1814

[79] 24/6683.


An den Herzog Carl August

[Concept.]

Nicht die Verordnung der Ärzte mich einige Tage zu Hause zu pflegen hält mich ab Ew. Durchl. heute schuldigst aufzuwarten, sondern die Sorge daß ich an einem öffentlich festlichen Tage, in Gegenwart mehrerer Menschen, die schickliche Fassung nicht finden möchte um meinen gebührenden Dank ohne scheinbare Übertreibung abzustatten. Sie lassen mich nach einem traurigen und schreckenvollen Jahre in ein neues eintreten wo ich in meiner nächsten Umgebung nichts als Gutes und Hoffnungsvollen erblicke und also auch wohl für das Enrferntere das Beste hoffen darf, wo Ew. Durchl. Wirksamkeit mein vorzüglichstes Augenmerk und ein vollkommenes Gelingen Höchst Ihro Bemühungen mein eifrigster Wunsch bleiben wird.

So seltene Gaben wie Sie meinem Sohne zu verleihen geruhen, ausspenden zu können, gehören Übersicht, Gewalt und Wohlwollen in einer Person vereinigt und da ein günstiges Geschick Sie damit ausgestattet hat; so darf ich mich glücklich preisen daß Sie solche mir und den Meinigen besonders zuwenden wollen.

Sie geben meinem Sohne Gelegenheit sich nach zwey Seiten hin auszubilden, in Tagen wo niemand[79] mehr einseitig bleiben darf: denn wenn man voraussehen kann daß Deutschland so bald nicht wieder sich eines bürgerlichen Friedens erfreuen werde; so darf es sich vielleicht mehr als jemals eines gewaffneten Friedens getrösten.

Um so nöthiger ist es daß sich ein jeder vorübe und sich, selbst in dem städtischen und höfischen Zustande, dergestalt vorbereite daß er in keine fremde Region geräth, wenn er in's Feld gefordert wird. Die ehrenvolle und auslangende Gelegenheit, welche Ew. Durchl. meinem Sohne hierzu bereiten, ist mir in ihrem ganzen Umfange deutlich und schätzenswerth. Es fehlt im weder an Zeit noch Kräften, noch an bestrebsamen Willen sich den anvertrauten und angedeuteten Pflichten gleichzustellen und durch den Beyfall seiner Vorgesetzten Ew. Durchl. sich auch in der Abwesenheit zu empfehlen. Mögen Höchstdieselben glücklich zurückkehren um ihre Kräfte, Gaben und Thätigkeit einem erneuten Innern, zu unserm und der Nachkommen Heil und Freude noch bis in die spätesten Zeiten ununterbrochen zu widmen.

Weimar d. 1. Januar 1814.


24/6684.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

erhalten mit Dank die mitgetheilten Briefe ich wünsche nichts mehr als Ihnen bald in Jena meinen Antheil[80] an Ihrer Person und an unsern Geschäften bezeugen zu können.

Weimar d. 2. Jan. 1814.

Goethe.


24/6685.


An Carl Ludwig von Knebel

Zum neuen Jahr will ich dir nur mit wenig Worten ausdrücklich Glück wünschen, da du es weißt, daß ich es gewiß im Stillen thue. Ein artiges Gedicht, das man mir zugewendet, lege ich bey. Ich bin neugierig, ob du, aus dem Addreßkalender, den Namen herausfinden wirst, welcher ein – c – in der Mitte des Namens hat, ohne daß ein ch oder ck darunter verborgen läge. Riemern selbst, dem großen Wortkünstler, ist es nicht gelungen. Lebe recht wohl und grüße die Freunde und die lieben Deinigen.

Weimar d. 2. Jan. 1814.

Goethe.


24/6686.


An Heinrich Carl Friedrich Peucer

Ew. Wohlgeb.

Haben mir, bey der Neuenjahres-Feyer, ein so ernstes als anmuthiges Gedicht zugewendet, wofür ich zum allerschönsten danke. In böser Zeit sind beständige Freunde höchst schätzbar und ihre geprüfte Neigung erhält, bey wiedererscheinenden guten Tagen, doppelten[81] Werth. Lassen Sie uns verbunden dem Nächstkommenden getrost entgegengehen.

W. den 2. Jan. 1814.

Goethe.


24/6687.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excell.

Erlauben mir nur mit wenigem zu versichern daß mir, durch die Einleituug der Sache die mir so sehr am Herzen lag, eine sehr frohe Aussicht für's neue Jahr eröffnet worden. Da man gegenwärtig ins Allgemeine nicht hinsehen darf; so blicke ich nur aufs Nächste und da bleibt mir kein Wunsch als Ew. Excell. Wohlbefinden, das Übrige wird sich leisten und tragen lassen.

W. d. 2. Jan. 1814.

Goethe.


24/6688.


An Thomas Johann Seebeck

[Concept.]

Vormals war es eine löbliche Sitte daß man Gönnern und Freunden sich bey'm Jahreswechsel empfahl, als sie aber zur hohlen Gewohnheit ausartete wurde sie gewaltsam auf einmal abgeschafft; nun finde ich daß man gegenwärtig alle Ursache hat sie im ältesten Sinne wiederherzustellen, weil man,[82] durch eine solche Epoche, genöthigt wird die Dauer seiner Gesinnungen auszusprechen, womit man gegen Freunde das Jahr über gewöhnlich zaudert.

Und so lassen Sie mich Ihnen für dießmal sagen daß es mir in meiner nächsten Umgebung sehr glücklich geht, so daß ich sehr ungenügsam seyn müßte, wenn ich nicht das allgemeine Unheil, aus welchem unser Heil entspringen soll, muthig und gelassen ertrüge.

Sagen Sie mir das Gleiche von sich und den lieben Ihrigen und es soll mein Wohlbefinden erhöhen. Grüßen Sie den Herrn Professor Schweigger, und danken ihm für die fortgesetzte Sendung seines interessanten Journals, vorzüglich aber wünschte ich zu hören daß Sie Muße und Glück gehabt Ihre Untersuchungen fortzusetzen.

Von mir kann ich seit vier Monaten wenig rühmen. Wäre der dritte Band meines biographischen Werkleins nicht diesen Sommer redigirt gewesen, so wäre er schwerlich zu Stande gekommen, so aber bedurfte es nur einer treuen Revision, welche der im Echten und Guten immer wachsende Riemer bey'm Abdruck gar freundlich übernommen hat. Wir sind an dem letzten Bogen; wann das Werklein ausgegeben wird weiß ich selbst nicht zu sagen.

Lassen Sie uns in der nächsten Zeit wenigstens alle Vierteljahre etwas von einander hören. Da so vieles zerreißt, so ist es nöthig daß man die freundschaftlichen Knoten, deren man im Geiste gewiß ist,[83] auch mit Worten, es sey schriftlich oder mündlich, immer fester knüpfte. Mit den aufrichtigsten Wünschen.

Weimar d. 3. Jan. 1814.


Meine Frau und die Schreiberinn grüßen, diese ist mir übrig blieben, mir mit der Feder beyzustehen, da meine ganze Canzley das Schwert ergriffen hat. Der Ihrige wie immer.

Goethe.


24/6689.


An Caroline de la Motte-Fouqué

[Concept.]

[3. Januar 1814.]

Vormals war es eine löbliche Sitte daß man Gönnern und Freunden sich bey'm Jahreswechsel empfahl, als sie aber zur hohlen Gewohnheit ausartete, wurde sie gewaltsam auf einmal abgeschafft; nun finde ich daß man gegenwärtig alle Ursache hat sie im ältesten Sinne wiederherzustellen, weil man, durch eine solche Epoche, genöthigt wird die Dauer seiner Gesinnungen auszusprechen, womit man gegen Freunde das Jahr über gewöhnlich zaudert.

Ich danke daher zum verbindlichsten für den freundlichen Brief, durch den Sie mich berechtigen, auch an Sie ein Blatt zu senden, in der Hoffnung daß Ihr Herr Gemahl glücklich bey Ihnen angelangt seyn werde, und in dem Kreise der Seinigen den[84] schönsten Lohn empfange, für so manche leibliche und geistige Unbilden die er vergangenes Jahr erdulden mußte. Lassen Sie uns das Innere dergestalt auferbauen und erhalten daß wir unsere zurückkehrenden Freunde dereinst recht behaglich bewillkommen und erquicken können.

Mögen Sie mir von dem was Sie vorhaben oder vollenden Kenntniß geben; so bleiben Sie dabey jederzeit meiner aufrichtigsten Theilnahme versichert.


24/6690.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein lieber Professor, beyliegende Gedichte nach Muster des gleichfalls von Ihrer Hand beyliegenden, nach Maaßgabe der Länge entweder einblättrig oder zweyblättrig abschreiben; so werden wir unsere Redaction dadurch sehr befördert sehen. Da Sie den heutigen Abend wohl für sich zu thun haben, ich aber die morgende ganze Zeit versagt bin, so wäre es hübsch wenn Sie sich einrichteten daß wir Mittwoch abends eine recht ernstliche Session halten könnten. Das übrige Beykommende wünsche glücklich und vergnügt zu verzehren und zu verschreiben.

Weimar den 3. Januar 1814.

G.[85]


24/6691.


An Charlotte von Stein

Als Gegenvisite Ihrer gestrigen freundlichen Erscheinung sende ein artiges Neujahrsgedicht. Rathen Sie wohl den Nahmen?

– c –

Ein c in der Mitte, ohne daß es auf ck oder ch deute? Hat der Salat ohne Essig und Öl den kleinen Freunden gut geschmeckt?

d. 3. Jan. 1814.

G.


24/6692.


An Carl Ludwig von Knebel

In Beantwortung deines lieben Schreibens erwidere ich nur eilig so viel, daß Durchlaucht der Herzog Sonnabend den 8. abreist, und daß du also zu eilen hast, wenn du ihn noch sprechen willst. Auf alle Fälle kommst du in eine stürmische Epoche, wo die Bedürfnisse der Einzelnen verschwinden und ihre Wünsche verhallen. Die deinigen, so bescheiden sie sind, lassen sich vielleicht im Augenblick nicht erfüllen. Ich weiß, was es für Regoziationen und für Zeit kostete, um zwey wohlempfohlenen jungen Leuten in sächsischen Regimentern die letzten Stellen zu verschaffen. Ich sage dieß voraus, damit ein ungünstiger Erfolg vorbereitet und ein günstiger desto erfreulicher sey. Auf alle Fälle mußt du dich und deinen Sohn[86] darstellen, und man weiß nicht, was in solchen bedeutenden Momenten sich Glückliches ereignen kann. Du steigst bey uns ab, für zwey Personen ist gebettet. Möchten wir dich gesund wiedersehen und froh entlassen!

Weimar den 4. Jan. 1814.

Goethe.


24/6693.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Weimar den 4. Januar. 1814.

Beykommendes war, zu sehr unruhiger Zeit, gesiegelt, als ein Blick auf den Schluß Ihres Blattes mir den Namen einer sehr werthen Freundin vergegenwärtigte, und nun muß ich eine sehr wunderliche Geschichte erzählen. Das prächtige Werk, welches uns der Erzherzogin Christine Grabmal, in Kupfern und Gedichten so würdig darstellt, fand ich am Herbst nach Hause zurückkehrend; nachdem ich mich daran ergetzt übergab ich es den Freunden, und so machte es die Runde, bis es jetzt erst in meine Hände zurückkommt, und nun entdecke ich erst zwischen den vorderen Blättern das beygefügte liebe Schreiben. Dergleichen Übereilungen und Unvorsichtigkeiten begegnen mir mehrere, von denen ich mich zu reinigen glaube wenn ich sie aufrichtig bekenne. Lassen Sie aus Ihrem Munde diese Entschuldigung und einen vorläuftigen Dank recht wirksam seyn.

G.[87]


24/6694.


An Carl Cäsar von Leonhard

Zu dem allgemeinen Wunsche daß das gegenwärtige Jahr Ew. Hochwohlgeboren und uns wo möglich Freude bringen möge, fügt sich noch der besondere Wunsch daß mir darin das Glück Ihrer persönlichen Bekanntschaft beschert sey. Ich beneide meinen Sohn daß er dessen vor mir theilhaftig wird; nehmen Sie ihn gütig auf und beleben Sie seine Lust zu den herrlichen Naturwissenschaften.

Dem Taschenbuche sehe ich mit Verlangen entgegen; vielleicht finde ich mich im Stande zu dem nächsten etwas mitzutheilen, wenn ich es über mich gewinnen kann meine Gedanken über die Zinnformation, auch nur skizzenweise, auszusprechen. Wenn die Sendung aus Spanien glücklich anlangt, so gedenken Sie mein, vielleicht findet sich etwas darunter das die peruanische Zinnformation aufklärt. Von dem dortigen Tropfzinne habe ich zwar nur kleine aber zur Vergleichung mit dem englischen interessante Körner bekommen. Director Sonnenschmidt, gegenwärtig in Ilmenau, besitzt deren, in einer wundersamen, mir unerklärlichen Anhäusung, und außer diesen einen fingerlangen und proportionirt starken Zapfen eben dieses Minerals von dorther.

So viel für dießmal, mich gehorsamst empfehlend

Weimar, den 5. Jan. 1814.

Goethe.[88]


24/6695.


An N.N.

Die lustige Gegend um Frankfurt am Mayn empfielt zu gnädigem Wohlgefallen, Sich selbst aber zu fortdauerndem Wohlwollen ein wiedergebohrner freyer Reichsbürger.

d. 6. Jan. 1814.


24/6696.


An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra

[Concept.]

Dieses Jahr soll keine großen Sprünge machen ohne daß ich dir, mein verehrtester Freund, rechtr lebhaft und treulich danke für alles Gute das mir im vorigen Jahre, unmittelbar oder mittelbar, von dir zugeflossen ist.

Auch der vergangenen Zeiten habe ich alle Ursachen zu gedenken, da ich deinen schätzbaren Aufsatz, über unser erstes Zusammentreffen in Ilmenau, zu meiner Belehrung und zu Belebung der Selbstkenntniß, so eben wieder studirt habe.

Ich bewundere, verehre und liebe die, bey so schöner Einsicht, vorwaltende Neigung und Schonung, den Glauben daß, durch seltsame Mittel, edle ja große Zwecke erreicht werden können, die Vermuthung daß hinter jugendlicher, leidenschaftlicher Trübe, nicht allein guter Wille, sondern auch gute Absichten verhüllt[89] ruhen können. Also auch wiederholen Dank dafür, und für die schöne Tischplatte als ein Zeugniß gemeinsamen Forschens, Wanderns und Unternehmens.

Auch hab ich in diesen Tagen Charpentiers mineralogische Geographie wieder durchstudirt und erfreue mich um so mehr dessen, was du mir von den westlichen Zinnwerken zu verschaffen denkst. Es bedarf keiner Schaustufen, jedes Gestein von der Halde, welches die Stellen obgenannten Buches belegt, soll mir willkommen seyn. Die Kiste von Altenberg hätte ich wohl, bey'm seligen Hintritt des Franzosen, zu erben gewünscht.

Die herrlichen Kupferlasur-Kugeln geben viel zu denken. Daß in irgend einer Flüssigkeit sich Crystalle bilden sind wir gewohnt, daß aber ein ziemlich festes Gestein als Medium dienen könne, in welchem sich gleichfalls Crystallisationen entwickeln, ausbreiten, das Gestein verdrängen, sich an dessen Stelle setzen, das will uns nicht zu Sinne. Und doch habe ich hiezu einen auffallenden Übergang entdeckt. In der Champagne nämlich erzeugt sich im Humus, in der Ackererde, Schwefelkies in Kugelform und derselben sich annähernden Gestalten. Auch dieser Schwefelkies hat nirgends angesessen, ist rund herum frey crystallisirt. Ich habe, in jener unglücklichen Campagne, Zeit genug gehabt sein Vorkommen zu untersuchen und bin überzeugt daß er da entspringt wo[90] er ausgeackert wird. Exemplare kann ich auf Verlangen mittheilen.

Thut man nun einen Schritt weiter, so gelangt man zu dem Sandstein von [Chessy] wo die Kupferlasur, mit mehr Gewalt und schwerer zu begreifendem Wirken, eben dieselben Rechte ausübt, welche sich dort das Eisen anmaßt.

Unsere Chemiker fahren fort die wunderlichsten Dinge zu entdecken, und deine Weissagungen bestärken sich immer mehr. – Da ich von Weissagungen rede, so muß ich bemerken, daß zu unserer Zeit Dinge geschehen, welche man keinem Propheten auszusprechen erlaubt hätte. Wer dürfte wohl vor einigen Jahren verkünden, daß in dem Hörsaale unseres protestantischen Gysmnasiums mahometanischer Gottesdienst werde gehalten und die Suren des Corans würden hergemurmelt werden, und doch ist es geschehen, wir haben der baschkirischen Andacht beygewohnt, ihren Mulla geschaut, und ihren Prinzen im Theater bewillkommt.

Aus besonderer Gunst hat man mir Bogen und Pfeile verehrt, die ich, zu ewigem Andenken, über meinem Kamin, aufhängen werde, sobald Gott diesen lieben Gästen eine glückliche Rückkehr bestimmt hat.

Wir haben diese Tage her nicht sowohl in Unruhe, als in großer Bewegung gelebt. Unser gnädigster Herr begiebt sich zu seinen Herrhausen, welche schon bis Cassel vorangerückt sind. Da wir den[91] Kriegszustand gegenwärtig für den natürlichen und wünschenswerthen halten müssen, so entschlagen wir uns aller Sorgen, um frohen Muthes einen glücklichen Erfolgt zu genießen. Auch mein Sohn wird, nicht dem Kalbfell, wohl aber dem Hüfthorn folgen. Diana war im Frieden und Krieg immer die Schutzgöttin der Weimaraner.

Vom leidigen Nervenfieber würde ich nicht sprechen, wenn es mir nicht zur Entschuldigung dienen müßte daß mein dritter Band, wer weiß wie lange noch, ausbleibt. Jenes zudringliche Ungeheuer scheut sich nicht einmal vor den Buchdruckerpressen, und bedenkt nicht daß sie so eben wieder frey geworden sind und ihm, nach Belieben dick und dünn, die Wahrheit sagen können.

Laß mich, mein Lieber, bald von dir hören. Man bedient sich als Symbol der Ewigkeit der Schlange, die sich in einen Reif abschließt, ich betrachte dieß hingegen gern als Gleichniß einer glücklichen Zeitlichkeit. Was kann der Mensch mehr wünschen, als daß ihm erlaubt sey das Ende an den Anfang anzuschließen, als durch die Dauer der Zuneigung, des Vertrauens, der Liebe, der Freundschaft.

Meine kleine Haushaltung grüßt dich. Meine Frau und die Schreiberin wünschen dich kennen zu lernen, besonders letztere, welche den Mann gern sehen möchte, dem ich mitunter so possirliche Sachen schreibe.[92] Laß mich bald wissen, daß du dich mit den Deinigen recht wohl befindest.

Weimar den 5. Jan. 1814.


Wenn ich diese Blätter mit rother Tinte corrigirt zu dir sende, so ist auch dieß ein Zeichen der Zeit. Unsere jungen Herren finden nichts bequemer als hinaus zu marschiren, um anderen ehrlichen Leuten eben so beschwerlich zu seyn als man uns gewesen, und das ist ein sehr lockender Beruf, da man noch nebenher für einen ausgemachten Patrioten gilt. Uns Übersechzigern aber bleibt nichts übrig als den Frauen schön zu thun, damit sie nicht gar verzweifeln. Wie wollen wir das nur anfangen? mit den bejahrten spiele ich Karte, und die jüngeren lehre ich irgend etwas. Vivat sequens. Gott erhalte deinen Humor! Ich habe keine weitere Ambition als daß man zu mir sagen möge:

You are the merriest undone Man in Europe.

W. d. 7. Jan. 1814.


24/6697.


An Carl Ludwig von Knebel

Um dich, mein lieber Freund, in deinem Vorsatz zu bestärken, damit du dich ja mit unterirdischen Sachen abgebest, da uns die irdischen dießmal sehr unbequem sind, so sende ich einen Actenfascikel, und[93] zu leichterer Benutzung desselben hier eine kleine Einleitung.

a) Beschreibung der Carlsbader Sammlung. Kann überschlagen werden.

b) Karte des Leitmeritzer Kreises, mit geologischen Bemerkungen und Zeichen, doch nicht ausfürlich.

c) Notiz von den Gebirgsarten desselben Kreises.

d) Relation von meinen ersten Tagen des April und May in Töplitz.

1 bis 4 Ausfürlichere Notiz von den Gebirgs-Arten des Leitmeritzer Kreises. Wichtig.

5 und 6 Verzeichnisse eingepackter Mineralien.

7 bis 19 Reise nach Zinnwalde und Altenberg.

Der bedeutendste Aufsatz des Heftes, welchen ich empfehlen kann.

20 bis 27 Verzeichnisse und Notizen.

27a-f Notizen über die Zinnformation.

28 bis 30 Schema zu einem Aufsatz darüber.

31 bis 34 Anfang des ausgeführten Aufsatzes.


Magst du nun diese Acten mit Aufmerksamkeit studiren, besonders aber die Reise, von Zinnwalde bis Altenberg, mit den letzten Blättern zusammenhalten; so wirst du gewiß, wenn du meine Sammlung ansiehst, derselben noch mehr Belehrendes uns Erfreuliches abgewinnen.

Weimar den 7. Jan. 1814.

G.[94]


24/6698.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren erhalten hierbey nach der mir gegebenen Erlaubniß die bewußte Kupferplatte mit Bitte, solche abdrucken zu lassen; die dazu gehörige Beschreibung wird ehestens folgen. Eine Anzahl einzelner Exemplare mit Kupferabdrücken erbitte mir wie das vorige Mal, sowie die Berechnung.

Die Recension des Birkenstockischen Werkes hat mir sehr viel Vergnügen gemacht. Dürfte ich Sie um einen Abdruck des Blattes ersuchen, um solches an Frau Brentano, eine treffliche Tochter des würdigen Mannes, zu senden.

Da Ihre Zeitung an Werth immer gleich bleibt, so wünsche ich nur, daß günstige Umstände eintreten mögen, damit Sie zu allgemeinem Nutzen und Vergnügen sowie zu eigner Zufriedenheit dieses Werk fortsetzen mögen.

Erhalten Sie mir auch im neuen Jahr ein geneigtes Andenken.

Weimar den 7. Januar 1814.

Goethe.


Die angekündigte Beschreibung lege noch bey. In stylo wäre freylich noch einiges zu verbessern. Was die Buchstaben betrifft, so bitte solche bey der Correctur mit der Tafel collationiren zu lassen.[95]


24/6699.


An Constanze von Fritsch?

Wäre meine Canzley wie sonst bestellt; so erhielten Sie, theuerste Freundin, zwey Abschriften des Epilogs, nun muß ich aber diese Bemühung Ihren lieben Fingerchen überlassen. Sodann haben Sie wohl die Güte unsrer wiener Freundinn einige Worte zu Erklärung der ersten zehen Verse zu sagen. Zum schönen Morgen die schönsten Grüsse!

W. d. 8. Jan. 1814.

Goethe.


24/6700.


An Arthur Schopenhauer

Herrn Docktor Schoppenhauer wünsche um eilf Uhr, lieber jedoch um halb eilf bey mir zu sehen, um den ersten klaren Sonnenschein zu benutzen.

W. d. 8. Jan. 1814.

Goethe.


24/6701.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren haben mir vor geraumer Zeit eine Mineralien-Sammlung, zu pädagogischen Zwecken, übersendet, sie enthielt, wie beykommender Katalog ausweist, nur die Steinarten, und liegt noch bey mir verwahrt. Nun aber erhalte ich von Serenissimo den[96] Befehl eine solche Sammlung des ganzen Mineralreichs, welche freylich nicht nach dem neusten System ganz vollständig zu seyn braucht, sondern nur die Hauptgegenstände enthielte, für den ersten Unterricht heranwachsender Kinder zu besorgen. Wollen Ew. Wohlgeboren nun den hier beykommenden Katalog in Betracht ziehen, und mit Voraussetzung dieses bey mir sich vorfindenden Doubletten, oder aus eigenem Vorrath (in welchem letzten Fall ich das Beygetragene gern honoriren werde) zusammenlegen und katalogiren, auch mir wie solches geschehen baldige Nachricht ertheilen; so werden Sie mir dadurch ein besonderes Vergnügen machen, und mich in den Stand setzen Ihre Bereitwilligkeit, auch in diesem Falle, Serenissimo anzurühmen. Der ich recht wohl zu leben wünsche, und mich nunmehr auf einen längeren Jenaischen Aufenthalt, und eine dort zu hoffende Belehrende und Erheiterung, außerordentlich freue.

Weimar, den 9. Jan. 1814.

Goethe.


24/6702.


An Christian Gottlob Voigt

Bey Betrachtung der schönen, hiebey mit vielem Dancke zurückkehrenden Contorneaten, muß ich eine doppelte Empfindung bekennen. Einmal daß ich den Besitzer deshalb beneidete; sodann daß ich sie zu besitzen[97] gewünscht hatte, um sie Ew. Exzell. anzubieten.

Dergleichen so würdige als unschuldige Liebhabereyen sind als die wahren Fetische, als Hausgötter anzusehen, die uns in der Zeit der Noth und des Dranges an frohe, athemreiche Zeiten errinernd, diese im Gemüth wiederherstellen und den schönsten Trost gewähren. Möchten Ew. Exzell., durch Auspacken und Ordnen Sich wenigstens Stundenweise gegen den Augenblick schützen und schirmen.

Unsern Feldziehenden und Reisenden allen wünsche die besten Erfolge. Was mußte Prinz Bernhard noch für ein unkriegerisches Abentheuer beym Abschiede erleben.

Gestern wollte jemand sagen es sey Nachricht hier als wenn Cammer Rath Rühlemann unterwegs kranck geworden. Wissen Ew. Exzell. etwas davon? Es sollte mir leid thun wenn August seine erste Reisepflicht als Krankenwärter zu leisten hätte.

Testamente, wie alle Verordnungen mortis causa, scheinen gewöhnlich nur Ricochette des Lebens zu seyn. Uns als ein solches Omen wollen wir Serenissimi Anordnungen ansehen und in dessen Abwesenheit Ihm, uns und den Seinigen leben.

Nächstens erbitte mir eine mündliche Viertelstunde.

W. d. 11. Jan. 1814.

G.[98]


24/6703.


An Carl Ludwig von Knebel

Dein Carl, mein werther Freund, nachdem er sich die einigen Tage recht gut benommen, ist gestern früh, um zehn Uhr, an der Seite seines Freundes und Waffenbruders, vor unserem Hause vorbey, ausmarschirt; der Weg ging über Berka, weil die Truppen das französische Unwesen, welches die auf dem Petersberg eingeschlossene Garnison noch immer forttreibt, vermeiden und über Arnstadt gehen sollten.

Hierbey das italienische Gedicht! Dem geübten Talent des Herrn Gries wird eine Übersetzung so leicht werden, als sie ihn unterhalten wird. Von einer ganzen Sammlung ähnlicher Gedichte ist dieß das einzige productible, die übrigen sind ein bißchen gar zu lustig.

Dein schlecht verdautes Abendessen beklage ich. Es ist freylich schwer sich in Geduld zu fassen; man muß aber denken, daß es nur eines Betteljuden bedarf, um einen Gott am Kreuze zu verhöhnen.

Mir ist in diesen paar Tagen wieder manches Angenehme zugekommen; manches und vielleicht gerade das Beste ließe sich freylich nur gegenwärtig und gelegentlich mittheilen. So viel für dießmal. Endlich verdient die Kälte doch, daß man von ihren Graden spreche; unsere Beobachter wollen heute 17 bis 18 gehabt haben. Das beste Lebewohl.

Weimar den 12. Jan. 1814.

G.[99]


24/6704.


An August von Goethe

Dir soll gleich, mit umgehender Post, die Nachricht werden daß dein Brieflein angekommen ist und uns höchlich erfreut hat. Fahre so fort, mit heiterem Sinn, auf zwey Dinge zu achten, erstlich, wo die Menschen hinaus wollen? und zweitens wie sie sich deshalb masquiren? Zeige dich nicht allzu behäglich, damit sie dir dein Glück nicht übel nehmen. Wir gehen in unsrem Wesen fort und zu diesem Gehen auch das Schlittenfahren, obgleich andere sich daraus ein Bedenken machen.

Die Menschen sind noch eben so absurd wie 1806, wo ich gar frömmlich aufgefordert wurde das Schauspiel abzudanken, nach welchem sie vier Wochen später jämmerlich lechzten, da ich nun die Bosheit hatte die Eröffnung noch vierzehn Tage aufzuschieben, bis sie mich unter Drohungen dazu nöthigten. Wir sind mit Achse genug bestreut, und brauchen nicht noch gar einen Sack überzuziehen.

Erkundige dich, wenn du Zeit hast, nach Antikuaren aller Art, besuche ihre Läden und Zimmer und bringe mir etwas Gedeihliches wohlfeil mit. Wenn dir etwas behagt, so zaudere nur nicht, denn wenn du auch irrtest, hat es nichts zu sagen. Irrend lernt man.

In der Jenaischen Literaturzeitung steht eine treffliche Ankündigung, in welchem Sinne man, zunächst,[100] die politischen Flug-Schriften anzeigen wolle. Ich würde, (bis auf wenige Stellen, die noch einer Erläuterung bedürfen) diese Columnen gern unterschreiben. Folgende Stelle nimm dir zu Herzen, und sprich sie nicht aus. Insofern aber in Frankfurt Exemplare unserer Literaturzeitung gehalten werden, so mache die Menschen, gelinder Weise, darauf aufmerksam. »Unsere Männer und Frauen mögen ja nicht glauben, die Deutschheit sey einerley mit dem Christenthum und der ritterlichen Gesinnungen; denn jenes war ihr an sich fremdartig, zumal ehe es die Reformation verdeutschte, und dieses, gleichfalls ein Sprößling der Fremde, stand in manchem Widerspruch mit der ursprünglichen deutschen National-Freyheit.«


Und hiemit glauben wir für diesesmal aus unsrem gegenwärtigen allgemeinen Schnee, dir den freundlichsten Segen ertheilt zu haben.


Die Nonne grüßt den Hühnermönch zum schönsten, »gieb mir dein Seel«.

Weimar den 14. Jan. 1814.

G.

Cnaja! Cnaja!


24/6705.


An Johanna Antonia Josefa Brentano

Das wunderbare, aber meinem zerstreuten, und in der letzten Zeit vielfach zerrissenen Lebenswandel[101] nicht ganz ungemäße Abentheuer, wodurch ich erst spät erfuhr daß ich das mir zugekommene Exemplar des würdigen Prachtwerckes Ihnen, meine verehrte Freundinn, verdancke, wird unser Schlosser, vorläufig entschuldigend, mitgetheilt haben.

Vielleicht hätte ich noch länger gezaudert meine danckbaren Gesinnungen selbst auszusprechen, wäre ich nicht durch beyliegende Anzeige aufs neue angeregt worden. Der Ankündiger erinnert sich noch danckbar früherer Verhältnisse zu Ihrem fürtrefflichen Herren Vater. Ich lege das Blättchen bey worin Er sie ausspricht.

Ich hoffe mein Sohn soll der Ehre genießen Ihnen, in diesen Tagen, aufzuwarten. Möge er nicht versäumen aus zu drucken wie sehr ich wünsche bald auch wieder einmal dieses Glück theilhaft zu werden. Mit Bitte mich dem Herrn Gemahl und den theuren Ihrigen bestens zu empfehlen

gehorsamst

Weimar d. 15. Jan. 1814.

Goethe.


24/6706.


An Johann Abraham Albers

[Concept.]

[15. Januar 1814.]

Nicht bedeutender noch ausdrucksamer hätte ein Symbol der gegenwärtigen Zeitveränderung zu mir gelangen können, als daß, durch Ew. Wohlgeboren[102] Vermittelung, ein englisches Schiffstau mich in meiner mittelländischen, einsamen Klosterstube besucht, und mich, durch seinen Thrangeruch, an das freie Weltmeer, das ich seit so vielen Jahren nicht wieder erblickt, auf das lebhafteste erinnert.

Dank sey daher Ihnen und Ihrer theueren Gattin gesagt, die jenes gemüthlichen Gleichnisses gegen den Ausländer gedenken wollen, auch ihm danken Sie, wenn es Gelegenheit giebt, zum schönsten.

Ew. Wohlgeboren gleichfalls etwas Angenehmes zu erzeigen muß hiernächst mein erster Wunsch seyn, indessen will ich, den Augenblick ergreifend, mich durch eine Bitte abermals zu Ihrem Schuldner machen.

Vielleicht ist der gefällige Herr Forbes, der in so ausgebreiteten Verhältnissen steht, zu bewegen, daß er mir von den Handschriften bedeutender Engländer, lebender oder abgeschiedener, und wenn es auch nur die Namensunterschrift, oder wenige Zeilen wären, zu verschaffen die Gefälligkeit hat.

Eine in späten Jahren, mit dem löblichen Vorsatz meinen Sohn auf vorzügliche Männer, gleichsam unmittelbar und gegenwärtig aufmerksam zu machen, angefangene Sammlung, ist schon glücklich angewachsen, und bildet den unschuldigsten Zauberkreis, abgeschiedene, oder entfernte Geister heranzuziehen. Ich lege das vor einigen Jahren abgedruckte Verzeichniß bey, welches zu versenden mich damals die Zeitläufe hinderten, welches[103] aber gegenwärtig, um das Vielfache vermehrt ausgeben werden könnte. Verzeihen Sie diese Zudringlichkeit! Dergleichen harmlose Liebhabereyen sind wie weiche Pfühle, die man sich auf einem harten Lager unterschiebt. Möge es Ihnen bey veränderten Verhältnissen wohl und glücklich gelingen.

Weimar den 11. Jan. 1814.


24/6707.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Um an Herrn Ritter von Gentz eine kleine wircksame Depesche zu bereiten, würde ich rathen, daß Ew. Wohlgeboren mir das Zeitungsblatt 245 zusendeten, in welchem der fürtreffliche Aufsatz gewiß jedermann ansprechen und schöne Hoffnungen erregen muß. Zugleich machten Sie Herrn von Gentz mit Ihren Wünschen bekannt. Ich würde diese Blätter alsdann an Herrn von Humboldt adressiren, welcher mit Herrn von Gentz sich im kaiserlich österreichischen Hauptquartier befindet. Das Paketchen schicke ich an meinem Sohn, gegenwärtig in Frankfurt, wo sich wohl ein Weg finden wird, daß unsre Wünsche an Ort und Stelle gelangen.

Das Beste wünschend

Goethe.

Weimar den 15. Januar 1814.[104]


24/6708.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excell.

danckbar für die vorläufig gute Nachricht, vermelde daß ich einen muntern Brief von meinem Sohn erhalten, aus welchem seines Herrn Prinzipals und sein eigenes Wohlseyn hervorgeht.

In dem benachbarten Hanau spuckt der Adresskalender von 1806 und macht die Menschen zu fürchten und zu lachen. Unabhängigere Diener möchten wohl, mercke ich, von anderen Fürsten sich ihre verlohrenen Titel erbitten. Ob man aber dies wohl, in despectum gleichsam ihrer Landesherren thun wolle, ist eine Frage. Kommt ein solcher Antrag an mich; so behandelt und beantwortet man ihn ja wohl dilatorisch.

Was haben Ew. Exzell. zu der Ankündigung in der JALZ. No. 245 gesagt? Sie ist, dünckt mich wohl gedacht und in den Hauptpunckten trefflich. Doch bleibt in dieser Materie soviel problematisches, daß wohl den Verfasser gedachten Aufsatzes, so wie den des Aufrufs von Kalisch, um eine authentische Erklärung ersuchen möchte.

Frey und ohne Rückhalt

der Ihrige

d. 15. Jan. 1814.

Goethe.[105]


24/6709.


An Johann Peter Langer

Ew. Wohlgeboren

haben seit geraumer Zeit nichts unmittelbar von mir vernommen, ob mir gleich mancher von München kommende Fremde von Ihrer und Ihres Herrn Sohnes fortdauernder Thätigkeit das Beste zu erzählen gewußt; nun scheint es daß ein neues Jahr die Deutschen wieder auffordern wolle sich, mehr als bisher geschehen, einander mitzutheilen, und sich zu gemeinsamen Zwecken zu vereinigen. Dieses wird gegenwärtig die dringende Pflicht derer, welche zu Hause bleiben, da der größte Theil unserer Jugend mit löblichem Eifer in das Feld strömt und nicht daran denken kann wie der Herd erhalten seyn will, an welchen sie denn doch dereinst zurückzukehren hoffen. Eine solche Betrachtung steht hier um so mehr an ihrem Platze, als gerade die militarisch-patriotische Bewegung bey uns den Tag ausfüllt und wir, sowohl mit den Fortwandernden, als mit denen, welche wider Willen zurückbleiben sollen, unsere liebe Noth haben. Einer der letzteren ist die eigentliche Veranlassung des gegenwärtigen Schreibens.

Der hiesige Kupferstecher Müller, der sich durch mancherley gute Arbeiten, besonders aber durch die Herausgabe mehrerer Kupfer zu Schillerischen Scenen bekannt gemacht, hat einen Sohn, einen geschickten jungen Künstler, dessen angebornes und schon geübtes[106] Talent viel Gutes verspricht; auch er war von dem Verlangen hingerissen für's Vaterland zu fechten; allein sein zarter Körper und andere Betrachtungen haben die höhere Behörde veranlaßt, sein patriotisches Erbieten abzulehnen. Unglücklicherweise sind auch gerade in diesem Augenblicke unsere Kunstanstalten verwaist, so daß mir, der ich sie sonst so gern förderte, fast nichts übrig bleibt als die Inventarien zu künftigem Gebrauch in Ordnung zu halten. Eine doppelte Ungeduld ergreift daher gedachten jungen Mann, diejenigen aber, die sich für ihn interessiren, wünschen nichts lebhafter als ihn an einem Orte zu wissen, wo er sich, in seiner Kunst fortschreitend, sammeln und erheitern könne.

Das nähere Dresden ist leider nicht mehr ein Zufluchtsort der Künste, das entferntere München dagegen, in jedem Betracht, ein höchst wünschenswerther Aufenthalt, wohin man den jungen Künstler sogleich senden würde, wenn nicht in gegenwärtiger Zeit, wo der einzelne wenig vermag, und das Ganze äußerst belastet ist, wo der Untere wie der Obere nur an sich selbst denken kann, wo derjenige, der sonst andere unterstützte, selbst wankt, wenn nicht in einer solchen Zeit wegen seinem dortigen Auskommen einiges bedenken stattfände, und eine vorhergängige Frage veranlaßte.

Gedachter junge Künstler würde ganz zwar nicht entblößt nach München kommen, indem er sowohl von seinem Vater, als von Freunden sich einiger Unterstützung zu getrösten hat, man möchte ihn aber doch nicht auf's[107] Geradewohl in eine solche Ferne senden, und ich ersuche Sie daher, mein werthester Herr Director, mir anzuzeigen, wieviel ein dergleichen junger Mensch, der ein bescheidenes, arbeitsames Leben gewohnt ist, in München allenfalls das Jahr über, zu seinem eigentlichen häuslichen Auskommen bedürfte.

Möchten Sie mir dabey bekannt machen: ob die Theilnahme an den Lehr-Anstalten und Kunststudien frey gegeben wird? oder ob und was allenfalls dafür zu erlägen wäre?

Die bisherige gute Aufführung des jungen Menschen läßt hoffen, daß er auch auswärts, besonders unter guter Leitung nicht ausarten werde, und ich würde ihn glücklich schätzen, wenn Ew. Wohlgeboren und Ihr Herr Sohn ihm eine freundliche belehrende Aufmerksamkeit schenken wollten. Auch mir würde diese Gelegenheit zu besonderem Vortheil gereichen, indem ich dadurch das Glück gewinnen würde mit Denenselben ein früheres Verhältniß wieder anzuknüpfen, und wie vormals in ruhiger Zeit, so gegenwärtig in der bewegten, zu Bildung des Künstlers etwas beyzutragen, damit die, an und für sich unzerstörliche Kunst über den kritischen Augenblick hinüber gerettet werde.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar. d. 17. Jan. 1814.

J. W. v. Goethe.[108]


24/6710.


An August von Goethe

Meinen Brief, in Erwiderung des Deinigen, wirst du erhalten haben. Auch der vom 13. ist recht und gut, und du sollst gelobt seyn, daß du den Menschenverstand, das Seelen- und Herzvolle, das Gott, unter Millionen Frauen, über die Welt ausgesäet hat, predigen magst.

Zu tadeln aber habe ich, daß du von Herrn Rühlmann kein Wort sagst, da es doch auch beruhigend wäre ausdrücklich zu vernehmen daß es ihm wohl gehe; ferner wünsche ich daß du folgende Puncte wo möglich erörtern, und respective mir darüber Auskunft geben mögest.

1) Ich wünsche daß du, mit Klugheit, hinhorchtest, was man von Geheimerath Leonhard in Hanau denkt und sagt. Du mußt dazu allerley Gelegenheiten ergreifen: denn man wird von allen denen, die unter der vergangenen Regierung große Vorschritte gemacht haben, also auch von ihm, im jetzigen Augenblick nicht das Beste reden. Darüber mußt du dich aber erheben, und auf's Rechte sehen.

2) Wünscht ich daß du Frau von Brentano, geborne von Birkenstock aufwartetest, und ihr einen anmuthigen Gruß von mir brächtest.

[109] 3) Daß du dich nach Kunsthandlungs-Commissärs erkundigtest, und, was noch mehr ist, sie persönlich kennen lerntest. Ist dir das, wegen Kürze der Zeit, und den Unbilden des Januars (wir haben hier tiefen Schnee) nicht möglich; so frage wenigstens in's Allgemeine, damit wir uns darnach zu richten wissen.

Denn ich habe selbst nicht geglaubt was für schöne und gute Sachen sich im hause befinden, als bis ich sie jetzt historisch zu ordnen Lust und Beharrlichkeit habe. Gott behüte uns vor einer Philister-Sammlung und wenn sie die reichste wäre; aber mit sehr Wenigem kann jetzt ein Herz- und Sinnerfreuendes zusammengelegt werden. Alles grüßt. Grüße die Guten. Mittwoch den 19. schicke ich eine starke Depesche an dich ab, die ich an Schlosser addressiren will.

Erkundige dich indessen wie man Briefe in's kaiserlich-östreichische Hauptquartier sicher befördern kann. Verschriebe, was an die ist, deine Rückkunft.

Weimar den 17. Jan. 1814.

Cnaja Cnaja


Mehrere unserer religiosen Damen haben sich die Übersetzung des Corãns von der Bibliotheck erbeten.[110]


24/6711.


An August von Goethe

Du erhältst hiebey, mein lieber Sohn, eine Depesche an Herrn von Humboldt. Thue dich, als ein wahrer Geschäftsträger, nach einer sichern Gelegenheit in's kaiserlich-österreichische Hauptquartier um, und bestelle sie wohl.

Auch ist mir eingefallen, daß die Stadt Frankfurt in ihrer frühern Zeit einen Calender hatte, worauf die Wappen und Namen der sämmtlichen Senatoren, in Kupfer gestochen, nach jedesmaliger Ordnung erschienen. Er bestand aus zwey aneinandergeleimten Bogen. Wahrscheinlicher Weise wird ein solcher jetzt ebenfalls ausgegeben werden. Bringe mir ihn auf ein Stäbchen gerollt mit, oder bitte Herrn Dr. Schlosser um die Gefälligkeit.

Ferner liegt ein Brief bey, den ich aus Versehn eröffnet, von einem Heidelberger Dämmerfürsten, der nun aber zu einem heitern Helden aufgewacht ist. Für dießmal nichts weiter als ein schönes Lebewohl.

Weimar den 18. Januar 1814.

G.


Sobald diese Depesche ankommt und du sie bestellt hast, so melde mir es ja gleich.

Hast du schickliche Gelegenheit gehabt dem Gouverneur aufzuwarten? So auch andern bedeutenden Personen? Bedencke daß du ganz allein dadurch, daß[111] du alle Welt gesehen hast, bey der Welt giltst. Das übrige ist gleichgültig.


Noch andere gute Räthe möcht ich dir als Polonius geben. Finde selbst das Beste. Nur dämmere nicht.


24/6712.


An Charlotte von Schiller

[19. Januar 1814.]

Der gute Ernst ist wieder in Jena, sonst habe ich durch August mittelbar auf ihn gewirkt. Jetzt wünsche ich, mit Ihrer Einstimmung etwas direkt für ihn zu thun. Er will Jurisprudenz studiren und da ist die schönste Gelegenheit in's Lateinische und Römische zu gelangen und sich die Verdienste und Vortheile dieser Sprach- und National Bildung zuzueignen. Für sich das zu thun ist schwer ja unmöglich. Daher würde ich Herrn Eichstedt veranlassen den jungen Mann an sich heranzuziehen, ihn in die lateinische Gesellschaft aufzunehmen und, ihn zum Fleiße nöthigend, ihn fortzuleiten. Geschieht dies mit Ihrem Beyfall; so thu' ichs heute. Alles Gute!

G.


24/6713.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Auf Ew. Wohlgeboren gütige frühere Anfrage erwidere dankbar, daß die erbetenen Abdrücke gar wohl[112] von der Art sey können, wie die für die Literaturzeitung.

Die Depesche an Herrn Humboldt ist abgegangen. Ich wünsche uns, daß Ihre neusten Blätter jenen Freunden so viel Beyfall abgewinnen mögen als mir, und dann wird es an einer thätigen Theilnahme nicht wohl fehlen. Wenn unsre Papiere die Voreilenden nur erst ereilt haben!

Mit den besten Wünschen

ergebenst

Weimar den 19. Januar 1814.

Goethe.


Weimar den 19. Januar 1814.

Zugleich eröffne Ew. Wohlgeboren den Wunsch welchen Dieselben gewiß gern erfüllen werden. Der jüngere Schiller nämlich bleibt, da alles nach den Waffen greift, ungern zurück; er ist nach Jena gezogen und will sich der Rechtsgelahrtheit widmen. Nun ist dieß die schönste Gelegenheit, ja eine dringende Forderung, sich der lateinischen Sprache und den römischen Eigenthümlichkeiten zu nähern und die hohe Cultur wodurch sich jene, und die Tüchtigkeit, wodurch sich diese auszeichnet, an sich heran, wo nicht in sich hinein zu bilden. Dieses wünscht ich dem jungen Schiller unter Ew. Wohlgeboren Leitung. Hätte er sich noch nicht producirt, so haben Sie die Güte ihm Anlaß zu geben, ja es wird vielleicht erforderlich seyn ihn zu einer Annäherung zu nöthigen. Er ist[113] ohnehin in sich gekehrt; die Jugend fürchtet, sich den älteren Personen zu nähern und sich zu entdecken, ja ich fürchte (dieß sey im Vertrauen gesagt), daß er seine Schul- und Heidelberger Universitätsjahre nicht hinreichend genutzt, und sich in den ersten Anfängen nicht sattsam gegründet habe. Mögen Ew. Wohlgeboren ihn väterlich prüfen und leiten, auch insofern er ausgebildet genug seyn sollte, zur lateinischen Gesellschaft heranziehen, und ihm sonst Gelegenheit zu einer freudigen Thätigkeit geben; so werden Sie die Mutter und mich sehr verbinden, und auch die, an dem Schicksal dieser Familie großen Theil nehmenden höchsten Herrschaften erfreuen. Wenn wir hoffen dürften daß auf diese großen erschütternden Bewegungen ein fester Zustand folgen werde, so haben wir alle Ursache einen wissenschaftlichen Stamm zu erhalten, damit die Wiederkehrenden sich anzuschließen desto mehr Lust haben mögen.

Ergebenst

Goethe.


24/6714.


An Carl Ludwig von Knebel

Dießmal, mein lieber Freund, sind die Botenfrauen nicht schuld an der Verspätung, das Packet war durch ein Versehen bey mir liegen geblieben. Ich freue mich der guten Wirkung meiner geologischen Acten, freylich gehören die Gegenstände dazu, da alle Beschreibung und Theorie sich auf dieselben bezieht.

[114] Der Verfasser des Gedichts ist freylich ein neuer, mit Casti gleichzeitig, aber jünger; es sind zwey Bändchen galanter Novellen, unter dem fingirten Namen P. Atanasio da Verrocchio, und dem angeblichen Druckort London 1800 herausgekommen; seinen eigentlichen Namen habe ich noch nicht erfahren können.

Das kleine Gedicht ist von unserm Regirungsrath Peucer, welcher ganz in der Stille ein recht schönes Talent bewahrt.

Unsere Mechaniker beschäftigt gegenwärtig hier eine Feldfuhrküche, erfunden von einem jungen Manne, Namens Kurowski, welcher sie vor kurzem selbst producirte. Der Gedanke ist sehr glücklich und leidet Ausbildung und Anwendung in's Unendliche. Bey Henniger sind hier schon so viele bestellt, daß er sie gar nicht schaffen kann. Die Jenenser sollen sich auch damit hervorthun.

Carl hat sich recht brav bewiesen, und ich will gern am rechten Orte seiner gedenken. Dieß bemerke ich aber: daß für die junge Leute eine wahre Wohlthat ist, wenn ihnen gewisse bessere und höhere Zustände, eine Zeitlang, versagt bleiben; dadurch lernt man erst schätzen was man erhält; denn leider sieht der Mensch, nach einem jeden was ihm geworden, immer wieder was neues Wünschenswerthes vor sich, und seine Ungeduld wächst mit jedem Gelingen. Verzeihe diese allgemeine Bemerkung! ich habe sie aber[115] in meiner Pädagogik gegen meine jungen Leute immer gern zur Ausübung gebracht.

August befindet sich in Frankfurt ganz wohl, doch will es ihm nicht gerade behagen wie sonst, da er jünger war und nicht so scharf bemerkte, was für ein Unterschied in den Culturen ist. Das religios-mystische, leider oft hohle und stets dünkelhafte Wesen hat auch die besten Menschen ergriffen, und Werner findet die beste Gelegenheit, seine Spitzbübereyen auszuüben.

Wenn du das Stammbuch nicht bald expedirst, so wird man dagegen erwarten, daß du mit einer großen Anzahl Freunde darin auftretest.

Die Kugeln sind sehr interessant und ihre Formation jener genannten sehr ähnlich; vor allen Dingen müssen Chemiker um Rath gefragt werden. Das schönste Lebewohl.

Weimar den 19. Jan. 1814.

G.


24/6715.


An August von Goethe

Die Kayserinn von Rußland wird Dienstag hier erwartet, bleibt den Mittwoch, und setzt ihre Reise nach Frankfurt fort. Dies melde ich dir, weil ein Diplomate alles wissen muß und du vielleicht Eingang findest ihr präsentirt zu werden.

[116] NB Tag und Stunde ist nicht so ganz gewiß. Doch vermuthlich. Lebe wohl. W. d. 21. Jan. 1814.

G.


24/6716.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Exzell.

nach dem guten Beyspiel unsres Herrn Decans die längsten Jahre wünschend, thue zugleich eine Anfrage welche sich auf eine frühere Unterhaltung bezieht.

Ew. Exzell. äussersten nämlich vor längerer Zeit: daß Sie Sich die Gewißheit wünschten, Ihr schönes und sorgfältig gesammeltes Münzkabinet werde immer beysammen bleiben. Nicht weniger lasse sich hoffen daß darauf, als auf ein sichres Capital, eine Revenue zu Ihrem und der Ihrigen Besten gegründet werden könne. Da es nun, mehr als jemals, an der Zeit ist der Zukunft zu gedencken; so nehme mir die Freyheit anzufragen: inwiefern jener Gedancke noch obwalte? und im bejahenden Falle: welche, beyden Theilen annehmliche, Bedingungen vorzuschlagen wären?

Meine Bitte, mich in dieser Sache allenfalls zur Millelperson zu machen, gründet sich auf die Hoffnung die ich habe hier nützlich seyn zu können und auf den Wunsch von der Masse schuldigen Dancks nur den kleinsten Theil thätig abtragen zu dürfen.

Verehrend und zutrauend

W. d. 21. Jan. 1814.

Goethe.[117]


24/6716a.


An Ernst Christian August von Gersdorff

Ew. Exzell.

haben wegen der heutigen Loosung gewiss schon mancherley Berufungen vernommen.

Mich interessiren zunächst der Junge Kreuter und H. M. Körner. Wir können beyde als die unsrigen ansehen. Der erste ist auf der Bibliotheck wircklich nothwendig. Der andre, noch bedeutender, hat für Serenissimum Instrumente zu liefern und für das Observatorium wichtige in Arbeit, durch sein Marschieren, ja nur durch sein augenblickliches Versäumen sind wir gefährdet. Ew. Exzell. kennen die nächsten Mittel und Wege diesen Personen zu helfen. Bitte dieselbe gefällig einzuschlagen und mir einige Nachricht gütig zu ertheilen. Für den letzteren interessirt sich die Hoheit Erbprinzess gar sehr. Kann man ihr rathen einen Schritt zu thun? Und welchen?

Verzeihung! und Wohlwollen!

W. d. 21. Jan. 1814.

Goethe.[171]


24/6717.


An Carl Ludwig von Knebel

Auf deine liebe Sendung erwidere kürzlich das Nothwendigste.

1. Die von Voigt zugesagten Notizen über die Zinnformation vermisse ich in dem Fascikel, um so unlieber, als jeder Beytrag mir höchst angenehm ist.

2. Unserem trefflichen Gries kann ich nicht verdenken, daß er der einmal ergriffenen Dichtungsart, die so würdig ist, treu bleiben will. Sein Leben ein Traum weiß ich um so mehr zu schätzen, da mir, wie schön es unsere Vorarbeiten zu übertreffen gewußt hat, buchstäblich gegenwärtig ist.

3. Die Paste, die ich noch behalte, ist himmelweit von der von der Nemesis verschieden; sie stellt vor: einen nicht übelgedachten, aber wild und plump ausgeführten Genius/Amor; die Rechte hält den Bogen, und das Keulenartige in der Linken soll wohl der Pfeil seyn. Näher betrachtet könnte es auch wohl für einen Zweig gelten, von welchem ein Genius die Spitze als Frucht abbricht. Noch ein anderer Beobachter könnte behaupten, er habe eine Schlange mit beyden Händen gefaßt und derselben gelähmtes Haupt hänge herunter. Hier bist du also, mein werther Freund, nicht besser dran, als wenn du Notas variorum über eine dunkele Stelle zu Rathe ziehst.[118] Ich will das wunderliche Document noch bey mir behalten und dir zunächst davon Rechenschaft geben.

Auf alle Fälle ist es keine Nemesis. Von dieser würde ich dir sogleich einen schönen Abdruck schicken, wenn ich mich nicht fürchtete in die Kälte zu gehen, und niemand anders hier an meiner Statt suchen und finden kann; nächsten Mittwoch hoffe ich damit aufzuwarten. Ad vocem Nemesis muß ich fragen, ob du die Anzeige in der allgemeinen Literatur-Zeitung und die darin aufgestellten Grundsätze wegen Beurtheilungen der neueren Kriegs- und Staats-Schriften beachtet hast. Wollte Gott unser braver Luden hätte diesen Weg eingeschlagen, so könnte man sich an seiner Bemühung freuen und Theil daran nehmen. Wieviel hat sich in diesen vier Wochen geändert, und wie wenig paßt die damals gerechte Wuth gegen die fliehenden Feinde, zu den jetzigen Erklärungen der Krieg führenden Mächte, welche Schonung und Mitleid aussprechen. Dießmal werden wir doch recht kräftig belehrt, wie schwach und unzeitig das Reden der Einzelnen in prägnanten Momenten sey, von denen man eine gänzliche Umwälzung zu erwarten hat.

4. Vergnüglich nunmehr, nach Anlaß deines Briefes, zur Geologie zurückkehrend, nehme ich dein Anerbieten dankbar an und bitte mir etwas von dem Fichtelberger Zinnsande, nebst näherer Bemerkung des Ortes, wo wir ihn aufgenommen, baldigst zu senden. Die hübsche Bemerkung unsers Heims, daß die Zinnformation[119] öftlich des Thüringerwaldes anfange und längst dem Erzgebirge hin, bis fast an die Elbe sich erstrecke, will ich mir nun, in der Folge von Mustern, zu vergegenwärtigen suchen, um meinen mannigfaltigen Doubletten dieser Art soll dir nächstens etwas zu Theil werden.

5. Deinem Carl bekommt dieser Ausflug gewiß recht wohl, für meinen August hoffe ich das Gleiche.

6. Die Schreiberin bittet inständig um das Stammbuch; in Betracht, daß man, binnen der Zeit, manchen Freund mußte vorbeyziehen lassen, ohne sein Andenken bewahren zu können.

Und somit sey unter vielen Segenswünschen diese Depesche abgeschlossen.

W. d. 22. Jan. 1814.

G.


24/6718.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtigste Fürstinn,

gnädigste Frau,

Wenn Ew. Kayserliche Hoheit beykommendes Paquet an Thurneysen zurück senden zu lassen geruhen; so könnte ihm zugleich gemeldet werden: daß Höchstdieselben, nächstens, aus seinen Catalogen einiges auswählen und befehlen würden. Um deshalb Vorschläge[120] zu thun erbitte mir kurze Frist, damit das Nützlichste und Gefälligste bemerckt werde.

Verehrend und angeeignet

Ew. Kayserlichen Hoheit

unterthänigster

Weimar d. 22. Januar 1814.

J. W. v. Goethe.


24/6719.


An Charlotte von Stein

Eigentlich sollte mich der tiefe und immer fortstöbernde Schnee nicht abhalten wieder einmal persönlich anzufragen wie Sie Sich, verehrte Freundinn, befinden.

Lieber jedoch will ich in Effigie aufwarten, wo Sie mich gewiß unterhaltender als in der Gegenwart finden werden. Alles Gute! W. d. 23. Jan. 1814.

Goethe.


24/6720.


An Heinrich Ludwig Verlohren

Ew. Hochwohlgeboren

haben den Doctor John, den Sie vergangenes Frühjahr, als meinen Gesellschefter so gastfrey aufgenommen, abermals, wie er mir schreibt, günstig empfangen, und sich für ihn interessirt.

Was die Umstände betrifft, welche, außer einer schweren Krankheit, die ihn befiel, unsre Trennung[121] veranlaßt, mag er selbst bekennen und entschuldigen, ich dagegen kann mit Wahrheit sagen: daß ich ihn ungern vermißt. Seine schöne Kenntniß der lateinischen Sprache, so wie einiger neueren, seine schon früh geprüfte Gewandtheit in den Rechtswissenschaften, ferner eine leichte Fassungskraft und schöne Handschrift, eine angenehme Unterhaltung, eine Gabe sich fremden Personen vortheilhaft darzustellen, nicht weniger Aufträge persönlich geschickt auszurichten, machten ihn zu einem sehr erwünschten Gesellschafter. Ja, ich würde vielleicht noch jetzt mit ihm einen abermaligen Versuch wagen, hätten sich nicht seit vorigem Sommer, in dem Personal meiner Familien-Umgebung, so wie in dem ganzen bürgerlichen Zustand, entscheindende Veränderungen zugetragen, die es mir unmöglich machen, einem solchen Wohlwollen Raum zu geben.

Können Ew. Hochwohlgeboren dieß gegenwärtige Schreiben zu seiner Empfehlung irgendwo benutzen, so soll es mir um seinetwillen, besonders auch seiner würdigen Eltern willen, sehr angenehm seyn. Diese stehen hier in dem besten Ansehen und mit meinem Haus in freundschaftlichem Verhältniß.

Diese Angelegenheit Ew. Hochwohlgeboren menschenfreundlicher Thätigkeit zutraulich anheimgebend

gehorsamst

Weimar d. 24. Jan. 1814.

J. W. v. Goethe.[122]


24/6721.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtigste Fürstinn,

gnädigste Frau

Ew. Kayserl. Hoheit geruhen aus dem einen beykommender Blätter zu ersehen wie sich Geh. R. v. Voigt auf einen, ohne Höchstdieselben zu nennen, von mir gethanen Antrag geäussert; das andre Blat enthält meinen vielleicht etwas seltsamen Wunsch wegen der heiligen Kunstbilder.

Diese beyden Papiere würde persönlich überreicht haben, wenn ich nicht zweifelhaft wäre ob Höchstdenenselben Heute oder morgen Abend gefällig seyn könnte meine schuldige Aufwartung anzunehmen.

Gnädigsten Befehlen entgegen sehend

Ew. Kayserlichen Hoheitunterthänigster

W. d. 24. Jan. 1814.

J. W. v. Goethe.


24/6722.


An Georg Sartorius

[Concept.]

Dieser Brief soll, gleich einer Schaufel, den physischen Schnee, der uns jetzt trennt und den politischen, der uns bisher trennte, bey Seite räumen und Bahn machen, damit ich von meinen lieben Freunden und[123] Gevattern, von ihrer werthen Nachkommenschaft und all den theuren Göttinger Freunden und Bekannten wieder einmal etwas vernehmen möge. Säumen Sie nicht mir Nachricht zu geben! Von mir sage ich so viel: daß mein Zustand nicht verrückt ist, Sie würden mich wieder finden wie Sie mich verlassen haben. Hievon fühle ich den Werth mit dankbarer Anerkennung, und trage die Unbilden des Tages mit Heiterkeit, damit bey so großem Unheil das Schicksal mir günstig bleibe und mir auch an dem neuen Heile meinen Antheil vergönne.

Erhalte ich durch eine baldige Antwort die Überzeugung daß zwischen uns die Bahn geöffnet sey, so sollen die drey Bändchen meiner Lebenspoesie oder, wenn Sie wollen, Poetenlebens, nächstens erfolgen. Dem dritten Theil wünsche ich das Zeugniß, daß man ihm nicht ansehe in welcher Zeit er geschrieben ist; möchten Sie mein werther Freund bey'm Durchlesen in die friedlichsten Zeiten, wenn auch nur augenblicklich, versetzt werden.

Weimar den 24. Jan. 1814.


24/6723.


An Carl Ludwig von Knebel

Heut Abend ist Ball, meine Kanzley entvölckert. Tausend Danck für das Überschickte. Sonnabend mehr!

W. d. 26. Jan. 1814.

G.[124]


24/6724.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Man hat Hermann und Dorothea dem Zeitgeist auch als ein Oper darbringen wollen, Ich kann es nicht mißbilligen; denn ich wundre mich selbst, da ich das Büchlein lange nicht angesehen, wie genau nach so großen Veränderungen der Sinn noch paßt und zutrifft. Mag einer Ihrer würdigen Mitarbeiter in dieser Rücksicht etwas darüber sagen, so wird es mir sehr angenehm seyn. Ich lege deshalb ein Exemplar zu beliebigem Gebrauche bey. Man hat von mir einen zweyten Theil verlangt, bis jetzt aber wüßte ich, was Grundsätze und Grundmotive betrifft, diesen nur zu wiederholen. Ist aber das große Werk vollendet, können wir mit Sicherheit ein Gedicht mit Friede! schließen, so wäre freylich der betrachtenden und darstellenden Dichtkunst ein großes Feld eröffnet.

Ferner finden Ew. Wohlgeboren beyliegend einen Bogen, der mir als Maculatur in die Hände gekommen. Unsre Buchhändler können mir das Buch nicht anzeigen, zu welchem er gehört; Ihnen und Ihren theologischen Herrn Collegen wird es ein Leichtes seyn.

Ergebenst

Weimar den 27. Januar 1814.

Goethe.[125]


24/6725.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Meinem Sohn, oder wenn es sonst interessirt, bitte zu sagen daß der Kayserinn von Rußland Maj. Heute Abend halb sieben Uhr in Weimar eingetroffen. Morgen ist Mittagstafel Abends Schauspiel, wahrscheinlich Egmont. Sonntag zum Geburtstag der Herzoginn Feyerlichkeit und Abends Hofball. Montag wird der Kays. Maj. abreisen. Viele Grüße.

W. d. 28ten Jan. 1814.

G.


24/6726.


An Carl Ludwig von Knebel

Wir stecken mitten in der Herrlichkeit und es sieht bey uns prächtiger aus als je; bis also die hohe Fluth des Hofes und Krieges sich verläuft, mußt du mit wenigem vorlieb nehmen.

Der Genius folgt zurück; was er hält, ist eine erdrosselte Schlange. Der Gedanke wäre nicht übel, wenn er nur gut ausgeführt wäre.

Die Voigtischen Notizen habe gefunden; danke zum schönsten.

Unser Gries soll sich ja über die Schlegelschen. Übersetzungen des Calderons machen, und sie überarbeiten; er wird noch genug daran zu thun finden, so daß er sie wohl sein eigen wird nennen dürfen.[126] Es sind bey allen Verdiensten noch gar viele trübe, undeutliche und gezwungene Stellen drinne.

Das Gläschen Zinnsand ist in die Suite dankbar reponirt worden. Trebra hat angefangen zu senden, nun weiß ich auch wie es in Annaberg aussieht. Je vollständiger die Sammlung wird, desto leichter ist sie zu überschauen.

Unsere Frau von Stein war nicht ganz wohl, ich habe sie leider lange nicht gesehen; der Schnee befängt mich und dann ist des Treibens und Erwartens hier keine Ende. Vor Hälfte Februar ist an keine ruhige Stunde zu denken.

Möchtest du dich wohl und zufrieden in deinem stillen Winkel mit den Deinigen befinden. Alles Gute mit dir. Weimar den 29. Jan. 1814.

Goethe.


24/6727.


An Johann Georg Lenz

Die verlangten Stufen kann ich nicht sogleich senden, da ich vor tiefem Schnee nicht in mein Gartenhaus kommen kann. Haben Sie die Gefälligkeit das Übrige zusammenzutragen, numerirt ist es alsdann bald. Ich wünsche recht wohl zu leben und Sie nächstens zu besuchen.

Weimar den 29. Jan. 1814.

Goethe.[127]


24/6728.


An Charlotte von Schiller

Hofrath Eichstädt wünscht Ihrem Ernst auf alle Weise nützlich zu seyn, er wird ihn auch zu sich zu kommen veranlassen. Sagen Sie nur dem jungen Mann, daß er sich jenem mit Vertrauen nähere! Leider ziehen sich die jungen Leute zu sehr in sich selbst zurück und begreifen nicht, daß sie das nicht fördern kann. Den schönsten guten Morgen!

W., d. 1. Febr. 1814.

Goethe.


24/6729.


An Christian Gottlob Voigt

Was wir im Nahmen der Heiligen und untheilbaren Dreyeinigkeit zu zahlen haben ist mir aus den zurückkommenden Blättern ersichtlich gewesen. Danckbar werde ich erkennen wenn Exzell. mir manchmal in meine Celle etwas aus dem wunderlichen Saeculo mittheilen mögen.

Mich angelegentlichst empfehlend

W. d. 4. Febr. 1814.

Goethe.


24/6730.


An Johann Georg Lenz

Weimar den 5. Febr. 1814.

Ew. Wohlgeboren

haben das Kabinett, so wie den Katalog gar schön und instructiv eingerichtet, ich wünschte nur daß[128] Durchlaucht der Herzog es selbst sähen und honorirten. Damit aber doch, in höchst Ihro Abwesenheit, eine billige Anerkennung nicht außen bleibe, so ersuche ich Sie, mein werthester Herr Bergrath, mir anzuzeigen, wie hoch sich die dabey gehabten Anlagen und Zuthaten belaufen können, damit ich mich im Falle sehe das Übrige besorgen zu können.

Auf dem zweyten Blatte des Gegenwärtigen finden Ew. Wohlgebornen eine Stelle die ich in einem alten Tagebuch gefunden. Haben Sie die Gefälligkeit durch Ihre Verbindungen in Regensburg ein paar tüchtige Stücke für mich sowohl als für das Kabinett zu verschaffen so wie die Nachricht wo es eigentlich in jener Gegend gebrochen wird.

ergebenst

Goethe.


24/6731.


An Carl Ludwig von Knebel

Weimar den 5. Febr. 1814.

Heute vermelde ich dir, mein theuerster Freund, daß ein Kleeblatt artiger Freundinnen, ohne den Frost zu fürchten, sich morgen Sonntag den 6. Febr. zusammenthun und auf dem Schlitten dem geliebten Jena zueilen wird. Gegen Abend werden sie bey Euch erscheinen, sie hoffen eine freundliche Aufnahme und ein Whist zu finden, und vertrauen auf Eure Güte.

[129] Eine Zeitlang war ich unschlüssig, ob ich sie nicht begleiten sollte, dann aber behielt die löbliche Hausgewohnheit mächtig die Oberhand. Ich benutze diese ziemlich ruhigen Augenblicke manches zu ordnen, was mehrere Jahre her, durch Krankheit, Reisen und Krieg dergestalt verwirrt worden, daß meine hübschen Besitzungen ein unerträglich chaotisches Ansehen haben und völlig ungenießbar geworden sind. Die Meinigen haben den Auftrag mehr zu erzählen, deshalb ich um Wohlwollen bittend eilig schließe.

Goethe.[130]


24/6731a.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie mir vor Tische ein Paar Stunden schenken, so werden Sie mich von einer schweren Briefschulden Last befreyen in die ich versunken bin.

[Weimar] d. 6. Febr. 1814.

G.[172]


24/6732.


An Johann Friedrich Cotta

Mit vielem Dank erkenne ich die übersendeten Exemplare von Hermann und Dorothea. Haben Sie die Gefälligkeit mir noch funfzig mit der fahrenden Post zu senden, und mir solche in Rechnung zu notiren. So vielen vorübergehenden alten und neuen Freunden wünsche ich immer etwas zum Andenken auf den Weg zu geben. Der dritte Band ist endlich abgedruckt, nach so viel Verspätung, die er durch Nervenfieber, Insurrection und Conscription erlitten. Herr Frommann schreibt, daß Ew. Wohlgeboren ihn erst zu Ostern auszugeben wünschen. Ich überlasse dieß völlig Ihrer Einsicht und Beurtheilung. Auch die mir zugetheilten Exemplare denke ich bis dahin zurückzuhalten, damit ich nicht etwa ein Mißbrauch veranlaßt werde.

[130] Als Winterarbeit habe ich Redaction und Revision meiner Werke vorgenommen. Ein vollständiges Exemplar soll parat liegen, wenn günstigere Umstände die Herausgabe fordern und erlauben.

Für die fortgesetzte Sendung der allgemeinen Zeitung und des Morgenblattes bin ich verbunden. Beyde sind belehrend und unterhaltend; doch wünsche ich letzterm, bey der allgemeinen Befreyung deutscher Gemüther, auch völlige Geistes- und Geschmacksfreyheit, woran es ihm öfter zu gebrechen scheint.

Verzeihung und Neigung!

Weimar d. 7. Febr. 1814.

Goethe.


24/6733.


An Friedrich August Walch

[Concept.]

[ 7. Februar 1814.]

So vielen Antheil ich auch an dem von Ew. Wohlgeb. behandelten Gegenstand nehme und so gern ich mich mit allem beschäftige was mich über den normalen und abnormen Gang der Natur aufklären kann; so war ich doch diese Tage her nicht im Stande Ihrem schätzbaren Werk diejenigen Aufmerksamkeit zu widmen die mich fähig machte etwas mehr als einen allgemeinen Dank dafür zu entrichten. Doch will ich dieses lieber sogleich thun, als durch ein längeres Zögern, wie es mir so oft geschieht, eine angenehme Pflicht völlig versäumen.

[131] Bringt mich die bessere Jahreszeit nach Jena, so hoffe ich das Vergnügen zu haben mich mit Ihnen über diese und andere Gegenstände zu unterhalten; welches mir um so erfreulicher seyn soll, als es jetzt mehr denn jemals nöthig ist, sich mit dem Neueren und Neuesten in den Wissenschaften bekannt zu machen, wovon doch nur die Kunstverwandten, besonders aber die geistreichen und fleißigen Jüngeren die beste Rechenschaft geben können.

Weimar den 6. Febr. 1814.


24/6734.


An Philipp Joseph von Rehfues

[Concept.]

[ 7. Februar 1814.]

Ew. Wohlgeboren

haben mich durch die baldige Mittheilung Ihrer patriotischen Schrift höchlich verbunden. Sie muß einen würdigen Platz einnehmen unter so manchen anderen, welche die Behandlung des reichen Stoffes mit wahrhaft deutscher Gesinnung unternommem. Ist man nun über Gehalt und Zweck vollkommen einig; so kann bey solchen wohlgemeinten und liebenswürdigen Tagesschriften nur die Frage entstehen: bringen sie dasjenige zur Sprache, was der guten Sache, für jetzt und künftig, förderlich ist? und welchen Beyfall kann ihnen der Redekünstler, der Ästhetiker zollen? Beydes, mit Grund, ruhig, und im Zusammenhange[132] zu thun, haben sich vorzügliche Männer vereinigt, deren in der allgemeinen Literaturzeitung schon abgedruckte Äußerung Ew. Wohlgeb. vielleicht nicht unbekannt geblieben sind. Ich bin gewiß, daß man daselbst auch dieser neuen bedeutenden Arbeit alle Gerechtigkeit wird widerfahren lassen, und es soll mich freuen wenn, auch dießmal, die Resultate jener Untersuchungen mit meiner Überzeugung zusammentreffen, und Ew. Wohlgeboren sich dabey meiner vorzüglichen Hochachtung vergewissern werden.


24/6735.


An Sara von Grotthuß

Als ein zwar nicht gieriger, aber doch seit geraumer Zeit von ausländischen Leckerbissen nicht heimgesuchter Tischfreund wollte ich die, durch den buntgefiederten Courier angekündigten, nordischen Wohlthaten erst abwarten; allein da diese bis jetzt noch nicht angelangt, so will ich nicht länger säumen, Ihnen, vortreffliche Freundin, für das gütige und erquickliche Andenken meinen besten Gruß und die Anerkennung Ihres theuern Wohlwollens zu erwidern.

Man enthielte sich gern jetzt alles Blickes in die Ferne, da man mit dem Nächsten auf mancherley Weise bedrängt ist, wenn nicht das Glück der Sieger in Süd-Westen und das Schicksal der Freunde in[133] Nordosten unsere Theilnahme und Aufmerksamkeit gewaltsam an sich zöge. Jene machen unseren Herzen täglich mehr Lust, da sie unsern Hoffnungen immer voreilen; hingegen fühlen wir uns beengt und betrübt, wenn wir an diese gedenken, und ihnen im Geiste nur leere Wünsche, und in Briefen nur gehaltlose Worte zusenden können. Und so hält die Freude den Schmerz im Gleichgewicht, und wiegt ihn zuletzt denn doch auf, weil sich Erwartungen hervorthun, die vielleicht nie gegründeter und von mehr nachhaltiger Kraft unterstützt waren.

Lassen Sie uns also, theure Freundin, diese letzten Wintertage als frühlingsweissagend betrachten. Es müßte seltsam zugehen, wenn nicht bald das Bessere von allen Seiten hervortretten sollte. Ist indeß dem Beobachter nicht ganz erfreulich, wie sich die befreyten Deutschen schon wieder literarisch gegen einander benehmen; so muß man denken, daß dieß nun einmal die Art der Nation ist, sobald sie von fremden Drucke sich befreyt fühlt, unter sich zu zerfallen. Was mich betrifft, so erlauben mir glückliche Umstände und Ereignisse einen ganz engen Zauberkreis um mich her zu ziehen, in welchem ich, nach alter Gewohnheit, meinen stillen Beschäftigungen nachhänge, das was ich Zeitlebens vorgenommen wieder aufnehme, um das brauchbare davon meinen zwar wunderlichen, jedoch immer geliebten Landsleuten aufzubewahren.

[134] Möge ich von Ihnen und Ihrem theuren Gemahl bald recht viel Wünschenswerthes vernehmen.

Riemer dessen Hand Sie wohl in diesem Blatte erkennen grüßt zum schönsten. Möge ich Ihnen immer empfohlen seyn.

Weimar d. 7. Febr. 1814.

Goethe.


24/6736.


An Ernst Christian August von Gersdorff

[Concept.]

Erst gestern Abend erfahre ich sehr ungern daß Ew. Hochwohlgeboren sich diese Tage nicht wohl befunden, zu meiner Beruhigung aber auch zugleich daß Sie sich auf dem Wege der Besserung fühlen. Seyn Sie überzeugt, daß ich zu schätzen weiß wie viel Sie uns werth sind und daß meine Wünsche für Ihr Wohl das Ganze so wie mich selbst im Auge haben.

Erlauben Sie meinem Sohne der gestern angekommen ist Ihnen aufzuwarten, leiten Sie ihn auf seiner neuen Bahn und lassen ihn erfahren was er zunächst sowohl bey Durchl. Erbprinzen als in der Sache zu thun hat um an seinem Posten nützlich zu seyn.

Haben Sie die Güte seinen Zustand näher zu bestimmen, und mir sowohl als ihm fernerhin Ihre Geneigtheit zu gönnen.

Weimar d. 7. Febr. 1814.[135]


24/6737.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Weimar, den 8. Februar 1814.

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die autorisirten Zettel sowie eine Notiz für den Rentbeamten. Ich erkenne die gehabte Mühe mit Dank sowie den geäußerten guten Willen. In gegenwärtiger Zeit ist jeder verpflichtet für sich selbst zu sorgen und man darf auch wohlmeinenden Freunden nichts zumuthen.

Sind die hinzugefügten kleinen Druckschriften Ihnen und Ihren urtheilenden Freunden noch nicht bekannt, so stehen sie zu kritischen Zwecken zu Diensten. Die Recensionen fahren fort allen Beyfall zu verdienen und klären sich nun schon einander auf.

Unsere Depesche an Herrn von Gentz ist schon vor acht Tagen mit einem Courier von Frankfurt in's kaiserlich-österreichische Hauptquartier abgegangen.

Ergebenst

Goethe.


24/6738.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgebornen

habe bey der gegenwärtigen Sendung für manches zu danken; vor allem aber will ich meinen Sohn entschuldigen, der auf seine Rückreise nicht, wie er[136] gewünscht, wieder aufwarten können. Der längere Aufenthalt in Frankfurt nöthigte zur Eile.

Die übersendeten Exemplare der so bestimmten als lebhaften Beschreibung des in der Zeitgeschichte so wichtigen Augenblicks habe sogleich an die Behörden abgegeben. Durchlaucht dem Herzog ist das seinige in's Feld gefolgt. Der Dank unserer vortrefflichen Erbprinzeß-Hoheit folgt hiebey, und wird Ihnen selbst zur trüben Stunde viel Freude machen. Die beyden Bände Ihrer immer gleich interessanten Zeitschrift haben auch wieder alte Lieblingsgedanken in mir aufgeregt, wovon ich nächstens etwas erwähne. Erfreulich ist mir's, daß ich in mehreren Aufsätzen solche Überzeugungen finde, die sich auch bey mir nach vieljährigen Beobachtungen und manigfaltigem Nachdenken festgesetzt haben. Man war bisher in geologischen Fällen in dem Nachtheil, daß man mit der herrschenden Meinung controvertiren mußte; und wer mag das gerne und was hilft es? Streiten mag ich im Wissenschaftlichen nicht leicht; dagegen assentire ich sehr gerne.

Mehr sage ich nicht für dießmal, und behalte mir vor, nächstens umständlicher zu seyn. Wenn Sie in Ihrer Lage, so unangenehm sie auch ist, zusehen und temporisiren können, so billige ich das sehr. Ihre Angelegenheiten werde ich nicht außer Augen lassen, es sey nun von Restitution, Restauration oder Translocation die Frage. In diesen[137] ernsten Zeiten haben wir uns alle in Geduld zu fassen.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend

gehorsamst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 8. Februar 1814.


Noch eine Frage, um deren gütige Beantwortung ich bitte! Es steht hier ein kleines, ganz neu zusammengestelltes Mineralien-Kabinett von 263 Nummern zu verkaufen. Die Stücke sind nicht von gleicher Größe, aber durchaus frisch und instructiv. In der Sammlung findet man alle bedeutenden Mineral-Körper, Erd- und Steinarten, Salze, Inflammabilien und Metalle, nur die seltensten ausgenommen und solche, die sich nur chemisch darstellen lassen. Das Ganze ist zu pädagogischem Zweck eingerichtet und mit einem Catalog versehen, der auch den Gebrauch dieser verschiedenen anorganischen Naturproducte darlegt. Käufer und Verkäufer dieser Sammlung stehen in einem solchen Verhältniß, daß dieser keinen Preis machen will und jener gern das Billige zahlen möchte. Ew. Hochwohlgebornen haben in diesen Dingen so viel Erfahrung, daß Sie mir ja wohl ungefähr sagen können, was man, ohne zu sehr abzuirren, vorschlagen könnte.

Verzeihung und gütige Gewährung![138]


24/6739.


An Josephine O'Donell

Sie handelten sehr lieb und freundlich, meine Theuerste, mir von Ihrer Genesung sogleich eigenhändige Nachricht zu geben, nachdem das Gerücht von Ihrer Krankheit mich sehr beunruhigt hatte. Diese und ähnliche Übel sind doppelt empfindlich, indem sie uns von den werthen Personen trennen, welche allein sie zu lindern im Stande wären. Geben wir hingegen unsrem Gefühle nach und meiden nicht oder lassen nicht meiden, so verbreitet sich das Übel, und der Wiedergenesene hat einen krankgewordenen Hülfreichen zu beklagen. So sieht es jetzt leider in der ganzen Welt aus, und ein Brief braucht nicht immer schwarz gesiegelt zu seyn, um uns Unheil zu verkündigen.

Dagegen ist aber auch das erworbene Heil so groß, daß sich niemand beklagen wird, an der Gefahr und Noth, wodurch es erworben ward, Theil genommen zu haben oder zu nehmen, es sey handelnd oder leidend, mit der Leibe oder dem Beutel bezahlend; wenigstens dürfen wir uns sagen, daß die Seele gewonnen habe.

An mir ist indeß Ihr schöner Segenswunsch in Erfüllung gegangen und ich bin durch günstige Ereignisse in den Fall gesetzt, meinen löblichen und unlöblichen Gewohnheiten wieder fröhnen zu können; welches, genau besehen, denn doch der Menschen höchster[139] Wunsch bleibt. Das vergangene Jahr hat, nicht allein im Äußern sondern auch im Innern, sich höchst ungünstig gegen mich erwiesen; der Jänner hingegen hat sich höchst freundlich und lieblich gezeigt. Wir wollen sehen, wie sich seine übrigen Jahresgesellen betragen und aufführen werden.

Da wir uns nun unter dem Schutz der heiligen Heer-Schaaren wieder können wohl seyn lassen; so habe ich angefangen meine, vergangenes Jahr zweymal geflüchteten und vergrabenen Kunstschätze und sonstige Prätiosa wieder auszuscharren und aufzustellen, bey welcher Gelegenheit mir mancherley Gutes und Treffliches, und also auch jener Name in Sternenzügen auf's neue geschenkt wird. Lassen Sie ja, theuerste Freundin, wenn Sie sich der Verehrtesten wieder nähern, mein Andenken treulich mit einfließen.

Mein dritter Band kommt noch nicht. Ich glaube er wäre glücklicher wenn er in Sedez gedruckt wäre. Die kleinen Büchelchen sind immer regelmäßig zu Weihnachten da. Für mich ist es ein Glück, daß ich ein alter Schriftsteller bin, dem es um die Publicität nicht sonderlich mehr zu thun ist. Erst entvölkerte Nervenfieber, sodann Insurrection und Conscription die Druckersäle; jetzt hat der Verleger wegen der Versendung Zweifel. Ein junger Autor würde vor Ungeduld aus der Haut fahren; ich aber tröste mich und hoffe daß das Büchlein, wenn es eine Weile liegt, wie die Mispeln nur gewinnen wird.

[140] Und so möge denn der tiefe Schnee diesen Brief nicht abhalten, dem ich abermals ein kleines Büchlein hinzufüge, damit er einiges Gewicht erhalte, und nicht verweht und verwindwebt werde. Leben Sie recht wohl, und lassen mich empfohlen seyn.

Weimar, den 8. Februar 1814.

Goethe.


24/6740.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

geruhen aus beyliegenden Acten, besonders aber aus dem neuerlichen Bericht des Rentamtmann Kühn, Fol. 15 sequent. gefällig zu ersehen, wie weit es mit dem im Juny 1812 gnädigst anbefohlenen Ausbau des rechten Flügels der oberen Etage des Jenaischen Schlosses und dessen Einrichtung zum naturhistorischen Kabinett, unter der Aufsicht des Herrn von Hendrich bis jetzo gediehen. Da nun derselbe, nach seinem Abgang von Jena, die Acten so wie das Geschäft Herzogl. Commission in die Hand gelegt, so habe keinen Anstand genommen Fol. 14 präparatorisch zu verfahren.

Gedachter Bau sollte in 3 Jahren vollführt und die Kosten, damit solche weniger beschwerlich würden, gleichfalls in 3 Jahren verrechnet werden. Nun glaube ich daß wir nicht ganz unrichtig interpretiren, wenn wir 1812, 1813 und 1814 als gedachte 3 Jahre[141] ansehen und somit die Arbeit in diesem Jahre vollenden, welches um so nöthiger ist als durch die bisherige Stockung des Geschäfts sich manche Unordnung und Verwirrung in unsere mineralogische Sammlung eingeschlichen, welche nur durch eine vor mehreren Jahren schon als nöthig anerkannte Erweiterung des Lokals gehoben und vor die Zukunft vermieden werden kann.

Da nun die Lage der Sache von der Art ist daß ich mir Ew. Excellenz Zustimmung gewiß versprechen darf; so habe eine Verordnung an den Rentamtmann Kühn, in Concept und Mundo, jedoch unvorgreiflich beyzulegen und geneigter Approbation anheim zu geben die Freyheit genommen.

Gehorsamst

Weimar d. 8. Febr. 1814.

J. W. v. Goethe.


24/6741.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Weimar, den 9. Februar 1814.

Ew. Wohlgeboren

übersende, um in so wichtigen Augenblicken nicht ganz unthätig zu seyn, abermals eine Flugschrift; andere folgen. Ich verlange zu vernehmen, was Ihre einsichtsvollen Männer über diese und jene frühere gleichen Inhalts sagen werden. Hier haben wir also die Selbsthülfe rechtlich ausgesprochen und[142] die westliche Hälfte von Süddeutschland wenigstens mentaliter revolutionirt. Vorauszusehen war es, abzusehen ist es nicht, in Gedanken dem Gange der Sachen zu folgen löblich und räthlich. Unser Fürst wenigstens kann sich auch darin glücklich preisen, und wir mit ihm, daß unsere Verfassung unverkürzt und unerweitert geblieben. Lassen Sie uns auf alle Weise das innere Gute wirken, das in unseren Kräften steht. Von Serenissimo sind die besten Nachrichten eingetroffen.

Ergebenst

Goethe.


24/6742.


An Carl Ludwig von Knebel

Habe Dank, mein theurer Freund, für die gute Aufnahme der Damen, wofür die Schreiberin nochmals persönlich dankt. Sie haben nicht Wunders genug von deinem dreygemützten Knaben erzählen können. Sollte dieses nicht auf baldige Wiederherstellung der dreyfachen Krone des Papstes deuten? Du kannst dich also wohl trösten, daß du deinen ältesten Sohn an den Altar des Vaterlandes geführt, und ihn dem Opfermesser des Zufalls anheimgegeben hast, da dir die Götter, nicht etwa wie ihrem Günstling, dem Abraham, ein Surrogat in einem Widder gegeben haben, sondern ein leibhaft Gleiches, und wegen seines Werdens und Wachsens noch Angenehmeres.

Wegen Carl sey auch unbesorgt, auch nicht unruhig[143] wegen seines Avancements. Durchlaucht. Herzogin wird gewiß das Mögliche thun. In dem ehernen Kriegswesen aber werden unsere besten Wünsche nur durch Zufall erfüllt. Die gezeichneten Blätter sende zurück. Es ist in ihnen, wie in seinen ersten Sachen, eine malerische Anschauung. Hätte er Ruhe und Fleiß gehabt, sich ein wenig Technik anzueignen, so würde er jetzt den großen Vortheil davon spüren. Wir haben es ja aber auch nicht anders gemacht und uns lieber ein ganzes Leben durch mit Pfuschen, als ein Jahr im Handwerk gequält.

August ist von Frankfurt zurück, wo er ohngefähr vier Wochen verweilt, alte Freunde wiedergefunden und neue erworben hat.

Vom Herzog sind die besten Nachrichten eingegangen; er war schon über Arnheim hin in einem Ort der, wenn ich nicht irre, Bockhold heißt. Möge er bald glücklich in Antwerpen einziehen! An Weyland ist Brief und Empfehlung besorgt, und nun lebe zum schönsten wohl mit den lieben Deinigen.

Weimar den 9. Febr. 1814.

G.


24/6743.


An Albert Cajetan Graf von Edling

[Concept.]

Ew. Hochgebornen

erhalten hiebey eine Inschrift, jedoch erst nur zu Bezeigung meines guten Willens, denn ich halte sie für[144] den nächsten Zweck nicht eben brauchbar; sie möchte gut seyn, wenn eine große Gesellschaft oder die Menge das Fest gäbe, da es aber im Namen Durchlaucht der Herzogin geschieht; so werde ich auf etwas Anderes denken, oft geräth's erst zum zweyten oder dritten Mal, und ich denke es soll in diesen Tagen nicht fehlen.

Mich gehorsamst empfehlend.

Weimar den 12. Febr. 1814.


24/6744.


An Heinrich Carl Friedrich Peucer

Ew. Wohlgeb.

versäumen ja nicht eine schließliche Ausarbeitung auf den sehr schönen Aufsatz zu gründen. Damit die solange schwanckenden Verhältnisse endlich festgesetzt werden. Es ist Ihnen ein leichtes und Sie machen Sich dadurch ein großes Verdienst. In angenehmer Erwartung dieser Schlußarbeit dancke zum schönsten für die Mittheilung des gegenwärtigen.

Mich ergebenst empfehlend

W. d. 12. Febr. 1814.

Goethe.


24/6745.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Vor allen Dingen, werther Herr und Freund, habe ich Ihnen den aufrichtigsten Dank zu sagen für[145] den guten Empfang und fortgesetzte Theilnahme die Sie meinem Sohn haben gönnen wollen; Sie haben dadurch seinen Muth und guten Humor, bey einem eben nicht ganz erfreulichen Geschäfte, gestärkt und er wird Ihnen dafür immer verpflichtet bleiben.

Die Hoffnung die er mir gemacht hat, daß ich wieder neue treffliche Werke unserer lieben römischen Künstler erhalten solle, ist, wie die Aussicht auf das nächste Frühjahr, höchst belebend; ich zweifle nicht daß Freude und Bewunderung an diesen Arbeiten sich immer erhalten, ja vermehren wird. Danken Sie Ihrem Herrn Bruder, dem Vermittler, dafür. Ehestens übersende, wohleingepackt, die mir bisher anvertrauten.

Herrn Werner sagen Sie gefälligst: sein Brief habe mich zum Lachen gebracht, und in den besten Humor versetzt, deshalb ich ihm vielen Dank weiß. Daß eine persönliche Zusammenkunft für uns jetzt nicht wohlthätig seyn könne, ist ein ganz richtiges Gefühl, doch soll mir's, von ihm und seinen, ich hoffe glücklichen Zuständen zu vernehmen immer angenehm seyn.

Soviel für dießmal, mit beygefügtem verpflichteten Dank für die freundliche Besorgung unserer Geschäfte die nicht in besseren Händen seyn können

ergebenst

Weimar d. 13. Februar

Goethe.

1814.[146]


24/6746.


An Johann Jacob von Willemer

Weimar d. 13. Februar 1814.

Ihr lieber, herzlicher Brief, verehrter Freund, so wie die Erzählung des rückkehrenden Sohnes, hat uns, Vater und Mutter, auf das angenehmste gerührt: denn was kann man mehr wünschen, als das ein Jüngling, in dem Anfang deiner Laufbahn, einsichtigen, geprüften Männern Vertrauen und Neigung abgewinne. Könnte er sich doch Ihrer Nähe erfreuen, und Ihnen durch Wort und That nützlich und angenehm werden. Sein älterer vorsitzender College, ein sehr tüchtiger Geschäftsmann, der sich auch einer geneigten Aufnahme von Ihnen zu erfreuen hatte, ist mit ihm, sowohl was das Reiseleben, als die Arbeit betrifft zufrieden, und hat ihn nach der Rückkunft schon hohen und höchsten Ortes empfohlen. Möge ihm das als eine Grundlage dienen eines künftigen sichern Zustandes, in einer Zeit wo alles in Bewegung ist. Gebe Ihnen das gute Glück auch Ihren Sohn wieder! Ein junger Mann kann jetzo kaum, ohne militärische Gesinnungen und Erfahrungen der Zukunft getrost entgegen sehen. Leben Sie recht wohl, und erhalten uns ein theilnehmendes liebevolles Andenken.

J. W. v. Goethe.[147]


24/6747.


An Sulpiz Boisserée

Auf Ihren freundlichen, umständlichen Brief, der mir ein langes Entbehren Ihrer Nachrichten auf einmal vergütet, will ich sogleich, mich kurz fassend, einiges erwidern. Von der Schlacht bey Lützen an bis zum Ablauf des Stillstandes befand ich mich in Töplitz (denn es ziemt und wohl in dieser Zeit unsere kleinen Privatzustände der Weltgeschichte zu messen), sodann habe ich in Weimar, die bedeutenden Tage hindurch, Sorge, Furcht, Angst, Schrecken und Leiden mit so viel anderen getheilt, nicht ohne eine gewisse innere Thätigkeit, denn es ist mir inzwischen manche Production gelungen. Nunmehr, seit dem Anfang des neuen Jahres, befinden wir uns wieder, im Rücken so großer Ereignisse, wie im völligen Frieden und werden nur durch einige kriegerische Symbole, durch einen Trupp Baschkiren und, von Zeit zu Zeit, durch einen Kanonenschuß, von der Citadelle von Erfurt, an das Kurzvergangene erinnert.

Ihre Sammlung, so wie Ihr Unternehmen sind mir nicht aus dem Sinne gekommen, beyde sind zu ernstlich als daß ich nicht wünschte Ihnen förderlich zu seyn, auch habe ich mich nicht enthalten können, in dem dritten Bande meines biographischen Versuchs, wo vom Cölner Dom die Rede ist, auf Ihrer Bemühungen hinzudeuten. Sie werden diese apostolische[148] Generosität, da ich gern gebe was ich habe, zum besten aufnehmen.

Zu den glücklichen Acquisitionen gratulire ich allerschönstens, den Meister Hemmelinck möchte wohl kennen lernen. Sie machen sich ein großes Verdienst, jene ersten herrlichen Anfänge wieder zur Anschauung zu bringen, denn man begreift nun erst wie die späten trefflichen Meister, die wir gewöhnlich kennen und bewundern, sich auf dem hohen Grad hervorthun konnten, da sie den schweren Reichthum ihrer Vorfahren nur, mit Talent und gutem Humor, zu vergeuden brauchten.

Könnten Sie veranstalten daß mir auch nur ein Probedruck von der Dresdner Platte zugesendet würde, so sollte er bey mir nicht unter den Scheffel gestellt werden, es giebt dieß Gelegenheit von Ihnen, Ihrer Lage, Ihren Wünschen zu sprechen. Wer weiß wo es einmal Feuer fängt.

Von Cornelius und Overbeck haben mir Schlossers stupende Dinge geschickt. Der Fall tritt in der Kunstgeschichte zum erstenmal ein, daß bedeutende Talente Lust haben sich rückwärts zu bilden, in den Schoß der Mutter zurückzukehren und so eine neue Kunstepoche zu begründen. Dieß war den ehrlichen Deutschen vor behalten und freylich durch den Geist bewirkt, der nicht Einzelne sondern die ganze gleichzeitige Masse ergrifft. Ihre Sammlung und Ihr Dom wirken ja aus gleichem Grunde und in gleicher Richtung.

[149] Unter meine liebsten Wünsche gehört es, dieses Jahr die Bäder am Rhein, die Freunde und Ihre Sammlung zu besuchen, und ob ich gleich an der Gewährung zweifle; so will ich mich doch einstweilen an der Hoffnung ergetzen. Leben Sie recht wohl, und fahren immer, so treu als gründlich, fort. Es müßte nicht mit rechten Dingen zugehen wenn ein so redliches Bemühen nicht belohnt werden sollte.

So wie allem

Weimar den 14. Febr.

Aufrichtigen, Rechten,

1814.

so auch Ihnentreu ergeben

Goethe.


24/6748.


An Franz Bernhard von Bucholtz

Weimar den 14. Februar 1814.

Unter die schönen Früchte, welche mir die Reise meines Sohnes gebracht, habe ich vorzüglich Ihren lieben und zutraulichen Brief zu rechnen, für welchen hiermit zu danken nicht ermangle. Da ein jeder mit oder wider Willen beschäftigt ist, sich den großen Ereignissen des Tages, wenigstens in Gedanken, gleichzustellen, so machte es mir viel Freude zu sehen, wie jüngere Männer sich dieser hoffnungsreichen Periode zubilden. Sowohl durch Ihren werthen Brief, als durch eine kleine Druckschrift, wird es mir möglich, mich an Ihre Seite zu versetzen; ich glaube daraus[150] Ihre Lage und Ihre Denkart erkannt zu haben; zu beyden wünsche ich Glück. Lassen Sie mich etwas von meinen Betrachtungen hinzusetzen.

Die Vereinigung und Beruhigung des deutschen Reiches im politischen Sinne überlassen wir Privatleute, wie billig, den Großen, Mächtigen und Staatswesen. Über einen moralischen und literarischen Verein aber, welche bey uns wo nicht für gleichgeltend doch wenigstens für gleichschreitend geachtet werden können, sey es uns dagegen erlaubt zu denken, zu reden. Eine solche Vereinigung nun, die religiöse sogar mit eingeschlossen, wäre sehr leicht, aber doch nur durch ein Wunder zu bewirken, wenn es nämlich Gott gefiele, in Einer Nacht den sämmtlichen Gliedern deutscher Nation die Gabe zu verleihen, daß sie sich am andern Morgen einander nach Verdienst schätzen könnten. Da nun aber dieses nicht zu erwarten steht, so habe ich alle Hoffnung aufgegeben, und fürchte, daß sie nach wie vor sich verkennen, mißachten, hindern, verspäten, verfolgen und beschädigen werden.

Dieser Fehler der Deutschen, sich einander im Wege zu stehen, darf man es anders einen Fehler nennen, diese Eigenheit ist um so weniger abzulegen, als sie auf einem Vorzug beruht, den die Nation besitzt und dessen sie sich wohl ohne Übermuth rühmen darf, daß nämlich vielleicht in keiner andern so viel vorzügliche Individuen geboren werden und neben einander existiren. Weil nun aber jeder bedeutende[151] Einzelne Noth genug hat, bis er sich selbst ausbildet, und jeder Jüngere die Bildungsart von seiner Zeit nimmt, welche den Mittleren und Älteren mehr oder weniger fremd bleibt; so entspringen, da der Deutsche nichts Positives anerkennt und in steter Verwandlung begriffen ist, ohne jedoch zum Schmetterling zu werden, eine solche Reihe von Bildungsverschiedenheiten, um nicht Stufen zu sagen, daß der gründlichste Etymolog nicht dem Ursprung unsers babylonischen Idioms, und der treueste Geschichtsschreiber nicht dem Gange einer sich ewig widersprechenden Bildung nachkommen könnte. Ein Deutscher braucht nicht alt zu werden, und er findet sich von Schülern verlassen, es wachsen ihm keine Geistesgenossen nach; jeder, der sich fühlt, fängt von vorn an, und wer hat nicht das Recht, sich zu fühlen? So, durch Alter, Facultäts- und Provinzial-Sinn, durch ein auf so manche Weise hin und wieder schwankendes Interesse, wird jeder in jedem Augenblicke verhindert, seine Vorgänger, seine Nachkommen, ja seinen Nachbar kennen zu lernen.

Da nun dieses Mißverhältniß in der nächsten Zeit immer zunehmen muß, indem außer den vom Druck Befreyten und wieder neu Auflebenden, nun auch noch die große Masse derer, welche durch kriegerische Thatkraft die heilsame Veränderung bewirkten, ein entschiedenes Recht haben zu meinen, weil sie geleistet haben: so muß der Conflict immer wilder,[152] und die Deutschen mehr als jemals, wo nicht in Anarchie, doch in sehr kleine Parteien zerplittert werden. Verzeihen Sie mir, daß ich so grau sehe; ich thue es, um nicht schwarz zu sehen; ja manchmal erscheint mir dieses Gemisch farbig und bunt. Gebe uns das gute Glück eine feste politische Lage, so wollen wir die obige Jeremiade in Scherz- und Spaßlieder umwandeln.

Aufrichtig zu sagen, ist es der größte Dienst, den ich glaube meinem Vaterlande leisten zu können, wenn ich fortfahre, in meinem biographischen Versuche die Umwandlungen der sittlichen, ästhetischen, philosophischen Cultur, insofern ich Zeuge davon gewesen, mit Billigkeit und Heiterkeit darzustellen, und zu zeigen, wie immer eine Folgezeit die vorhergehende zu verdrängen und aufzuheben suchte, anstatt ihr für Anregung, Mittheilung und Überlieferung zu danken. Genauer als sonst werde ich die Tagesschriften, sie mögen sich hervorbringend oder beurtheilend beweisen, lesen oder betrachten, und es sollte mir sehr angenehm seyn, wenn diese Barometer des Zeitgeistes eine bessere Witterung andeuten, als ich mir erwarte.

Leben Sie recht wohl, und wachsen einer glücklichen Zeit und einer vollendeten Bildung entgegen, wie sie der jüngere Deutsche jetzt mehr als jemals hoffen kann.

Keinen höheren Wunsch wüßte hinzuzufügen.

Goethe.[153]


24/6749.


An Johann Isaak von Gerning

Mein August hat auch darin gute Geschäfte gemacht, daß er mir von Ihnen, theuerster Freund, ein ausfürliches Schreiben, ein sehr angenehmes Büchlein, und eine schätzenswerthe Notiz über die vorseyende Stadt-Regiments-Veränderung mitgebracht hat. Nehmen Sie für alles und jedes den gefühltesten Dank.

Eigentlich aber haben Sie mich, mein Werthester, durch die poetische Bergfahrt und durch die derselben beygefügte Karte sehr unruhig gemacht. Ich wünschte nun, unter solchem Geleit, das in frühern Zeiten nur flüchtig und ohne die nöthigen Kenntnisse durchwandelte Gebirg aufgeklärter zu besuchen, und die, durch Ihre Sorgfalt, zu Tage liegenden historischen und antiquarischen Merkwürdigkeiten in einer geregelten Folge kennen zu lernen. Ihr Gedicht wird gewiß jedem, der jene Gegenden besucht, das angenehmste Geschenk seyn; manchen Fremden wird es anlocken, da Sie den bedeutenden Gegenständen, durch blühende und harmonische Verse, einen doppelten Reiz gegeben haben.

Sobald die neue Verfassung festgestellt ist, so er bitte mir eine detaillirte Kenntniß derselben, womöglich mit Gegenüberstellung der alten. Schon sehe ich aus dem mir zugesendeten Entwurf manche zeitgemäße Veränderung.

[154] Werden Sie Ihre glücklich angebrachten Schmetterlinge nicht selbst nach Wien geleiten? Es freut mich sehr, daß Sie diese kostbare und doch hinderliche Last endlich in guten Händen sehen.

Ich habe meine Kupferstiche, die im Hause vielfach zerstreut herumlagen, endlich, nach Schulen, zusammengeordnet. Ich kann sie nur5 in meinem Sinne, das heißt spärlich vermehren. Könnten Sie mir gelegentlich vorerst einen Mantegna und Martin Schön um billigen Preis verschaffen, so geschähe mir ein besondrer Gefallen. Hat irgend ein Händler gute Abdrücke, besonders aus den italienischen Schulen, und wollte mir das Verzeichniß mit billigen Preisen zusenden, so würde ich mir wohl etwas auslesen. Sie müssen ja, mein Werthester, in Frankfurt alle Winkel kennen.

Es ist Ihnen gewiß nicht unlieb, wenn ich Ihren Taunus den Jenaischen Literatur-Freunden empfehle. Soll man, um dessen zu gedenken, etwa die Quartausgabe abwarten?

Lassen Sie uns, da durch meines Sohnes Zwischenkunft Bahn gebrochen ist, öfter von einander hören. Deutsche müssen jetzt frische Luft bekommen, ihren Landsleuten, noch mehr aber ihren Stadtgenossen, Verwandten und Freunden etwas Angenehmes zu erzeigen. Doch dazu muß ja einer wissen, wie dem andern zu Muthe ist.

[155] Das Beste wünschend und mit Ihrem freundschaftlichen Andencken empfehlend

Weimar den 14. Februar 1814.

Goethe.


24/6750.


An Johann Jakob Riese

Die Erzählungen meines Sohnes, begleitet von einem Schreiben Ihrer liebwerthen Hand, haben mich in jene so ruhig als unschuldige Zeiten zurückversetzt, in welchen wir einer heitern und lustigen Jugend genossen. Ich freue mich daß Sie, als ein besonders theurer Freund, zu den übrig gebliebnen gehören und wir uns noch, bis auf diesen Tag, zusammen der Vergangenheit freuen können. In meinem dritten Bande finden Sie Ihren geschätzten Nahmen und die Erinnerung unsrer näheren Verhältnisse, nicht ohne Bemerckung des vielfältigen Widerspruchs mit welchem der Freund meinen Enthusiasmus zu zügeln und meine Dialecktik zu üben verstand.

Auch habe ich, bey Gelegenheit der lebhaften Erzählung meines Sohnes, die Narbe an dem rechten Zeigefinger vorgewiesen, welche Sie mir schlugen, als ich mit demselben, unter einer Forsthaus Laube, etwas schalkisch, auf ein herankommendes Frauenzimmer deutete, dem wir beyde gewogen waren. Wir bereiteten uns eben einen Teller Schincken zu verzehren und Sie hatten das aufgehobne Messer in der Hand,[156] welches zu meiner Bestrafung sich etwas eilig niedersenckte.

Solche lustige, leichte Wunden schlägt das fortschreitende, immer ernstere Leben nicht, und ich wünsche Ihnen Glück, daß Sie, bey so großem Wechsel der Dinge, als einzelner Mann, weniger Sorgen unterworfen, an Ihrer Stelle unverruckt geblieben. Grüßen Sie mir unser Fränzchen zum schönsten, deren Heiterkeit sich gewiß erhalten hat. Eine so beständige Freundschaft deutet auf redliche, treue Gemüther und einen ruhigen, gleichen Lebenswandel.

Mögen Sie noch lange, amtlich auf dem Kirchhofe beschäftigt, diesem und jenem ein Erbbegräbniß zutheilen und mit dem besten Humor sich selbst und Ihren nächsten Umgebung leben, zu Trost und Freude, und auch dabey immer fort meiner in Liebe gedencken.

Herzlich angeeignet

Weimar d. 14. Febr. 1814.

Goethe.


24/6751.


An Carl Friedrich Zelter

Damit ja kein Posttag versäumt werde, sende ich dir sogleich Singbares und Klangloses; laß das eine deinem Kunstsinne, das andere deinem Verstande gefallen. Wie unendlich deine Sendung mich gefreut und erquickt hat, auszusprechen, müßte ich auch Geschichten[157] erzählen; heute jedoch nur den herzlichsten Dank.

Weimar, den 14. Februar 1814.

G.


24/6752.


An Johann Gottlob Stimmel

[Concept.]

Von Ew. Wohlgeboren selbst hatte vor allen Dingen gewünscht über Ihre Zustände Aufklärung zu erhalten, ehe ich meinen Antheil, wie gegenwärtig geschieht, ausspräche. Benachrichtigt von jenem fatalen Proceß, lebte ich der festen Überzeugung, daß der erregte Verdacht ungegründet müsse befunden werden, und erkundigte mich, bey meinem Aufenthalt in Dresden, öfter nach Ihnen; jedoch zu meinem Leidwesen ohne sonderlichen Erfolg. Zur Zeit der kriegerischen Ereignisse vermuthete ich Sie in Leipzig, und hoffe daß Sie mit den übrigen Einwohnern, zwar Furcht und Angst, aber doch eine leidliche Entwickelung der ungeheueren Bedrängnisse würden getheilt haben. Nach Ihrem Brief kann ich Ihnen nun freylich zu weiter nichts Glück wünschen, als das Leben gerettet zu haben. Möge, bey der neueintretenden Ordnung der Dinge, Ihre Thätigkeit Sie in einen glücklichern Zustand wieder herstellen.

Die Übersendung des Portefeuilles mit Kupfern und Zeichnungen, soll mir angenehm seyn; wollen Sie die übrigen orientalischen Literatur- und Kunstwerke[158] beylegen, so bitte nur daß alles in einen Kasten, wohl und genau, eingepackt werde. Emballage und Porto hin und her zahle gern. Es ist zwar jetzt die Zeit nicht, solche Dinge selbst Kunst und Wissenschaft liebenden Fürsten anzubieten, allein immer gut ein solches Interesse lebendig zu erhalten.

Haben Sie die Gefälligkeit die Kiste, mit der fahrenden Post, hierher zu senden und an Herzogliche Bibliothek zu addressiren. Mit den aufrichtigsten Wünschen.

Weimar den 16. Februar 1814.


24/6753.


An Sara von Grotthuß

Schon mehrmals ist es mir so ergangen, daß, wenn ich mich, nach langem Zaudern, endlich entschloß lieben Freunden zu melden daß eine zugedachte Gabe nicht angekommen, sogleich nach abgesendetem Briefe das Erwartete glücklich eintraf; und so ging es auch jetzt mit den fünf köstlichen Gänse-Brüsten, die in einem Körbchen glücklich anlangten, und vortrefflicher schmecken, oder zu schmecken scheinen, als alle sonst genossene. Seit den letzten von Ihnen erhaltenen sind keine wieder in meine Speisekammer gekommen, und die Köstlichkeit derselben bezeugt vorzüglich Riemer, der sich die Abende wieder fleißig bey mir einfindet, und mir mancherley vorbereiten hilft,[159] was Ihnen dereinst auch Vergnügen machen soll, zugleich mit mir dankt und sich Ihrem theueren Andenken empfiehlt.

Lassen Sie mich, nach einer so schmackhaften leiblichen Speise, ohne gesuchten Übergang, von einer Gleichfalls wohlbereiteten geistigen Speise reden! ich meine das Werck sur l'Allemagne, von Frau von Staël; Sie haben es selbst gelesen, und es bedarf also meiner Empfehlung nicht. Ich kannte einen großen Theil desselben im Manuscript, lese es aber immer mit neuem Antheil. Das Buch macht auf die angenehmste Weise denken, und man steht mit der Verfasserin niemals in Widerspruch, wenn man auch nicht immer gerade ihrer Meinung ist. Alles was sie von der Pariser Societät rühmt kann man wohl von ihrem Werke sagen.

Man kann das wunderbare Geschick dieses Buches wohl auch unter die merkwürdigen Ereignisse dieser Zeit rechnen. Die französische Polizey, einsichtig genug daß ein Werk wie dieses das Zutrauen der Deutschen auf sich selbst erhöhen müsse, läßt es weislich einstampfen, gerettete Exemplare schlafen, während die Deutschen aufwachen, und sich, ohne solch eine geistige Anregung, erretten. In dem gegenwärtigen Augenblick thut das Buch einen wundersamen Effect. Wäre es früher da gewesen, so hätte man ihm einen Einfluß auf die nächsten großen Ereignisse zugeschrieben, nun liegt es da wie eine spät[160] entdeckte Weissagung und Anforderung an das Schicksal, ja es klingt als wenn es vor vielen Jahren geschrieben wäre. Die Deutschen werden sich darin kaum wiedererkennen, aber sie finden daran den sichersten Maaßstab des ungeheuern Schrittes den sie gethan haben.

Möchten sie, bey diesem Anlaß, ihre Selbstkenntniß erweitern, und den zweyten großen Schritt thun ihre Verdienste wechselseitig anzuerkennen, in Wissenschaft und Kunst, nicht, wie bisher, einander ewig widerstrebend, endlich auch gemeinsam wirken, und, wie jetzt die ausländische Sclaverey, so auch den inneren Parteisinn ihrer neidischen Apprehensionen unter einander besiegen, dann würde kein mitlebendes Volk ihnen gleich genannt werden können. Um zu erfahren inwiefern dieses möglich sey, wollen wir die ersten Zeiten des bald zu hoffenden Friedens abwarten.

Dem freundlichsten Lebewohl füge ich einen wiederholten aufrichtigen Dank hinzu.

Weimar den 17. Feb. 1814.

Goethe.


24/6754.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Die Frauenzimmer verlassen mich heute für den ganzen Tag. Mögen Sie, werthester, zu Tische kommen oder gegen Abend, sollen Sie wohl empfangen seyn. Nur Ein Wort! daß ich mich einrichten kann.

W. d. 18. Febr. 1814.

G.[161]


24/6755.


An Johanna Schopenhauer

Hierbey folgt, wertheste Freundin, ein Vorschlag, wie der irdische Raum zwischen den beyden himmlischen Figuren auszufüllen und ihre Umgebung zu bezeichnen seyn möchte. Sie werden die zarten Strichlein lesen und ihnen, durch eine kräftige und geschmackvolle Ausführung, erst den rechten Werth geben. Ich füge noch so viel hinzu. Der Himmel, von des Engels Seite am hellsten, deutet auf einen klaren Sonnentag, in dessen Äther sich die Heiligenscheine angenehm verflössen, ganz hinten ist eine blaue Ferne vorausgesetzt, an Schloß und Felsen bemerkt man schon eine gelbliche Localfarbe, der nähere Wald könnte mit mancherley Grün mehr warm als kalt, vielleicht hie und da etwas röthlich belebt werden. Ganz vorne ist eine Brustlehne supponirt die, aus zusammengebundenen Rohren bestehend, mit Vinia, oder einem ähnlichen Gesträuch überzogen wäre, hier wären blaugrüne, nicht allzugroße Blätter, und blaue violettliche Blumen am Orte. Dieses alles, sowie den theils angegebene, theils angedeuteten Weinstock, werden Sie, meine kunstreiche Freundin, mit mehr Geschmack im Einzelnen ausführen, als es hier entworfen werden konnte. Vielleicht kommt unter der Arbeit ein besserer Gedanke. Schließlich kann ich zu bemerken nicht unterlassen:[162] daß ich die große Richtigkeit bewundert habe, mit der Sie die Umrisse beyder Figuren gezeichnet und, völlig den Charakter der Bilder ausdruckend, in's Kleine gebracht haben.

Mich bestens zu geneigtem Wohlwollen empfehlend

Weimar den 18. Februar

J. W. v. Goethe.

1814.


24/6756.


An den Herzog Carl August

Ew. Durchlaucht

sind so schnell zu den wichtigsten Bestimmumgen vorgeruckt, daß wir andern, an der Stelle gebliebenen kaum in die Ferne und Höhe gedanckenweise folgen können. Haben Sie daher die Gnade Beykommendes mehr dem Wunsche, mein Andencken zu erneuen, als der Absicht zuzuschreiben, einen bedeutenden Bericht zu erstatten. Andere werden von wichtigen Dingen Nachricht gegeben haben, indessen ich in meinem beschränckten Kreise das Herkömmliche lebendig zu erhalten bemüht bin, bis den Wissenschaften und Künsten ein neuer Frühling aufgehen möchte. Wenigstens haben wir uns in der nächstvergangenen Zeit über nichts Unangenehmes oder gar Unglückliches zu beklagen, welches in dieser Epoche eine große Wohlthat zu seyn scheint.

Mit den treusten Wünschen

Weimar, den 19. Februar 1814.

Goethe.[163]


Lenz hat sich, bey Zusammenstellung der kleinen Mineraliensammlung, sehr gut bewiesen. Die sämmtlichen Stücke, 263 an der Zahl, sind nach ihren Charakteren in die Augen fallend, der Catalog deutlich eingerichtet und bey einem jeden Mineral der Gebrauch angedeutet, wozu es im Leben verwendet wird; auch hat er sein neuestes Compendium beygelegt. Nun habe ich den Wunsch geäußert, daß man mir den Lehrer zusenden möge, dem den Unterricht anvertraut wird, damit ich ihn einleite, ihm die Sammlung übergebe und ihn auf deren Werth aufmerksam mache. Es wäre schade diese schön geordneten und zum Theil kostbaren Dinge blos als Spielwerk zerstreut zu sehen. Das ganze ist in zwey niedlichen Schränkchen aufbewahrt und da Lenz vieles von dem Seinigen hinzugethan, indem die Kabinettdoubletten nicht ausreichten, so werde ich ihm eine proportionirte Vergütung verschreiben.

Des Geheimen Rath (nunmehr durch den Rücktritt des hessischen Addreßcalenders Steuerassessor) Leonhard Erzählung, wie es in der Schlacht bey Hanau hergegangen, wird schon in höchsten Händen seyn und kann wohl als bedeutender Beytrag zur neusten Kriegsgeschichte angesehen werden. Bergrath Voigt schreibt seine Abenteuer von Berka an der Werra, welche freylich nicht sämmtlich publicirbar sind.

Mit Leonhard unterhalte ich Connexion. Er ist mit seiner Lage sehr unzufrieden, hat einiges Vermögen,[164] um leben zu können, und wäre mit einem Titel, der ihn einigermaßen wiederherstellte, und mit geringen Begünstigungen bereit nach Jena zu gehen, hinge nicht die Last einer kleinen Mineraliensammlung von wenigstens drittehalbhundert Centnern an ihm, deren Transport nach dem jetzigen Preis wohl 600 rh. machen möchte. Ich habe ihn ersucht sich für den Augenblick zu beruhigen und ihm zugesagt seine Angelegenheit nicht außer Augen zu lassen. Vielleicht wäre er noch mehr als jener wackre Mann von Aussig zu der bewußten Stelle wünschenswerth.

Überhaupt habe nach eröffneter Postcommunication meine Correspondenz wieder nach allen Radien ausgestreckt und mich also auch mit den Göttingern wieder in Verbindung gesetzt. Dadurch habe bewirkt, daß Hofrath Sartorius in den Osterferien hierher kommen wird, von welchem Besuch ich mir in manchem Sinn viel Gutes verspreche. Auf Anregung der durch Göttingen reisenden Großfürstin Katharina wird er seine Gedanken über eine neu zu bestellende Reichsverfassung aufsetzen und wo nicht gedruckt, doch im Manuscript mitbringen. Läßt er sie drucken, so soll er suchen von Göttingen aus gleich einige Exemplare Ew. Durchlaucht zuzusenden. Wie schlecht es uns bisher gegangen, hat man uns nur allzu oft in hundreterley Redeformeln vorgetragen, es ist nun sehr zu wünschen, daß vorzüglich unterrichtete und denkende[165] Männer ihre Stimmen abgeben, wie es uns künftig besser werden könne.

Professor von Münchow war dieser Tage, obgleich nur auf einen Augenblick, hier; er ist an seiner Stelle sorgsam und thätig und hat nach seiner und Körners Relation das Observatorium recht hübsch zusammengestellt. Daß er mit dem Hofmechanikus Körner wohl zufrieden ist, macht mir viel Freude; denn wer könnte diesen Mann sonst beurtheilen? Ich vor meine Person war ein wenig ungeduldig und unzufrieden, daß das parallaktische Instrument nicht rücken wollte. Um ihn anzuregen, ließ ich ihn vor ohngefähr 3 Wochen die sämmtlichen Theile der Glasschleifmaschine gleichfalls roh aus dem Guß zum Vorschein, da man denn freylich sieht, was vor unendliche Vorbereitungen dazu gehören, wenn ein Einzelner hier dasjenige hervorbringen will, was viele zusammen an großen Fabrikorten, begünstigt durch die besten Materialien und die geschicktesten Handwerker zu leisten im Stande sind. So sprangen ihm wegen des schlechten Stahls einige zur Glasschleifmaschine erforderlichen Spindeln und haben ihm, weil alles in einander greift, manche falsche Kosten verursacht.

Zu seiner Aufmunterung ließ ich die Nachricht von seiner Luftpumpe sowohl in das Intelligenzblatt[166] der Literatur-Zeitung, als besonders abdrucken; einige Exemplare liegen bey.

Die Feldfuhrküche ist auch langsam vorgerückt; die erste wird kaum in 14 Tagen fertig werden. Ich habe Querner und Henniger in ihrer Werkstatt heimgesucht und wunderte mich nicht über die langwierige Arbeit. Das Werk ist aus sehr vielen Theilen zusammengesetzt, welche erst einzeln zu fertigen und dann zusammenzufügen viel Mühe und Umstände macht; kein Geselle, (die ohnedem jetzt rar und eigensinnig sind,) ist auf die Arbeit eingerichtet, so wenig als Schmied und Wagner. Kommt die Sache einmal in Gang so gewinnt sie freylich ein leichteres Ansehen und bequemere Ausführung.

Die Acten, den Ausbau des rechten Flügels der obern Etage des Jenaischen Schlosses betreffend, hat Obrist von Hendrich, dem das Geschäft bisher aufgetragen war, an die Commission gesendet, welche die ungesäumte Fortsetzung des Geschäfts angeordnet, um so mehr, als das dritte Jahr, in welchem dasselbe vollendet seyn sollte, nunmehr erschienen ist. Michael soll alles fertig seyn und der neue Platz wird um so decorirter werden, als der Frau Erbprinzeß Hoheit die schöne Sammlung russischer Mineralien, welche Höchstderselben gegenwärtig zur Last stehn, einstweilen zum Aufheben, ohne Sich vorerst des Eigenthums zu entäußern, hinübergeben wollen. Sie sind, wie Ew. Durchlaucht erinnerlich seyn wird, in saubern Glaskasten[167] aufgestellt und werden gewiß dem neuen Ganzen Ehre machen.

Wie Cammerrath Rühlmann sein Geschäft, bey welchem freylich kein Vortheil zu erwarten war, wenigstens nicht ungünstig beendigt, wird von den Behörden schon referirt seyn; er gibt meinem Sohn das Zeugniß, daß er dabey nicht unnütz gewesen, der eigentlichste Vortheil bleibt jedoch auf Seiten des jungen Mannes. Eine weitere Weltansicht in der Jetzigen Zeit ist für jeden unschätzbar, am köstlichsten für die Jugend, welche denn doch zunächst das zu erwartende Gute genießen und die zu befürchtenden Übel zu ertragen haben wird; beydes kann früher geschehen, wenn man sich in einem weiteren Kreis denkt und fühlt. Seinen Dienst bey dem Prinzen besorgt er treulich und sucht auf jede Weise, die der Augenblick andeutet, angenehm und nützlich zu seyn. Daß Ew. Durchlaucht ihm diese Gelegenheiten gönnen wollten, dafür wüßte ich nicht genug zu danken.

Um von den Lebendigen zu den Todten überzugehn, vermelde, daß man den Romstädter Grabhügel wieder zugeschüttet, um auf's Frühjahr die Ausgrabung mit etwas mehr Methode wieder anzugreifen. Es sind zwey unversehrte vollständige Schädel, sogar mit Unterkinnladen, in meinen Händen, wahrscheinlich ein männlicher und ein weiblicher; sie geben zu schönen Vergleichungen und Beobachtungen Anlaß. Die Silhouetten derselben werde an Hofrath Blumenbach[168] schicken und wir wollen sehen, was es daraus weissagen kann. Die Sammlung aller gefundenen Knochen, gut geordnet, soll eine seltne Zierde des Jenaischen anatomischen Kabinetts werden. Die wenigen gefundenen Alterthümer könnte man hinzufügen, ohne der hiesigen Bibliothek-Kunstsammlung großen Abbruch zu thun, oder sie hier lassen, ohne den organischen Resten eine besondere Aufklärung zu entziehen.

Um mit lebendiger Heiterkeit zu schließen, bemerke nur noch, daß Sylvana mit vielen Beyfall gegeben worden. Es war freylich für eine Kühnheit zu achten, wenn eine beliebte Sängerin als stumme Person aufzutreten wagt, allein es ist auch dieses mit so viel Anmuth geschehen, daß die Ungeduld, sie lieber hören zu wollen, völlig überwunden wurde.

Unterthänigst

Goethe.


24/6757.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Ein vor ohngefähr acht Tagen abgegangenes Packet ist hoffentlich in Ihre Hände gelangt, es druckt in mehreren Briefen, die Dankbarkeit gegen meine Frankfurter Freunde aus, über die gute Aufnahme meines Sohnes, der uns noch mancherley Angenehmes zu erzählen weiß, und den Wunsch meine Vaterstadt wieder zu sehen in mir rege erhält.

Gegenwärtig vermelde daß die schönen Zeichnungen wohl eingepackt mit dem Postwagen abgegangen sind,[169] für deren Mittheilung ich mich doppelt verpflichtet fühlen werde, wenn Sie die Güte haben mir andere dagegen zu senden. Ich mag dem Beharren und Fortschreiten im Guten unserer werthen Römer gar gerne eine fortdauernde Aufmerksamkeit schenken. Könnte ich auch wieder einmal etwas von Herrn Riepenhausen sehen, es würde mich erfreuen.

Haben Sie die Güte beykommende kleine Summe für meine Rechnung einzucassiren, es war mir angenehm dem Sohn eines so werthen alten Freundes diesen geringen Dienst erzeigen zu können.

Hiernächst wollte ich gebeten haben, daß Sie mir für ungefähr den Betrag derselben die größeren Silbermünzen der Napoleonischen Dynastie einwechselten, welche ja wohl gegenwärtig noch zu haben sind und in Frankfurt sich hie und da finden, selbst die entfernten; so wünschte ich besonders einen Piaster des Königs Joseph von Spanien, nicht weniger die größte Neapolitanische und Mayländische Silbermünze. Sind zugleich auch kleinere zu haben so werden sie mir angenehm seyn.

Und hiemit will ich mich mit den besten Grüßen und Empfehlungen Ihrem freundschaftlichen Andenken anheim geben.

Weimar d. 22. Febr. 1814.

Goethe.[170]


24/6758.


An Christian August Vulpius?

Der russische Brigadeadjuvant Tschellikow, bey Mad. Ludekus wohnhaft, wünscht an dem Gebrauch der Herzogl. Bibliotheck theil zu nehmen.

W. d. 22. Febr. 1814.

Goethe.


24/6759.


An Ludwig Eugen Hesse

[Concept.]

Wem die Natur so viel Zartgefühl, und dabey eine so angenehme rythmische Gabe verliehen, der soll ja immer fortfahren seine Gefühle, so wie seine Ansichten, nach eigener Weise auszudrucken; wird sein Talent allgemeiner bekannt, welches jetzt, bey so vielen Tages- und Monatsblättern, gar bald geschehen kann; so findet er gewiß gleichgestimmte Gemüther, die ihn unter sich aufnehmen, sich an ihn anschließen. Dieß ist es was ich auf Ihre Mittheilung zu erwidern wüßte. Können Sie, bey so viel inneren Gaben, die Außenwelt mehr in's Auge fassen und zugleich die Anschauung, woraus Ihnen ein Gedicht entspringt, unmittelbarer und kräftiger ausdrucken; so werden Ihre Gedichte bey mir immer mehr gewinnen, und wahrscheinlich auch bey andern nicht verlieren. Sie erlauben wohl daß ich die kleine Sammlung einigen Freunden mittheile, die, als Herausgeber von Blumenlesen,[171] unter mancherley Formen, vielleicht im Falle sind, sich mit Ihnen in Verhältniß zu setzen, und den Wirkungskreis Ihres Talentes zu erweitern. Das Beste wünschend.

Weimar den 23. Feb. 1814.


24/6760.


An Carl Friedrich Zelter

Ein Packetchen poetisches Allerley, welches ohngefähr vor acht Tagen abgegangen, wird dir glücklich zugekommen seyn. Nun will ich aber mit prosaischen Worten nachholen, dir sagen und versichern, daß dein langes Stillschweigen mir höchst peinlich gewesen. Ich gestehe gern, daß uns allen der Athem bis zum Außenbleiben mag gestockt haben, den man nur in freundschaftlicher Mittheilung wiederfinden kann.

Voran also will ich sagen, daß unsre kleine Sang- und Klang-Gesellschaft nur an dir gezehrt und gelebt, und nach trauriger Pause an dir wieder auferstanden ist. Die Verklärung der Johanna Sebus haben wir als Sacrament unserer Rettung aus den unendlich breiten Fluthen gefeyert.

Zu dem In te Domine speravi hätte ich auch ein langes Mährchen zu erzählen, wie ich mir, bey sonderbaren innern und äußern Bedrängnissen, diese Worte in meiner böhmischen Einsamkeit rhythmisch klanglos, aber doch vier-persönlich um nicht vierstimmig zu sagen, componirt, und keinen angelegentlichern[172] Wunsch gehabt, als diese schönen Worte durch dich musicalisch zu hören. Ich kam in Versuchung, vier Linien unter einander zu ziehen, um die Art wie ich es genommen, anschaulich zu machen. Jetzt, da ich deine Composition höre, bin ich darüber völlig belehrt und finde darin eine angenehme Erfahrung. Der Dilettant nämlich wird durchaus nur durch das Faßliche und eine unmittelbare Wirkung gerührt, und dieß charakterisirt auch seine Productionen, wenn er in irgend einer Kunst sich versuchend auftritt. Meine Composition, die sich ziemlich abgerundet und fixirt hat, ähnelt einer von Jomelli und es ist immer wunderbar und lustig genug, daß man sich zufällig auf solchen Wegen ertappt und sich einmal seines eignen Nachtwandlens bewußt wird. Um hierüber in einem andern Fache klar zu werden, dem ich mich ernstlicher gewidmet habe, sortire ich ältere landschaftliche Skizzen, und werde hierbey auch das Ähnliche gewahr.

In der wandelnden Glocke muß doch etwas Magisches ertönen: denn wirklich habe ich sie in Töplitz geschrieben, wohin sie dich zu rufen schien.

Daß meine verliebten Launen noch nach vierzig Jahren die Berliner interessiren können, giebt mir Vermuthung, daß darin etwas Frisches müsse enthalten seyn, welches der Zeit nicht unterliegt.

Riemern, der in seinem Amte immer froher wird, weil er sich dem Kreise, der für ihn viel zu eng ist,[173] anzueignen und immer mehr zu thun lernt, indem er weniger thut, habe ich deine Invectiven gegen die Philologen mitgetheilt. Er war darüber sehr erfreut und empfiehl sich dir auf's beste. Ich wünschte, daß du seinen Commentar darüber hören könntest. Da er selbst vom Metier ist, so weißt er am besten, wo sich eigentlich die Erbsünde dieser Mängel herleitet, die er verwünscht, weil sie, ob er sich gleich selbst davon befreyt hat, durch andere auf ihn lastet. Die unendliche Schwierigkeit eine große überlieferte Masse als eine zweyte Natur mit Freyheit zu behandeln, ist um so größer, als wir ja der ersten Natur gegenüber, uns, wenn wir recht aufrichtig seyn wollen, immer unzulänglich fühlen.

Kannst du mir etwas zu meinem kleinen Singe-Concert mittheilen, so ist es eine große Gabe. Dieses Anstältchen zieht sich durch Zeit und Umstände hindurch, wie Gänge und Klüfte durch die Gebirgsmassen; bald metallhaltig bearbeitet man sie mit Vortheil, bald ist es aber auch nur Gangart, die zuletzt selbst so schmal wird und zu verschwinden droht, aber doch immer darauf hindeutet, daß man beharrlich fortarbeitend in derselben Richtung wieder etwas Erfreuliches finden werde.

Von hundert Dingen schweige ich, und bringe sie gelegentlich zur Sprache. Wahrscheinlich entferne ich mich diesen Sommer nicht weit von Weimar. Könntest du dich auf einige Wochen dort losreißen, so würdest[174] du eine Welt zu mir bringen und wir wollten suchen dir ein Weltchen als Gastgeschenk zurück zu geben.

Zu lustiger Raumfüllung mögen hier ein paar Reimsprüche aus der Tasche des Weltlaufes schließen.

Die Jahre sind allerliebste Leute! . . .


Das Alter ist ein höflich Mann, . . .


Weimar den 23. Februar 1814.

Goethe.


24/6761.


An Ludwig Achim von Armin

[Concept.]

[23. Februar 1814.]

So wie die Pausen eben so gut zum musicalischen Rhythmus gehören als die Noten, eben so mag es auch in freundschaftlichen Verhältnissen nicht undienlich seyn, wenn man eine Zeitlang sich wechselseitig mitzutheilen unterläßt. Strebende Menschen, von welchem Alter sie auch seyen, können nicht immer parallel neben einander gehen; will man sich nun gar beständig bey der Hand halten, so entsteht daraus ein hin und wieder zerren, beyden Theilen unbequem und retardirend wo nicht schädlich.

Lassen Sie mich also wieder einmal nach geraumer Zeit auf Ihre Sendung etwas erwidern. Die Vorzüge dieser kleinen Stücke haben mir als einem Schauspieldirector abermals die unangenehme Empfindung gemacht, daß talentvolle Männer nicht die[175] Beschränkung des Theaters berücksichtigen wollen, und ein für allemal verschmähen, in den nothwendigen, unerläßlichen und so leicht zu beobachtenden Formen ihr Gutes mitzutheilen. Wie manches Geistreiche, Herzerhebende brächte man da unter das Volk, das man jetzt immer mit seiner eigenen Gemeinheit füttern muß.

Geistreiche Autoren würden durch diese geringe Beengung sich leise gewarnt fühlen; sie würden nicht, wie jetzo meist geschieht, ehe man's sich versieht nach allen Seiten hin transcendiren; sie würden gar bald gewahr werden, worüber der Mensch lachen und weinen, wobey er empfinden und denken mag. Das Seltsame wäre ein recht hübsches Ding, wenn es sich nur selbst zu regeln wüßte.

Das angedeutete Stück wäre wohl aufführbar; in meiner Lage aber bemerke ich folgendes. Alles, was auf den Augenblick anspielt und so die Gemüther stoffartig erregt, habe ich immer vermieden, nicht weil ich es im Ganzen für unzulässig halte, sondern weil ich gefunden habe, daß der Enthusiasmus eigentlich nur die große Masse wohl kleidet. Man muß sich einander unbekannt seyn, und sich nur zusammenfühlen, wenn man sich zusammen erwärmen, ja erhitzen will. Geschieht dieß unter Bekannten, so leidet immer der eine Theil, indem der andere sich freut.

Sodann auch ist das ungeheure Siegesglück auf's schnellste soweit vorgeschritten, daß wir auf heftige Incentive nicht mehr zu denken brauchen. Das Beharren[176] in Thun und Leiden ist es eigentlich, was wir schon jetzt der Masse zu predigen haben. Das andre hat sich alles von selbst gegeben und wir brauchten jetzt gar keine Worte mehr, um mit wenigem Anstoß noch einen großen Theil unsrer Bevölkerung über den Rhein zu treiben.

In den beyden mitgetheilten Zeitungsblättern finde ich guten Sinn und Ton; das über Arndt Gesagte so freundlich als gründlich. Etwas Ähnliches möchte ich wohl über das neue Bestreben vernehmen, durch welches die aus einer Knechtschaft kaum entronnenen Deutschen sich schnell wieder in die Fesseln ihrer eigenen Sprache zu schmieden gedenken. Indem ich diesen Dingen nur zusehen kann, so ist mir nichts angenehmer, als von anderen zu hören was ich gern selbst sagen möchte. Möge Ihnen, da Sie nun wieder in den Ihrigen und mit den Ihrigen ruhig leben können, leicht werden die Nachwehen einer so schmerzlichen als glücklichen Cur zu überstehen und Ihren Kleinen ein doppeltes und dreyfaches Erbe, der Güter des Talents und der Gesinnung.

Weimar den 22. Feb. 1814.


24/6762.


An Franz Kirms

Von dem höchst unziemlich vorgetragnen Gesuch der Mad. Wolf kann ich keine Notiz nehmen. Daß doch die guten Leute nicht begreifen, daß man nicht[177] grob seyn muß wenn man seine Absichten erreichen will. Ist sie zu veranlassen daß sie ihren Wunsch bescheidentlich anbringt, so könnte alsdann darüber deliberirt werden.

d. 26. Febr. 1814.

G.


24/6763.


An August von Zieten-Liberati

[Concept.]

[28. Februar 1814.]

In Erinnerung der guten Zeit in welcher Sie bey uns ihre theatralische Laufbahn begannen, hat es mir viel Vergnügen gemacht, wieder einen Brief von Ihnen zu erhalten, ich erwidere darauf kürzlich nur soviel.

Wenn Ihr Weg nach Berlin Sie ohnehin über Weimar führt, so soll es mir angenehm seyn, Sie hier zu sehen, ob ich gleich wegen Gastrollen nichts Entschiedenes aussprechen kann. Diese zu bestimmen oder zu erlauben hängt gegenwärtig ganz allein vom Hof ab, und ich wüßte nicht voraus zu sagen, was in Abwesenheit Durchlaucht des Herzogs deshalb möchte beschlossen werden.

Ihre Betrachtungen über dramatische Kunst und Theatereinrichtung sollen mir sehr angenehm seyn, ich habe eine solche Arbeit längst gewünscht und selbst darüber nachgedacht und ich werde mich freuen, wenn unsere beyderseitigen Resultate zusammentreffen, woran ich kaum zweifeln kann.

Weimar den 24. Feb. 1814.[178]


24/6764.


An Georg Sartorius

[Concept.]

[28. Februar 1814.]

Und so stehe ich denn, mein Theuerster, gleich mit meinem zweyten Briefe beschämt vor Ihnen, indem ich anstatt meinen dritten Band zu senden, dessen abermalige Retardation vermelden muß. Abgedruckt ist er, und nun haben Verleger und Versender Gott weiß was für Grillen, denen die Zeitläufte zur Beschönigung dienen. Einen jüngeren Autor würde dieß in Verzweiflung setzten, mir wäre es ganz gleichgültig wenn ich nicht meinen entfernten theilnehmenden Freunden auf so mancher Pagina etwas Erfreuliches zu sagen glaubte, das mich ihnen, nach so langer Trennung, schnell wieder näher bringen sollte.

Dieser Verdruß wird noch vermehrt, durch die freundlichen Grüße, welche mir Herr Geheimeregierungsrath von Müller mitgebracht hat, und durch Ihre und seine Versicherung, daß die schönen Kinder auch ihren Theil an der neuen Erscheinung sich zueignen möchten. Denn meine stille eitle Absicht geht eigentlich dahin, daß die liebenswürdigen jungen Schönheiten, sich zwar nicht in meine Zeit, mich aber wohl in die ihre wünschen möchten. Empfehlen Sie mich also aller Orten zum Besten.

Nach diesem Klagelied aber wollen wir Hoffnungslieder anstimmen. Ostern fällt den 10. April und[179] die Ferien gehen doch wohl vierzehn Tage vorher an. Haben Sie die Güte mir zu melden wann Sie bey uns eintreffen werden. Gläubige Christen können sich nicht mehr freuen die lieben Ihrigen nach dem jüngsten Gericht wiederhergestellt zu umarmen, als ich mich zum voraus vergnüge Sie, nach diesen wahrhaft apokalyptischen Tagen, wieder zu begrüßen; die Meinigen sind im gleichen Falle. Das Quartier ist schon bestellt und hielte der liebe Säugling nicht die Frau Gevatterin ab, so wäre auch schon für sie möglichst gesorgt.

Bey unserer lieben kleinen Hoheit habe ich Sie auch schon angekündigt; sie trug mir auf Ihnen zu sagen, daß Sie auch ihr willkommen seyn sollten. Die beyden Schwestern deuten, wie Zwillinge, auf einander hin und machen zusammen eine gar schöne Familiengruppe. Doch kenne ich jene zu wenig um sie mit der unsrigen, die mir bekannter ist, parallelisiren zu können.

Es soll mich freuen, wenn Sie mich ganz wiederfinden und erkennen. Allerley poetische und andere Productionen sollen mitgetheilt werden, wobey nun freylich die Frau Gevatterin nicht fehlen dürfte. Sonst finden Sie mich von Kunst- und Naturgegenständen, die mir glücklich alle erhalten worden sind, wie immer umgeben.

Herrn Hofrath Blumenbach empfehlen Sie mich zum angelegentlichsten, und bereiten ihn vor, daß er[180] eine wiederauflebende freundliche Communication gefällig begünstige. Wir haben einen über tausendjährigen Grabhügel aufgegraben, und ob es gleich dabey nicht ganz methodisch zuging, so ist doch viel Bedeutendes, ja zwey vollkommen erhaltene Schädel (wahrscheinlich ein männlicher und ein weiblicher) in meinen Händen, sogar mit den unteren Kinnladen. Wenn Sie denken, daß ich jenen Grabhügel, von dem man den schönsten Theil des Landes, zwischen der Saale und der Ilm, übersieht, am 20. October besucht habe, an dem heitersten, in der Luft und auf der Erde stillsten tage, und sodann überlegen was sich alles seit der Zeit ereignet hat, so werden Sie wohl glauben, daß sich bis jetzt an vergleichenden Anatomie, der verschiedenen Menschenracen nicht hat denken lassen. Sobald ich etwas weiter bin, schreibe ich unsrem trefflichen Naturfreunde.

Auf Ihre neue Reichsverfassung bin ich sehr verlangend. Es ist löblich wenn einsichtige Männer die Gestalt vorzeichnen, die eigentlich aus der Form heraustreten sollte. Bey'm Erzguß ist es ein Unglück wenn einige Glieder ausbleiben, dießmal hat man das Entgegengesetzte zu befürchten. Die neue Mythologie scheint auf indische und chinesische Gestalten zu deuten, die man nur desto heiliger glaubt, je mehr überflüssige Glieder daran prangen.[181]


24/6765.


An Johann Gottlob Stimmel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren Sendung ist glücklich angekommen, welches ich sogleich zu Ihrer Beruhigung vermelde. Doch möchte ich wünschen, daß sie nicht so schwer ausgefallen wäre, weil die Fracht gegen den zu hoffenden Absatz allzuhoch ansteigt, doch will ich diese gern übertragen; da mir die Betrachtung so mancher schöner Kunstwerke viel Genuß giebt.

An einen Verkauf der Zeichnungen im Ganzen ist leider nicht zu denken. Damit Zeichnungen geschätzt werden, ist es nöthig daß es Augen gäbe, die Meister von Meister und Original von Copie streng zu unterscheiden wissen, und wie viele Liebhaber konnten sich denn in unseren Zeiten hierauf die erforderliche Übung geben. Soviel sage ich vorerst, so wie ich auch bemerken muß, daß mehrere der eingesendeten Kunstwerke sich auf hiesiger wohlausgestatteten Bibliothek befinden, und die orientalischen Schriften wohl schwerlich in dem jetzigen Augenblick um den angesetzten Preis würden unterzubringen seyn.

Meine Anfrage an Ew. Wohlgeboren bezog sich auf einen sehr beschränkten Wunsch und ich beeile mich dieses hier zu bemerken, doch werde alles aufmerksam durchsehen und manches in Überlegung ziehen, damit es mir möglich werde wenigstens ein Geringes[182] zum Soulagement Ihrer gegenwärtigen Lage zu bewirken. In einiger Zeit eröffne das Weitere.

Weimar den 7. März 1814.


24/6766.


An Johann Heinrich Meyer

Jeden Posttag gedachte ich bisher zu schreiben, und zauderte immer, weil ich auf einen Brief von Ihnen hoffte. Wahrscheinlich ist es Ihnen auch so gegangen. Da nun aber die Märzenluft gelinder weht, und den tiefen Schnee zu schmelzen anfängt, der unsere Gegend bisher bedeckt hielt; so dürfen wir nun an das Frühjahr, sowie an den nächsten Sommer denken, und uns über unsre Plane und Absichten vorläufig unterhalten.

Ich habe mich diesen Winter sehr wohl befunden, und um dem geringen gichtischen Wesen, das mir manchmal durch die Glieder fährt, zu steuern, halte ich das Berkaische Bad für hinlänglich; und allenfalls könnte mich ja, gegen den Herbst, noch einige Wochen nach Böhmen wenden. Die größte Zeit des Jahres aber möchte ich in Weimar und in der Gegend zubringen, aus mancherley Ursachen, aber auch um meine Kunstbesitzungen und wissenschaftlichen Sammlungen in einige Ordnung zu stellen, daß sie mir und andern genießbar und nützlich würden. Mit den Kupfern ist schon ein guter Anfang gemacht; die[183] Bronzen, Marmorbilder und Reliefs stehen auch bey sammen, nicht weniger das Gestein, und so kann eins sich an das andere anschließen. Gar manches andere wäre auch in unsern öffentlichen Dingen zu bedenken und zu thun, da unser Besitz nicht gestört noch verkümmert worden; aber der Geist weicht aus den Sachen, weil die Geister alle auswärts beschäftigt sind.

Wollen Sie nun auch mit den Schwalben zu uns zurückkehren, so sollen Sie schönstens willkommen seyn, und wenigstens so ruhig leben als irgendwo. In der Schweiz, scheint es, sind die Gemüther durch die neue Entbindung von Zwange ebenso aufgeregt wie überall: man will weder das Alte noch das Neue, und da dieß der Zustand von Europa wenigstens eine Zeitlang bleiben möchte, so haben wir andern wohl nichts zu thun, als uns im Alten das wir erprobt zu bestätigen, und uns zu erneuen insofern wir noch eine Haut abzuwerfen haben.

Jagemann hat die Standarte bis an den Rhein getragen, sie aber nachher, weil sie doch schwerer ist als Pinsel und Mahlstock, abgegeben. Aus den Zeitungen wissen Sie schon, daß unser Herzog in Brüssel war und nun auch vorwärts gegen Paris rückt. Das was ihm obliegt kann er hoffentlich mit Ehre leisten, ohne weder sich noch die Seinigen aufzuopfern. Doch ist der Krieg ein so vielgewandtes Ding, man weiß niemals wo er sich hinwirft. Müller führt unsere Zeitenschule so sachte fort. Seinen Sohn will er[184] nach München schicken, ich habe mich deshalb mit Director Langer in Connexion gesetzt. Möchten Sie doch die Kunstschätze jener Gegend kennen lernen.

Ich würde Sie jedoch zu einer Rückkehr nicht unmittelbar aufmuntern, wenn ich es nicht um der Hoheit willen thäte, die es zu wünschen scheint, ob sie gleich, nach ihrer leisen und zierlichen Art, nichts Entschiedenes äußert. Ich glaube aber, und Sie werden es selbst fühlen, daß Sie ihr nothwendig sind. Bisher habe ich als Surrogat meine Sachen so gut als möglich gemacht; kommen Sie zurück, und ich bleibe in der Nähe, so kann man gemeinschaftlich wirken und dem schönen, obgleich von mancherley Seiten bedrängten Leben etwas zu Liebe thun. Sagen Sie mir das Mittheilbare von Ihren nächsten Umgebung.

Persönlich kann ich mich die Zeit her keiner besondern Thätigkeit rühmen. Mein dritter Theil ist abgedruckt, wird aber erst zu Ostern ausgegeben. Das Werk der Frau von Staël erscheint heftweise, wahrscheinlich um den hohen Preis zu verstecken und den Nachdruck zu erschweren. Das ganze ist den Theilen gleich, die wir im Manuscript kannten. Es nöthigt durch seinen gedrängten Gehalt immerfort zum Denken. Sie hat sich eine unglaubliche Mühe gegeben, den Begriff von uns Deutschen aufzufassen, und sie verdienst deshalb um so mehr Lob, als man wohl sieht, daß sie den Stoff der Unterhaltung mit vorzüglichen[185] Männern durchgesprochen, Ansicht und Urtheil hingegen sich selbst zu danken hat.

Von Seiten der Kunst bedroht uns hier ein Schreckniß. Kügelgen, auf seiner Rückkehr von Ballenstedt, hat sein Atelier in Hummelshain aufgeschlagen, und mahlt abermals das gute und böse Princip; aber nicht, wie früher, jedes einzeln für sich, sondern beyde im Streit begriffen. Wem das böse ähnlich sehen wird, ist leicht zu errathen; das gute hingegen gleicht, ich wette, auf ein Haar, den Gebrüder Kügelgen.

Von manchem andern schweige ich, doch vermelde, daß uns der aufgegrabene Romstedter Grabhügel höchst interessante Schädel geliefert hat, die, wenn nicht Blumenbach und Gall falsche Propheten sind, einem reinen und schönen Naturvolke, von dem ich noch keinen Begriff gehabt habe, angehören.

Mit den Göttingern, die sich nunmehr ihres neuanglisirten Zustandes erfreuen, habe ich mich wieder in Verhältniß gesetzt. Sartorius verspricht uns in den Osterferien zu besuchen, und so habe ich auch Zeltern, der, wie ein Wein von vortrefflichem Jahrgang, mit jeder Olympiade besser wird, zu uns eingeladen. Und so würde sich allenfalls Weimar mit einer Umgebung, deren Radius ein paar Stunden wäre, zu einem kleinen Gosen umbilden lassen. Solches mahle ich Ihnen so hübsch vor, damit Sie sich zu der Herreise, wo nicht desto lieber entschließen, aber doch auf derselben sich einer freundlichen Aussicht erfreuen mögen.

[186] Vorstehendes wäre so weitläufig nicht nöthig gewesen, wenn Ihr lieber Brief, den ich heute erhalte, mir wäre früher zugekommen. Indessen mag Sie auch dieses in dem löblichen Vorsatz bestärken und uns die Freude Ihrer Gegenwart glücklich heranbringen. Auf eine sehr mäßige Veranlassung hat Magister Stimmel in Leipzig, den das Jahr 1813 gleichfalls in mehr als einem Sinne schlecht behandelt hat, eine Kamels-Last von Blättern und Bänden geschickt. Ich halte es alles zusammen bis Sie wieder kommen, es giebt uns gute Unterhaltung und einiges dürfen wir nicht weglassen, welchem Schatzbewahrer wir es auch übergeben. Tausend Lebewohl.

Weimar d. 7. März. 1814.

Goethe.


In München werden Sie ohne meine Bitte die sämmtlichen Freunde besuchen und grüßen, in Augsburg kenne ich niemand; in Nürnberg werden Sie Dr. Seebeck und Magister Schweigger grüßen.


24/6767.


An Carl Cäsar von Leonhard

Nunmehr, da alles dasjenige, was Ew. Hochwohlgeboren mir zugedacht, außer dem Kästchen mit Mineralien, glücklich angekommen, so will ich, meinen besten Dank zusammenfassend, davon gehörige Meldung thun.

[187] Das Taschenbuch ist nicht allein an Bogenzahl gewachsen, sondern es ist auch zugleich gehaltreicher geworden. Die beyden ersten Aufsätze, als die ich bis jetzt lesen konnte, haben einen vorzüglichen Werth. Es freut mich, daß unser Thüringer Waldgebirge, welches Voigt und Heim zu so schönen geognostischen Beobachtungen frühzeitig veranlaßte, immerfort jüngere Männer in seiner Nachbarschaft nährt und auffordert, bedeutende Beyträge zu liefern.

Der v. Schlotheim'sche Aufsatz spricht S. 20 mir ganz nach dem Sinne. Ich bin schon längst der Überzeugung, daß man bey Erklärung der verschiedenen Erdbildungen nur alsdann gewaltsame Revolutionen zu Hülfe rufen muß, wenn man mit ruhigen Wirkungen, die denn doch der Natur am allergemäßesten sind, nicht mehr auskommen kann.

Eben so belobe ich die Stelle in Herrn v. Hoff's Aufsatz S. 145, daß man nicht alles, was breccienartig erscheint, für trümmerhaft halten solle. Gar manches sogenannte Todtliegende ist wirklich porphyrtartig, das heißt, die in der Grundmasse enthaltenen, fremdartig scheinenden Theile haben sich vor oder bey der Solidescenz chemisch abgesondert, und eine mehr oder weniger deutliche Crystallisation, auch wohl eine Kugel-, Ei- oder Splitterform angenommen, deswegen der atomistische Sinn so gern darin Geschiebe oder Bruchstücke sehen mag. Ich habe mit Sorgfalt für den Zweck einer solchen Darstellung gesammelt und[188] schon vor zwey Jahren über diesen Gegenstand einen Aufsatz zu dictiren angefangen, den ich für das Taschenbuch bestimmte. Allein er kam nicht gleich zu Stande und blieb nachher um so mehr liegen, als ich mit den herrschenden Meinungen nicht gern in Streit gerathen mag, denn so lange diese die Oberhand haben, so spricht man doch nur in die Luft, besonders wenn man nicht eigentlich vom Metier ist. Schon früher hatte ich auf die scheinbaren Breccien hingedeutet, aber mir dadurch keinen sonderlichen Dank verdient. Um desto mehr freut es mich, wenn das, was ich für wahr halte, durch jüngere wohlunterrichtete und geistreiche Männer ausgesprochen und auf einem so schönen und gebahnten Weg verbreitet wird. Vielleicht gewinne ich Raum, den Aufsatz zu concentriren und abzuschließen.

Der mitgetheilte Catalog ist wirklich höchst merkwürdig, das beschriebene Kabinett mag einen prächtigen Anblick gewähren und sehr belehrend seyn, schon ist die Beschreibung, an der mir die Freude, welche der Besitzer an seinen Sachen hat, so angenehm als wirksam erscheint, erfreulich zu lesen.

Das Schreiben an Ihro Kaiserliche Hoheit habe zu überreichen nicht verfehlt; ein Andenken von dieser vortrefflichen Fürstin ist Ihnen gewiß höchst werth. Heute besitzen wir die beyden kaiserlichen Brüder, welche vielleicht eher als dieses Schreiben in Hanau anlangen.

[189] Dem Plan der Schlacht bey Hanau sehe mit Verlangen entgegen.

Mein glücklich wieder zurückgekehrter Sohn hat mir von den Gräueln der Verwüstung, die er in jener Gegend und auf dem ganzen Weg zu erblicken gehabt, nicht genug erzählen können; er bedauert sehr, daß seine eilfertige Reise ihn nur bey Ihnen vorbeygeführt.

Herrn Iber danken Sie für die übersendeten Gedichte; es spricht daraus ein zartes Gemüth und ein angenehmes Talent.

Und nun zum Schluß noch eine Bitte, die vielleicht wunderlich scheinen könnte: dürfte ich um das Recept der Tinte ersuchen, mit der Sie gewöhnlich schreiben; ihre immer gleiche Schwärze dient ihr zur besonderen Empfehlung.

Mit aufrichtiger Theilnahme

Weimar, den 9. März 1814.

Goethe.


24/6768.


An Carl Ludwig von Knebel

Weimar den 9. März 1814.

Habe Dank, mein Theurer, für die freundliche Anregung; auch mich hat das erneute Winterwetter auf einige Zeit in's Innere des Hauses und Sinnes zurückgeführt. Von Carlen hatte ich mir bisher wieder einige Nachricht gewünscht, und es freut mich zu erfahren, daß es ihm wohlgeht. Eine solche Expedition[190] ist nicht ohne Beschwerlichkeit und Gefahr, doch einmal überstanden ein Gewinn für's ganze Leben. Für deinen Carl zumal, der Soldat ist und bleiben wird.

Das Werk der Frau von Staël mag man immer gerne wieder lesen; man glaubt wirklich in guter Gesellschaft zu seyn, man wird durch diese Blätter zum Denken und zum Erwidern aufgefordert. Ist es einmal fertig da, so wird es zu schönen Betrachtungen über uns und über unsere Nachbarn Anlaß geben, vorzüglich weil es während einer so großen Umwälzung erscheint, welche den inneren Zustand sowohl, als die äußeren Verhältnisse bedeutend verändert wird.

Die Bezüge auf die englische Nation treten nun auch wieder ein, und die guten Deutschen bemerken nicht, mit welcher Klemme sie von dieser Seite bedroht sind. Dem französischen Stolz kann man beykommen, weil er mit Eitelkeit verbrüdert ist, dem englischen Hochmuth aber nicht, weil er, kaufmännisch, auf der Würde des Goldes ruht. Doch wollen wir dieß alles abwarten und, da wir weder reich noch eitel sind, uns in unsern stillen Kreisen wie früher behagen.

Kannst du mir den Constant senden, so geschieht mir ein besonderer Gefalle; wo befindet sich denn der Ehrenmann jetzo? Mir ist von neuen Dingen nichts Erfreuliches zugekommen, das ich mittheilen möchte.

[191] Ein französisches Werk bringe ich gelegentlich mit. Es ist ein Catalog eines mineralogischen Museums, dessen Besitzer Herr de Drée ist. Es besteht aus acht unterschiedenen Sammlungen und, wie es scheint, aus entschiedenen Prachtstufen. Ferner hat er alles was sich nur einigermaßen als Edelstein ansehen läßt, vom Diamant bis zum Türkis, geschlissen, sich zu verschaffen gewußt, giebt Rechenschaft, wie die verschiedenen Steine im Schliff zu behandeln, was ihren Werth bestimmt, mit großer Lust und Klarheit; man sieht, daß es ihm recht wohl bey seinen Schätzen zu Muthe ist. Dem Wunsch, etwas von diesen Merkwürdigkeiten vor Augen zu sehen, kommt er, durch sehr sauber gestochene Kupfer, entgegen.

Da ich mich dieses Jahr nicht weit von Weimar zu entfernen denke, so habe ich mir in Berka ein Quartier genommen und hoffe die schöne Jahreszeit zwischen der Ilm und der Saale zu theilen. Möge der erste retrograde Schritt der verbündeten Völker auch der letzte seyn. Doch leider ist der fromme Wunsch, ein Ende zu sehen, uns nur zu oft verkümmert worden. Um jedoch diesem Blatt einiges Gewicht zu geben, lege ich ein Werklein bey, welches interessant genug ist. Wenn die Unparteylichkeit (wie Frau von Staël sagt) als Luxus der Gerechtigkeit angesehen werden kann, so findet man hier das ungeheure Völkerschicksal nach der Mode. Vale.

G.[192]


24/6769.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[11. März 1814.]

Haben Sie die Güte lieber Herr Professor bey Herrn Frommann mit meiner Empfehlung anzufragen, ob er mir nicht ein paar Erklärungen zur Farbenlehre könne zukommen lassen; es haben mich einige Freunde darum ersucht, denen sie verloren gegangen; die Tafeln selbst lege ich hier dazu.

Besuchen Sie mich doch heute Abend, und richten sich ein morgen und übermorgen bey mir zu speisen, da sich die Damen eine kleine Bewegung nach Jena machen.

G.

Bitte mir Herrn Radlof mitzubringen.


24/6770.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Weimar den 12. März 1814.

Ew. Wohlgeboren haben mich durch das übersendete Zeitungsblatt sehr angenehm überrascht. Wenn dasjenige, was man in früherer Zeit gethan, auch in späterer von einsichtsvollen und wohldenkenden Männern gebilligt wird, so muß es zu gleicher Zeit beruhigend und aufmunternd seyn. Danken Sie dem Verfasser auf's schönste; ich lasse keines seiner Worte weder jetzt noch künftig unbeachtet.

[193] Ew. Wohlgeboren die Tafeln zur Farbenlehre zu verschaffen mache ich sogleich Anstalt; es wird mich freuen hierdurch eine geringe Gefälligkeit zu erzeigen. Herrn Radlofs Schrift verdient ja auch wohl einer ehrenvollen Erwähnung; wenn die guten, lieben Männer nur Maaß und Ziel zu finden wüßten!

Mich bestens empfehlend

Goethe.


24/6771.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeb.

sende den Berkaischen Badeinspecktor welcher diesem Orte zu allgemeinem Besten und zu Förderung der Badeanstalt eine neue Raths Verfassung wünscht. Haben Sie die Güte sich von ihm die Verhältnisse vorlegen zu lassen und darüber nachzudencken. Es wird Ihnen ein leichtes seyn dieses einfache Landstädtchen zu doppelt wünschenswerthem Zweck zu organisiren.

gehorsamst

d. 12. März 1814.

Goethe.


24/6772.


An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra

[Concept.]

[13. März 1814.]

Zu den beykommenden Mineralien möchte ich sagen: könnte ich euch wo nicht in Brot, doch in bedruckte[194] Blätter verwandeln! Sie wären früher gekommen, wenn ich nicht geglaubt hätte meinen dritten band mitsenden zu können. Da aber nichts unglücklicher ist als wiederholt zu klagen und zu entschuldigen; so sende ich die Steine nun ohne weiteres und versichere, daß der letzte Zinntransport mir sehr viel Vergnügen gemacht hat. Ist einmal eine Sammlung nach entschiedenem Zwecke gerichtet, so ist jeder Beytrag von Werth. Habe die Gefälligkeit meiner auch in der Folge zu gedenken.

Der Gneis in dem Porphyr ist eine merkwürdige Erscheinung. Ich besitze gleichfalls Massen von Klingstein, in welche Gneis eingeschlossen ist. Dieses Phänomen kam, an einer einzigen Stelle, am Fuße des Biliner Felsens vor.

Nun von meiner ärmlichen Sendung. Du findest die isolirten Schwefelkiese aus der Dammerde in Champagne, und die festen Kugeln aus den zerreiblichen Sandsteinen bey Jena, eröffne mir deine Gedanken darüber und sage mir was dir ähnliches bekannt ist.

Wir leben hier am Ort in genugsamer Ruhe und leidlichem Behagen, doch dürfen wir nicht weit umhersehen, so finden wir überall Trümmer und Noth. Wie es dir und deinem unterirdischen Gehülfen ergeht möchte ich wohl erfahren. Von Dresden her ertönen bittre Klagen. Sind bey euch im Gebirge die ersten Bedürfnisse wenigstens für die Menge zu[195] finden? Der Schnee liegt wohl auch, wie bey uns, verhältnißmäßig höher als andere Jahre.

Ich erhalte mich durch so mancherley Interesse über den Windweben, laß mich bald vernehmen daß du ein Gleiches thust und gieb mir Nachricht von deiner bestehenden und werdenden Familie und laß mich mit den Meinigen bestens empfohlen seyn.

Weimar den 9. März 1814.


Den noch übrigen Raum des Blattes will ich nicht ungenutzt lassen, vielmehr referiren und erzählen, daß die beyden Großfürsten von Rußland diese Tage bey uns gewesen, wohlgebildete, durch ein freundliches Ansehen gar einen guten Eindruck hinterlassende junge Herren. Für die Schwester war dieses ein großes Fest. Gestern Abend nach der Comödie sind sie wieder abgereist.

Nun kann ich auch dieser kleinen mineralischen Sendung einige gedruckte Heftchen hinzufügen. Es ist zwar etwas Altes, das sich aber in diesen tagen selbst erneut, und aus der Asche lebendig wieder hervortritt. Laß es bey dir und den Deinigen zu guter Stunde freundlich walten.


24/6773.


An Christian Gottlob Voigt

Wenn es mir Ew. Excellenz Genehmigung geschieht, so will ich Beykommendes einige Mal abschreiben lassen,[196] und sodann solches an Herrn von Ziegesar, den ehemaligen Nachbar der guten Frau, an Legations-Rath Bertuch und sonst gelangen lassen. Vielleicht thut die Loge etwas, wenn man sich auf das Vorwort beruft, welches Wieland für sie eingelegt hätte, wenn er noch lebte. Vielleicht geben mir Ew. Excellenz noch einige Wege und Mittel an. Nach Hof will ich es auch zu bringen suchen. Zugleich füge ein Büchlein hinzu, das uns leider erinnert an die Zeiten wo wir durch Anstrengungen von viel geringerer Kraft unsere Integrität hätten erhalten können, die wir jetzt, nach ungeheuren Verlusten, will's Gott, endlich wieder erkämpfen.

G.


[Beilage.]

Die Burgermeisterin Bohl, sonst zu Lobeda, lebt gewiß noch im Andenken aller gebildeten älteren Personen der hiesigen Stadt und der Gegend. Ein sittlicher Charakter, häusliche treue Thätigkeit zeichneten sie aus, ein zartes frommes dichterisches Talent, das ihren Pflichten keineswegs Eintrag that, machte sie bemerkbar. Gastfrey empfing sie jeden in ihrer reinlichen wohlgeordneten Wohnung, gesellig und gesprächig machte sie gern ihren Freunden einen Gegenbesuch. Lange war ihr Haus ein lichter Punct in dem Saalthale, dessen Schönheit man aus ihren Fenstern übersah. Vor allem die unermüdliche Geduld, mit[197] welcher sie häusliche Leiden an dem Gatten und Kindern, ja an zahlreichen, früh verwaisten Enkeln übertrug.

Eine Tochter dieser Frau, die Pfarrerin Bechstedt zu Millingsdorf bey Eckartsberga, gehört unter diejenigen, welche bey den letzten Kriegsereignissen alles verloren haben. Von den Fliehenden, wie von den Verfolgenden beraubt ist ihr und den ihrigen kaum so viel übrig geblieben, daß sie die nächste Zeit ihr Leben kümmerlich fristen konnten. Nunmehr sind die geringen Kleidungsstücke, mit welchen sie sich bedecken, schon Geschenke wohldenkender Menschen, allein die Hausfrau sieht um so weniger einige Rettung in ihrer Dürstigkeit, als ihr Mann an einem Augenübel, eine Tochter am Gliedschwamme, die andere an einem verbrannten Fuße leidet.

Freylich erschallen die Stimmen des Bedürfnisses und der Noth von allen Seiten her, so daß die Theilnahme selbst der Hülfreichen gelähmt wird; aber ich habe mich doch nicht enthalten können, den gegenwärtigen Fall im Stillen einigen Freunden der Verstorbenen vorzulegen, ob sie vielleicht, in Erinnerung guter Zeiten, für diese Familie irgend etwas zu thun oder zu bewirken sich möchten bewogen finden. Denn auch die übrigen Abkömmlinge, die Bohlschen Enkel zu Lobeda, sind durch die Kriegszüge hart mitgenommen und in solche Dürstigkeit versetzt worden, daß man sich nicht erwehren kann auch ihr[198] Schicksal zu bedauern. Vielleicht könnte aus gegenwärtiger Gelegenheit für sie gleichfalls eine Wohlthat entspringen.

Weimar d. 14. März 1814.


24/6774.


An Carl Friedrich Zelter

Deine liebe Sendung danckbar erwiedernd, schicke ich dir das Beste was mir voriges Jahr von guten Geistern gegönnt worden. Belebe diese Gebilde durch deinen Hauch. Gegen die Zauberflöte will ich meine Gedancken hinwenden, vielleicht macht sie der Frühlingsäther wieder flott. Tausend Lebewohl.

d. 15. März 1814.

G.


24/6775.


An Charlotte von Schiller

[15. März 1814.]

Leider kann ich Ihren Wunsch, verehrte Freundinn, nicht erfüllen. Da das Wesen erst Ostern erscheinen soll habe ich auch kein Exemplar zu mir genommen. Die Aushängebogen in zwey Heften wollt ich wohl sehr gern diese senden. Durch so gute Gelegenheit sende ich der Fürstinn ein Exemplar der neuen Ausgabe von Herrmann und Dorothea. Ich hoffe auf Frühlingsanfang. Äussere und innere Leiden vermischen sich so daß man kaum weis woran man ist. Der Ihrige.

G.[199]


24/6776.


An Charlotte von Stein

Nach einem so langem Stillschweigen komme ich verehrte Freundin mit einer kleinen Gabe, die ich gütig aufzunehmen bitte und mit einem Gesuch, was in beyliegendem Blatt enthalten ist. Möchten Sie es wohl an unsere Herzogin bringen und vielleicht höchsten Orts und in Ihrem Kreise begünstigen. Bald hoffe ich soll man nach geschmolzenem Schnee sich wieder in freyer Luft mit seinen Freunden eines Frühlingswetters erfreuen können. Das schönste Lebewohl.

Weimar d. 15. März 1814.

G.


24/6777.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

sehen aus der Beylage wie ich von Dero Bemerkung Gebrauch gemacht. Drey Munda sind abgegangen an die Herren von Ziegesar und Bertuch, so wie eins in den Hofcirkel. Herr von Ziegesar ist geneigt die allenfalls eingehenden Beyträge einzunehmen, deren Verwendung und resp. Vertheilung unter die inländischen und ausländischen Abkömmlinge zu besprechen seyn möchte. Mich gehorsamst empfehlend.

Weimar d. 15. März 1814.

Goethe.[200]


24/6778.


An Carl Ludwig von Knebel

Mit Dank folgt hier die französische Schrift zurück, ich habe sie nur durchblättert: denn geben wir recht auf das Acht, so machen uns solche Aufsätze hypochondrisch, indem sie uns die große Last, die wir, moralisch, politisch und ökonomisch, seit mehr als zwanzig Jahren tragen, wieder einzeln vorzuwiegen unternehmen; da man denn nicht begreift, wie jenes ausgehalten worden. Man schilt mit gleichem Recht auf Anarchie und Tyranney; wo ist denn aber der wünschenswerthe Mittelzustand? Der vernünftige Mensch sucht ihn in seinem Kreise hervorzubringen, und da gelingt es ihm kaum.

Gar sehr erfreut hat mich hingegen ein Aufsatz von Jean Paul No. 45 und 46 des Morgenblattes, ausgezogen aus einer neuen Ausgabe der Levana. Eine Unglaubliche Reise ist daran zu bewundern. Hier erscheinen seine kühnsten Tugenden, ohne die mindeste Ausartung, große richtige Umsicht, faßlicher Gang des Vortrags, Reichthum von Gleichnissen und Anspielungen, natürlich fließend, ungesucht, treffend und gehörig und das alles in dem gemüthlichsten Elemente. Ich wüßte nicht Gutes genug von diesen wenigen Blättern zu sagen und erwarte die neue Levana mit Verlangen.

Wie tröstlich ist dieses, da so manches schöne Talent[201] (wie z.B. das Wernerische) sich niemals von Schlacken reinigen wird, ja sich immer von neuem mit dem vermischt, was es abstoßen sollte.

Viel andere gute Dinge sind mir geworden, die mir in den erneuten Schneetagen zu guter Unterhaltung dienen, indem ich sie mit meiner nächsten Umgebung genieße.

Riemer ist sehr brav. Wir lesen jetzt, eine neue Ausgabe vorbereitend, Wilhelm Meister zusammen. Da ich dieses Werklein, so wie meine übrigen Sachen, als Nachtwandler geschrieben, so sind mir seine Bemerkungen über meinen Styl höchst lehrreich und anmuthig. Verändert wird übrigens nichts, als was im eigentlichen Sinne als Schreib- oder Druckfehler gelten kann. Die Frauenzimmer grüßen zum schönsten und bedauern euch nicht gesehen zu haben.

Zelter hat vortreffliche Compositionen geschickt, die uns Molke mit Flügel und Guitarre begleitet vorträgt, so wie seine eigenen Compositionen, die um desto angenehmer sind, als er sie sich nach Sinn und Stimme gesetzt hat.

Und so lebe denn mit den lieben Deinigen wohl und vergnügt, bis der Schneedamm zwischen uns wieder geschmolzen ist.

Weimar den 16. März 1814.

G.[202]


24/6779.


An Charlotte von Stein

[19. März 1814?]

Tausend Danck für die freundliche Theilnahme. Die warmen Strümpfe werden dem armen Pastor wohldüncken. Darf ich um die drey letzten Bücher meiner Lebensfabel bitten. Nun wird denn doch endlich Eis und Wasser einigem Märzenstaub Platz machen und die Communication sich wieder eröffnen.

G.


24/6780.


An Johann Gottlieb Radlof

Ew. Wohlgeboren danke mit Vergnügen, daß Sie mir Gelegenheit geben, Ihnen zu versichern, daß Ihre Bemühung um unsere werthe Muttersprache schon bisher von mir und meinen Freunden anerkannt und benutzt worden. Auch der letzte Aufsatz zeugt von Ihrem biedern Sinn und festen Willen. Sehr verdienstlich ist es, solche Stellen beyzubringen, woraus erhellt, wie der Deutsche, der seiner Natur nach das Ausland nicht entbehren kann, sich dem Charakter nach immer dagegen gewehrt hat. Es ist schade, daß Sie das Buch der Frau von Staël über Deutschland nicht gekannt. Sie hätten Manches davon gewiß nicht unangeführt gelassen. Die trefflichen Männer, welche sich vereinigt haben, in der Jen. Allg. Literaturzeitung[203] die meisten Staatsschriften vor unsern Augen beurtheilend vorzuführen, werden hoffentlich auch Ihrer Arbeit in Ehren gedenken, und es sollte mir sehr angenehm seyn, wenn die Überzeugungen jenes würdigen und ganz unabhängigen Tribunals mit der meinigen auch dießmal zusammenträfen. Lassen Sie mich von Zeit zu Zeit etwas von sich vernehmen!

Alles Gute wünschend

Weimar, den 20. März 1814.

Goethe.


24/6781.


An Johann Carl Wilhelm Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende mit vielem Dank das Heimische Werk zurück. Schon vor zwey Jahren, durch eine Recension aufmerksam gemacht, wünschte ich es mir in Töplitz, nachher, durch mannigfaltige Zerstreuung und Hindernisse abgehalten, versäumte ich es zu lesen, bis ich dasselbe, bey meinem angenehmen Aufenthalt in Ilmenau, durch Ihre Gefälligkeit erhielt. Ich erkenne dessen Werth um so lebhafter an, als ich, die letzten Jahre her, mich mit diesen Gegenständen eifrig beschäftigt. Da wir uns, wie Sie wohl wissen, am Thüringerwaldgebirge, sowie an diesem trefflichen Manne, von den frühesten Zeiten an, herangebildet haben; so finden wir uns in ganz bekannter Gegend und[204] vernehmen Grundsätze die unsren eigenen Überzeugungen höchst gemäß sind. Ich habe mich durch in manchen Ideen, die ich zweifelhaft in mir hegte, bestärkt gefunden, manches Einzelne daraus gelernt, besonders aber mich der klaren, bestimmten, wohlgegründeten und geistreichen Übersicht gefreut. Dieser Ehrenmann stellt sich so schön zwischen die ältere mechanische Vorstellungsart und die neue transcendirende, dergestalt daß man sich sehr gern zu ihm bekennen mag. Haben Sie die beyden schönen Aufsätze in dem neuen Leonhardischen Taschenbuche gesehen? Die Herrn von Schlotheim und von Hoff sind auch auf demselben Wege, und so überwindet das Gute nach und nach die Stockungen, und schützt vor Übertriebenheiten.

Das überschickte Mineral ist merkwürdig.

d. 20. März 1814.


24/6782.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Exzellenz

ermangle nicht anzuzeigen, daß das Andencken der guten Bohl den hinterlassnen ihrigen bis jetzt eine Gabe von 65 rh. 19 gr. verschafft hat. Ich erwarte noch etwas von der Loge und erbitte mir Ew. Exzell. gefälliges Sentiment wegen der Verwendung: ob man den Lobedaern auch etwas zufließen läßt, oder die Erwähnung derselben als eine für die Folge gethane[205] Empfehlung ansieht. Ich bin hierüber nicht ganz mit mir einig.

Gehorsamst

W. d. 22. März 1814.

Goethe.


24/6783.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz belieben beykommendem Aufsatz einige Blicke zu schenken.

Da unsere wissenschaftlichen Unternehmung in Jena bisher theils glücklich erhalten worden, theils sich leidlich hingehalten haben; so ist es bey jetziger guter Jahreszeit Pflicht, die schon früher bekannten, aber in so stürmischen Jahren kaum gerügten und noch weniger abgethanen Mängel nach und nach dem ersten und echten Zweck hinzuleiten.

Was bey dem botanischen Garten zu erinnern war, hat Bergrath Voigt auf meine Veranlassung verzeichnet. Diese kleinen Unregelmäßigkeiten kommen daher, daß Wagner, der zwar ein guter, aber beschränkter und eigensinniger Mensch ist, schon früher gleichsam im Besitz des Gartens stand, ehe Bergrath Voigt dieser Anstalt vorgesetzt wurde, und jener sich gerade nicht gebunden glaubte, den Anordnungen des letzteren überall Folge zu leisten. Er ging seinen eignen Weg fort, der ihn denn von dem Botanischen[206] in's Blumistische führte, daraus denn die Mängel entstanden sind, welche gegenwärtig gerügt werden.

Da jedoch Wagner im Ganzen seine Sache gut macht, so sind diese Dinge an sich von keiner großen Bedeutung; es muß jedoch diesem Beginnen ein Einhalt gethan werden, weil sonst der botanische Garten in einen Blumen- und Gemüs-Garten ausläuft.

Nach meinem Dafürhalten liegt es in der Pflicht des vorgesetzten Professors, den Gärtner zurechtzuweisen, ohne daß Commissio dabey concurrire; aber es ist doch gut, davon Kenntniß zu nehmen und die Sache einzuleiten, damit man bey einem widersetzlichen Betragen Wagners diesen um so eher zurechtweisen könne. Welches denn zu Entschuldigung dieser kleinen Sendschrift, wie ich wünsche, dienen möge.

W. d. 24. März 1814.

G.


24/6784.


An Christian Gottlob Voigt

Indem ich beygehendem eine Augenblickliche Aufmercksamkeit erbitte, bemercke soviel: daß nach Ew. Exzell. Anleitung die Zigesarische Colleckte von 60 Thlr. 20 Gr. 6 Pfg. mit 18 Ellen Leinwand und ein Paar warmen Strümpfen der Pfarrerin Bechstedt und das Übrige was mir zugekommen an 20 Thlr. nach Lobeda besorgen werde.

Mögen Ew. Exzell. mir gefällig andeuten wem[207] man diese kleine Summe zusendet. Vielleicht schrieben Sie ein Wort dazu.

Gehorsamst

d. 24. März 1814.

G.


24/6785.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeb.

habe diese Zeit her immer zu besuchen gehofft und daher manches mitzutheilen verschoben, und nun erinnert mich Ihr bisheriger Präparand Freyberg, daß er vor einem Jahr angestellt und ihm ein jährliches Honorar von 25 Thalern zugesichert worden, welches ihm bis jetzt noch nicht ausgezahlt worden sey. Ich habe die Nothwendigkeit einer solchen Anstellung damals wohl erkannt, nur ist die Ausfertigung deshalb über den Drang der Zeiten vergessen worden. Die Persönlichkeit des jungen Mannes hat mir ganz wohl gefallen und ich zweifle nicht daß er seine Schuldigkeit wird gethan haben, doch wünsche ich auch darüber ein Zeugniß von Ihnen, nicht weniger zu vernehmen wen Sie allenfalls für das nächste Jahr vorschlügen, weil dieser junge Mann, wie er mir sagt, das Famulat bey Hofrath antreten wird. Wollen Ew. Wohlgeboren mir den Bericht wegen des vorigen Jahres bey dieser Gelegenheit einreichen, so würde Herzogliche Commission auf's neue[208] sich Ihrer Thätigkeit erfreuen können, und ich würde mich vorbereiten bey meinem nächsten Besuch in Jena mich schneller und gründlicher von allem persönlich überzeugen zu können.

Ich lege ein Blättchen bey, welches mir Herr Medicinalrath Kieser von Brüssel zugesendet hat. Ist Ihnen etwas von diesen Versuchen bekannt geworden? Mit den besten Wünschen mich unterzeichnend

ergebenst

Weimar den 28. März 1814.

Goethe.


24/6786.


An Johann Friedrich Fuchs

Ew. Wohlgeboren

hoffte ich lange in Jena zu besuchen, leider habe ich bis jetzt nicht dazu gelangen können; da ich aber unser Museumsgeschäft vorläufig zu übersehen wünsche, so ersuche Dieselben mir kürzlich anzuzeigen, wie es bey dem anatomischen Kabinett bisher ergangen, besonders wie sich der Amanuensis Schröder dabey benommen. Hat letzterer wie es von ihm zugesagt worden ein ordentliches Diarium geführt; so würde durch die Übersendung desselben die Berichterstattung sehr abgekürzt werden. Ich hoffe dieses Jahr für unsre Museen mehr Ruhe so wie für mich selbst. Herzogliche Commission wünscht nichts mehr als die Erhaltung und Vermehrung unserer schönen Anstalten.[209] Der ich unter den aufrichtigsten Wünschen mich bestens empfehle.

Weimar den 28. März 1814.

Goethe.


24/6787.


An Friedrich Siegmund Voigt

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbey das Original Ihres Aufsatzes und meine Redaction desselben, ich wünsche daß Sie diese abschriftlich Wagnern mit Ihrer Unterschrift übergeben, eine Abschrift bey Ihren Acten behalten und mir das Concept für die meinigen zurücksenden. Sollte Wagner sich widersetzen, oder sich beschweren, so würde er leicht zurechtzuweisen seyn; denn Herr Geheimerath von Voigt Excell. ist auch schon von der Sache unterrichtet und einverstanden.

Ich hoffe doch nun bald auch Sie wieder in Ihrem aufgrünenden Garten zu besuchen, bis dahin will ich mich unter den aufrichtigsten Wünschen bestens empfohlen haben.

Weimar d. 28. März 1814.

Goethe.


24/6788.


An Anton von Ziegesar

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

verfehle nicht anzuzeigen daß das kleine Geschäft, dessen Sie sich so gefällig angenommen, nunmehr beendigt[210] ist. Mit Einstimmung des Herrn Geheimerath von Voigt Excellenz habe die von Ew. Hochwohlgeboren mir übersendete Summe, nebst Leinewand und Strümpfen, der Pfarrerin Bechstedt eingehändigt; an zwanzig Thalern, ist der Lobedaischen Bohlischen Enkelin übersendet, und so den Manen unserer verstorbenen Freundin ein willkommenes Opfer gebracht worden. Nehmen Sie meinen Dank für Ihre gütige Verwendung und geben mir Gelegenheit auch etwas Angenehmes zu erzeigen. Mich gehorsamst empfehlend.

Weimar den 29. März 1814.


24/6789.


An Carl Ludwig von Knebel

Wir freuen uns herzlich, daß deinem Carl geworden ist, was ihm nicht lange fehlen konnte, und ich thue mir etwas darauf zu Gute, daß ich vorausgesagt wie es kommen würde. Eine gewünschte Gabe, die uns unerwartet zu Theil wird, besonders, wenn wir sie schon einigermaßen verdient haben, macht doppelte Freude. Möge auch in der Folge für ihn alles gut gehen.

Dein neulicher gegenwärtig wiederholter Auftrag ist sogleich besorgt worden. Sie liegt eigentlich in den Händen des Herrn Kriegsrath Weyland, der mir auf mein Befragen antworten ließ, die Sache sey[211] schon besorgt worden. Vielleicht ist es gut, wenn du dich unmittelbar mit ihm in Verhältniß setzest und ihm, als für eine schon geschehene Sache, dankst, mit Bitte um fortgesetzte Bemühung.

Mein Garten fängt auch an abzutrocknen und giebt mir die Hoffnung, daß auch Jena bald wieder zugänglich seyn werde; denn ich sehne mich recht mit dir wieder eine Folgezeit, wenn auch nur eine kurze, zu verleben. Ich habe mich, wenigstens in Gedanken, in die Lagunen geflüchtet, redigire die Tagebücher meines Venetianischen Aufenthaltes und studire, indem ich meine Kupfer und Zeichnungen in Ordnung bringe, mit großer Auferbauung die neue Kunstgeschichte. Nun lebe fein wohl, grüße die Deinigen und erfreue dich des auflebenden Jahres.

Weimar den 30. März 1814.

G.


24/6790.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren erhalten hierbey abermals eine kleine Schrift. Sie ist merkwürdig, weil sie die sehr verwickelten Verhältnisse des Tages zur Sprache bringt und andeutet, welche kräftige Heilmittel gegen solche Übel nöthig wären.

Auh die Feiertage erwarte ich meinen alten Freund, Hofrath Sartorius von Göttingen. Er bringt Vorschläge zu einer neuen deutschen Reichsverfassung mit,[212] durchgedacht für die gute Sache genug; möge sie auch so durchgehandelt werden!

Vielleicht machen Sie uns das Vergnügen in der Osterwoche herüberzukommen und ein gesellig Mittagmahl bey uns einzunehmen.

Mich bestens empfehlend

Weimar den 2. April 1814.

Goethe.


24/6791.


An Carl Ludwig von Knebel

Hier das Brieflein mit vielem Danke zurück. Er stellt den Zustand, in dem er sich befindet, sehr lebhaft dar. Möge er glücklich wiederkehren, und diese Expedition wird ihm sehr wohl thun. Der treue Geradsinn, der ihm eigen ist, nimmt sich in diesem Metier vortrefflich aus.

Gestern überraschte uns eine ganz besondere Erscheinung, Fürst Radziwill, der ein herrlich Violoncell spielt, selbst componirt, und zu diesem Bogeninstrumente singt. Es ist der erste wahre Troubadour der mir vorgekommen; ein kräftiges Talent, ein Enthusiasmus, ja, wenn man will, etwas Phantastisches, zeichnen ihn aus, und alles was er vorbringt, hat einen individuellen Charakter. Wäre seine Stimme entschiedener, so wäre der Eindruck, den er machen könnte, unberechenbar seyn. Und somit lebe wohl und grüße die Deinigen.

Weimar den 2. April 1814.

G.[213]


24/6792.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Ew. Wohlgeb.

werden aus der Beylage gefällig ersehen, was ich denen Herren Manskopf und Sarasin für Wein schuldig geworden, und diese Post für meine Rechnung bezahlen.

Zugleich lege eine Note von Herrn Silberberg bey, welche mir durch Herrn von Gerning geworden. Von denen darauf verzeichneten Kupferstichen wünsche ich nur die beyden roth unterstrichenen zu besitzen. Möchten Ew. Wohlgeb. sie für mich anschaffen, wenn die Abdrücke gut sind. Vielleicht geht etwas von den hohen Preisen herunter. Vielleicht haben Sie alsdann die Güte, bey der ersten Sendung von Zeichnungen, zu der Sie mir Hoffnung gemacht haben, diese Blätter mit aufzurollen.

Herr Minister von Humboldt dankt mir freundlich für Ihre Bekanntschaft. Ich bin gewiß, daß auch Sie viel Vergnügen in dem kurzen Umgange mit diesem trefflichen Manne gefunden haben.

Zugleich höre ich, daß er auch unssern Freund Christian in Thätigkeit versetzt, mögen Sie mir gelegentlich sagen, wie es ihm in seiner neuen Laufbahn ergeht.

Kann es ohne Ihre Beschwerde geschehen, so danken Sie Herrn von Gerning für das Übersendete. Nächstens werde ich antworten.

[214] Auch würde ich dankbar erkennen, wenn Sie mir einige Nachricht geben wollten, wie weit nun die neue Frankfurter Verfassung gediehn, und was davon für Vortheile für die Bürger und Besitzer zu erwarten.

Ich empfehle mich mit den Meinigen zu geneigtem Andencken.

Weimar d. 2. April 1814.

Goethe.


24/6793.


An Georg August Griesinger

[Concept.]

Es war ein sehr glücklicher Gedanke, der Ew. Wohlgeb. den reichen Fischzug thun ließ, durch welchen Sie mir so großes Vergnügen gemacht haben. Nicht allein die Handschriften mehrerer vorzüglicher Männer erhalte ich, durch Ihre Gütigkeit, auf einmal, sondern auch in solcher Zusammenstellung, welche zu einer interessantern Vergleichung Gelegenheit giebt. Denn nicht nur die Schriftzüge sind bedeutend, sondern auch wie jeder sich und was er zu geben hat ankündigt, erscheint charakteristisch und spricht das Verhältniß zu seinem Publicum deutlich aus. Haben Ew. Wohlgeb. daher recht vielen Dank, daß Sie meine Sammlung so freundlich vermehren, und mir in meiner Einsamkeit zu manchen Betrachtungen Anlaß geben wollen.

Wenn die kleinen Lieder die ich, in bedenklichen Zeiten, zu meiner Erheiterung aufschrieb, einen gebildeten[215] Cirkel anregen und ergetzen konnten, so erkenne ich es mit vielem Vergnügen. Fruend Zelter hat mir vor kurzem einige allerliebste Compositionen geschickt, die gegenwärtig das Glück meiner compen diosen Hauscappelle ausmachen.

Mögen Dieselben mich des Herrn General von Watzdorf Excellenz zu beharrlichem Andenken empfehlen, so erfüllen Sie eine angelegentliche Bitte. Möchten doch unsere Gesammtwünsche bald erfüllt werden.

Weimar, den 4. April 1814.


24/6794.


An Alexander von Miltitz

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

konnten mich an die angenehmen Stunden, die ich mit Denenselben in Carlsbad zugebracht, nicht erinnern, ohne mich zugleich an die mannigfaltigen Gefälligkeiten zu mahnen, welche ich Ihnen daselbst schuldig geworden. Nun habe ich auf's neue für die gehaltreiche Sendung zu danken, welche zu Betrachtungen und Überlegungen der wichtigsten Angelegenheiten gar dringend auffordert. Ich bin mit Ihnen völlig einverstanden, daß über alles dieß, was jetzt einem jeden im Sinn und Herzen liegt, nicht genug öffentlich verhandelt werden kann. Denn dadurch bildet sich ja doch zuletzt eine[216] öffentliche Meinung, die, indem sie das Besondere erwägt, auch das Ganze zu fassen vermag. Ich selbst erwarte mit Sehnsucht den Augenblick, wo mir die Muse erlauben wird den Mund wieder aufzuthun, ich wünsche, daß es nur zu freudiger Beystimmung geschehe.

Ich erwarte in diesen Tagen meinen alten Freund Hofrath Sartorius von Göttingen, um mit demselben das Fest einer endlich wieder vergönnten freyen Mittheilung zu feyern. Er bringt Vorschläge zu einer neuen deutschen Reichsverfassung mit, wozu ihn die durchreisende Prinzeß von Oldenburg veranlaßt; mit ihm werde ich das übersendete Heft abermals durchdenken, um mir das darin enthaltene Gute noch inniger zuzueignen.

Die verdienstvollen Männer, welche sich vereinigt haben uns in der Jenaischen Literaturzeitung die neusten Saats- und Kriegsschriften beurtheilend vorzuführen, werden gewiß auch der von Ew. Hochwohlgeb. so verdienstlichen unternommenen Arbeit alle Gerechtigkeit widerfahren lassen.

Der ich mit dem aufrichtigen Wunsche, daß die, nach einem hartnäckigen Winter eintretende gute Jahreszeit auch Denenselben Heil und Freude bringen möge, die Ehre habe mich mit der vollkommensten Hochachtung zu unterzeichnen.

Weimar den 4. April 1814.[217]


24/6795.


An Christian August Vulpius

Der Zustand des guten Färber thut mir sehr leid, verfahren Sie in Ihrer Sache nach unserer Abrede und nach Ihrer Überzeugung und Kenntniß.

Die Rechnung folgt hierbey autorisirt. Die Schlüssel zum physikalischen Kabinett übergeben Sie Herrn Bergrath Döbereiner, die zur naturforschenden Gesellschaft Bergrath Voigt.

Ich wünsche glückliche Verrichtung und baldige Wiederkunft.

Weimar den 6. April 1814.

G.


24/6796.


An Thomas Johann Seebeck

[Concept.]

Nach einer so langen Entbehrung hat mir Ew. Wohlgeboren gefälliges Schreiben so viel Vergnügen gamacht, daß ich sogleich einiges zu erwidern angeregt werde. Die Nachricht von Ihrem und der Ihrigen Wohlbefinden war uns allen höchst erfreulich, uns ist es auch bisher ganz gut ergangen. Ich denke dieses Jahr nicht sobald unsre Gegend zu verlassen, und bitte deswegen, wenn etwas an mich zu senden gefällig ist, es hierher zu schicken. Von meinem Aufsatze überlasse ganz gefälligen Gebrauch zu machen.[218] Es kann mir nichts angenehmer seyn als wenn meine allgemeinen Ansichten, bey näheren und so gründlichen Untersuchung, sich bewährt finden, und dann erst kann ich selbst wagen mit Zuverlässigkeit auf denselben zu ruhen, und mich derselben mit Sicherheit, geschieht es auch nur zu meinem Hausgebrauche, zu bedienen.

Ich erwarte daher mit Verlangen das Versprochene, und danke aufrichtigst für die vorläufige Mittheilung. Hofrath Meyer wird das Vergnügen haben, auf seiner Rückreise aus der Schweiz Sie in Nürnberg zu sehen; wie sehr wünschte ich es mit ihm zu theilen.

Auf den Abguß oder vielmehr Abdruck deer kleinen Statue freue ich mich recht sehr, sie soll zu den übrigen gestellt werden, die ich schon Ihrer Güte verdanke. Die dafür gethane Auslage habe ich erst vor kurzem nach Jena berichtet, weshalb ich um Verzeihung bitte.

Mich bestens empfehlend.

Weimar den 9. April 1814.


24/6797.


An Anton Heinrich Fürst Radziwill

Durchlauchtigster Fürst,

Gnädigster Herr,

Ew. Durchlaucht geruhen, gegenwärtige kleine Sendung gnädig aufzunehmen, in Erinnerung jenes[219] häuslichen Cirkels, dem Sie so unvergeßliche Stunden schenken wollen. Ich wünsche, daß die Scene des Gartenhäuschens, in ihrer gegenwärtigen Form, der Musik mehr geeignet seyn möge, als sie es bisher in ihrem Laconismus gewesen. Noch eine andere liegt bey, welche bestimmt ist der Gartenscene vorauszugehen.

Möge Ew. Durchlaucht hierdurch eine kleine Freude und in jeder Hinsicht so viel Gutes gewährt seyn, als Sie andern zu verschaffen wissen. Mich zu Gnaden empfehlend.

Weimar den 11. April 1814.

J.W.v. Goethe.


24/6798.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Weimar d. 22. April 1814.

Ew. Wohlgeboren

danke zum schönsten für den übersendeten Ballen, ich wünsche, daß das Werklein, durch die Zeit welche es vor seiner Erscheinung ausgeruht hat, möge gewonnen haben. Das ist gewiß, daß es, nach der großen glücklichen Epoche, in einem besseren Momente hervortritt, als wenn es während der Sorge, Hoffnung und Erwartung herausgegangen wäre.

Ist es Ihnen einigermaßen möglich noch vor Ihrer Abreise uns zu sehen, so sind Sie zum schönsten willkommen, vorzüglich in Begleitung der lieben[220] Ihrigen. Man soll gegenwärtig nicht versäumen sich, mit seinen Freunden, einer freyeren Mitttheilung zu erfreuen; diesem ersten und größten Gut werden die übrigen schon folgen.

Das beste Lebewohl.

Goethe.


24/6799.


An Carl Friedrich Zelter

Weimar, den 22. April 1814.

Nur mit wenigen Worten will ich dir, mein lieber Freund, vermelden, daß auch deine letzte Sendung, zu meinem großen Vergnügen, glücklich angekommen; alles ist schon in Stimmen geschrieben und dergestalt bereitet, daß meine compendiose Hauscapelle mich bald damit wird erfreuen können. Freylivh gehört eine besondere Kunst dazu diesen zusammengeborgten Körper, von dem bald dieses bald jenes Glied abfällt, bey'm Leben zu erhalten. Das Ruhelied ist herrlich, unser Tenor trägt es sehr gut vor, und es macht in diesen unruhigen Zeiten unsere ganze Glückseligkeit.

Ein besonderes Gute ist mir auch, seit acht Tagen, geworden. Professor Sartorius von Göttingen, ein alter Freund, benutzt die zwischen den Deutschen wieder eröffnete Communication und besucht mich. Was ist gegenwärtig wünschenswerther, als sich mit einem Manne zu unterhalten, dessen Geschäft es ist[221] die Kräfte und Verhältnisse der Staaten, bis auf den heutigen Tag, zu kennen und gegen einander abzuwägen; es gewährt die größte Beruhigung dieses ungeheure Ganze zu übersehen und seine Hoffnung wegen künftiger Zustände dadurch zu begründen, anstatt daß wir uns sonst in der traurigen Lage befinden vom Augenblick hingerissen, durch Zeitungen verwirrt, und durch Geklatsch gar zerstört zu werden, um so mehr als jetzt nicht allein von dem künftigen Schicksal Europas, sondern von dem der ganzen Welt die Rede seyn kann.

Mein nächster Wunsch ist nun, daß unser guter Hofrath Meyer aus der Schweiz komme, damit ich meine Kunstschätze mit ihm genieße, denen ich durch gute Ordnung den Segen bereitet habe, sie unschätzbar und unerwartet vermehrt zu sehen.

Alsdann freylich scheint es mir unmöglich diesen Sommer hinzubringen ohne mit dir irgenswo zusammenzukommen. Eigentlich möcht ich mich dießmal nicht gerne von Weimar entfernen. Wir haben einige Stunden von hier, in einer angenehmen Gegend, ein Schwefelbad eingerichtet, von dem ich für meine gichtischen Zustände viel Gutes hoffe. Habe ich es 4-6 Wochen gebraucht, so erhälts du Nachricht ob es wirksam genug sey, daß ich dich dahin einladen könne. Halte ich vor räthlich etwa noch anderswohin zu gehen, so erfährst du es gleichfalls; nach Böhmen möchte ich dießmal nicht.

[222] Und nun noch einen geheimen Auftrag; den ich ganz im Stillen zu beherzigen bitte. Sollte nicht auf dem Berliner theater unter den Choristen, oder sonst Anfängerinnen, ja auf irgend einem Liebhabertheater sich ein Mädchen, das aber nicht über 16-17 Jahre alt seyn dürfte, finden, wie man sie zu sogenannten angehenden Liebhaberinnen wünscht, von mittlerer Größe, leichtem Wuchs, hübschen Augen, angenehm klingender Stimme pp. was ich dir nicht vorzuerzählen brauche, so wäre mir sie willkommen. Könnte sie soviel singen um die 3. Stimme in der Oper zu übernehmen, so wäre es um desto besser. Mich sollte bedünken dergleichen Wesen müßten in Berlin zu Dutzenden herumlaufen. Wenn man bedenkt was aus der Maaß geworden ist, wie sich die Elsermann und die Engels gebildet haben, welche noch bey uns sind, so könnte wohl einem solchen Creatürchen die Luft kommen sich auch in unsere Schule zu begeben. Forsche, bedenke und melde.

G.

Die Comödienzettel sind angekommen.

Tausend Lebewohl.


Um der beliebten Kürze willen und um die Sache, sofern sie thulich ist, zu fördern, füge ich Folgendes hinzu. Eine solche Person erhielte Reisegeld, um auf der fahrenden Post bequem herzukommen, ferner würde sie, in billiger Erwägung ihrer augenblicklichen[223] Brauchbarkeit, mit proportionirter Gage bedacht. Auf wie lange man contrahirte, würde auf die Persönlichkeit ankommen, allenfalls könnte man sechswöchentliche Aufkündigung festsetzen, wodurch kein Theil gefährdet wäre. Gute Aufführung wird vorausgesetzt, weil irgend ein Eclat von unschicklicher Art bey uns die Suspension und sodann die Entlassung nach sich zieht, wie wir vor kurzem ein Beyspiel gehabt haben. Die Begleitung einer Mutter oder Verwandten ist nicht unangenehm. Möchten sich zwey Subjectchen zusammen thun und sich eine gewisse Selbstständigkeit zutrauen, desto besser. Sollte nicht in der Singschule dergleichen zu finden seyn? Das Betragen derselben könntest du zunächst beutheilen und freylich je mehr sie im Gesang leisten, desto besser kann man sie setzen. Soviel für dießmal, sage mir bald ein Wort.

Weimar, den 22. April 1814.


Ein Blumenglöckchen. . .


Das Größte will man nicht erreichen. . .


Zu verschweigen meinen Gewinn. . .[224]


24/6800.


An Sara von Grotthuß

Sie haben mir, verehrte Freundin, erstlich durch Ihren herzlichen und geistvollen Brief sehr frohe Stunden gemacht: denn selbst wenn man mit Freunden Leiden und Sorgen theilt, so wird dadurch die köstliche Empfindung genährt, daß eigentlich nur in der Theilnahme das wahre Glück besteht.

Nun senden Sie mir auch etwas leiblich Genießbares, das ich so lange entbehrte: denn außerdem daß ich mir solche Dinge zu verschaffen etwas unbeholfen bin, so liegen die östreichischen Staaten mir in der Einbildungskraft sehr viel weiter, als andere Länder und Städte von derselben Entfernung. Gegen diese Täfelchen sende ich Ihnen ein anderes, das ich im Stillen zu genießen und zu verheimlichen bitte; das Ganze wird erst in drey, vier Wochen an den Tag kommen. Möge mich das alles in Ihre Nähe versetzen und die Kürze des gegenwärtigen Schreibens bestens entschuldigen.

Weimar d. 23. April 1814.

Goethe.[225]


24/6800a.


An Christian Gottlob Voigt

Es hat, wie beyliegendes Schreiben ausweist, der Bruder des verstorbenen Bibliotheksschreibers Färber sich zu dessen Stelle gemeldet, und ich gestehe, daß dieser mir ganz erwünscht scheint.

Denn es ist dieser, fast wie sein Bruder, durch den verstorbenen Trabitius herangekommen, und hat von jeher wenigstens eine oberflächliche Kenntniß unserer Bibliothek und Museum sich verschafft, er hat sich nachher im Dienste des Herrn von Wolzogen gut gehalten, und sich das beste Lob der Frau von Heygendorf verdient, welche ihn ungern vermißt, und ich bin überzeugt, daß er uns seinen Bruder, wo nicht gleich, doch nach und nach ersetzen kann. Seine Handschrift ist gut, und er wird also auch von dieser Seite brauchbar seyn.

Schon seit Färbers entschiedener Krankheit habe ich vielfach durchgedacht, ob es räthlicher sey, diese Stelle wie sie war zu lassen und beyzubehalten, oder[172] sie zu vertheilen, wobey mir immer das erstere vortheilhafter schien.

Denn stellte man jemand bey der Bibliothek an, gäbe Lenzen einen Diener, u.s.w. so würde sich nicht allein das Einkommen dieser mehreren Personen zerstücken, sondern auch, indem man die Personalitäten vermehrt, vermehren sich auch die Friktionen, und man giebt die Fäden ganz aus der Hand, wodurch man diesen wunderlichen Anstalten-Körper zusammen hält.

Döbereinern und Fuchsen gab man, mit Bedacht, jedem seinen Assistenten, weil man sonst, weder im anatomischen Cabinet noch in den chemischen Laboratorium, Ordnung fordern konnte, aber im Grunde hat man dadurch eigentlich das Famulat dieser beiden Männer verbessert, welches ihnen zu gönnen, und nicht schädlich ist, besonders weil solche junge Leute nicht lange bey einer dergleichen Stelle bleiben und es dem Professor daran liegen muß, sich ein brauchbares Subject, mit Vorwissen Herzoglicher Commission, an die Seite zu setzen.

Allein zu dem übrigen Complex braucht man nur ein Organ. Das physikalisch-chemische Cabinet kann man den Professor der Chemie und seinen Präparaten nicht unbedingt übergeben. Das Cabinet der Naturforschenden Gesellschaft bedarf keiner großen, aber doch einiger Aufmerksamkeit. Die Osteologie der Thiere ist von dem Cabinet der menschlichen Anatomie[173] einigermaßen getrennt, und wenn der vorseyende Bau vollendet und Alles in Ordnung ist, so bedürfen die beiden Haupt-Cabinette, das Mineralogische und das Zoologische, einer zwar stetigen aber nicht viel Zeit raubenden Besorgung.

Bleibt alles dies, wie bisher, in einer Hand, so erstreckt sich der commissarische Einfluß, mit einiger Aufmerksamkeit, überall ein, und die Aufseher selbst sind mehr gebunden, da sie sich hingegen die einzelnen Assistenten eher unterwürfig machen und sie zu eigenen Zwecken brauchen und benutzen.

Thut man zu allem diesen noch hinzu, daß Serenissimus dieses zweyten Färbers Anstellung gerne sehen werden, theils weil er sich in seinem bisherigen Dienst gut betragen, theils weil Höchstdieselben in Ihrem Jenaischen Museum einen schon bekannten Diener wohl um sich leiden mögen, so spricht auch dieses zu seinen Gunsten, wie überhaupt, daß er sich in seinen bisherigen Diensten zu Anstand und Lebensart hat bilden können. Schließlich ist auch wohl in Betracht zu ziehen, daß Mutter und Schwester, die an dem verstorbenen Bruder eine treue Stütze gehabt, sie auch an diesem finden können. Und so scheint diese Lücke sich gleichsam von selbst wieder auszufüllen und Alles bey'm Alten zu bleiben.

Vor allen Dingen wär Anstalt zu machen, daß man die verschiedenen Instructionen die ihm in verschiedenen Fächern zu geben sind, aufsetzte und redigirte,[174] da die bisherigen Bibliotheks- und Museumsdiener mehr mündlich, nach und nach, den Umständen gemäß, beauftragt worden sind, welches sich aber jetzt, da die Anstalten consolidirt sind, recht wohl auf einmal thun läßt.

s. m.

Weimar den 23. April 1814.

Goethe.[175]


24/6801.


An Johann Salomo Christoph Schweigger

Ew. Wohlgeboren

geben mir durch Ihren freundlichen Brief die erwünschte Gelegenheit, auch einmal unmittelbar, für[225] die fortgesetzte Sendung Ihrer unterrichtenden Zeitschrift meinen besten Dank abzustatten, worum ich Herrn Dr. Seebeck schon einigemal gebeten. Dieses interessante Werk ist, vom Anfange an, complett in meinen Händen, nur fehlt mir das zwölfte Stück des vorigen Jahres, welches, wegen des darinnen wahrscheinlich befindlichen Registers, um so wünschenswerther ist. Durch diese Register haben Sie Sich besonders um die Liebhaber verdient gamacht, die nicht immer im Falle sind, der Wissenschaft Schritt vor Schritt zu folgen, noch weniger, die in so manchen Aufsätzen enthaltenen Wahrheiten zu sammeln und zu ordnen. Ich habe diese Register, besonders auf Reisen, zu leichter Recapitulation der neuesten Bemerkungen und Entdeckungen, jederzeit mit mir geführt.

Auch das neueste Stück war für mich von großem Interesse: denn ob ich gleich eigentlich auf diese Welt angewiesen bin, und meine Blicke nicht gern über meinen Gesichtskreis erhebe; so ist es mir doch höchst erwünscht, einem Swedenborgischen Geiste gleich, durch die Augen solcher Männer das Universum zu beschauen, die berufen sind, die erscheinende Welt bis in's Unendliche zu verfolgen.

Daß der Mensch aller geistigen Organe bedürfe, wenn er sich an das Ungeheuere wagt, gestehen wir gern. Der Philosoph, der Mathematiker, der Chemiker, der Physiker, dürfen da wohl gemeinschaftlich handeln, und eine solche Vielseitigkeit macht das Verdienst[226] Ihres Aufsatzes, der um desto erfreulicher ist, da er sich als Resultat der Bemühungen eines freundschaftlichen Cirkels ankündiget.

Sehr löblich däucht es mir dabey, daß dasjenige, was wir Schwer- und Schwungkraft nennen, als zwey sich von Ewigkeit zu Ewigkeit fordernde Erscheinungen betrachtet, und so zur Erklärung der Phänomene benutzt werde.

Seit unser vortrefflicher Kant mit dürren Worten sagt: es lasse sich keine Materie ohne Anziehen und Abstoßen denken, (das heißt doch wohl, nicht ohne Polarität,) bin ich sehr beruhigt, unter dieser Autorität meine Weltanschauung fortsetzen zu können, nach meinen frühesten Überzeugungen, an denen ich niemals irre geworden bin.

Ferner nehme ich um desto lieber theil an Ihren Forschungen, als der große Umfang von Erfahrungen, hier zusammengestellt, uns ein ewiges Leben fühlen läßt und verheißt.

Verzeihen Sie, wenn ich ausspreche was sich von selbst versteht, aber dadurch kommt man eben weiter, wenn man mit mehrern ausdrücklich zum Grunde legt, was sich von sebst versteht. Leider sind die Menschen also gebildet, daß sie auch darinnen niemals mit einander Übereinkommen, sondern wechselseitig an den Fundamenten mäkeln.

Sehr gerne würde ich zu Ihrem wichtigen Journal etwas beytragen, ja ich rechnete mir es zur Ehre irgend[227] etwas von mir darinnen aufgenommen zu sehen; aber was ich mitzutheilen habe, scheint mir bald zu eng, bald zu weit, und nimmt sich außer dem Zusammenhange, in welchem es sich bey mir entwickelt, meist gar wunderlich aus, doch hoffe ich durch die Herren Seebeck und Söbereiner mich näher an Sie anschließen zu können.

Mit den besten Wünschen und aufrichtiger Hochachtung!

Weimar den 25. April 1814.

Goethe.


24/6802.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

lernen aus beyliegendem Briefe einen Mann kennen, der sich mit uns und unserer Societät in Verbindung zu setzen wünscht. In dem gleichfalls beyliegenden an ihn gerichteten Briefchen, habe ich sein Anerbieten acceptirt, und Ew. Wohlgeboren werden Sich gern mit ihm in ein Verhältniß setzen, indem Sie ihm ein Diplom zusenden, und ihn ersuchen aus seiner Gegend uns gelegentlich mit einigen Beyträgen zu erfreuen.

Der Bruder des verstorbenen Färber ist von Herzogl. Commision an dessen Stelle gesetzt. Mein Sohn, der Assessor, hat den Auftrag, ihn auch bey Ihnen einzuführen. Es wäre gut, und der Sache gemäß, bey dieser Gelegenheit eine Instruction aufzusetzen,[228] was man von dem Neuangestellten bey dem mineralischen und zoologischen Kabinett für Dienste erwartet: der Verstorbene kam so nach und nach in das Geschäft, daß sich seine Pflicht gleichsam von selbst verstand.

Mit den besten Wünschen

Weimar den 26. Apr. 1814.

Goethe.


24/6803.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

verschiedene gefällige Schreiben habe ich bisher zu beantworten unterlassen, weil ich täglich hoffte, das angekündigte Kästchen Mineralien, wovon auch schon der Frachbrief in meine Händen ist, werde endlich ankommen. Bey wiederholter Nachfrage in Eisenach habe ich nur soviel erfahren können, daß es von dort abgegangen sey, und also in Gotha oder Erfurt liegen geblieben. Ich habe deshalb zuletzt für gerathen gehalten, jemand in Eisenach den entschiedenen Auftrag zu geben, den Fuhrmann Kraus, wenn er nicht Rath schafft, allenfalls gerichtlich zu belangen, damit ich mir bestimmten angenehmen Gabe endlich theilhaft werde.

Den Entschluß, daß Dieselben Ihre dortigen Verhältnisse auflösen würden, glaubte ich vorauszusehen.

Es ist freylich traurig genug, aus dem Lästigen in's[229] Unerträgliche zu gerathen. Sollten, unter solchen Umständen, die im Süden angeknüpften Beziehungen nicht reizend seyn?

Herrn Ingenieur Spangenberg danke ich für die übersendete schöne Karte, sie wird gewiß von aller Welt geschätzt werden, welche Ihre geschichtliche Darstellung der Schlacht zu würdigen wissen.

Wahrscheinlich ist Ew. Hochwohlgeb. No. 59 der Jenaischen A. L. Z. schon zu Handen gekommen.

Ihro Kaiserl. Hoheit haben das Höchstdenenselben zugedachte Exemplar gnädig aufgenommen und ich zwefle nicht, daß es zu fernerer Empfehlung und in der Folge zu irgend einer günstigen Wirkung Anlaß geben werde.

So viel für dießmal. Der ich, mit den besten Wünschen, und mich zu freundlichem Andenken empfehlend, die Ehre habe mich zu unterzeichnen

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 26. Apr. 1814.

J. W. v. Goethe.


24/6804.


An Johann Peter Pauls

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

empfangen meinen vorläufigen Dank für die mir zugedachten Mineralien, deren gelegentlicher Sendung ich mit Vergnügen entgegen sehe. Der Director unserer[230] mineralogischen Gesellscheft, Herr Bergrath Lenz, wird sich selbst mit Ihnen in Verhältniß setzen, und den derselben zugedachten Beytrag dankbar anerkennen. Herrn Bergrath Kieser hoffen wir, nach dem so bald und glücklich vollendeten Feldzug nächstens wieder hier zu sehen, da ich denn Ihre Gefälligkeit gegen denselben zu rühmen nicht verfehlen werde.

Mit den besten Wünschen mich unterzeichnend.

Weimar d. 26. April 1814.[231]


21/6804a.


An Christian Gottlob Voigt

Da Ew. Excellenz die Anstellung Färbers gütigst genehmigt haben, so wünscht der Bibliothekar aus Ursachen, die er mündlich vortragen wird, daß die Verpflichtung desselben bald geschehe. Nun ist aber Färber nicht allein bey der Bibliothek sondern auch bey den Museen einzuführen und anzustellen, und ich thue daher den unzielsetzlichen Vorschlag meinem Sohne dem Assessor den Auftrag zu diesem Geschäfte zu ertheilen, welches denn nach inliegender Note, welche zu diesen Zweck noch zu ajustiren wäre, geschehen und zugleich manches was schriftlich zu weitläufig wird, persönlich und mündlich abgethan werden kann. Genehmigen dieß Ew. Excellenz, so will ich das Nöthige besorgen.

Weimar den 26. April 1814.

G.[175]


24/6805.


An Friedrich Günther Beyer

[Concept.]

[27. April 1814.]

Ew. Wohlgeboren

belieben sich eines nachstehenden Auftrags gefällig zu unterziehen, weshalb ich im Vertrauen auf Ihr mir und den Meinigen stets bezeigtes Wohlwollen und bekannte Thätigkeit Dieselben zu ersuchen keinen Anstand nehme.

Es ist an mich, wie beyliegender Original-Frachtbrief ausweist, ein Kistchen Mineralien, durch Fuhrmann Lorenz Kraus von Eisenach, den 5. März dieses Jahres von Franckfurt abgesendet worden; nun ist zwar deer Frachtbrief schon vor geraumer Zeit durch einen Abläder hier abgegeben worden, ohne daß jedoch, der Zusage gemäß, das Kästchen nachgekommen, auch deshalb, weder hier, noch in Eisenach, einige Auskunft zu erhalten gewesen wäre.

[231] Ew. Wohlgeboren ersuche deshalb gefällige Nachforschungen zu thun und gedachten Lorenz Kraus, oder die Seinigen, allenfalls gerichtlich, anzuhalten, daß solches Kästchen, woran mir viel gelegen, und welches dem Fuhrmann ganz frank übergeben wor den, endlich mir zukomme. Weshalb ich Ihnen denn hiedurch vorläufige unbeschränkte Vollmacht ertheile, auch mir, wenn es nöthig wäre, eine förmliche und bestimmtere zur Vollziehung erbitte.

Der ich in Hoffnung Dieselben vielleicht balde zu begrüßen, Sie zu bewirthen wünsche.


24/6806.


An Johann Peter Langer

[Concept.]

Indem ich Ew. Wohlgeb. nunmehr den jungen Müller ankündige, kann ich zugleich für den guten Empfang meinen Dank abstatten, welchen Hofrath Meyer in München erfahren hat. Dieser werthe Freund hat mir so viel Schönes und Gutes von den dortigen Kunstschätzen, Lehranstalten und Persönlichkeiten erzählt, daß ich ihn um alle diese Bekanntschaften beneide, und nichts so sehr wünsche, als daß ich mich derselben auch erfreuen dürfe. Bey Wiederherstellung der allgemeinen deutschen Nationalität kann nichts erfreulicher seyn, als zu sehen, wie, in der traurigen Zwischenzeit, einzelne vermögende[232] Fürsten und wohldenkende Männer das Vortreffliche in allen Fächern der Künste und Wissenschaften zu erhalten und zu vermehren gesucht, und wo ist das wohlthätiger und lebhafter geschehn, als in dem Kreise, in welchem auch Sie wirken.

Den jungen Mann, durch welchen Sie auch uns zu nutzen die Gefälligkeit haben werden, beurtheilen Sie leicht, und nach dem, was mir Hofrath Meyer von Ihrer Bilduntgsmethode erzählt, freue ich mich schon im voraus auf einen gründlichen und folgerechren Unterricht. Empfehlen Sie mich Ihrem Herrn Sohn, er möge mir doch ja gelegentlich etwas von seinen Arbeiten und Bemühungen mittheilen.

In Hoffnung von Ihrem beyderseitigen Wohlbefinden stetes erfreuliche Nachrichten zu erhalten, habe ich die Ehre mich mit vollkommener Hochachtung zu unterzeichnen.

Weimar den 28. April 1814.


24/6807.


An Johann Christian von Mannlich

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

haben seit geraumer Zeit eine Verbindung mit uns auf eine so freundliche und thätige Weise unterhalten, daß wir immer Ihre Schuldner geblieben sind. Auch dießmal möchte sich diese Schuld anstatt sich zu vermindern[233] nur vermehren, indem ich Ihnen einen jungen Künstler, den Sohn des hiesigen Kupferstecher Müller, zu empfehlen wage, für welchen ich, da er seine studien in München fortzusetzen oder vielmehr zu begründen denkt, eine geneigte Aufnahme zu erbitten wage.

Hofrath Meyer, der das Vergnügen gehabt hat Ew. Hochwohlgeb. und die vortrefflichen Anstalten, denen Sie vorstehen, kennen zu lernen, hat mir das größte Verlangen erregt, auch dieses Genusses theilhaft zu werden. Ja, ich weiß nicht wie ich demselben widerstehen soll, wenn sich in kurzem noch alle die Hoffnungen erfüllen, von denen er mir Kenntniß gegeben hat.

Möchten Dieselben, bis es mir so wohl wird, meine ausgezeichnete Hochachtung persönlich zu versichern, manchmal ein Zeichen Ihres Andenkens und ein Probestück Ihrer ausgebreiteten Thätigkeit geben, wie ich denn auf einige Blätter des immer glücklich fortgesetzten Steindrucks, z.B. auf den Kopf dere Madonna von Guido und das Bild von Michael Angelo sehr verlangend wäre. Verzeihen Sie diese neue Anforderung, welche unbescheiden scheinen könnte, da ich für die frühern Mittheilung bis jetzt nur gefühlten Dank und aufrichtigen Beyfall erwidern konnte. Wie glücklich darf man Sie schätzen, daß Sie Sich an einem Orte befinden, wo unter Theilnahme deer höchsten Pesrsonen die wichtigsten Schätze erhalten, geordnet, vermehrt und, was das Wichtigste von allem[234] ist, so gründlich als allgemein genutzt werden. Ich erfreue mich zwar nur einer sehr geringen Kunstumgebung, bin aber nichtsdestoweniger in Gedanken mit allem beschäftigt, was die Zeit uns erhalten hat, und was sie uns bringen mag, da ich denn mich im Geiste vorzüglich in Ihrer Nähe befinden muß.

Mit der vollkommensten Hochachtung habe ich die Ehre mich zu unterzeichnen.

Weimar d. 28. April 1814.


24/6808.


An Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling

Der werthe und gewiß auch Ihnen, noch von Alters her, höchst schätzbare Freund, Hofrath Meyer, hat mir das Verlangen, wieder in Ihrer Nähe zu seyn, lebhaft rege gemacht, welches ich oft im Stillen empfinde, da ich nach so langen Jahren wohl einmal hres aufmunternden und auferbauenden Gesprächs theilhaft werden, die herrlichen Kunstschätze mit Ihnen genießen, vor allem aber mich Ihres häuslichen Glücks erfreuen möchte. Indessen sucht meine Einbildungskraft eine so theuere und geliebte Freundin an Ihrer Seite. Ich lasse mir gern erzählen, daß es Ihnen wohlgeht, und schon hat Freund Meyer mir die individuelle Lage Ihres Glücks schildernd wiederholen müssen.

Bey seinen willkommenen Erzählungen empfand ich sogleich die Nerigung, mich auch wieder einmal[235] schriftlich mit Ihnen zu unterhalten, und nun giebt mir die Abreise eines jungen Künstlers, Namens Müller, erwünschte Gelegenheit, diesem Verlangen sogleich Genüge zu leisten. Mögen Sie diesem jungen Manne auf seinem Kunstgange einige Aufmerksamkeit schenken, so werden Sie mich verbinden. Es fehlt ihm nicht an angebornem Talent. Sein zartes und einigermaßen melancholisches Gemüth bedarf Theilnahme und Aufmunterung, so wie ihm die strengen Kunstforderungen seiner neuen Lehrer gewiß förderlich seyn werden.

Und nun leben Sie recht wohl, gedenken Sie meiner in Ihrem Familien- und Freundeskreise, bleiben Sie überzeugt, daß ihm allem, was Sie öffentlich zu äußern für gut finden, die größte Aufmerksamkeit schenke, um mich einigermaßen für den Verlust zu entschädigen, den ich dadurch erleide, daß ich mich schon seit so langer Zeit nicht mehr so schnell wie vormals durch Ihre geistreiche und gründliche Unterhaltung über die Angelegenheiten zurechte finden kann, die mich immerfort auf meine eigene Weise beschäftigen.

Mit den aufrichtigsten Wünschen mich empfehlend

Weimar, den 28. April 1814.

Goethe.


24/6809.


An Christian Gottlob Voigt

Daß Ew. Exzell. für den guten Kräuter Sorge tragen mögen erkenne mit dem verbindlichsten Dancke.[236] Er hat es wohl an uns verdient, und es wird recht gut seyn wenn er noch in einiger Connexion mit der Bibliotheck bleibt.

Herrn Kanzler Thon bitte meinen ergebensten Danck für die Bemühung wegen der zaudernden Kiste abzustatten. Wir wollen sehen was die Franckfurter vermelden.

Hierbey einige Blätter über die Jenaische Expedition: Die Herren haben sich ja ganz ordentlich, ja feyerlich benommen.

Mich gehorsamst, angelegentlichst empfehlend

W. d. 30. Apr. 1814.

G.


24/6810.


An Christian Friedrich Carl von Wolfskeel

[Concept.]

[Anfang Mai.]

Ew. Hochwohlgeb.

nehme mir die Freyheit, wegen einer Angelegenheit zu behelligen welche mir in meinen häuslichen Verhältnissen manches Unangenehme verursacht. Es dient nähmlich bey mir eine Köchin, welche übel verheirathet ist, und von ihrem Manne, einem Bäckergesselen, der sich bald auswärts, bald hier aufhält, auf allerley Weise molestirt, besonders aber von Zeit zu Zeit nicht auf die höflichste Weise um Geld angegangen wird. Dieses Ehepaar ist auch schon der Scheidung wegen vor Herzoglichem Consistorio gewesen; was entgegensteht,[237] daß die Trennung der Ehe nicht erfolgt, ist mir nicht ganz klar, gegenwärtig aber geht mein Wunsch und meine Bitte dahin, daß Ew. Hochwohlgeb. insofern die Sache thunlich, sowohl um dieser Person, als um meiner häuslichen Ruhe willen, die Scheidung gütig und gesetzlich befördern mögen. Denn leider wirken solche Händel auf den Dienst zurück, und man weiß oft gar nicht, warum unversehens eien solche Person aus dem gewohnten Gleise tritt, und sich ungeberdig stellt, wenn man eine ganze Weile mit ihr zufrieden zu seyn Ursache hat. Für diese so wie für so manche andere Geneigtheit verpflichtet, werde nicht aufhören mit der vollkommensten Hochachtung zu beharren.


24/6811.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren erhalten hierbey ein Schreiben des Hofraths Sartorius, der so wie ich gewünscht hätte vor seiner heute erfolgten Abreise Dieselben nochmals, wie Sie Hoffnung gemacht, zu sehen. Er empfiehlt sich indeß zum besten und übersendet einen so schönen als kühnen Beytrag zu Ihrer Zeitung. Ich wünsche, daß er Ihren Absichten entsrechen möge.

Zugleich folgen auch die Tafeln zur Farbenlehre, deren Verspätung ich entschuldigung muß: Kupferdrucker und Illuminirer haben mich nicht gefördert.

[238] Der ich mit den besten Wünschen die Ehre habe mich mit vollkommender Hochachtung zu zeichnen

ergebenst

Weimar den 2. Mai 1814.

Goethe.


24/6812.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Da ich, mein lieber Herr Professor, etwa in 8 Tagen nach Berka zu gehen gedenke, und gar sehr wünschte den Wilhelm Meister corrigirt mitzunehmen, indem es mit der neuen Ausgabe Ernst zu werden scheint; so wollte ich Sie ersuchen, sich dergestalt einzurichten, daß wir diese Woche mit dem 2. Bande fertig würden. Das Übrige würde sich alsdann auch nach und nach geben.

Weimar d. 2. May. 14.

G.


24/6813.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht zu benachrichtigen, daß ich unter dem heutigen Datum eine Assignation auf deyhundert Thaler Sächsisch zu Gunsten des hiesigen Hofschauspieler Herrn Haide für Rechnung des Herrn Dr. Cotta in Stuttgart ausgestellt habe welche gefällig zu honoriren bitte. Mich Denenselben angelegentlichst zu geneigtem[239] Andenken unter Versicherung des aufrichtigsten Antheils bey dieser Gelegenheit empfehlend

ergebenst

Weimar d. 3. May 1814.

J. W. v. Goethe.


24/6814.


An Heinrich Carl Friedrich Peucer

Mir sind zwar schon mehrere, sich auf die Zeitumstände beziehende Stücke mitgetheilt worden, keines derselben aber ist so glücklich erfunden, so heiter zurückfolgende. Was jedoch die öffentliche Darstellung betrifft, so haben Ew. Wohlgeb. selbst in Ihrem Schreiben die Gedanken, wie ich sie hege ausgesprochen. Das Publicum überhaupt ist gar zu geneigt, bey Arbeiten, welche eigentlich nur ästhetisch aufgenommen werden sollten, stoggartige Bezirhungen zu suchen, und ich habe nichts dagegen, wenn in großen Städten die Theater-Directionen diese Neigung benutzen, bey bedeutenden Gelegenheiten die Menge aufregen, sie anziehen, und Geld einnehmen. Hier in Weimar aber habe ich seit vielen Jahren darauf gehalten, daß man selbst das Nahe in eine solche Ferne rückt, damit es auch als schön empfunden werden könne, wie die Gelegenheitsgedichte bezeugen, die theils von mir, theils von Schillern verfaßt worden. So habe ich auch z.B. sorgfältig aus den Kotzebuischen Stücken die Namen[240] lebender Personen ausgestrichen, es mochte nun der Verfasser ihrer lobend oder tadelnd erwähnen. Ja die Erfahrung hat mich gelehrt, daß wenn, entweder ohne mein Vorwissen, oder auch wohl durch meine Nachgiebigkeit, etwas dergleichen zum Vorschein kam, jederzeit Unannehmichkeiten entstanden sind, die doch zuletzt auf mich zurückfielen, weil man allerdings von mir verlangen kann, daß ich die Effecte zu beurtheilen wisse.

In gegenwärtigem Falle, besonders wie er jetzt eintritt, hätte ich manches Mißtönende zu befürchten, welches keineswegs aus der lobenswürdigen Arbeit selbst, sondern aus Deutungen und augenblicklichen Eindrücken entspringen könnte. Dieses habe, nach vielfacher Überlegung und genauer Betrachtung des vorliegenden Falls, mittheilen, und nichts mehr wünschen wollen, als daß die angekündigten freyen und unbezüglichen Compositionen eben so glücklich in Anlage und Bearbeitung seyn mögen, als das Gegenwärtige, dessen Verdienste bey wiederholtem Lesen mich beynahe von meinen altherkömmlichen Überzeugungen hätten abbringen können.

ergebenst

den 4. May 1814.

Goethe.[241]


24/6815.


An Carl Friedrich Zelter

Nun ist alles, mein werthester Freund, was du mir zugedacht angekommen, und in der Zwischenzeit wirst du auch einen Brief von mir erhalten haben, der, damit das letzte Blatt nicht leer bliebe, von einigen Reimspäßen begleitet ist. Dergleichen Dinge gedeihen unter deinen Händen gar glücklich zum Canon und anderer Art Wettgefänge. Ich bedauere nur, daß uns eine so weite Entfernung trennt, denn sonst würde mein Leben um vieles klangreicher werden. Ich hatte einen Freund der zu sagen pflegte, er wünsche nur in zwey Fällen König seyn, wenn nähmlich bey Tafel frische Heringe, oder englisch Bier präsentirt würde, damit er von jenen das Mittelstück, und von diesem das erste Glas zu sich nehmen könne. Ein ähnliches Gefühl hatte ich, als du mir den hohen Besuch meldetest, der sich an deiner großen und einzigen Darstellung erquickt hat. Hier ist es nun freylich leichter, den hohen Gästen ihr übriges königliches Geschick nicht zu mißgönnen. Doch hätte ich wohl gern an dieser großen Tafel, die so viele Theilnehmende zuläßt, mitgeschwelgt.

Indessen du dir nun, freylich nicht ohne Müh und Ausdauer, den Vorschmack des Himmels geben kannst; muß ich leider, auf die wunderlichste Weise, betteln und negoziiren, um dasjenige nur unvollkommen[242] zu genießen, was du mir gönnen magst. In diesem Fall empfindet man den engen und hülflosen Zustand einer kleinen Stadt nur allzu sehr, nicht als wenn die Elemente gänzlich mangelten, aus welchen sich eine genußreiche Welt, im Kleinen, schaffen ließe, aber weil eben diese Clemente sich, gerade wegen der Enge und Nähe, eher abstoßen als anziehen, und dem Schöpfer kein Spielraum gegeben ist, sie dergestalt zu handhaben, daß sich ihre freundlichen Pole verbinden müßten. Die lächerlichsten Scenen in Wilhelm Meister sind ernshaft gegen die Späße, zu denen ich meine Zuflucht nehmen muß, um zu bewirken, daß deine Sendungen sich vom Auge losreißen und zum Ohr gelangen.

Die bildende Kunst hat darin größere Vortheile, sie gewährt dem Auge ein dauerndes Vergnügen, und wenn der Künstler einmal das Geschick gehabt hat, etwas Gutes zu machen, so erhält ja wohl das Glück auch sein Werk, hundert, ja tausend Jahre, und überliefert es den Einsichtigen zum Genuß. Es ist mir die letzte Zeit so wohl geworden, theils unter meinen frühern Besitzungen, die ich lange nicht gemustert, manches unerwartete Gute anzutreffen, theils, da jetzt so vieles in der Welt los ist, köstliche Dinge um leidliche Preise zu erhalten. Hierbey ist aber auch gerade der umgekehrte Fall, man kann sie nicht wie eine Partitur in die Ferne senden und seinen Genuß mit auswärtigen Freunden theilen.

[243] Mit Gelegenheit sende ich eine Partitur, die jenen Christoph Kayser zum Verfasser hat, von dem du einige Dinge kennst, besonders eine Weihnachtscantate; er war mit mir in Italien und lebt noch ein abstruses Leben in Zürich, und ich wünschte dein Urtheil über seine Art und Weise recht ausfürlich zu hören. Was ich senden werde, ist die Ouverture und der erste Act von Scherz, List und Rache, das er ganz componirt hat. Ich gedenke sein jetzt, da ich meine italiänische Reise bearbeite, und möchte gern auch über seine Kunst im Klaren seyn, wie ich es bin über seine Studien und seinen Charakter.

Kürzlich und eilig danke für die große Freude welche mir durch deine Sendung geworden ist. Es gelang mir dießmal meine wandelbare Hauscapelle recht gut zu organisiren.

Weimar d. 4. May 14.

G.


24/6816.


An Christian Gottlob Voigt

Wenn Ew. Excellenz dasjenige billigen, was mein Sohn, der Assessor, in Jena vorgenommem, und ihm fernerhin ein gleiches Vertrauen schenken wollen; so gedenke ich eine kleine Instruction zu entwerfen, worin nach Maaßgabe der Acten und meiner sonstigen Kenntniß verzeichnet wäre, was binnen hier und Johannis und von da bis Michaelis zu thun ist.

[244] Die Translocation des zoologischen Kabinetts, die neue Einrichtung des ausgedehnten mineralogischen; der Transport jener Mineralien, welche J. K. Hoheit zum Aufheben hinübergeben wollen, die Catalogirung des physikalischen Museums, sind Geschäfte, die von oben hereingeleitet werden müssen, und die man den untern Behörden nicht ganz überlassen kann. Auch muß alles dergestalt betrieben werden, daß vor Winter das Ganze in Ordnung und Färber mit der Sache vollkommen bekannt wäre.

Mich gehorsamst empfehlend

Weimar den 6. May 1814.

Goethe.


Zugleich bemerke, daß alles was in Ackten, welche der Assessor geführt, zu den unsrigen nöthig und tauglich, in diese copeylich eingeheftet werden soll.

Ferner daß zunächst einiges was den Bergrath Voigt zu Jena, nicht weniger die Amanuensen betrift vorzulegen ohnermangeln werde. Und so wird sich das Geschäft in kurzem abrunden.


Möge beykommendes Büchlein Ew. Excell. einige Unterhaltung gewähren und der Neigung gegen den Verfasser keinen Abbruch thun.

W. d. 6. May 1814.

G.[245]


24/6817.


An Carl Friedrich Zelter

Hier, mein theuerster Freund, endlich der dritte Band! Mögest du, für so viel Gutes, was ich dir dieses Jahr verdanke, darin einige Gegengabe finden. Zunächst werde ich mich noch an dem was du später und früher mitgetheilt, erquicken und dann auf's Land gehen, in der Nähe, wo eine Badeanstalt wahrscheinlich mehr der Hoffnung als der Heilung vor kurzem errichtet ist. Lebe wohl, deine Briefe richtest du hierher.

Weimar d. 7. May 1814.

G.


24/6818.


An Johann Heinrich Urlau

[Concept.]

Da nach Befehl und Anordnung des Durchlauchtigsten Erbprinzen wohl nun bald der Romstedter Grabhügel wieder angegriffen werden wird; so wollte Dieselben auf einiges, was mich besonders interessirt, hierdurch um gefällige Aufmerksamkeit ersuchen. Damit dasjenige wornach wir forschen uns auch wirklich zu Gute kommen, wäre vor allen Dingen nöthig, daß der obere Theil des Hügels, der keine Reste enthält, abgetragen würde, bis man auf die Fläche kommt, wo die Gebeine und die Urnen liegen. Auch hier wäre alle Decke sorgfältig abzuräumen, und[246] sowohl das, was auf Menschenwerke hindeutet, als auch das, was von Körpern übrig ist, mit Bedachtsamkeit herauszunehmen und zu verwahren. Die Skelette sind mein Hauptaugenmerk. Könnte ich ein ganzes erhalten, d.h. ein solches, dessen Knochen so viel als möglich vollständig wären, so wollte ich es gut honoriren. Möchten Ew. Wohlgeb. zu diesem Zweck einige Tragkörbe anschaffen, und den Arbeitern hingeben, so würde die Absicht vielleicht am ersten erfüllt. Auch wäre den Leuten zu bemerkrn, daß der kleinste Knochen, so gut als der größte, werth zu halten ist, ja daß sogar Fragmente schätzbar sind.

Um nun hierauf die Arbeiter aufmerksam zu machen, erkläre ich hierdurch, daß ich für einen vollkommenen unbeschädigten Oberschädel, der noch alle Zähne hat, zwey Kopfstücke zahle; für eine unbeschädigte Unterkinnlade, mit allen Zähnen, ein Kopfstück, und so verhältnißmäßig das Übrige nach meinem Gutdünken. Könnte man, wie gesagt, ganze Skelette mit Sorgfalt herausnehmen und die dazugehörigen Knochen, besonders, in einem Korbe, ohne sie mit andern zu vermischen; so sollte es an einem guten Douceur nicht fehlen.

Damit nun Ew. Wohlgeb. nach Ihrer Einsicht hierbey verfahren mögen, und, wie z.B. bey unversehrter Schädeln geschehen kann, den Findern sogleich das Zugesagte abreichen; so erhalten Dieselben hier[247] eine Anweisung auf 20 rh. welche der Rentamtmann Kühn sogleich auszahlen wird.

Da ich auf einige Zeit nach Berka gehe, so könnten die gefundenen Knochen demohngeachtet hierher an meinen Sohn den Assessor gesendet werden; welcher nach Befund der Sache dem Überbringer eine Anweisung gäbe, was Ew. Wohlgeb. demselben aus der kleinen Casse zahlten. Noch bemerke ich, daß besonders auf Zähne Rücksicht zu nehmen.

Alle Urnen, sie seyen ganz oder zerstückt, und überhaupt alles Menschenwerk, wird an Herrn Dr. Vulpius abgeliefert, wie denn auch die Ausgrabungskosten von dort her besorgt werden.

Verzeihen Ew. Wohlgeb. diesen etwas complicirten Auftrag; allein da mir und mehreren Naturfreunden sehr viel an solchen Überresten gelegen, welche sehr selten vorkommen, und bisher, wenn sie vorkamen, nicht beachtet worden sind; so werden Sie diese Besorgung gefällig übernehmen und sich meines schuldigen Danks versichert halten.

In den aufrichtigsten Wünschen für das Ihre und der Ihrigen Wohl.

Weimar d. 7. May 1814.


[Beilage.]

Der Rentamtmann Herr Kühn zahlt gegen diese Anweisung an Herrn Rentamtmann Urlau zu Capellendorf die Summe von 20 rh. courant, und notirt solche bis auf weiteres in Gewährschaft.[248]


24/6819.


An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra

[Concept.]

Du bist noch immer der liebe nachsichtige Freund. Auch dießmal hast du mich wieder durch deine Güte überrascht. Indeß ich fürchtete duwürdest mich mit meinen Hexenkugeln, mit meinem veralteten Petriotismus zum Henker schicken; so nimmst du den freundlichsten Antheil, und beglückst mich durch eine herrliche Sendung, die nun gar lieblich unter ihren Verwandten in meinen Schubladen glänzt, und sich in meinen Catalogen nicht wenig brüstet, da sie zur Vollständigkeit des Ganzen so viel beyträgt. Da du mir nun vollends das: sammle, sammle! zurufst, so höre ich nicht auf dich zu ersuchen und zu bitten geneigtest an mich zu denken, sowohl in diesem besondern Fache, als im Allgemeinen, dem du so löblich vorstehst. Für alles meinen treulichen und herzlichen Dank.

Hierbey denn endlich der dritte Theil, möge er zur rechten Zeit kommen, daß die liebe junge Frau sich im Wochenbette daran ergetzen könne. Gieb mir bald Nachricht, wie es dir und den lieben Deinen ergeht.

Hat man dir etwa schon einem Bade erzählt, das man zu Berka an der Ilm, 2 Stunden von hier einrichtet? Es ist hepatisches Wasser, wahrscheinlich aus den Gypsschichten erzeugt, welche unter einem[249] alten Teiche seit mehreren hundert Jahren ihr galvanisches Wesen trieben. Jetzt hat man daselbst eine kleien Anstalt gemacht, ich fürchte mehr zur Zerstreuung und Hoffnung, als zu eigentlicher Heilung; doch das ist ja auch schon was, und wo ist's denn in der Welt viel besser. Und hiermit das beste Lebewohl, ich denke auf einige Wochen hinauszugehen, man sendet mir alles hin was ankommt.

Weimar den 7. May 1814.[250]


24/6819a.


An Johann Heinrich Meyer

Es befindet sich hieselbst eine ansehnliche Sammlung von Zeichnungen, welche sich theils durch Serenissimi gnädigsten Aufwand, theils aber auch aus den Verlassenschaften der Herzogin Mutter und des Herzogs von Oels Durchl., nicht weniger des Mahler Carstens herschreiben. Solche waren in der ersten Etage des linken Flügels des Fürstenhauses aufgehängt und Herzoglicher Bibliothek zur Aufsicht übergeben. Da jedoch wegen Einrichtung des Jagemannischen Mahlzimmers das Ganze nicht beysammen bleiben konnte; so wurde es nach und nach an verschiedene Orte vertheilt.

Es befindet sich ein Theil davon noch in den Zimmern zwischen dem Hagemannischen Atelier und dem Zeichensaal, ein anderer ist zur Verzeichnung des Palais verwendet worden, ein dritter findet sich in der zweyten Etage des Fürstenhauses, in den ehemaligen Zimmern Serenissimi; der Überrest wird auf der Bibliothek aufbewahrt. Da nun bey dieser Zerstreuung so schätzbarer Kunstgegenstände leicht einiges verloren gehen, oder durch wenigstens dem Gebrauch zu Kunstübung verloren gehen könnte; so hat man, auf Anregen Ihrer Durchlaucht des Erbprinzen, ein vorläufiges Verzeichniß derjenigen Zeichnungen machen lassen, welche sich an genannten ersten drey Orten befinden.

[176] Solches ist durch den Kupferstecher Müller tabellarisch geschehen, wie die Original-Beylage ausweist. Nun bliebe noch übrig, daß die sämmtlichen Bilder numerirt würden, und zwar mit fortlaufenden Nummern; daß sodann, was das Palais und die ehemaligen Zimmer Serenissimi betrifft, Abschriften genommen, solche mit einem Abgeordneten des Hofmarschallamtes durchgegangen und den Schloßvögten auf ihre Pflicht übergeben würden.

Was die auf der Bibliothek befindlichen eingerahmten Zeichnungen betrifft, so sind diese aus der Oelsischen Verlassenschaft und nicht von solcher Bedeutung, daß sie einzeln aufgezeichnet zu werden verdient; doch hätte wohl Herr Hofrath Meyer die Gefälligkeit, eine allgemeine Übersicht davon zu nehmen und zu geben, wie es denn auch wohl bey dieser Gelegenheit der Mühe verlohnte, die in Portefeuillen und einzelnen Studienbüchern befindlichen Zeichnungen zu revidiren und dieselben wo nicht einzeln, doch Parthienweis zu bemerken, und dadurch einen specialen Catalog vorzubereiten, welchen Herr Keil, wenn er mit den Kupferstichen zu Rande, fertigen und sich dadurch neue Kenntnisse und neues Verdienst erwerben könne.

Alles dieses übergebe ich hiermit Herrn Hofrath Meyer, zu gefälliger gelegentlicher Besorgung.

Weimar den 7. May 1814.

G.[177]


24/6820.


An Friedrich Maximilian Klinger

Ihr letzter Brief vom 2. Februar ist mir geworden, so wie derjenige, womit ich die sehr schätzbaren Schriftzüge jener großen Männer erhielt, deren Mittheilung ich dankbarlichst erkenne. Allein derjenige, worin Sie mir die Ankunft meines zweyten Bandes berichten, ist mir nicht zugekommen, und ich ward daher besorgt, Sie möchten das Packet nicht erhalten haben, und wollte Ihnen denselben gegenwärtig mit dem dritten zusenden. Nun aber kommt dieser allein, und ich wünsche, daß Sie Sich in demselben freundschaftlich abgespiegelt, mit einiger Zufriedenheit erblicken möchten. Da aber erst in der Folge unser Zusammenleben und Wirken eigentlich recht angeht, so wünschte ich, daß Sie selbst hierzu mir einige Beyträge gönnten, wie schon mehrere Freunde auf[250] mein Ansuchen gethan. Denn da es mir an Documenten aus jener Zeit gar sehr fehlt, und das Gedächtniß zu den Thatsachen wohl allenfalls hinreicht, aber nicht immer uns die Eindrücke, die wir damals empfingen, wieder hervorrufen kann, wir vielmehr öfters spätere Reflexionen unterschieben, so ist es uns höchst interessant zu erfahren, wie ältere Freunde sich und uns angesehen, und was sie sich noch von jenen Epochen bewußt sind. Vielleicht ließe sich hierzu der beste Faden auffinden, wenn es Ihnen nicht zuwider wäre, mir die Reihe Ihrer Hauptwerke aufzuzählen, mir von ihrer Entstehung Bedeutendes zu vertrauen, wie ich denn, was die ersten betrifft, schon wohl unterrichtet bin. Möchten Sie mich zugleich aufmerksam auf diejenigen Schriften machen, welche ich wieder zu lesen hätte, um mich in stetiger Folge mit dem bekannt zu machen, was Ihren Wachsthum und Ihre Ausbildung am nächsten bezeichnet, so würde ich mich freuen, nach meiner Weise Ihnen ein weiteres freundschaftliches Denkmal zu erbauen. Sieht es vielleicht wunderlich aus, daß ich hierzu mir Ihre Mitwirkung erbitte; so diene mir die rauschende Zeit und der Drang des Lebens zur Entschuldigung. Es ist nicht mehr möglich, durch eigenes Studium allem denjenigen genug zu thun, was man sich vorgesetzt hat; und ich erfahre noch täglich, wie fördersam die Winke von Freunden sind, mit denen man sich, vo frühere Jugend an, hat verstehen lernen.

[251] Die harte Prüfung, die Ihnen das Geschick zugedacht, habe ich mit der innisten Theilnahme erfahren. Es ist schon schwer genug die allgemeine Weltlast mit mir zu tragen, und wo soll die Kraft dazu herkommen, wenn wir in unserm Innersten und Eigensten verletzt werden, wohin wir denn doch immer, in jedem äußersten Falle, wieder zurüchgewiesen sind.

So wie ich bisher gethan, denke ich auch zunächst mich, und was von mir übrig ist, zusammenzuhalten, und was ich mitzutheilen habe, unter der Form meines biographischen Versuches zu überliefern. Sie sehen aus dem Bisherigen, daß ich in demselbigen Sinn und Ton fortfahren kann, und daß mich, im Verlauf, mehr persönliche Verhältnisse, als die allgemeinen, hindern könnten weniger frymüthig zu seyn. Doch denke ich auch hier, was entgegensteht, dergestalt zu überwinden, daß mein Büchlein, mit der zu hoffenden, nicht allein freymüthigen sondern auch wahrhaft tüchtigen und gründlichen Epoche gleichen Schritt halte. Auch naht die Zeit heran, wo ich meine gesammelten Arbeiten auf's neue wieder herauszugeben habe. Ich werde diese Gelegenheit benutzen, manches Ältere, was bisher zurückgeblieben, wäre es auch nur um eines historischen Interesse willen, darzubringen.

Möge sich Deutschland bald beruhigen, und auf eine Weise gestalten, daß wir, nach Erfüllung so schöner Hoffnungen, uns noch endlich einmal froh wiedersehen mögen.

[252] Mich Ihrem freundschaftlichen Andenken auf's dringendste empfehlend

Weimar d. 8. May 1814.

Goethe.


24/6821.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Ew. Wohlgeboren

muß ich voe allen Dingen um Entschuldigung bitten, daß unsere Bestellungen dießmal die Kräfte der Caffe überschritten. Sollte es einigermaßen unbequem seyn, so haben Sie ja die Güte mir anzuzeigen, was ich schuldig geworden, und ich will alsobald durxch eine Anweisung die Lücke wieder ausfüllen, und mir dadurch, auf die Zukunft, bey meinem werthen Freunde und gefälligen Geschäftsträger neuen Credit verschaffen. Sodann sage meinen verbindlichsten Dank für die klare und einsichtige Darstellung der jetzigen Lage unserer Vaterstedt. Man glaubt sich schon über unerfreuliche Dinge getröstet, wenn man sie klar einsehen lernt. Freylich ist es gegenwärtig, im Ganzen wie im Einzelnen, nicht erwünscht, daß man bey den glücklichsten Erfolgen doch für die Zukunft besorgt seyn muß, und daß wir da, wo consequente Weisheit, wenigstens Klugheit herrschen sollte, der Leidenschaft und dem Zufall soviel hingegeben sehen.

Die Zeichnungen erwarte ich mit Verlangen; sie sind mir dießmal doppelt angenehm, da ich sie mit[253] meienm Freunde, dem Hofrath Meyer, genießen kann, den ich darauf schon sehr begierig gemacht habe.

Das Mißverständniß wegen Ihres Herrn Bruders mag daher entstanden seyn, daß mein würdiger alter Feund Herr von Humboldt nicht selten manche Stelle seines Briefs dem Scharfsinn des Lesers überläßt; trifft dieß nun gerad ein nomen proprium; so kann leicht eine Verwechselung statt haben.

Und nun muß ich Sie zunächst um eine abermalige Gefälligkeit bitten. Ich habe diesen Sommer keine sonderliche Neigung die böhmischen Bäder zu besuchen; wohin ich mich jedoch wenden soll, ist mir noch nicht ganz klar; möchten Sie mir aber eine Schilderung von Wiesbaden geben, und von der Lebensart daselbst, nicht weniger, was etwa eine Person mit einem Bedienten auf einen vier- odersechswöchentlichen Aufenthalt zu verwenden hätte; so würde ich es dankbar erkennen, um so mehr, als ich die Hoffnung hege, meine werthesten Freunde auch einmal wieder zu begrüßen.

Hievon bitte nichts laut werden zu lassen, indem es von gar manchen Umständen abhängt, ob ich mich losmachen, und jenen Weg einschlagen kann, der mir jedoch in so vielen Betracht höchst angenehm wäre. Von Sulpiz Boisserée habe ich einen lieben einladenden Brief, und einen schon trefflichen Probedruck der Seite des Cölner Doms. Auch dieser Unternehmung, so wie allem Guten, kann man in der[254] gegenwärtigen Epoche Glück wünschen. Mich angelegentlichst empfehlend

Weimar den 8. May 1814.

G.[255]


24/6822.


An Christian Gottlob Voigt

Bey unsern Jenaischen wissenschaftlichen Anstalten wäre nun zunächst Folgendes zu beobachten.

1) Der Ausbau des rechten Flügels des obern Stocks ist von Zeit zu Zeit in Augenschein zu nehmen, daß alles nach Vorschrift und Anschlag verfertigt werde.

2) Gar sehr wäre zu wünschen, daß die Translocation des zoologischen Kabinetts hinauf nicht tumultuarisch, wie sonst wohl manchmal geschehen, sondern nach vorgängiger Überlegung und mit gehörigem Bedacht geschehe. Wünschenswerth wäre es daß Färber diese Translocation selbst beywohnte, weil ihn dieses auf das schnellste mit den Gegenständen bekannt machen würde.

3) Eben so ist zu verfahren bey

a) Erweiterung des mineralogischen Kabinetts, vor allen Dingen ist ein Local auszuersehen, wo die von J. K. Hoheit zu Aufbewahrung hinüberbestimmten Mineralien schicklich aufgestellt werden könnten.

Deshalb ist das Maaß der Schränke hier in Weimar zu nehmen, um zu sehen welcher Raum nöthig ist. Mir scheint das schicklichste das Eckzimmer, das auf den Graben geht, wo diese Sachen allein, unvermischt und allenfalls doppelt verschlossen aufbewahrt werden könnten, da Ihro Hoheit eine strenge Conservation[178] und eine genaue unangetastete Verwahrung zur ersten Bedingung Ihrer gnädigsten Absicht gemacht.

b) Sodann würde bey den Suiten voraus zu bedenken seyn, ob man sie nicht auch in einer wahrhaft geographischen Ordnung aufstellen könnte.

c) Noch eine Betrachtung müßte unser Abgeordneter recht scharf im Auge haben: daß nämlich die Aufstellung der Thüringischen, von Bergrath Voigt in Ilmenau abgetretenen Suite genau nach dem Voigtischen Catalog geschehe, und von der Sammlung nichts, etwa unter dem Vorwande von Geringfügigkeit, ausgeschlossen und entfernt, oder wohl gar die Terminologie des Catalogs verändert werde. Diese Anordnung ist um so nöthiger, als Bergrath Voigt noch dem Vulkanischen System ergeben ist, und unser guter Lenz in seinem Wassereifer weder Maaß noch Ziel kennt, wenn er gegen jene Ketzer zu Felde ziehe.

Überhaupt müßte man, bey einem mehr hinreichenden Platz, versuchen, ob es jetzt nicht möglich sey, endlich einmal denen wiederholten Dislocationen zu steuern, welche abzustellen man bisher mehrmals vergebens versucht. Ruhige Zeiten und besserer Raum, und ein junger aufmerksamer Abgeordneter lassen die Erreichung dieses Zwecks hoffen. Man muß niemals verzweifeln, wenn man das Rechte kennt, sondern immer dessen Einführung und Erhaltung möglich glauben.

[179] 4) Was die Bibliothek betrifft, so wäre Färber darinne einzuweisen, und er könnte sich in dem Vierteljahre bis Michaelis damit möglichst bekannt machen. Aber auch hier müßte von Seiten Herzoglicher Commission auf das entschiedenste ausgesprochen werden, daß keine Dislocation weiter geschehe, weil hierdurch der Hauptzweck, daß ein Buch schnell gefunden werden könne, keineswegs zu erreichen ist, und da die Jenaische Bibliothek keinen ansehnlichen Zuwachs erhält, eine Umsetzung der Bücher, um Platz zu gewinnen, keineswegs nöthig ist.

5) Die Catalogirung der Instrumente kann Otteny sich vornehmen und Färber assistiren. Er ist als Hofmechanikus durch ein ganz artig Emolument schon verbunden, sich des physikalischen Museums anzunehmen. Man kann ihm das kleine Honorar für den Catalog wohl gönnen, weil Ordnung vielfache Frucht trägt, und so bedeutende Dinge ohne Inventar und Controle nicht ferner auf Treu und Glauben dem Verwahrenden überlassen werden können, dessen eigener Vortheil es ja ist, daß man ihn revidiren kann.

Wegen des anatomischen Museums u.s.w. behält man sich die Bemerkungen vor.

Weimar den 8. May 1814.

G.[180]


24/6823.


An Silvie von Ziegesar

In die Hausbibliotheck der lieben Freundinn und Braut empfohlen.

W. d. 8. May 1814.

Goethe.


24/6824.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

versäume nicht anzuzeigen, daß endlich, nach ernstlichen Forschungen, das Kästchen sich vorgefunden, und in meine Hände gelangt ist. Die darin enthaltenen Mineralien, sämmtlich interessant, und fast sämmtlich mir neu; mehrere hatte ich gewünscht, und durch allerley Hindernisse nicht erhalten. Besonders nenne ich hier den glasigen Feldspath vom Drachenfels, der mir um so wünschenswerther war, als ich eine Zinne vom Cölner Dom besitze, welche aus ebendemselben Gestein gebaut ist. Auch von den übrigen hätte ich manches zu gedenken, allein ich schränke mich ein auf einen allgemeinen Dank, den ich bin besondern allzu oft wiederholen müßte.

[256] Nun abermals eine Bitte, deren Erfüllung bisher mir durch mehrere Correspondenten nicht gewährt worden. In einem alten Tagebuche finde ich unter dem Artikel Regensburg bemerkt:

Ein wunderbar Gestein wird hier verarbeitet zu Werkstücken, eine Art Todtliegendes, oder vielmehr eine Breccienart, die ich für älter, ja für ursprünglich erkenne. Es ist gründlich, mit Quarz gemischt, und finden sich große Stücke des festesten Jaspis darin, in welchem wieder kleine, runde brecciirte Flecken sich befinden; so daß das Ganze sehr bedeutend und der Breccia d'Egitto ähnlich ist. Das Gestein ist sehr hart.

Hiernach hab ich mehrmals fragen lassen, aber niemand wollte etwas davon wissen. Da ich aber solche Steine durch Steinhauer öffentlich auf der Straße habe zu Werkstücken verarbeiten sehen, so kann es doch keine Seltenheit seyn. Vielleicht haben Ew. Hochwohlgeboren einen kenntnißreichen und sorgsamen Correspondenten. Durch meinen edlen Freund, von Trebra, wird meine Sammlung zur Zinn-Formation immer vollständiger. Er sandte mir nun auch eine sehr instructive Suite von Ehrenfriedersdorf. Es ist sehr auffallend, wie die Natur, auf so vielen benachbarten Puncten, bey denselben Elementen, ebendenselben Stoffen, immer mit der Form gewechselt. Es ist zwar dieses im ganzen Mineralreich zu bemerken, mir aber hier, bey dieser, auf viele Meilen disseminirten, gleichzeitigen Formation, auffallend, und bequem zu betrachten.

[257] Ich eile zu schließen, ob ich gleich noch manches auf verschiedene Ihrer gütigen Zuschriften zu erwidern hätte, und empfehle mich zu geneigtem Andenken.

gehorsamst

Weimar den 9. May 1814.

J. W. v. Goethe.


24/6825.


An Sara von Grotthuß

Unter dem 23. April sind zwey Bücher meines 3. Theils an Sie, verehrte Freundin, abgegangen. Ich hoffe sie sind glücklich angelangt, und freundlich aufgenommen worden. Hier folgen die 3 letzten, welchen ich das Gleiche wünsche. Mehr sag ich heute nicht. Ich bereite mich zu einem ländischen Aufenthalt. Einige Stunden von hier ist ein unschuldiges Bad, dessen gelinde Kraft ich an mir selbst zu erproben wünsche.

Was Sie mir hierherschreiben, erhalte ich sogleich. Tausend Lebewohl.

Weimar d. 9. May 1814.

Goethe.


24/6826.


An den Grafen Sergej Semenowitschvon Uwarow

Hochwohlgeborner

Insonders hochgeehrtester Herr!

Die Versicherung eines fortdauernden gütigen Andenkens zugleich mit einer so reichhaltigen Sendung[258] hat mich bey dem eintretenden Frühjahre gar freundlich begrüßt, und ich wünsche, daß dasjenige, was ich dargegen anbieten kann, mit Wohlwollen aufgenommem werde.

Daß der edle Moreau einen edlen Lobredner gefunden, der so wahr und zugleich gewandt und kunstreich die Verdienste des in einem so bedeutenden Moment hingerassten außerordentlichen Mannes darzustellen und uns über seinen Abschied zu beruhigen und zu trösten weiß, dieß gehört auch zu den Folgen eines thatenreichen und zugleich sittlichen Lebens, welches noch über sich selbst hinaus in den Nachkommen wirksam ist.

Mit dem Herausgeber des griechischen und übersetzten Gedichtes bin ich völlig einverstanden: denn obgleich das Leben kurz genug ist und wir schon zufrieden seyn dürfen, wenn wir uns mit den besten Werken der Alten bekannt machen und befreunden können, so ist doch für alle diejenigen, welche sich den Kunstbetrachtungen ernsthaft widmen, höchst erwünscht, wenn man ihnen Gelegenheit giebt, auch in diejenigen Zeiten zu schauen, wo zwar noch immer Geist, Leben, Leidenschaft und Talent in dem Menschen wohnen, aber nicht mehr zu einer freyen, reinen Ausbildung gelangrn können, weil gerade die trefflichsten Vorgänger den Nachfolger in Überbildung, ja Verbildung hintreiben. Auf alle Fälle stellt das hier übersetzte Werk einen kräftigen und gefühlvollen und[259] zugleich wundersam sprachgebildeten und rythmisch geübten Poeten dar. Mir und meinen Freunden hat das ganze Heft sehr angenehme Stunden gebracht.

Möge Ew. Hochwohlgeboren beykommendes Bändchens gleichfalls einige Unterhaltung geben und Ihnen gewisse Epochen der deutschen Cultur, für welche Sie sich so gründlich interessiren, vor die Seele stellen.

Ich habe bisher so manche würdige Personen aus Petersburg kennen lernen und von allen Ihr fortgesetztes Wohlbefinden und ununterbrochene Thätigkeit vernommen; besonders aber war mir erfreulich, die einstimmige Hochachtung bemerken zu können, die man Ihren Vorzügen und Verdiensten widmet. Möge doch irgend eine Veranlassung Sie bald auch einmal in unsere Gegenden führen, damit wir uns persönlich und mündlich zu denjenigen gesellen können, welche Ihnen die verdiente Verehrung zollen, welches ich denn hier schriftlich thue, indem ich die Ehre habe mich zu unterzeichnen

gehorsamst

Weimar, den 9. May 1814.

J. W. v. Goethe.


24/6827.


An Christian Gottlob Voigt

Herr Bergrath Voigt zu Jena hat mir schon seit einiger Zeit, und, wenn ich recht verstanden, Ew. Excellenz vor einigen Wochen, seine Absicht, sich[260] zu verheyrathen, erst nur im Allgemeinen, zuletzt aber bestimmter vertraut, zugleich aber den Wunsch geäußert, in dieser Angelegenheit abermals nach Franckfurt reisen zu können. In Betracht der Gunst, welche solche Ehehaften immerfort genießen, habe ich nicht geglaubt, ihn an seinem so schnell gefaßten Vorsatze hindern zu sollen. Vielmehr habe ich demselben meinen Segen auf die Reise gegeben, unter der Bedingung, daß er seinen Schritt Herzoglicher Commission anzeige, welches es denn auch, wie das Datum seines Briefes ausweiset, sogleich gethan. Das Blatt ist über die Besorgung der Färberischen Einführung bey mir ligengeblieben, deshalb ich dieses spätere Nachbringen zu entschuldigen habe. Sodann will ich noch einiges durch einen kurzen Vortrag beseitigen. Es betrifft die Präparanten-Stelle bei Döbereiner. Der vom vorigen Jahre, namens Freyberg, ein sehr armer aber, wie es scheint, sehr guter und brauchbarer Mensch, hat sich nach Döbereiners und des Cammerassessors Zeugniß, recht gut gehalten, und ob er gleich durch die Zeitumstände gehindert eigentlich nur ein halbes Jahr thätig gewesen, so dächt ich doch, man gönnte ihm die einmal bestimmten 25 Thaler, welches unserer Caffe keine Aufopferung, dem jungen Mann aber Aushülfe und Aufmunterung wäre; denn daß er brauchbar ist, ergiebt sich aus Folgendem. Um seinen Zustand zu verbessern, hat er die Famulatur bey Hofrath Stark angenommen, wo er außer einigen[261] Emolumenten, auch ohne freye Wohnung hat. Döbereiner aber möchte ihn nicht gern entbehren, und so haben sie ausgemacht, daß er sich, weil die Starkische Famulatur ihm nicht den ganzen Tag wegnimmt, theilen und zugleich die chemischen Arbeiten verrichten soll. Nun findet sich glücklicher Weise ein anderer, der auch seine halbe Zeit der Chemie widmen will; diese gedenken sich in das Honorar zu theilen, welches uns ganz recht seyn kann.

Wir werden in Jena noch öfters diese Fälle erleben, daß der Dürstige, um sich zu erhalten, zweyen Herren dienen muß. Könnten Ew. Excellenz mehrgedachtem Freyberg eine Convictorien-Stelle angedeihen lassen; so geschähe eine Wohlthat an keinem Unwürdigen. Die Resultate dieser Zwillingsfamulatur würden sich vor Michael wohl beurtheilen lassen. Freylich wäre zu wünschen, daß das so glücklich angefangene Präparaten-Kabinett immer fleißig fortgesetzt würde, weil da durch allein eine bleibende sinnliche Anschauung an die Stelle einer oft abstrusen Terminologie gesetzt werden kann.

W. d. 10. May 1814.

Goethe.


24/6828.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbey eine Sendung, die mir von Herrn Bergrath Kieser zugekommen, seinen Brief, einen[262] Aufsatz, die Kräfte des Wassers und die Bäder von St. Amand betreffend, so wie eine nähere Notiz über die Schlammbäder. Zugleich erfolgt ein Korb mit Schlamm von dorther, auch Wasser zu chemischen Untersuchungen.

Beyliegende Verordnung an den Rentamtmann Kühn verfügt die Auszahlung der 25 rh. an Freyberg. Dieser junge Mann war neulich hier und referirte, daß er die Präparantstelle in Ihrem Laboratorium künftig mit einem andern theilen werde. Haben Sie die Gefälligkeit mich hierüber aufzuklären. Herzoglicher Commossion kann es ganz angenehm seyn, wenn Sie Ihren Zweck können sich sodann in das Honorar theilen, welches auf Ew. Wohlgeboren Autorisation vierteljährig ausgezahlt werden soll.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend

ergebenst

Weimar den 11. May 1814.

Goethe.


24/6829.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren empfängt Gegenwärtiges in Jena mit dem Wunsche, daß die Reise möge zu Ihrer Zufriedenheit vollbracht seyn. Vielleicht ist in Leipzig Ihnen irgend jemand vorgekommen oder sonst bekannt, den man zu gedachter Stelle empfehlen könnte. Da[263] ich mich in das Berkaische Bad begebe, so haben Ew. Wohlgeboren die Gefälligkeit das Etwaige an Herrn Hofrath Meyer zu schreiben und zu senden, welcher von der Sache unterrichtet und dafür interessirt ist, der dieß an die Behörden sogleich bringen und auch mir davon Nachricht geben kann.

Mich bestens empfehlend und beyliegendem kleinen Blättchen Ihre gefällige Aufmerksamkeit erbittend

ergebenst

Weimar den 11. Mai 1814.

Goethe.


[Beilage.]

Der Graf Orlow Denisow, Chef des Gardekosakenregiments und Generaladjuvant Sr. Majestät des Kaisers, wünscht einen Mann, der der Erziehung seiner Kinder vorstehe. Es sind drey Söhne, wovon der ältere sieben Jahr alt. Diesen würde man also vorerst im Auge haben, sowie man denn auch schon erwachsene Kinder von Verwandten heranziehen wird. Die mathematischen, sowohl theoretischen als praktischen Wissenschaften werden vor allen Dingen gefordert und sodann alles erwartet, was zur Bildung junger Standespersonen gehört. Weil aber nicht verlangt werden kann, daß Ein Mann das alles leiste, so ist die Absicht mehrere anzustellen, welche unter seiner Leitung das Übrige, wozu er sich nicht verpflichtet, den Lehrlingen beybringen sollen. Er wird in allem freygehalten und vollkommen zur Familie gerechnet[264] und erhält außerdem noch einen ansehnlichen Jahrgehalt. Die Reisekosten werden ihm bezahlt und man ist auch geneigt eine Pension zu fixiren, welche ein solcher Mann bey seinem Abgange nach einem gewissen Verlauf von Jahren lebenslänglich erhalten soll. Der Aufenthalt der Familie ist gegenwärtig in St. Petersburg; sollte der Graf seinen Abschied nehmen – im Innnern von Rußland.

Soviel ich beurtheilen konnte, gehört dieser Herr zu den humansten und wohldenkendsten Männern; seine Gemahlin, welche bisher die Kinder unterrichtet hat, muß eine treffliche Dame seyn. Über alles dieses kann ich von Ihro Kaiserlichen Hoheit der Frau Erbprinzessin, welche sich selbst für diese Sache interessirt, nächstens das Mehrere hoffen und gleichfalls mittheilen.


24/6830.


An Carl Dietrich von Münchow

[Concept.]

[11. Mai 1814?]

Ew. Hochwohlgeboren

haben meinen Sohn durch freundliche Aufnahme und belehrende Unterhaltung sehr glücklich gemacht. Er kann sich keine erfreulichere und besser geordnete Einrichtung denken, als die Ihrer Sternwarte, und bittet um Erlaubniß seinen Besuch öfterer abstatten zu dürfen, wie ich denn selbst, sobald es nur einigermaßen möglich, mir das gleiche Vergnügen zu verschaffen hoffe.

[265] Die neue Weltschöpfung folgt hierbey. Ich bin sehr verlangend zu hören, was Siew darin der Erfahrung und der Theorie gemäß finden.

Ferner werden Sie gefällig aus der Beylage ersehen, mit welchem bedenklichem Auftrage man mich beehrt hat. Da man bey dem gewünschten Lehrer vor allen andern Dingen ein mathematisches Fundament voraussetzt, weil seine Zöglinge zum Militär bestimmt sind, so wende mich deshalb an Ew, Hochwohlgeb. ob Ihnen vielleicht ein solches Subject bekannt wäre.

Man hat mir gesagt, daß Frau von Müffling einen geschickten Mann dieser Art bisher bey ihren Kindern gehabt, welchen Dieselben wohl zu kennen und zu beurtheilen Gelegenheit gefunden. Ob er aber, wie man mir nicht ganz bestimmt gesagt, jenen Dienst zu verlassen und sich zu verändern gedenke, ist die Hauptfrage, und ob dieß mit gutem Willen seiner bisherigen Patronin geschehe, weil sich nicht geziemen würde irgend jemanden abwendig zu machen. Möchten Ew. Hochwohlgeb. mir hierüber einige Auskunft geben, eben so würden Sie auch hierdurch meine Dankbarkeit vermehren, die ich schon, wegen mancher wohlwollender Aufmerksamkeit empfinden muß.

Der ich die Ehre habe mich mit vollkommener Hochachtung zu unterzeichnen.[266]


24/6831.


An Sulpiz Boisserée

Weimar d. 12. May 1814.

Nur mit wenigem vermelde dankbar, daß der Probedruck des Doms glücklich angekommen. Hofrath Meyer, welcher schönstens grüßt, hat einige Bemerkungen aufgesetzt, die ich beylege. Die Anlage des Kupferstichs ist vortrefflich. Es kommt nunmehr drauf an, wie weit sich, bey einer so complicirten Aufgabe, die Haltung treiben läßt. Was diesen Sommer mit mir werden wird, kann ich noch nicht sagen. Sobald das sich entscheidet, zeige ich es an. Lassen Sie mich wissen, wenn Sie den Ort verändern. Finden Sie in Cöln Gelegenheit kleine römische Alterthümers anzuschaffen von Thon oder Erz, so besöndern Sie eine unschuldige Liebhaberey. Die Auslagen erstatte mit Dank. Soviel für dießmal mit dem herzlichsten Lebewohl.

G.


24/6832.


An Constanze von Fritsch

Mag meine liebe Freundinn wohl das Büchelchen von dem Scheidenden gütig annehmen und das Packet gelegentlich absenden! Möge ich Sie bald in Bercka begrüßen. Guten Rahm zum Caffee und frische Butter[267] kann ich versprechen. Leben Sie recht wohl. Mein gedenckend.

Goethe.

W. d. 12. May 1814.


24/6833.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Hier der 3. Band meines biographischen Versuchs! Ich füge nichts hinzu, als den Wunsch, daß er die Neigung zu dem Verfasser nicht vermindern möge.

Weimar d. 12. May 1814.

G.


24/6834.


An Christian Gottlob Voigt

Noch eines Umstandes habe ich zu gedenken. Magister Stimmel in Leipzig pflegte mir und dem Hofrath Meyer von Zeit zu Zeit ein Portefeuille mit Kupfern zu schicken, wovon wir uns für die beygesetzten billigen Preise einiges auslaufen und das Übrige wieder zurücksendeten.

Vor einigen Monaten verlangte ich von ihm ein ähnliches Portefeuille, er erwiderte darauf daß er noch einiges hinzulegen würde, schickte aber eine ganz disproportionirt große Sendung. Kupfer und Zeichnungen habe ich bey mir behalten, die gebundenen Bücher aber auf die Bibliothtk in Verwahrung gegeben. Es scheint als wenn Durchl. Erbprinz etwas[268] davon behalten wolle. Das Übrige kann liegen bleiben, bis Stimmel es wieder abfordert. Hofrath Meyer will die Sachen durchsehen und seine Gedanken darüber sagen, ob für Herzogliche Bibliothek darunter etwas Wünschenswerthes wäre. Mir scheint daß Stimmel, der auf dem Banquerout steht, einen Theil seines Vorraths vor den Creditoren habe retten wollen.

Weimar d. 12. May 1814.[269]


24/6834a.


An Charlotte von Schiller

Von Weimar kann ich nicht scheiden, ohne Ihnen für die freundliche Theilnahme zu dancken, die Sie an meinem dritten Theile äußerten. Doppelt giebt wer schnell giebt und nehmen Sie doppelten Danck. Das Exemplar für die liebe Erbprinzeß von Mecklenburg lege ich bey Ihnen nieder.

Möchten Sie uns in Bercka bald besuchen!

W. 12. May 1814.

Goethe.[181]


24/6835.


An Christian Gottlob Voigt

Als Ew. Excellenz gefällige Sendung gestern Abend bey mir ankam, war eben Professor Riemer bey mir und ich dictirte demselben das Anliegende, heute da ich wieder überlese, wünschte ich zwar nichts Anders zu sagen, auf eine andere Weise aber müßte es gesagt werden wenn es als communicables Votum anzusehen wäre. Da ich es aber blos als eine vertrauliche Eröffnung gegen Ew. Excellenz betrachte, so wage ich das Blatt abzuschicken, um so eher als die Sache keinen Aufschub leidet. Ich füge noch einen Gedanken hinzu. Der Fall ist schon öfters vorgekommen daß man Fürsten theils Feste, theils Denkmale votirt, welche jedoch solche abgelehnt und die Verwendung einer solchen Summe zu einer milden Stiftung gewünscht. Die Vermehrung des Fonds[269] für Waisenkinder ist wohl nie wünschenswerther gewesen wie jetzt, da so viele Eltern frühzeitig hingerafft wurden. Sollte der gute und fromme Wille der Weimarischen Bürger nicht auf diesen Gegenstand zu lenken seyn? ich wenigstens würde alsdann mit Vergnügen meinen geringen Antheil abtragen.

Vwerzeihen Ew. Excellenz daß ich vor meiner Abfahrt nach Berka nicht noch einmal persönlich aufwarte, man merkt nicht in wie vielerley Verhältnissen man steht als in dem Augenblick da man scheiden soll. Vielleicht gönnen Sie mir das Glück Sie draußen zu begrüßen, es ist eine kleine Spazierfahrt.

Weimar d. 13. May 1814.

G.


[Beilage.]

Mir sey vergönnt, gleich einem alten Facultisten das Pro und Contra der beyden Vorschläge, wie es mir in der Eile begegnet, aufzustellen.

1) Es möchte kaum zu hindern seyn, daß bey Ankunft Serenissimi irgend eine freudige Aufwallung Tages und Nachts sich hervorthäte. Jedermann wird gewiß gern Licht und Lichter, Lampen und Lämpchen anzünden, wenn man dem Tages-Einzug ein frohes Vivat entgegenrufen. Sollte aber freylich zu dem Empfang ein Triumphbogen aufgebaut und im begleitenden Sinne die Stadt auch bey Tage decorirt werden, wie früher wohl dergleichen geschehen; so dürfte leicht ein größerer Aufwand nöthig seyn, als[270] daß ihn die Wirkung belohnen möchte. Dieses Pro und Contra möchte sich dadurch zur Entscheidung neigen, daß die eigentliche Freude keine Form verlangt. Wie nun also neulich die Menschen ohne Ziel und Maaß schießen konnten; so wäre es vielleicht nicht übel, wenn man einen Jeden nach seiner Art leuchten ließe.

2) Ein dauerndes Monument betreffend, scheint mir das Contra, um kurz zu seyn, viel entschiedener: denn A) sehen Durchlaucht niemals gern, daß man in Ihre Anlagen etwas, auch wohlgemeyntes, fremdes mische; B) bin ich, wegen eines Obeliskes eigentlich ein zu perhorrescirender Votant, weil ich alle Obelisken von jeher verwünscht habe, die nicht aus Einem Granitstück gehauen waren: wie denn z.B. in Schönhof ein ungeheurer zusammengesetzter dasteht, den der abgefallne Tünch jedem ästhetischen Auge verdrießlich macht. C) Würde ich gern, sowie vieles andere geschehen lassen, daß ein solches opus publicum in Weimar auferstünde, aber Freude, Beyfall und Theilnahme könnte ich demselben nicht schenken.


Selbst auch in Absicht auf das Technische glaube ich nicht, daß Steinhauer, Fuhrleute, Maurer und alle sonst nöthige Handwerker, mit der größten Thätigkeit, hinreichend wären, ein solches Werk innerhalb vier Wochen zu Stande zu bringen.

[271] Sollte ich in dieser Angelegenheit irgend ein recht reines Botum aussprechen, so lasse man einem jeden Einzelnen, bey dieser gewiß im Allgemeinen recht frohen Angelegenheit, die Lust sich nach seiner Art zu bethun, ohne ihn zu etwas zu nöthigen, wozu er wohl beytritt, aber ohne Überzeugung daß es recht, erfreulich und dem Herren angenehm sey. Es sey mir verziehen, zu sagen: daß unser Fürst aus Paris kommt, wo er die größten Kunstherrlichkeiten der Welt gesehen hat.


24/6836.


An die Hoftheater-Commission

Meinen hochgeehrtesten Herrn Mitcommissarien bin ich vollkommen beystimmig, daß man festhalte auch in Lauchstädt Vorstellungen zu geben. Herr Haide wird sich um uns ein Verdienst erwerben, wenn er veranlaßt, daß hierüber keine Contestationen weiter entstehen, weil wir nicht nachgeben können. Was wir für Halle thun ist sehr viel, aber die kleine Seitenwirkung auf Lauchstädt haben wir das größte Recht, ja sogar Schuldigkeit uns vorzubehalten, da es höchst unklug wäre das dort stehende, mit großen Kosten erbaute, noch nicht bezahlte Haus, unnöthiger, ja frevelhafter Weise zu derelinquiren.

Mich bestens empfehlend

Berka den 13. May 1814.

Goethe.[272]


24/6837.


An Johann Heinrich Meyer

Von Ihnen, mein trefflicher Freund, wünsche ich auch wieder etwas zu hören. In Berka hier ist es so still und friedlich, als wenn seit hundert Jahren, und hundert Meilen weit kein Kriegsgetümmel existirte. Der Tag ist so lang daß er manchmal langweilig wird, und dieß wissen Sie ist der Erfindung sehr günstig. Und so bin ich denn auch mit dem Plan des kleinen Stücks bis in's Einzelne ziemlich zu Rande. Die Scene der Parzen ist besser geworden als ich sie mir anfangs dachte. Den Mechanismus mit dem Weisen und Zwirnen habe ich aufgegeben und etwas ersonnen das mehr Styl hat und die Sprechenden weniger irrt, ja vielmehr der Handlung günstig ist. Ist in den andern Dingen über die wir Abrede genommen etwas vorgefallen? Sobald die Zeichnung von Halle kommt, werde ich Sie ersuchen mit Genaßt herauszufahren, damit wir gleich alles bereden und bestimmem.

Empfehlen Sie mich Ihro Hoheit auf das angelegentlichste und schreiben mir von dem Befinden dieser verehrten und geliebten Fürstin.

Erhalten Sie mir Ihre Freundschaft und lassen Sie manchmal von sich hören.

Berka an der Ilm den 18. May 1814.

G.[273]


24/6838.


An Caroline Sartorius

[Concept.]

[Berka, 18. Mai 1814.]

Eben war ich im Begriff in einem Brief an Sie, wertheste Frau Gevatterin, die neckische Coteriesprache fortzusetzen, in der sich Ihr Herr Gemahl während dieser letzten glücklichen Tage freundlich gefallen wollte; ich dachte eben zu erzählen daß, im Reiche des Sumpfkönigs angelangt, wir eben so viel Moos und Moor angetrossen, aber eben so wenig Quellen entdecken können, daß aber doch für ohngefähr so viel Feuchtigkeit gesorgt worden, als nöthig, die köstlichen galvanischen Wirkungen zu beleben, und gerade so viel Wasser zu veredeln, als wir zu Linderung unserer Gebrechen allenfalls bedürfen; ich wollte sagen, daß die Nebelhühner sich unter Blüthenbäumen zu sonnen anfangen, welches um so nöthiger ist, als die Anmuth sympathetischer Curen keineswegs die glücklichsten Erfolge sichert; und was hatte ich nicht noch alles zu erzählen, als Ihr lieber Brief mir auf einmal allen diesen Scherz abschneidet und mich der ernstesten Ereignisse gedenken macht.

Möge Ihr liebes Kind Ihnen völlig wiedergegeben seyn, und warum kann man, wenigstens für seine Freune, nicht das Leben in einen Roman verwandeln, wo man einen Todtgeglaubten, zur großen Freude der Seinen, am Schlusse wieder auftreten läßt[274] und einen traurigen Irrthum in eine erheiternde Wahrheit verwandelt. Unsern Freund Blumenbach bedauere ich unendlich. Mögen Sie ihm mein herzliches Beyland auf die treueste und liebreichste Art zu erkennen geben! Es ist nun der dritte nahe Freund, der dieses Schicksal erfährt. Klinger und Körner verloren ihre Einzigen, und wenn man ihre Zustände bedenckt, so glaubt man kaum das Recht zu haben sich seiner Übergebliebenen zu erfreuen.

Und nun meinen schönsten Dank, daß Sie mir ein freundlich Wort über den dritten Theil sagen. Frau von Staël nennet mich: le plus insouciant de tous les hommes. Daran mag etwas wahr seyn, doch hat sie, bey allem ihrem Scharfblick, nicht bemerken können, wie werth mit der Beyfall von gefühlvollen, geistreichen Freundinnen sey.

Nun leben Sie recht wohl, und, Ihrem Gatten und Ihren Kindern zu Liebe, recht vergnügt. Glauben Sie nicht alles Böse, was er von mir sagt. Zwar wenn er erzählt daß ich gesagt habe: er solle, wenn er wiederkommt, die Frau Gevatterin nicht mitbringen; so kann ich das nicht leugnen, es haben aber diese Worte einen mystischen Sinn, und dürfen nicht nach dem Buchstaben genommen werden. Zu gleicher Zeit mit Ihrem werthen Briefe kamen auch die kostbaren Würste, und bilden gegenwärtig den wichtigsten Vorrath unserer ländischen Speisekammer. Wer sie genießt kann nicht in Abrede seyn, daß jenes[275] mesmerische Fräulein vollkommen recht hatte sich dergleichen als Universal-Mittel zu dictiren; wenn nicht Schlackwurst etwas anderes ist, welches ich denn dahingestellt seyn lasse.

Daß Sie liebe Freundinn in meinem Büchlein eine italiänische Luft empfunden, gereicht ihm zu großem Lobe, da jener himmlische Hauch, der die köstlichen Gegenstand anweht, bey Ihnen gewiß auf das lebhafteste nachklingt. Lassen Sie uns gelegentlich auch davon gefällig vernehmen.

Berka an der Ilm den 17. May 1814.


24/6839.


An die Badedirection in Halle

[Concept.]

Den von Ew. Wohlgeboren geäußerten Wunsch erfülle mit sehr vielem Vergnügen, da er mir Gelegenheit giebt, eine verjährte Schuld, die ich unserm trefflichen Reil, dem Arzt und Lehrer rückständig bin, einigermaßen abzutragen, und zugleich darzuthun wie gern ich Denenselben ezwas Gefälliges erzeigen möchte. Empfangen Sie unser Schauspiel mit dem gewöhnlichen Wohlwollen und lassen die Mitglieder desselben Theil nehmen an den glücklichen Tagen, welche Sie jetzo genießen und die Ihnen noch bevorstehen.

Ich sage nichts weiter um die begonnene Arbeit, der ich Ihren Beyfall wünsche, auch nicht einen[276] Augenblick zu unterbrechen. Mich zu geneigtem Andenken und freundlicher Theilnahme empfehlend.

Berka an der Ilm den 18. May 1814.


24/6840.


An Franz Kirms

Ew. Wohlgeboren kann ich nicht verbergen, daß der freundliche und ehrenvolle Antrag des Herrn Generaldirector Iffland mich in eine peinliche Lage versetzt. Wie gern ich Gelegenheitsgedichte bearbeite, habe ich oft gestanden und wie geschwind ich mich zu einem solchen Unternehmen entschließe, davon mag zeugen, daß ich mich so eben mit einem kleinen Vorspiel beschäftige, nach dem Wunsch der Badedirection in Halle, welche etwas Zeitgemäßes, das sich zugleich auf den verewigten Reil bezöge, vor kurzem verlangt hat.

Wie weh es mir also thun muß, eine einzige Gelegenheit, wie die, welche sich von Berlin darbietet, zu versäumen, bedarf keiner Worte. Ich habe die Sache seit vierundzwanzig Stunden, nach allen Seiten, durchgedacht und finde sie nicht ausführbar. Vier Wochen sind ein gar zu kurzer Termin; sie wären es nicht, wenn ich mich in Berlin empfände, oder wenigstens von dem dortigen Theater und den äußeren Verhältnissen früher persönliche Kenntniß genommen hätte.

[277] Die Wirkung nach Halle und in Halle wird mir leicht, es geschiehe durch unsere Schauspieler, deren Fertigkeiten ich kenne, und für die also, mit einigem Geistesaufwand, wohl solche Rollen zu schreiben sind, welche Gunst erwerben. Von Lauchstädt her läßt sich manches anknüpfen, in Halle selbst habe ich persönliche Verhältnisse, und sodann ist es wohl erlaubt, das Ganze überhaupt leichter zu nehmen.

Die Aufgabe für Berlin ist groß und ich erkenne in ihrem ganzen Werth die Ehre, die man mir erzeigt, zu glauben, daß ich sie zu lösen im Stande sey. Ich habe den großen Umfang, dere gefordert werden kann, schnell durchgedacht; aber ich darf keine Erfindung wagen ohne genugsame Zeit und hinreichende Kenntniß. Damit aber dieses nicht eine bloße Ausflucht scheine, so erbiete ich mich eine ähnliche Arbeit durchzudenken die, bey einem bevorstehenden Friedensfeste auf einem so würdigen Schauplatz, wenn sie glückt, mit Ehren erscheinen dürfte.

Hierzu aber wäre nöthig, daß der Herr Generaldirector irgend einem geistreichen Mann den Auftrag gäbe, sich mit mir in Rapport zu setzen und mich mit den Persönlichkeiten der Schauspieler und Gänger, den Rollen, worin sie am meisten gefallen und was man sonst noch für nothwendig hielte, bekannt zu machen.

Hierauf würde ich die Erfindung gründen und mich darüber, auch abwesend, mit den dortigen einsichtigen[278] Männern vorläufig berathen und so getroster an die Ausführung gehen können.

Ich bitte dieses, mit Versicherung eines aufrichtigen Dankes und wahrhafter Verehrung, dem Herrn Generaldirector mitzutheilen.

Berka an der Ilm

Ergebenst

18. May 1814.

Goethe.


24/6841.


An Carl Ludwig von Knebel

Aus meiner dießmaligen Frühlings-Einsamkeit an der Ilm darf ich nicht versäumen dir zu schreiben. Der Aufenthalt ist hier sehr angenehm, und bis jetzt äußerst stille; da ich mir mancherley zu thun vorgrnommem habe, so ist dieß mir höchst erwünscht.

Als ich die Berkaischen Steinbrücke besuchte und die Arbeiter beschäftigt fand, gedachte ich deiner Anregung: daß man Färbern ein kleines, aber artiges Denkmal setzen solle. Den Gedanken habe ich dazu, auch die Inschrift; nun fragt sich aber, was man für einen Beytrag von Freunden erwarten könnte, um es fertigen zu lassen. Transport und Aufstellung nähme wohl Herzogliche Commission über sich. Sage mir etwas hierüber; denn es wäre in jedem Sinne vortheilhaft, wenn ich das Werklein, das ich gerne zierlich und bedeutend ausbilden möchte, in meiner[279] Gegenwart könnte vollenden lassen, da es mir an Besuch und Beyhülfe von Kunstfreunden nicht fehlen wird.

Das Werk der Frau von Staël wird nun auch ganz in deinen Händen seyn; es ist sehr dankenswerth; wir Deutschen hätten uns nicht leicht selbst so ressumirt, wie es in diesem Schlegelisch-Staëlischen Werke geschieht. Freylich wenn man einen großen Theil der Epoche, von welcher die Rede ist, selbst miterlebt, und mitgewirkt hat, so glaubt man manches, wo nicht besser, doch anders zu wissen.

Über meinen dritten Theil habe ich von Freundinnen schon erheiternde und aufmunternde Äußerungen. Die Frauen sind glücklich genug, den ersten Eindrücken zu trauen und sie muthig auszusprechen.

Meine Frauenzimmer grüßen schönstens uns sind nicht ganz unvorbereitet gute Freunde zu empfangen. Zu diesem Zweck werden allerley gute Fische in Gelée aufbewahrt. Willst du dergleichen mitgenießen, so wirst du uns allen willkommen seyn.

Nun lebe wohl, grüße die Deinigen. Was du mir mittheilen willst, sende nach Weimar; es kommt mir alsobald zu Handen.

Berka an der Ilm den 18. May 1814.

G.[280]


24/6842.


An Johann Heinrich Meyer

Berka an der Ilm

am Himmelfahrtstage 1814.

Hier, mein werthester Freund, sende ich ein Blatt, welches Sie, wenn Sie sich der Sache annehmen mögen, Ihro Hoheit vorlegen können. Spielen Sie, mir zu Liebe, auch dießmal den Klosterbruder. Ich lasse gern so vieles stocken; aber dieser Fall bringt mich mit einer ganzen kleinen Stadtgemeinde in Enge und Klemme. Wenn man mir zweyhundert Thaler in die Hände giebt, so soll in vierzehn Tagen alles wenigstens schicklich seyn, dergestalt daß es jadem wohlschmecket, der guten Appetit hat, und daß der die Musik gut findet, der gerne tanzt. Besuchen Sie mich bald! in einer Stunde fahren Sie heraus, Sie finden uns immer bereit Sie auf's freundlichste zu empfangen.

Goethe.


Sachse wird den Thaler 12 gr. abholen und dagegen den Entenmann von Jena kommen lassen, den ich einstweilen bey sich aufzustellen bitte.

Genast fährt nächstens zu mir heraus, es wäre schön wenn Sie ihn begleiten möchten; so läßt sich alles wegen des kleinen Stücks verabreden und abthun. Die Zeichnung des Reilischen Gartens ist sehr gut gerathen und zu unsern Zwecken vollkommen brauchbar.[281]


[Beilage.]

Heute muß ich Sie, mein werthester Freund, wegen einer Angelegenheit, die mich einigermaßen beunruhigt, um Rath und That ersuchen; es betrifft die hiesige Badeanstalt, welche einigermaßen in Stocken gerathen ist. Von Seiten der Weimarischen Vorgesetzten zaudert man etwas dafür zu thun, ihre mir bekannten Gründe kann ich nicht tadeln, die unbekannten nicht beurtheilen. Dagegen sind die hiesigen Untergeordneten in der penlichsten Lage. Es ergehen Anfragen an sie, was man von der Anstalt zu erwarten habe, die Weimaraner kommen um sich zu erlustigen und finden alles öde, die Berkaischen haben ihre Quartiere zurecht gemacht, und möchten sie gerne vermiethet sehen.

In dieser Lage konnte ich nicht ganz unthätig bleiben. Ich habe veranlaßt daß mit wenigem etwas geschehe.

Mit wenigem, sage ich, eigentlich aber mit nichts. Denn der Badeinspector schießt das Wenige aus seinem Eignen vor, in Hoffnung sich wieder von den Sommereinkünsten des bades bezahlt zu machen.

Durchlaucht der Erbprinz haben mir so oft wiederholt, daß sie mich wegen der hiesigen Anstalten irgend einer Summe, an Ort und Stelle, sprechen wollten; es ist dieses noch nicht geschehen und möchte wohl in der gegenwärtigen Zeit, wo so manches militarische Hof- und[282] Stadt-Hinderniß eintritt, sobald nicht geschehen, indessen verfließt der kurze Zeitraum, in welchem noch etwas zu thun ist, und die, in manchem Betracht, nützliche und angenehme Anstalt läuft Gefahr gleich im zweyten Jahre ihren Credit zu verlieren.

Ohngeachtet aller dieser Betrachtung mag ich mich doch nicht zudringen und Durchlaucht den Erbprinz nicht unmittelbar angehen. Möchten Sie sondiren, wie unsere verehrte und geliebte Hoheit über diese Sache denkt und ob durch Ihre Vermittelung irgend eine kleine Summe zu erhalten seyn möchte. Ich möchte dieser trefflichen Dame auch gern die Förderung dieser einmal angefangenen Sache verdanken. Meine Absichten sind dießmal die allerreinsten. Die Anlage ist ohne mein Zuthun, ja, wie sie steht, gegen meine Überzeugung gemacht; allein sie ist einmal da, sie hat Geld gekostet und bringt eine, diesem kleinen Orte, der durch denKrieg so viel gelitten hat, höchst förderliche Bewegung hervor. Was bisher geschehen, sehe ich als geworfene Würfel im Brettspiel an, wie sie liegen, kann ich nicht ändern, aber wie die Steine zu setzen sind, hierüber muß ich meinen Witz befragen. So viel, mein Bester, zum besten Gebrauch. Um's Geheimniß bitte ich vor allem; denn es stehet geschrieben: thuet das Gute, aber mit Furcht und Zittern.

Berka an der Ilm

am Himmelfahrts-Tage 1814.

Goethe.[283]


24/6843.


An Franz Kirms

Haben Ew. Wohlgeboren etwa schon, nach dem Inhalte meines gestrigen Briefes, Herrn Generaldirector Iffland mein Zweifeln und Zaudern gemeldet; so haben Sie die Güte, dem verehrten Mann baldigst anzuzeigen, daß mir sein Antrag allzu schmeichelhaft gewesen, als daß ich nicht hätte alle meine Kräfte hervorrufen und einen Versuch machen sollen, wie sein Verlangen zu erfüllen wäre. Nun ist mir ein Gedanke beygegangen, der mir der Ausführung nicht umwerth scheint. In einigen Tagen soll der Entwurf abgehen; wird er gebilligt, so können Kleider, Decorationen, Instrumentalmusik, durchaus vorbereitet werden. Die Gesänge schicke ich zuerst, sodann den Dialog. Da alles was zu sprechen ist, unter viele Personen vertheilt wird, so macht sich keine Rolle stark, sie sind alle Tage zu lernen. Mehr sage ich nicht. Wäre meine gestrige Erklärung schon abgegangen, so bitte von der gegenwärtigen eiligen Gebrauch zu machen. Mich zu geneigtem Andenken empfehlend

Berka an der Ilm

ergebenst

den 20. May 1814.

Goethe.[284]


24/6844.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

sende das mir Anvertraute mit dem größten Danke sogleich zurück, möge alles gut gelingen. Warum sollte der Zufall nicht auch einmal günstig seyn, da wir durch verständige und redliche Bemühungen nicht immer die Gunst der Menschen erwerbrnkönnen. Das Vergangene und Gegenwärtige durchzudenken werde ich auf die sonderbarste Weise veranlaßt; der Generaldirector Iffland verlangt von mir ein Vorspiel zur Feyer der königlichen Wiederkunft. Es will sich nicht recht ziemen es abzuschlagen und doch ist es eine bedenkliche Aufgabe, man muß indessen sehen was allenfalls zu thun ist.

Von der Wirkung des Bades kann ich nicht Gutes genug sagen, ich werde es mit aller Aufmerksamkeit brauchen, denn es wäre höchst merkwürdig, wenn man zu seinen Zwecken gelangen könnte ohne gerade die weite Welt zu suchen. Mich zu freundschaftlichen Andenken empfehlend, den Wunsch hinzufügend, daß Sie uns, an einem schönen Tage, besuchen mögen

Berka an der Ilm den 22. May 1814.

Goethe.[285]


24/6844a.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Sie erhalten hier, werthester Herr Doctor, den Urlauischen Brief zurück; fahren Sie fort Aufmerksamkeit auf dieses Geschäft zu haben.

Von den gebundenen Kunst- und Kupferwerken wünscht Stimmel die beyliegendem Blatte angezeichneten wieder zurück, ich glaube nicht daß wir Ansprüche darauf machen. Schicken Sie ihm solche durch einen Fuhrmann in eine Kiste wohl eingepackt frachtfrey zurück.

Weiter wüßte ich nichts zu sagen als daß ich wohl zu leben wünsche.

Berka an der Ilm den 22. May 1814.

G.[181]


24/6845.


An Carl Ludwig von Knebel

Wenn ich, mein lieber Freund, dir dießmal einen ganz armen Teufel nicht empfehle, sondern nur bitte, daß du ihn anhörst, ihm ein Stücklein Brot und ein Glas Wein zur Erquickung reichst; so wirst du verzeihen. Thue mir zunächst das Gleiche. Er ist ein Wittenberger und nach dem dortigen großen Unglück und mancherley Schicksalen von unverständigen Gönnern nach Weimar gewiesen, als wenn wir noch die Alten wären. Nun konnte ich nichts thun, als ihn seinem Vaterlande näher bringen. Gieb ihm ein gutes Wort und, wenn du kannst, einen guten Rath. Lebe recht wohl, besuche mich in Berka. Das Ich ist dießmal in ziemlich guten Umständen und würde wie eine epikurische Gottheit leben, wenn nicht das Nicht-Ich mit Anmuth und Unmuth mich in meine Einsamkeit verfolgte. Ich habe beynahe so viel Händel auf dem Halse, von guter und schlechter Sorte, als der Marschall von Bassompierre, welcher einer Tochter aus großem Hause ein Kind gemacht hatte, eine sehr gefährliche Ehrensache ausbaden sollte und zugleich im Fall war, von seinen Creditoren in den Schuldthurm gefühlt zu werden. Dieses alles hat er, wie er schreibt, durch die Gnade Gott, vergnüglich überstanden, und so hoff ich, soll es mir auch ergehen.[286] Lebe wohl und besuche mich, ob ich gleich dir weder Sinica noch Japonica vorzusetzen habe.

Berka an der Ilm den 23. May 1814.

G.


24/6846.


An August Wilhelm Iffland

Aus ein paar Blättern, welche Herr Geheime Hofrath Kirms übersendet, haben Sie, verehrter Mann, gesehen, daß Ihr freundlichere und ehrenvoller Antrag mich erst erschreckt, dann aber aufgeregt hat. Hiebey folgt nun das versprochene Programm zu dem Vorspiel, über welches ich mir Ihren einsichtigen Rath erbitte. Findet es Beyfall, so können Decorationen, Kleider und Instrumentalmusik einstweilen besorgt werden. Die chöre sende zunächst, wie ich denn den ersten, für die Krieger, schon beylege. Der Dialog folgt sodann, wo nicht auf einmal doch zheilweise, und so hoffe ich, soll alles zur rechten Zeit beysammen seyn. Mehr sage ich nicht, damit diese Sendung sogleich abgehen könne. Nehmen Sie meinen Dank für das mir erwiesene Vertrauen und erhalten mir Ihre Gewogenheit. Mit der aufrichtigsten Hochachtung

Berka an der Ilm

ergebenst

den 24. May 1814.

Goethe.[287]


24/6847.


An Polzelli

[Berka, 24. Mai 1814.]

Auf die an mich, mein wertester Herr Musikdirector, gerichtete Frage verfehle nicht zu erwidern, daß, indem ich den Dialog von Claudine rhythmisch behandelte, allerdings meine Absicht gewesen, dem Componisten Gelegenheit zu geben, nach italiänischer Weise recitativisch zu verfahren. Vielleicht möchte jedoch, wenn dieses Ihre Absicht ist, der Dialog hie und da zu verkürzen und nur das beyzuhalten seyn, was zum Verständniß der Handlung nöthig ist und zugleich der Musik Vortheile bietet; welches ein einsichtiger Componist am besten beurtheilen kann. Ich wünsche Glück zu Ihrem Unternehmen und hoffe, mich in der Folge selbst daran zu vergnügen.

J. W. v. Goethe.


24/6848.


An Johann Heinrich Meyer

Sie erhalten abermals, werthester Freund, einen Auftrag, dessen Sie sich gefällig unterziehen werden. Beyliegendes Blatt bringt eine Angelegenheit zur Sprache, wovon Ihro Hoheit vollkommen unterrichtet sind. Vernehmen Sie die Willensmeynung dieser vortrefflichen Fürstin. Lindner war ihr früher selbst empfohlen, sie hat ihn gesprochen uns sonst Kenntniß von ihm. Was man damals gegen ihn einwendete,[288] scheint mir jetzt, bey der allgemeinen Amnestie, nicht von Bedeutung. Was den Credit betrifft, wegen des Reisegeldes, so würde ich ihn ohne Bedenken selbst machen; aber weder das Verhältniß meiner Caffe, noch meine Relationen zu auswärtigen Bankiers geben mir hierzu Kräfte und Mittel. Am leichtesten wäre es, wenn man Herrn Frege in Leipzig eine Assignation an den Grafen Orlow auf die zu bestimmende Summe schickte; Frege dagegen Lindnern das Reisegeld theils auszahlte, theils unterwegs assignirte. Wenigstens ist man so verfahren mit dem Reisegeld der Professoren, die nach Charkow gingen. Freylich war für jene das Geld schon in Leipzig niedergelegt. Hierüber giebt ja Herr Rath Völkel auch wohl Auskunft, der aller dieser Sachen kundig ist. Um Verzeichung und geneigtes Andenken bittet

Berka an der Ilm den 24. May 1814.

G.


24/6849.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Graf Orlow-Denisow hat mich erst mündlich, nachher in einem schriftlichen Promemoria ersucht, ihm einen Mann zu verschaffen, wecher von gesetzten Jahren wäre und dabey in Wissenschaften und Sprachen dergestalt unterrichtet, daß er die Erziehung der drey gräflichen Knaben übernehmen, sie zum Theil selbst unterrichten, und wenn andere Lehrer anzustellen[289] wären, diese dirigiren könnte. Die Bedingungen sind ansehnlich, und da sie bekannt geworden, hat sich unter andern Professor Lindner gemeldet.

Ich wäre nicht abgeneigt, diesem Manne die Stelle zu gönnen, wenn solches mit Höchster Genehmigung geschähe. Er ist 1772 geboren, producirt sich gut, ist im Französischen gewandt, hat sich in allen Wissenschaften umgesehen, schon einigemal der Erziehung junger Cavaliere vorgestanden und sich auch in Geschäften gewandt und thätig erwiesen. Was mir abern noch außer diesem zu seinen Gunsten zu sprechen scheint, ist, daß er aus Curland gebürtig, an Sitten und Lebensweise jener Gegend gewöhnt und eben im Begriff ist nach Hause abzureisen. Sollte man daher von einer oder der andern Seite sich nicht zufrieden finden; so wäre die Trennung leicht, indem Lindner sich von Petersburg nur auf Mitau zurückzoge. Er ist zwar verheirathet, jedoch kinderlos. Dieses hat aber, nach der ausdrücklichen Äußerung des Herrn Grafen, nichts zu sagen, vielmehr ist es angenehm.

Es käme nun darauf an, ob Ihro Kaiserliche Hoheit diesen Gründen Ihren Beyfall gäben, und es fragte sich alsdann, was man ihm an Reisegeld zahlte oder unterwegs anwiese; worüber Herr Rath Völkel wohl die beste Auskunft geben könnte. Da ich gegen den Herrn Grafen dieses Umstands erwähnte, so sagte er gleichsam scherzend: Ihro Hoheit würden ihm wohl[290] so viel Creditmachen. Wie nun hiebey zu verfahren, wünschte ich auch gnädiste Äußerung.

Ich bringe die Sache gegenwärtig zur Sprache, weil der Graf dringend Beschleunigung verlangte und keine weitere Anfrage erwartete, sondern alles in unsre Hände legte, auch Lindner selbst von hier bald abzugehen wünscht.

Wie es beschlossen, so könnte man dem Grafen vorläufig schreiben, welches ich besorgen wollte, so wie auch dasjenige was Lindner zu seiner Empfehlung und Einführung bedürfen möchte.

Um gnädigste Vergebung dieser Zudringlichkeit bittend

Berka an der Ilm

Goethe.

den 24. May 1814.[291]


24/6849a.


An Anton Genast

Indem ich Ihnen, mein werthester Herr Genast, die Partitur und den Vers zum letzten Chor übersende; so ersuche ich Sie, mir das Kotzebuesche Stück, worin Herr von Langsalm vorkommt, ingleichen die beyden Klingsberge und die Jäger zu schicken, da ich diese Stücke zu meiner Arbeit für Halle nöthig habe.

Mit den besten Wünschen

Berka an den Ilm d. 24. May 1814.

Goethe.[39]


24/6850.


An Caroline von Wolzogen?

[Berka, 28. Mai 1814?]

Indem ich Ihnen, verehrte Feundinn, für jene Warnung dancke; so wünschte ich daß Sie nun auch Vermittlerinn würden. Empfehlen Sie mich Durchl. der Herzoginn zu Gnaden und Stellen Höchstderselben vor daß mein Sohn von Serenissimo nicht freygegeben worden, vielmehr als Ordonanz bey Durchl. dem Prinzen angestellt geblieben, daß er Seinen Dienst pünctlich verrichtet und sich nur zuletzt auf des Prinzen ausdrücklichen Befehl die Uniform machen[291] lassen, also nichts verschuldet und wohl hoffen darf daß man sich seiner annehme und den Cameraden und ehemaligen Jugend Freunden das eigentliche Verhältniß deutlich mache und sie versöhne. Die Herren von Voigt und Gersdorf würden gewiß hiezu behülfliche Hand leisten und durch Einsicht und Klugheit die Sache beylegen.

Ganz der Ihrige

Goethe.


24/6851.


An Friedrich Theodor von Müller

Da ich das Glück habe Ew. Hochwohlgeboren so nahe zu besitzen; so bitte beyliegendes Blatt zu lesen, mir darüber Ihre gütige Meynung zu sagen, vielleicht auch ein kurzes schriftliches Votum beyzulegen, daß ich solches mit dem Inliegenden an Herrn Geheime Rath von Voigt schicken könnte. Zu Mittag hoffe ich Sie freundlich zu begrüßen.

Berka den 29. May 1814.

Goethe.


24/6852.


An Johann Cornelius Rudolf Ridel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

vermelde mit Bedauern, daß ich Herrn Professor Lindner, gewisser Umstände halber, nicht einmal das[292] gestern zugedachte Empfehlungsschreiben nach Hause mitgeben kann; ich habe mir vielmehr vorgenommen den Herrn Grafen zu ersuchen, daß er mich von dem gegebenen Auftrage gefällig entbinden möge. Es ist bey geringer Hoffnung auf einigen Lohn, und wenn es nur Dank wäre, gar zu großes Risico. Für den gestrigen Besuch und zutrauliche Eröffnung schönstens dankend, bitte ich in einem freundschaftlichen Andenken zu behalten. Den Besuch bitte bald zu wiederholen und das Vertrauen mir brüderlich zu bewahren.

Berka an der Ilm den 30. May 1814.


24/6853.


An Friedrich Ludwig Lindner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

zu Gunsten hätte gewünscht, da Geschäft, wie ich früher eineige Hoffnung gemacht, wirklich abzuschließen; allein ich sehe mich, durch entscheidende Umstände, leider bewogen, den Herrn Grafen zu bitten, daß er mich des zutraulichen Auftrags, dessen er mich gewürdigt, wieder entbinden möge, indem sichso manche Bedenklichkeiten zeigen, die, wenn man sie auch noch so lange hin und her überlegt, doch zuletzt keinen entscheidenden Entschluß gewähren. Der ich das Beste wünsche und mit Beylage sämmtlicher communicirten[293] Papiere die Ehre habe, mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen.

Berka an der Ilm den 30. May 1814.


24/6854.


An Johann Heinrich Meyer

Tausend Dank, mein Werthester, für biherige Assistenz. Ich höre das Beste von unseren Decorationen. Nun aber eine abermalige Bitte: wir haben doch unsere Dämonen im Don Juan nach einem Muster auf einer antiken Vase in dem Millinischen Werke verfertigt. Mögen Sie mir ein paar solcher Teufelchen, die im Gegensatz von Genien, Camillen, Knaben aus der Zauberflöte ahndungsvoll und prächtig ausgestattet wären, erfinden, redigiren und sich selbst einander wieder entgegensetzen, so geschähe mir ein großer Dienst; Gold und selbst Juwelen müßten nicht gesparrt seyn. Verzeihen Sie, aber es ist ein sehr wichtiger Punct in meiner Arbeit für Berlin. Eine ungeheuere Last, die ich mir aufgelegt habe, sie wird aber auch abgesetzt werden um wie gewöhnlich neue Lasten aufzuhocken.

Die besten Wünsche.

Berka an der Ilm den 30. May 1814.

G.


Wenn Gescheute nicht antwortet, ist's auch eine Antwort. Auf mein letztes Promemoria erhielt ich keine Nachricht; ich habe daher den Empfohlnen und[294] zugleich die Sache selbst aufgegeben. Ein Schreiben an des Herrn Grafen Orlow Excellenz, worin ich bitte mich des gegebenen Auftrags gütigst zu entledigen, wird ehestens ausgefertiget. Bitte gehörigen Ortes gelegentlich etwas bekannt werden zu lassen. Verzeihung.


24/6855.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Mai 1814.]

Könnten wir heute Abend

Was wir bringen, Fortsetzung

zusammen durchgehen, wäre sehr gefördert.

G.


24/6856.


An Georg Sartorius


»Der Herzog vermuthet den Hofr. Sartorius noch bey Ihnen, und giebt mir einen Auftrag an ihn den Sie ihm mittheilen werden. Er schätzt den Hofr. Sartorius und achtet sehr hoch seine verständige Ansichten und wünscht daß dieser, bey dem bevorstehenden großen Moment, ihm und dem deutschen Vaterlande mit seinen tiefen Einsichten beystehn möchte.

Der Herzog schlägt ihm vor einen unbedingten Urlaub zu nehmen und mit Graf Edling und Herrn von Gersdorf nach Wien zu reisen. Graf Edling wird in diesen Tagen ankommen und denn in zehen Tagen abreisen.«


So lautet, mein theuerster, ein Billet Durchl. der Herzoginn. Schnüren Sie also Ihr Bündel, kommen[295] baldmöglichst. Sagen Sie mir aber vorher durch Staffete, daß und wann Sie kommen. Der Herzog zahlt alles. Ich stecke in Berka. Kommen Sie in Weimar an, so zeigen Sie Sich der Fürstin und den Mandarinen.

Ihren ersten Brief erhielt ich. Gott befohlen.

Berka an der Ilm d. 5. Juni 1814.

G.


24/6857.


An die Herzogin Louise

[Concept.]

[Berka, 5. Juni 1814.]

Ew. Durchlaucht

vergönnen im Gefolg meines gestrigen kurzen Schreibens Folgendes unterthänigst zu bemerken.

Mit der sogleich abgesendeten Staffette habe ich den Hofrath Sartorius dringend eingeladen baldmöglichst hier anzukommen und mir wann er eintreffen könnte durch Staffette anzuzeigen. Nun muß er freylich Urlaub in Hannover nehmen, welches seine Herreise einigermaßen retardiren könnte. Da man aber auch hierüber aufgeklärt wird, so kann wohl die Abreise der Weimarischen Geschäftsmänner darnach näher bestimmt werden.

Erlauben mir ferner Ew. Durchlaucht Überlegung und Entschluß, ob ich ihn, wenn er später ankommt und allein reist, begleite, oder ob ich die Reise nach Baden mir vorbehalten? Die doppelte Einladung[296] meines gnädigsten Herrn bestätigt mir auf's neue seine Gunst und Gnade. Sehr glücklich wird es mich machen diesen trefflichen Fürsten, dem ich mit eben so viel Überzeugung als Neigung mein Leben gewidmet habe, wäre es auch nur auf kurze Tage in seiner Residenz zu verehren. Sartorius wäre auf alle Fälle eine treffliche Acquisition, seine großen Kenntnisse und seine freye Übersicht wirken gar glücklich mit einander und die seinem Mannsalter beywohnende Thätigkeit ist so gemäßigt als rastlos; ich habe ihn bey seinem letzten Aufenthalt immer mehr schätzen lernen.


24/6858.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Berka an der Ilm d. 9. Juni 1814.

Es waren wohl sehr fruchtbringende Tage, die wir zusammen zubrachten. Haben Sie Dank für so gute Assistenz ohne die ich mich in der größten Verlegenheit befunden hätte. Ich muß aber Ihren Beystand nochmals anrufen, denn Epimenides naht sich seinem Erwachen. Das Stück ist so gut wie fertig, aber freylich die letzte Hand anzulegen wage ich kaum allein; ich stehe noch zu nahe daran. Könnten Sie daher Sonntags mit den Frauenzimmern herauskommen, so würde ich dadurch sehr gefördert seyn; zu Beschleunigung aber sende die zweyte Abtheilung, die nun zusammenhängt, zu gefälliger Durchsicht und[297] einstweiliger Interpunction, die ich theils ganz weggelassen theils nur mit Bleystift angegeben habe.

Die mit Bleystift geschriebenen Anmerkungen sind vorerst nur zur allgemeinen Notiz. Ich kann hoffen daß bis Sie herauskommen auch der Anfang fertig sey und Sie alsdann alles mit hinein nehmen um durch irgend eine leserliche Hand die Abschrift machen zu lassen. Sobald dieses fertig ist, wollte ich sie Iffland durch eine Estaffette schicken um mich also auch von dieser Schuld zu erledigen. Leben Sie recht wohl.

G.


24/6859.


An die Herzogin Louise

[Concept.]

Ew. Durchlaucht.

danke zuvörderst unterthänigst für die gnädigen Mittheilungen. Die Worte Napoleons sind merkwürdig genug, er legt sich die entgegengesetztesten Eigenschaften bey. Die Liebe zum Wunderbaren gehört eigentlich dem Poeten und die Lust Schwierigkeiten zu überwinden dem Mathematiker.

Wegen Hofrath Sartorius bin ich völlig von Ew. Durchlaucht Überzeugung. Es kann dem Hannövrischen Ministerium nur angenehm seyn, seinen Geschäftsträger so bald und in solchen Verhältnissen in Wien zu wissen. Ich füge nur noch meinen[298] unterthänigsten Dank hinzu, daß Höchstdieselben seine Aufnahme gnädigst begünstigen wollen.

Berka an der Ilm d. 9. Juni 1814.


24/6860.


An August Wilhelm Iffland

Vor allen Dingen muß ich Ihnen, verehrter Mann, den Aufrichtigsten Dank abstatten, daß Sie mir Gelegenheit geben, und zwar eine so würdige, der Nation auszudrücken, wie ich Leid und Freude mit ihr empfunden habe und empfinde. Wenn dieses zuvörderst vor Ihrem Könige, Seinen höchsten Gästen und den werthen Berlinern, unter denen ich soviel Gönner und Freunde zähle, geschieht; so ist es ein unerwartetes Glück. Möge der Beyfall, den Sie dem Entwurf gegönnt, auch der Ausführung zu Theil werden.

Denen Herren Uhden, Weber, Burnat, und wer sonst sich meiner erinnert, und an diesem Vorhaben theilnehmen mag, empfehlen Sie mich schönstens, und erhalten mir ein freundliches, zutrauliches Andenken.

Berka an der Ilm

wahrhaft ergeben

d. 15. Juny 1814.

Goethe.[299]


24/6861.


An den Prinzen Friedrich von Sachsen-Gotha

[Concept.]

[Berka, 20. Juni 1814.]

Ew. Durchlaucht.

verzeihen gnädigst meine verspätete Antwort, wenn ich gleich die Gründe die mich entscguldigen würden gegenwärtig nicht beyfüge. Höchstdieselben kennen meine lebenslängliche Abhängigkeit zu gut, als daß Sie mein Zaudern ungnädig aufnehmen sollten.

Und doch muß ich etwas sagen, das mir zu Statten kommt. Es schmerzt mich immer das Zutrauen zu sehen, womot man mich und unser Theater beehrt und wo ich so oft in dem Falle bin es ablehnen zu müssen. Gegenwärtig sind wir hinreichend besetzt, der Sommer ist da, unsere Schauspieler gehen in wenig Tagen nach Halle wo keine neuen Stücke einstudirt werden, wie denn überhaupt nur zu Michael bey uns eingetreten werden kann, wenn sich nicht Stellen erledigen, deren Termin in andere Quartale fällt.

Gedenken Ew. Durchlaucht mein und der Meinigen in Gnaden. Die Frauenzimmer bereitet sich zu einer Reise nach Carlsbad und freuen sich unendlich, Ew. Durchlaucht dort zu verehren, wozu der gute Cesaris Hoffnung macht. Ich für meine Person bin ungewiß was ich thun soll, wünsche mir aber die Gewißheit Eurer Durchlaucht Gnade.

Berka an der Ilm den 5. Juni 1814.[300]


24/6862.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Ew. Wohlgebornen

danke zum schönsten für die ausfürliche Nachricht wegen Wiesbaden. Der Wunsch meine lieben Landsleute einmal wieder zu besuchen veranlaßte mich zu dem Gedanken in der Nähe der Vaterstadt einen Theil des Sommers zuzubringen, allein die Ärzte sind nicht mit mir einig und wollen mich wieder in die böhmischen Bäder schicken, die mir freylich mehrere Jahre sehr wohl bekommen sind.

Und wenn ich aufrichtig seyn soll, so hat Ihre treue Schilderung des dortigen Zustandes meine früheren Erfahrungen daselbst wieder geweckt und mir in Erinnerung gebracht, welche Leiden ich dort bey großer Hitze in den Badehäusern, Bädern, Gasthöfen und so weiter erduldet und wie ich mehr wie einmal deshalb in die Gebirge geflüchtet.

Lassen Sie mich also die Hoffnung nähern, daß ich diesen Herbst nach vollendeter Cur auf kurze Zeit meinen Besuch abstatte, vielleicht giebt es alsdann in der Nähe einen ländlichen Ort, wo ich mit meinen werthesten Freunden zusammen leben und ihnen für so viel Güte Dank sagen kann.

Sobald Sie irgend einer Summe für meine Caffe bedürfen, bitte mir es anzuzeigen, eine Anweisung soll sogleich erfolgen. Das herzlichste Lebewohl.

[301] Die Zeichnungen sind angekommen und haben auf's neue unsre Bewunderung erregt. Die Kupfer haben mir viel Vergnügen gemacht, ich danke herzlich für die gefällige Besorgung. Mit Herrn Silberberg werde ich mich, sobald man einigermaßen zur Euhe kommt, in nähere Verbindung setzen. Den werthen Ihreigen mich auf's angelegentlichste empfehlend.

Vorstehendes liegt schon mehrere Tage und so kann ich nun melden daß Herr Reimer angekommen und mir durch seine Unterhaltung und die Zeichnungen viel Vergnügen gemacht hat.

Nächstens mehr!

Ich bin diese Tage durch eine allzukühn übernommene Arbeit so festgehalten, daß ich mich nicht umsehen kann.

Das Beste wünschend

Berka d. 20. Jun. 1814.

Goethe.


24/6863.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Berka, 21. Juni 1814.]

Was die kleinen Gedichte zu des Herzogs Ankunft betrifft, so wollte ich Ihnen gleich einen schönen Anlaß andeuten. Wenn Sie nämlich die Sternbilder wählten. Hier liegt ein unendlicher Reichthum; ich würde gleich den Löwen, die Jungfrau und die Wage vorausgehen lassen; im Juli kommt der Herzog zurück, im August ist der Congreß, im September des Herzogs Geburtstag und wahrscheinliche[302] Wiederkunft. Aus dem Zodiac würde ich weiter keine Bilder nehmen, allein von den übrigen Sternenbildern die schönsten und edelsten. Secretiren wir den Vorschlag, daß er Ihnen nicht weggenommen wird.

Die Namen der sämmtlichen Dichter erbitte mir zu meinen Acten. Ich habe übrigens eine Menge Einfälle um der Sache Mannigfaltigkeit, ja Reichthum zu geben. Horchen Sie bey andeern, damit man sich in einander findet und schickt.

Den Damen, die mich gestern besuchten, schlug ich vor sich zu associiren, so daß diejenigen, die nicht an jene anschlössen, die am Wege ligen und gemeinschaftlich etwas zu Beredendes ausführten. Frau v. Schardt und Egloffstein sind es wohl zufrieden und wollen sich noch mit andern bereden.

G.


24/6854.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Sie erhalten, mein werthester Herr Professor, hierbey die erste Abschrift des Epimenides, zugleich auch die Acten worin sich das Programm befindet. Mögen Sie wohl beyyde gegen einander halten und überlegen, inwiefern man ein Exemplar für den Druck daraus redigirte.

Noch eine andere Überlegung aber gebe ich Ihnen anheim. Bey flüchtiger Durchsicht des Programms bemerke ich, daß ich manche Motive die es nicht enthält bey der Ausführung gefunden und gebraucht,[303] andere aber fallen lassen. Wollten Sie bedenken, ob man vielleicht von den letzteren einige noch aufnähme z.B. daß man die Ergebung des Epimenides in den Willen der Götter und seinen Abschied von der Welt etwas umständlicher behandelte. Hierbey aber habe ich nur, wie bey andern ähnlichen Stellen, das Bedenken, daß das Stück ohnehin schon stark aufgequollen uns man alle Ursache vo vorn herein die Exposition und die Entreen der Dämonen laconisch zu halten, weil es sich hinterwärts ohnehin weiter ausspinnt, besonders wenn die Mädchen kommen, wie denn auch schon der Dämon der List nicht kurz abgethan werden konnte. Übersehen Sie das mit Freyerm Blick als mir jetzt möglich ist.

Die raschen Wendungen und der Laconismus der Zauberflöte sind in dem gegenwärtigen Falle sehr nachahmungswerth, auch habe ich sie vor Augen gehabt, doch neigt sich meine Art und Weise immer zur Ausführlichkeit.

B. D. 21. Jun. 1814.

G.


Was die für Berlin abzuschreibenden Stellen betrifft, welche in dem dorthin abgesendeten Exemplar als Lücken geblieben, bemerke ich vorläufig Folgendes. Ich habe, der mehreren Deutlichkeit willen, von vorn herein das Manuscript foliirt.

1 und 2 haben sie dort,

2b und 3 wäre abzuschreiben.

[304] 4 und 5, obgleich ein Theil davon schon in Berlin ist, könnte des Contextes wegen gleichfalls abgeschrieben werden.

6 bis 10 aber fiele weg.

11 und 12 würde wieder abgeschrieben.

Von da an war in jenem Manuscript keine Lücke mehr. Jedoch braucht man sich mit dieser Abschrift nicht zu eilen, es ist Zeit bis wir uns gesprochen und mündlich berathen haben; soviel nur vorläufig.

Berka an der Ilm den 21. Juni 1814.

G.


24/6865.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Haben Sie die Gefälligkeit, mein lieber Herr Professor, bey Herrn Frommann anzufragen, ob er mit Anfang Juli den Druck der italiänischer Reise beginnen könne; alles bleibt dabey wie bey der Biographie.

Ich dächte wir machten es uns bequemer, corrigirten das erste Concept recht sauber ohne es wieder abschreiben zu lassen. Die Setzer müssen sich in noch ganz andere Manuscripte finden. Mögen Sie sich einrichten mit meiner Frau herauszufahren, so können wir uns den Sonnteg früh an das Geschäft machen und es wenigstens vorkosten, so daß ich wieder in Gang komme. Von Carlsbad an bis zur Abreise von Venedig ist auf Weniges alles[305] in Ordnung, so daß wir schon auf acht Wochen Manuscript haben.

Mit den besten Wünschen

Berka an der Ilm den 23. Juni 1814.

G.


24/6866.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

verzeihen, wenn ich so lange eine Antwort schuldig geblieben; ich habe die letzten vier Wochen in großem Drange und mancherley Unruhe verlebt; jetzt eile ich, wegen jenes Freundes, der seinen Zustand zu verändern denkt, Folgendes zu äußern.

Die Hoffnung in unseren Gegenden angestellt zu werden dürfte man nicht aufgeben, nur möchte der Zeitpunkt der Erfüllung noch nicht gekommen seyn; unser gnädigster Herr ist noch nicht von der Armee zurück und wird sich bey seiner Durchreise nach Wien nur wenig Tage hier aufhalten. Sind jene großen Angelegenheiten entschieden, läßt sich der neue Zustand übersehen, dann würde ich jenem Freunde rathen sich persönlich darzustellen und vielleicht ergäbe sich alsdann ein günstiger Erfolg.

Soviel habe ich vorläufig melden, mich wegen der Versäumniß nochmals entschuldigen und mich zu geneigtem Andenken empfehlen sollen.

Weimar den 1. July

gehorsamst

1814.

J. W. v. Goethe.[306]


24/6867.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

haben mir durch den ausfürlichen und höchst interessanten Bericht sehr viel Vergnügen gemacht. Es war in dem vergangenen Jahre schon ein großes Verdienst, wenn man das Vorhandene erhalten und sich zu einiger Thätigkeit bestimmen konnte. Ich hoffe es soll besser werden und die den Künsten und Wissenschaften so nöthige Ruhe bald wieder zu uns kehren. Unsere gnädigsten Herrschaften werden die bisherige Aufmerksamkeit auf unsere Jenaischen Anstalten gewiß fortsetzen und was ich zu Ew. Wohlgeboren Zufriedenheit bereiten kann werde ich als eine angenehme Pflicht ansehen. Mögen Sie sich unter der Hand erkundigen, was man für einen Preis auf die benannten Häuser setzt? so käme man dadurch dem Zweck etwas näher.

Mein siebenwöchentlicher Aufenthalt in Berka hat unsere früheren Überzeugungen gleichfalls bey mir bestätigt, und ich habe leider nur allzuoft bedauern müssen, daß die Grundsätze, nach denen das Bad angelegt worden, keineswegs mit der Natur übereinstimmen, ja daß man sich eine weitere Ausbreitung und Benutzung einer so merkwürdigen Naturanlage durchaus erschwert, wo nicht gar unmöglich gemacht hat.

[307] Da man sehr vielen Gyps in der Nähe hat, sollte es nicht, wie ich schon einmal vorschlug, räthlich seyn denselbigen gemahlen auf die Oberfläche der Wiesen unter dem Vorwande als wenn man die Erzeugung des Klees befördern wollte auszustreuen; Gypswasser würde alsdann erzeugt, das sich, nach Ihren schönen Erfahrungen, vielleicht zerfetzte und den Schwefelgehalt des Schichtwassers vermehrte. Daß ein elektrisch-chemischer Proceß fortwährend vorgehe, um diese Schwefelwasser unter der Oberfläche zu erzeugen, ist auch daraus ersichtlich daß die atmosphärischen Veränderungen großen Einfluß auf den Gehalt haben; bey androhendem Gewitter, und also bey dem Falle des Quecksilbers, ist der Gehalt viel stärker; an einem solchen Morgen konnten es die Leute für Schwefelgeruch in der Küche kaum aushalten, auch mir war es im Bade sehr auffallend.

Mich ganz zu geneigtem Andenken empfehlend

ergebenst

Weimar d. 2 Jul. 1814.

Goethe.


24/6868.


An Carl Friedrich Wilhelm Duncker

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

Wunsch gemäß, habe den hinterlassenen Aufsatz ausgefüllt und unterzeichnet, ich genehmige denselben in[308] allen Hauptpuncten, nur zu dem am Schlusse Hinzugefügten kann ich mich nicht verstehen, um so weniger als mir der darin erwähnte Fall gar nicht denkbar ist. Mit nächster Post soll der Anfang des Manuscripts abgehen, damit Sie den Druck beginnen können. Das Übrige sende baldmöglichst, das dem Herrn Capellmeister Weber Zugesagte soll alsdann auch erfolgen! Ich wünsche daß Sie beyderseits Ihres hiesigen Aufenthalts mit Zufriedenheit und Vergnügen gedenken mögen, und empfehle mich geneigtem Andenken.

Weimar den 5. July 1814.


24/6869.


An Carl Friedrich Wilhelm Duncker

[Concept.]

Dieselben erhalten hierbey den Anfang des Festspieles, die Fortsetzung und der Schluß werden nächstens erfolgen. Ihr Anerbieten deer Vierzig Louisd'or acceptire hiermit und verspreche daß vor Jubilate 1815 keine weitere Ausgabe durch mich veranstaltet werden soll; ich wünsche zu hören, daß Sie glücklich nach Hause gekommen und sich Ihres hiesigen Aufenthalts mit Vergnügen erinnern. Einige Bemerkungen habe ich auf dem zweyten Blatte hinzugefügt. Beyliegendes Blatt bitte Herrn Capellmeister Weber zu übergeben.

Weimar d. 7. July 1814.


[309] Bemerkungen.

1) Die Auftritte werden nicht wie im Manuscript geschehen mit arabischen Zahlen sondern ausgeschrieben gedruckt:

nicht 1 Auftritt

sondern Erster Auftritt.

2) Zum Titelkupfer würde ich die Minerva in drohender Stellung vorschlagend.

Titel und Personen kommt nach.


24/6870.


An Carl Liebich

Für den an mich ergangenen sehr ehrenvollen Antrag hab ich alle Ursache meinen lebhaftesten Dank abzutragen, wobey mir sehr angenehm ist, daß ich Ihren Wünschen, wo nicht unmittelbar doch mittelbar, entgegenzukommen im Stande bin.

Es ist nähmlich vor einigen Monaten die angesehene Generaldirection des Berliner Theaters von mir ein Festspiel verlangt zur Feyer der Ankunft ihres Königs und seiner höchsten Gäste. Ich habe diese Gelegenheit benutzt, um alles zur Sprache und zur Darstellung zu bringen, was in den Gemüthern seit so vielen Jahren vorging, und was sich nun in diesen letzten Zeiten so glücklich entfaltet hat. Mein Bemühen nichts zurückzulassen, was man fordern[310] und erwarten könnte, hat jenes Stück zu einer solchen Vollständigkeit gebracht, daß ich, wenn ich ein neues fertigen sollte, mich nur wiederholen müßte. Mein stiller Wunsch, diese Arbeit nicht nur für Berlin, sondern für das ganze Vaterland, nicht nur für den Augenblick, sondern auch für die Zukunft unternommen zu haben, scheint sich durch Ihren Antrag der Erfüllung zu nähern.

Jenes Drama ist dergestalt eingerichtet, daß ganz reine Recitation, Recitation mit melodramatischer Begleitung, Recitativ, Cavatine, Arie, Duett, Terzett und Chor mit einander abwechseln, so daß die vorzüglichsten Schauspieler sowohl als die Sänger darin ihre Talente entwickeln können.

Herr Capellmeister Weber arbeitet an der dazu nöthigen Composition, welche, nach denen mir bekannt gewordenen Musterstücken, von großer und schöner Wirkung seyn muß.

Das Stück wird gleich nach der Aufführung gedruckt erscheinen, und Sie werden alsdann selbst urtheilen ob es werth sey ein Secularstück zu werden, und ob es Ihren Wünschen entspreche.

Haben Sie alsdann die Güte mir ganz offen Ihre Meinung zu sagen, und erhalten mir bis dahin Ihr freundliches Andenken.

Weimar d. 6. Jily 1814.

Goethe.[311]


24/6871.


An Sara von Grotthuß

Ihr lieber theilnehmender Brief, verehrte Freundin, ist mir kurz nach Herrn Liebichs zutraulichem Schreiben übergeben worden. Auch Ihnen danke ich für das Vertrauen, das Sie zu mir hegen. Um Ihnen nun zugleich die Lage in der ich mich befinde bekannt tu machen, folgt hier eine Abschrift der Antwort an Herrn Liebich, worüber ich mir, wenn das Stück, wie ich hoffen, Anfangs Augusts in Ihren Händen ist, Ihre freundschaftlichen Gedanken erbitte.


Hier, verehrte Freundin, was ich in Erwiderung Ihres theilnehmenden Schreibens geschwind absenden will. Daß ich so lange geschwiegen und nicht für den gefühlvollen und einsichtigen Brief über meinen dritten Theil geantwortet, werden Sie mir gewiß verzeihen, wenn Sie bedenken, daß Vorgemeldetes alles in sechs Wochen, unter mancher Äußern Unruhe, fertig werden mußte. Möchten Sie das Werklein bey seiner Erscheinung mit Gunst aufnehmen. Tausend Lebewohl.

Weimar den 7. July 1814.

Goethe.


24/6872.


An Carl Ludwig von Knebel

In diesen Tagen, in welchen ich mehr als billig beschäftigt war, hoffte ich immer auch etwas von[312] unsern werthen Jenensern, besonders aber von dir, mein trefflicher Freund, zu hören und zu erhalten. Aufgefordert und unaufgefordert strömen Gedichte herbey, worunter sich recht artige befinden. Ich übernahm mit Riemern die Redaction, Bertuch den Druck; sie sollen nicht einzeln und verzettelt uberreicht werden, sondern ein Bändchen ausmachen, das wir nicht übel zu gestalten hoffen. Gieb uns auch einen Beytrag und veranlasse die Freunde. Da wir noch etwas Zeit haben (denn der Herzog kommt schwerlich in der Nächsten Woche) so bitte ich um so mehr darum. Mein Festspiel für Berlin ist, Gott sey Dank, fertig; es hat mir zuletzt die meiste Qual gemacht: denn bis so ein gebornes Kind getauft wird, ist der Umständlichkeiten kein Ende. Und so lebe zum schönsten wohl.

d. 9. Julius 1814.

G.


24/6873.


An Carl Friedrich Wilhelm Duncker

Sie erhalten hier, mein werthester Herr Duncker, den Schluß des Festspiels nsbst dem Titel; ich wünsche, daß es glücklich ankommen möge so wie daß Sie fortfahren sich wohl zu befinden und meiner zu gedenken.

Inliegendes bitte Herrn Capellmeister Weber zu übergeben.

Weimar d. 12. July 1814.

Goethe.[313]


24/6874.


An Bernhard Anselm Weber

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht die Abschrift eines Briefes aus Prag und meiner darauf ertheilten Antwort zu übersenden, damit, wenn irgend etwas diese Sache betreffend an Dieselben seyen.

Mit dem Wunsch, daß Sie glücklich nach Hause gekommen, wie in Überzeugung, daß unser Geschäft einen glücklichen Fortgang nehme, empfehle ich mich bestens, und bitte mich Herrn General-Director Iffland, nicht weniger Herrn Staats-Rath Uhden und sonstigen Freunden gefällig in Erinnerung zu bringen.

Weimar d. 12. July 1814.


24/6875.


An Franz Kirms

Mögen Ew. Wohlgeboren den Versuch machen, ob die Schauspieler von der Kriegsabgabe zu befreyen sind, so bitte die Gründe deshalb, insofern man sie aussprechen kann, zusammenzustellen. Sollte man damit nicht durchkommen, so müßten wir selbst nach dem 16.§ des Regulativs zur Bestreitung des Kriegs-Aufwandes[314] und zwar dessen erstem Punct die Berechnung machen und in folle offeriren und zahlen, es wird so gar viel nicht betragen, und wir könnten wohl unbedenklich der Gesellschaft damit eine kleine Artigkeit erweisen. Ich würde für dieses letztere stimmen, doch wäre vorher die Berechnung zu fertigen. Ich bemerke noch, daß dasjenige was auswärts eingenommen und ausgegeben wird gar nicht in Berechnung kommen kann, da es kein inländisches Diensteinkommen ist.

Weimar d. 13. July 1814.

G.


24/6876.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeb.

haben die Gefälligkeit mir über nachstehende Frage einige Auskunft zu geben. – Im 4. Stück des Naturforschers fol. 198 und folgende ist eines Patellits erwähnt, welcher Herrn Diaconus Schröter aus der Weimarischen Gegend zugekommen seyn soll, sie ist auch auf Tab. III. fig. 4. abgebildet. Der Verfasser erklärt sie selbst für ein unicum und er mag darin nicht unrecht haben, denn uns ist keine Patelle in der hiesigen Gegend vorgekommen. Sagen Ew. Wohlgeb. mir, was Sie von solchen Naturerzeugnissen wissen und was für Patellen und aus welchen Gegenden sich im Herzogl. Kabinett befinden, so werden Sie[315] mir dadurch eine besondere Gefälligkeit erzeigen, wofür ich bald persönlich zu danken hoffe. Unter den besten Wünschen

Weimar d. 13. July 1814.

Goethe.


24/6877.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren sage den verbindlichsten Dank für das gefällig Besorgte und Gesendete. Die große Unruhe, in der wir leben, erlaubt mir nur die wenigen Worte zu Begleitung des Beykommenden, dessen wohl auch gefällig in Ihren Blättern zu gedenken wäre.

Ergebenst

Weimar den 16. Juli 1814.

Goethe.


24/6878.


An Christian Gottlob Voigt

[18. Juli 1814.]

Dem guten Keil, der Sich bisher ganz lobenswürdig benommen hat, ist wohl eine Verbesserung zu gönnen, die er auswärts eher als bey uns finden wird. An seine Stelle empfehle Ew. Excell. Prof. Riemer. Die Bibliothecks Geschäfte werden Sie wohl mit seinen gegenwärtigen verbinden lassen, seine Kenntnisse qualificiren ihn dazu und ich wünschte[316] gar sehr ihn fester an uns zu knüpfen und ihn für auswärtige Versuchungen zu wahren. Unzielsetzlich.

Die Inschrift wird besorgt. Der Foliant danckbar und aufmercksam betrachtet.

Gehorsamst

G.


24/6879.


An Adolf Heinrich Friedrichvon Schlichtegroll

Wohlgeborner

Insonders hochgeehrtester Herr!

Ew. Wohlgebornen freundliche Zuschrift sowohl als der beygeschlossene Brief einer verdienstvollen Künstlerin hat bey mir manche bedauerliche Betrachtung rege gemacht. Wie gern möchte ich das Gute, was sich auf unserm Theater nach und nach hervorgethan, besonders bey jetzt eintretenden hoffnungsvollen Zeiten, nicht allein erhalten, sondern auch weiter ausbreiten; das erste ist wohl möglich, weil sich gerade die Verdienste unserer Schauspieler in einem kleinen Kreise, unabhängig von einem großen Publicum entwickelt haben, und so fortentwickeln; das andere aber wird gerade durch die günstige Beschränktheit weniger thulich. Bey uns kann nur eine kleine Anzahl Talente neben einander bestehen; denn da wir nur dreymal in der Woche spielen, so ist für mehrere sich öfter zu beklagen, daß sie nicht genug beschäftigt sind.

[317] Besonders aber ist das Verhältniß, in welchem Ihre Künstlerin zu stehen wünscht, nicht wohl einzuleiten, indem, wenn man ihr auch Rollen zutheilen wollte, man bey ihrem Abgange sich in der doppelt unangenehmen Lage sähe, dieselben wieder erledigt, und die Schauspielerinnren, die darauf Anspruch machen könnten, übel disponirt zu finden. Von schon besetzten Rollen könnte ohnehin bey dem längern Aufenthalte eines so werthen gastes die Rede nicht seyn.

Alle diese Betrachtungen mache ich ungern, allein je mehr ich unsere Lage überdenke, je weniger weiß ich diese Zweifel zu beseitigen, ob mich gleich das große Zutrauen des jungen Frauenzimmers rühret und mich beschämen würde, wenn ich mir nicht bewußt wäre, mit aller Treue und festen Grundsätzen so viele Jahre dieser Anstalt unter mancherley Unbilden vorgestanden zu haben.

Die Übersendung des Vorstehenden ist leider sehr lange verzögert worden. Ich werde an meine Pflicht erinnert in dem Augenblick, da ich von Weimar scheide, um nach Frankfurt und Wiesbaden zu gehen. Wenn ich schließlich versichere, daß Freund Meyer noch ganz entzückt ist von seinem Münchner Aufenthalt, und daß ich durch seine Erzählungen in die größte Ungeduld versetzt worden, jene Freunde, Schätze und Anstalten selbst zu besuchen, so werden Sie mir gewiß Glauben beymessen. Ebenso bitte überzeugt[318] zu seyn, daß ich mich mit Untheil und vorzüglicher Hochachtung jederzeit Ihres frühern Wohlwollens erinnere und dessen Fortsetzung aufrichtig wünsche.

ergebenst

Weimar den 24. July 1814.

Goethe.


24/6880.


An Johann Friedrich Cotta

Seitdem ich das Vergnügen gehabt, Ew. Wohlgeb. in dem stillen Berka zu begrüßen, ist mir der Aufenthalt daselbst keineswegs so ruhig geblieben, wie ich wohl hätte wünschen mögen, denn das projectirte Vorspiel für Halle war noch nicht fertig, als ich mich verführen ließ ein Festspiel für Berlin zu unternehmen, welches bey Ankunft des Königs und seiner höchsten und hohen Gäste aufgeführt werden soll. Dieses hat mich auf 8 Wochen beschäftigt und mir um so viel Zeit mehr geraubt als Herr Capellmeister Weber von Berlin ankam, um sich mit mir über die Composition und Aufführung zu berathen. Zu gleicher Zeit und kurz darauf erfreuten mich Herr Geheimrath Wolf und Prof. Zelter durch ihre Gegenwart, und nun trat die Erwartung ein, daß Durchl. Herzog bald zurückkommen würde, wo denn auch für feyerlichen Empfang hiesigen Orts zu sorgen war, hierauf ist denn abermals die Zeit verwendet worden, so daß ich kaum zu mir selbst gekommen bin.

[319] An der Redaction und Correctur meiner Werke ward jedoch fleißig fortgefahren, und da manches neu hinzugekommen, so wird von dem früher übersandten Plan hie und da abgewichen, welches jedoch der Sammlung, bey vermehrtem Gehalt, nur vortheilhafter ist. Zu Michael könnten allenfalls die ersten 6 Bände für den Druck übersendet weren. Ich bin geneigt Ew. Wohlgeb. den Verlag des Ganzen von Ostern 1815 abermals auf sieben Jahre zu überlassen, haben Sie die Güte mir deshalb Ihre Gesinnungen und Vorschläge zu eröffnen.

Die italiänische Reise war schon in dem ersten Frühjahr glücklicherweise so weit vorgerückt, daß alle diese Ereignisse ihr keinen wesentlichen Schaden gebracht haben. Ich werde ihr den Rest dieses Sommers widmen, und sobald ich im September wieder nach Hause komme, kann der Druck angefangen werden und ununterbrochen fortgehen.

Das Vorspiel für Halle wird soeben abgeschrieben und dem Gegenwärtigen bald nachfolgen. Können Sie es zum Schlusse des Damencalenders brauchen, so steht es zu Diensten, für das Morgenblatt wär es zu lang, doch wird nichts dagegen zu erinnern seyn, wenn Sie die Scene der Parzen darin abdrucken wollen. Ein Gedicht, was sich auf die Erbprinzessin von Mecklenburg bezieht, hoffe auch noch im Laufe des Monats abzusenden.

[320] Ich bereite mich in ein Bad zu reisen, und bin noch zweifelhaft wohin. Die Ärzte sind nicht einig unter sich, und ich nicht mit mir selbst, soviel sehe ich aber voraus, daß mein Weg mich nicht in Ihre Nähe führen wird. Sobald ich entschieden bin, erhalten Sie davon einige Nachricht. Der ich mich unter den aufrichtigsten Wünschen bestens empfohlen wissen möchte.

ergebenst

Weimar d. 19. July 1814.

Goethe.


Unsre Berechnung möchte durch meine letzten Assignationen auf Leipzig nunmehr wohl saldirt seyn. Sie erlauben, daß ich mich Ihres geneigten Anerbietens eines weiteren Credits auch fernerhin bediene.

Mich angelegentlich empfehlend

Goethe.


Seidem Vorstehendes geschrieben worden hat sich manches in meinen Zuständen und Entschlüssen verändert. Gegenwärtig kann das Vorspiel mitsenden und vermelden daß ich einigen Tagen nach Wisbaden abgehe und also doch Ihnen soviel näher rücke. Von dort erhalten Sie Nachricht.

Mich bestens empfehlend

W. d. 24. Jul. 1814.

Goethe.[321]


24/6881.


An Christian August Vulpius

[Concept.]

Wegen der Stimmelischen Sendung bemerke vor meiner Abreise Folgendes.

Es befindet dieselbige nunmehr ganz auf Herzoglicher Bibliothek; die gebundenen Kupferbücher nach dem Verzeichniß, bis auf die Brüssler Galerie von Teniers herausgegeben, die ich zurückgenommen. Auch hat man auf Herrn Stimmels Verlangen ihm einiges nach Veerzeichniß zurückgesendet. Sodann vier Portefeuilles Zeichnungen, ein Portefeuille Kupfer, arabische Manuscripte, acht an der Zahl, und 1 Chinesisches, sämmtlich versiegelt; alles bleibt auf Herzoglicher Bibliothek liegen, es müßte denn Stimmel das Ganze oder einiges davon namentlich wiederverlangen.

Was ich aus den Zeichnungen abermals herausgenommen, besagt beyliegendes Blatt, dieses kann ihm alsdann mitgeschickt werden, und ich berechne mich mit ihm bey meiner Zurückkunft.

Weimar d. 24. July 1814.


25/6882.


An Christiane von Goethe

Juli. 1814.

Zuvörderst also muß ich die charmante Person Loben, welche mich das Fahrhäuschen zu betreten bewog, bey der großen Hitze, dem Staub und dergleichen wäre ich sonst vergangen.

Den 25ten schrieb ich viele Gedichte an Hafis, die meisten gut. Mittags Gotha im Mohren wars behäglich. Herrn und Frau von Franckenberg hatte unterwegs besucht. Um sechs Uhr in Eisenach, vom Schloss-Voigt wohl empfangen, regalirte mich Selbst mit einer Kaltschaale, deren Ingredienzen jedem Reisenden empfehle. Die Herren v. Göchhausen und v. Egloffstein besuchten mich.

Den 26ten fünf Uhr von Eisenach. Herrlicher Duftmorgen um die Wartburg. Köstlicher Tag überhaupt. In Hünfeld fand ich Jahrmarkt und bemerkte einige Späse. Um 6 Uhr im Posthaus zu Fuld. Lies mir erzählen und erquickte mich. Magister Petri vom Gymnasium suchte mich auf. Den Tag über hatte ich weniger Gedichte geschrieben und sehr wenige gut.

[1] Den 27ten verließ ich Fulda, beym heitersten Himmel, von der Höhe betrachtet ich noch das herrliche Pfaffenthal, das, zu seinem Schaden, jetzt niemanden angehört. Bey Neuhof reifes Korn. Zwischen Schlüchtern und Saalmünster Flachs und Hanfbrechen durch Städtchen und Dörfer, Haus an Haus. Der erste Storch auf der Wiese und erstes Kornerndten. Weiter nach Gelenhausen zu. Vor diesem Orte Weinberge, sodann dies alte Gehocke, das schrecklicher, nach den letzten Leiden, aussieht als je. Ich besuchte die Burg Kayser Friedrich des Rothbarts. Eine höchste Merkwürdigkeit. Ruine, theilweise noch gut zu erkennen, von festem Sandstein. Säulenknäuse und Wandzierrathen wie von gestern. Würde aber engsinnig, Zierlust ohne Begriff von Verhältnissen. So möcht ich im kurzen das Ganze characterisiren. Um sieben in Hanau.

Jene Burg liegt eine viertelstunde von Gelnhausen; was man so nennt ist eigentlich eine Insel, von lebendigem Wasser umflossen. Der alte Kayserliche Pallast nimmt nur einen Theil davon ein. Der übrige Raum ist mir meist schlechten, theils einfallenden, von Juden bewohnten Häussern besetzt. Denn hier ist ein Asyl. Die Insel war nie der Stadt unterworfen, sondern an die Burg Friedberg gekommen. Zeichnete jemand im rechten Sinne die Reste des Pallastes; so gäbe es ein höchst interessantes Blatt. Vielleicht ists Herrn Hundeshagen gelungen, der jetzt in Wisbaden angestellt ist.

[2] Mein Weg zu und von der Burg, in der grösten Hitze, setzte mich ins Wasser, ich musste mich umkleiden und war sehr zufrieden als ich in Hanau ankam, wo ich mich wiederherstellte.

Geh.Rath Leonhard ist nicht hier. Bruder und Factor haben mir viel gezeigt. August wäre erschrocken wenn er den Vorrath Versteinerungen gesehen hätte, der daliegen muß wenn die Sammlungen eingerichtet werden sollen. Von jeder Sorte centnerweis, und was im losen Gestein gesessen, einzeln abgesondert und gewaschen. Ganze Schubladen voll Turbiniten pp wie bey Conditorn die Macronen und gebackne Mandeln. August thut sehr übel wenn er sich nicht mit dieser Firma in Connexion setzt. Sie erwarten aus Paris eine Sendung, wer weiß wo alles her und sie werden uns in jedem Betracht begünstigen.

Grüsset Ulinen und Riemer, saget Meyer vom Kayser-Pallaste. Es ist eine Hitze von der ich keinen Begriff mehr hatte.

NB. 1. heut früh sechse war ich auf dem Thurn. Es ist eine Weite und Schöne des Thals an die man sich auch erst wieder gewöhnen muss.

NB. 2. Der Plan zur Oper der Löwenstul ist gestern zu Stande gekommen und heute abgeschrieben.

NB. 3. und das angenehmste. Schwalbacher Wasser soll von Frankf. abgehen es ist ein Himmelstrank.

Hanau [28. Juli] 1814.

G.[3]


Und nun, nach Werners Beyspiel, an der Seite ein Lob der Gemüse. Wirsching und Kohlrabi wie ich sie in vielen Jahren nicht gegessen. Nun steht meine ganze Hoffnung auf Artischocken:

Ein Liebchen ist der Zeitvertreib, auf den ich jetzt mich spitze,

Sie hat einen gar so schlanken Leib und trägt eine Stachelmütze.


25/6883.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

bin ich doch, nach manchem Zaudern und Schwanken, um soviel näher. Heute Abend gehe ich auf Wisbaden, Briefe gelangen zu mir sicher durch Herrn Doctor und Director Schlosser. Diesem habe eine Assignation auf Eintausend Gulden Rheinisch eingehändigt, welche zu honoriren bitte.

Wäre die Jahreszeit nicht so weit vorgeruckt, so sähen Sie mich statt dieser Zeilen in Ihrer Nähe.

Mich bestens empfehlend

ergebenst

Francfurt d. 29. Juli 1814.

Goethe.[4]


25/6883a.


An Johann Friedrich Cotta

Herr Doctor Cotta in Stuttgart blieben an Herrn Doctor und Director Schlosser zu Frankfurt am Mayn, oder Ordre, gegen diese meine Assignation die Summe von Eintausend Gulden Rheinisch gefällig auszahlen, und mir solche in Rechnung stellen zu lassen.

Frankfurt am Mayn den 29. Juli 1814.

J. W. v. Goethe.[182]


25/6884.


An Christiane von Goethe

[Frankfurt, den 29.] Juli [1814.]

Also fuhr ich zu Frankfurt ein, Freytag Abends, den 28ten, die Stadt war illuminirt und ich, wie[4] Fritz Frommann, nicht wenig über diese Attention betroffen. Allein meine Bescheidenheit fand einen Schlupfwinkel, indem der König von Preussen, gleichfalls incognito angekommen war Ich bedankte mich daher nicht und ging, auf Carlen gestützt, durch die erhellte Stadt hin und her. Wo die Lampen nicht leuchteten schien der Mond desto heller. Auf der Brücke verwunderte ich mich über die neuen Gebäude und konnte überall wohl bemerken was sich verschlimmert hatte, was bestand und was neu heraufgekommen war. Zuletzt ging ich an unserm alten Hause vorbey. Die Haus Uhr schlug drinne. Es war ein sehr bekannter Ton, denn der Nachfolger im Hausbesitz hatte sie in der Auction gekauft und sie am alten Platze stehen lassen. Gar vieles war in der Stadt unverändert geblieben.

Heut d. 29ten früh ging ich zum Bockenheimer Thor hinaus und freute mich über die neuentstandene Welt. Erst ging ich links, dann rechts und ans Eschenheimer Thor. Die Anlagen sind gut und schön.

Sodann zu Schlossers, wo mich Frau Schöff, nach der Erkennung, freundlichst bewillkommte. Christian war lieb und gut und verständig. Köstliche alte Kupfer sah ich da, und manches neuere und Gute. Der Ältere Bruder kam auch und viel wurde geschwatzt.

Willemer ist auf der Mühle, Riesen konnt ich, der Hitze wegen, nicht aufsuchen. Zwey dreymal des Tages[5] kleid ich mich um und weis im Zimmer kaum wohin. Ich hoffe diesen seltsamen Zustand gewohnt zu werden. Ich hoffe diesen seltsamen Zustand gewohnt zu werden. Zur Nachtzeit will ich auf Wisbaden, der Mondschein begünstigt mich.

Dir. Schlosser spedirt das Schwalbacher wasser nach Eisenach, an Burgemeister Selzer. Jetzt ein Lebewohl im Schweiß meines Angesichts und Körpers.

G.


25/6885.


An Christiane von Goethe

Wisbaden also d. 1. Aug. 1814. Die Bewegung einer glücklichen Reise, die überwarme Jahrszeit, das erquickliche Schwalbacher Wasser, und die wenigen warmen Bäder wirken schon gut auf mein ganzes Wesen daß ich mir das Beste verspreche. Solchen Anfang und solche Hoffnungen braucht es aber auch daß ich den hiesigen Aufenthalt erträglich finde, wo alles zusammenkommt was ich hasse und noch drüber. Nächstens sende eine Litaney und ihr werdet mich bedauern. Doch zu Steuer der Steuer der Wahrheit Sey gesagt: eigentlich ist die Schuld mir beyzumessen, der ich die Güter und Gaben, die solch eine Gegend, solch ein Zustand darbietet, nicht mehr genießen kann. Denn euch andern lebenslustigen Hasenfüsen wäre hier das köstlichste Gastmal bereitet. Vier Chausseen, die von Hügeln und Bergen in die Tiefe führen wo der Ort liegt, Stieben den ganzen Tag von zu- und abfahrenden, von[6] Lust- und Spazierfahrenden. Da solls nach Maynz, Biebrich, Ellfeld, Schlangenbad Schwalbach und wohin alles. Da liegen für Fusgänger verfallne Schlösser, mit Erfrischungs Örtern, im nächsten Gebirg. Da, und so weiter! Zelter, ein furchtbarer Fuswandrer, hat das alles schon durchstrichen, als Liebhaber von allen Sorten Erheiterung, das alles schon durchfahren, durchtruncken [darüber: -gessen] und will ich soll das auch thun. Ich hoffe die Lust dazu soll kommen, er muß sich meinetwegen nicht binden, einige Stunden des Tags mit ihm sind mir die größte Erquickung, das übrige theilt sich ein.

Hundeshagen wird mir zu viel Freude und Nutzen seyn. Er ist viel besser als das was er zu Markte bringt. Und das geht ganz natürlich zu. In der Gegenwart erkennt man sein redliches Streben, den Reichthum seiner Erwerbnisse, aber um alles dies zusammenhänglich, anschaulich mitzutheilen, fehlt ihm dass er den Stoff nicht ganz durchdringt und nicht Herr der Form ist, daher erscheint auf den Blättern Übertriebenheit und Leerheit, die Seiner Unterhaltung keineswegs vorzuwerfen sind. Über Gelnhausen hat er mir die schönsten Dinge gesagt. Auf meiner Rückreise hoff ich das mit Augen zu sehen. Er scheint die Zeiten critisch zu sondern und, da er von der Technic ausgeht, das wachsende derselben sehr schön und einsichtig auszulegen.

[7] Riemer und Mayer werden sich an dieser Stelle erfreuen.

Auch geologisches und sonst noch manches alterthümliche Gute erwartet mich.

Für die Haasen aber ist hier ein Saal gebaut, welcher den Weimarischen Schloss- und Schießhaussaal vereint darstellt und grösser ist als jene beyde zusammen. NB. der Erbauer ist, auf Wolzogens Veranlassung, in Weimar gewesen und hat sich zu diesem Tragelaphen die Glieder geholt. Diesen Sonntags, mit Tafelreihen ausgerichtet zu sehen, woran köstlich gespeist und getrunken wird, das ist so was wornach man lüstern seyn könnte. Die Anlage davor und überhaupt das Ganze ist imposant, für jeden der nicht mit allzureinen architectonischen Forderungen einhertritt. Nein! so einen Sonntag wollt ich euch wünschen! Denkt nur! Schon beläuft sich die Badeliste über 3000, sage dreytausend, wäre auch nur die Hälfte davon noch da. Nun der Zudrang von allen Seiten, man darf sagen dass 10000 Menschen in Bewegung sind. Nun lebt wohl Führe mich Gott gestärckt dem Koppenfelsischen Giebel entgegen.[8]


25/6886.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Wiesbaden d. 1. Aug. 1814.

Heute erst eingerichtet gebe sogleich Nachricht daß mich Brief und Paquet im Weißen Adler No 45 treffen werden. Ich gedenke vier Wochen die Cur recht ernsthaft brauchen, damit ich mich auch für folgende Jahre entscheiden könne. Dies entschuldige mich bey meinen werthen Francfurter Freunden, die ich auf der Durchreise nicht besucht, auf der Rückkehr hoff ich es mit mehr Freyheit zu thun. Haben Sie meine Assignation realisirt und finden Gelegenheit, mir einige Hundert Gulden zuzusenden, so geschieht mir Gefälligkeit. Man spürt hier sehr daß die Münze rund ist.

Die besten Empfehlungen Ihrer theuren Frau Mutter und dem werthen Bruder. Solche Mappen und solche Unterhaltungen fehlen freylich in Wisbaden. Gedenken Sie meiner Liebe

Goethe.


25/6887.


An Carl Cäsar von Leonhard

Wisbaden d. 1. Aug. 1814.

Ew. Hochwohlgeb.

Nicht in Hanau zu finden war das erste Mislingen meiner Reise, doch habe ich danckbar zu erkennen wie[9] Ihr Herr Schwager und Factor sich treulich bestrebt, mir meinen Aufenthalt angenehm und nützlich zu machen. Und so bin ich vorbereitet das Ganze, was Ihnen das Daseyn verdanckt, besser zu machen. Und so bin ich vorbereitet das Ganze, was Ihnen das Daseyn verdanckt, besser zu übersehen und zu geniessen, wenn ich das Glück habe Sie auf meiner Rückreise dort zu besuchen. Hier am Orte denke ich eine ernsthafte Badecur, von wenigstens vier Wochen, zu bestehen und mich in dieser Zeit nicht weit zu entfernen. Geschieht es ohne Ihre Unbequemlichkeit, so erfüllen Sie einen meiner schönsten Wünsche wenn ich Ihnen hier versichern kann wie sehr ich Sie schätze.

G.


25/6888.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Haben Sie den schönsten Danck, mein Bester, für Übersendung der 324 fl. sage dreyhundert vierundzwanzig Gulden, als worüber hiermit quittire. Man bedarf dieser Waare überall, in Wiesbaden, wie es scheint, mehr als anderswo.

Übrigens kann ich melden, daß es mir ganz wohl geht; das Bad bekommt mir und interessante Gesellschaft habe gefunden. Ihr gütiges Anerbieten mich, bey meiner Rückkehr in Ihrem Hause aufzunehmen erkenne dankbar. Möge ich Ihnen nicht lästig werden. Soviel für diesmal mit meinen aufrichtigen Wünschen und herzlichsten Empfehlungen

Wiesbaden d. 7. Aug. 1814.

Goethe.[10]


25/6889.


An Christiane von Goethe

Wiesbaden Sonntag d. 7. Aug. 1814.

Nun muß ich auch wiedereinmal melden wie mir es geht, welches gar nicht schlecht ist. Ich habe ein Quartier verändert und bewohne nun ein sehr angenehmes Zimmer, das des Morgens nicht von der Sonne leidet, Nachmittags sehr wenig. Das Bad bekommt mir wohl, ob es gleich angreifischer seyn mag als das Teplizer; Zelter ist brav wie immer und vermittelt mich der Gesellschaft. Dass ich mich leidlich befinde könnt ihr daraus sehen daß ich täglich an der Wirtstafel speise, die nie unter Hundertgästen ist, und wo es weder an Hitze, noch an Lärm, noch an Fliegen fehlt. Den 3. August waren wir, eingeladen, in Maynz. Der Geburtstag des Königs ward sehr anständig gefeiert. Früh Militarischer Gottesdienst unter freyem Himmel, auf einer Aue nach dem Rhein, dann grose Mittagstafel in einem Hohen geräumigen Saale, gutes Essen und Trinken. Abends Feuerwerk, sodann Ball. Von allem diesem habe ich mein bescheiden Theil hingenommen. Das Übrige hätte ich euch gegönnt. Der frische Lachs schmeckt mir noch immer, obgleich die hiesigen sagen: die Zeit sey vorbey. Der Anblick des Rheins und der Gegend umher ist freylich etwas einzig Schönes. Man würde die Bewohner dieses Bezirks beneiden, wenn sie nicht so unendlich[11] ausgestanden hätten. Doch scheinen sie alle Noth so ziemlich vergessen zu haben und erlustigen sich aufs Beste. Heut wird in Schwalbach das Portiuncel Fest gefeyert., da fährt, reitet und läuft alles hin. Das Wetter ist immer sehr schön und nicht gar so heiß die letzten Tage. Ich finde hier mancherley Unterhaltung. Hundeshagen gefällt mir immer besser. Er hat recht schöne Kenntnisse und viel Thätigkeit. Gestern sah ich eine wunderbare Erscheinung, einen jungen Mann, Advocaten in Darmstadt, ganz zum Schauspieler gebohren. Schöne Gestalt, schickliche Bewegungen, wohlklingende Stimme; er deklamirte, in einer Art von Hamlets Kleide, Schillers Glocke. Leider ist er, in Absicht auf Declamation, ganz auf falschem Wege, er müsste völlig umlernen wenn er bey uns Glück machen wollte. Frage Herrn Geh. H. Rath was er ihm geben will, wenn ich ihn engagire. Es ist nur Scherz! Er wird schwerlich aufs Theater gehen, und wenn er sich nicht bekehren liesse möcht ich ihn nicht einmal. Aber ein prächtiger Bursche ists.


Montag d. 8ten Aug. 1814.

Gestern war ich in Biebrich zur Tafel, die Herrschaften sehr gnädig und freundlich. Der Gesellschaftssaal eine Gallerie, man Sieht den Rhein, an der andern den Luftgarten. Es ist völlig ein Mährchen. Der runde Speisesaal tritt etwas vor die Linie des Gebäudes. Die Herzoginn, neben der ich sas,[12] sitzt gerade so dass man durchs offne Fenster den herunterfliesenden Rhein vor einer See halten kann, an dessen jenseitigem Ufer Maynz liegt. Ganz in der Ferne Sieht man die Berge der Bergstrase, und den Melibocus. Der Tag war sehr schön. Allerley gute Bissen wurden genossen. Artischoken. Sodann zum Nachtisch frische Mandeln, Maulbeeren und dergleichen das ich in vielen Jahren nicht geschmeckt. Nach Tafel besah man den Park und eine recht artig angelegte Ritterburg. Von dem Altan ist die Aussicht sehr schön. August kann von diesem theilweise erzählen. Die Vegetation im Garten und Park sehr lebhaft. Platanen von großer Schönheit, so auch babylonische Weiden von auserordentlicher Grösse. Zelter war zu Fuse hinüber gegangen und fuhr mit nach Hause. Dann besuchten uns einige Freunde und so war der Tag geschlossen.

Ferner muß ich noch einiges gar artigen und fast zu reichlichen Festes erwähnen, welches uns die Fräulein von Stein, Schwestern unsres ehmaligen Oberforstmeisters, Sonnabend den 6ten, in der Nähe eines alten Schlosses, Sonneberg genannt, gegeben. Es liegt diese Ruine etwa eine Stunde, auf einer noch fruchtbaren Höhe. Der Abend war schön, des Guten Getränkes ein Überfluß und die Gesellschaft munter durch Erzählungen auf dem letzten Kriege. Nun will ich aber schliesen. Gestern hatte ich Besuch von Brentano und Quaita, Herrn und Damen. Meline ist noch[13] immer recht hübsch. Mad. Holweg war auch darunter. Schon vor einigen Tagen besuchte mich Willemer mit seiner kleinen Gefährtinn. und so giebts immer was neues. nun lebet wohl.

G.


25/6890.


An August von Goethe

Und nun will ich dir, mein lieber August, auch noch einiges aus dem Steinreiche melden. Die ganze Gebirgsmasse vom Taunus, durch den Westerwald, Nördlich bis an das Herzogthum Berg, besteht aus Übergangsgebirg, Thonschieser, Grauwacke, Marmor. Von dem letzten Stehen hier im Cur Saal und in Biebrich im Speise Saal polirte Corallen Klippen zu gröster Verwunderung des Betrachtenden da. Ich erhalte davon polirte Muster und andre Versteinerungen gedachter Gebirgstrecke sind deswegen interessant weil sie zu den ältesten gehören. Genannten sehr braven und gutwilligen Mann möchte gern verbinden, deswegen sende ja bald möglichst die auf dem nächsten Blat verzeichnete Mineralien, mit der fahrenden Post, wohlgepackt an Schlosser, unter meiner Adresse. Geh. R. Leonhard hat mich im Vorbeygehn besucht. Von Euch ist noch[14] nichts angelangt. Grüsse Ulinen und Riemer. Und befinde dich wohl.

Wiesbaden d. 8. Aug. 1814.

G.


Dodecaedrische Crystallisationen aus den Ilmenauer Braunsteingängen.

Sonst einige schöne Stücke Braunstein.

Leutrit.

Zwillingscrystalle von Karlsbad.

Ähnliche aus dem Ilmenauer Porphyr.

Roggenstein.

Bandjaspis von Ilmenau.

Feuerstein in Kalk.

Bergseife bey Eisenach.

Porzellanjaspis, von den saubergeschlagnen Teplizer Stücken ein halb duzzend.

Sonst etwas von jenen Pseudovulkanischen Producten

(bald möglichst)


Sodann muß ich dir noch vermelden da man mir ein sehr schönes Geschenk gemacht hat, ein kleines Gemälde, hoch 12 Weim. Zoll, breit 8 3/4 Z. Es stellt vor den Churfürsten Joh. Georg von Saxen, in der Kleidung und Stellung wie die alten Herrn auf der Bibliothec. Neben ihm seine Gemahlinn, eine Prinzess v. Wirtenberg. Es fehlt den Figuren an Zeichnung und Proportion, die Ausführung aber ist ganz vollkommen, auch ein groser Hund steht zur Seite. Erhalten[15] ist es so gut als nur denkbar. Dies erzähle einsweilen Durchl. dem Prinzen indem du mich zu Gnaden empfielst.


25/6891.


An Sulpiz Boisserée

Ihre freundliche Einladung erwiedre ich vor allem danckbar, und froh mich in Ihrer Nähe und im Angesichte des herrlichen Rheins zu finden. Doch zu einer Fahrt abwärts werde mich schwerlich entschliesen. Mein diesmaliger Aufenthalt in Wiesbaden soll mir die Frage beantworten: ob ich künftig wiederkommen soll; deshalb ich denn das Bad ordentlich und so lange als möglich zu brauchen dencke. Auf Ihrer Rückreise besuchen Sie mich vielleicht und da lässt sich das Weitere verabreden. Ich hoffe vor meinem Abscheiden aus diesen Gegenden Ihre Schätze in Heidelberg zu bewundern, mich daran zu erfreuen und zu belehren. Durchl. den Herzog hoffe ich in Maynz zu sehen, und sodann wird sich das Nähere bestimmen lassen. Möchten Sie Sich wohl umthun ob Sie mir einen losen Crystall vom Drachenfels verschaffen können. Bis jetzt besitze ich sie nur eingewachsen. Finden Sie diesen von mir angebeteten Urfetisch nicht, so erfreuen Sie mich mit Heidnischen oder christlichen Trümmern. Gott befohlen!

Wbd. 13. Aug. 1814.

G.[16]


25/6892.


An Christiane von Goethe

[Wiesbaden, den 19 August 1814.]

Zuvörderst also wirst du abermals gerühmt, mein liebes Kind, daß du mich in diese Gegend zu gehen bewogen. Erde, Himmel und Menschen sind anders, alles hat einen heitern Karacter und wird mir täglich wohlthätiger. Die Verhältnisse eines Badegastes sind mir nun auch schon deutlicher, ich habe ein sauberes, kühles Quartier bezogen, speise auf dem Zimmer und lebe ganz nach meiner Weise. Unter den hiesigen Angestellen und Geschäftsleuten giebt es bedeutende Männer, ich habe schon mehrere kennen gelernt. Oberbergrath Cramer besitzt ein trefflich Mineralien Kabinet, das mich schon viele Abende beschäftigt. Das Schwalbacher Wasser, zusammen mit dem hiesigen Bade bekommt mir sehr wohl und so geht ein Tag nach dem andern hin, vergnüglich, heilsam und nützlich. Riese hat mich besucht, er ist gar treu, gut und verständig. Gerning ist auch hier, spielt aber eine wunderliche Rolle, die mir noch nicht ganz klar ist. Er mischt sich in vieles, macht den Unterhändler, Mäkler, Versprecher. Als Dichter, Antiquar, Journalist sucht er auch Einfluß und scheint nirgends Vertrauen zu erregen. Überhaupt scheinen sich die Menschen nicht an einander zu schließen. In einem Orte wo man täglich unter ein Duzzend Luftpartien wählen kann,[17] müssen sich Gesellschaften und Familien sehr zerstreuen. Auch das Geschäftsleben hat einen weiteren und lustigern Wirkungskreis. Ich will mir das alles recht ansehn. Der dirigirende Minister und alle oberen Staatsbeamten sind junge Männer, die auch für den Genuß arbeiten und für ihre Thätigkeit einen schönen Spielraum haben. Der Herzog ist in den siebzigen, nimmt sich vorzüglich des Militärs an, das aus schönen jungen Leuten besteht. Der hier garnisonirende Theil ist fast gekleidet wie unsre.

Wiesbaden liegt in einem weiten Thal, das vorwärts, nach Süden, von Hügeln, nordwärts von Bergen begrenzt wird. Besteigt man die letzteren: so hat man eine unendliche und höchst schöne Aussicht.

(Vorstehendes war geschrieben Sonnabend

d. 13 Aug. Was mir seit jener Zeit gutes

begegnet enthält das nächste Blat)

Sonntag d. 14ten speiste ich abermals in Bieberich, wo ich wieder gnädige, freundliche Herrschaften, treffliche Tafel und köstliche Weine fand. Montags hatte ich den Einfall nach Rüdesheim zu gehen, und fuhr mit Bergr. Cramer und Zelter nach Tische ab; durch das übermäsig schöne Rheingau. Wir kamen zeitig genug an, dass wir bey Sonnen Untergang die alte, von Graf Ingelheim, auf eine gar löbliche Weise, wiederhergestellte römische Ruine besteigen konnten. August mag davon erzählen. Dienstag d. 16ten war auf dem jenseitigen Rheinufer, grosse erste[18] Wallfahrt zu einer, nach dem Kriege, wiederhergestellten Capelle, dem heil. Rochus gewiedmet. Wir setzten über beym heitersten Wetter, und fanden auf der Höhe wohl 10000 Menschen um das Kirchlein sich versammlend. Die Manigfaltigkeit und Luft dieses Festes ist schriftlich nicht zu beschreiben. Bis Mittag währte das Gedränge. Dann gingen wir nach Bingen hinunter, fuhren im Kahn durchs Bingerloch hin und zurück und liesen uns nach Rüdesheim hinauf ziehen. Nachdem wir trefflich gespeist, fuhren wir nach Elfeld, blieben im Gasthaus zur Rose, das unmittelbar auf den Rhein Sieht. Morgens regnete es gewaltig, nach so langer Dürre höchst erwünscht. Doch konnten wir abfahren, Besuchten Herrn v. Gerning in Schierstein und waren zu rechter Tafelzeit hier. Abends im Cursaal und sodann Donnerstags d. 18ten mit einer grosen Gesellschaft auf der Platte, wo es denn lustig zuging. Indessen befleisigte ich mich des Badens und Schwalbacher Wassers, Und befinde mich sehr wohl.

Riemern danke für die mir mitgetheilten Correspondenz Nachrichten. August soll sich auf die Versteinerungen freuen. Die aus der Übergangs Epoche sind sehr wichtig. Grüse Ulinen und sagt mir gelegentlich wie es euch geht. Meine Absicht ist bis Anfang September hier zu bleiben. Sendet mir deshalb Spätere Briefe an Schlosser. Die Castanien gerathen[19] nicht reichlich, doch will ich für eine tüchtige Sendung sorgen. Jetzt lebet wohl grüsset Hofr. Meyer. Zelter ist prächtig und lobt auch die Wirkung des Bades. Adieu.

G.


25/6893.


An August von Goethe

Wiesb. 19. Aug. 1814.

Zum Vorschmack dessen was du zu erwarten hast, mein lieber August vermelde Folgendes. Versteinerungen aus der Übergangs Formation von der grössten Schönheit.

Thonschieser, Ein Fragment eines Medusenhaupts.

Graue Wacke, Muscheln mancher Art. Welche du benennen wirst. Von Altenkirchen. Hysterolithen, frey und in Gesellschaft. von Braubach.

Marmor, Blendend Schoene Korallen. Fleischrothe Streifen, Schwarz Graue daneben! Auf zwey runden Tischblättern 17 Zoll durchmesser. Wahrscheinlich Abschnitte von trefflichen Säulen.

Letztes (wahrscheinlich Süswasser) Erzeugniss. Turbiniten und zweyschalige Muscheln, durch unendlich kleines Muschelvolk verbunden.

Es verdriest mich nur dass ich den Kleinen Walch nicht mitgenommen habe. Mir fehlen gar manche Nahmen.

[20] Bey Braubach giebts auch Hörnchen sie sehen fast aus wie spitze krumgebogne Pudelmützen. Abgebildet habe ich sie gesehen und bringe nun ihrer mit.

Überhaupt bin ich mit dem Mineralwesen der Nassauischen Lande vorläufig schon bekannt genug. Man hat mir Schon gar schöne Eisenstufen verehrt, an Kupfer und Bley wirds auch nicht fehlen. Hiesigen Liebhabern können wir dagegen von unsern Dingen manches zuschicken was ihnen fehlt. Nun lebe wohl!

G.


25/6894.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Möchten Sie, mein werthester, die kleine Sendung, welche bey Ihnen angekommen, mir bald möglichst hierher schicken. Ein Fuhrmann, Heinrich Hausmann, fährt Dienstag und Freytag jede Woche nach Franckfurt, er kehrt ein Bockenheimer Gasse, in den Zwey rothen Schwerdtern. Durch diesen werde einiges voraussenden. Vielleicht bringt er mir auch nächste Woche das Kästchen herüber.

Sie, mit den lieben Ihrigen, hier zu sehen soll mich herzlich freuen. Mit allem Zutrauen nehme ich Ihr wiederholtes freundliches Anerbieten an, und bereite mich auf schöne Tage in Ihrer Nähe. Die Bade Cur schlägt mir sehr wohl an, auch habe ich manche schöne Excursion gemacht. Die Wallfahrt zum Heil. Rochus, gegen Rüdesheim über, wo sich,[21] beym herrlichsten Wetter wohl 12000 Menschen versammelten war einzig. Mich bestens empfehlend.

Wiesbaden d. 20. Aug. 1814.

Goethe.


Die Herrmannische Buchhandlung giebt einen Catalog aus von einer KupferstichSammlung, welche nächstens in Frankf. verauctionirt werden soll. Dürfte ich darum bitten.

Und nun verzeihen Sie noch einen sonderbaren Auftrag! Möchten Sie mir wohl, durch obgemeldten Fuhrmann ein halb duzzend Artischocken senden. Hier sind sie selten und dann nicht gut zu haben und dieses Essen ist meine Leidenschaft.

Verzeihung und Neigung!


25/6895.


An Antonia Brentano

Sie überraschen mich, verehrte Freundinn, an meinem heutigen Feste, welches nahe und ferne Lieben theilnehmend feyern wollen, mit köstlichen Gaben, deren Genuß mir doppelt vergegenwärtigen soll wie ernstlich gemeynt Ihre gütige Einladung war. Derselben bald möglichst zu gehorchen ist mein schönster Wunsch. Ergeben Sie Sich also drein daß ich noch vor Ende der Woche meinen Dank persönlich abtrage, um aufs neue Ihr Schuldner zu werden.

Mich indessen angelegentlichst empfehlend

Wiesbaden d. 28. August 1814.

Goethe.[22]


25/6896.


An Carl Friedrich Zelter

NB Die Galatea ist nicht von Raphael Und hiemit löst sich das Räthsel der Unschicklichkeiten Der Faust aufs Aug.

[Wiesbaden] d. 28. Aug. 1814.

G.

nur für Dich!

Wenn man getrunken hat

Weis man das Rechte.


25/6897.


An August von Goethe

[Wiesbaden, 29. August 1814.]

Das Kästchen ist glücklich angekommen und es freute mich gar sehr Herrn Ob. Berg-Rath Cramer. der mir soviel liebes erzeigt und ohne welchen mein hiesiger Umgang sehr mager ausgefallen wäre, doch vorläufig einige Gefälligkeit erzeigen kann. Des Herzogs Leute bringen dir ein Schächtelchen guten Inhalts. Drey Kistchen sind schon gepackt und es wird ihrer noch ein Paar geben. Noch andre schöne Acquisitionen stehen bevor um leidlichen Preis. Mit dergleichen Dingen muß man das Leben auffrischen. Der Herzog war munter und wohlgemuth, ich wünsche daß seine Rückkunft auch Dir Vortheil bringen möge. Treibe das Baugeschäft wie das Dintenwesen, sobald[23] du es deutlich hast kannst du nachsichtig seyn und doch immer auf das rechte Ziel losgehen.

Es ist hier eine Fabric von Schreibefedern, ich sehe grosse Kisten einpacken, man sagt sie seyen gut. Ich bringe dir Proben mit.

Noch etwas von obgemelten Acquisitionen! Im Kloster Eibingen befand sich ein Gefäs von dem man sagte es sey eins von denen in welchen Christus, zu Cana, die höchst glückliche Operation gemacht habe. Ich vermuthete, als ichs hörte, das müsse was sonderliches seyn. Und das ist es auch.


1814


Von dem köstlichen antiken, sogenannten, Alabaster, den man für Achat nehmen kann. Die Henckelchen abgebrochen, sonst unbeschädigt. Wenn du die ersten Muster des antiken Kalcksinters, in unsrer Sammlung, ansiehst, kannst du dir einen Begriff davon machen. Einen Fus von Bronze drunter, und so wird es unschätzbar seyn. Ich hoffe es zu acquiriren, und so kommt diese Reliquie auf die wunderbarste Weise zu uns. Ich werde mir, nach englischer (und Blumenbachischer) Weise, ein Attestat darüber ausstellen lassen.

[24] Seit ich dieses schrieb ist die Sammlung, worin sich das Gefäs befindet, in Gernings Hände, für einen allzuhohen Preis, gekommen. Er zaudert und judelt nun und will sich wegen der Urne nicht erklären. Wir wollen sehen was daraus wird. Graf Henckel geht über Weimar. Seinem Bedienten gehe ich ein schön Stück von jenen Versteinerungen in Grau-Wacke mit. Das Schächtlein durch des Herzogs Kammerdiener hat dir gewiss Freude gemacht. Mit wundersamen Gebirgsstreken werde ich nun bekannt. Da mir das Bad sehr wohl thut und das Land so schön als bedeutend ist werde ich übers Jahr wohl wiederkommen. Lebe du wohl.

G.

Besonders empfiel mich Herrn Geh. R. v. Voigt.


25/6898.


An Christiane von Goethe

Du erhältst hier, mein liebes Kind, einen alten Brief mit einem gleichzeitigen Blättchen, der Freund hat in der Zeit Gelegenheit gehabt sich mündlich zu erklären. Ich wünsche allen Glück und Heil, da es mir sehr wohl geht. Das Bad bekommt mir trefflich, die Menschen sind gut und freundlich, und die Gegend himmlisch in der Runde. Seit meinem letzten vom 19ten bin ich in Maynz gewesen, wo der Herzog eintraf. Mit ihm war ich sodann hier und in Biebrich, wenn gegenwärtiges ankommt, wird es bey euch Schon eingezogen seyn.

[25] Meinen Geburtstag haben Sie mehr als billig gefeyert. Äbtissin v. Stein lud uns d. 27. Abends ein, es war eine Gesellschaft von etwa 12 Personen, alle bekannt. Sie verzögerten das Mahl bis zwölf Uhr und feyerten diesen Eintritt wie einen Neujahrstag. Frau v. Holzhaufen gab den 28. ein groses und überreichliches Frühstück im Kursaal Mittags fuhr ich nach Bibrich, wo die wahrhaft wohlwollenden Herrschaften und die wohlgesinnten des Hofes mir Glück wünschten. Abends hatte ich Zelter, Schlosser und einen dritten bey mir zu Tische. Frau Brentano Birkenstock hatte mir früh, von Winkel, 10 Flaschen des ächtesten Weines gesendet, davon wurden die Freunde nun erfreut und alles endigte zum besten. Schlosser überbrachte gleichfalls früh eine ungeheure Schachtel mit Artischocken Früchten und Blumen. Ferner hatte ich von den Damen zwey Blumentöpfe mit hohen Sträusern erhalten, das alles diente zum Zierrath wie zum Genuss. Eine Chocoladen Tasse mit hiesigen Gegenden darf ich auch nicht vergessen, ob ich gleich manches andre nicht erwähne. Jedoch mußt du August sagen daß mir verehrt worden ist ein wohlerhaltner goldner Denar mit dem Bilde des Caligula auf der einen, des Augusts auf der andern Seite, beyde wunderschön, der erste vollkommen frisch.

Und so müßt ich noch allerley gutes erzählen wenn ich nicht endigen und diese Blätter absenden wollte.

[26] Lebet wohl, grüse Ulinen und schreibet gelegentlich. Noch etwa 14 Tage bleibe ich hier und in der Gegend. Dann gehts auf Franckf. Darmst. Heidelberg. Zurück und dann nach Hause. Worauf ich mich sehr freue. Zelter geht heute ab, den Rhein hinunter. Den werde ich sehr vermissen. Und nun lebt wohl! Wiesb. d. 29. Aug. 1814.

G.


25/6899.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Ihre treuliche Auszüge und Nachrichten, mein lieber Riemer, sind zu rechter Zeit glücklich angekommen. Ihre Bemühungen erkenne ich dankbar.

Was die edlen Berliner betrifft, so ist mein Vorsatz ganz stillzuschweigen und zu erwarten was sie vornehmen. Schreibt man von dorther wieder an Sie, so antworten Sie ich habe eine Rheinreise gemacht und weiter nichts von mir hören lassen; die Sache ist so verwickelt und das Volk so schlecht, daß nichts daran zu schlichten und zu curiren ist. Weiter mögt ich kaum etwas sagen. Da es mir sehr wohl geht und ich mich von der Badecur, der Gegend und den Menschen sehr zu loben habe.

Freylich merkt man schon gar sehr daß die Jahrszeit sinckt. Die Gedichte an Hafis sind auf 30 angewachsen[27] und machen ein kleines Ganze, das sich wohl ausdehnen kann, wenn der Humor wieder rege wird. Das Fest des Heil. Rochus habe schematisirt. Es kann recht artig werden. Freylich fehlt mir gar sehr jemand dem ich auf die Stelle dictiren könnte, da wäre das alles schon fertig. Mit Wehmut gedenke ich der Zeit in welcher Sie mir Feder und Rath leihen wollten.

Wegen Liebich weiß ich nichts zu sagen. Villeicht hört man was Maria Weber in Berlin ausgerichtet hat. Durch jene böse Verzögerung wird nun wahrscheinlich auch ein fernerer Gebrauch vereitelt. Übrigens kommt mir mein Dedain du succes hier abermals wohl zu statten.

Im Ganzen freue ich mich sehr Sie in Ihrer Lage eingerichtet zu finden: Denn je mehr man in der Welt herum kommt desto besser findet man daß es überall nicht recht just ist und dass die Menschen durchaus Ihren Zuständen nicht gewachsen sind, woraus denn ewige Disproportionen entspringen die sich wohl augenblicklich resolviren lassen, deren Wiederkehr aber desto unaufhaltsamer eintritt.

Wiesb. d. 29. Aug. 1814.


Hierbey eine Ankündigung als Musterblatt für einen Schriftstecher.[28]


25/6900.


An Friedrich Justin Bertuch

Ew. Wohlgeb.

erhalten hiebey ein Schreiben an Herrn von Humbold, weiter habe ich es nicht bringen können. Diesen Freund bat ich um Empfehlung der Personen und Sachen an Fürst Metternich.

Meine besten Wünsche folgen Ihnen, möchten Sie nur so viele reuissiren!

Das Bad schlägt mir gut an, Gegend und Menschen sind die freundlichsten. Für meine Naturliebhaberey finde ein reiches Feld. Leben Sie recht wohl und gedenken Sie mein. Baldiges Wiedersehn!

Wiesb. d. 29. Aug. 1814.

Goethe.


25/6901.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Daß Sie Sich, mein werthester, als Freund der Propyläen erweisen macht mir viel Freude, es ist manches haltbare darin, das gewiß mit Ihren Überzeugungen zusammentrifft. Eben so erkenne danckbar daß Sie meine Farbenlehre mit eignen Studien beehren. Auch mir ist der Physiologische Abschnitt, obgleich hier nur entworfen, der angelegendste. Was kann uns erfreulicher seyn? als wenn wir, zur Ehre der Menschheit, dasjenige als nothwendigen Grund[29] des Seyns und Lebens erkennen, was sonst als Mangel und Verirrung der Natur betrachtet und beseitiget worden. Mögen Sie mir einiges, auch nur aphoristisch mittheilen, so würden Sie mich sehr glücklich machen. Thätige Theilnahme ist so selten. Zelter, dessen Mitleben mich auf geraume Zeit gestärkt hat, erzählt und sagt das Weitere. Lassen Sie mich in Ihrem Kreise empfohlen seyn!

Wiesbaden d. 30. Aug. 1814.

Goethe.


25/6902.


An Sulpiz Boisserée

Sogleich, mein bester, sollen Sie vernehmen daß ich noch in Wiesbaden bin und soeben vorhabe verschiedentlich auszufliegen. Um Sie und mich nicht zu beengen bestimmen nichts Näheres, in der zweyten Hälfte des Septembers habe ich mir vorgenommen Sie in Heidelberg zu besuchen, ich hoffe es soll mir so wohl werden.

Vom Drachenfels soll mir alles angenehm seyn, ganz freye Crystallen sind freylich selten. Die Münzen bitte mir anzuschaffen, so wie etwas alter Topfware kleinen Formats. Etwas gebildetes auf einer Lampe würde mir Freude machen.

Das Wasser bekommt mir sehr wohl, doch gehen eben jetzt alle Freunde auf einmal fort und so will[30] ich einige Zufriedenheit im Weiten suchen. Leben Sie recht wohl bis auf ein frohes Wiedersehen.

Wiesbaden d. 30. Aug. 1814.

Goethe.


25/6903.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Soviel Freude mir Ihres Herrn Bruders Gegenwart geschaffen, denn ich bin ihm um gar vieles näher gekommen, so unangenehm ist mirs zu hören daß ich mit Ihnen kaum zusammentreffen soll. Ich besuche im Rheingau Fr. v. Brentano und weiß nicht wann ich hieher zurück kehre. Wie sehr hatte ich gerechnet längere Zeit mit Ihnen zu bleiben, um eine innigere Verbindung zu gewinnen als man durch Briefe erlangen kann. Lassen Sie mich für die schönen Gaben meinen Danck abstatten, die zum 28ten hier ankamen, lassen Sie gefälligst was an mich einkommt und etwa 100 f. hierher an Postmeister Schlichter abgehen, der alles zu meiner Rückkunft aufbewahrt.

Bruder Christian, der eben mit Zelter eine keine Reise antrit, womit dieser seine größere anfängt wird mehr erzählen und sagen daß ich wohl, vergnügt und den Freunden für sovieles Gute danckbar bin. Die Hoffnung Sie noch zu sehen nicht ganz aufgebend wünsche das Beste.

W. d. 31. Aug. 1814.

G.[31]


25/6904.


An August von Goethe

Nur summarisch will ich dir vermelden, mein lieber Sohn, daß es mir bis jetzt sehr wohl gegangen. Am 1. September verlies ich Morgends um 7 Uhr Wiesbaden und gelangte um halb 10 nach Winckel zu der Familie Brentano. Zelter und Schlosser waren vorausgegangen. Das schönste Wetter ließ die Herrlichkeit des Rheingaus in voller Maase geniesen. Jene genannten beyden Freunde zogen nun Rheinab, und schon Nachtische führten mich meine freundlichen Wirthe nach Rüdesheim und Kloster Eibingen. Den 2ten besuchten wir das greifenklauische Schloß Vollrats und von da den Johannesberg, wo wir bey Sonnenuntergang die weite, reiche Gegend im schönsten Lichte betrachteten. Den dritten gings auf den Niederwald wo ich überall deiner gedachte: denn du hast ja diese Wunder auch alle beschaut. Der Tempel steht noch wohl erhalten, manches andere verfällt, die Gegend behauptet ewig ihre Rechte.

Den vierten. Setzten wir über auf den Weinheim. Gelangten nach Nieder-Ingelheim, wo wir die wenigen Trümmer aus der Zeit Carls des Grosen aufsuchten. An einem verfallenen Schlosse späterer Zeit findet sich ein Stück einer weisen Marmorsäule. Der rothe Ingelheimer Wein schmeckte gut, so wie überhaupt diese Tage her nur gute Sorten getruncken wurden. Erst[32] spät in der Nacht erreichten wir das diesseitige Ufer und unsre Wohnung. Den fünften früh auf Rüdesheim, bey starckem Wind auf Bingen, nach Tische auf den Rochusberg, dann die neue Chaussee hin, lincks ab gegen Ober-Ingelheim. Abermals altes Schloß, Kirche, guter Wein u.s.w. Bey Zeiten und sehr angenehm herüber.

Heute den sechsten früh ist Herr Brentano nach Franckfurt. Ich redigire an meinem Tagebuch, Carl schreibt ab, der sich überhaupt sehr gut beträgt. Das Wetter läßt sich mitunter sehr herbstlich an. Montag d. 11ten dencke ich in Franckfurt zu seyn. Von da schreib ich wieder. Hier bin ich sehr gut, schön und bequem, man thut mir alles zu Lieb und Lust. Ohne die Aufmercksame Gefälligkeit dieser Familie hätte ich die Gegend im ganzen Umfang nicht kennen lernen, welches sehr der Mühe werth ist. Man kann lange in der Erinnerung dieser Bilder genießen. Ich habe viel aufgeschrieben um das Gedächtniß zu begründen. Auch sind mancherley Späse vorgekommen. Wenn ich nach Wiesbaden zurückkomme hoffe ich etwas von Euch zu finden. Meine angelegentlichsten Wünsche sind daß es Euch wohlgehe.

Amen!

Langen Winckel d. 6. Sept. 1814.

G.[33]


25/6905.


An Antonia Brentano

Ob Sie gleich, verehrte Freundinn, sich sehr deutlich gegen die sogenannten Stammbücher erklärt haben; so will ich doch gleich, anstatt für so vieles unschätzbare Gute zu danken, ihre Geduld abermals auf die Probe stellen und Sie ersuchen beykommendem Büchlein Ihren lieben Nahmen nicht zu versagen. Möchten Ihre werthen Umgebungen Ihrem freundlichen Beyspiele folgen; so würde vom Ädigi Tag, der mir so merkwürdig geworden, keine Lücke bleiben bis auf heute und auf die nächsten Tage, in denen ich mit immer gleichen Gesinnungen, in der Gallengasse mich darzustellen hoffen. So viel durch den eilenden Kutscher, der nun ein für allemal heute Nacht in Kassel ausruhen will. Der Ihrige

Wiesb. d. 8. Sept. 1814.

Goethe.


25/6906.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Nicht allein, mein werthester Freund, bekenne dankbar daß ich die 216 f. richtig erhalten habe, sondern vermelde zugleich daß ich Montags den 12ten abends bey Ihnen einzutreffen und Ihrer Gegenwart noch einige Tage zu genießen hoffe. Unter vielen[34] Empfehlungen an Ihre theure Mutter und den lieben Bruder, wünsche das Allerbeste

Wiesbaden d. 9. Sept. 1814.

Goethe.


25/6907.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

früheres Schreiben habe zu beantworten angestanden, weil ich zugleich von meiner Reise nach Heidelberg nähere Nachricht zu geben dachte. Der Termin derselben ist bis jetzt noch unbestimmt und da aus Ihrem letzteren die bevorstehende Abreise nach Wien erfahre; so kann ich nur zu dem vorseyenden wichtigen Geschäft Glück wünschen. Herrn Leg. R. Bertuch habe einen Brief an Herrn v. Humbold mitgegeben und Ihrer beyderseitigen Wünsche, an die sich soviele andrer anschließen theilnehmend gedacht. Möchte ich doch im nächsten Jahre auch Rhein aufwärts gelangen und für die diesjährige Entbehrung entschädigt werden. Diesen Winter bringe ganz in unsern gemeinschaftlichen Angelegenheiten zu. Mein Andenken dringend empfehlend

[Frankfurt] d. 14. Sept. 1814.

Goethe.[35]


25/6908.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeb.

haben mich, in Franckfurt, durch die Nachricht des glücklichen und fröhligen Einzuges unsers gnädigsten Herren, auf das angenehmste empfangen, und ich eile sogleich meinen gefühltesten Danck dafür abzustatten. Diese äusserlichen Zeichen, die so lebhaft darstellen dass alles an seinem Fürsten hängt, ihn verehrt und liebt, und sich in allen Fällen um ihn zu versammeln bereit ist, sind jetzt um so schätzenswerther, da man nicht überall das Glück hat die neu erworbene Freyheit besonnen und ruhig zu gründen.

Auf gleiche Weise ergötzt, erheitert mich Ihre beharrliche Thätigkeit das verabredete und beschlossne püncktlich ins Werk zu setzen. Und so mag denn auch dieser Fall ein Bild und Gleichniss abgeben von dem, was durch ein treues Zusammenwirken, erreicht werden kann.

Das Wiesbader Wasser hat mir cörperlich sehr wohlgethan, mehrere Excursionen ins Rheingau haben mich sehr erheitert, gegenwärtig lärmt die lebhafteste Meße um mich her, der Zudrang der Käufer ist sehr gros. Niemand der nicht Geschäfte machen könnte; kaufen und wiederverkaufen macht viel gewinnen. Das Wetter ist gut, doch keine Hoffnung zu einer günstigen Weinlese. Schon habe mich ziemlich umgesehen[36] und mehr alte Bekannte gefunden als ich glaubte. Nächste Woche dencke nach Darmstadt und Heidelberg zu gehen, dann aber meiner Sehnsucht nach Hause nicht länger zu widerstehen. Empfehlen Sie mich höchsten Ortes, Herrn Geh. Rath von Voigt und wohlwollenden Gönnern und Freunden. Ich verspare alles auf mündlichen Vortrag, da meine Reisecanzley diesmal nicht sonderlich bestellt ist. Tausend Danck für Ihre gütige Zuschrift. Mit Hochachtung und Neigung

Francfurt d. 15. Sept. 1814.

Goethe.


25/6909.


An Antonia Brentano

Erlauben Sie, theuerste, daß ich meinen gefühltesten Danck bis auf unsre heutige Zusammenkunft aufspare! Vielleicht gelingt es mir mündlich auszudrücken wie sehr mich Ihre Güte überrascht, beschämt –

Und eben so weiter!

aufrichtig geeignet

[Frankfurt] d. 18. Sept. 1814.

Goethe.


25/6910.


An Christiane von Goethe

Sehr lange habe ich nichts von Euch gehört, möge das ein Zeichen seyn dass ihr euch wohl befindet.[37] Mir ist es die letzte Zeit gar gut ergangen, woran das schöne Wetter nicht wenigen Antheil hat.

Montag d. 12. Sept. Fuhr ich mit ObBergR. Cramer von Wiesbaden ab, über den Weilbacher Schwefelbrunnen, den ich Euch nach Bercka gewünscht hätte. Er liegt einsam, unter hohen Pappeln, mitten im Kornfelde und strömt aus vier Röhren unendliches Wasser. Dies wird weit und breit verführt. Keine Badeanstalt ist nicht dabey. Bey Schlossers war ich freundlich empfangen und schön logirt. Ein Brief von Herrn von Müller machte mir viel Vergnügen.

Dienstags d. 13ten Ging ich ganz früh durch das Messgewühl, wo man lauter frohe Gesichter sah. Seit dreysig Jahren war keine solche Messe gewesen. Ein Kaufmann mußte Wache vor seinen Laden stellen. Die Sachsen und Voigtländer sind alles gleich los geworden. Bestellungen wurden auf halbe Jahre gegeben. Fr. Melbert, Brentanos, Gerning wurden besucht, die schönen Umgebungen der Stadt beschaut. Abends bey Schlossers.

Mittwoch d. 14ten. Durch die Messe zu Riese, Mad. Stock, Vohs pp. Im Braunfels, wo die vielen unübersehlichen Waaren den schönsten Anblick geben. Mittag bey Melberts. Der Docktor Melbert ist ein wackrer thätiger Mann, der sich in eine gute Lage versetzt hat und seiner Mutter alles Liebe erzeigt. Sie fühlt sich sehr glücklich, ist im 81ten Jahre munter und thätig. Mineraliensammlungen. Schauspiel.[38] Nicht schlecht, aber freudelos. Wilde Thiere, Bereuter; alles hinter einander bis tief in die Nacht.

Donnerstag d. 15ten. Visiten, bey Bethmann, Nicolaus Schmidt, Stedel. Mittag bey Brentano (Franz). Nach Tische herrliche Fahrt um die Stadt, auf den Mühlberg, zu Willemer auf die Mühle. Er war sehr freundlich, der Sonnenuntergang unendlich schön. Wilhelm Tell, nicht ergötzlich.

Freytag d. 16ten. Bey dem Landschaftsmahler Schütz. Dessen schöne Zeichnungen der Rheingegenden. Altdeutsche Bilder, Zu Prinz Bernhard, Fürst Reus, andre Visiten. Bey Mad. Stock zu Mittag. Riese war von der Gesellschaft. Titus. Löbliche Vorstellung. Bey Brentanos.

Sonnabend d. 17ten. Bey dem Kunsthändler Silberberg. Treffliche Sachen, aber sehr theuer. Mit Schütz in das Museum. Ein köstlicher Martin Schön daselbst und andres Gute. Eine aus Surinam zurückgekommene alte Bekannte. Fr. Gen. v. Panheus geb. v. Barckhaus. Bey Herrn v. Hügel zu Tische. Boisserée war angekommen, Abends Windischmann, mit beyden bey Schlosser zu Nacht.

Sonntag d. 18ten. Geschenck des Stammbuchs aller Stammbücher. Ein Baron Burkana, aus Aleppo in Syrien, reist die Kreuz und quer durch Europa und nöthigt alle die ihm aufstoßen ihm etwas zu schreiben. Die Zeit seiner Wanderschaft dauert von 1748 bis 1776, wo er in Wien 70 Jahr alt starb.[39] In zwey dicke Octavbände hat man die hinterlassnen Blätter zusammen gebunden, die ich mitbringe. Unter manchen unberühmten Nahmen stehen die Berühmtesten: Voltaire und Montesquieu an der Spitze. Übrigens ist auch diese Sammlung wegen der Handschriften verschiedner Nationen und Regionen merckwürdig. Es ist eine große Acquisition. Sah ich die Gemälde Sammlung des Herren Dr. Grambs, besuchte einige Freunde in den Gärten, fuhr sodann mit Mad. Brentano und Stedel zu Willemer. Der Tag war höchst schön, der Wirth munter, Mariane wohl (das letztemal hatten wir sie nicht gesehen). Diesmal sahen wir die Sonne, auf einem Thürmchen, das Willemer auf dem Mühlberg gebaut hat, untergehn. Die Aussicht ist ganz köstlich.

Soviel für diesmal, die Fortsetzung folgt.

Frfurt d. 21. Sept. 1814.

G.


25/6911.


An Christiane von Goethe

Nun will ich gleich meine gestrige Relation fortsetzen!

Montag d. 19ten. Kam Boisserée. Zu Mittag bey Georg Brentano Sodann nach Rödelheim beym schönsten Wetter. Herrlicher Sonnenuntergang hinter dem Taunusgebirge. Braut von Messina. Sie gaben sich Mühe; aber sie sind auf solche Stücke nicht eingerichtet.

[40] Dienstag d. 20ten. Kam Windischmann von Aschaffenburg. Machte verschiedne Visiten. Speiste bey Fürst Reuß. Besuchte Fr. Stock wo ich Frau von Malapart fand und ihre Tochter und Enckel, auch eine Tochter von Crespel. Abends war ich zu Hause mit jenem Stammbuch beschäftigt. Es stehen gewiß über Hundert der berühmtesten Personen darin. Le Chevalier D'Eon (ungewiß ob nicht ein andrer des Nahmens). Aber von Gelehrten desto mehr sichre.

Mittwoch d. 21ten. S. Bey Dr. Grambs, den Rest seiner Gemälde, besonders aber schöne Copien, in Wasserfarbe, berühmter Gemälde. Mit Schelver einige Stunden. Bey Herrn v. Bethmann zu Tische. Dessen Familie. Zur Fürstinn von Nassau. Bey Baron Hügel. Dessen Frl. Tochter spielte Hendelische Sonaten, die mich an die Bachischen des Badekönigs erinnerten. Zeitig zu Bette.

Donnerstag d. 22. Mit Schelver. Jene gewirckte Tapeten gesehen, die ehmals in Weimar vorgezeigt wurden. Bei meinem alten Freunde Passavant. Zu Fr. v. Holzhausen, auf ihrem sehr schön gelegnen Gute vor der Stadt. Mittag mit Schlossers. Dann zu Herrn Stedel dessen Gemälde zu sehen. Abends bey Düfay im Garten.

Freytag der 23te wird zu einigen Visiten und Besichtigungen genutzt werden. Morgen Sonnabend gehe mit Christian Schlosser nach Heidelberg. Sobald ich zurückkomme schreibe ich. Und werde mich dann[41] nicht lange aufhalten; denn ich sehne mich denn doch wieder nach Hause. Nun lebet wohl und grüset alles.

Und so seht ihr denn daß ich meine Zeit gut angewendet und mich vielfach vergnügt habe. Morgen, Sonnabend d. 24ten, gehe mit Christian Schlosser nach Heidelberg, so bald ich zurückkomme schreibe ich, es wäre mir angenehm etwas von Euch zu finden. In diesen Tagen gehen drey Kisten an Herrn Burgemeister Sälzer nach Eisenach, 2 mit Mineralien bleiben uneröffnet biß ich komme. 1. Mit Wein gezeichnet X mag eröffnet und etwas davon genossen werden. Das Schwalbacher Wasser wird auch angekommen seyn. Einen wunderlichen Einkauf habe gemacht. Ein tausend Stöpfel der ausgesuchtesten die sich fanden. Wohlfeiler als bey uns die schlechten. Diese werden überall untergesteckt und sind leicht zu transportiren. An einigen Stücken Catun und Westen wirds auch nicht fehlen. So viel für diesmal.

[Frankfurt] d. 23. Sept. 1814.

Goethe.[42]


25/6911a.


An Constanze von Fritsch

Heute gedencke ich an meine Sünde, daß meiner lieben guten Freundinn so lange nichts gemeldet, und will, da eine Gelegenheit mich mahnet, wenigstens einige leise Worte nach dem geräuschvollen Wien senden. Mir ist es dieser Zeit her sehr wohl gegangen, das Bad fand ich heilsam, die Menschen freundlich, die Gegend herrlich, die Menge froh, die Messe ergiebig und so konnte man in sich selbst im ganzen heiter und zufrieden seyn. Aber alles was mir begegnet wird verschwinden vor dem was Sie zu erzählen haben, da ich denn gern verstummen will, wenn ich Sie nur gesund und froh wiedersehe.

Empfehlen Sie mich höchsten Orts auf`s angelegentlichste und erhalten mir Ihre freundschaftliche, theure[148] Gesinnungen. Hälfte Octobers bin ich wieder in Weimar, und fürchte nur wir haben noch lange auf unsre werthen und lieben zu warten. Doch ein glückliches Wiedersehen soll alles vergüten. Möge jeder Wunsch gelingen! Leben Sie recht wohl und gedencken manchmal meiner zu guter Stunde.

Franckfurt d. 23. Sept 1814.

Goethe.[149]


25/6912.


An Christiane von Goethe

[Heidelberg, 27. September 1814?]

Sonnabend, d. 24. Um sechs Uhr von Frfurt ab bey einem frischen Nebel, der den Fluss und sodann auch aufsteigend und sich verbreitend die Gegend einhüllte. Wir kamen so nach Darmstadt, der Himmel[42] heiterte sich völlig auf, so daß wir die Bergstrase in ihrem ganzen Glanze genossen. Die Nüsse wurden eben abgeschlagen, die Birnen erwarteten ihre Reife. So ging es von Station zu Station ohne Aufenthalt, bis endlich Weinheim und zuletzt Heidelberg erreicht ward. Den Sonnenuntergang sahen wir noch von der Brücke. Bey Boisserees fand ich das lieblichste Quartier, ein großes Zimmer neben der Gemälde Sammlung. August wird sich des Sickingischen Hauses erinnern auf dem großen Platze, dem Schloss gegenüber. Hinter welchem der Mond bald herauf kam und zu einem freundlichen Abendessen leuchtete.

Sonntag d. 25. Begann die Betrachtung der alten Meisterwercke des Niederlandes und da muss man bekennen daß sie wohl eine Wallfahrt werth sind. Ich wünschte daß alle Freunde sie sähen, besonders habe ich mir Freund Meyer, zu meinem eignen und der Sache Besten, an die Seite gewünscht. Ich darf nicht anfangen davon zu reden; so viel sage ich nur daß die beyden Boisserées, mit ihrem Freunde Bertram, das grosse Verdienst des Sammlens und Erhaltens dieser Kostbarkeiten durch geniesbare Aufstellung und einsichtige Unterhaltung erhöhen. Sage Hofr. Meyer gewisse Phrasen bespotte man in diesem Cirkel wie bey uns. Ich besuchte Paulus, Thibault und Voß, fand alle drey wohl und munter. Gegen Abends erstiegen wir das Schloß, das Thal erschien[43] in aller seiner Pracht und die Sonne ging herrlich unter. Der Schein hinter den Vogesen her glüht bis in die Nacht. Ich ging zeitig zu Bette.

Montag. 26. Gestern war van Eyck an der Tages Ordnung heute sein Schüler Hemling. Um diese zu begreifen werden auch die Vorgänger in Betracht gezogen und da tritt ein neues Unbegreifliches ein. Doch lässt sich der Gang dieser Kunst auf Begriffe bringen, die aber umständlich zu entwickeln sind. Zugleich machten mir Voß, Thibald und Paulus Gegenbesuch, der sehr angenehm vor jenen Bildern angenommen und begrüßt werden konnte. Mittags aßen wir zusammen und ein muntrer junger Artzt, Professor Nees, speiste mit uns. Unter andern erzählte man Geschichten von der Juden Lebenslust und ihrer Freygiebigkeit gegen den Arzt. Nach Tische Fortsetzung der Bilder Beschauung und Verehrung Frau v. Humboldt mit Ihrer Familie war angekommen. Ein Spaziergang mit Boisseree und ein Besuch bey Frau von Humbold schloßen den Tag.

Dienstag den 27ten. Man setzte die Betrachtung nachfolgender Meister fort. Johann Schooréel, zeichnet sich aus, er soll der erste gewesen seyn der aus Italien die Vortheile der Transalpinischen Kunst herübergebracht. Seine Arbeiten setze, in ihrer Art, abermals in Erstaunen. Auf ihn folgt Hemskerck, von welchem viele Bilder, dem H, Mauritius gleich, den Meyer in Weimar, copirt v. Frl. v. Helwig,[44] gesehen. Zwischen alle diese setzt sich Lucas von Leyden hinein, gleichsam abgeschlossen für sich; er sondert sich auf eine eigne Art von seinen Zeitgenossen. Alle diese Bilder sind gut erhalten und meist von großem Format. Oft Altarblätter mit beyden Flügeln. Mittag bey Paulus, mit Voß und Familie. Abends Spaziergang, den Necker hinauf und zurück auf die Brücke.

Soviel für diesmal. Ich werde fortfahren mein Tagebuch zu senden. Theile dieses Blat Hofr. Meyer mit, schönstens grüsend, so wie alle Nächsten und Freunde.

G.

Raben fand ich hier, er wird nächstens

in Weimar eintreffen.


25/6913.


An Christiane von Goethe

Heidelberg [1. October 1814.]

Mittwoch d. 28. Sept. Wiederholte Betrachtung der Bilder des Schoréel in Gesellschaft von Joh. v. Eycks, Hemskercks und Albert Dürers Wercken. Sodann ward der große van Eyck, die Anbetung der Könige, mit seinen beyden Flügeln, der Verkündigung und Darstellung im Tempel zusammen aufgestellt, wozu sie schöne Vorrichtung haben. Diese Drey streiten mit einem vierten um den Vorzug, Luckas[45] der die säugende Mutter Gottes mahlt. Selbst wenn man sie oft gesehen hat, hält man diese Bilder nicht für möglich. Ich suche mir jetzt den Gang dieser Kunst so gut als es gehen will zu vergegenwärtigen; auch bey ihr greift die politische und Kirchengeschichte mächtig ein. Die Besitzer haben die Sache gut studirt und erleichtern die Einsicht auf alle Weise.

Mittags bey Voß mit Paulus, wo es recht vergnüglich herging. Sodann spazieren. Abends bey Frau von Humbold. Nachts die Geschichte der Meister die mir bekannt geworden im Descamps gelesen.

Donnerstag d. 29. S. Byzantinische und Niederl. Gräcisirende Bilder. Nach Eyck auf Goldgrund gemahlte. Joh. v. Eycks Altar aus der Ferne gesehen. Quintin Messis. (Miniaturen aus Meßbüchern. Übereinstimmung der älteren Zeiten in sich. Ungeheures Element, das kirchliche, worinn unzählige Künstler Unterhalt und Gelegenheit finden. Mosaick, Schnizwerck, Goldschmieds Arbeit, Fresco, Miniatur Mahlerey, Stickerey Teppiche, Fahnen, alles in ganzen Gilden und Brüderschaften. Traditionen der Art die Charaktere und Geschichten vorzustellen, von denen man erst gar nicht abwich, und auch zuletzt immer das Wesentliche beybehielt.)

Bey Thibaut, in großer Männergesellschaft, sehr munter und vergnügt. Unser freundlicher Wirth tranck Augusts Gesundheit mit theilnehmender Liebe. Zu Hause, noch einiges gesehen. Zu Paulus, zu Frau[46] v. Humbold, welche sich zur Abreise anschickte. Herrlicher Mondenschein.

Freytag d. 30 Sept. Spazierte früh erst über die Brücke und zurück, die Sonne bezwang die Nebel. Durch die Stadt, zum Carlsthor hinaus, den Necker aufwärts im Schatten der Felsen. Es war der herrlichste Herbstmorgen. Ein wunderlicher Mann redete mich an, Nahmens Loos, ein Arzt, wollte Augusten gekannt haben. Ich erfuhr allerley von ihm. Dann begegnete mir Paulus und nun fing es an heis zu werden.

Zu Hause wurden wieder die besten Bilder hervorgerufen, nebeneinander gestellt und verglichen.

Mittags speisten wir bey Herrn Minister von Reizenstein, in sehr angenehmer Gesellschaft, zu Hause diskurrirten wir bis gegen Abend. brachten einige Stunden bey Herrn Domherr von Wambold zu.

Das Wetter war noch immer schön, obgleich die Hähne schon Morgens gekräht hatten.

Sonnabend d. 1. Octbr., bey einem obgleich windigen doch heitern Morgen auf das Schloss. Die Anlage des Gartens ist einzig reizend, wie die Aussicht heiter und reich. Die Gräben, Terassen, Wälle so hübsch und reinlich angelegt, daß es mit den alten ruinirten Türmen Gebäuden und Epheumauren den gefälligsten Contrast macht.

Dann las ich einiges betrachtete mehrere Bilder unter andern des Martin Hemskerck mit Aufmercksamkeit.[47] Von Cöln und den Niederlanden und was alles dort noch aufbewahrt ist ward viel gesprochen. Zu Mittag im Hause, mit denen Herren v. Reizenstein und Thibaut. Die Bilder, die man bisher einzeln betrachtet, waren nun in den drey Zimmern zusammen aufgehängt. Sie überwiegen alle Pracht, die sich der reichste geben kann. Heute Abend werden mehrere Freunde zusammen kommen. Morgen fahren wir nach Manheim, ich werde vor allem Lucks besuchen und ins Theater gehen. Davon vernehmt ihr das weitere. Und nun Adieu

G.


25/6914.


An Christiane von Goethe

[Heidelberg, 6. October 1814?]

Sonntag früh d. 2ten, fuhren wir nach Manheim. Der starcke Nordost konnte uns im Fahrhäuschen nichts anhaben und hatte den Himmel ganz rein gefegt. Die schöne Ebne, in der Ferne von Gebirgen begränzt, lag klarest von uns. Ich fuhr mit Boisserée dem älteren und wir gelangten gesprächig zum regelmäßigen Mannheim. Zuerst besuchte ich Herrn v. Luck, dann Frau von Seckendorf, sah bey GehR. Drais ein schönes Bild. Dann mit Luck in den Schloßgarten, der sehr schöne freye Ansichten zeigt. Dürre und kalter Wind machten ihn diesmal weniger angenehm. In dem Gasthof zu den drey Königen zu Tische, die übrigen Gesellen waren auch gekommen. Gegen[48] Abend zu Herrn v. Pfennig, dem Schwiegersohn der Frau von Dalberg, er nahm uns mit ins Schauspiel, wo ein Stück der Frau v. Weissenthurn, Johann von Friedland, uns gewaltig zusetzte. Nach eingenommenen zwey Ackten beurlaubten wir uns und fuhren zurück, da wir denn um ein Uhr bey hellem Mondschein glücklich in Heidelberg wieder angelangten.

Montag d. 3ten, Beschauten wir die Zeichnungen des Cöllner Doms, es sind deren fast so viele fertig als zum Wercke gehören und sehr fürtrefflich. Die Probedrücke der Radierten sind auch lobenswerth. Vor Tische zu Paulus, die Tochter ist ein gar hübsch Frauenzimmerchen geworden, und scheint noch immer ihre Eigenheiten zu bewahren. Der Sohn, klein für sein Alter, ist ein gar munter neckischer Junge. Wir assen zusammen zu Hause, umgeben von trefflichen Kunstwercken. Ich besuchte Voß in seiner Burg und fand ihn wie gewöhnlich. Am Abend, oder vielmehr zu Nacht, wurden einige Bilder die es vorzüglich vertragen, bey Erleuchtung angesehen, da man sich denn über das lebhafte Vortreten derselben verwundern mußte. Alsdann wurden allerley Geschichten erzählt, wie sich manche Zuschauer betragen, da es denn freylich manches zu lachen giebt. Ich ging zeitig zu Bette. Und las erwachend Thibauts kleine Schrift: Über die Nothwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland. Sie läßt, mit großer Sachkenntniß, uns tief in die Übel schauen, ohne[49] sehr die Hoffnung zu beleben daß sie gehoben werden könnten.

Dienstag d. 4ten, lockte uns der völlig klare Morgen, bey leidlicher Ostluft, aufs Schloß, wo wir des angenehmsten Spaziergangs, bey trefflicher Aussicht genossen. Die Gegend sieht Morgens so rein und frisch und Sonntäglich aus daß man nichts friedlicheres dencken kann. Darauf betrachteten wir zu Hause die Risse vieler Kirchen, die vor der Zeit vor Carl dem grosen bis zum Cöllner Dom gebaut worden und meist in Cölln und der Nachbarschaft befindlich sind. Einige leider nunmehr abgetragen. Paulus war bey uns zu Tische. Wir besuchten den Botanischen Garten, fanden die Gärtner beschäftigt ihre Pflanzen vor dem eindringenden Nord zu flüchten, entdeckten einen Kolben WälschKorn durch den Brand wundersam entstellt. Die Körner aufgeschwollen, mit schwarzem Pulver gefüllt. Ich bringe dies seltsame Exemplar in Spiritus mit. Abends zu Hause, unter manigfachen Gesprächen Über Kunst- und Weltgeschichte, auch manches moralische und religiose. – Daß man in Manheim Eurer in Liebe gedacht will ich nachholen.

Mittwoch d. 5ten Octbr. Lockte mich der schönste Sonnenschein früh aufs Schloß, wo ich mich in dem Labyrinth von Ruinen, Terassen und Garten Anlagen ergötzte und die heiterste Gegend abermals zu bewundern Gelegenheit hatte. Als ich eben herabsteigen[50] wollte überraschte mich die Gegenwart des Erbprinzen, den ich sodann zu den Merckwürdigkeiten des Schlosses begleitete. Er besuchte darauf die Sammlung der Boisserées und verlies Heidelberg alsbald. Ein großes Diner von Professoren, Civilbeamten und sonstigen Honorationen im Carlsberg, wozu man mich einlud, war sehr anständig und munter, es wurden Gesundheiten genug getruncken um zuletzt eine allgemeine Munterkeit zu verbreiten. Den Abend brachten wir unter mancherley Gesprächen hin, und so war auch dieser Tag gut angewendet. – Bemercken muß ich hier daß Castanien schon angeschafft worden und, gleich den Stöpfeln, in mancherley Gepäck vertheilt, mit nach Hause geführt werden. Mein nächstes berichtet mehr vom künftigen. Diesmal nur noch ein freundliches Andencken.

G.


25/6915.


An Carl Friedrich von Reinhard

Woher sollt' ich Ihnen, verehrter Freund, nach so langer Zeit am liebsten schreiben als von Heidelberg, um so viel Meilen näher, aus dem Boisseréeschen Hause, dessen Bekanntschaft und Freundschaft ich Ihnen danke und verdanke. Zuvörderst also ein Jahr zurück! Biß den 10. August verweilte in Töplitz, einige Tage sodann in Dresden, ertrug, nach manigfaltigen Sorgen, auch um Sie in jener peinlichen Lage,[51] die Folgen der großen Schlacht zu Hause, entging auch diesmal den angedrohten und annahenden Gefahren glücklich, verbrachte den Winter fleißig in Weimar, von da ich mich, nach einem kurzen Aufenthalt in einem nahen Bade, zu Ende Juli entfernte, acht Wochen in Wiesbaden und dem Rheingau zubrachte und nach einigem Aufenthalt in Frankfurt hierher gelangte, wo ich bey lieben verständigen Menschen des größtes Genusses der mir bereitet werden kann mich erfreuen darf.

Meine jungen Wirthe kennen Sie und waren schon längst mit ihnen durch Rath und That vereinigt. Man weiß nicht was man zuerst an ihnen bewundern soll, ihre wahre Neigung zu einem würdigen Gegenstand, oder die Beharrlichkeit solche durchzuführen. Das Glück das Sie begünstigt, macht die größte Freude und die Einigkeit worin sie es genießen, läßt den reinsten Genuß mit ihnen theilen. Noch in den letzten Zeiten haben sie treffliche Sachen gewonnen, so das auch geschichtlich sich alles enger aneinander reiht und mehrere Bilder von Einem Meister auch die Einsicht in die Verdienste eines jeden befördern. Ich bin schon zwölf Tage hier. Erst ist man erstaunt, dann bewundert, dann unterscheidet man, und doch wird man erst in der Entfernung recht fühlen was man dadurch gewonnen hat, aber auch was man nicht festhalten können. Der Mahlerey war der Vorzug gegönnt, nun sind wir zur Architektur gelangt und nun wird es bald Zeit zu scheiden.

[52] Wie sehr ich in bedrängten Augenblicken an Sie gedacht und Ihr Bestes gewünscht davon sind Sie überzeugt, so wie daß es mir ein rechter Trost war zu vernehmen daß Ihre treue Thätigkeit abermals anerkannt und belobt worden. Fahren Sie fort meiner zu gedenken. Ihren Brief durch Herrn v. Lindenau finde ich wahrscheinlich zu Hause und danke schönstens für dies beabsichtigte Lebenszeichen.

Da Ihnen bedeutende Handschriften oft genug vorkommen; so bitte mir manches bey Seite zu legen. Der Buchstabe R. läßt mich, so oft ich meine Sammlung durchgehe, jener ansehnlicher Gabe mit freudiger Erinnerung gedenken. Der dritte Band meiner Biographischen Versuche geht ab sobald ich nach Hause komme. Vielleicht kann ich noch etwas anderes beylegen. Mich tausendmal empfehlend. Morgen verlasse Heidelberg, nachdem es mir daselbst sehr wohlgegangen.

[Heidelberg] Sonnabend d. 8. Octbr. 1814.

Goethe.


25/6916.


An Christiane von Goethe

[Darmstadt, 10. October 1814.]

Donerstag d. 6ten Octbr. Hatte Boisserée Copien der Orignalrisse der vorzüglichsten Thürme und Kirchenvorderseiten an die Wände gesteckt und ging solche mit mir durch, nach den Jahren und Eigenschaften. Gleichfalls waren, zu diesem Zweck,[53] vielerley Wercke und Kupfer zur Hand, an welchen man den Gang der Kunst gleichfalls beobachten konnte. Dieses lehrreiche Studium beschäftigte uns den ganzen Morgen. Graf Hochberg besuchte mich und trug mir einen Grus an August auf. Zu Tische waren Herr v. Wamboldt und Just. R. Martin. Nach Tische stiegen wir, durch einen nach dem Rheinthale zu gelegnen Garten, des Herrn v. Smidts, gelangten bis zu den Riesensteinen, welches herabgestürtzte ungeheure Sandsteinblöcke sind. Sahen einen, zwar verhüllten, doch schönen Sonnenuntergang und stiegen herab in das Wohnhaus, welches Fr. v. Munck gegenwärtig bewohnt, ihr Gemahl ist in Carlsruhe. Sie erinnerte sich sehr freundlich der Gefälligkeit welche August für sie gehabt, und trug mir Grüße an ihn auf. Abends las ich noch etwas von Thibaut und bewunderte abermals seine Einsichten.

Freitag d. 7. Octbr. Thibauds Arbeit zu Ende gelesen. Mit Boisserée Fortsetzung gestriger architecktonischer Betrachtungen. Prof. Voß dachte mir die neue Ausgabe des Homers zum Geschenck. Sprach von Griesens Calderon. Zu Prof. Thibaut, zu Herrn v. Reizenstein, zu Paulus. Zu Tische waren: Kirchner. Abegg,

Eine Promenade gegen das Carlsthor dauerte nicht lange, ich studirte zu Hause das Gesehne und Gehörte durch. Dann ward beschlossen Sonntags von hier ab nach Darmstadt zu gehen. Abends saßen[54] wir abermals in den Bilderzimmern beysammen, beleuchteten einen wundersamen Lucas von Leyden, so dann den größeren Hemmling, lasen einige Lebensbeschreibungen der Mahler und schieden vergnügt. Es ist gerade Zeit das ich von hinnen gehe. Fürs erstemal ist es genug, nun müßte man wieder von forne zu weiterer Ausführung anfangen.

Sonnabend d. 8ten. Noch einiges Architecktonische. Dann Spaziergang den Necker aufwärts, rechts hinauf zum Wolfsbrunn. Mittag für uns. Dann zu Voß, den ich wegen Beharrlichkeit in seinem Übersetzungswesen bewundern mußte. Zu Paulus wo eine ganz muntre Zeit verbracht wurde. Zu Hause machte der Frau Amtmann, deren Zimmer ich eigentlich bewohne, Besuch, und hörte recht gut und schön Reicharts Compositionen meiner Lieder singen.

Hofr. Thibault war später noch bey uns zu einigem warmen Bischoff, da denn manches durchgesprochen wurde. Ungern nahm man Abschied von den Zimmern in denen so viele Schätze augenfällig, andre verhüllt stehen. Sie sind in der Gegenwart so vollkommen daß man wünschen muß sie immer wieder zu sehen. Einige lästige Besuche waren abgeleitet worden, aber manches gute wiederholt und so war diese Epoche abgeschlossen.

Sonntag d. 9ten. Früh sechs Uhr von Heidelberg beym schönsten SommerMorgen abgefahren. Bey Weinheim war die Gegend köstlich. In Heppenheim[55] frühstückten wir. In Darmstadt kamen wir gerade zur Table d'Hote. Nachher spazirte ich mit Schlosser durch die ebne staubige Stadt. Mancherley kam zur Sprache. Abends war der Wasserträger gegeben. Das Orchester ist ganz fürtrefflich, die Sänger gut, das Haus geräumig, die Zuschauer still und aufmercksam. Applaudirt wird wenig.

Und nähere ich mich denn immer wieder meinem Ziel bald bey Euch zu seyn. Heute Montag d. 10ten besehe ich hier die Museen, gehe an den Hof und gedencke morgen in Franckfurt zu seyn, wo ich Nachrichten von Euch zu finden hoffe, die ich so lange entbehre. So mit lebet wohl. Das Wetter ist sehr schön aber kalt; doch ist auf der Reise das Trockne am wünschenswerthesten. Lebet wohl!

G.


25/6917.


An Christiane von Goethe

[Frankfurt, 12. October 1814.]

Montag d. 10ten. In Darmstadt. Um acht Uhr aufs Museum, welches im Schlosse errichtet worden. Es hat Herrn Schleyermacher zum Vorsteher, der es gegründet. Es ist merckwürdig, wegen der Manigfaltigkeit seines Inhalts, so wie durch den Werth seiner einzelnen Schätze. Wenn dieser Anlage nach fortgefahren wird; so kann das Schloß zu Darmstadt sich künftig mit dem Schloß von Ambras vergleichen.

[56] Herrliche Gyps Abgüsse hat es vor diesem genannten älteren voraus. Die Pallas Veletri sah ich hier zuerst, dann manches bekannte sehr schön gegossen wieder. Einige Basreliefs von dem Tempel der Pallas zu Athen erfreuten mich höchlich. Ein solches Wunderliche muß man mit Augen gesehen haben. Ein Pferdekopf von den Venetianischen – und was müßte man nicht alles registriren! Von da an möchte wohl aus allen Kunstepochen, bis auf die neuste Zeit, wohl irgend ein Musterstück zu finden seyn.

(Siehe die dritte Seite)

Dienstag den 11ten. Wiederholte meinen Besuch auf dem Museum und besah mir noch alle vorzügliche Wercke die ich mir gestern gemerckt hatte. Darauf zu einem Architeckten, Moller, der sehr geschickt ist und den Boisserées an ihrem Wercke behülflich gewesen. Durch den sonderbarsten Zufall hat dieser den Original Aufriss des Cöllner Doms entdeckt, wodurch jene Arbeit sehr gefördert und genauer bestimmt wird. Ferner besuchte ich Primavesi, der früher die Aufsichten von Heidelberg radirte, nun aber Theater Mahler in Darmstadt ist. Hierauf zu Prinz Christian, der mich freundlich empfing und mich kurz vor meiner Abreise noch besuchte. Sulpiz Boisserée blieb und ich fuhr mit Schlosser ab. Ein Schaden am Rad hielt uns in langen auf, doch kamen wir zu rechter Zeit nach Franckf. wo uns Frau Schöff Schlosser gar liebreich empfing. Nach einer heitern[57] Abendtafel gings zu Bette. Überhaupt ist mir nicht leicht etwas so glücklich gelungen als diese Heidelberger Expedition, wovon eine umständliche Relation in Euren Händen seyn wird: denn dies ist der fünfte Brief den ich seit dem 28. Sept. absende.

(Supplement zum Montag) Bey Hofe war ich zu Tafel, die Grosherzoginn sehr freundlich und früherer Zeiten eingedenck. Der Grosherzog speist nicht mit, weil er am Fuße leidet. Ihm wartete ich in seinem Zimmer auf wo er sich nach allem was ihm in Weimar lieb und werth ist erkundigte. Wenn August Gelegenheit findet Durchl. der Herzoginn von den hiesigen Herrschaften auch von Prinz Christian das Beste zu sagen; so soll ers nicht versäumen. Auch nach Fr. v. Wedel und Stein ward gefragt und Herrn v. Einsiedel und mir viele Empfehlungen aufgetragen.

(Nun geht es wieder nach Franckfurt)

Mittwoch d. 12ten. Gestern Abend fand ich Euren Brief. Ihr sagt mir in Eil daß ihr Euch sehr wohl befindet, das ist freylich besser als wenn Ihr mit vielen Worten von einem schlechten Zustand Nachricht gäbet; doch hätte etwas mehr auch nicht geschadet. Heute besucht ich Gerning, dann Frau Melber, Mittag speiste Herr v. Buchholz mit uns. Nach Tische ging ich in eine Kupferstich Aucktion und kaufte für einen Cronenthaler sehr schöne Sachen. Abend zu Frau Geheimräthinn Willemer: denn dieser unser würdiger Freund ist nunmehr in forma verheiratet.

[58] Sie ist so freundlich und gut wie vormals. Er war nicht zu Hause. Mit Schlossern ging ich sodann auf die Brücke und an der schönen Aussicht hin und nun bin ich zu Hause erwartend was Morgen kommen wird. Jetzt lebet wohl. Nächstens erfahrt Ihr wie lange meines Bleibens hier seyn wird. Grüßet Wolfs und pflegt ihn aufs beste.

G.


25/6918.


An Christiane von Goethe

Donnerstag d. 13ten. Spazieren mit Schlosser auf die Brücke, in die Leonhardskirche wo noch alterthümliche Architecktur von Zeiten Carl des grossen befindlich. Zu Dlle Serviere, in den Brönnerischen Buchladen, welcher mit viel Geschmack und Eleganz angelegt ist. Zu Herrn Staatsr. Molitor. Zu Herrn v. Schellersheim. Es ist der bekannte Deutsche, der sich so viel in Florenz aufhielt und auf geschnittne Steine, Goldmünzen und Antiquitäten von edlem Metall sammelt. Wir sahen eine silberne Statue nicht gar 3 Zoll hoch, aus römischer Zeit einen Ziegenhirten vorstellend, man kann nichts artigers sehen. Von den Gemmen bringe ich Abdrücke mit. Bey Frau Brentano Birckenstock zu Tische. Spazieren gefahren. Herrlicher Sonnenuntergang. Wir fuhren zum Bockenheimer Thor hinaus, über den Gärten rechts herum nach Bornheim. Abends bey Herrn[59] v. Hügel. Die Fräulein spielte Hendelische Sonaten und Ouvertüren. Am Familien Tisch, mancherley Gespräche über Vergangnes und manche Gegenwärtige und nächste Verhältnisse.

Freytag d. 14ten. Zu Herrn von Schellersheim, um die Gemmen und Münzen weiter zu betrachten. Er hat ganz köstliche Dinge, wovon wir die Abdrücke genommen. Dann zu Geh. R. Willemer. Nur Frau Städel war bey Tische, Schlosser, ich und das junge Ehpaar. Wir waren sehr lustig und blieben lange beysammen, so daß ich von diesem Tage keine weitere Begebenheiten zu erzählen habe.

Sonnabend d. 15ten. Ging ich zu Frau Stock, wo über die bevorstehenden Feyerlichkeiten gesprochen wurde. Dann durch die Stadt, begegneten Riesen, mit dem ich die Anstalten der Gerüste besah die man zur Illumination aufführt. Vor dem Fahrthor fand ich mich mit Schlosser zusammen, wir fuhren über, zu Herrn Salzwedel, dessen Mineralien Sammlung wir besahen. Sie enthält köstliche Exemplare, allein die vielen Kriegsstürme haben dem Besitzer die Luft daran verkümmert. Mittags mit der Familie, dann zu Herrn Stedel der uns Zeichnungen wies. Unschätzbare Dinge. Über drey dutzend Guerchin, eins immer besser gedacht und ausgeführt als das andre. Federzeichnungen. Ein Original Mantegna, Rothstein. Von Cambiagi allerliebste Sachen. Einen Julius Roman, der ihn ganz carackterisirt, fast das wundersamste[60] was ich von ihm gesehen habe. Vielleicht ists möglich eine Durchzeichnung davon zu erlangen. Noch andere treffliche Sachen, doch unter falschem Nahmen.

Zu Mad. Brentano. Frauenzimmer Sitzung wegen der Nationaltracht. Wir empfahlen uns bald, um nicht nach solchen Geheimnissen lüstern zu scheinen. Solltet Ihr auch eingeladen werden Euch von aussen zu nationalisiren; so bedenckt daß einige Englische Cattune mitkommen, welche, obgleich fremder Stoff, doch gar gut kleiden. Ferner ist auch für Nähnadeln gesorgt, von der größten Brauchbarkeit. Castanien sind aufgehäuft, dass Carl nicht mehr weis wo mit hin.

Und so geht es mir fast auch mit allem was ich gesehen und mit den vielen Menschen die mir vorgekommen. Ich wünsche uns nur einen ruhigen Winter, daß ich erzählen und mittheilen kann. Meine Briefe hebt wohl auf, denn seit Heidelberg habe ich mein Calender-Tagebuch ausgesetzt.

Nun muß ich auch von der Schlosserischen Familie erzählen! Die Frau Schöff ist wohl und im Hause immer fort thätig, im Umgang sehr verständig, klug und einsichtig, auch sie hat diese Jahre her unendlich ausgestanden, ihre Ruhe und Gleichmuth ist musterhaft. Der ältere Sohn ist nach Wien mit seiner Frau. Er reiste denselben Tag als wir nach Heidelberg gingen, und ist glücklich dort angekommen. Mit Christian komme ich sehr gut zurecht, er ist liebevoll[61] und thätig, kennt die Stadt und die Verhältnisse, dadurch wird er mir sehr nützlich, indem ich mich mit meinem Betragen danach richten kann. Auch besitzt nicht leicht jemand hier soviel Wissen, so viel Kunstkenntniß und Liebe. Sein guter Wille gegen mich ist vollkommen. Und da jeder Mensch doch in allen Hauptpuncten für sich selbst sorgen muß, so mische ich mich weder in seine innre Angelegenheiten, noch in das was andre Menschen besonders betrifft. Die allgemeinen Gesellschafts Verhältnisse sind für mich höchst angenehm. Dieses schreibe Sonntags. Ein nächstes Blat wird die Begebenheiten dieses Tags berichten.

Sonntag d. 16ten [October 1814] Franckf.

G.


25/6919.


An Simon Moritz von Bethmann

Ew. Hochwohlgeb. kann erst in diesem Augenblicke mit Sicherheit benachrichtigen, daß ich diesen Abend aufzuwarten die Ehre haben werde. Erlauben Sie zugleich mit gastlicher Freymüthigkeit zu eröffnen, daß ich niemals gewohnt war, zu Nacht zu speisen und auch mir, besonders heute, nach so viel ausgestandenen Fest-Unruhen, eine baldige Nachtruhe erbitte. Mehreres mündlich, mich gehorsamst empfehlend

Frankfurt a. M., den 19. October 1814.

Goethe.[62]


25/6920.


An Christiane von Goethe

[Frankfurt, 20. October 1814.]

Sonntag d. 16ten besuchte mich Gerning, manches beredend. Sodann ging ich mit Schlosser auf den Catharinen Thurn. Der LandSturm zu Roß und Fuß zog, vom Exerziren, die Gallengasse herein und stellte sich auf der Zeil. Ich bedauerte daß die gute Mutter nicht auch das von ihrem Fenster aus mit anschaute. Angekündigt war eine Gemälde Ausstellung zur Aucktion. Daselbst fanden wir Portraits in Cassel erbeutet, in Coblenz verkauft, sämmtlich von Gerard (vielleicht dessen nächsten Schülern als Mitwirckern): Napoleon, Josephine, König und Königin von Spanien und Westphalen, alle Weyland; aber trefflich gemahlt. Besonders Sammt, Seide, Stickerey und Passament über alle Begriffe. Mich besuchte Herr Wilms ehmals unser, jetzt noch Souffleur des hiesigen Theaters. In guten Umständen, sogar Kunstliebhaber und Kupferstichsammler. Zu Herrn Geh. R. Quaita zu Tische, Meline die Hausfrau, die ganze Familie beysammen. Fröliche Tafel. Alle sprechen wie sei dencken und sind gutes Muths. Englische und Französche Caricaturen. Später nochmals zu Quaita. Vermehrte Gesellschaft.

Montag d. 17ten. um acht Uhr zu Schütz, wo wir die Bilder alter deutscher Kunst, wie sie aus den[63] aufgehobnen Klöstern genommen worden, abermals betrachteten. Freylich konnten wir sie besser schätzen und beurtheilen nachdem wir die Sammlung in Heidelberg so wohl studirt hatten. Wir beschäftigten uns damit bis gegen zwölf Uhr, da wir denn zu Brentanos gingen, dort zu speisen. Mad. Jordis, welche von Paris zurückgekommen, war auch daselbst. Nach Tische fuhren wir nach Offenbach, wo wir zuerst in dem Metzlerischen Garten eine Strelizia Reginä mit vielen Blumen blühend fanden, zwar nicht in der ersten Schönheit doch immer interessant genug, ferner andre bedeutende wohlerhaltne Pflanzen. Von da zu Herrn Meyer, seine Sammlung inländischer Vögel zu beschauen, die sehr schön aufgestellt und merckwürdig ist. Dann fuhren wir zurück und gelangten, unter dem Geläute aller Glocken, die das morgende Fest verkündigten nach Hause. Zu Herrn v. Hügel zum Thee.

Die Feyerlichkeiten von Dienstag und Mittwoch vermelden Euch vorläufig die Zeitungen, sie waren sehr glänzend. Heute Donnerstag d. 20ten gehe nach Hanau und bin Dienstag oder Mittwoch, wills Gott in Weimar. Ich freue mich sehr Euch wieder zu sehen. Es ist der Aussenwelt nun genug, wir wollen es nun wieder im Innern versuchen. Lebt wohl und liebt!

G.[64]


25/6921.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

vermelde nur kürzlich und schuldigst, daß ich am 27. huj. bey guter Zeit in Weimar eingetroffen bin, nachdem ich unserm heitern Freunde in Gelnhausen einen sehr angenehmen Abend schuldig geworden. Nehmen Sie meinen vorläufigen Dank freundlich auf und seyn überzeugt, daß ich mit erkenntlicher Rührung von Ihnen geschieden bin, und daß der so angenehme als belehrende Aufenthalt in Hanau mir unvergeßlich bleiben wird. haben Sie die Güte, mich überall angelegentlichst zu empfehlen, und mir von Sich recht bald einige Nachricht zu geben. Ich hoffe bald das Weitere zu vermelden, und einiges Gefällige zu senden.

Weimar den 31. Octbr. 1814.

Goethe.


Doctor Schlosser, in Frankfurt, ein sehr vorzüglicher junger Mann, wünscht Ihnen empfohlen zu seyn. Es fehlt ihm nicht an Kenntnissen in dem Fache, welches Sie so glücklich bearbeiten, und ist überzeugt durch Ihren belehrenden Umgang auf das schnellste gefördert zu werden.[65]


25/6922.


An Carl Friedrich Zelter

Leider habe ich nicht, wie ich hoffte, einen Brief von dir in Weimar vorgefunden, als ich am 27. huj wohl und vergnügt daselbst ankam, und ermangele also gänzlich neuerer Nachrichten. Indessen habe ich für dein reiches Blatt zu danken, wodurch du mich zum Mitgenossen deiner Rheinreise gemacht hast. Was mir seit jener Zeit begegnet, werde ich nächstens zusammenfassen und dir zusenden. Mir sind unendliche Schätze des Anschauens und der Belehrung geworden, vom Granit an bis zu den Arbeiten des Phidias und von da rückwärts bis auf unsere Zeiten.

Melde mir indessen wie es dir in deinen Umgebungen gelingt, melde mir von dem Frauenzimmerchen, und was deshalb zu erwarten ist. Nicht weniger was, nach deiner Ansicht, Epimenides für Gebärden schneiden wird, wenn erwacht. Hast du eine Abschrift vom Gastmahl der Weisen? ich zweifle daran. Riemer wollte noch die passenden Personagen darüber setzen. Poetisches ist seit der Zeit nichts vorgefallen, Welt und bildende Kunst haben mir genug zu schaffen gemacht, und nun das herzlichste Lebewohl.

Weimar den 31. Octbr. 1814.

Goethe.[66]


25/6923.


An Carl Ludwig von Knebel

Nachdem ich so lange, in der Fremde umherziehend, geschwiegen, will ich, zu Hause angekommen, dir sogleich, mein Theuerster, vorläufig einige Worte zusenden, bis ich dir in Jena selbst, umständlicher, wie es mir ergangen, erzählen kann. Ich habe von dem Wiesbader Wasser gute Folgen gespürt und mich die 3 Monate in einer für mich ganz neu gewordenen Welt herumtreiben, viel gesehen und gelernt und mancherley Zustände angeschaut und durchgeschaut. Leider hatte ich niemanden bey mir, der mir geschrieben hätte, weshalb auch meine Freunde sämmtlich ohne Nachricht von mir geblieben sind. Doch habe ich vieles notirt, welches ich freylich nun erst revidiren muß. Damit ich aber nicht ganz leer vor dir erscheine und mich für deinen freundlichen rhythmischen Empfang einigermaßen dankbar erweise, so lege hier ein paar bedeutende Briefe bey, welche, von Wolf und Zelter geschrieben, dir von jenen Gegenden einen heitern Begriff überliefern werden. In kurzem denke ich auch durch einen kleinen Aufsatz und sonstige Mittheilungen von meinem Erwerb mehr Kenntniß zu geben. Sehr ungern vernehme ich, daß du an einem unbequemen Übel leidest, und hoffe bald durch meine Gegenwart und mancherley Unterhaltung dir es wenigstens auf eine Zeit vergessen zu machen.[67] Und somit lebe recht wohl, grüße die Deinigen und laß bald von dir vernehmen.

Weimar den 2. Novbr. 1814.

G.


25/6924.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren begrüße von meiner Reise zurückkehrend auf das allerbeste und wünsche zu vernehmen, daß Sie Sich recht wohl befinden. Da ich noch nicht Muße gehabt die bisherigen Blätter der Literaturzeitung durchzusehen, so weiß ich nicht, ob der beykommenden Schrift schon gedacht ist, welche zu allenfallsigem Gebrauch hiermit übersende.

Ferner liegt ein Blättchen bey mit dem Ersuchen Herrn Dr. Lorsbach um gefällige Beantwortung nachstehender Frage anzugehen.

Herr von Hammer in seiner Übersetzung des Divans stellt den Namen Hafis rythmisch meistens so, daß er als Jambe gelesen werden muß, z.B.

»Sieh! es wird Hafisens Kiel pp.

Wird Hafisens süßes Lied pp.«

ein Kenner jedoch behauptet, wie beyliegendes Blatt ausweist, daß das Gegentheil das Rechte und das a lang sey.

So Verzeihung und geneigtes Andenken

ergebenst

Weimar den 2. November 1814.

Goethe.[68]


25/6925.


An Johann Heinrich Meyer

Möchten Sie, mein theurer Freund, heut nach Tische mich besuchen, und das Original und die Abschrift Ihrer Kunstgeschichte mitbringen, so werden wir dieses Geschäft wieder leicht in Bewegung setzen, ingleichen uns wegen der neulichen Mittheilung berathen können.

Weimar d. 4. Nvbr. 1814.

G.


25/6926.


An Friedrich August Wolf

Unter die ersten Schulden, welche ich bey meiner Rückkunft abzutragen habe, gehört es gewiß, daß ich Ihnen, mein verehrter Freund, so lange nichts vernehmen ließ, und Ihre werthen Briefe sind mir zu meiner großen Freude geworden, und derjenige noch ganz zuletzt in diesen Tagen, welchen Sie dem Feldfuhrküchen-Meister übergaben, der mir Ihr Wohlbehagen in Aachen und Spaa gar freundlich meldete.

Ich sende daher ein kleines Resumée meiner ganz Reise, welches bey meinen Freunden ein langes Stillschweigen entschuldigen soll, da wenigstens soviel daraus ersichtlich ist, daß ich meine Zeit gut angewendet, und mich nach allerley Gutem und Schönem umzuthun nicht unterlassen. Mögen Sie mir dagegen[69] sagen, wie Sie es angestellt, um in Nachahmung jener heiligen Könige vom Niederrhein wieder nach Hause zu kommen, ohne daß Herodes und seine Genossen das Mindeste davon gewahr werden können; so erzeigen Sie mir dadurch eine große Liebe und Freundschaft.

Mögen Sie mir ferner vermelden, womit Sie Sich diesen Winter beschäftigen, und was Sie Ihren vortrefflichen Landesleuten zu Liebe oder zu Leid thun wollen; so werden Sie mich sehr verbinden. Ich beschäftige mich die Notamina dieses Sommers einigermaßen zu redigiren, daß mir von dem Eingesammelten so wenig als möglich verloren gehe, vielleicht macht Ihnen in der Folge ein Theil davon auch Vergnügen. Und nun das herzlichste Lebewohl

Weimar den 8. Nvbr. 1814.

um kürzere Pausen des Briefwechsels ersuchend

Goethe.


[Beilage.]

Am 25. July reiste ich von Weimar ab, und sah meine zu ihrem Vortheil sehr veränderte Vaterstadt, Nachts den 28., bey'm doppelten Schein des klarsten Mondes und einer Ihrer Majestät, dem König von Preußen gewidmeten Illumination, nach 17 Jahren zum erstenmal wieder. Gelangte den 29. ej. um Mitternacht nach Wiesbaden, wo ich denn, bey sehr heiterm Wetter, in Gesellschaft von alten und neuerworbenen Freunden, die Cur auf's regelmäßigste zu brauchen[70] anfing. Doch fehlte es nicht an Unterbrechungen. Die Sonntage fand ich an dem Hofe zu Biebrich eine gnädige Aufnahme. Am 3. August feyerte ich das hohe Geburtsfest in Maynz, mit dem dortigen Österreichischen und Preußischen Militär und den Einwohnern. Am 15. d. M. machte ich eine Ausflucht nach Rüdesheim in Gesellschaft meines Freundes Zelter und des Herrn Oberbergrath Cramer. Den 16. ej. wohnten wir der Einweihung der Rochus-Kapelle über Bingen bey, ein Fest, das wohl eine eigene Beschreibung verdient. Diese Gegenden, mit allen ihren Herrlichkeiten, waren mir so gut als neu, und ich hatte mir in denselben wieder den Muth geholt, die Badecur fortzusetzen. Gegen Ende des Monats hatte ich das Glück in Maynz und Wiesbaden Durchl. Herzog von Weimar zu verehren, welchen den Weg von Aachen nach Hause durch diese Gegenden trug.

Vom 1. bis zum 8. September verweilte ich im Rheingau, dessen Genuß und Übersicht ich der Brentanoschen Familie schuldig geworden. Das rechte und linke Rheinufer lernte ich in der besten Gesellschaft und unter den günstigsten Umständen kennen. Nach Wiesbaden zurückgekehrt, fand ich in des Herrn Oberbergrath Cramers vortrefflichem Kabinett, durch Güte und einsichtige Mittheilung des Besitzers, eine belehrende Unterhaltung, wo ich einen Begriff der sämmtlichen Bergwerke der Nassauischen Lande mir eigen machen konnte. Herr Hauptmann und Bibliothekar[71] Hundeshagen hatte zugleich durch antiquarische, artistisch-literarische Mittheilung am Vergnügen und Nutzen, den ich aus meinem Aufenthalte zog, den größten Antheil.

Über Hochheim, Flörsheim und Weilbach, in Betrachtung mancher Naturgegenstände nach Frankfurt, wo ich mich ganz dem Wohlbehagen überließ, mit meinen theuern Landsleuten, nach so langer Zeit, wieder in Berührung zu kommen, welche mir alle Gelegenheit machten, die reichen Kunstschätze und die Schönheit der Umgebungen vollständig kennen zu lernen. Sollte ich übrigens alle Personen mit Namen nennen, denen ich Erfreuliches und Nützliches verdanke, so würde es ein großes Verzeichniß geben. Doch darf ich nicht verschweigen, daß die Brentanosche Familie, in allen ihren Zweigen, mir eine von den Eltern ererbte Freundschaft und Neigung bewiesen, daß Herr Schütz bey belehrender Vorzeigung der trefflichen alten, noch nicht aufgestellten Mahlereyen, keine Bemühung gespart, daß Herr Geheimerath von Willemer sein früheres Zutrauen auf jede Weise im hohen Grade abermals bethätiget, und daß meine ältern Schul- und akademischen Freunde, die noch übrig geblieben, mich mit warmer Liebe empfangen.

Vom 24. Septbr. bis zum 8. Oktbr. befand ich mich in Heidelberg, in Betrachtung der Boisseréeschen[72] Sammlung, wo man die Stufen der niederländischen Kunstschule, durch das byzantinische und gräcifirende Bemühen, bis zu Johann von Eyck, und dessen Schüler und Nachfolger, auf eine Weise kennen lernt, die in Verwunderung setzt. Die hohen Verdienste von Männern, deren Namen man kaum gekannt, sind uns hier vor Augen gestellt, und ein trüber Theil der Kunstgeschichte in das hellste Licht gesetzt. Das schönste Wetter erlaubte jene herrliche Gegend von allen Puncten und nach allen Seiten hin zu beschauen, und es geschah dieses in Gesellschaft von ältern Freunden und Bekannten, die sich noch gern der guten Zeiten von Jena erinnern mochten. So konnte ich auch in Mannheim, mit Freunden, vergangener Weimarischen Tage gedenken, und in gleicher Rücksicht erfreute ich mich in Darmstadt einer gnädigen Aufnahme der Großherzoglichen Familie. Hier hatte ich zugleich ein vortreffliches Orchester und ein reiches Museum zu bewundern, welches dem Herrn Kabinettsrath Schleiermacher seine blühende Ordnung verdankt.

Vom 13. an kehrte ich wieder in meinen behaglichen Frankfurter Zustand zurück, beschaute Nachts, den 18., nach vollbrachtem wohlgeordnetem Feste, vom Mühlberge, die durch tausend und aber tausend Feuer erleuchtete Gebirgsreihe und sonstige ferne und nahe Gegend. den 19. war die Stadt auf's prächtigste illuminirt, und ich glaubte mit dieser Feyerlichkeit schließen zu müssen, obgleich noch mehrere Feste[73] mich zu bleiben lockten. In Hanau konnte ich, in dem Kabinett des Herrn Geheimerath Leonhard, alle meine Kenntnisse des anorganischen Reiches recapituliren, um sie nicht wenig vermehren; und so kam ich denn endlich den 27. Oktbr. in Weimar glücklich wieder an, wo ich mein Haus und die Meinigen im besten Zustande fand.

G.


25/6972.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

danke auch für den letzten freundlichen Brief auf das verbindlichste, und verfehle nicht, durch Herrn Hofrath Westermayr wenigstens in einer geringen Sendung meine Erkenntlichkeit anzudeuten. Es erfolgt nämlich hierbey

1) ein Stück Scheelium, nicht weniger

2) ein Crystall desselben, klein aber deutlich, ferner

3) ein Stück Bononischen Leuchtsteins, wie ich solchen aus dem Gebirge selbst, vor soviel Jahren genommen; der daran befindliche Thon ist noch die ursprüngliche Umgebung.

4) ein Stück von der gezackten Röhre eines Blitzsinters, welches aus vom Blitz geschmolzenem Sande entstanden, aus der Senne bey Lopshorn im Lippischen.

5) ein Stück von einer runden Röhre desgleichen.

[74] Gern legt ich noch mehreres bey, allein ich mag mich umsehen wie ich will, so finde ich nichts, als was Ew. Hochwohlgeboren nicht schon besser besäßen: es hieße nur, Eulen nach Athen tragen.

Der ich mich auf das angelegentlichste Denenselben, Ihrer Frau Gemahlin und allen Wohlwollenden bestens empfehle.

gehorsamst

Weimar den 9. Nvbr. 1814.

Goethe.


25/6928.


An Carl Ludwig von Knebel

Weimar den 9. Novbr. 1814.

Unter denjenigen Vortheilen, welche mir meine letzte Reise gebracht, stehet wohl die Duldsamkeit oben an, die ich, mehr als jemals, für den einzelnen Menschen empfinde. Wenn man mehrere Hunderte näher, Tausende ferne beobachtet, so muß man sich gestehen, daß am Ende jeder genug zu thun hat, sich einen Zustand einzuleiten, zu erhalten, und zu fördern; man kann niemanden meistern, wie er dabey zu Werke gehen soll, denn am Ende bleibt es ihm doch allein überlassen wie er sich im Unglück helfen und im Glücke finden kann. In diesen Betrachtungen bin ich dieses Mal sehr glücklich durch die Welt gekommen, indem ich von niemand etwas weiter verlangte, als was er geben konnte und wollte, ihm weiter nichts anbot als was ihm gemäß war, und mit großer Heiterkeit[75] nahm und gab, als Tag und Umstände brachten; und so hab ich niemanden in seiner Lebensweise irre gemacht. Überzeugung, Sitte, Gewohnheit, Liebhaberey, Religion, alles erschien mir durchaus den Personen gemäß, die sich gegen mich äußerten, und so habe ich es auch in Ansehung des Geschmacks gefunden.

Jeder sucht und wünscht wozu ihm Schnabel oder Schnauze gewachsen ist. Der will's aus der enghalsigen Flasche, der vom flachen Teller, einer die rohe, ein anderer die gekochte Speise. Und so hab ich mir denn auch, bey dieser Gelegenheit, meine Töpfchen und Näpfchen, Flaschen und Krüglein gar sorgsam gefüllt, ja mein Geschirr mit manchen Geräthschaften vermehrt. Ich habe an der Homerischen, wie an der Nibelungischen Tafel geschmaust, mir aber für meine Person nichts gemäßer gefunden, als die breite und tiefe immer lebendige Natur, die Werke der griechischen Dichter und Bildner.

Das Höchste, was mir zu Theil geworden, sind einige Basreliefs von der Zelle des Parthenons, die Pallas Velletri, der unendlich schöne Rumpf einer Venus; sodann der Kopf eines Venetianischen Pferdes.

Von köstlichen Gemmen kann ich Abdrücke vorweisen; von der hohen italischen Schule habe ich köstliche Gemälde, Zeichnungen und Kupfer gesehen.

Soviel für dießmal. Ich lege eine Skizze meiner Reise-Chronologie bey, die ich mir bald wieder erbitte.

Vale fave.

G.[76]


25/6929.


An Friederike Bethmann-Unzelmann

Weimar, den 12. November 1814.

Auf Ihre freundliche zutrauliche Sendung, meine Theure, antworte ich schnell, aber ungern, da ich Ihre Wünsche zu erfüllen nicht im Stande bin. Eine dreymonatliche Reise hat mich in die sehr unbequeme Lage versetzt, daß ich weder rechts noch links sehen kann, wenn ich bis Ostern dasjenige leisten will, was man von mir fordert und erwartet. Gern möchte ich unserm verewigten Iffland auch auf meine Weise ein Denkmalstiften, und zu jenem beytragen, das eine so liebe Hand errichtet. Ich habe seine Verdienste gewiß rein empfunden und sehr oft darüber nachgedacht. Gelingt es mir jemals, etwas davon auszusprechen, so hoffe ich es in der Form zu thun, die Ihrem Zwecke gemäß ist.

Leider darf ich auch meinen Herrn Mitcommissarien bey'm Theater kaum von Ihrem zweyten Wunsche Kenntniß geben. Wir haben so entschieden, auch bey dringend nahen Gelegenheiten, alles was nur einer Benefizvorstellung ähnlich sieht, abgelehnt, daß wir nun bittere Vorwürfe erwarten müßten, wenn wir eine solche, selbst zu dem löblichsten Zwecke, ankündigen wollten. Gedenken Sie mein zu guter Stunde, und verzeihen das doppelte Nein; welches Sie doch aus meinem Briefe heraushören würden, wenn ich es auch[77] mit noch so viel glatten Worten umkleiden wollte. Möchte ich immer da Beste von Ihnen vernehmen!

Möchten Sie meiner, auch in diesen schönen und glänzenden Tagen, mit Neigung gedenken.

Goethe.


25/6930.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Mitte November 1814.]

Sie werden hiedurch, mein lieber Professor, ersucht mir das Gastmahl der Weisen gefällig zu übersenden. Zelter erinnert mich. Hâfis hat sich auch wieder gemeldet.

Goethe.


25/6931.


An Sara von Grotthuß

Ihr lieber Brief, meine theuere Freundin, langt eben so freundlich bey mir an, als Beyliegendes abgeschrieben ist, welches meinen theilnehmenden Freunden, nach so langer Pause einige Nachricht von mir geben soll; nehmen Sie es günstig auf, und begleiten mich auf meinen Irrfahrten mit günstigen Gesinnungen. Daß Sie wohl sind, und immer lebhaft an allem Guten und Edeln theilnehmen, haben mir einige Freunde vertraut, die das Glück hatten, Ihnen in Tharand zu begegnen. Von Riemen kann ich Ihnen sagen, daß er glücklich verheiratet ist, und[78] daß ihm Ihre Grüße und Gaben in diesem Augenblicke doppelt werth sind. Nun aber leben Sie wohl. Empfehlen mich Ihrem theuern Gemahl und gedenken mein wie immer.

Weimar d. 16. Nvbr. 1814.

Goethe.


25/6932.


An Christian Wilhelm von Dohm

[Concept.]

Ew. Excellenz

verehrliches Schreiben, welches mir ein so geneigtes Andenken versichert, darf ich nicht länger unbeantwortet lassen, da ich das bey meiner Rückkunft vorgefundene treffliche Werk nunmehr mit Ruh und Aufmerksamkeit gelesen habe, und meinen gefühltesten Dank dafür darzubringen im Stande bin. Es erfüllt die Wünsche und befriedigt die Erwartung gewiß aller derjenigen, die im Kurzvergangenen das eingehüllte Gegenwärtige und Zukünftige erkennen mögen.

Lassen Ew. Excellenz uns die Fortsetzung nicht so lang entbehren, zu welcher einiges von meiner Seite beyzutragen, mir die angenehmste Pflicht seyn würde. Sobald der Herzog, mein gnädigster Herr, von Wien zurückkommt, werde ich nicht verfehlen Ihrer Wünsche zu gedenken. Jene Acten enthalten freylich wunderbare Dinge, und so mancherley einzelne seltsame Verhältnisse und Beziehungen, welche vielleicht besser noch[79] geheim bleiben. Denn in seinen ersten Anfängen hatte dieses Unternehmen mehr die Gestalt eine Verschwörung als eines Bundes, deswegen es auch gleich mißlang, sobald es öffentlich die letztere Form annehmen sollte. Doch wie kann Ew. Excellenz darüber etwas neues sagen, da Ihnen von den Hauptmomenten gewiß nichts verborgen geblieben ist. Mich mit aufrichtiger Verehrung zu fortdauerndem gewogentlichen Zutrauen gehorsamst empfehlend.

Weimar den 16. Novbr. 1814.


25/6933.


An Antonio Brizzi

[Concept.]

Ihre, mein werthester Herr, an mich wiederholt gethane Anfrage würde ich längst beantwortet haben, wenn mir nicht die höchste Entscheidung meines gnädigsten Herrn des Herzogs darüber abginge. Sobald ich dieselbe erhalte, werde ich nicht ermangeln davon Meldung zu thun, ob ich gleich nach der Kenntniß unserer theatralischen Verhältnisse, und der diesen Winter vorseyenden Beschäftigungen zum voraus zweifeln muß, daß wir das Vergnügen haben werden Sie und Ihre Demoiselle Tochter diesen Winter bey uns zu sehen. Ich empfehle mich und die Meinigen Ihnen und den lieben Ihrigen auf's allerbeste und habe die Ehre mich mit besonderer Hochachtung zu unterzeichnen.

Weimar den 18. Novbr. 1814.[80]


25/6934.


An Sulpiz Boisserée

Nach einem so gehaltvollen Zusammenseyn und einer so reichen Mittheilung fällt es schwer, aus der Ferne das Gespräch wieder anzuknüpfen, doch will ich nicht aufschieben Ihnen einige dankbare Worte für soviel empfangenes Gute zuzusprechen. Ohne zu wiederholen, wieviel Gutes mir durch Sie und die Ihrigen geworden, und ohne zu versichern, daß es bey mir wächst und fruchtet, sage ich nur: daß die nach meiner Rückkehr vorgenommenen Arbeiten mich zur Kunst und Kunstgeschichte zurückführen, und daß alles bey Ihnen Erfahrene sich sehr schön an das Ganze anschließt, und einen herrlichen Platz einnimmt.

Einen älteren und neuern Besitz niederländischer Kunstschätze, späterer Meister, weiß ich nun erst recht zu schätzen, und um zu zeigen, wie nah sich meine Blätter an die Epoche anschließen, der Sie Ihre Aufmerksamkeit gewidmet haben, will ich nur sagen, daß eine sehr schöne und bedeutende Zeichnung von Calvaert in meine Hände gekommen, wie denn auch von Bloemaert, Rubens, Rembrandt u.a. bedeutenden Männern unbezweifelte wichtige Arbeiten bey mir eingekehrt sind. Diese weiß ich erst recht in ihrer Maaße zu ehren, da ich die Trefflichkeit ihrer Vorgänger kenne, von denen sie eine so gründliche[81] Überlieferung erbten, daß sie nach jener großen Zerstörung wieder eine neue Kunstwelt herstellen konnten.

Nicht weniger giebt mir die Absicht, die Papiere, meine erste italiänische Reise betreffend, zu ordnen und zu redigiren, einen Blick in meine frühere Kunstbildung, wo ich, glücklicher Weise, wenig Falsches zu bedauern, nur manches Einseitige zu belächeln habe. Doch wir kommen ja, als Individuen, niemals ganz von einer Seite los, und es ist daher unsere Pflicht die andern auf der ihrigen zu betrachten, zu erkennen und zu lieben. Da ich Gelegenheit gehabt, noch mehr echte byzantinische Arbeiten zu sehen, so bin ich überzeugter, daß von dort her der ganze Cyclus des christlichen Olymps bildlich ist überliefert worden, welches wohl geschehen mußte, da man mehr oder weniger die charakteristischen Verschiedenheiten der Ober- und Untergötter auszudrücken bemüht gewesen. Haben Sie die Gefälligkeit von Ihrer Seite weiter darauf zu merken, weil für Kunst und Kunstgeschichte die Abstammung der Gestalten immer das Bedeutendste bleibt.

Und somit leben Sie wohl, empfehlen Sie mich aller Orten, und entschuldigen mich, wenn ich der Pflicht, etwas von mir hören zu lassen, noch nicht nachgekommen. Ich muß mich freylich, bey dem vielen Guten, was ich auf dieser Weise empfangen, beynahe für insolvent erklären. Und damit leben Sie wohl, und lassen mich bald vernehmen, wie Sie Sich befinden.[82] Hauptmann Raabe grüßt, er wohnt bey mir und belebt meinen kleinen Besitz und mein eifriges Wollen.

Auf glückliches Wiedersehn!

Weimar d. 19. Nvbr. 1814.

Goethe.


25/6935.


An Johann Friedrich Fuchs

Ew. Wohlgeboren

hätte längst zu besuchen, und über manches Interessante, was ich auf meiner Reise bemerkt, zu sprechen gewünscht, auch hoffe ich daß mir bald ein heiterer und belehrender Aufenthalt in Jena werden soll.

Die Veranlassung zu Gegenwärtigem ist indessen der Wunsch des Herrn Bergrath Kiesers, die in dem Jenaischen anatomischen Kabinett befindlichen Martenschen Wachspräparate zu seinem Vorhaben zu benutzen. Herzogliche Commision trägt kein Bedenken, diese zu verwilligen. Daher Ew. Wohlgeboren die Gefälligkeit haben werden, mit Herrn Bergrath einen zugleich belehrenden und schonenden Gebrauch zu verabreden.

Möchten Ew. Wohlgeboren mir bald einige Nachricht geben, wie dieses Jahr über bey unserm anatomischen Kabinett ergangen, wie es erhalten und verwahrt worden und inwieferne Sie mit Ihrem bisherigen Aufseher zufrieden sind, so würde mir dies eine gute Vorbereitung zu meinem Jahresberichte seyn,[83] vor dessen Abfassung ich das Vergnügen hoffe, Sie in Jena zu sehen. Der ich mich mit vollkommener Hochachtung unterzeichne.

Weimar d. 19. Novbr. 1814.

Goethe.


25/6936.


An Dietrich Georg Kieser

Ew. Wohlgeboren

verschaffen mir eine angenehme Angelegenheit, thätig zu zeigen, wie gern ich Ihre Studien, Absichten und Unternehmungen zu befördern wünsche. Beyliegendes Blatt autorisirt Herrn Hofrath Fuchs zur Mittheilung der bewußten Präparate. Bey Ihrer mir bekannten Sorgfalt und Genauigkeit darf ich deren Schonung und Erhaltung nicht anempfehlen. Unberührt darf ich nicht lassen, daß ich die berühmte Weilbacher Schwefelquelle besucht, und ihre Fülle und Gehalt nicht ohne Neid betrachtet. Sie ist sorgfältig gefaßt und zur Füllung der Krüge die nöthige Anstalt, aber freylich zum Baden nicht die geringste getroffen. Bey Wiedereröffnung der Rheinschifffahrt haben sie wieder sehr starken Absatz. Ich lege die Schrift von Crevé bey, die Ihnen wohl schon bekannt seyn wird. Der ich recht wohl zu leben wünsche, und mich bald zu guter Stunde mit Ihnen in Jena über manchen interessanten Gegenstand zu unterhalten gedenke.

Weimar d. 19. Novbr. 1814.

Goethe.[84]


25/6937.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excell. gestern übersendetes Blatt, das ich mündlich zu erläutern wünschte, hat die Bedeutung: Kräuter eröffnete mir vor einigen Tagen, daß er vernommen, wie abermals ein neues Subject angestellt werden sollte, er sey dadurch in einen sehr bekümmerlichen Zustand versetzt und bitte seiner langen, beynahe blos auf Hoffnung geleisteter Dienste zu gedenken. Ich konnte ihm nur im Allgemeinen etwas erwidern, verlangte aber, daß er aufsetze, was ihm seine doppelte Stelle gegenwärtig eintrage. Jenes Blatt enthielt die Notiz.

Ew. Excell. vollkommnen Umsicht und Wohlwollen empfehle diese Angelegenheit dringend. Mir sind die Mittel und Wege nicht bekannt, wie hier etwas Gutes für die Menschen und die Sache zu erreichen. Nur wer immer wirkt, vermag zu wirken.

Zutrauend

Weimar 19. Novbr. 1814.

G.


25/6938.


An Dorothea von Chassepot,geb. von Knabenau

[Concept.]

[21. November 1814.]

Daß ich meinen Freunden manchmal verstumme, ist so hergebracht, und wird mir gewöhnlich verziehen,[85] doch folge ich den Lieben immer in Gedanken, und freue mich ihres Wohlbefindens. Sie sollen daher gelobt und gepriesen seyn, meine schönste Freundin, daß Sie mir melden, wie das Glück sich mit Ihnen wieder ausgesöhnt, und dauerhaft verbunden hat Ich segne die großen Veränderungen doppelt und dreyfach, da sie auch zu Ihren Gunsten gewirkt haben.

Leben Sie recht wohl, genießen Sie Ihre sichere Lage und lesen mit einigem Antheil Nachstehendes, wodurch Ihnen die Schicksale meines letzten Jahres an's Herz gelegt werden.

Weimar d. 16. Novbr. 1814.


25/6939.


An Antonia Brentano

Da mir nicht mehr vergönnt ist, zu guter Stunde an dem St. Gallenthor zu erscheinen, um in der Gegenwart einer verehrten Freundin der angenehmsten Augenblicke zu genießen; so sende ich nächstens einige Repräsentanten, mit dem ausdrücklichen Auftrag, sich Ihnen, wo möglich, gefällig zu machen. Lassen Sie Sich durch die ungleiche, und von manchen Menschen für unglücklich gehaltene Zahl nicht irre machen, wählen Sie vielmehr einen derselben vorzüglich aus und erzeigen ihm einiges Freundliche, und dann wäre ich wohl neugierig zu wissen, auf welchen die Wahl gefallen ist. Mehr will ich dießmal nicht sagen, als[86] daß der Syrische Baron auch hier großes Aufsehen macht, und wenn er noch lebte, sich einer bedeutenden Anzahl freundlicher Unterschriften zu erfreuen haben würde. Empfehlen Sie mich im engeren und weiteren Kreise, und lassen mich manchmal durch Ihren braunlockigen Custode wissen, wie weit es mit dem Kunstsaal und dessen Anordnung gediehen ist. Erlauben Sie diesem jungen Freunde sich mit Ihren Schätzen bekannt zu machen, so werde auch ich in der Ferne das Nähere davon erfahren und mich vorbereiten, bey ersehnter Frühjahrszeit, auch meinen Theil des Genusses froh und würdig hinzunehmen. Möge ich von Ihrem Wohlbefinden immer das Erwünschteste hören.

Lassen Sie Sich die fremde Hand nicht fremd seyn! und glauben daß alles was unmittelbar oder mittelbar an Sie richte aus einem feinen, Ihnen aufrichtig gewidmeten Herzen spricht.

Weimar d. 21. Nov. 1814.

Goethe.


25/6940.


An Carl Friedrich Zelter

Nur eilig vermelde, mein theuerster Freund, daß Kraut und Rüben glücklich angekommen sind. Diese Bezeichnung verdienen schon an und für sich die Comödienzeddel, geschweige denn in Begleitung von erwünschten Eßwaaren.

[87] Die Frauenzimmer danken für die Cölner Wohlgerüche. Frau Professor Riemer wird sich an ihrem Theil in den Flitterwochen erquicken. Ferner ist das Vorwärts angekommen, es scheint aber dieß nicht der Wahlspruch euerer Anstalten zu seyn. Von allem übrigen nach dem neuen Jahre, wo wir zwar um vieles klüger, aber um weniges besser seyn werden. Bis dahin habe ich auch noch zu thun, meine Schuld, wegen unendlichen Gefälligkeiten, die mir auf der Reise erzeigt worden, nur einigermaßen zu mindern; das Gastmahl der Weisen wird indessen aufwarten. Mohamed Schemfed-din hat sich auch wieder vernehmen lassen. Auch ich sehe dem Frühjahre und den warmen Bädern mit Verlangen entgegen. Im Alter thäte man wohl, wie Karl der Große, seine Residenz in einem solchen Dunstkreise zu fixiren. Und somit Gott befohlen.

Herrn Staatsrath Schulz grüsse zum schönsten!

Weimar, den 21. Nvbr. 1814.

Goethe.


25/6941.


An Johann Friedrich Sältzer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben vergangenen Sommer die Gefälligkeit gehabt, verschiedene, von Frankfurt her, an Dieselben addressirten Kisten, hierher an mich gelange zu lasse, wofür ich meinen ergebensten Dank hierdurch abstatte, und[88] zugleich vermelde, daß abermals eine Kiste Mineralien nach Eisensach abgegangen. Durch einen Irrthum meines Freundes ist sie jedoch unter der Addresse: Burgermeister Glaeser, abgesendet worden. Weil nun hierdurch ein Irrthum entstehen, und sich zu dem Empfang derselben niemand finden dürfte; so habe ich Ew. Wohlgeboren hiervon benachrichtigen und ersuchen wollen, gedachte Kiste gefällig an sich zu nehmen, und sie mir durch irgend eine Fuhrgelegenheit geneigt zu übersenden. Welches ich dankbarlichst erkennend mich mit vorzüglicher Hochachtung unterzeichne.

Weimar d. 23. Novbr. 1814.


25/6942.


An Ernst Christian Friedrich AdamSchleiermacher

[Concept.]

[23. November 1814.]

Wohlgeborner

Insonders hochgeehrtester Herr!

Ew. Wohlgeb. um eine Gefälligkeit ergebenst anzusehen wag ich um so eher, als ich dadurch Gelegenheit erhalte, für die angenehmen und lehrreichen Stunden zu danken, welche Sie mir bey meinem kurzen Aufenthalt in Darmstadt so freundlich gegönnt. Ew. Wohlgeb. bemerkten damals, bey geneigter Vorzeigung der fossilen Knochen, daß man auch diese durch Gypsabgüsse vervielfältigen und dadurch eben so wichtige als seltene Naturgegenstände unter den Freunden der Wissenschaft verbreiten könne.

[89] Erlauben Sie mir zu gestehen, daß ich diesen glücklichen Gedanken bey jenem monstrosen Schädel angewendet wünschte, von welchem eine Abbildung auf keinem andern Wege denkbar ist. Diesen stillen Wunsch äußere ich um desto zutraulicher, als ich von Ihro des Prinzen Christian Durchl. vernommen, daß mein gnädigster Herr der Herzog von Weimar eine Nachbildung jenes außerordentlichen pathologischen Schädels gewünscht. Ich nehme mir daher die Freyheit anzufragen, ob es nicht gefällig seyn möchte durch den dortigen geschickten Bildhauer gedachten Schädel dergestalt formen zu lassen, daß sowohl die äußere als innere Fläche und ihre Beschaffenheit deutlich erkannt, nicht weniger die abnorme Dicke der Hirnschale bewundert werden könne. Ew. Wohlgeboren werden hierdurch meinem gnädigsten Herrn und dem Kreise unserer Naturforscher nicht nur eine besondere Gefälligkeit erzeigen, sondern auch manchen Kenner und Freund durch Vervielfältigung der Exemplare höchlich verbinden.

Der ich mit lebhaftem Dank für die erwiesene belehrende Güte um Verzeihung des gegenwärtigen Antrags bitten muß, den gnädigsten höchsten Herrschaften angelegentlich unterthänigst empfohlen zu seyn, und Ew. Wohlgeboren in irgend einem Falle angenehme und nützliche Dienste zu erwidern wünsche.

Weimar d. 21. Novbr. 1814.[90]


25/6943.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Exzell.

Haben mich, durch die so baldige als günstige Einleitung des vorliegenden Geschäftes, abermals zu lebhaftem Danck verpflichtet. Die Conzepte kommen hiebey mit Bitte die Munda geneigt zu befehlen. Möchte ich von Ihrem Wohlseyn das Beste vernehmen!

W. d. 23. Nov. 1814.

Goethe.


25/6944.


An Antonia Brentano

Glückliche Fahrt dem Kästlein wünschend und sich zu Freundschaft und Wohlwollen empfehlend.

Weimar d. 24. Nov. 1814.

Goethe.


25/6945.


An Christian Heinrich Schlosser

[Concept.]

[25. November 1814.]

Die Neigung, welche mir meine lieben Landsleute so freundlich zugewendet, und welche Sie, mein Theuerster, so liebevoll ausdrücken, kann ich treu und redlich erwidern, indem ich versichere, daß mir bey meinem dortigen Aufenthalt ein neues Licht fröhlicher Wirksamkeit aufgegangen, wovon ich für mich und andere glückliche Förderung hoffen darf.

[91] Der unselige Krieg und die fremde Herrschaft hatten alles verwirrt und zum Starren gebracht, die literarische Communikation stockte, mit ihrem Wesen und Unwesen. Aber auch in den Wissenschaften fanden sich innerliche Hindernisse, daß, bey der Art, wie ich sie allein treiben mag, ein redliches Bemühn blos in Hoffnung auf die Zukunft sich einigermaßen stärken konnte. Zugleich ward eine höhere ideelle Behandlung immer mehr von dem Wirklichen getrennt, durch ein Transcendiren, und Mystificiren, wo das Hohle vom Gehaltvollen nicht mehr zu unterscheiden ist, und jedes Urbild, das Gott der menschlichen Seele verliehen hat, sich in Traum und Nebel verschweben muß.

In unserer Gegend hatte der Krieg, die allgemeine Bewegung der Gemüther, und mancher andere ungünstige Umstand zusammengewirkt, und den schönsten Kreis, wovon Weimar und Jena die beyden Brennpuncte sind, wo nicht aufzulösen, doch seine Bewegungen zu hemmen, zu stören vermocht, und ich sah mich fast auf mich selbst zurückgedrängt. Diese Zeit benutzte ich um mich in mir selbst historisch zu bespiegeln, da ich mich denn sehr freue, daß die Resultate meiner drey Bändchen auch andern Gelegenheit geben mögen, auf sich selbst zurückzukehren.

Der erste Blick in jene vaterländische Gegend, nach so langer Abwesenheit, eröffnete mir eine freyere Laufbahn, denn ich fand eine nach so langem Druck wieder sich selbst gegebene Stadtfamilie (will ich es nennen,[92] um nicht Volk zu sagen,) wo sich soviel Eigenschaften, Fähigkeiten, so mancher Besitz und so redliches Streben hervorthun, daß man sich daran erbauen und wünschen muß in einem so schönen Elemente zu schweben und mitzuwirken.

Wie sehr mich also, nach diesem allen, glücklich macht, durch Sie, mein werthester Freund, und Ihre Vermittelung, mit jenem schönen Kreise auch abwesend in Verbindung zu bleiben, fortzuwirken und auf mich wirken zu lassen, werden Sie selbst ermessen. Könnte ich so glücklich seyn, mein Jahr zwischen der Vaterstadt und der hiesigen Gegend zu theilen, so würde es für mich und andere ersprießlich werden; weil es in einem Alter, wo man durch das, was in einem engen Kreis mislingt, gar leicht zur Unmuth und Hypochondrie verleitet wird, höchst erwünscht ist einer sich wechselweis auffordernden neuen Thätigkeit zu genießen, und durch sie verjüngt und zu früherer Thatkraft wiedergeboren zu werden. Lassen sie mich, in Voraussetzung dieser allgemeinen, aufrichtigen Versicherungen, nunmehr den reichen Gehalt Ihres Briefes einzeln in Betrachtung ziehen.

Das anorganische Reich betreffend, so kann für Sie nichts vortheilhafter seyn, als wenn Sie das Verhältniß zu Herrn Geheimerath Leonhard zu cultiviren suchen. Haben Sie sein oryktognostisches Kabinett gesehen und wiedergesehen, so bleibt Ihnen kein Mineral unbekannt. So ist auch seine Folge von[93] Gebirgsarten höchst bedeutend und ausgewählt. Setzen Sie hinzu, daß er sich gegenwärtig mit Leidenschaft auf die Kenntniß der Petrefacten wirft, daß er bey eröffneter Communication zwischen Ländern und Reichen seine Correspondenz überall hin verbreitet, daß Sie in seinem Comptoir, um billigen Preis, alles anschaffen können, was Ihnen und Ihren Freunden zum Unterricht oder zum Vergnügen nützlich wäre, so werden Sie Sich leicht überzeugen, daß vielleicht in ganz Deutschland sich keine so günstige Gelegenheit als in Ihrer nächsten Nähe darbieten möchte.

Überdieß hat er mineralogische Tabellen geschrieben, an die Sie Sich leicht gewöhnen werden, und ihm dadurch auch wieder näher kommen. Sein Taschenbuch unterrichtet Sie von dem Neusten, was in diesem Reiche entdeckt wird.

Sollte ich nun über die Art des Studiums etwas sagen; so würde ich Ihnen durchaus rathen das anorganische Reich, dem ich seine dynamischen Verdienste nicht absprechen will, anfangs rein atomistisch zu behandeln, nur zu sehen, und nicht zu denken. Die Eindrücke der Gestalten, der Farben, kurz aller äußerlichen Kennzeichen und was man Habitus nennt, sich wohl einzuprägen, wobey Sie denn, durch die eingeführte Methode selbst, auf den chemischen Inhalt zu merken hingedrängt werden.

Weimar den 23. Novbr. 1814.[94]


25/6946.


An Friedrich Theodor von Müller

Die mir mitgetheilte Logen-Angelegenheit habe zur Sprache gebracht. Mögen Ew. Hochwohlgeb. mir in diesen Tagen ein halbes Stündchen gönnen, so würde es besser auszuklären seyn, als es schriftlich geschehen könnte; wobey ich bitte daß es vor Sonntag geschehen möge, weil ich an benanntem Tage eine Fahrt nach Jena vorhabe.

Mich gehorsamst empfehlend

Weimar d. 1. Dcbr. 1814.

Goethe.


25/6947.


An Friedrich Theodor von Müller

Herrn von Mettingh habe nach unserer Abrede benachrichtigen lassen, mögen Sie die Güte haben den Billetteur instruiren zu lassen, damit, wenn man heute Abend von der Vergünstigung Gebrauch machen wollte, keine Irrung entstehe.

Mich ergebenst empfehlend

Weimar, d. 3. Dcbr. 1814.

G.


25/6948.


An Christian Heinrich Schlosser

[Concept.]

[4. December 1814.]

Das neulich Abgebrochene will ich sogleich wieder anzuknüpfen nicht versäumen. Lassen Sie uns nun[95] vom Geognostischen reden. Auch hier schadet's nichts, wenn man alles erst einzeln, historisch aufnimmt, und abwartet, bis der Geist zuletzt die vielen bekannten Elemente synthesire.

Geheimerath Leonhard besitzt eine vortreffliche Sammlung von Gebirgsarten, sehr gut geordnet. Er hat kleine Gypsmodelle besorgt, um das Verhältniß der Berge gegeneinander darzustellen. Er arbeitet eben an geologischen Tabellen zur besseren Übersicht des Ganzen, und ich trage, was ich weiß und vermag, gern und willig bey, daß diese Arbeit recht nützlich werde. Ich erwarte so eben die Tabelle über das Alter der Metalle, wo ich, besonders von vorn herein, was ich über die Zinnformation beobachtet, mitzutheilen gedenke. Indem Sie also, mein Werthester, Sich mit ihm in Verbindung setzen, so verbindet Sie dieses zugleich mit mir, und ich kann Ihnen mittel- oder unmittelbar auch in diesem Fache nützlich seyn. Der kleine Aufsatz, den Sie nach unsern Gesprächen bearbeiteten, soll baldmöglichst vorgenommen werden, vielleicht finde ich dadurch angeregt, etwas in das Leonhardische Taschenbuch zu geben.

Von organischen Dingen will ich dießmal nur weniges sagen, und nur im Allgemeinen darauf hindeuten. Sie haben durch frühere Studien sich ja schon auch auf diesem Puncte festgesetzt, und ich mache nur aufmerksam auf die Bemühungen der neuesten, freylich unter dem Gildedruck seufzenden Kirche. Der[96] wichtige Punct, wo das erste, im Wasser sich zeigende Leben durch Licht und Trockene gegen die Vegetation, durch Finsterniß und Feuchte gegen die Animalisation hingezogen wird, hellt sich immer mehr auf und unsere Kenntnisse ramificiren sich von innen aus. Kommt ihnen ein kleines Heft: Die Algen des süßen Wassers nach ihren Entwickelungsstufen dargestellt, von Nees von Esenbeck, Würzburg 1814, in die Hände, so versäumen Sie nicht es zu lesen, und behalten das darin Ausgesprochene in einem feinen Herzen. Schelvers Kühnheit, den Pflanzen die Sexualität abzusprechen, will ich nicht unbedingt begünstigen, aber soviel ist gewiß, daß diese Vorstellungsart, wenn wir sie auch nur einstweilen hypothtetisch annehmen, uns nöthigt, den größten Geheimnissen der Natur näher zu treten, und dieß ist schon bedeutender Gewinn.

Von meiner 1790 gedruckten kleinen Abhandlung, über die Metamorphose der Pflanzen, habe ich kein Exemplar mehr; vielleicht finden Sie eins irgendwo. Obengedachte neusten Überzeugungen ruhen auf jener von mir vor 24 Jahren keineswegs zuerst erfundenen und gegründeten, sondern nur aufgeräumten und ausgebesserten Base.

Sodann möchte ich gerade das Gegentheil von dem was ich bey'm Anorganischen gerathen, bey dem Organischen aussprechen. Wenn wir uns das Studium desselben erleichtern wollen, so müssen wir erst die[97] Ideen in uns erwecken und beleben, und dieses wird ja in den neuern Zeiten immer möglicher, wo man sich an ideellere Behandlung gewöhnt; ja wir wären schon viel weiter, und manches Gründliche wäre schon popularisirt, wenn nicht talentvolle Männer schon über die Linie geschritten wären und sich in's Abstruse und Phantastische verloren hätten, wohin sie denn das schwankende Publicum mit sich ziehen, und eine folgegerechte und methodische Bildung der Masse immer weiter hinausschieben.

Ein gleiches Unheil stiften solche Bücher, deren Verfasser auf einem zwar hohen, aber doch nur individuellen Standpuncte die sittliche Welt überschauen, dahin möchte ich Windischmanns Gericht des Herrn und Schelvers Geheimniß des Lebens rechnen. Es ist an beyden nichts auszusetzen, als daß sie gedruckt sind. Ich habe sie mit Freuden und Nutzen gelesen, und doch war mir, der ich in denselben Regionen wandele, manche Stelle dunkel und beschwerlich. Dann machte ich den Versuch auf gebildete, sinnige und empfindende Leser; sie wurden alle dadurch nur verworren, mit dem besten Willen konnten sie von den Büchern nichts nützen. Das war im dunklen Grunde ihres Gemüths brütet, ward aufgeregt, aber weder geregelt noch eigentlich belebt.

Verzeihen Sie mir solche Äußerungen, die unter uns ein Geheimniß bleiben mögen, und sagen mir etwas dagegen, wie Sie diese Dinge ansehen, zur Berichtigung[98] meiner Ansicht, und zur Erquickung meines guten Willens. Eine sehr bedeutende Recension des Windischmannischen Buches steht in unserer Literaturzeitung No. 218. Überhaupt, wenn Sie diese Zeitung durchlaufen und die für Sie interessanten Artikel beherzigen wollen, so wird dieses ein neues Bindemittel für uns werden. Ich arbeite zwar selbst nicht daran, sie enthält aber selten etwas, dem ich nicht beyfallen müßte.

Weimar d. 2. Decbr. 1814.


25/6949.


An August von Goethe

Hierbey, mein Söhnlein, erhältst du ein Packet, welches du, wie es ist, an John abgiebst, der schon damit zurecht kommen wird.

Ein Parterrbillet liegt bey.

Magst du das auf dem Camin liegende Stück des Harzer Übergangs Gebirges der Wenzeln mitgeben; so wird Lenz sehr erfreut werden.

Es geht uns gut, der Tag eilt nützlich und vergnüglich vorüber und ich werde manches fördern.

Und somit lebe wohl! Sage ein Wort von der Aufführung Wallensteins. Und sende sechs Bouteillen Burgunder.

Vale.

Jena d. 9. Dec. 1814.

G.[99]


Hiebey auch die köstliche Stufe. Das Kästchen wünsche zurück. Das Harzgestein kann darin herüber transportirt werden.


25/6950.


An Carl Ludwig von Knebel

Deiner entschiedenen Neigung zu Curiositäten gedenkend sende dir, mein Bester, ein Curiosissimum welches jedoch zu secretiren bitte. Sage mir gutes von deinem Befinden. Montags eilf Uhr komme ich und wünsche dich allein zu finden. Vale.

Jena d. 11. Dec. 1814.

Goethe.


25/6951.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Exzell.

erhalten, mit aufrichtigem Danck, die mitgetheilte, wichtige Depesche zurück. Es ist bedeutend von verschiedenen einsichtigen Männern Eine Sache behandelt zu sehen; wäre der Gegenstand nur erfreulicher. Herr v. Müller lies mich gleichfalls einige bedeutende Blätter lesen; das Geschäft scheint so verworren, daß es nur durch Gebot und Gewalt zu lösen seyn möchte. Doch wer mag am Morgen über Zustände dencken, welche man am Abend schon ganz verändert erwarten muß.

Hofr. Sartorius nicht gesprochen zu haben thut mir leid, eine unmittelbare, mündliche Communication führt immer weiter als eine schriftliche.

[100] Von meinem diesmaligen Aufenthalte kann ich wohl zufrieden seyn. Die Museen und was uns sonst untergeben steht zum Besten, an einer lebendigeren Benutzung wird es wohl künftig nicht fehlen. Die meisten Docenten habe gesprochen, es sind gelehrte, einsichtige, gute Männer, jeder für sich betrachtet schätzenswerth; wenn sie sich nur unter einander vertragen könnten! Da aber dieses in der ganzen Menschheit nicht zu liegen scheint; so wollen wir es auch nicht von dieser besonderen Gesellschaft verlangen. Ich aber bitte um so mehr um Ew. Exzell. freundschaftliche Gunst.

Jena d. 13. Dec. 1814.

Goethe.


Ihro Durchl. unserer gnädigsten Herzoginn bitte, für die vertrauenvolle Communication der wichtigen Blätter, meinen unterthänigsten Danck zu Füßen zu legen.

Jena d. 13. Dec. 1814.

Goethe.[101]


25/6951a.


An Franz Kirms

[Concept.]

Der Bitte des Überbringers will ich nachstehende Empfehlung hinzufügen, welche ich günstig aufzunehmen wünsche.

Der Dienst bey hiesiger Büttnerischen Bibliothek ist von jeher mit dem Schloßvoigts-Dienst vereinigt gewesen, indem Trabitius gleich vom Anfang beym Auspacken und Ordnen der Bücher mitwirkte. Färber succedirte ihm in beiden Functionen, und als Dürrbaum starb, verband man dessen Stelle bey den sämtlichen Museen, das anatomische ausgenommen, mit jenen und reichte ihm die geringen damit verknüpften Emolumente.

Diese combinirten Dienste wären auch auf seinen Bruder, den gegenwärtigen Bibliotheks- und Museums-Schreiber[182] übergegangen, hätte nicht der verstorbene, kränklich und hypochondrisch, wiederholt und dringend um seine Entlassung vom Schloßvoigts-Dienste gebeten. Dadurch nemlich, daß Durchlaucht der Herzog sich ein Quartier einrichten und das hiesige Inventarium vermehren ließ, woraus ein öfteres Hierseyn Serenissimi zu erwarten war, glaubte der verstorbene solchen Bemühungen, wie er sie sich dachte, nicht gewachsen zu seyn und bat um seine Entlassung vom Schloßvoigts-Dienste, welche ihm auch ertheilt wurde.

Nach dessen Tode nahm Herzogliche Commission keinen Anstand, seinem Bruder die von ihr abhängenden Stellen zu übertragen, theils um der Verdienste des Verstorbenen willen, theils weil man überzeugt war, daß der neu Antretende den Fußtapfen seines Vorgängers folgen werde, welches denn auch bis jetzt, mit Herzoglicher Commission Beyfall, geschehen.

Da nun jetzo, wie zu vernehmen steht, eine Veränderung mit dem hiesigen Schloßvoigt vorgehen soll, so halte mich für verpflichtet für mehr gedachten Färber zu intercediren und zu ersuchen, daß ihm gedachte Stelle ertheilt werden möge, und gründe meinen Wunsch darauf: daß derselbe als rüstig, pünktlich und ehrlich Serenissimo selbst längst bekannt ist und sich in dem ihm anvertrauten Geschäft also bewiesen hat.

[183] Ferner ist diese Verbindung wünschenswerth, weil dadurch erst eine Stelle entsteht, an welcher derjenige, der sie bekleidet, keinen Mangel leidet.

Weiter ist zu bedenken daß, da das ganze Schloß von den wissenschaftlichen Anstalten eingenommen wird, es wohl rathsam seyn möchte auch die Seitengebäude und das Hof-Inventarium der Aufsicht desselben Mannes zu übergeben.

Ich schweige von andern Umständen, welche der Supplicant mündlich anbringen wird, und ersuche Ew. Wohlgeb. bey Herzoglichem Hof-Marschall-Amte dieser Angelegenheit günstig zu gedenken.

Jena d. 16 Dec. 1814.[184]


25/6952.


An Johann Friedrich Cotta

Wenn Ew. Wohlgeboren lange nichts von mir vernommen, so liegt die Schuld an dem provisorischen Zustande in welchem wir uns alle mehr oder weniger befinden. Den Blick auf jenen Ort gerichtet, woher uns das allgemeine heil kommen soll, wagt man in[101] seinen eigenen Angelegenheiten keinen Entschluß zu irgend einem bedeutenden Unternehmen. Da indeß Ew. Wohlgeboren mir die besten Hoffnungen geben und der Wunsch, meine Werke nächstens wieder hervortreten zu sehen, auf eine friedliche Aussicht hindeutet, so erlauben Sie daß ich über diese mir so wichtige Angelegenheit mich umständlich erkläre.

Zuvörderst will ich meine Hoffnung und Erwartung nicht verfehlen, daß der Vortheil, den mir diese Ausgabe bringen möchte, demjenigen wenigstens proportionirt sey, den mir die vorige gebracht, und da ich dießmal mich zu zwanzig Bänden verpflichten kann, so würde wohl auch hiernach der Maaßstab anzulegen seyn.

Zunächst kommt auch bey mir in Betrachtung, daß es vielleicht das letzte Mal seyn möchte, daß mir persönlich der Genuß aus den Arbeiten und Bemühungen meines ganzen Lebens zu Theil wird, als ich den allgemeinen Wunsch des Publicums, meine Werke endlich einmal complett käuflich zu sehen, auf meiner ganzen dießjährigen Reise, laut vernommen. Wobey ich bemerke, daß sowohl nach einer Prachtausgabe, als nach Abdrücken auf Velinpapier verlangen, weshalb eine Subscription vielleicht nicht unräthlich seyn möchte.

Meine biographischen Eröffnungen haben die Wirkung gethan die ich hoffe, indem, außer dem Antheil,[102] den man meinen Arbeiten im ethischen und ästhetischen Sinne schenkt, man auch nunmehr darin die Stufen meiner Bildung aufsucht, die man um so mehr zu eignem Vortheil zu erkennen strebt, als so manche Jüngere sich an mir gebildet zu haben mit Offenheit und Vergnügen gestehen. Es sind deshalb im vergangenen Jahre, nach Ausgabe des dritten Theils, so viele und mannigfaltigen Ansinnen an mich ergangen, denen ich, wenigstens zum Theil, bey der gegenwärtigen Ausgabe genug thun kann. Unter diesen Betrachtungen will ich unbewunden gestehen: da ich die Summe von sechzehn tausend Thalern sächsisch, dem was ich zu liefern und zu leisten gedenke angemessen glaube, dagegen ich den Termin bis Ostern 1823 gerne zugestehe, sowie auch nach Verlauf dieser Zeit das Vorrecht vor andern Buchhändlern, bey gleichen Bedingungen.

ich werde die erste Sendung bereit halten, daß sie auf eine gefällige Erklärung sogleich abgehen kann, ob mir gleich die Redaction der kleineren Gedichte, welche ihren ersten Platz behaupten wollen, noch immer zu schaffen macht; sie sind dergestalt angewachsen, daß ich sie in zwey Bände zu theilen genöthiget bin.

Mich zu fernerem wohlwollenden Andenken angelegentlich empfehlend

ergebenst

Weimar d. 21. Dez. 1814.

Goethe.[103]


25/6953.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht das Büchelchen zu übersenden, über welches ich wohl das Gutachten des bewußten Recensenten lesen möchte.

Dießmal ist mir der Aufenthalt in Jena so angenehm als nützlich gewesen, daß ich ihn bald zu wiederholen wünschte.

Mich bestens empfehlend

ergebenst

Weimar den 21. December 1814.

Goethe.


25/6954.


An Louise von Knebel

[Concept.]

Hierbey erfolgen die versprochenen Stöpffel, wir bitten bey Eröffnung der Flaschen unserer zu gedenken.

Unsere Garderobe-Vorsteher haben zu den gestickten Kleidern keine sonderliche Lust, mögen Sie aber solche herüber senden; so will ich einen Versuch machen sie durch die Schönheit derselben zu reizen. Haben Sie tausend Dank für alles Gute, Freundliche, grüßen Sie den verehrten Freund und erleben fröhliche Feyertage und ein glückliches Neuesjahr.

Weimar den 21. Decbr. 1814.[104]


25/6955.


An Bernhard Anselm Weber

[Concept.]

Ew. Wohlgeb. Schreiben vom 13. December hat mir sehr viel Vergnügen gemacht, weil ich daraus ersehe, daß Sie nicht ermüden Ihr großes und liebenswürdiges Talent einer Arbeit zu widmen, die wir, unter so schönen Vorbedeutungen, gemeinsam begonnen und fortgeführt haben. Ich zweifle nicht im mindesten, daß die Muße, die Ihnen durch den Aufschub geworden, dem Werke sehr vortheilhaft seyn werde und ich freue mich schon zum voraus, sowohl auf's Ganze, als auf die Stellen, deren so genialische als sorgfältige Behandlung Sie mir andeuten. Was die Arie der Demoiselle Schmalz betrifft, so füge ich die Veränderung bey, so wie allenfalls das Chor eintreten könnte. Ich glaube, daß sowohl zur Wiederholung der einzelnen Sätze nunmehr die Gelegenheit gegeben ist, wie ich denn kaum zu bemerken brauche daß das Chor mit den Worten

O beharret!

Nähret, Nähret!

ohne die ganzen Zeilen zu wiederholen, eintreten und die Solostimme tragen kann.

Die Arie direct an den König zu richten halte ich nicht für räthlich, weil es ohne sie schon etwas Schmerzliches ist sich an solche Vergangenheit erinnern zu lassen, wenn es auch nur indirect und im Bilde[105] geschieht. Zugleich bemerke, daß Herr Director Iffland mich ausdrücklich vor einer solchen Anrede an den König gewarnt hat. Übrigens glaube ich, daß demungeachtet die Arie heroisch und prächtig behandelt werden könne, indem es ja nur von Ew. Wohlgeb. abhängt die schmerzlichen und gleichsam niederdrückenden Stellen mit Kraft und Indignation zu behandeln. Dergleichen Umsetzungen des Charakters, wo der Componist gleichsam dem Dichter zuwider arbeitet, thun oft die größte Wirkung. Das Schluß-Chor sende sobald möglich, es soll auf die mir mitgetheilte Melodie genau passen.

So kann ich denn auch zuletzt nicht verschweigen daß ich das Sujet einer großen Oper, welches ich schon lange mit mir herumtrage, diesen Sommer schematisirt und dergestalt disponirt habe, daß es nur einer Berathung mit Ew. Wohlgeb. bedarf um ungesäumt an die Ausführung zu gehen. Wie sehr wünsche ich persönlich das Gelingen unserer gemeinsamen Arbeit in Berlin zu erleben und alsdann zugleich das gedachte neue Unternehmen anzuschließen.

Das Erwachen des Epimenides kann man am füglichsten ein Festspiel nennen, indem es das erste Mal zu einem bedeutenden Feste gegeben wird, und, wenn es Gunst erlangt, nur an den Festtagen wiederholt werden kann. Die Meinigen grüßen sämmtlich und erinnern sich noch mit Vergnügen der angenehmen Augenblicke Ihres Berkaischen und hiesigen[106] Aufenthalts. Möge das Frühjahr etwas Ähnliches bringen!

Weimar d. 21. Dec. 1814.


25/6956.


An Johann Bernhard Sältzer

[Concept.]

[23. December 1814.]

Ew. Wohlgeboren

verfehlte nicht anzuzeigen, daß der Kasten mit Mineralien glücklich angekommen, für dessen gefällige Versorgung ich zum schönsten danke.

Dabey muß ich aber mit einem neuen Anliegen beschwerlich fallen; ich erwarte nämlich von Frankfurt a. M. ein Fäßchen mit Wein, nicht weniger eine Kiste mit Flaschen, doch leider haben mir meine Freunde nicht den Namen des Fuhrmanns gemeldet, durch welchen die Sendungen abgegangen, und beyde sind schon über vier Wochen unterwegs. Daher habe ich alle Ursache zu fürchten, daß die eintretende Kälte dem Abgesendeten schädlich seyn möge. Wollen Sie daher die Güte haben Sich in Eisenach zu erkundigen, ob vielleicht etwas dergleichen von Fuhrleuten abgesetzt worden, welches um so ehe vermuthe als die ganze Fracht schon bezahlt ist.

Wollten Sich daher Ew. Wohlgeb. erkundigen: ob vielleicht dem Fäßchen sowohl auch dem Kästchen die auf Spur zu kommen wäre? und in diesem Fall beydes[107] an sich nehmen und in einen Keller bringen lassen, bis man bey abschlagender Witterung den Transportwagen kann. Ihre und des Herrn Vetters Gefälligkeit läßt mich hoffen, daß Sie auch diese Bemühungen geneigt übernehmen, und mir gelegentlich deshalb einige Nachricht geben werden.

Sollte ich irgend einen angenehmen Gegendienst erweisen können, so würde ich es mir mit Vergnügen zur Pflicht machen. Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.


25/6957.


An Pauline und Charlotte Servière

[Concept.]

[23. December 1814.]

Indem ich bey dem Schluß des Jahres meine sittlichen Handelsbücher durchsehe, so find ich freylich gegen meine Frankfurter Freunde mich gar im Debet.

Nicht etwa dieses bey Ihnen, theure Freundinnen, zu vermindern, sondern Sie zu nöthigen, daß Sie sich Ihres Schuldners immer erinnern, ist ein Kästchen an Sie abgegangen dessen Inhalt Sie im nächsten Jahre täglich, in der Folge aber immer weniger und zuletzt gar nicht mehr brauchen werden. Indessen, hoff ich, wird es Gelegenheit geben die einmal entzündete Freundschaftsflamme, durch persönliche Gegenwart, zu nähren und anzufachen.

[108] Das patriotische Zwerglein hat hier großes Aufsehen erregt und es fehlt nicht an wetteifernden Nachahmung Ihrer Liebenswürdigkeiten.

Unsere vortreffliche Freundin, welche ich tausendmal zu grüßen bitte, hat mir eine Sendung flüssigen Goldes angekündiget, ohne mir jedoch anzuzeigen, durch welche Gelegenheit dieser Schatz zu mir kommen soll. Nun ist er schon einen Monat unterwegs und leider noch nicht angekommen, und ich stehe in großer Furcht, daß der feindselige Frost diesem Sommererzeugniß schaden dürfte. Möchten Sie mir daher, theure Freundin, mit wenigen Worten anzeigen, wie der Fuhrmann heißt, durch welchen das Fäßlein abgegangen, damit ich in Eisenach, wo die Fuhrleute manchmal etwas absetzen, mich deshalb erkundigen könne. Sollte übrigens der Fall kommen, daß meine Freunde mir durch Fuhrleute etwas zuschicken wollten, wie ich denn auch Sie meine Theure vielleicht nächstens um eine kleine Gefälligkeit ersuche; so bitte solches an Herrn Amts-Advocat Sältzer in Eisenach zu addressiren, woher ich es dann ganz sicher erhalte. Meine in Speditionen so gewandten Freundinnen werden mir diese Vorsicht gewiß verzeihen.

W. d. 22. Dec. 1814.[109]


25/6958.


An Christian Gottlob Voigt

An dem heutigen frohen und heitern Tage kann ich nicht sowohl sagen: daß Ew. Exzell. Leben und Gesundheit wünsche, als daß ich beydes als nothwendige Bedingungen meinen eignen Daseyns voraussetze, und bis an's Ende meines Lebens diese Versichrung zu wiederholen wünsche.

Zu Freundschaft und Wohlwollen empfehle mich und das Meinige dringend

Weimar am 23 Dec. 1814.

Goethe.


25/6959.


An Wilhelm Friedrich Gmelin

[Concept.]

[26. December 1814.]

Die Sendung Kupferstiche, womit ich Ew. Wohlgeboren beehrt, ist zu seiner Zeit richtig eingegangen. Sie haben den Weimarischen Kunstfreunden dadurch ein außerordentliches Vergnügen gemacht. Wir haben Sie auf's fleißigste und genauste betrachtet, und nach erlangter Einsicht in die Verdienste derselben, ist eine Recension an die Jenaische Literatur-Zeitung abgegangen, welche noch vor Ende dieses Jahres in Druck erscheinen wird. Eine Abschrift derselben liegt hier bey, und ich wünsche daß diese Bekanntmachung den Absichten der würdigen Künstler entsprechen möge.[110] Es ist so angenehm als selten einen so unbewundenen als unbedingten Beyfall aussprechen zu können. Haben Sie die Güte uns auch künftig bekannt zu machen, was Sie vornehmen und vollenden und bleiben unserer aufrichtigen Theilnahme so wie unseres Dankes für das Mitgetheilte stets versichert. Hofrath Meyer empfielt sich bestens. Entschuldigen Sie das kleine Blättchen. Man hört jetzt überall zu viele Klagen über erhöhtes Porto. Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar den 25. Dcbr. 1814.


25/6960.


An Carl Cäsar von Leonhard

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

benachrichtige dankbar, daß die Kiste mit Mineralien und andern guten Dingen in diesen Tagen angekommen und mir sehr vieles Vergnügen gemacht hat. Ich tadle mich, daß ich mir niemals die Zeit genommen, Oberstein und die Gegend zu besuchen, es scheint wirklich daselbst eine geognostische Paradoxie zu Hause zu seyn.

Die Tabellen sollen mich künftig auf meinen Reisen überall hin begleiten; aus eine bequemere Weise kann man sich wohl nicht belehren.

Sehr gern sendete ich etwas dagegen, ich vermisse aber unter meinen Papieren das Verzeichniß derjenigen[111] Dinge, welche Denenselben abgehen, welches freylich nur wenig ist. In diesen Tagen werde ich ein kleines Packet mit der fahrenden Post senden, worin die Dramatisirung der Schillerschen Glocke sich befinden wird.

Sollten Sie zu Aufführung derselben Lust haben, so werde mit Vergnügen, was Decorationen oder sonstige Nebenumstände betrifft, das Nöthige in Zeichnung und Beschreibung mittheilen. Es macht eine sehr angenehme und überraschende Vorstellung, und ist eine schöne Übung für Liebhaber wie für Künstler.

Verzeihen Sie die Bemühungen wegen der seidenen Strümpfe, Herr Fuchs macht sie aber gar zu gut. Die hierbey zurückgehende autorisirte Quittung wird Herr Dr. Schlosser in Frankfurt gern berichtigen.

In dem Packete wird auch ein kleiner Auftrag an Herrn Toussaint liegen.

Ferner will ich nicht ermangeln Ihnen anzuzeigen, daß von nachstehenden Naturkörpern mehrere Exemplare sich bey mir finden. Sollten Ew. Hochwohlgeboren irgend einen Gebrauch davon machen können so stehen sie, als eine geringe Erwiderung so mancher köstlicher Gabe mit Vergnügen zu Diensten:

1) In Feuerstein verwandelte Corallen verschiedner Arten von Mogila aus Polen.

2) Porcellan-Jaspis aus Böhmen.

3) Schriftgranit und verwandtes Gestein von Ilmenau.

26. Dez. 1814.[112]


25/6961.


An Ernst Christian August von Gersdorff

[Concept.]

[27. December 1814?]

Ew. Hochwohlgeboren

freundliche Zuschrift hat mir großes Vergnügen erregt, denn es konnte mir bey der Rückkunft aus meiner ersten Vaterstadt nichts wünschenswerther seyn, als in meiner zweyten von geliebten und geschätzten Freunden wohlwollend empfangen zu werden. Dabey muß ich jedoch um Verzeihung bitten, wenn ich mich nicht schon früher angemeldet. Ich hätte gewünscht auch von etwas Nützlichem zu reden, welches ich allhier vollbracht und was auch Ihnen in der Folge hätte angenehm seyn können. Aber es geht mir wie vielen unserer lieben Deutschen, die, ihre Blicke nach Wien richtend, das Recht zu haben glauben gleich Zuschauern im Theater die Hände in den Schoß legen zu können. Und wirklich weiß man in mancherley Fällen, die von dem Allgemeinen übrigens weit entfernt scheinen, nicht ob man anfangen, fortfahren oder abschließen soll, weil das nächst zu Erwartende so manchen eine ganz andere Gestalt geben kann.

Die lange Dauer des Congresses und das Hinziehen so mancher unangenehmen Verhältnisse, macht freylich Ihren Aufenthalt in Wien uns Entfernten nicht[113] wünschenswerth; wenn man aber bedenkt, wieviel merkwürdige Personen dort zu kennen, und welche treffliche Gegenstände der Kunst und Natur zu betrachten sind, so kann man sich eines heimlichen kleinen Neides nicht erwehren, der uns befällt, wenn wir an die werthen Personen denken die dieß alles genießen. Doch tritt alsdann schnell wieder der Trost ein, daß uns die Erzählung des Wohlgesehenen reichlich entschädigen werde. Darf ich bitten, mich unsern gnädigsten Herrschaften und ihrer hochgeschätzten Umgebung geziemend zu empfehlen, damit mir die höchst wünschenswerthe Gnade und Gunst erhalten werde.

Mögen Ew. Hochwohlgeboren mir zugleich das hergebrachte Vertrauen und eine fortdauernde Neigung schenken; so werde ich dieß unter die Erfüllung meiner Wünsche rechnen, die vom Ende des alten Jahres in das neue hinüberreichen.

Treffen Sie, werthester Herr Präsident, irgendwo den Doctor und Director Schlosser von Frankfurt a. M., so haben Sie die Güte, mich in sein Andenken zu empfehlen. Es ist ein trefflicher junger Mann und lieber Anverwandte, dem ich soviel Dank schuldig bin, daß ich ihm wohl auch ein gutes Wort aus Ihrem Munde wünschen darf.[114]


25/6962.


An den Herzog Carl August

[Concept.]

[27. December 1814.]

Ew. Durchl.

meine Rückkehr nach Weimar zu melden habe bisher gezaudert, weil mein Wunsch war, zugleich auch Einiges von erneuter Thätigkeit und Wirksamkeit vorzutragen. Da mir aber dergleichen bis jetzt noch nicht recht gelingen wollen, so soll wenigstens die Epoche wo die Sonne wieder uns näher rückt nicht vorübergehen, ohne den allgemeinen Wunsch in dem meinigen auszusprechen, daß Ew, Durchl. sich uns wieder bald nähern möchten.

Schon manches Schöne und Nützliche, welches wir Ihren Reisen verdanken, ist bey uns angelangt, wogegen freylich das Wenige, was ich unterwegs aufgelesen, nicht in Betracht kommt. Indessen will ich doch erwähnen, daß, nachdem ich in Darmstadt von Prinz Christian erfahren, daß Ew. Durchl. eine Nachbildung des wundersam verknöcherten Schädels, im dortigen Museum, wünschten, ich den Kabinettsrath Schleiermacher ersucht habe, einen Gypsabguß davon zu besorgen, weil auf diesem Wege allein die seltsame Abnormität jener Krankheitswirkung erkannt werden könnte.

In Jena habe ich einige Wochen zugebracht, müßte aber davon kaum etwas mehr zu referiren, als was[115] Ew. Durchlaucht selbst bey Ihro Durchreise wahrgenommen. Mit dem Lenzischen Eroberungs- und Ausbreitungs-Geiste kann man wohl zufrieden seyn. Die Anlage der Gebirgsfolgen wird in kurzer Zeit sich sehr erweitern, und, wenn sie dann gesichtet und naturgemäß geordnet wird, zu gründlicher Kenntniß dieses wissenschaftlichen Faches nicht wenig beytragen. Auf meiner Reise habe ich mich viel mit den Gebirgen beschäftigt, über ihre Beschaffenheit und Gründung manches gesehen, gehört und gedacht, man findet aber auch hier, daß je mehr die Menschen erfahren, desto verschiedner die Meinungen werden.

Die Ew. Durchl. nicht unbekannt gebliebenen Mißhelligkeiten der akademischen Lehrer betreffend, darf ich mir schmeicheln, daß mein Aufenthalt nicht ohne Frucht gewesen. Ich habe die meisten gesprochen, besucht, und mich mit ihnen über Wissenschaftliches und Öffentliches unterhalten; da sieht man denn freylich, wie es fast unmöglich ist, daß ein aus sehr heterogenen Theilen zusammengesetzter Körper in sich selbst und mit seinen Obern Friede halte. Da übrigens ein solches Corpus den Vortheil hat, bey allen seinen Gebrechen unsterblich zu seyn, so ist es kein Unglück, wenn einmal der Patient einen Diätfehler begeht und der Arzt sich in der Arzney vergreift.

Mit dem Theater ist's dieselbe Sache, und ich habe große Lust, ein Gespräch im Reich der Todten[116] zwischen dem Canzler einer Akademie und einem Schauspieldirector zu verfassen, wo sie denn zuletzt bey Seelenwandrung die Rollen tauschen.

Leider hat mich mein Jenaischer Aufenthalt um den durcheilenden Sartorius gebracht, bey dem ich mich keineswegs nach dem Wiener Wirrwarr, sonder nach Ew. Durchl. Wohlseyn zu erkundigen hoffte.

Möge nun, da das alte Jahr Unerhörtes und Unglaubliches gebracht hat, das neue Wünschenswerthes und Hoffnungsgemäßes bringen. Und mit welcher freudiger Theilnahme würde ich Ew. Durchl. für soviel Verdienst und Geduld belohnt seyn.

Geheimerath von Dohm hat ein Exemplar der Denkwürdigkeiten seiner Zeit für Ew. Durchl. gesandt, mit dem Anliegen, ob Höchstdieselben nicht geneigt wären, ihm von den Acten, den Fürstenhund betreffend, das Beliebige mitzutheilen. Ich habe ihn mit einigen freundlichen Worten vertröstet.


25/6963.


An Carl Friedrich Zelter

Vor Jahresschluß will ich dir wenigstens noch einen freundlichen Gruß zurufen, und versichern daß ich mich ganz wohl befinde. Das Gleiche wünsche von dir zu vernehmen. Hafis hat mich fleißig besucht, und da ist denn manches entstanden, das dir in der Zukunft liebliche Melodien ablocken soll.

[117] Empfiehl mich Herrn Staatsrath Schultz zum allerschönsten. Wie sehr mich seine Sendung gefreut, erhellet aus nachstehendem Blatte. Es ist die Abschrift einer Briefstelle, die ich an einen Freund, gleich nach Durchlesung jenes Heftes, erließ, und welche dem würdigen Mann vielleicht meine Gesinnung besser ausdrückt, als ich es direct thun könnte. Möge doch seine Gesundheit und seine Geschäfte ihm erlauben, auf diesem Wege fortzufahren. Sobald ich mich einmal über diese Gegenstände zusammennehmen kann, schreibe ich ihm ausführlicher.

Jetzt bin ich mit der neuen Ausgabe meiner Werke beschäftigt, die mich zu wunderlichen Betrachtungen veranlaßt, indem ich genöthigt bin über die abgeschiedenen und immer auf's neue spukenden Geister Revue zu halten. Auch wird durch diese mir abgenöthigte Betrachtung die biographische Arbeit sehr gefördert.

Von meiner italiänischen Reise habe ich die vorhandenen Tagebücher von Carlsbad bis Rom redigirt. Dieses Büchlein erhält dadurch einen eigenen Charakter, daß Papiere zum Grunde liegen die im Augenblick geschrieben worden. Ich hüte mich, so wenig als möglich daran zu ändern, ich lösche das Unbedeutende des Tages nur weg, so wie manche Wiederholung; auch läßt sich vieles, ohne dem Ganzen die Naivetät zu nehmen, besser ordnen und ausführlicher darstellen. Wann es herauskommen kann, weiß ich selbst noch[118] nicht. Soviel für dießmal. Melde mir nun auch wie es dir ergangen ist.

Aus einem Briefe des Capellmeister Weber sehe ich, daß sie denn doch noch den Epimenides aus seinem Todtenschlafe zu erwecken die Absicht haben, und somit nochmals ein herzliches Lebewohl!

G.

Weimar, den 27. Dcbr. 1814.


[Beilage.]

Abschrift.

Nach allem diesen kann ich Ihnen, lieber Freund, nicht verhalten, daß mir in diesen Tagen etwas besonders Vergnügliches begegnet. Ich wußte nämlich schon lange, daß Herr Staatsrath Schultz in Berlin, ein vorzüglicher Mann in jeder Rücksicht, meine Farbenlehre mit Neigung ergriffen, und besonders den physiologischen Theil weiter bearbeitet, jedoch seine Bemerkungen nur notirt, und weil er erst noch weiter fortschreiten wolle, nicht redigirt habe. Nun hat er, auf mein dringendes Ansuchen, die Sache wie sie gegenwärtig vor ihm liegt, als ein gewandter Geschäftsmann, mit großer Klarheit darzustellen, und die Resultate sowohl, als die einzelnen Erfahrungen zusammenzufassen und aufzuzeichnen die Gefälligkeit gehabt. Es ist das erste Mal daß mir widerfährt, zu sehen, wie ein so vorzüglicher Geist meine Grundlagen gelten läßt, sie erweitert, darauf in die[119] Höhe baut, gar manches besichtigt, supplirt und neue Aussichten eröffnet. Es sind bewunderns- und beneidenswerthe Apperçus und Folgerungen, welche zu großen Hoffnungen berechtigen. Die Reinheit seines Ganges ist eben so klar als die Ramification seiner Methode. Die größte Aufmerksamkeit auf sehr zarte im Subject vorgehende Erscheinungen, Scharfsinn ohne Spitzfindigkeit, dabey große Belesenheit, so daß es nur von ihm abhängt meinen historischen Theil höchst schätzbar zu bereichern. Wenn ich die Erlaubniß von ihm erhalte, den Aufsatz drucken zu lassen, so wird er gewiß, auch schon in seiner jetzigen Gestalt als Entwurf, sehr wirksam werden.


25/6964.


An Antonia Brentano

Keinen Augenblick will ich versäumen, sondern sogleich, verehrte Freundin, danckbarlichst melden, daß der püncktliche Fuhrmann das von Ihrem Herrn Gemahl unter dem 23. d. M. angekündigte Faß, nicht Fäßchen, wohlbehalten am 27. hierhergeschafft, so daß meine bisher gehegte und gegen Freundin Paula geäußerte Sorge glücklich getilgt, und die angenehme Aussicht eröffnet ist, bald auf Ihre und der theuern Ihrigen Gesundheit einen vaterländischen Becher leeren zu können. Freylich könnte es etwas bedenklich scheinen, daß meine Freundin mir abgemerkt,[120] wie gut mir in der freyen Rhein- und Maynluft der echt deutsche Wein geschmeckt; indessen muß ich auf's dankbarlichste erkennen, daß Sie mir Gelegenheit geben zu versuchen, ob er hinter dem Thüringerwalde die gleiche Wirkung thue?

Ich zweifle daran; denn ob es gleich an freundlichen und lieben Mitgenießern nicht fehlen wird, so war es doch dort eine ganz eigene Sache: der günstigste Empfang in einer von mir so lang entbehrten Umgebung, und so vieles zugleich auf mich eindringende Gute, versetzten mich in eine Stimmung, welche jeden Sinn gleichmäßig erhöhte, und so mag denn der Geschmack dabey auch gewonnen haben. – Verzeihen Sie diese unschuldigen Zweifel. Empfehlen Sie mich Ihrem Herrn Gemahl dankbarlichst, so wie auch allen den Lieben, die sich in das mir jetzt wieder eingehändigte Album theilnehmend eingezeichnet haben. Möchte ich doch das akademische Renovatum bald unter einer jeden werthen Handschrift sehen.

von Herzen anhäglich

Weimar den 28. Dcbr. 1814.

Goethe.


25/6965.


An Johann Jacob von Willemer

Gestern, als am 27. d. M., ist das angekündigte Schätzkästlein durch den pünctlichen Fuhrmann gut und glücklich anher gelangt, nachdem ich noch einige[121] Tage, wegen der eingetretenen Kälte, deshalb in Sorgen gewesen. Ob das trinkbare Gold, hier, hinter dem Thüringerwalde so gut schmecken und duften wird, als damals, wo das Auge durch den Anblick des frohen Mayns, das Ohr durch liebreiche Gespräche, und das Herz durch vertrauende Freundschaft erquickt war, ist ein Problem, welches zu lösen nicht säumen werde.

Noch sehr gern gedenke ich, bey den rothen Tüpfchen über den Bergen des Panorams, der lieben Hand die sie bezeichnet. Auch das Stammbuch ist wieder glücklich zu mir gekommen, und ich hoffe mit einigen Blättchen bald die guten und frohen Worte zu erwidern.

In dem dießmal düstern Jena habe ich 14 sehr angenehme Tage zugebracht. Die Aussicht in's Reich der Wissenschaften ist auch sehr erfreulich, wenn man die freyen Blicke rings umher kann spazieren lassen. In gewissen Momenten hätte ich Sie, verehrter Freund, wohl zu uns gewünscht, damit Sie sich auch persönlich von der wahren Hochachtung überzeugt hätten, die man Ihnen öffentlich zu beweisen nicht angestanden hat. Und somit leben Sie recht wohl, in der lieblichen Gesellschaft die Ihnen gegönnt ist, und gedenken Sie mein und der Meinigen wenn es Ihnen wohl geht, und pflegen Sie Ihre fromme rechte Hand zu Freude und Gedeihen aller deren, denen Sie lieb sind.

Treu geeignet

Weimar den 28. Dcbr. 1814.

Goethe.[122]


25/6966.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Mögen Ew. Wohlgeboren beykommenden dritten Band zu meinem Andenken freundlich aufnehmen, so wird es mir zum besondern Vergnügen gereichen.

An meinen letzten Aufenthalt in Jena erinnere ich mich noch immer mit soviel Zufriedenheit, daß ich mich bald in dem Fall wünsche meinen Besuch zu wiederholen.

Der ich mich zu geneigtem Andenken angelegentlichst empfehle

ergebenst

Weimar den 28. December 1814.

Goethe.


25/6967.


An Margaretha Schlosser

Die löbliche alte Gewohnheit sich bey'm Jahreswechsel Gönnern und Freunden zu empfehlen, wird zwar in der neuen Zeit weniger beobachtet, ich kann aber doch niemals unterlassen, in diesen Tagen die Schulposten des vergangenen Jahrs zu recapituliren, und, wenn ich sie nicht abtragen kann, mich wenigstens dazu zu bekennen, und um Stundung zu bitten.

In einem solchen Fall bin ich mit Ihnen, verehrte[123] Frau, und ich habe nur bisher etwas zu sagen gezaudert, weil ich soviel zu sagen hatte, und auch jetzo ist es mir einigermaßen peinlich, gewisse Saiten zu berühren. Und so muß ich denn vor allem bekennen, daß ich Frankfurt seit einigen Jahren fürchtete und vermied, weil ich meine Mutter daselbst vermissen würde, ohne welche ich mir diese Stadt niemals gedacht hatte.

Wie sehr bin ich Ihnen also, verehrte Frau, den aufrichtigsten Dank schuldig, da Sie mir in Ihrem Hause, an Ihrer Vorsorge, Thätigkeit und Langmuth, nicht sowohl ein Bild desjenigen gaben, was ich verloren hatte, sondern es meinem Gefühl vollkommen ersetzte. Sie haben mich dadurch in meiner Geburtsstadt wieder eingeführt und gegründet, und ich sehe mit froher Hoffnung einem wiederholten Aufenthalt daselbst entgegen, wo ich, ohne Sorge über die Beschwerde, die ich meinen Freunden verursache, ihres Umgangs und ihrer theilnehmenden Förderung genießen dürfte.

Nach diesem aufrichtigen Bekenntniß werden Sie gewiß verzeihen, wenn ich mehreres nicht erwähne; sondern nur mit der Hoffnung schmeichle, daß ich im nächsten Jahre Gelegenheit finden werde, Denenselben irgend etwas Angenehmes, für so vieles Gute, dankbar erwidern zu können.

Verzeihen Sie die fremde Hand, sie liest sich besser als meine, und drückt doch vollkommen die[124] Gesinnungen aus mit welchen mich angelegentlichst empfehle.

Weimar den 30. Decbr. 1814.

Goethe.


25/6968.


An Johann Georg Lenz

Ew Wohlgeboren

erhalten hierbey das Verzeichniß eines Nachtrags zu der Voigtischen Sammlung, welchen Sie schon erhalten haben, und den ich wohl zu verwahren bitte, bis das Ganze zusammengestellt werden kann. Besonders scheint mir No. 668 merkwürdig; es ist mir auch ein Stück davon gesendet worden. Hier zeigt sich auch die alte Wahrheit, daß jede anorganische Materie, wenn sie in's Freye geräth, sich ihren Bestandtheilen gemäß crystallnisch bildet.

Ich wünsche recht wohl zu leben, und hoffe bald wieder Antheil an Ihren schönen Sammlungen und Bemühungen zu nehmen.

ergebenst

Weimar den 31. Decbr. 1814.

Goethe.


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 25, S. 101-125.
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