligkeit haben, sie mit einem Mastix Firnis zu überziehen und in den gehörigen Stand zu[380] setzen. Ich freue mich herzlich aufs Wiedersehen und wünsche Sie recht wohl und froh zu finden.

Sollten Sie mir irgend etwas sagen wollen, so würde mich ein Brief bey Herrn Hauptmann von Verloren in Dresden antreffen, wohin ich in acht Tagen abzugehen gedenke! Wie sehr wünschte ich Sie dort, wie vormals in meiner Nähe zu haben.

Manches ist gezeichnet worden. Ob ich dabey ihrer und Ihrer Lehren gedacht habe werden Sie selbst am besten beurtheilen.

G.


21/6031.


An Bettina Brentano

[Anfang September.]

Deine Briefe, allerliebste Bettine sind von der Art daß man jederzeit glaubt der letzte sey der interessanteste. So ging mir's mit den Blättern die du mitgebracht hattest, und die ich am Morgen deiner Abreise fleisig las und wieder las. Nun aber kam dein letztes das alle die andern übertrifft. Kannst du so fortfahren dich selbst zu überbieten so thu es. Du hast soviel mit dir fortgenommen daß es wohl billig ist etwas aus der Ferne zu senden. Gehe dir's wohl!

Deinen nächsten Brief muß ich mir unter gegenüberstehnder Addresse erbitten. Wie ominos! O weh! was wird er enthalten?

Durch Herren Hauptmann von Verlohren

in

Dresden.[381]


21/6032.


An den Herzog Carl August

[14. September.]

Ew. Durchl.

gnädigste Empfehlung hat mir einen höchst freundlichen Empfang in Eisenberg verschafft, drey volle Tage habe ich daselbst auf eine sehr angenehme Weise verlebt. Alles empfielt sich und der Fürst hofft im Nov. seine Gegenvisite in Weimar machen zu können.

Was mit Brizzi verabredet worden und was vorläufig geschehen, erhellet aus beyliegendem Blatt. Das wäre denn auch alles schön und gut, wenn nicht der Preis den er auf seine Talente setzt ein wenig starck wäre. Er verlangt zweyhundert Ducaten, die Kosten der Her- und Zurückreise nach München und frey Quartier.

Indessen da Ew. Durchl. selbst voraussahen, daß er nicht würde wohlfeil zu haben seyn; so ist diese Forderung weniger auffallend. Ich habe jedoch erklärt daß ich nicht abschlösse, sondern blos melden würde; daher es noch ganz von Höchst Ihro Bestimmung abhängt. Brizzi hofft baldige Resolution, welche Ew. Durchl. an den Fürsten selbst könnten gelangen lassen.

Die Erfahrung lehrt daß es immer besser ist sich mit Virtuosen gleich auf einen entschiednen Fus zu setzten; denn am Ende giebt man noch immer mehr[382] an Geschencken und Nachträgen als man Anfangs vorhatte.

Ich bin hierüber nicht weitläufiger weil Ew. Durchl. alles selbst bedencken und beherzigen werden. Mein Wunsch ist freylich daß er zu uns komme, ich habe daher auch vorläufig Partitur und Stimmen angenommen weil nicht zu säumen ist. Berechnet man daß ausser dem Vergnügen das ein solcher Mann gewährt, fürs Theater kommt doch auch einige auserordentliche Einnahme zu gute. In diesem Betracht vermindert sich einigermassen die Summe. Auf alle Fälle wäre ihm ein Bestimmtes für die Reise anzubieten.


Indem ich von diesen vergnüglichen Dingen schreibe erschreckt mich die Nachricht von Eisenach. Solche zufällige Folgen des Krieges sind fürchterlicher als die nothwendigen.

Mich zu Gnaden empfehlend

Goethe.


[Beilage.]

Der Sänger Brizzi ist geneigt den 24. October in Weimar einzutreffen und bis Ende Novembers zu bleiben.[383]

Die Oper Achille von Paer würde gegeben, da er in derselben den meisten Beyfall einzuärndten hofft. Er verpflichtet sich zu 4-6 Repräsentationen.

Könnte man noch mit einem kleinen Stück zurecht kommen, wollte man einzelne Singpartien als Conzert oder Akademie oder auch in Camera geben; so steht er auf alle Weise zu Befehl.

Partitur und Stimmen erstgedachter Oper hat mir der Fürst Lobkowitz mitgegeben. Sobald ich nach Dresden komme, sollen sie in ein Kästchen geschlagen mit der fahrenden Post nach Weimar abgehen, damit man sogleich den Anfang mit Einstudiren machen könne.

Wegen der Besetzung ist Nachstehendes zu bemerken.


AchillBrizzi.

AgamemnonStromeyer.

BriseisJagemann.

PatroclusMolke.


ChriseisDeny

PriesterEilenstein}vielleicht.

PriesterinnHäsler


Bey der Rolle des Patroclus ist zu bemerken, daß sie eigentlich Baß ist. Herr Brizzi ist aber wohl zu frieden, daß es ein Tenor sey, und glaubt, daß Herr Capellmeister wohl das Nöthige umsetzen würde. Auch ist die Arie Nr. 5 im ersten Bande etwas leichter Art. Sollte man eine bedeutendere Tenorarie einlegen wollen, so hängt dieß gleichfalls vom Belieben ab.

[384] Ferner fehlt eine Hauptscene der Briseis, welch Herr Brizzi von München sendet, wie er denn auch seine Partitur mitbringt, um alle kleine Veränderungen einzurichten.

Das Textbüchelchen, Original und Übersetzung, sendet er gleichfalls von München; welches man bey uns könnte abdrucken lassen, wie es andern Orten auch geschieht.

Wenn nun bey Ankunft der Stimmen die Rollen gleich ausgetheilt werden; so hat man beynahe einen Monat Zeit bis zur Ankunft des Brizzi. Die Ensemble-Proben könnten alsdann sogleich seyn und Anfang Novembers die erste Vorstellung.

Was die Decorationen betrifft, so werden sich diese, nach dem was Herr Brizzi mir erzählt hat, in kurzer Zeit malen und herstellen lassen.

Weiter wüßte ich nichts hinzuzufügen. Sollte mir noch etwas beygehen, so werde ich solches von Dresden aus melden.

Teplitz den 13. September 1810.

G.


Beykommendem füge ich noch die lebhaftesten Wünsche für Ew. Durchl. fortdauerndes Wohl hinzu. Nicht weniger den lebhaftesten Danck für alle in Töplitz mir erzeigte Gnade und Güte.

Sonntag den 16. Abends dencke ich in Dresden zu seyn. Ihre Befehle finden mich bey Verlohren.

Der König von Holland ist nun mein Wandnachbar.

[385] Er bleibt sich immer gleich und doch gewinnt er immer mehr je mehr man ihn sieht und hört.

Mich zu Gnaden empfehlend

G.[386]


21/6034.


An Christiane von Goethe

Hiermit sey dir mein liebes Kind, vermeldet daß ich in Dresden d. 16ten zu guter Zeit glücklich angekommen bin. Mir gefällt es sehr wohl das Wetter ist schön, die Bekannten freundlich und die Kunstsachen unerschöpflich. Ich wollte du wärest hier daß wir ein vierzehn Tage vergnüglich verleben könnten. Nach Hofe werde ich wahrscheinlich nicht gehen. Wenn ich alles gesehen und Freunde und Bekannte besucht habe; so gehe ich ab, auf Land und Wasserfahrten laß ich mich nicht ein.

[386] Vor Michael siehst du mich jedoch nicht, denn ich gehe noch auf Freyberg und zur Herzogin v. Curland nach Löbichau. Deinen einladenden Brief habe ich noch in Töplitz erhalten, allein es ist mir nicht möglich zu kommen wie der Hof Kammer Rath wünscht. Grüße ihn jedoch auf das beste.

Der Herzog hatte mich nach Eisenberg zum Fürsten Lobkowitz gesendet, (Frau von Heygendorf wird dir sagen warum) sonst wäre ich schon seit acht Tagen hier, ja wohl schon wieder fort.

Grüße alles zum schönsten, und lebe vergnügt. Ich befinde mich ganz wohl. Ich will sehen daß ich so nach Hause komme. In Jena halte ich mich nicht länger auf als nötig ist Knebel und Hendrich zu grüßen. Auf alle Fälle erhältst du noch Briefe von mir. Lebe recht wohl, liebe mich und grüße deine Juvenile.

d. 18. Sept. 1810. Dresden.

G.[387]


21/6033.


An Pauline Schelling, geb. Gotter

[21. September]

Und hierzu füge ich einen sehr schönen und herzlichen Gruß, indem wir unter Blumen und Pflanzen Ihrer, liebe Pauline, gedencken. Wie fleißig und kunstfertig unsre Luise sey, werden Sie sehen, wenn sie zurückkommt und wir uns in dem schönen jenaischen Thale begrüßen. Leider ist das Blat am Ende. Nur noch ein Lebewohl.

G.[386]


21/6035.


An Christian Gottlieb Hammer

Der Landschaftsmaler Herr Hammer wird ersucht die zwey für mich gefertigten Sepia-Zeichnungen nebst den Original-Skizzen an Herrn Hauptmann von Verloren abzugeben und dagegen die Zahlung zu erhalten.

Auch wünschte ich eine Copie in Aquarell von einer kleinen Landschaft, welche Paul Pottern zugeschrieben[387] wird und welche Herr Pechwill besitzt. Wollte Herr Hammer die Gefälligkeit haben, sie derselben Größe zu verfertigen, so würde es mir sehr angenehm seyn.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Dresden den 25. September 1810.

Goethe.[388]


21/6035a.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

Wohlgebohrner

insonders hochgeehrtester Herr,

Ew. Wohlgeb. ermangle nicht hiermit ergebenst anzuzeigen daß ich unter dem heutigen Datum an Herrn Hauptmann von Verlohren in Dresden, eine Assignation von Zwey Hundert Thalern sächsisch für Rechnung Herrn Dr. Cotta in Tübingen ausgestellt welche gefälligst zu honoriren bitte.

Der ich die Ehre habe mich mit besonderer Hochachtung zu unterzeichnen,

Ew. Wohlgeb.

gehorsamster Diener

Dresden d. 25. Sept. 1810.

J. W. v. Goethe.


21/6035b.


An Antonio Brizzi

[Concept.]

Zwar habe ich, mein werthester Herr Brizzi, am 26. September von Dresden aus Ihnen die Genehmigung meines gnädigsten Herrn, unsere Verabredung[155] betreffend, gemeldet und hoffte das große Vergnügen zu haben, im November Ihre Bekanntschaft zu erneuern, und mich Ihres schönen Talents zu erfreuen. Allein, da ich nunmehr nach Hause komme, finde ich unser Theater in einem Zustande, daß die Aufführung der Oper Achille im November ganz und gar unmöglich wird.

Die Partitur war indessen angekommen und es ließ sich leicht übersehen, daß unsere Sänger, deren die wenigsten in der italiänischen Sprache bewandert sind, solche bedeutende Sing-Rollen, welche der Componist für vorzügliche Subjecte geschrieben hat, nicht würden in so kurzer Zeit einlernen können. Ließen sich aber auch diese und andere geringere Schwierigkeiten überwinden; so findet sich doch, daß Herr Stromeyer von Herzoglicher Theater-Commission Urlaub erlangt hat und später zurückkommen wird, als daß er seine bedeutende Rolle einstudiren könnte.

Da mir nun bekannt ist, daß Sie die übrige Winterzeit München nicht verlassen können; so bleibt unserm gnädigsten Herrn und uns nichts übrig als für dießmal auf Ihre Gegenwart, wie wohl höchst ungern, Verzicht zu leisten, und uns mit der Hoffnung zu trösten, Sie in dem nächsten Jahre bey uns zu sehen.

Wollten Sie mir eine gefällige Anzeige, dieses Blatt erhalten zu haben, baldigst mittheilen; so würden Sie mich ganz besonders verbinden. Übrigens[156] bleiben Sie überzeugt, daß es zu einem großen Gewinn meiner Reise gehört, Ihre Verdienste kennen gelernt und anerkannt zu haben. Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

Weimar den 4. October 1810.[157]


21/6036.


An Engelmann

Ew. Wohlgeboren

für das im Juny schon übersendete bestens zu danken, halte ich gleich nach meiner Zurückkunft in Weimar für Pflicht. Die Zeichnungen des Herrn Pforr leisten viel, indem sie zugleich viel versprechen. Empfehlen Sie mich ihm bestens und danken in meinem Namen.

Die Neigung der sämmtlichen Jugend zum Mittelalter halte ich mit Ihnen für einen Übergang zu höheren Kunstregionen. Doch verspreche ich mir viel Gutes davon. Jene Gegenstände fordern Innigkeit, Naivetät, Detail und Ausführung, wodurch denn alle und jede Kunst vorarbeitet wird. Es braucht freylich vielleicht noch einige Lustra, bis diese Epoche duchgearbeitet ist, und ich halte dafür, daß man ihre Entwicklung und Auflösung weder beschleunigen kann, noch soll. Alle wahrhaft tüchtigen Individuen werden dieses Räthsel an sich selbst lösen.

Sagen Sie der Gesellschaft, die sich unter dem[388] Namen des Museums gebildet hat, für das übersendete Diplom den besten Dank, sowie Herrn Ritter, der es mir überschickte. Ich werde jederzeit lebhaften Antheil nehmen an allem was durch diese Verbindung meiner Vaterstadt und dem Vaterland Gutes zuwächst.

Der ich wohl zu leben wünsche und mich zu geneigtem Andenken empfehle.

Weimar den 5. October 1810.

Goethe.


21/6037.


An Graf Bose

[Concept.]

Gefällig zu gedenken.

Professor Reißig, ein junger Mann von Thätigkeit und vielen mechanischen Talenten, der sich bisher in Cassel aufhielt, ist auf Veranlassung des Fürsten Repnin nach Rußland gegangen. Er war mir dadurch besonders interessant geworden, daß er einen Apparat zu meiner Farbenlehre, sobald sie herausgekommen, für die Fürstinn von Detmold, welche sich für die Sache interessirte, zu verfertigen übernahm. Ich habe das Verzeichniß davon gesehen und mich gefreut, daß er geschwind in die Sache eingedrungen und daran Theil genommen. Übrigens ist er mir schon längst von würdigen Freunden empfohlen. Wahrscheinlich hält er sich in Petersburg auf. Sollten der Herr Graf Bose ihm irgendwo begegnen und etwas zu[389] Förderung seiner löblichen Zwecke beytragen wollen; so würden Sie mich besonders dadurch verbinden. Mich in Hoffnung eines glücklichen Wiedersehns zu geneigtem Andenken empfehlend.

Weimar den 5. October 1810.


21/6038.


An Carl Friedrich von Reinhard

Ihre liebe briefliche Sendung vom 3. August, finde ich, mein verehrter Freund, erst bey meiner Rückkunft nach Weimar, wo alles an mich gerichtete liegen geblieben, weil es ungewiß war, wohin ich meine Schritte wenden würde. Nun bin ich, ungeachtet mancher Lockungen nach Osten, Norden und Süden, ungeachtet meines Wunsches Sie in Westen zu besuchen, wieder auf meinem alten Flecke, und mache, bey aller Veränderlichkeit, wie der Mond doch immer wieder das alte Gesicht.

Nun werde ich auch hoffentlich bald erfahren, daß Sie wieder in Cassel glücklich eingetroffen sind, und wie Ihre Sommerreise abgelaufen.

Carlsbad hat mich dießmal nicht sonderlich, Teplitz sehr gut behandelt, so daß es mich wahrscheinlich künftigen Sommer zuerst anziehen wird. An dem ersten Orte der Kaiserinn von Östreich nicht unbekannt geblieben zu seyn, an dem letzten den König von Holland näher gekannt zu haben, waren große Gewinnste,[390] an denen ich mich immer werde zu erfreuen haben. Sonst habe ich noch manchen ältern Freund wiedergesehen und manche liebe neue Bekanntschaft gefunden.

Dresden mit seinen Kunst- und Naturschätzen, Freyberg mit seiner unter- und oberirdischen Thätigkeit, Chemnitz durch die Anmuth der Herzoginn von Curland, haben mir eine sehr erfreuliche und unterhaltende Rückreise gegeben, wozu das herrliche, den Müllern höchst unerwünschte, den Reisenden höchst erwünschte Wetter das seinige beytrug.

Nun zuerst von Professor Reißig. Es thut mir sehr leid, daß wir ihn verlieren. Er hatte das chromatische Wesen gerade von der Seite angegriffen, wo es am ersten gefördert werden kann. Man muß die Phänomene gesehen haben, um die Unzulänglichkeit der alten Lehre recht auffallend zu finden. Kann ich unterdessen Ihnen und der Fürstin von Detmold mit einigen Theilen des Apparats behülflich seyn; so soll es mich höchlich erfreuen. So lege ich z.B. ein chinesisches rothes Blättchen bey. Halten Sie es in die Sonne, und sehen recht scharf darauf; so werden die schwarzen Zeichen gleich in sehr schönem Grün erscheinen. Dieses Phänomen setzt Niemanden in Erstaunen, der die Lehre von den geforderten Farben kennt. Von farbigen Gläsern könnte ich auch etwas überschicken, nicht weniger ein paar Glasprismen von sehr kleinen Winkeln, welche die Entstehung der Ränder[391] an schwarz und weißen Bildern auf das netteste zeigen, indem man das Minimum der Erscheinung ganz deutlich sieht.

Will die Fürstinn, der ich mich unterthänig zu empfehlen bitte, mir deshalb ihre Befehle ertheilen; so werde ich solche auf das genauste und baldigste zu vollziehen suchen. Auch würde ich gern jeden Zweifel zu lösen und jede undeutliche Stelle meines Werks aufzuklären bereit seyn.

Janus bifrons dagegen ist schon auf einem schlimmen Wege: denn indem er sagt: die Colorisation scheine ihm abhängig 1.) von der Natur des Lichts, 2.) von der der colorirten Gegenstände, und 3.) von der eigenen Kraft und Beschaffenheit unseres Sehorgans; so versetzt er schon die Abtheilungen die ich so nothwendig gefunden habe, und sein Nr. 1. schiebt die Untersuchung in die Ewigkeit: denn die Natur des Lichts wird wohl nie ein Sterblicher aussprechen; und sollte er es können, so würde er von Niemanden; so wenig wie das Licht, verstanden werden. Auf alle Fälle bin ich neugierig, was er zu der Sache sagt, wenn er weiter hineinkommt; besonders aber, ob er sich mit der Darstellung befreundet. Empfehlen Sie mich ihm vielmals und danken Sie ihm für sein geistreiches Blatt. Verzeihen Sie, da Sie sich einmal für die Sache interessiren, daß ich noch mehr davon sage. Daß viele Menschen vor der Unternehmung und vor dem Volum des Werks erschrecken, ist ganz natürlich;[392] doch versichern mich Dutzende mit der größten Höflichkeit, daß sie die Sache bald möglichst studieren und in Betrachtung ziehen wollen. Indessen habe ich doch einige artige Dinge erlebt. Ein Diplomatiker hat meine Ankündigung für ein vortrefflich geschriebenes Manifest erklärt. Ein Philosoph hat mich höchlich gepriesen, daß ich das Subject, das empfangende Organ, mit in die Physik eingeführt. Ich habe ihm dagegen versichert, daß ich alles mögliche thun würde, um es nicht wieder herauszulassen. Am merkwürdigsten aber war mir ein Staatsmann, der seine eben eintretende Muße dazu anwendete, meine Arbeit mit eben der Ruhe und Gelassenheit durchzulesen und durchzudenken, als wenn er große Acten vor sich gehabt hätte. Er ist mit der Sache nunmehr so bekannt, und so bewandt darinn, daß er in einer Ministerial-Session einen Vortrag deshalb halten könnte, und macht, wie ich höre, zu seinem Spaß, den Gelehrten und Herren von Metier viel zu schaffen.

Das Manifest des närrischen Mollweide habe ich noch nicht gesehen. Es ist ein steifer dünkelhafter Gesell. Aus dem was er gegen Wünsch geschrieben, konnte ich ihn genugsam kennen lernen. Vor mehreren Jahren schon schalt er, auf dem Pädagogium zu Halle, ein verständiges Kind in meiner Gegenwart recht tüchtig aus, das auf der Scheibe des Schwungrades Grau sah, wo er wollte Weiß gesehen haben.[393] Er ist recht dazu gemacht den Newtonischen Unsinn aber- und abermals zu wiederholen.

Soviel von diesen Dingen. Den Bifrons möchte ich wohl persönlich kennen lernen. Er ist sehr brav, scheint mir aber doch etwas leidenschaftlich verworren. Übrigens danke ich sehr, daß ich nun über den multifrons belehrt bin. Ich werde seine Sachen um desto besser lesen. Es ist recht möglich, daß er mich auch durch das bestochen, worauf der bifrons böse ist und schilt.

Daß die Cöllner auf ihrem Wege nach Wien nicht zu uns kommen, habe ich schon durch reisende Heidelberger erfahren. es thut mir sehr leid, ihre Sachen nicht zu sehen, die sie bey sich haben, und die Vernünftigen unter ihnen kennen zu lernen. Es scheint aber ihrer Gesellschaft auch nicht an verrückten Gliedern zu fehlen, und es wäre gewiß mit uns nicht gut abgelaufen.

Ich will diese ganze Rücktendenz nach dem Mittelalter und überhaupt nach dem Veralteten recht gerne gelten lassen, weil wir sie vor 30 bis 40 Jahren ja auch gehabt haben, und weil ich überzeugt bin, daß etwas Gutes daraus entstehen wird; aber man muß mir nur nicht glorios damit zu Leibe rücken. Erlauben Sie mir einen Auszug aus einem Briefe, den ich soeben fortsende: »Die Neigung der sämmtlichen Jugend zu dem Mittelalter halte ich mit Ihnen für einen Übergang zu höhern Kunstregionen; doch verspreche[394] ich mir viel Gutes davon. Jene Gegenstände sondern Innigkeit, Naivetät, Detail und Ausführung wodurch denn alle und jede Kunst vorbereitet wird. Es braucht freylich noch einige Lustra, bis diese Epoche durchgearbeitet ist, und ich halte dafür, daß man ihre Entwicklung und Auflösung weder beschleunigen kann noch soll. Alle wahrhaft tüchtigen Individuen werden dieses Räthsel an sich selbst lösen.« Solche Hoffnungen und Aussichten machen freylich im Durchschnitt gegen die Fratze des Augenblicks tolerant und gutmüthig. Aber manchmal machen sie mir's doch zu toll. So muß ich mich z.B. zurückhalten, gegen Achim von Arnim, der mir seine Gräfin Dolores zuschickte und den ich recht lieb habe, nicht grob zu werden. Wenn ich einen verlorenen Sohn hätte, so wollte ich lieber, er hätte sich von den Bordellen bis zum Schweinkoben verirrt, als daß er in den Narrenwust dieser letzten Tage sich verfinge: denn ich fürchte sehr, aus dieser Hölle ist keine Erlösung. Übrigens gebe ich mir alle Mühe, auch diese Epoche historisch, als schon vorübergegangen zu betrachten.

Herrn von Yakowleff empfehlen Sie mich vielmals. Ich kenne seine freundliche Intention, mein Profil für seine Sammlung als Camee in Rom schneiden zu lassen. Einen tauglichen Kupferstich giebt es gar nicht; ich schicke Ihnen aber mit der Fahrenden Post ein von Herrn v. Kügelgen bossirtes Medaillon, für dießmal das beste was ich kenne. Ist es nicht[395] gerade dasselbe, was Sie von Hamburg mitgebracht haben, so genügt es ihm vielleicht. Ich lege in die Schachtel einige spitzwinklige Prismen zu dem bewußten zartesten Versuch der Refraction.

Und schließe mit den aufrichtigsten Wünschen für Ihr Wohl.

W. d. 7. Octbr. 1810.

G.


21/6039.


An den Herzog Carl August

Ew. Durchl.

so oft erprobter gnädiger Vorsorge für mich und die Meinigen, Höchst Ihro eigenem Willen und Antrieb auch eine fürstliche Begünstigung meines Sohnes völlig zu überlassen war mein fester Vorsatz. Verzeihen Ew. Durchl. eine voreilige Bitte, zu der mich die Umstände veranlassen. Meinen Sohn schon für den nächsten Winter aus lästigen Verhältnissen befreyt und in einer heiteren Sphäre zu sehen ist mein Wunsch dessen gnädige Gewährung jedoch gänzlich Ew. Durchl. höhern Einsichten überlassen sey.

W. d. 8. Octbr. 1810.

Goethe.


[Beilage.]

Ew. Durchl.

verzeihen eine unterthänigste Bitte deren gnädige Gewährung ich mit dem lebhaftesten Danck, deren Versagung ich mit heiterer Ergebenheit empfangen werde.

[396] Es betrifft meinen Sohn August, der bald sein 21stes Jahr erfüllt und für den ich die Stelle eines Cammerassessors erbitten möchte.

Ich führe nur kürzlich an, daß er von Jugend auf in mancherley Kenntnissen unterrichtet worden; daß er anderthalb Jahre in Heidelberg der Jurisprudenz hauptsächlich sich befleißigt, weil sie als Fundament eines Geschäftslebens anzusehen ist; daß er nunmehr ein Jahr in Jena diese Studien fortgesetzt und zugleich was von Cameral und Öconomischen Wissenschaften überliefert wird, sich zuzueignen gesucht hat, und daß sein Betragen gleichförmig und lobenswürdig sey. Dieses alles jedoch würde mich nicht zu jener Bitte bewegen, indem er wohl noch einige Zeit in Jena zu verweilen und sodann bey einem Rentbeamten auf dem Lande den Gang der Geschäfte von unten hinauf zu lernen gedenckt.

Denn eigentlich entspringt mein gewissermassen voreiliger Wunsch aus der peinlichen Lage in welcher sich mein Sohn in Jena befindet. Die mancherley Verbindungen der Studenten sind bekannt, die unter der Form von Landsmannschaften, geheimen Orden, Congregationen, Kränzchen und Gelagen sich constituiren, einander entgegen arbeiten, Händel und Explosionen verursachen, sodann gestört unterdrückt und niemals ausgerottet werden. Diese Dinge hat mein Sohn, mit meinem Vorwissen, in Heidelberg gründlich kennen gelernt, in Jena enthält er sich, rücksichtlich[397] auf seine Verhältnisse, von allem und steht dadurch freylich ganz isolirt und muß gegen alle Parteyen face machen, welches denn, so klug er sich auch benimmt, ein unbequemer und gefährlicher Stand bleibt.

Hierzu kommt noch daß er als Student von einer Gesellschaft der Honoratioren ausgeschlossen ist, welche man die Resourçe nennt, und welche keinen Studirenden aufnimmt.

Es ist also in diesem Sinne daß ich Ew. Durchl. bitte, die ihm etwa zugedachte Gnade zu beschleunigen. Sobald er aus der Reihe der Studenten herausgehoben ist, hat er keine Anfechtung weiter und kann seine Winterabende in Gesellschaft von Professoren, fürstlichen Dienern, Kaufleuten und andern im Leben schon eingeweihten Männern zubringen, manches erfahren und sich zu manchem bilden. Auch wird es kein geringer Antrieb für ihn seyn, wenn Ew. Durchl. ihm das bestimmte Ziel schon früher aufstecken das er zu erreichen hat. Er ist eigentlich pracktischer Natur, auch über seine Jahre im Leben einsichtig und gewanndt, und weiß, wie ich schon in häuslichen Dingen sehe, ein ihm aufgetragnes Geschäft mit Ruhe und Sicherheit durchzuführen. Dabey hegt er eine treue angeborne Anhänglichkeit an Ew. Durchl. Höchste Person und was das Glück hat Ihnen anzugehören. Nach aussen, in die Fremde bemerckt man kein Streben, keine Richtung an ihm, so daß er sich sehr bald mit[398] dem vorliegenden Innern bekannt machen und im Gegenwärtigen und Einzelnen brauchbar und nützlich seyn wird. Irgend einer Prüfung unterwirft er sich mit Vergnügen.

Zutrauensvoll und verehrend

Ew. Durchl

Weimar d. 8. Octbr.

unterthänigster

1810.

J. W. v. Goethe


21/6040.


An Christian Gottlob Voigt

Es gelang mir neulich nicht Ew. Excellenz persönlich zu begrüßen und eines Anliegens zu gedencken das ich Ihrer Freundschaft und Vorsorge bestens empfehlen mögte.

Beyliegend folgt das Conzept eines an Serenissimum eingereichten unterthänigsten Promemorias. Ew. Exzellenz kennen die Verhältnisse und Umstände die ich darinn nur leise berührt habe und werde die Eile nicht misbilligen mit der ich vorgeschritten bin um wo möglich den guten Menschen noch vor dem Antritt der Wintervorlesungen aus einer sehr unangenehmen Lage gesetzt zu sehen.

Sollte jedoch ein Bedencken obwalten, so ergebe ich mich gern höheren Einsichten und Entschließungen.

In Hoffnung einer baldigen frohen Zusammenkunft

W. d. 8. Octbr. 1810.

Goethe.[399]


21/6041.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgebornen

berichte hierdurch mir Vergnügen, daß die Pietra fungaja endlich angekommen. Es ist ein höchst merkwürdiges und problematisches Naturprodukt, und ich will nun sehen, ob es in meinem Keller seine Künste machen wird. Haben Sie die Güte mir Herrn Gautieri's Adresse zu schicken, weil ich ihm selbst zu danken wünsche.

Können Sie Heron de Villefosse Richesses minerales entbehren, so ersuche ich Sie darum auf einige Zeit.

Da ich neulich nicht das Vergnügen haben konnte, von ihnen zu vernehmen, was indessen Neues und Interessantes bey Ihnen angekommen; so haben Sie wohl die Gefälligkeit, mich von dem Bedeutendsten zu unterrichten.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar den 10. October 1810.

Goethe.


21/6042.


An Carl Friedrich von Reinhard

Nur den freundlichsten Gruß füge ich der abgehenden Schachtel bey.

Ich wünschte bald zu hören, daß sie glücklich angekommen ist, und daß Sie meiner gedencken.

Weimar d. 11. October 1810.

G.[400]


21/6043.


An den Herzog Carl August

[15. October.]

Ew. Durchl.

haben mich durch Gewärung und Gabe in solche Bequemlichkeit versetzt daß ich nur wünschte meine Hüften stünden auch unter Ihrem Gebote, so wäre ich keiner [übereinander:]weitern/äussern Hülfe bedürftig. Statt alles vielwörtlichen Dancks füge ich nur die Bitte hinzu daß Sie dem jungen Begünstigten einige Augenblicke schencken möchten. Für mich ist es eine wundersame Creatur, eben wie sie sich etwa der Vater bestellen möchte und ich müßte mich sehr irren wenn sie nicht auch dem Fürsten zu Handen wäre. Möge Ew. Durchl. vielfache Freude werden Sie mich und die Meinigen erfreut haben.

Goethe.[401]


21/6066.


An Carl Fürst Lichnowsky

[Concept.]

[16. October]

Ew. Durchlaucht

hätten schon längst einen Brief von mir erhalten sollen, und ich kann dieses Versäumniß kaum entschuldigen; doch darf ich anführen, daß mein Aufenthalt in Teplitz sehr unruhig und meine Rückreise[427] über Dresden und Freyberg sehr zerstreuend gewesen; so wie ich auch die ersten Tage meines Hierseyns nicht von mir selbst abhing.

Nun sende ich aber ein Verzeichniß der vorzüglichen deutschen Dichter mit den dazu gefügten Preisen ihrer Werke. Es wäre freylich wünschenswerth, daß die Original Ausgaben in einer so edlen Bibliothek aufgestellt würden.

Anfangs gedachten wir eine Art von räsonnirtem Catalog zu senden, welcher zugleich die Geschichte unserer Poesie in der neuen Epoche enthalten sollte, allein dieß führte zu weit und war hauptsächlich Ursache, daß unsere Schuldigkeit Ew. Durchlaucht zu dienen sich verspätete. Wir wünschen daß Beykommendes von einigem Nutzen seyn möge und daß unsere Verzeihung von Ihrer Güte schon gewährt sey.

Was den zweyten hohen Auftrag betrifft; so bin ich darin noch weniger glücklich gewesen. Schon die meisten Capitalien sind durch die Landesanleihen aufgezehrt, welche veranstaltet wurden, die Contribution zu bezahlen und die Kriegskosten zu decken. Auch sind noch immer gegenwärtig, theils Particuliers, theils Corporationen, beschäftigt ihren Credit zu erweitern und sich durch größere Anleihen aus kleinen drückenden Schulden und Verhältnissen herauszureißen. Bey uns hat nun gar das große Eisenachische Unglück eine ungeheure Wunde geschlagen, welche so manche Kräfte aufzehrt ohne dadurch geheilt zu werden.

[428] Eben so nehmen im Königreich Sachsen große eröffnete Anleihen alles baare, noch allenfalls niedergelegte Geld weg, so daß ich wenig Hoffnung habe, Ew. Durchl. Wünsche erfüllt zu sehen. Sollten Ew. Durchlaucht indessen räthlich finden, den Gedanken weiter zu verfolgen, so würde ein etwas umständliches Promemoria, das man z.B. dem Fregischen Hause in Leipzig communiciren könnte, wohl der erste Schritt zu einem neuen Versuch seyn. Mehr füge ich nicht hinzu, als die Versicherung, daß Ew. Durchl. der Herzog soeben den Charakter als Cammerassessor zuerkannt, empfiehlt sich zu Gnaden und hofft dereinst eine günstige Aufnahme. Sie verzeihen, daß ich mich einer fremden Hand bediene. Es ist Dr. Riemer der schreibt und die Gelegenheit ergreift für so manches Gute und Erfreuliche zu danken. Ich aber habe die Ehre mich mit vollkommener Verehrung zu unterzeichnen.[429]


21/6044.


An Silvie von Ziegesar

Wäre ich nicht eben im Begriff einen totalen Correspondenz Bankrutt zu machen, indem ich Freunden und Freundinnen, Gönnern und Beschützern, ja Fürsten und Herren auf eine unverantwortliche Weise Briefschuldner bin; so würde ich mich vor diesem Blatte schämen das Ihnen meine Entschuldigungen bringen[401] soll. Doch dazu wäre es nicht groß genug. Statt allem deshalb nur die Versichrung daß ich mich sehr glücklich schätzen würde den lieben Papa und die zarten Freundinnen aufs herzlichste zu begrüßen und mündlich zu versichern daß sich mit mir nichts geändert hat. Ein gleiches versichert mich von Ihnen das liebe Blat das ich oft wiederlese. Das schönste Lebe wohl.

D. 19. Octbr. 1810.

G.


21/6045.


An Carl Ludwig von Knebel

Zuerst, mein lieber Freund, muß ich dir für dein schönes Gedicht den besten Dank sagen. Es ist trefflich gerathen und zeigt in einem Schüler Lucrezens einen Original-Anbeter der Natur. Herzerhebend für mich ist es, zu sehen, daß wir Alten noch Lust, Muth und Tüchtigkeit haben, indeß die Jüngeren auf das ekelhafteste ächzen und krächzen, und mit großer Selbstgenügsamkeit versichern, daß dieses das ächte und wahre sey.

Was die Kaazischen Zeichnungen betrifft, so würde die Prinzeß daran gewiß viel Freude haben. Es sind sehr schätzbare Entwürfe nach der Natur, auch einige gewissermaßen ausgeführt. Bey den meisten thut einem die Wahl weh. Würde mir eine Summe hier assignirt; so würde ich gleich einen zuverlässigen und kenntnißreichen Freund bevollmächtigen, etwas auszusuchen[402] und unmittelbar an Durchlaucht die Prinzeß abzuschicken. Freylich wünschte ich, daß es bald geschähe: denn die Dinge sind sehr verführerisch, in ihrer Art gut, ja vortrefflich, und verhältnißmäßig von sehr geringem Preis. Ich hatte selbst Lust etwas zu nehmen; aber man giebt des Geldes doch am Ende zu viel aus.

Was das Kranachische Bild betrifft, so ist es wirklich sehr gut und die Freude es zu besitzen noch so neu, daß ich nicht gern die Veranlassung geben möchte, es zu entfernen. Ich würde darüber große Klagen und Vorwürfe hören müssen, denen ich mich nicht aussetzen mag, so gern ich unserer lieben Prinzeß die Freude gönnen möchte, es zu sehen. Wie mir es ergeht und was ich treibe, davon ist nicht viel zu sagen. Vielleicht kann ich in einiger Zeit Früchte von diesem augenblicklichen Stillstande vorweisen. Man hat immer Noth, nach so einer langen Abwesenheit, sich wieder in alles zu finden und zu fügen. Doch würde ich sehr undankbar seyn, wenn ich nicht erkennte, daß man mir den freundlichsten Empfang gegönnt. Durchlaucht der Herzog hat Augusten zum Kammerassessor ernannt und mir ein paar Kutschpferde verehrt; wodurch Jenem ein entschiedener Lebensgang angewiesen, und mir eine große Bequemlichkeit bescheert ist.

Von mancherley interessanten Büchern, Broschüren und ähnlichen Dingen sage ich nichts, um dir nicht[403] allzugroße Lust zu erregen; allein von einem Naturwunder muß ich etwas melden. Es ist die sogenannte Pietra fungaja, welche in Wörterbüchern und sonst als ein Kalktuff beschrieben wird, auf welchem Schwämme wachsen. Die mir aus Italien zugesendete, 15 1/2 Pfund schwere Masse ist aber ganz eigentlich eine colossale Trüffel, deren um sich greifendes Wachsthum manche fremde Körper, Wurzeln, Steine u. dergl. in sich aufgenommen hat, und welche die Eigenschaft zu haben scheint, nach und nach ihre Vegetabilität mit einem steinhaften Wesen zu vertauschen. Kalkartiges ist nichts dabey. Nun kommt es aber hauptsächlich darauf an, ob diese harte Masse, die ich wie ein Tonklumpen schaben läßt, wenn man sie im Keller mit feuchter Erde bedeckt hält, wenigstens auf ihrer Oberfläche wieder zu quellen, zu vegetiren, fortzuwachsen, und wie man behauptet, eßbar zu werden anfängt. Der Versuch soll nächstens angestellt werden.

Und hiermit lebe recht wohl, grüße die Deinigen. Den Brief unser lieben Prinzeß lege ich wieder bey. Empfiehl mich ihr zum allerbesten, so wie auch deiner Fräulein Schwester. Wenn es mir möglich ist, so ersehe ich noch für einen Augenblick die Gelegenheit, vor Ende Octobers zu euch zu kommen

Weimar den 20. October 1810.

G.[404]


21/6045a.


An Antonio Brizzi

[Concept.]

Es kann Ihnen, mein werthester Herr Brizzi, nicht unangenehmer seyn als mir, daß die köstliche Oper Achille in Weimar sich nicht zur bestimmten Zeit aufführen läßt.

Da Sie uns aber den Monat November zugesagt haben, und die Umstände sich ergeben, daß Hof und Stadt Ihrer vorzüglichen Talente sich in Conzerten, Academieen und sonst erfreuen kann; so ersuche ich Sie aufs dringendste, nach Empfang dieses durch einen Eilboten abgeschickten Schreibens, baldigst nach Weimar abzugehen, und von Musicalien dasjenige mitzubringen, was Sie zu solchen Zwecken am meisten geeignet glauben.

Wie sehr ich mich freue, Sie wieder zu sehen, Ihre Vorzüge zu bewundern und der schönen Eisenberger Tage zu gedenken, kann ich Ihnen nur beym Empfang persönlich ausdrücken. Der ich eine recht glückliche Reise wünsche.

Weimar den 22. October 1810.[157]


21/6046.


An Christian Gottlob Voigt

Die den Professor Voigt besonders betreffenden Papiere habe bis jetzt zusammen gelassen und die neusten dazu geheftet und fortfoliirt.

Die Sache steht gegenwärtig folgendermaßen:

Unsern Fol. c. gethanen Vorschlag, daß man die Summe von 900 Thalern, welche dem Prof. Voigt zu seiner Reise vorgeschossen worden, ihm als ein unverzinsliches Capital notire, und davon jährlich 100 Thaler, die bis zu Tilgung der Schuld abschriebe, haben Durchlaucht nach Fol. 9 genehmigt, und der Museumscasse 200 Thaler zugelegt, von deren Hälfte jene 100 Thaler nach und nach gedeckt, die andere Hälfte aber zu sonst nützlichen Dingen verwendet werden sollte.

Die deshalb nöthigen Expeditionen wurden aber durch ein gnädigstes Rescript Fol. 12. zurückgehalten, indem dem zum Bergrath ernannten Professor Voigt eine wirklich auszuzahlende Besoldungszulage von 100 Thalern gemacht wurde.

Die Sache hat bis jetzt geruht und wird durch einen Brief des gedachten Bergraths Fol. 14. angeregt. Wie sie gegenwärtig liegt, scheint mir folgendes nothwendig:[405] Nach Fol. e. liegen 1000 Thaler Sächs. Währung als an ihn ausgezahlt in der Gewährschaft der Museumscasse. Hievon wären 1.) 100 Thaler in Ausgabe zu verschreiben, wogegen Bergrath Voigt eine Rechnung einzureichen hätte, daß er für so viel an Naturalien zu dem Museum geliefert habe.

2.) wäre der Rentamtsadministrator anzuweisen, 900 Thaler als ein unverzinsliches Capital gedachtem Bergrath zu notiren, und jährlich 100 Thaler davon abzuschreiben. Hiezu würde das zweyte von Serenissimo uns zugestandne Hundert zu verwenden seyn.

.) wären die 60 Thaler dem Bergrath nicht abzuziehen, weil solche mit in der Summe der 900 Thaler stecken; sondern auf eine, dem Rechnungsstyl gemäße Weise in Ausgabe zu verschreiben.

Ich erbitte mir Ew. Excellenz gefälliges Urtheil, in wiefern auf diese Weise die etwa verschobene Sache wieder ins Gleiche zu bringen sey. Wir erhalten dadurch freylich weiter nichts als daß wir den jungen Mann, der uns ohnehin nicht entgehen wird, auf soviel Jahre vinculiren. Stimmen Ew. Excellenz in der Hauptsache mit mir ein, so will ich die Expeditionen nach meiner Überzeugung aufsetzen und zur Beurtheilung vorlegen.

Weimar den 24. October 1810.[406]


21/6047.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Wohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr,

Um Ew. W. gegenwärtiges mit umgehender Post zusenden zu können, erlauben Sie, daß ich mich ganz kurz fasse.

Ad 2.) Das Capital der Wittwe Ochs betreffend wollen wir also bis in den August 1811 das weitere abwarten.

Ad 3.) Wegen des Capitals des Handelsmanns Zink trete ich Ew. W. Meynung bey, daß man sich zu keiner Vergrößerung des auf der Hypothek haftenden Capitals verstehe; sondern sich lieber die Ablage desselben gefallen lasse, welches ich alsdann zu meiner Disposition zu halten bitte, indem ich es herein zu ziehen und hier im Lande anzulegen gedächte.

Ad 1.) Meine Frau hat vor Kurzem sich die Freyheit genommen, Ihre Frau Mutter, der ich mich gehorsamst zu empfehlen bitte, um Besorgung einiger anzuschaffenden Dinge zu ersuchen. Wollten Ew. W. die desfallsigen Auslagen berichtigen und das mir alsdann zukommende etwa durch einen Wechsel, der in Leipzig zahlbar wäre, zu übermachen; so würde ich es dankbarlich erkennen.

[407] Mehr sage ich nicht, als daß mein Befinden bisher ganz gut gewesen, und daß ich Ihnen und den lieben Ihrigen das Gleiche wünsche. Möchten wir uns doch bald, auf eine oder die andere Weise, wieder einmal persönlich begegnen.

Weimar den 24. October 1810.


21/6048.


An Bettina Brentano

Nun bin ich, liebe Bettine, wieder in Weimar ansässig und hätte dir schon lange für deine lieben Blätter dancken sollen, die mir alle nach und nach zugekommen sind besonders für dein Andencken vom 27ten Aug. Anstatt nun also dir zu sagen wie es mir geht, wovon nicht viel zu sagen ist; so bringe ich eine freundliche Bitte an dich. Da du doch nicht aufhören wirst mir gern zu schreiben und ich nicht aufhören werde dich gern zu lesen; so könntest du mir noch nebenher einen grosen Gefallen thun. Ich will dir nämlich bekennen daß ich im Begriff bin meine Bekenntnisse zu schreiben, daraus mag nun ein Roman oder eine Geschichte werden, das läßt sich nicht voraussehen; aber in jedem Fall bedarf ich deiner Beyhülfe. Meine gute Mutter ist abgeschieden uns so manche andre die mir das Vergangne wieder hervorrufen könnten, das ich meistens vergessen habe. Nun hast du eine schöne Zeit mit der theuren Mutter gelebt,[408] hast ihre Mährchen und Aneckdoten wiederhohlt vernommen und trägst und hegst alles im frischen belebenden Gedächtniß. Setze dich also nur gleich hin und schreibe nieder was sich auf mich und die Meinigen bezieht und du wirst mich dadurch sehr erfreuen und verbinden. Schicke von Zeit zu Zeit etwas und sprich mir dabey von dir und deiner Umgebung. Liebe mich bis zum Wiedersehen.

W. d. 25. Octb. 1810.

G.


21/6049.


An Christian Heinrich Ramann

Herr Ramann wird ersucht dem Überbringer dieses Einen Eymer rothen Elsasser von dem letzteren, und Einen Eymer Languedoc zu übergeben, zum Transport an mich. Zugleich vermelde daß einiges zur Abzahlung parat liegt, worüber disponirt werden kann.

d. 25. Octbr. 1810.

W. Goethe.


21/6050.


An Sara von Grotthuß

Weimar, den 28. October 1810.

Sie sollen, theuerste Freundin, recht herzlichen Dank haben, daß Sie uns durch Ihren lieben Brief, dem wir lange hätten zuvorkommen sollen, auf eine so freundliche Weise beschämen. Wir freuen uns zu[409] hören, daß Sie mit dem Erfolg Ihrer Badecur nicht ganz unzufrieden sind. Nachdem wir in Freyberg, Chemnitz und Löbichau Bergwerke, Fabriken und schöne Damen besucht, sind wir in Weimar angelangt, und wurden daselbst von Hof-, Theater- und Gesellschaftsangelegenheiten sogleich umfangen, so daß unser Blick nach außen für die erste Zeit ganz umnebelt war. Selbst jetzt geht es noch ein bischen bunt her. Verzeihen Sie also diesem eiligen Schreiben.

Nach der Ankündigung ist dieser ehrwürdige Körper sehr disproportionirt. Nimmt die medicinische Facultät, wie billig, den untern Theil des Rumpfes ein; so muß man sagen, daß es ein wohlbeleibter Körper ist. Anderer Bemerkungen enthalte ich mich. Doctor Riemer empfiehlt sich zum allerbesten, dankt für das Andenken, und wünscht auch seine Freunde Ihnen immer empfohlen.

Nun aber empfehle ich Ihnen meine Küche, und meine Tafel, für welche Sie mir zu rechter Zeit einige Leckerbissen zu senden versprochen haben, als da sind: Kaviar, Sander und Dorsche. Mögen Sie mir eine förmliche Rechnung Ihrer Auslagen senden;[410] so verbinden Sie mich ungemein und geben mir Muth, Sie um Fortsetzung solcher Gefälligkeiten zu bitten. Aus unsern mittelländischen Gegenden können wir kaum etwas Andres als papierene Äquivalente anbieten. Leben Sie recht wohl und bleiben Sie unserer aufrichtigen dankbaren Anhänglichkeit überzeugt.

Goethe.

Dem Herrn Gemahl die besten Empfehlungen.

G.


21/6051.


An Carl Friedrich Zelter

Wie es mit dem Zaudern geht, so würde ich gegenwärtiges Blatt auch noch nicht an Sie richten, wenn nicht meine Frauen über das Außenbleiben der Rübchen in Verlegenheit wären, und fürchteten, sie möchten bei späterer Sendung erfrieren. Ich bringe daher diese freundliche Gabe, womit Sie uns zu erquicken pflegen, in Erinnerung.

Von mir ist wenig zu sagen, als daß ich diesen Monat gewissermaßen für mein langes Außenbleiben gebüßt habe, ob ich gleich mich nicht über das was mir begegnet, beklagen darf, vielmehr allerley gutes davon zu sagen wüßte. Sie sind indessen gewiß fleißiger als ich: denn alles was mir diese Zeit her gelungen ist, sind allenfalls einige Reflexionen über das Vergangene. Sagen Sie uns bald etwas von sich. Eine vollständigere Abschrift eines Liedes,[411] das Sie schon besitzen, liegt bey. Leben Sie recht wohl und gedenken unser.

Weimar den 31. October 1810.

G.[412]


21/6051a.


An den Herzog Carl August

Anstatt einer Nachricht von Brizzi und dessen Entschluß, ist ein Duplicat seines Briefes vom 15. Octbr. angekommen. Ich weis nicht, was ich dabey conjeckturiren soll, indessen theile denselben mit, in Hoffnung daß sich die Sache bald auf eine günstige Weise aufklären und wenden wird. Mich zu Gnaden empfehlend

W. d. 5. Nov. 1810.

Goethe.[158]


21/6052.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Wohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr Professor,

Es zeigt sich mir eine angenehme Gelegenheit Ew. Wohlgebornen bey uns zu begrüßen und Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen, indem ich von Serenissimo den Auftrag habe, Dieselben hieher einzuladen, um in den nächsten Tagen den hiesigen Vorrath eines chemischen Apparats anzusehen, und zugleich auch, was etwa von dem Göttlingischen zu acquiriren seyn möchte, zu überlegen; wie sich denn bey dieser Gelegenheit noch manches andere wird besprechen lassen.

Wollten Sie nach Ihrer Ankunft nur sogleich bey mir anfragen, so würde ich zu dem Übrigen Gelegenheit verschaffen, und mündlich versichern, wie vielen Antheil ich an dem Guten und Nützlichen nehme, das wir Ihrer Einwirkung verdanken werden.

Der ich mich mit besondrer Hochachtung unterzeichne

Ew. Wohlgeb.

Weimar

ergebenster Diener

den 6. November 1810.

J. W. v. Goethe.[412]


21/6053.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

erhalten, nach unsrer gestrigen Verabredung, die nöthigen Papiere. Haben Sie die Gefälligkeit darnach das andere zu besorgen. Ordnen Sie den Apparat, wie er nach und nach ankommt, und revidiren ihn nach dem Verzeichniß, welches ich nächstens übersende. Sollte etwas fehlen, so bemerken Sie es, und was drüber ist, verzeichnen Sie. Was sonst von hier aus, besonders von Herzoglicher Bibliothek, nützlich seyn möchte zu Ihren Zwecken, ziehen Sie mir aus, und ich will das weitere gern besorgen. Mich bestens empfehlend

Weimar den 10. November 1810.

Goethe.


21/6054.


An Bettina Brentano

Hier die Duette! In diesem Augenblick habe ich nicht mehr Fassung und Ruhe als dir zu sagen: fahre fort so lieb und anmuthig zu seyn. Laß mich nun bald taufen! Adieu.

D. 12. Nov. 1810.

G.[413]


21/6055.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

bin sehr dankbar für das Überschickte. Leider habe ich bisher immer vergebens gehofft meinen Besuch in Jena abzustatten.

Ihre Literaturzeitung fährt fort mir angenehme Unterhaltung und Belehrung zu geben. Es ist freylich jetzt eine böse Zeit, wo ein solches Unternehmen nur mit Mühe und Sorge durchgeführt wird.

An ein Programm haben wir gedacht. Es könnte die Fortsetzung des vorjährigen enthalten und zugleich die Anzeige von verschiedenen Kunstwerken, die uns dieses Jahr vor Augen gekommen sind.

Wegen einiges andern hoffe ich bald mündliche Anfrage zu thun.

Der ich mich zu geneigtem Andenken empfehle und die Ehre habe mich zu unterzeichnen

Ew. Wohlgeboren

Weimar

ganz ergebensten Diener

den 15. November 1810.

J. W. v. Goethe.


21/6056.


An Friedrich Christoph Perthes

Weimar den 16. November 1810.

Indem ich Ihnen, mein werthester Herr Perthes, dankbar anzeige, daß die vier Stücke des Vaterländischen[414] Museums bey mir eingetroffen sind; so muß ich, obgleich ungern, ablehnen an einem so wohlgemeynten Institute theilzunehmen. Ich habe persönlich alle Ursache, mich zu concentriren, um demjenigen was mir obliegt, nur einigermaßen gewachsen zu seyn. Und dann ist die Zeit von der Art, daß ich sie immer erst gern eine Weile vorüberlasse, um zu ihr oder von ihr zu sprechen. Verzeihen Sie daher, wenn ich dem Antrag ausweiche, und lassen mich manchmal erfahren, wie Ihr Unternehmen gedeiht.

Daß wie Herrn Runge verlieren sollen, schmerzt mich sehr; doch er ist jung, Hoffnung ist bey den Lebenden, und meine Wünsche können ihn nicht loslassen. es ist ein Individuum, wie sie selten geboren werden. Sein vorzüglich Talent, sein wahres treues Wesen, als Künstler und Mensch, erweckte schon längst Neigung und Anhäglichkeit bey mir, und wenn seine Richtung ihn von dem Wege ablenkte, den ich für den rechten halte; so erregte es in mir kein Mißfallen, sondern ich begleite ihn gern, wohin seine eigenthümliche Art ihn trug. Möchte er sich doch nicht so geschwind in die ätherischen Räume verlieren. Lassen Sie meine Grüße an ihn recht aufrichtig theilnehmend und herzlich seyn.

Leben Sie recht wohl und gedenken meiner.[415]


21/6057.


An Ludwig Gottlieb Carl Nauwerck

[Concept.]

[16. November.]

Ew. Wohlgeboren

haben mir diesen Sommer eine sehr angenehme Überraschung gegönnt, indem Sie mir die wohlgerathenen Zeichnungen nach Carlsbad übersandten. Ich konnte mich nicht von ihnen trennen, weil ich sie nothwendig meinen und Ihren weimarischen Freunden vorlegen mußte. Auch unterwegs schon haben sie viel Vergnügen gemacht, und mehr als einmal bin ich gefragt worden, ob sie verkäuflich seyen.

Erlauben Sie jetzt, daß ich sie noch bis etwa gegen das Neujahr behalte, und daß wir, in dem gewöhnlichen Jahres Programm der jenaischen allgemeinen L. Zeitung, ein gutes Wort darüber ausspreche.

Unser Kupferstecher Herr Müller ist von Dresden aus auf diese Zeichnung aufmerksam gemacht worden, und übertrüge wohl eine und die andere auf die Platte; allein es ist dabey bedenklich, daß gerade das Verdienstlichste Ihrer Zeichnung so außerordentlich zart ist, daß es kaum noch einmal und besonders mit einer andern Technik hergestellt werden könnte.

Wie sehr hätte ich gewünscht, Sie noch in Dresden anzutreffen und Ihnen auch für die anmuthige und geistreiche Parodie der Transfiguration zu danken, die ich Herrn Geheimerath Wolff gern abgetauscht oder[416] abverdient hätte. Sagen Sie mir ein Wort über ihre gegenwärtigen Zustände und Intentionen, und bleiben versichert, daß wir seit den guten Zeiten unserer Ausstellung Ihrer immer mit wahrer Theilnahme gedacht und uns recht sehr an den bedeutenden Fortschritten ergetzt haben die Ihnen indessen geglückt sind. Der ich Sie von mir selbst und von der Firma W. K. F. zum allerschönsten gegrüßt haben will.[417]


21/6057a.


An Johann Friedrich Cotta

[Concept.]

[Weimar, 16. November 1810.]

Bald nach meiner Ankunft erhielt ich Ew. W. Brief vom [27. September] und danke schönstens fürs Andenken. Nun bin ich einen Monat wieder zu Hause und wie natürlich kaum zu mir selbst gekommen. Ich bedenke von Zeit zu Zeit, was etwa Ostern zu leisten seyn möchte, und schreibe darüber nächstens.

Über mein Wandern sind die Wanderjahre ins Stocken gerathen, doch denke ich, ein glücklicher Anstoß soll bald einen entschiedenen Entschluß hervorbringen, und dann wird alles wieder im Gange und wenn das Glück gut ist, bald am Ende seyn.

[158] Das beste was ich von meiner Sommerfahrt mit nach Hause gebracht habe, ist ein Schema meiner Biographie, das wenigstens in seiner Grundzügen ziemlich vollständig dasteht. Ich arbeite es nun im Einzelnen aus und eigentlich sind diese Betrachtungen jetzt dasjenige was mich am meisten interessirt. Ich bin genöthigt in die Welt- und Literaturgeschichte zurück zu gehen, und sehe mich selbst zum erstenmal in den Verhältnissen die auf mich gewirkt und auf die ich gewirkt habe; und dieß giebt zu sonderbaren Reflexionen Anlaß. Ich habe gegen mehrere Freunde kein Geheimniß aus diesem Vorsatz gemacht. Man hat ihn durchaus mit Beyfall aufgenommen und mir manches versprochen was mich fördern kann.

Wollten Sie die Gefälligkeit haben mir den Wiener Nachdruck meiner Werke zu senden, daß ich dieses verwünschte Opus näher kennen lernen. Sie haben alles durch einander geworfen, wie Kraut und Rüben, wie ich bey einem flüchtigen Blick, den ich in Böhmen darauf warf, bemerkte. Hauptsächlich wünschte ich zu sehen, was sie noch abgedruckt haben, das in unsrer Ausgabe nicht steht; und ich hätte große Lust, einen Supplementband, besonders Gedichte, an den Tag treten zu lassen. Es ist manches darunter aus meinen ersten Zeiten, das wegen verschiedener Ursachen bisher zurückblieb; jetzt aber wohl das Tageslicht wird anblicken dürfen. In einiger Zeit kann ich wenigstens eine Inhaltsanzeige schicken.

[159] Vielleicht könnten Sie mir auch zu einen musicalischen Hefte verhelfen. Es sind sechs Canons von Joseph Haydn, Augsburg, bey Gambart.

Ferner wollte ich Sie ersuchen mir die sämmtlichen Jahrgänge des Rheinländischen Hausfreundes, eines Calenders, der in Karlsruh herauskommt, zu verschaffen. Ich habe den auf 1811 gesehen, welcher allerliebst ist. Soviel ich weiß hat dieses Volksbüchlein unsern vortrefflichen Hebel zum Verfasser.

Soeben erhalte ich den Almanach des Dames, der mich nicht zu erinnern braucht, für wie viel anders angenehm-mitgetheilte ich zu danken habe. Ich will nur der Riepenhausischen Hefte erwähnen. Es bleibt ein dankenswerthes Unternehmen, das man nicht mit der größten Strenge beurtheilen, noch die höchsten Forderungen daran machen muß. Es ist schon bewundernswerth, wenn junge Künstler ohne höhere Unterstützung dergleichen unternehmen und ausführen. Da sich Ew. W. der Sache annehmen, so ist sie nunmehr geborgen.

Die Boisseréeschen Zeichnungen ins Publicum zu bringen, ist gleichfalls höchst verdienstlich, und kann man auch den Enthusiasmus der Unternehmer nicht ganz theilen; so muß doch bekennen, daß er nöthig war um eine so schwierige Arbeit zu vollbringen.

Recht interessante und gestreiche Umrisse zu Faust von Retzsch habe ich in Dresden gesehen. Wenn er[160] sie ebenso auf die Platten bringt, so wird es ein gar erfreuliches Heft geben.

Auch hat Herr Nauwerck in Ratzeburg ein halb Dutzend meist ausgeführte Zeichnungen zu Faust geliefert, die besonders in Betrachtung, daß sie von einem Liebhaber herrühren, bewundernswürdig sind.

Ich hoffe nun bald zu vernehmen, daß Sie den Ort glücklich verändert haben und in Stuttgart einheimisch sind. Möge Ihnen alles was Sie hoffen und erwarten erfüllt werden.[161]


21/6058.


An Carl Friedrich Zelter

Die glückliche Ankunft der Rübchen an dem gestrigen Tage, als dem 17. November, will ich sogleich vermelden und zuvörderst für diese schöne Küchengabe in meinem und meiner Frauen Namen zum allerbesten Dank sagen.

Und nun sogleich hinzufügen, wie viel Freude Sie uns durch die zuletzt übersendeten Compositionen sowohl als durch den Diogenes gemacht haben, welcher der Liebling unsres kleinen Publicums geworden ist. Ich hoffe Ihre Liedertafel wird sich nicht weniger an demselben erfreut haben.

Die wöchentliche musicalische Zusammenkunft, so gering die Anstalt auch seyn mag, verschafft mir doch das unschätzbare Vergnügen, das ich sonst ganz entbehren müßte, Ihre trefflichen Arbeiten wiederholt zu vernehmen und damit bekannt zu werden. Johanna[417] Sebus, und die Gunst des Augenblicks werden heute aufgeführt und ich freue mich schon im voraus darauf. Lassen Sie mich doch bald wissen, wie es der Pandora ergeht, oder was sie sonst zu bearbeiten sich vorgenommen. Der Schreiber dieses hat abermals einige Lieder und Späße ausgehoben, die Ihnen zur guten Stunde zukommen und zu eigner und fremder Freude anreizen mögen. Der Schneider ist ganz excellent und erregt immer großes Wohlgefallen.

Zu Ende dieser Woche werden wir den Achille von Paer in italiänischer Mundart hören. Brizzi ist angekommen und wird uns diesen Helden vortragen. Unsre übrigen Sänger üben theils ihr italiänisch, theils lernen sie es von vornen. Es wird aber auf alle Fälle eine hübsche Vorstellung werden.

Von mir habe ich wenig zu sagen, obgleich das schon genug ist, daß ich mich ganz wohl befinde. Ich habe aber diese Zeit her nicht das mindeste gethan, was mir und andern in der Folge Vergnügen machen könnte. Jeder Tag verschlingt das Bischen Thätigkeit, so wie das Gute und Üble was er bringt.

Nun leben Sie wohl und fahren fort uns aus der Ferne durch Wort und Werk zu ergötzen und aufzufrischen.

Weimar den 18. November 1810.

Goethe.


Noch ist hinzuzufügen daß die Berliner Comödienzettel mit den Rübchen glücklich angelangt sind.

[418] Ferner wollte ich anfragen: Habe ich Ihnen nicht Zwey Exemplare meiner Werke zugeschickt, eins auf Velin, das andre auf ordinär Papier? Ich habe leider diese Sendungen ein wenig unordentlich angestellt. Schreiben Sie mir, so schicke ich den dreyzehnten Theil, welcher die Wahlverwandtschaften enthält.

Schließlich melde, daß uns ein seltsames Unternehmen bevorsteht, nämlich den Faust aufzuführen, wie er ist, insofern es nur einigermaßen möglich werden will. Möchten Sie uns wohl mit einiger Musik beystehen; besonders bey dem Ostergesang und dem Einschläferungslied: Schwindet ihr dunklen Wölbungen droben.

Und nun ganz zum Ende, die Meldung, daß Brizzi von München angekommen ist, und daß wir den Achill von Paer italiänisch geben, und also recht wie vornehme Leute thun. Wahrscheinlich wird die Aufführung Sonnabend den 24. November seyn.


21/6059.


An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra

[Concept.]

[19. November.]

Das mir bescherte Glück, einen trefflichen Freund so wahr und warm wie vor manchen Jahren wieder zu finden, wird mir aufs neue belebt, da die interessante Charte bey mir aufgesteckt ist und mich zu geistiger Wiederholung des Gesehenen und Genossnen einlädt. Tausend Dank dafür!

[419] Ich hoffe, die verehrten und geliebten Freyberger sind überzeugt, daß alles was mir zu Liebe und Nutzen geschehen, unvergessen bleibt, ja daß eine meiner angenehmsten Erinnerungen des Jahrs sich auf jenes edle und so wohl bearbeitete Bergrevier bezieht.

Der würdige Freund empfiehlt mich den verehrten Seinigen und allen zu jenem großen Zwecke mitwirkenden Männern. Mein lebhafter Wunsch wäre, meinen Besuch bald zu wiederholen und, durch aufrichtige Dankbarkeit, neue Gefälligkeit zu verdienen. Mein Sohn, dem Durchlaucht der Herzog soeben den Titel eines Cammerassessor ertheilt, empfiehlt sich angelegentlichst, so wie Dr. Riemer des mannigfaltigen Guten eingedenk.

Möge beyliegendes Werk, in dem Freyberger thätigen und wissenschaftlichen Zirkel einigen Beyfall finden und eine für den Verfasser belehrende Theilnahme erregen.


21/6060.


An Nikolaus Meyer

Sie hatten uns, mein werthester Herr Rath, die Hoffnung gemacht, daß wir Ihre liebe Gattinn bey uns sehen sollten. Wir hofften nähere Nachricht von Ihrem Befinden zu erhalten, und abermals eine lebhaftere Communication zu eröffnen. Indem wir uns nun aber getäuscht finden, so frage ich für mich an[420] und ersuche Sie, uns gelegentlich anzuzeigen, wie es mit Ihrer Gesundheit steht, und wie Sie mit Ihrem neuen Wohnort, sowohl in Betracht der Praxis als sonst zufrieden sind.

Mögen Sie mir sonst erzählen, womit Sie sich beschäftigen und woran Sie Theil nehmen, so wird es mir sehr erfreulich seyn. Sie werden sich erinnern, mir früher eine Anzahl aus einem alten Codex durchgezeichneter Blätter mitgetheilt zu haben. Sie stellen wunderliche, uns bisjetzt unerklärte Figuren und Geschichten vor, und standen wahrscheinlich als Marginalien neben einem Gedicht. Bey den neuern Bemühungen um die Poesie des Mittelalters kommen dergleichen Alterthümer vorzüglich zur Sprache, und es wäre uns wünschenswerth etwas Näheres über jenen Codex zu erfahren, woraus diese Zeichnungen genommen sind.

Wo befand er sich? und zu welcher Zeit? haben Sie ihn etwa selbst gesehen, oder haben Sie nur historische Nachrichten davon? Wer hat die Zeichnungen gemacht? Und wie wär es möglich, wenn der Codex noch aufzufinden wäre, am schnellsten Notiz von ihm zu erlangen? ja vielleicht eine Abschrift des neben den Figuren gestandenen Gedichts zu erhalten? Mögen Sie mir hierüber bald einige Nachrichten geben, so verbinden Sie mich ganz besonders. Eine Blechkapsel mit den Menkenschen Zeichnungen wird vorlängst angekommen seyn. Sind wir[421] im Fall Ihnen irgend eine Gefälligkeit zu erzeigen, so geben Sie einen Wink.

Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau und küssen Ihren wackern Knaben. Die meinigen grüßen zum schönsten.

Weimar den 20. Nov. 1810.

Goethe.


21/6061.


An Charlotte von Stein

Jeden Morgen wollt ich, verehrte Freundinn, zu Ihnen kommen, einiges vorzeigen, einiges besprechen. Aber diese Tage waren mir voll Unruhe. Jetzt bin ich veranlasst nach Jena zu gehen, Montag bin ich wieder hier. Indessen sende ich mehrere Umrisse zu Götz einen zu Faust an denen ich Freude und meiner zu gedencken bitte.

W. d. 23. Nov. 1810.

G.


21/6062.


An Anna Amalie Wolff

Sie haben, beste Wolff, neulich die Rolle der Iphigenie, nach aller und auch nach meiner Überzeugung fürtrefflich und unverbesserlich dargestellt, wie denn gestern bey Hofe darüber nur eine Stimme war. Wenn ich aber an jenem Abend, indem ich Sie bewunderte, zugleich mit Horchenden, die mir schon[422] einigen Verdruß gemacht hatten, mein Spiel trieb; so war sicherlich Mephisto nicht weit. So viel vorläufig zu ihrer Beruhigung an der mir unendlich viel gelegen ist. Wandeln Sie auf Ihrer schönen Bahn, zu aller Freude nur immer so fort und lassen Sich durch nichts irre machen. Mir würde die Sache lustig vorkommen, wenn Ihnen dabey nicht Weh geschehen wäre. Doch hoffe ich wir wollen nächstens bey einem Glas Champagner darüber lachen.

W. d. 23. Nov. 1810.

Goethe.


21/6063.


An Silvie von Ziegesar

Es thut mir sehr leid Sie gestern nicht begrüßt zu haben. Etwas sehr wunderbares hielt mich ab. Sie Sollen es künftig erfahren.

Auch heute kann ich leider Sie nicht besuchen und Morgen frühe muß ich wieder fort.

Brizzi singt 4 bis 5 mal und da wird es doch Einen günstigen Tag geben.

Paulinen lassen Sie ja allein an dem verräthrischen Geschenck sich abmüden. Es ist ihr für ihre Sünden gegeben. Sie wird mich nächstens verwünschen und es ins Feuer werfen.

Vorher aber wünscht ich daß der liebe Papa die Ankündigung läße die ganz am Schluß des Quartheftes steht. Er hat als Canzler und Minister viel[423] seltsamere Relationen angehört. Ich empfehle mich zum besten. Und empfele mich Ihrem lieben Andencken.

Jena d. 25. Nov. 1810.

G.


21/6064.


An Joseph Maria Graf von Portalis

[Concept.]

Monsieur

C'est avec la plus agréable surprise que je reçois la lettre que Votre Excellence m'a fait l'honneur de m'adresser le 9. de ce mois. Comme homme de lettres, j'ai vu avec un intérêt mêlé d'admiration les sages réglemens par lesquels le Héros qui fait le bonheur de la France a pourvu à la propriété des écrivains nationaux et étrangers. Aujourd'hui, que je me vois compris dans le nombre de ceux qui jouissent de ce bienfait, j'ai lieu de m'en féliciter plus particulièrement puisque j'y trouve une occasion de marquer à Votre Excellence les sentimens de la sincère estime que m'a depuis longtemps inspirée la rare et l'infatigable activité avec laquelle Vous honorez une place dont aucun des immenses détail ne Vous échappe.

'Quant à l'objet qui me procure l'honneur de Vous écrire, j'ai celui de Vous marquer que Mr. Cotta libraire à Stuttgart et à Tubingue, Royaume de Wurtemberg, et de Société pour plusieurs ouvrages importans,[424] avec les libraires de Paris et de Strasbourg, est celui pour le moment s'est chargé de l'impression et de la vente de mes oeuvres poetiques, littéraires, ou qui ont les Sciences et les Arts pour objet.

C'est en son nom et mien que j'invoque avec reconnoissance l'effet de la faveur accordée aux auteurs par le quarantième Article du Décret concernant les libraires et les écrivains étrangers, et je supplie Votre Excellence de vouloir bien user de l'autorité de sa Place pour faire surveiller nos intérêts avec la même bonté qui l'a engagée à nous y rendre attentifs.

Si jamais je contracte quelque engagement dans l'étendue de l'empire François, soit avec Mr. Fabricius de Cologne avec lequel je n'ai eu jusqu'à présent aucune rélation, soit avec quelque autre libraire, j'aurai soin de munir mes arrangemens de clauses propres à les faire légitimer sous Votre suprême Direction, et j'ose espérer que Vous voudrez bien me permettre d'en faire à Votre Excellence un hommage que la crainte d'importuner m'a interdit jusqu'à présent.

Je Vous supplie encore une fois d'agréer les assurances da ma plus vive gratitude rélativement à la bonté avec laquelle Vous voulez bien me prévenir légalement et ajouter à cette faveur quelques nots infiniment flatteurs. Veuillez bien me permettre de me réserver l'occasion d'ajouter personellement les marques de mon dévouement à ce peu de lignes par lesquelles je ne puis épuiser l'expression des sentiments[425] de l'estime trés-respectueuse et de la haute considération avec laquelle j'ai l'honneur d'être

Monsieur

Weimar

de Votre Excellence

ce 25. Novembre 1810.

le tr. h. et tr. ob. Serv.


21/6065.


An Joseph Franz Maximilian von Lobkowitz

Durchlauchtigster Fürst,

gnädigster Herr!

Nachdem gestern die Oper Achill mit allgemeinem Beyfall aufgeführt worden, halte ich für Schuldigkeit Ew. Durchlaucht hiervon unterthänig zu benachrichtigen. Herr Brizzi hat vortrefflich gesungen und gespielt, und die unsrigen haben ihn recht glücklich secundirt. Unsere hohen Herrschaften, der Hof und das Publicum verlebten einen sehr schönen Abend, und da Ew. Durchlaucht dieses schwierige Unternehmen freundlichst begünstigt und wir Höchstdenselben den verbindlichsten Dank schuldig sind, so verfehle ich nicht, denselben hiermit auszusprechen und ihn im Namen aller, besonders aber im Namen Durchlaucht des Herzogs abzutragen.

Konnte etwas dies vorzügliche Vergnügen stören, so war es die vereitelte Hoffnung Ew. Durchlaucht hier zu sehen; wobey uns nur noch der Gedanke zu[426] statten kam, etwas vorbereitet zu haben, was in der Zukunft Höchstdenselben zu vergnüglicher Unterhaltung gereichen könnte.

Die uns vertrauten Musicalien werden nachgemachtem Gebrauch nach Dresden an den Herrn Hauptmann von Verlohren abgesendet, welcher nicht verfehlen wird, sie dahin wo Ew. Durchlaucht befehlen sollten, zu spediren.

Was mich betrifft, so habe ich keinen angelegentlicheren Wunsch für das nächste Jahr, als Ew. Durchlaucht und Ihro höchsten Angehörigen irgendwo aufzuwarten, um die Höchstdenselben gewidmete Verehrung persönlich auszudrücken.

Wie ich denn hoffe, daß Gegenwärtiges zur guten Stunde anlangen und gnädige Aufnahme erfahren wird.

Ew. Durchlaucht

Weimar,

unterthäniger Diener

den 29. November 1810.

J. W. v. Goethe.[427]


21/6068.


An Carl Ludwig von Knebel

In Erwiederung deines freundlichen Briefs vermelde ich nur kürzlich, daß Sonnabends die Oper wiederholt wird. Du sollst freundlich willkommen seyn mit den Deinigen, ein gutes Mittagessen soll[431] euer warten, so wie auch Schlafstellen für die Nacht bereitet seyn, alles nach Lust und Belieben. Mehr sage ich heute nicht, werde dir aber bey deiner Ankunft manches artige mittheilen können. Lebe recht wohl und gedenke meiner.

Weimar den 5. December 1810.

G.


21/6069.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

ersehen aus der Beylage, was von Seiten Herzoglicher Commission an Frau Professor Göttling gelangt ist. Das ganze Geschäft erledigt sich dadurch, und Sie können sowohl den Apparat als die Bibliothek, von welchen beyden ein Verzeichniß beygelegt ist, in Ihren Gewahrsam nehmen und sich deren nach Belieben bedienen. Alles zusammen wird gewiß ein hübsches Ganze machen, wenn wir nur erst ein Local, das bequem genug ist, vor uns haben, und die sämmtlichen Geräthschaften restaurirt und in Ordnung sind.

Wollen Sie bey der Übernahme meinen Sohn, den Assessor, zuziehen, so wird es mir sehr angenehm seyn, damit er sich eben so an Ew, Wohlgeboren als an die Wissenschaft, welche Sie Lehren, noch mehr attachire.

[432] Ich wünsche recht wohl zu leben und hoffe vor Neujahr noch einmal Sie in Jena zu sehen.

Ew. Wohlgeboren

Weimar

ergebenster Diener

den 5. December 1810.

Goethe.


21/6070.


An Frau Göttling

Auf Ihr gefälliges Schreiben, wertheste Frau Professorin, habe das Vergnügen, anzuzeigen, daß das in Frage stehende Geschäft, nach Ihren Vorschlägen, abgeschlossen werden kann.

Sie erhalten also:

für den Apparat im Ganzen160 Rthl.

für die Büchersammlung zu 1200 B.

den Band zu 6 ggr.300

460 Rthl.

Diese können sogleich ausgezahlt werden, wenn vorbenannte Gegenstände an Herrn Professor Döbereiner übergeben und in seinen Gewahrsam gekommen sind. Nur muß man dabey die Bedingung machen, daß Alles an Ort und Stelle bleiben könne, bis gedachter Herr Professor seine Wohnung verändert, und der Apparat sowohl als die Bücher nach dem neuen, im Herzoglichen Schlosse einzurichtenden Locale gebracht werden können; welches vielleicht Ostern vielleicht Johannis geschehen kann.

[433] Sollten Sie sonst noch etwas zu erinnern haben, so könnte solches Herrn Professor Döbereiner oder mir unmittelbar mitgetheilt werden. Es ist mir sehr angenehm, bey dieser Gelegenheit den Antheil bezeigen zu können, den ich aufhöre an Ihnen und den Ihrigen zu nehmen.

Weimar den 5. December 1810.

Goethe.


21/6071.


An Sara von Grotthuß

Weimar, den 6. December 1810.

Heute soll, theuerste Freundin, nicht von Leckerbissen, am wenigsten von den Spickgänsen, die Sie uns so appetitlich in der Ferne zeigen, die Rede seyn; auch nicht von allem andern Freundlichen und Guten, das Ihr lieber Brief enthält; sondern, wie Sie schon aus der Inlage sehen, von dem Schicksal der Tochter Jephthä. Auf Ihre Anregung habe ich sogleich das empfohlene Trauerspiel aus den Flözschichten poetischer, theatralischer und litterarischer Anhäufungen, die sich um mich herum aufbauen, hervorgesucht, habe solches mit Vergnügen gelesen, und halte die Aufführung nicht ganz unmöglich; doch wünschte ich, der Verfasser thäte vorher noch Folgendes daran:

1) Könnte er eine Anzahl Verse herausnehmen, oder, wie man sagt, streichen; so würde es dem Stück günstig seyn, weil es etwas zu lang spielt. Ich fühle[434] zwar selbst, daß es schwer halten wird, weil die Scenen gut gearbeitet sind, und sich nichts Überflüssiges findet; allein hie und da läßt sich doch wohl eine kleine Amplification und mehrere Ausführlichkeit wegnehmen, ohne daß das Ganze Schaden leidet.

2) Wären die vier Krieger in zwey Personen zusammenzuziehen, und diesen bestimmte Namen zu geben. Kein guter Acteur mag gern als bloßer Statist erscheinen, und das, was die Krieger zu sagen und zu thun haben, ist zu bedeutend, als daß man es wagen sollte, durch vier Personen es ausrichten zu lassen, wo gewöhnlich einer oder der andere schwach bleibt, oder gar sich lächerlich macht.

3) Nun noch ein Hauptpunkt. Der Verfasser hat wohl gefühlt, daß er bey dem Gelübde Jephtha's sich besonders angreifen müsse, und hat es auch deßhalb, damit es sich vom andren gleichsam absondere, in gereimte Verse gebracht; allein aufrichtig zu sagen, so hat mir diese Stelle zu wenig Gehalt und die Gereimten Trochäen zu wenig Würde. Die Achse, um die sich das ganze Stück dreht, sollte etwas derber seyn. – Dieses legen Sie dem Verfasser an's Herz, und er wird leicht fühlen und einsehen, wie es gemeint ist.

So viel für heute. Ich füge weiter nichts hinzu, damit diese Sendung nicht aufgehalten werde.

G.[435]


21/6072.


An Sara von Grotthuß

Weimar, den 7. December 1810.

Die schöne Tasse zum Andenken der verehrten Königin, welche als ein Kenotaphium bey mir stehen soll, und der überschöne Beutel, welcher gleichfalls als Kenotaphium in meinem Schatze liegt, weil des Goldes nicht hinreichend übrig ist, ihn zu füllen, sollen mir liebe Erinnerungspunkte bleiben an das Wohlwollen meiner Freundin.

Sie empfangen heute nur diese wenigen Worte des Danks, welcher sich auch auf Ihren liebenswürdigen Brief erstreckt. Die Tochter Jephta wird diesem Blatt bald folgen; das Stück ist vielleicht aufführbar, wenn der Verfasser noch einiges daran thun will, warum ich ihn ersuche. Nächstens erhalten Sie eine Abschrift eines sehr artigen Elogiums, das der Prince de Ligne meinen Wahlverwandtschaften gegönnt hat, von welchen die französische Übersetzung zu ihm gelangt ist. Für heute leben Sie recht wohl.

G.[436]


21/6072a.


An die Hoftheater-Commission?

Sollte man dem Stadtrath nicht zur Resolution ertheilen, daß man mit ihm den Redoutenpacht, auf die bisherigen Bedingungen, auf ein Jahr fortzusetzen gedenke, zugleich aber nicht abgeneigt sey, etwas an der Summe nachzulassen, wenn diese Vergnügungen für diesen Winter gar zu wenig besucht werden sollten. Man behält sich dadurch eine Entschließung wegen der Summe bevor. Einiger Nachlaß wird nicht übel seyn, weil es immer besser ist, etwas als gar nichts zu erhalten.

Weimar den 8. December 1810.

G.[161]


21/6074.


An Christian Gottlob Voigt

Aus dem beyliegenden Aufsatz und dessen zweytem Blatte ist zu ersehen was die Museums Commission zu Gunsten des Hofmechanikus Otteny zu Jena, im May des gegenwärtigen Jahres, unterthänigst berichtet. Auch haben Serenissimus die Vorschläge im allgemeinen gebilligt und uns aufgetragen, das Erforderliche zu besorgen. Die Hauptsache aber, die völlige Einrichtung der Zimmer über der Reitbahn[440] nämlich ist wegen mancherley Hindernissen noch nicht zur Ausführung gekommen; welches jedoch nächstes Frühjahr gewiß geschehen wird.

Indessen bringt Otteny in beyliegendem unterthänigsten Memorial die Sache wieder zur Sprache, und es wäre wohl zu wünschen, daß Durchlaucht seinen Bitten Gehör gäben und ihm die survivance auf die Stelle des Hofmechanikus Schmidt und die damit verbundene Besoldungsemolumente ertheilten, ihm auch vorläufig eine gnädigste Unterstützung durch ein Deputat an Früchten und Holz angedeihen ließen. da er eine solche Begünstigung schon jetzt gar wohl verdient und zunächst bey den neuen Einrichtungen sich sehr brauchbar beweisen wird.

Weimar den 12. December 1810.

G.[441]


21/6074a.


An den Herzog Carl August

Ew. Durchl.

gnädige und freundliche Gesinnungen habe dadurch sogleich zu erreichen gesucht daß bey dem zweyten Punckte 2 Louisd'or gestrichen und in einem besondern siebenten ihrer schließlich gedacht worden, wodurch sie nicht als Abzug sondern als gnädiges mit Danck zu erkennendes unmittelbares Geschenck, nach Ew. Durchl. eigner Modification erscheinen.

[Weimar] d. 12 Dec. 1810.

G.[162]


21/6075.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

übersende einen Brief an unsern guten Bergrath in Ilmenau, welchen durchzusehen und gefällig abzusenden bitte.

Auf diese Weise erhalten wir eine vaterländische Sammlung, die in so manchen Sinne schätzbar ist und die successive Abzahlung wird nicht empfunden. Einiges die Museen und die Bibliothek betreffende nehme mir die Freyheit ehestens zu communiciren.

[441] Das beste Wohlbefinden in diesen trüben Tagen wünschend

Weimar den 14. December 1810.

G.


21/6076.


An Franz Kirms

Die geborne Actrice geht so eben von mir und hat mich in Verwunderung gesetzt. Wäre sie, so ist viel gewonnen. Bedenken Ew. Wohlgeboren die Sache mit Herrn Rath Kruse, aber im Stillen. Sollte man nicht etwa die Auskunft treffen, wie gestern schon die Rede war, daß man verspräche, ein Jahr eine billige Pension zu bezahlen. Am besten freylich wäre es, wenn Madame Häsler sie zu sich nehmen wollte. Nach verlauf des Jahres müßte es ganz von Herzoglicher Commission abhängen, ob man sie behalten, entlassen, den Versuch mit ihr fortsetzen, oder sie auf bestimmte Zeit engagiren wolle. Auch dürfte sie die Pension, wo man sie hinthut, ohne Einwilligung der Commission nicht verlassen; kurz wir müßten, wenigstens während der Probezeit, ganz und gar Elternstelle bey ihr vertreten.

Wenn man bedenkt, daß Demoiselle Maaß in Berlin die Jungfrau von Orleans spielt, die nicht größere und eben so dicklich ist; wenn man das außerordentliche Talent bedenkt, das in diesem Kinde steckt,[442] das Gedächtniß, die Gabe, sich in verschiedene Rollen zu versetzen, und daß sie noch unverdorben und ohne falsche Manier ist; so sollte man wohl etwas wagen, aber die Sache abthun, ehe Gegenwirkungen entspringen können. Man ließe sie nachher nicht eher auftreten, als bis man ihr ein paar schickliche Rollen recht eingelernt hätte.

s. m.

Weimar den 14. December 1810.

G.


21/6077.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Wohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr Stadtgerichtsrath.

Ew. Wohlgeboren gefälliges Schreiben mit inliegendem Wechsel auf 400 Gulden nach Leipzig habe ich richtig empfangen, über welche Summe ich also hiermit dankbar quittiren will.

Zwey Weinrechnungen der Herren Peter Friedrich Dorville und Comp. lege hier bey, mit Bitte solche seiner Zeit zu bezahlen. Vielleicht hätten Sie die Güte den Herrn Dorvilles Nachricht zu geben, daß der Wein glücklich bey mir angekommen, und daß Ew. Wohlgeboren Zahlung leisten würden.

Da ich übrigens auch hier am orte eine Assignation auf Frankfurt gar wohl ausstellen kann, indem mehrere unserer Kaufleute dorthin Verhältnisse haben;[443] so ersuche für die Zukunft mir den Cassebetrag gefällig anzuzeigen, auf den ich sodann zu assigniren mir die Freyheit nehmen werde.

Herr von Kügelgen zu Dresden, der bey meinem letzten Aufenthalt daselbst das Ihnen, mein Werthester, bestimmte Bild zu mahlen angefangen, und was den Kopf betrifft, auch nach der Natur vollendet, läßt mich länger als ich geglaubt, warten; doch verspricht er es gegen Weihnachten zu senden. Sollte es bey Ihnen nicht zum heiligen Christ anlangen, so hoffe ich doch, daß es die heiligen drey Könige bringen werden.

Die zurückgebliebenen Papiere nebst dem angekündigten Manuscripte erwarte mit Verlangen, sowie ich auch wohl wünschte das Werk des Bernhardus Telesius, auf eine zu bestimmende Zeit, zu erhalten. Könnten Sie gedachtes Buch von der Stadtbibliothek leihen und es mir durch den Postwagen schicken; so geschähe mir eine besondere Gefälligkeit, denn ich habe es längst zu sehen gewünscht. Danken Sie dem Freunde für die bezeigte Aufmerksamkeit. Die Meinigen empfehlen sich zum allerschönsten. Wir halten uns diesen Winter ganz gut. Der Assessor ist wieder nach Jena gezogen, um daselbst den Studien weiter obzuliegen. Er findet viel Interesse an seiner neuen Bestimmung, und gewiß ist das Cameralfach lustiger als manches andere. Daß er sich in Heidelberg ausschließlich der Jurisprudenz gewidmet, wird ihm dabey sehr zu statten kommen. Erhalten Sie ihm und[444] uns allen Ihre Freundschaft. Mit aufrichtigen Dank für Ihre mannigfaltigen Bemühungen habe ich die Ehre mich zu unterzeichnen

Ew. Wohlgeb.

Weimar

gehorsamsten Diener

den 14. December 1810.

Goethe.


21/6078.


An Friedrich Heinrich Jacobi

An eben dem Tage, da Herr Brizzi, welcher uns bisher viele vergnügte Stunden verschafft, von uns Abschied nimmt, erhalte ich den dritten Jahresbericht der Königl. Akademie der Wissenschaften, wahrscheinlich durch deine Vorsorge, und will hiermit zum schönsten dafür gedankt haben. Wohl möchte ich einmal die Schätze sehen, die sich dort nach und nach versammelten; besonders machen mich in diesen letzten Blättern die neu einrangirten Münzen lüstern: denn an diesen Denk- und Kunstwerken ergetze ich mich sehr seitdem ich von jenem großen, italiänischen Gastmal aufgestanden, und genöthigt bin, mich am nordischen Katzentische vom Abhub zu nähren. Jacobsens Rede, die mir schon früher zukam, hat uns das große Festin der griechischen Epoche wieder recht lebhaft erinnert, und indem sie unsern Geist erhob, unser Gemüth in eine Halbtrauer versetzt. Auch er soll Gruß und Dank haben.

[445] An mehrern andern wissenschaftlichen Fortschritten, die uns durch dieses dritte Heft angezeigt werden, nehme ich aufrichtig Theil; am liebsten aber wünsche ich dir Glück, daß du nach manchen ausgestandnen Stürmen, von denen wir sehr ungern mehreres vernommen, endlich wieder zu einem ruhigen und erfreulichen Leben gelangt bist. Möge dieser Zustand nun desto sicherer fortdauern, und die überstandene Prüfung niemals wiederkehren.

Was mich betrifft, so bin ich immer beschäftigt, ohne viel zu thun, und am Ende kommt denn doch dieses oder jenes zu Stande. Vergangenen Sommer habe ich meist wohl und froh in Böhmen zugebracht; ich hoffe den nächsten soll es mir wieder so werden. Laß mich gelegentlich auch wieder von dir etwas vernehmen, und wirf einen Blick auf beyliegendes Blättchen. Vielleicht kann durch deine Vermittlung ein gutes Kunstwerk entstehen und ein braver Künstler gefördert werden. Lebe recht wohl und gedenke mein.

Weimar den 19. December 1810.

G.


[Beilage.]

[Concept.]

Gefällig zu gedenken.

Ihro Königl. Hoheit der Kronprinz von Bayern haben, wie zu vernehmen gewesen, mehrere Bildhauer beschäftigt, um eine Sammlung von Portrait-Büsten vorzüglicher Männer, der gegenwärtigen und vergangenen[446] Zeit, nach und nach aufzustellen. Unter andern soll die Rede von Lucas Cranach gewesen seyn. Ein solches Bildniß würde von Weimar aus am besten geliefert werden können, weil sich dieser Künstler auf dem großen Altarblatte der hiesigen Hauptkirche, neben Luthern, zu Füßen des Gekreuzigten, mit der größten Sorgfalt gemalt hat. Auch ist ein geschickter Bildhauer hier, Namens Weißer, ein Nachfolger von Herrn Tieck, der sich schon durch mehrere Büsten in Gips, und einige in Marmor sehr vortheilhaft ausgezeichnet hat; und wie er sich schmeichelt schon von gedachtem Herrn Tieck empfohlen worden ist. Dieser würde, wenn ihm der höchste Auftrag geschähe, unter Anleitung obgedachten Gemäldes und andrer Hülfsmittel, z.B. eines Grabsteins, worauf das Bild des Künstlers en relief gearbeitet, wahrscheinlich ein sehr ähnliches, und nach seinen Fähigkeiten und Fertigkeiten auch gutes Kunstwerck hervorbringen; welches Zeugniß ich ihm auf sein Ansuchen nicht versagen wollen, weil ihm zu wünschen ist, daß er sowohl für die Gegenwart gefördert als für die Zukunft bekannter werde. Sein stiller Charakter und seine Bescheidenheit machen es beynahe nothwendig, daß man ihm von außen zu Hülfe kommt.[447]


21/6079.


An Johann Isaak von Gerning

Die Ankunft der wohlausgestatteten Schachte will ich, werthester Freund, sogleich vermelden und meinen schönsten Dank hinzufügen. Die Hausfrau wird Ihrer immer in Ehren gedenken, wenn sie ihren Wintertisch nun viel reichlicher ausschmücken kann. Eben als diese Gaben ankamen, war Knebel bey uns, der sich einer gleichen Sendung erfreut. Der Sender wurde gerühmt, besonders aber auch, weil er sich nicht irre machen läßt und den Musen zu huldigen fortfährt. Uns verlangt sehr jene Prachtausgabe zu sehen, die Sie uns vorbereiten. Möge alles recht erwünscht ausfallen! Wie steht es denn mit Ihrem Theater? besuchen Sie es fleißig? Wer hat denn gegenwärtig die Direction davon, und wie ist das Publicum zufrieden? Davon sagen Sie mir gelegentlich ein Wort, und lassen Sie uns in der Hoffnung leben, daß wir Sie bald wieder einmal bey uns sehen werden. Die Meinigen sämmtlich empfehlen sich.

Weimar, den 24. December 1810.

Goethe.


21/6080.


An die Hoftheater-Commission

Zum nähern Verständniß des beyliegenden Körnerschen Promemoria dient folgendes:

[448] Als Herr Brizzi hier ankam, bedurfte ich eines Dolmetschers, der von Zeit zu Zeit einige Botschaft hin und hertrüge. Ich wählte Körnern hiezu, und dieser gefiel Herrn Brizzi, der für seine Kinder Unterricht und Beschäftigung brauchte, so daß er ihn um diese Gefälligkeit ersuchte, zu welcher sich denn auch Körner verstand und sich der Kinder treulich annahm. Er konnte dafür allerdings von dem Vater eine Remuneration erwarten, die denn nach italiänischer Weise sehr kärglich ausfiel. Körner meldete mir es in beyliegendem Blatte und fragte deshalb an und ich hielt für gut, daß nach so großem von uns gemachten Aufwande und einem zu aller Zufriedenheit beendigten Geschäft, nicht noch zuletzt über eine Kleinigkeit Verdruß und Mishelligkeit entspränge, Körner möchte schweigen und von uns seine Entschädigung erwarten. Deshalb theile ich das Promemoria mit, und es wird sich ja nach so manchem Aufwande auch noch diese Summe in Ausgabe verschreiben lassen.

Weimar den 25. December 1810.

G.


21/6081.


An Leopold Kruse

Demoiselle Weber kann diesen Nachmittag um drey Uhr bey mir anfragen.

d. 26. Dez. 1810.

G.[449]


21/6082.


An Franz Gerhard von Kügelgen

[Concept.]

Hochwohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr,

Ew. Hochwohlgeboren haben uns durch Übersendung des Porträts einen sehr angenehmen heiligen Christ bereitet. Es kam eben zur festlichen Stunde und ward zum allerfreundlichsten empfangen; und wir sind Ihnen höchlich dankbar, daß Sie so viel Kunst, Neigung und Fleiß darauf verwenden wollen. So gern ich es selbst behielte, um mich dabey noch lange der guten Stunden zu erinnern, in welchen Sie den Grund dazu legten; so angenehm ist mirs, daß ich meinen vaterstädtischen Freunden und Verwandten etwas überlassen kann, das ich schätze und begehre. Auch von jenen wird Ihnen der Dank nicht fehlen und Ihr Name am Main und Rhein in Würden und Segen bleiben.

Was den Rahmen betrifft, so ist er über alle Vorstellung gut gelungen. Sie haben den etwas barocken Gedanken der Inschrift mit zartem Sinn und bestem Geschmack zur Ausführung gebracht. Erst späterhin entdeckt der Beschauer Buchstabenzüge unter den Zieraten, freut sich dieser Attrappe, und giebt sich Mühe die räthselhaften Formen zu entziffern.

Insofern sich meine Schuld für eine so ausgezeichnete Arbeit mit baarer Münze ausgleichen läßt,[450] erhält Herr von Verloren den Auftrag sich dieser Pflicht statt meiner zu entledigen. Das übrige soll, hoffe ich, in unserm dauernden freundlichen Verhältnisse wuchern. Sehr wünsche ich, nächstes Jahr, in welchem Ihnen und den Ihrigen alles Gute werden möge, Sie wieder in Ihrer Werkstatt zu besuchen. Lassen Sie mir und Meinigen, die alle herzlich grüßen, die Hoffnung, Sie mit den Ihrigen bey uns zu guter Jahrszeit wieder zu sehen. Der ich mich mit vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen die Ehre habe.

Weimar, d. 26. December 1810.[451]


21/6084.


An die Hoftheater-Commission

Durchlaucht der Herzog haben, in Betracht daß es wohlgethan seyn möchte, die Italiänischen Übungen bey der Oper fortzusetzen, zu befehlen geruht, daß man einstweilen Don Juan italiänisch einstudiren solle.

Der Herr Capellmeister besitzt die Partitur, in welcher noch manche, vom Componisten später gearbeitete Partieen enthalten sind, wodurch also das Stück aufs neue interessant scheinen möchte.

Ich bringe die Sache hier zur Sprache, damit man das Weitere überlege. Da diese Aufführung auf den deutschen Don Juan weiter keinen Einfluß hat; so könnte bey derselben auch eine neue Austheilung zum Theil stattfinden. Don Juan könnte Herrn Stromeyer, Leporello Herrn Unzelmann überlassen werden, Häsler durch die leichte Rolle der Zerline wieder in den Gang zu bringen.

Für Durchlaucht des Erbprinzen Geburtstag sind wir ohnehin wegen eines Stücks in Verlegenheit, und könnte diese Oper alsdann gar wohl für ein Festspiel gelten.

Weimar den 31. December 1810.

G.[452]


21/6085.


An Johann Heinrich Meyer

[Ende December.]

Es wird nun bald höchst nöthig, daß wir uns wieder sehen und sprechen: denn es giebt gar mancherley.

Hier ist ein Brief von Boisseré. Was räth man ihm? ich glaube nicht, daß er in Deutschland jemand findet, der ihm die Dinge sticht. In Paris giebts aber solcher Künstler mehrere. So sticht Lambert, der für Cottas nächstjährigen Almanach des Dames gearbeitet hat, sehr gut im kleinen und würde jene großen Platten, die doch aus lauter kleinen Theilen bestehen, gewiß gut arbeiten; wenn er nur nicht zu theuer ist.

Bey Schwerdtgeburts Arbeit habe ich gerathen nur die Köpfe zu nehmen. Die Rückseiten machen unendlich Mühe und sind nicht interessant genug.

Wo ist denn die Platte vom vorigen Jahre hingekommen? Wir sollten sie, zukünftigen Gebrauchs wegen, nicht aus Händen lassen.


Hiebey folgt eine Quittung deren Betrag ich mir gelegentlich erbitte. Es ist ein Opfer das wir den Manen des guten Kaatz bringen.[453]


21/6086.


An Christoph Heinrich Kniep

[Concept.]

[1810.]

Nachdem ich von Ihnen, mein theuerster Herr Kniep, unmittelbar so lange nichts vernommen, ob ich gleich von Zeit zu Zeit durch theilnehmende Freunde gehört, daß Sie fortfahren sich wohl zu befinden und thätig zu seyn: so macht es mir eine große Freude gegenwärtiges Lebenszeichen an Sie gelangen zu lassen.

Des Prinzen von Mecklenburg ingl. des Fürsten und der Fürstinn Putbus Durchlauchten machen eine Reise nach Italien und gedenken bald in Neapel zu seyn. Ich bin überzeugt, daß Sie, mein alter Freund, mir danken werden für den Zutritt, den ich Ihnen hierdurch bey unseren vortrefflichen Landsleuten eröffne, und werden mit Vergnügen von Ihrer Seite behülflich seyn, daß die würdigen Reisenden von den Schätzen der Natur und Kunst, die jene Gegend in reichem Übermaß besitzt, vollkommnen Genuß erlangen. Gedenken Sie bey solchen Gelegenheiten auch an Ihren ehmaligen treuen Reisegefährten, und lassen mich einmal auch wieder etwas von sich erfahren. Ich unterzeichne mich mit den aufrichtigsten Gesinnungen.

Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 22.
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»In der jetzigen Zeit, nicht der Völkerwanderung nach Außen, sondern der Völkerregungen nach Innen, wo Welttheile einander bewegen und ein Land um das andre zum Vaterlande reift, wird auch der Dichter mit fortgezogen und wenigstens das Herz will mit schlagen helfen. Wahrlich! man kann nicht anders, und ich achte keinen Mann, der sich jetzo blos der Kunst zuwendet, ohne die Kunst selbst gegen die Zeit zu kehren.« schreibt Jean Paul in dem der Ausgabe vorangestellten Motto. Eines der rund einhundert Lieder, die Hoffmann von Fallersleben 1843 anonym herausgibt, wird zur deutschen Nationalhymne werden.

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