1816

[206] 26/7259.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[1. Januar 1816.]

Ew. Königlichen Hoheit

meine treusten Wünsche an diesem Tage darzubringen, giebt mir ein feyerliches Gefühl als jemals. Denn ich bedenke, daß, so lange Jahre her, jeder aufrichtige heiße Wunsch nur als ein leerer Schall gegolten, indem wir die höchsten Personen, denen wir soviel schuldig sind, von einem bösen Geschick anhaltend und wiederholt gedruckt sahen, so daß alle Hoffnung verschwand, sie jemals belohnt zu sehen, für soviel Gutes, das sie andern erzeigten.

Nun aber ist es wirklich seit vielen Jahren das erste Mal daß die Erfüllung dem Wunsche vorausgeht, und wir Ew. Königl. Hoheit erhabnes Haus auf eine Weise beglückt wissen, die zwar nicht dem Verdienste gleich gehalten, aber doch als eine Anerkennung von Seiten der himmlischen Wesen betrachtet werden darf.[206]


26/7260.


An Carl Joseph Hieronymus Windischmann

Ew. Wohlgeb.

angenehmen Aufenthalt habe vorigen Sommer leider einmal rechts und dann auch links liegen lassen, ohne Dieselben begrüßen zu können. Bey meiner Rückkehr fand ich einen Kasten Mineralien, welche nach allen Kennzeichen diejenigen sind, die Sie mir zugedacht hatten. Sie waren sämmtlich sorgfältig numerirt, allein kein Catalog dabey.

Nun ist mir in der großen Zerstreuung einer viermonatlichen Reise entfallen, ob Sie mir diesen Catalog vorausgeschickt; eine Ankündigung dieser Sendung wenigstens hatte ich erhalten, auch wollten Sie mir eine illuminirte Karte zu geognostischen Verständniß übersenden. Haben Sie die Güte mich darüber mit einem Wort aufzuklären, damit ich der vorzüglich schönen Steinarten mich desto mehr erfreuen könne.

Eine Frage, über einen ganz verschiedenen Gegenstand, erlauben Sie mir hinzuzufügen: ich habe nämlich gehört, daß bey einer in Aschaffenburg spielenden Theatergesellschaft ein junges Frauenzimmer sich befinde, Dlle Bervisson, von einer Mutter oder Pflegemutter begleitet. Möchten Sie mir wohl von ihrer Gestalt, Stimme und Talenten einige Nachricht geben, da das Theater überhaupt und so auch unseres mancherley Wechsel unterworfen ist. Zugleich wünsche zu[207] vernehmen, wie Sie Sich mit den lieben Ihrigen befinden, womit Sie Sich gegenwärtig beschäftigen. Auch ich bin im Fall Dieselben bald um freundliche Theilnahme an einer vorhabenden Arbeit zu bitten.

Mich schönstens und angelegentlichst empfehlend

ergebenst

Weimar d. 2. Jan. 1816.

Goethe.


26/7261.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeb.

verdanke eine sehr angenehme und werthe Bekanntschaft in der Person des Herrn Ober-Baurath Coudray. Ich wünsche, daß dieser vorzügliche Mann nächstens zu den Unsrigen gehören möge.

Zu der Versetzung nach München wünsche von Herzen Glück, ob ich gleich Sie und Ihre Thätigkeit höchst ungern am Rhein und Mayn vermisse. Jener Wink, den ich neulich gab, deutete auf einen Wunsch und Plan, den ich deshalb hegte; daß es sich aber zu Ihren Gunsten im Osten entschieden hat, ist desto besser, weil jenes weit aussehend und ungewiß war. Lassen Sie mich auch in Ihren neuen Verhältnissen Ihres Andenkens genießen und bleiben von meiner fortdauernden Theilnahme vollkommen überzeugt.

gehorsamst

Weimar d. 2. Jan. 1816.

Goethe.[208]


26/7262.


An Carl Ludwig von Knebel

Nur in Eile kann ich heut für das neuliche sehr schöne orientalische Gedicht und für die Weiß-Pfefferkuchen danken. Letztere hat sich meine Frau schon zugeeignet. Ich bin lange nicht vor die Thüre gekommen, aber von allerley Geschäftstreiben und vielem Fremdartigen, was man sich nach und nach auflädt, sieht es um mich her immer turbulent aus, so daß ich deine Paradieses-Ruhe oft beneide. Doch wird manches fertig, was dir früher oder später Freude machen soll. Nun lebe wohl, mit den lieben Deinigen, und gedenke mein.

Der Deine

W. d. 3. Jan. 1816.

G.


26/7263.


An August Claus von Preen

Ew. Hochwohlgeboren

habe die Ehre, abermals die Lage des bewußten Geschäfts zu melden. Es ist nämlich, nach einer zwischen dem Herrn Director Schadow und mir getroffenen Übereinkunft, ein zweytes Modell gefertigt worden, welches jedoch beschädigt zu mir gekommen, woran ich aber, so wie aus den brieflichen Äußerungen des Herrn Directors genugsam erkannt, daß unsere Überzeugungen[209] nunmehr vollkommen übereinstimmen. Um jedoch einer endlichen Entscheidung baldigst näher zu gelangen, hat sich Herr Director Schadow entschlossen, ein drittes Modell zu fertigen, und solches Ende Januars nach Weimar zu bringen, damit man sich schließlich darüber vernehmen könne. Ich beeile mich daher dieses Ew. Hochwohlgeb. anzuzeigen, Denenselben zugleich überlassend, was etwa zu weiterer Leitung und vorläufiger Förderung des Geschäfts dortigen Orts zu thun wäre, damit, wenn man über dieses dritte Modell einig geworden, die Arbeit bald verdungen werden könne. Ist dieses geschehen, so wird erst ein größeres Modell, worauf der Künstler wenigstens zwey Monate verwenden muß, verfertigt und auch darüber berathschlagt, da man alsdann erst an die schwierige Aufgabe der Ausführung schreitet, wobey es auch nicht an gemeinsamer Wirkung fehlen soll. Freylich wäre es schön, wenn der würdige Greis die Aufstellung selbst noch erlebte. Mit geziemender Bitte, mich Ihren verehrten Herrn Committenten angelgentlichst zu empfehlen und mir selbst ein geneigtes Andenken zu erhalten

ganz gehorsamst

Weimar d. 4. Jan. 1816.

J. W. v. Goethe.[210]


26/7264.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

[8. Januar 1816.]

Ew. Kayserl. Hoheit sind von meiner aufrichtigen Anhänglichkeit dergestalt überzeugt, daß ich meine treuen Wünsche bey dem eingetretenen Jahreswechsel nicht schriftlich ausdrücken würde, wenn ich mich nicht in dem Fall befände Ew. Hoheit eine angenehme Aussicht mitzutheilen, von welcher wir uns sämmtlich manche Zufriedenheit versprechen können.

Der Ober-Baurath Coudray, welcher früher in Fuld-Dranischen Diensten gestanden und nachher die sämmtlichen interragna jenes Landes mit durchlebt hat, wird in hiesige Dienste treten und, soviel ich diesen Mann habe kennen lernen, gewiß nützliche Dienste leisten und Ew. Hoheit Vertrauen sich verdienen. Ja ich wünsche nichts sehnlicher, als daß wir das Glück hätten Ew. Hoheit schon gegenwärtig hier zu besitzen und gedachter Mann wäre schon in seiner neuen Stelle. Doch die Aussicht daß auch diese Wünsche sich bald erfüllen werden, tröstet mich über manches Bisherige in diesem Fache und ist mir besonders erfreulich wegen des für Ew. Kayserl. Hoheit eingeleiteten Baues, dessen Betrieb durch mancherley Zufälligkeiten bisher verhindert worden. Doch gestehe ich aufrichtig, daß es mir höchst angenehm ist, die Sache noch nicht weiter vorgeschritten zu sehen. Ich wünsche nichts mehr als[211] daß Ew. Kayserl. Hoheit dieselbige an sich fassen und sich über das Bisherige beruhigen möchten. Nur in Ew. Hoheit Gegenwart und unter Anleitung eines Mannes, der die Sache übersieht und genugsames Ansehen hat, um dasjenige, was beschlossen worden auszuführen, kann ein Geschäft und besonders dieses gedeihen, wo so manche Bedenklichkeit hervortritt die zu lösen niemand sich ermächtigen mag.

Der Hauptpunct, vor welchem wir gegenwärtig stehen, ist die Nothwendigkeit, den Zimmern und Sälen, jedem eine seiner Breite und Länge angemessene Höhe zu geben, da wo es nöthig ist Decken einzuziehen und also das eigentliche Grundgerippe des Baues zu vollenden. Weil aber in der Proportion gedachter Maaße des Baumeisters vorzüglichste Kunst sich äußert, indem ja alle nachherige Verzierung von der Grundgestalt des Gefäßes abhängt, so wünschte, daß gedachter Mann darin sein Probstück ablegte und, was dieses bedeutende Erforderniß betrifft, nichts geschehe, was künftighin zu bedauern oder umzuändern ist. Da nun ohnehin die Jahrszeit nur langsame Fortschritte des Baues erlaubt, so würde nichts verloren seyn, wenn man die Entscheidung dieser Fragen bis zum Eintritt gedachten Mannes verschöbe, weil ich, von dem großen Schloßbau her, die traurige Erfahrung habe, daß ein Baumeister nicht leicht dasjenige unverrückt läßt, was ein anderer vor ihm angefangen und eingerichtet hat. Höchst wichtig ist es, daß nunmehr[212] alles gleichen Schritt gehe, da die an mehreren Stellen höchst nöthige Beleuchtung von oben neue Schwierigkeiten sowohl in Absicht auf Construction als Decoration nach sich zieht.

So sind denn auch in der Gegenwart des Oberbauraths jene Bedenklichkeiten abermals zur Sprache gekommen, welche bisher der Fernstererhöhung im Wege gestanden und schon mehrmals beredet worden, wie ich sie denn hier im Einzelnen vorzutragen mir die Freyheit nehme. Wenn man das neue Angebäude nicht als ein ganz besonderes ansehen und decoriren, sondern als eine Fortsetzung des Schlosses betrachten wolle, so wäre in der Fensterhöhe nicht wohl eine Veränderung zu machen. Die Breite derselben wäre um 6 Zoll zu erweitern, die Fenster sehen nicht wirklich so klein, als sie gegenwärtig von außen und innen erscheinen. Von außen, weil ihnen alle Verzierungen abgehen, von innen, weil die disproportionirte Höhe der kleinen Zimmer eigentlich den Mißstand manche und gegenwärtig die wüste Unfarbe der Wände nur kümmerlich erleuchtet erscheine. Licht würden sie genugsam geben, weil die Wände nicht dick sind und also nicht wie in dem Schlosse die starken Mauern die Verbreitung des Tageslichts hinderten. Die schickliche Erniedrigung der Zimmer und eine muntere Behandlung der Decoration würden das Ihrige beytragen, so wie das Oberlicht bey den größern Gemächern.

[213] Ferner sey eine gewisse Höhe zwischen den Fenstern und der Decke sogar wünschenswerth, weil in der neuern Zeit sehr viel Pracht und Zierde auf die Drapirungen der Vorhänge gewendet werden, deren Herabhängen gewöhnlich einen Theil hoher Fenster verdecke, welches bey dem neuen Ameublement gar füglich vermieden werden könne.

Diese Bedenklichkeiten sind es, weshalb bis jetzt die Fenster in ihrem vorigen Zustand geblieben, indem ein Untergeordneter hierin zu entscheiden sich nicht ermächtigen darf.

Möchten Ew. Kaiserl. Hoheit alles Vorgetragene mit gnädigen Augen ansehen um darin die Absicht wahrzunehmen, Höchstderoselben Befehle und Wünsche nach Maaßgabe der vorliegenden Umstände immer schuldigst vor Augen zu haben.

So tritt denn auch bey Betrachtung des Obengesagten der Umstand ein, daß so lange die Höhe der Zimmer nicht genau bestimmt ist, an eine Vorarbeit zu Verzierung der Wände, Decke und Fußboden kaum geschritten werden kann, weil die Hauptbestimmungen noch allzu vag und unentschieden daliegen. Ja ich darf wohl gestehen, daß dieses ganze Geschäft mir höchst unerfreulich erscheinen würde, wenn wir nicht an der Spitze unseres ganzen Bauwesens bald einen Mann zu sehen hoffen könnten, mit welchem zu arbeiten eine Lust wäre. Ich müßte mich aber sehr irren, wenn man nicht bey Ihro Kaisel. Hoheit persönlicher[214] Gegenwart durch die Gewandtheit eines solchen Mannes in wenig Wochen weiter vorschritte, als es jetzt in Monaten geschehen kann. Erlauben Höchstdieselben, daß ich mich auf jene Epoche im voraus freue, indessen aber als Zuschauer wenigstens auf das zu merken suche, was zu den schon vorhandenen Hindernissen neue herbeyführte.

Möge das Gegenwärtige Höchstdieselben bey guter Gesundheit und frohem Muthe antreffen, wie ich mich denn dem Höchsten Paare noch schließlich zu Huld und Gnade angelegentlich empfehle.

Weimar den 3. Jan. 1816.


26/7265.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeboren

erhalten durch den Postwagen den Sechsten Band meiner Werke. Hinzugefügt ist: Was wir bringen in reinlicher corrigirter Abschrift, zum fünften Band gehörig. Ferner liegt etwas bey für den Damen-Calender; Ew. Wohlgeb. werden jedoch verzeihen, wenn ich fortfahre, die Erzählerin der Tausend und Einen Nacht nachzuahmen und die Neugierde auf's neue zu erregen statt zu befriedigen.

Ferner habe ich die Absicht, Ihnen Proben aus meinem Divan gleichfalls für den Damen-Calender zu übersenden. Sie hätten ja wohl die Gefälligkeit,[215] diese, wenn sie etwas zu spät kommen sollten, mit römischen Zahlen paginirt an die Spitze des kleinen Bandes zu setzen. Für das Morgenblatt theil ich alsdann eine kleine Notiz mit, worin ich von meinem Orientalismus vorläufige Rechenschaft ablege.

Einige Aufsätze über bildende Kunst sende gleichfalls für's Morgenblatt, sobald ich nur einigermaßen Luft habe.

Das kleine Werk über die Rhein- und Mayngegenden, ist bis zum achten Druckbogen gediehen. Mit dem zwölften werde ich schließlich und ein zweytes Heft ankündigen. Da es broschirt ausgegeben wird, so lasse jetzt eine hübsche Decke in Kupfer stehen.

Auch wird der Umriß eines bedeutenden niederrheinischen Bildes als Umriß gegeben.

Soviel für diesmal und noch eine Bemerkung zur Rechnung. Auf dem mir abermals mitgetheilten Blat fehlen abermals die drey schon erwähnten Posten.

1815.

Jan. 16.

an Stimmel150rh.

an Gebr. Felix100

an Cammer C. Stötzer50

rh.300


Welche Ihnen zu Gute kämen.

Wollten Sie diese Differenz aufzuklären suchen?

Mich zum schönsten empfehlend

ergebenst

W. d. 10. Jan. 1816.

Goethe.[216]


26/7266.


An Franz Kirms

Da wir die schöne Stimme des Herrn Eduard Genast noch in Reserve haben: so sollten wir die Blätter nicht nur beybehalten, sondern dem Priester-Liebe mehr Extension geben.

d. 11. Januar 1816.

G.


26/7267.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

sende hiebey eine Sömmerringsche Abhandlung. Sehen Sie doch nach, ob vielleicht unter denen hierin angeführten und beschriebenen Versteinerungen sich auch das problematische Exemplar befindet, welches in schwarzem Schiefer die seltsamen Pfoten enthält, die man für Kinderhändchen gehalten hat, und gegenwärtig in unserm Museum aufbewahrt ist. Sollte dasselbe in der Sömmerringschen Schrift nicht erwähnt seyn; so geben Sie mir nähere Kenntniß davon, damit ich solche dem würdigen Verfasser zuschicken kann. Auch folgen die Briefe hierbey. Ich wünsche zu den schönen Acquisitionen Glück und hoffe auch Ihnen bald etwas Erfreuliches melden zu können.

ergebenst

Weimar d. 11. Jan. 1816.

J. W. v. Goethe.[217]


26/7268.


An Luise von Knebel

Mit vielem Dank für das angenehme Gesendete und Gemeldete überschicke ich mit wenigen Worten einige sehr seltsame Gedichte des wunderlichen Luck. Es ist doch eine ganz eigene Originalität in dem Manne.

Meine Frau wird sie gegenwärtig überbringen, nehmen Sie sie freundlich auf.

Das schönste Lebewohl.

Weimar d. 12. Jan. 1816.

G.


26/7269.


An Johann August Sack

Ew. Hochwohlgeboren

zutrauliches, für mich so ehrenvolles Schreiben hat mir die angenehme Empfindung gegeben, daß meine Versäumniß, Hochdenenselben vorigen Herbst nicht aufgewartet zu haben, hierdurch zum Theil wenigstens ausgeglichen wird. So wie denn auch des Herrn Staats-Minister von Stein Excellenz, durch Empfehlung meiner vorhabenden Arbeit, zu so vielem Guten, das ich diesem trefflichen Manne schuldig geworden, noch ein neues und so vorzügliches hinzuthun.

Da die Sache von großer Wichtigkeit ist, und eine Erklärung über dieselbe viele Schwierigkeiten hat; so sey es erlaubt mich aphoristisch auszudrücken, vorher[218] aber die Entstehung jener Druckschrift, deren Ausgabe leider verspätet worden, mit Wenigem anzugeben.

Bey meinem zweymaligen Aufenthalt am Mayn und Rhein, in beyden vergangenen Sommern, war mir angelegen, nachdem ich meine vaterländische Gegend so lange nicht gesehen, zu erfahren, was nach so vielem Mißgeschick sich daselbst, bezüglich auf Kunst, Alterthum und Wissenschaft befinde? wie man es zu erhalten, zu vermehren, zu ordnen, zu beleben und zu benutzen gedenke?

Ich besah die Gegenstände, vernahm die Wünsche, die Hoffnungen, die Vorsätze der Einzelnen, so wie ganzer Gesellschaften, und da ich meine Gedanken dagegen eröffnete, forderte man mich auf, das Besprochene niederzuschreiben, um vielleicht eine öffentliche Übersicht des Ganzen zu geben und zu Privatunterhandlungen gleichsam einen Text zu liefern. Da ich aber auf gedachter Fahrt Ihro Königl. Majestät Staaten nur im Fluge berührte; so ist leicht zu ermessen daß dieser Theil des Aufsatzes der magerste und unzulänglichste seyn werde, wenn dasjenige, was über andere Ortschaften und Gegenden gesagt wird, vielleicht befriedigender ausfallen möchte.

Bey allem konnte ich jedoch nur darauf ausgehen zu bemerken, was vorhanden und was für das Vorhandene allenfalls zu wünschen sey; das Wie hingegen habe ich von meinen Betrachtungen ausgeschlossen, weil dieses nur von denjenigen beurtheilt werden[219] kann, welchen die Ausführung der Sachen, unter gegebenen Bedingungen der Zeit und Umstände, anvertraut ist.

Die Rhein- und Mayngegenden, im breitesten Sinne genommen, zeigen, so wie das übrige Deutschland, ausgesäte größere und kleinere Lichtpuncte.

Die Natur der nebeneinander gelagerten Staaten bringt mit sich, daß wir niemals zu denen Vortheilen gelangen können, deren sich die Pariser, zwar mit Unrecht, aber doch zu eigenem und zum Vortheil der übrigen gebildeten Welt erfreuten. Alles Denkbare, was der mannigfaltig Thätige zu seinen Zwecken bedürfen mag, fand sich beysammen, so daß Männer wie Humboldt und Gall, wenn sie sich selber nicht verkürzen wollten, einen solchen Aufenthalt nicht verlassen durften.

Dieser Körper ist auseinandergefallen, und wenn der deutsche Freund der Kunst und Wissenschaft sich umsieht, wo er irgend ähnliche Vortheile finden könnte; so wird er sich als einen Reisenden betrachten müssen, da er denn freylich die größten Schätze von Wissenschaft und Kunst nach und nach wird aufsuchen und benutzen können.

Die Hauptrichtung meines kleinen Aufsatzes geht deshalb dahin, einem jeden Orte das Seinige zu lassen und zu gönnen, das Vorhandene hingegen allgemeiner bekannt zu machen, damit man leichter beurtheile, wie[220] es erhalten und belebt und von Einheimischen und Fremden benutzt werden könne.

Wenn nun aber das Vorgesagte hauptsächlich von demjenigen gilt, was wirklich schon besteht, so findet bey dem, was erst eingerichtet werden soll, eine neue Betrachtung statt.

Die Bildung nämlich unserer Zeit steht so hoch, daß weder die Wissenschaft der Kunst, noch diese jener entbehren kann. Seit Winckelmanns und seiner Nachfolger Bemühungen ist Philologie ohne Kunstbegriff nur einäugig. Alle mehr oder weniger gebildeten Völker hatten eine zweyte Natur durch Künste um sich erschaffen, die aus Überlieferung, Nationalcharakter und klimatischem Einfluß hervorwuchs, deswegen uns alle alterthümlichen Reste, von Götterstatuen bis zu Scherben und Ziegeln herab, respectabel und belehrend bleiben.

Und so fördern die verschiedenen Zweige der Wissenschaften einander, wie denn auch die verschiedenen Zweige der Kunst einander fördern. Mit dem Bildhauer sinkt der Medailleur, der Kupferstecher mit dem Zeichner. Ein Kenner und Liebhaber der Naturgeschichte kann das glücklich nachahmende Talent sorgfältiger Künstler nicht entbehren, und so geht es durch alles durch, bis Wissenschaft und Kunst endlich Technik und Handwerk zu Hülfe rufen und auch diese veredeln.

Wer sich ein solches Ganze lebendig denkt, wird es an Einen großen Ort, wo alle Glieder sich unmittelbar[221] berühren, hinwünschen: denn gerade diese Berührung ist es, woraus das wechselseitige Leben und eine Förderniß entspringt, welche sonst auf keine Weise denkbar ist.

In diesem Sinne also mußte der Wunsch, diese Totalität in Cöln zu sehen, einem Fremden nicht tadelnswerth erscheinen, wenn er auch gleich, bey Unkenntniß der besondern Umstände, denselben nur problematisch auszusprechen wagte. In demselben Fall befinde ich mich und so habe ich mich auch in meiner Druckschrift gehalten und die Frage zwischen Bonn und Cöln schweben lassen.

Eine neue, mir bisher unbekannt gebliebene Eintheilung der Provinzen aber scheint die Vertheilung der verschiedenen Anstalten räthlicher zu machen. Ew. Hochwohlgeb. haben sich hierüber deutlich ausgedrückt und ich glaube auch die hierzu veranlassenden Gründe einigermaßen einzusehen. Wie sollte auch derjenige nicht seine Gründe wohl überdacht haben, der an Ort und Stelle schon längst vorläufig wirksam, einer von ihm einzuleitenden neuen Einrichtung den besten Fortgang zu sichern wünscht.

Es sey mir um der beliebten Kürze willen ein Gleichniß erlaubt: Man hat in dem Raume zwischen Mars und Jupiter längst einen großen, allenfalls mit Satelliten umgebenen Planeten gesucht, und hat endlich an der Stelle vier kleine gefunden. So werden nun auch nach gedachten Vorschlägen die getheilten[222] Anstalten sich um die Centralsonne des wissenschaftlichen Vereins bewegen. Alles an einem Orte vereinet würde durch Realität und Lebenskraft der Oberaufsicht sowohl das Überschauen als das Einwirken erleichtern, anstatt daß sie, in dem gegenwärtigen Falle, ein ideeller Punct wird, der sich mit mächtigen Attractions- und Repulsionskräften zu waffnen hat, wenn er die sämmtlichen Bahnen um sich her und unter ihnen selbst in regelmäßiger Bewegung erhalten will.

Ich sage dieß nicht, um gegen die vorgeschlagene Einrichtung zu argumentiren, sondern nur auszusprechen, was gewiß schon bedacht ist, daß nämlich jeder von diesen Fällen von obenherein eine andere Behandlung bedürfe.

Eine Besorgniß jedoch muß ich noch ausprechen, daß Deutschland, so groß es ist, kaum so viele mobile Individuen liefern werde, welche sich qualificiren eine große Gesammt-Anstalt am Rhein wahrhaft zu beleben, wobey doch mancher in verschiedene Fächer eingreifen und durch ein mehrfaches Talent nützen könne. Zu vertheilen Anstalten aber ist ein weit größeres Personal, das zugleich mehr Fähigkeit, Tüchtigkeit und guten Willen hat, erforderlich. Anderer ernsteren und anhaltenden Bemühungen der Vorgesetzten nicht zu gedenken, welche nöthig seyn werden, um die schon an und für sich getrennten und nun auch durch Ortsentfernung geschiedenen Elemente in einer wechselseitigen, wohlwollend verbundenen Thätigkeit zu erhalten.

[223] Daß dieses kräftigen, energischen, erfahrenen und geprüften und mit hinlänglicher Autorität versehenen Männern, die sich zum Mittelpunct constituiren, zu leisten möglich sey, will ich nicht in Zweifel ziehen; auch spreche ich hier nur als einer der sich einen Augenblick anmaßt, über das Wie seine Bedenkliechkeiten zu eröffnen.

Sobald mein Aufsatz oder wenigstens dessen erstes Heft gedruckt ist, nehme mir die Freyheit solches zu übersenden. Es kann nichts die königlichen Provinzen Betreffendes enthalten, was Ew. Hochwohlgeboren nicht schon bekannt wäre. Wie man aber die Städte weiter aufwärts zu einem Verein einladen und sie dafür interessiren könne, hierüber werden vielleicht einige brauchbare Notizen hervorgehen.

Der ich, mit nochmaliger aufrichtiger Anerkennung des Werthes eines so schätzbaren Zutrauens, um Verzeihung bitte der flüchtig geäußerten Gedanken. Dero Schreiben ist mir erst am zwölften Tage zugekommen, deshalb ich gegenwärtiges beeile. Sollte mir etwas Weiteres beygehen, das ich der Mittheilung werth achten dürfte, so wird mir die Erlaubniß solches nachzubringen gefällig gestattet seyn. Wie ich denn mit vollkommenster Hochachtung die Ehre habe mich fortdauerndem Zutrauen angelegentlichst zu empfehlen

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 15. Januar 1816.

J. W. v. Goethe.[224]


26/7270.


An Auguste Düring

[Concept.]

[17. Januar 1816.]

Daß nach Ihrem früheren so entschiedenen Schreiben eine verzögerte und zuletzt verneidende Antwort kein angenehmes Gefühl erregen konnte, ermessen Sie selbst, um so mehr als Sie von meinem Wunsche überzeugt sind, den ich hegte Ihnen gefällig und nützlich zu seyn. In dieser Lage werden Sie mir nicht verargen, wenn ich Ihre Erscheinung auf dem Weimarischen Theater ablehne, indem es für uns beyderseits kein zutrauliches und fröhliches Zusammentreffen werden könnte.

Möge Ihnen auf Ihrem Lebenswege alles Gute begegnen und in der Folge sich Verhältnisse und Empfindungen herstellen, die mir vergönnten mit Vergnügen auf eine oder die andere Weise Ihr schönes Talent kennen zu lernen.

Das Beste wünschend.

Weimar d. 12. Jan. 1816.


26/7271.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

geruhen auf Nachstehendes gnädigst zu reflectiren:

1) Die Harzer Tischplatte wird durch Kronrath sorgfältig gepackt. Eine Zeichnung des Vorkommens[225] dieses merkwürdigen Gesteins ist in der Arbeit, auch ein Aufsatz deshalb.

2) Ein Sömmerringsches Heft liegt bey. Wahrscheinlich ist das Jenaische im Jahr 1789 zu Riegelsdorf gefundene problematische Stück auch ein ähnlicher Crocodilsrest. Ich will Sömmerring davon Notiz geben, auch Herrn von Schreibers auf diese Abhandlung aufmerksam machen.

3) Das Canova Freude an jenen köstlichen Werken macht ihm Ehre; um so mehr als seine Kunst von jener durch eine große Kluft der Zeit und der Gesinnungen getrennt ist. Der Brief ist an Bertuch zurück.

4) Haben Höchstdieselben wegen dem Nilpferdschädel etwas an Treitlingern gelangen lassen? Oder soll ich es thun?

5) Das perpetuum mobile sende an Färber, welcher es im Zimmer der naturforschenden Gesellschaft aufhebt. Den Hofrath Voigt ersuche unter Assistenz des Otteny um Aufstellung.

6) Die Wolkenerscheinungen werden stark studirt und Musterbilder der verschiedenen Fälle aufgesucht. Nächstens hoffe den Cirrus in der größten Vollkommenheit vorzustellen.

7) Verzeihen Ew. Hoheit, daß ich noch immer, wie der fabelhafte Vogel Simerup im Felsenneste verharre. Vielleicht befehlen Sie nächste Woche, daß ich einen Abend aufwarte und von den frisch ausgebrüteten asiatischen Paradiesvögeln einige vorzeige.

[226] 8) Die Aufführung des Epimenides zum 30. Januar wird, hoffe ich, gelingen und nicht unangenehm seyn. Capellmeister Weber kommt einige Tage früher.

9) Mit ihm Director Schadow wegen der Blücherschen Statue für Rostock. Möchten doch günstige Nachrichten aus dortigen Gegenden unsre Besorgnisse wegen der theuren Erbgroßherzogin von Mecklenburg einigermaßen lindern.

Mich zu Gnaden und Hulden empfehlend

unterthänigst

Weimar den 17. Januar 1816.

Goethe.


26/7272.


An Thomas Johann Seebeck

[Concept.]

[21. Januar 1816.]

Ew. Wohlgeb.

beyde belehrende Briefe habe bey rechter Zeit zu meinem größten Vergnügen erhalten. Ich überzeuge mich immer mehr, daß die von Ihnen entdeckten und so sorgsam verfolgten entoptischen Farben den prismatischen Erscheinungen zum Grunde liegen und daß wir diesen wunderlichen und geheimnißvollen Gespenstern von dieser Seite endlich beykommen werden. Lassen Sie mich ja von Ihren Fortschritten jederzeit erfahren. Ich will suchen einen von meinen Doppelspäthen nach Ihrer Angabe schleifen zu lassen, denn ich bin gar neugierig das Phänomen selbst zu sehen.

[227] Dürfte ich mich nach einer Weise darüber ausdrücken so würde ich Folgendes sagen: Es ist eine Art von physisch-chemischer Belebung, welche in jenen Körpern entsteht, in dem Stein bey seiner Crystallisirung; im Glase, Gummi u.s.w. bey Erwärmung, Erkältung, Halberstarrung und wie bey andern Körpern diese Bedingungen heißen mögen, und so erscheint mir das Phänomen als ein allgemeines überall verborgen liegendes, unter gewissen Umständen hervortretendes, wie denn bey den prismatischen Versuchen ein reines lichtes Bild die Erscheinung an die dunklen Ränder drängt. In dem prismatischen Bilde sehe ich Ihre epoptischen Pfauenaugen nur auf eine andere Weise manifestirt, und ich gehe im Stillen damit um, meine Abtheilung von physischen Farben nächstens umzuschreiben und wenn es auch nur zu unserer Unterhaltung wäre.


Wäre die Natur nicht so consequent liebenswürdig, gäbe es nicht Freunde, die sich redlich zu ihr halten, nicht treue Bekenner, welche zusammenstehen, so würde man gewiß einmal, von bösem Humor ergriffen, alle Vorarbeiten in's Feuer werfen, die Sache aufgeben und sich sonst einen guten Tag machen.[228]


26/7273.


An Franz Ludwig von Treitlinger

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

Gegenwärtiges zu addressiren und mit Denenselben in einige Verbindungen zu kommen verdanke dem Auftrag meines gnädigsten Herrn des Großherzogs. Es hat derselbe nämlich durch Herrn von Schreibers von Wien vernommen, daß zu Paris in dem Magazin des vorzüglichsten Mineralienhändlers Allizeau et Compagnie, Quai Malaquai No. 15, sich ein sehr gut präparirter Hippopotamusschädel befindet, welcher für 150 Franken vielleicht auch für 120 zu erhalten wäre. Wollen Ew. Hochwohlgeb. zu soviel anderen Gefälligkeiten auch diese hinzuthun und für Rechnung Serenissimi gedachtes Stück anschaffen, so würden wir bey Besuchung des Jenaischen Museums uns auch künftig Ihrer Geneigtheit zu erinnern haben. Der ich mir die Erlaubniß erbitte in andern Fällen mich an Dieselben wenden zu dürfen und die Ehre habe mich mit ausgezeichneter Hochachtung zu unterschreiben.

Weimar d. 25. Jänner 1816.


26/7274.


An den Großherzog Carl August

[25. Januar 1816.]

Ew. Königl. Hoheit

Gedanken, unserer freyen Zeichenschule eine Vorschule auf dem Gymnasio, so wie auch andern hiesigen Schulanstalten[229] zu geben, habe sogleich mit Meyer und Peucer besprochen. Ersterer wird darüber etwas aufsetzen, letzterer wird zur Ausführung sowohl als seine Collegen sehr gern die Hand bieten, um so mehr, als das Ober-Consistorium schon aus eigner Bewegung den Versuch gemacht hat in Buttstedt eine Zeichenschule zu gründen, der recht gut gelungen ist. Vorschläge zur Einrichtung des Ganzen werden, sobald sie einigermaßen reif sind, unterthänigst vorgelegt werden.

Den 1. Band Wielandischer Briefe lese schon mit großem Interesse. Sehr angenehm ist es, die Natur, die man im Alter gekannt, in der Jugenderscheinung zu sehen. Sehr merkwürdig ist die klare Selbstkenntniß in so jungen Jahren. Die heitere Nachgiebigkeit und zähe Hartnäckigkeit zwischen denen sein Wesen sich bis in die spätesten Jahre bewegte ist auch hier schon ausgesprochen.

Auf den nach Wien gesendeten Aufsatz, die Achtermannshöhe betreffend, werfen Ew. Königl. Hoheit wohl einen Blick.

An Treilinger ist wegen des Hippopotamusschädel geschrieben, durch dessen Acquisition einer meiner ältern osteologischen Wünsche erfüllt wird.

Indem hier von naturhistorischen Dingen die Rede ist, lege ein paar Federn bey, welche in Webicht den erlegten Todfeinden der allerliebsten Fasanen ausgerupft habe, an welchen schon der durch Bergrath Voigt zur Sprache gebrachte Unterschied zu sehen ist, welcher[230] durch Einwirkung von Licht auf diese zarten und leicht zu metamorphosirenden organischen Theile hervorgebracht wird. Die schmälere zu beyden Seiten ziemlich gleiche und gleichmäßig gefärbte Feder ist eine von den obern Schwanzfedern, welche durchaus dem Lichte ausgesetzt war. Die andere, wo die eine Seite breiter und wenig entschieden gefärbt ist, war von einer überliegenden Feder bedeckt, wie man die Gränze deutlich wahrnehmen kann. Ich werde mir den nächstgeschossenen Raubvogel erbitten um die bey Bildung und Färbung der Feder obwaltende Naturgesetze in Beyspielen vorzulegen.

In wie hohem Credit unsere mineralogische Gesellschaft auswärts steht ist aus dem zu Siegen geführten beyliegenden Protokolle zu ersehen. Wegen Dauer und Befestigung dieser schönen Anstalt habe manchen Gedanken.

Kupferstecher Müller wird Brief und Zeichnung von Weinbrenner vorlegen. Ew. Königl. Hoheit Ermahnungen haben den Architekten [zu einem Plane] genöthigt der nicht verwerflich scheint. Jagemann wird einer ziemlichen Masse Farben bedürfen um ein solches Tuch zu bedecken.

Goethe.


Die übersendeten schönen Fossilien bestehen:

1) Zwey Rhinoceros-Zähne in der Kinnlade

2) Ein Fragment eines Pferde-Zahns

[231] 3) Backen-Zähne aus der unteren Kinnlade eines Hirschen

4) Ein Knochen-Fragment in Kalk-Tuff.

Von den anderen beyden Mineralkörpern ist der eine schörlartiger Beryll aus dem Zwitterstock von Altenberg, das andere Kalkspath-Crystalle auf schwarzem Marmor.

Pelzen wird deshalb die geognostische Tortur zuerkannt. Nicht unmöglich wäre es jedoch daß ein Schalk ihm diese [Dinge in seine] Räume geschoben. Wenigstens haben wir in unsrer Jugend uns dergleichen Possen erlaubt um nachfahrende Geognosten irre zu machen.

Alles zusammen wird, sorgfältig eingepackt, nach Jena transportirt werden. Wie denn überhaupt ein kurzer Aufsatz über das merkwürdige Vorkommen dieser Fossilien nächstens ausgefertigt werden kann.

Goethe.


26/7275.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeb.

habe leider seit langer Zeit weder gesehen noch auch schriftliches etwas von Denselben gehört. Ich ergreife daher die Gelegenheit, Sie wieder einmal freundlichst zu begrüßen, indem ich unseres kleinen Geschäft mit Wenigem gedenke.

[232] Ich sende hier abermals etwas Manuscript und bitte um möglichst genaue Nachricht, wie weit wir, dieses mit eingerechnet, in der Bogenzahl gelangen können. Da wir den Umschlag, welcher nunmehro fertig ist, wohl am besten hier in der Nähe des Künstlers und unter dessen Aufsicht und Nachhülfe drucken lassen, so wollte anfragen, was für eine Art Papier wir dazu nehmen sollen und ob Sie mir davon ein Muster schicken können. Es müßte stark genug seyn, daß man nicht nöthig hätte, die Decke zu füttern. Geheftet wünscht ich sodann das Heftchen recht sauber, damit es die Leser eine Weile benutzen könnten eh es auseinander fiele, auch hätten Sie die Gefälligkeit mir anzuzeigen wie viel Abdrücke nöthig sind.

Noch sey ich die Bemerkung hinzu, daß wir ein freundliches nicht allzu dunkles Papier nehmen und auf einigen bessern Exemplaren die Lichter aufhöhen wollen.

Haben Sie sonst noch etwas zu bemerken, so bitte mir es mitzutheilen, damit ich mich darnach richten und das Nöthige einleiten kann.

Mich Denenselben und den lieben Ihrigen angelegentlich empfehlend

Weimar d. [27. Januar] 1816.

Goethe.


Einige Berliner Nova lege bey zu gefälliger Betrachtung.[233]


26/7276.


An Carl Ludwig von Knebel

Weimar d. 27. Jan. 1816.

Hier, mein werther Freund, sende dir Berolinensia, die dir, wenn du sie nicht kennst, einiges Vergnügen machen werden. Sie stehen dir erb- und eigenthümlich zu Diensten. Auch sende ich dir einen Probedruck des Deckels zum kleinen Reiseheft, der ein ganz munteres Ansehn hat. Für dießmal aber muß ich gleich Abschied nehmen. Director Schadow und Cappellmeister Weber sind hier. Die Proben vom Epimenides gehen rasch und gut, doch wird uns die Trauer um die Aufführung des Mittwochs verkümmern. Und so lebe denn schönstens wohl.

G.


26/7277.


An Arthur Schopenhauer

Wie oft habe ich Sie, mein Werthester, in diesen Winterabenden hergewünscht, da in dem vorliegenden Falle schriftlich keine Auskunft zu hoffen ist. Ich setze die Farbenlehre zwischen uns in die Mitte als Gegenstand der Unterhaltung und die braucht ja nicht immer einstimmig zu seyn. Doch um Sie nicht ganz, bey so schönem Bemühen, ohne ausgesprochene Theilnahme zu lassen, beschäftigte ich mich zwey Tage in Jena, um soviel als möglich wäre, nachzusehen,[234] was denn seit den letzten acht Jahren im In- und Auslande über die Farben zur Sprache gekommen. Ich wollte darauf meine fernere Unterhaltung mit Ihnen gründen. Dieser löbliche Vorsatz aber brachte die entgegengesetzte Wirkung hervor; denn ich sah nur allzu deutlich, wie die Menschen zwar über die Gegenstände und ihre Erscheinung vollkommen einig seyn können, daß sie aber über Ansicht, Ableitung, Erklärung niemals übereinkommen werden, selbst diejenigen nicht, welche in Principien einig sind, denn die Anwendung entzweyt sie sogleich wieder. Und so sah ich denn auch nur allzu deutlich, daß es ein vergebens Bemühen wäre, uns wechselseitig verständigen zu wollen. Idee und Erfahrung werden in der Mitte nie zusammentreffen, zu vereinigen sind sie nur durch Kunst und That. Mit Ihrem Manuscript und Briefen habe ich mich beschäftigt, die letzten sogar mit eigenen Fingern eingeheftet, weil alles beysammen bleiben muß. Gern hätt ich mir einen Auszug daraus machen lassen, weil dieses aber nur durch einen Sachkundigen geschehen konnte, so hätt ich dadurch das Geheimniß verletzt. Mögen Sie es selbst thun, so würden Sie mir Freude machen, ja ich wünschte die Darstellung Ihrer Ansichten so in's Kurze gezogen, daß ich solche dereinst in die Farbenlehre inseriren könnte.

Lassen Sie mich von Zeit zu Zeit wissen, womit Sie sich beschäftigen und Sie werden mich immer theilnehmend finden, denn ob ich gleich zu alt bin, mir[235] die Ansichten anderer anzueignen, so mag ich doch sehr gern, insofern es nur immer möglich ist, mich geschichtlich unterrichten, wie sie gedacht haben und wie sie denken.

Lassen Sie mich bald erfahren, daß diese Sendung Ihnen zu Handen gekommen ist.

Mit den aufrichtigsten Wünschen

Weimar den 28. Jänner 1816.

Goethe.


26/7278.


An Sulpiz und Melchior Boisserée

Ihre herrliche Sendung, meine lieben Freunde, hätte mich erschreckt und beschämt, wär es mir nicht gerade zu Muthe gewesen, als brächten Sie mir diese liebliche Gabe in das Zimmer der Frau Amtmannin, denn ich komme seit 14 Tagen nicht aus Ihrer Nähe, und wallfahrte vom Schlosse zur Eyckischen Capelle und so immer ab und auf. Haben Sie tausend Dank für die Freude die Sie mir gemacht haben, für die geistreichen und so wohl ausgeführten Bilder, für die glücklichen Erinnerungen und Anregungen und für alles liebende Wohlmeinen was Sie sich selbst bewußt sind hineingelegt zu haben. Danken Sie allen Theilnehmenden, Herrn Wilken und Köster. Warum kann ich nicht ein halb Jahr in Heidelberg seyn! ich wollte im Neßkh und Talik hoffentlich meinen Dank zierlich schreiben lernen. Denn ob es gleich um mich her[236] auf alle Weise saust und braust und ich in diesen Tagen wenig zu Ruhe komme, so wird doch immer des Orients lesend, schreibend und dichtend gedacht.

Der 8. und 9. Bogen des Heftes war eben in der Revision. Der Umschlag ist auch schon gestochen, worauf das Meiste gelungen, einiges mißlungen ist. Beydes wird Ihnen Spaß machen. Was ich bis jetzt von Ihrer Sammlung gesagt habe ist ein wunderbarer Text zu einem ewigen Commentar, wovon ich selbst einige Apprehension habe. Mit welcher Frömmigkeit jedoch und Aufmerksamkeit ich dabey zu Werke gehe, ersehen Sie daraus, daß die 14 Foliohefte des d'Agincourt mir nicht aus den Augen kommen, ein Werk das ich schätze, weil es mich höchlich belehrt und das ich verwünsche, weil es mir die Einbildungskraft verdirbt.

Soviel für dießmal, damit das Blatt nicht liegen bleibe. Der Steinmetzen Brüderschaft geht nächstens ab, die Diss. de Artificibus Palatinis mit mehrern ähnlichen Schriften folgt auch. Über Ihre vorigen Briefe hätte ich manches zu sagen. Was Canova bey seinem Zug durch Deutschland gesprochen, davon hab ich manches gehört und begreife es nicht recht. Die Künstler kommen mir oft vor wie Väter und Mütter, welche recht hübsche Kinder zeugen ohne zu wissen wie es zugeht.

Tausend Grüße

Weimar den 29. Jan. 1816.

G.[237]


26/7279.


An Christian Friedrich Gottfried Teuscher

[Concept.]

[29. Januar 1816.]

Ob es mir gleich öfters begegnet, daß mir von jungen Männern, die sich versuchen mochten, vollendete dramatische Arbeiten mitgetheilt werden; so setzt es mich doch immer in einige Verlegenheit: denn um mein Urtheil über ein solches Stück zu begründen, müßte ich erst jedesmal meine Grundsätze und Überzeugungen aussprechen, ja die Ursache angeben, warum ich nicht eben mit der Praktik der neuern Zeit ganz einig bin, und auch da würde man vielleicht nur die Meinung des Einzelnen und nicht ein allgemein geltendes Gesetz, wornach man sich zu richten hätte, erkennen. Dem Verfasser des gegenwärtigen Stücks muß man Theaterkenntniß zugestehen, besonders indem sie sich auf Eindrücke der neueren Zeit gründet. So ist auch die Wahl des Gegenstandes demjenigen Interesse ganz angemessen, welches ähnliche Stücke hervorbringen, auch herrscht durchaus ein Zartgefühl und reine schöne Gesinnungen.

Weiter darf ich nicht gehen, weil ich mich in Erörterungen einlassen müßte, die, nach dem Obgesagten, immer schwierig bleiben. Das beste Urtheil ist dasjenige, das man nach einigen Jahren selbst über seine Productionen fällt, wenn man sich durch weitere Ausbildung über selbige erhoben hat. Da ich nun überdieß die Aufführung auf unserm Theater nicht[238] räthlich finde, so halte mich um destomehr in dieser Gränze, weil ich aus langer Erfahrung weiß, daß man nur durch die Aufführung mit dem Stück und dem Verfasser in ein wahres Verhältniß kommt. Vielleicht kann ich in der Folge durch Rath und Unterhaltung nützlicher seyn.

Das Beste wünschend.

Weimar d. 28. Jänner 1816.


26/7280.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königlichen Hoheit

überreiche ungern das Schreiben unseres guten Hofrath Voigt, welches die verunglückte Ankunft und also auch die mißlungenen Versuche mit dem Perpetuum mobile verkündigt. Nach der Relation haben sich die Auspackenden bey dem Geschäfte gut und sorgfältig benommen. Der Voigtische Brief ist in manchem Sinne belehrend, auch führt sehr oft ein mißglückter Versuch auf neue Entdeckungen. Mit Höchstderodelben gnädigsten Genehmigung will ich vorläufig alles billigen, was derselbe mit Zuziehung Ottenys zur Wiederherstellung und Erhaltung der Maschine vernehmen wird.

Gestern als den 27. verfügte mich in den Pelzischen Steinbruch und belehrte mich genau über die mir wieder ganz aus dem Sinne gekommene Folge der Lagen und Schichten.

[239] Befragt über den Ort wo die problematischen Steine vorkommen, bezeichnete der Mann an der Stirn eines freystehenden Felsens eine Stelle, wo ein ziemlich tiefes nicht gar fußweites Loch meist horizontal hereingegangen, welches man mit dem Schaufelstiel habe untersuchen können. Diese Vertiefung sey bey einem in der Nähe angelegten Schuß mit herunter gekommen und er habe diese Stufen darin entdeckt und sie selbst noch vom Felsen losgemacht.

Daß die Stufen wirklich in dieser Höhlung gefunden worden, will ich nicht in Zweifel ziehen, er mag sie auch etwas von Sand und Unreinigkeiten gesäubert haben, mit dem Gesteine aber waren sie nicht verbunden, denn es sind völlig fremde Mineralien, die ein Arbeiter vielleicht irgendwo hier aufgerissen und in diese Höhlung versteckt hat.

Von den beyden ersten Stücken denke ich noch wie vorher: No. 1 ist ganz entschieden aus dem Zwitterstock von Altenberg. Dieses Mineral ist deswegen merkwürdig, weil es in der uns bekannten übrigen Welt nicht wieder vorkommt. Ich lege ein frisches von mir bey meinen letzten Besuche dort erhaltenes Stück bey, welches bey Vergleichung als identisch wird gefunden werden. Die später eingereichten Stücke sind gehackte Kalkspathe oder Kalkspathe in sehr feinen Tafeln. Der auf demselben aufsitzende Bleyglanz deutet nach dem Harz, ob ich es gleich nicht behaupten will. Ich habe die Stücke numerirt und sogleich an Lenz[240] gesendet, ohne ihm den geringsten Fingerzeig zu geben worauf es eigentlich ankommt. Sein Responsum lege sogleich vor. Ew. Königl. Hoheit verzeihen, daß ich unsere geognostische Ehre gegen diesen wunderbaren Zufall so hartnäckig vertheidige. Die eigenthümlichen wahren Merkwürdigkeiten jener Lagen sollen nächstens so genau als möglich auseinandergesetzt werden.

W. d. 29. Jan. 1816.

Goethe.


26/7281.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

erhalten hiebey einige Expedienda:

1) Votum wegen eines unterthänigen Vortrags, den Ausbau des Jenaischen Schlosses zu Gunsten der Museen betr.

2) Bemerkungen über den Holzverbrauch bey der Zeichenschule, gefälligst zu benutzen bey den Etats, auch lege die darauf sich beziehenden Acten bey.

3) Ein Schreiben an Herrn von Treitlinger zu geneigter Beförderung.

4) Ingleichen die Vorschläge zu der neuen Einrichtung des freyen Zeichen-Instituts.

gehorsamst

Weimar d. 29. Jänner 1816.

Goethe.[241]


26/7282.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

auch für meinen Theil für die gestrigen schönen und ehrenvollen Stunden höchlich dankbar, übersende die wenigen von mir gesprochenen Worte. Leider konnt ich sie, da mir die Veranlassung so spät gegeben wurde, vor der Feyerlichkeit nicht vorlegen. Gegewärtig geschieht es auf Veranlassung des Canzlers Müller und Bertuchs; eine Relation der Feyerlichkeit sowie des Gesprochenen soll, wie sie sagen, gedruckt werden. Ob sich meine Worte dazu qualificiren, überlasse Ihrer Beurtheilung. Darf ich mir dagegen das von Ew. Excellenz Gesprochene und das Gedicht, von welchem wir nur den Schluß gehört, gehorsamst ausbitten.

Weimar, den 31. Januar 1816.

G.


26/7283.


An Christian Gottlob Voigt

Der Prolog ist allerliebst, rein und gut wie alles was aus Ew. Excell. Gesinnung kommt und folgt. Nun hab ich aber die Bitte mir ihn zu überlassen. Diese bedeutende Erscheinung nach Außen will ich zu regeln suchen. Meine Rede, sie sey was sie sey, geb ich nicht her, als wenn man mir die Redacktion und Revision der Druckschrift überläßt. Der Moment ist[242] zu wichtig als daß man den Zufälligkeiten der Industrie überließe.

Von Herzen angeeignet

W. d. 31. Jan. 1816.

Goethe.


26/7284.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

lege abermals eine Angelegenheit vor, welche, gleich so manchen andern, lange Zeit geruht und nunmehr bey wieder eintretender Glückswitterung wieder aufthaut:

Der Hofmedicus Stark nämlich hat den Catalog der Präparate seines Vaters wieder eingereicht mit einer kurzen Übersicht des Inhaltes desselben.

Gleich nach dem Tode des Geheime Hofrath Stark kam die Sache zur Sprache und Ew. Königl. Hoheit erlaubten 600 rh. darauf zu bieten, weil freylich auf einmal dadurch unser anatomisches Kabinett sich bedeutend bereichert hätte. Man war auch beynah einig, als die dazwischentretenden Kriegsvorfälle in allen Negotiationen dieser Art eine große Pause machten. Auch jetzo, glaube ich, würde man diese Sammlung für 600 rh. erhalten. Die Acquisition wäre immer wünschenswerth, denn ob wir gleich manches Ähnliche besitzen, so kann man von solchen Dingen kaum sagen, daß es Doubletten seyen.

Freylich stehen zu völliger Einrichtung der Jenaischen Anstalten noch wichtige Ausgaben hervor:[243]

1) die Placirung und Begünstigung Döbereiners, weshalb ich wegen des bezeichneten Gartens sogleich nachgefragt,

2) die Versetzung Körners,

3) obengedachten Kabinettes Anschaffung, wobey ich mich nicht enthalten kann auf einen Beytrag von Seiten der Landschaft zu rechnen und wäre es auch nur, um die Interessen der aufzunehmenden Capitale zu decken und einen Amortisations-Fond zu gründen.

Man kann indessen obgedachtes Geschäft sachte angehen lassen, da ohnehin vor Ostern an keine Translocation zu denken ist.

Weimar den 31. Jänner 1816.

Goethe.


26/7285.


An Friedrich Justin Bertuch

Ew. Wohlgeb.

verzeihen, wenn ich ohne ausdrückliche Anordnung Serenissimi und Veranlassung von Seiten seines Staatsraths Bedenken trage, meine Rede zum Druck zu übergeben, denn mir scheint daß die Publication von den Umständen einer so bedeutenden Handlung eigentlich von Großherzoglicher Canzley ausgehen solle, damit der Einzelne nicht verantwortlich werde. Ja ich würde mir sodann die Communication der sämmtlichen Piècen erbitten, so wie die Erlaubniß, zu dem ganzen Drama, in welchem ich eine Rolle mitspiele, meine Gedanken zu sagen.

[244] Ich wünsche, daß Ew. Wohlgeb. mich bald hierüber beruhigen mögen

ergebenst

Weimar den 1. Febr. 1816.

Goethe.


26/7286.


An Friedrich Bury

[Concept.]

Indem ich Ihrem kunstreichen Bruder für die mannigfaltigen Zierden danke, womit er uns in diesen Tagen ausgestattet hat, darf ich nicht unterlassen, auch mich des Andenkens zu erfreuen, das Sie mir noch immer beybehalten.

Es war freylich nicht ganz löblich von mir, daß ich den großen Augenblick versäume, wo die herrlichen Kunstwerke in Paris noch beysammen waren und daß ich nicht auch sodann die Niederlande und Holland durchflog mich zu belehren und zu ergötzen. Doch haben meine Freunde an solchen Orten und in dergleichen Fällen an mich gedacht und mich zu sich gewünscht, welches ich durch meine Liebe zur Kunst und zu den Künstlern gar wohl verdient. So oft ich mich nach Ihnen erkundigte, hörte ich mit Vergnügen, daß es Ihnen wohl gehe und daß Sie in bessern Zeiten der Gunst und des Glücks genießen, die Sie in den schlimmsten festzuhalten mußten. Empfehlen Sie mich höchsten Orts auf's angelegentlichste und bleiben meiner eingedenk.

Weimar d. 1. Febr. 1816.[245]


26/7287.


An Heinrich Friedrich von Diez

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

haben durch Ihr treffliches Werk mir und meinen Freunden die Winterabende sehr verkürzt. Wir lasen es von Anfang bis zu Ende durch und sind jetzt daran, es theilweise zu wiederholen. Die daraus gewonnene Belehrung ist uns unschätzbar und so konnt ich auch früher Ew. Hochwohlgeb. Arbeiten als die Basis ansehen, worauf sich meine Kenntnisse des Orients gründeten, indem Genauigkeit und Sicherheit die köstlichen Eigenschaften Ihrer Werke sind. Vom Einzelnen darf ich dießmal nicht reden, jedoch mit wenig Worten mein Bedauern ausdrücken, hier abermals ein Beyspiel gesehen zu haben, wie die Gildemeister, anstatt der guten Sache förderlich zu seyn, das Verdienst zu hindern und zu verdrängen suchen.

Doch will es zu unserer Zeit nicht recht mehr gelingen, indem das Echte und Tüchtige doch zuletzt seinen Platz behauptet.

Mich zu geneigtem Andenken auf das angelegentlichste empfehlend.

Weimar d. 1. Febr. 1816.[246]


26/7288.


An Pauline Servière

[Concept.]

Von Ihnen, liebe Freundin, hätte ich mich lange wieder einmal ein Briefchen erwartet, denn Ihre gründliche Logik sollte Sie überzeugen, daß man Nachrichten von seinen Theuern nicht gerne lang entbehren mag. Nun will ich aber vermelden, daß ich von meiner Seite nicht verfehlt habe Mayn und Rhein in Gedanken öfters zu besuchen und da ist mir denn auch das Gelübde wieder in den Sinn gekommen, welches im Winkel feyerlich gethan worden und auf die Verehrung des heiligen Rochus hinzielt. Die erste Kunstfrucht des wiedererworbenen Friedens ist daher eine sehr wohlgerathne Zeichnung von einem vorzüglichen Meister, welche im Großen ausführen ein geschickter junger Künstler bereit ist, welchem ich die Arbeit für 12 Carolin verdingen könnte. Wollen Sie nun, werthe Freundin, fromme Seelen um gefällige Beyträge ansprechen, so würde von meiner Seite sorgen, daß der Künstler, wenn er die Zeichnung gefertigt, honorirt würde, ferner würde ich alles Übrige besorgen und dem ausführenden Künstler mancherley Vortheile verschaffen, damit er für obgemeldeten Preis etwas Gutes liefere. Das Bild könnte Anfangs July in Frankfurt eintreffen und in der Mitte Augusts an Ort und Stelle den Wallfahrenden in die Augen[247] leuchten. Den Rahmen anzuschaffen überließe man der Binger Gemeinde. Möge mein frommer Vorschlag Beyfall finden, übrigens wollen wir sehen, ob wir nicht etwas Wunderthätiges in das Bild mit hineinmahlen können; am schönsten wäre es aber denn doch, wenn wir es an der frohen Feyer in loco zusammen verehrten und im Winkel die glücklichen Folgen unserer gesegneten Wanderung zusammen genössen.

Tausend Grüße den lieben Freunden.

Weimar, den 1. Febr. 1816.


26/7289.


An Friedrich Ludwig Seidel

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

würde auf die ersten Briefe sogleich geantwortet haben, wenn ich im Stande wäre, Ihre Wünsche zu erfüllen. Das Stück, wie es gegenwärtig vorliegt, ist vor vielen Jahren aus dem Stegreife geschrieben, um von einer eben vorhandenen Gesellschaft von Liebhabern ohne große Umstände aufgeführt zu werden. Wenn es aber gegenwärtig auf einem großen Theater erscheinen und Effect machen sollte, so müßte man das Personal gleichfalls kennen und das Stück darnach umarbeiten. Um dieses zu thun fehlt es mir an Zeit, und an Stimmung: denn das Theater hat, nachdem dieses Stück geschrieben worden, zwey ähnliche Opern erhalten,[248] nämlich Nina und neuerlich die Schweizerfamilie. Beyde sind auch psychische Curen eines durch Liebesverlust zerrütteten Gemühts, und diese zu überbieten gehörte großer Aufwand an Erfindung und Ausführung. Es thut mir leid, daß ich Ew. Wohlgeb. in dieser Angelegenheit, wie ich sonst so gerne thue, nicht gefällig seyn kann.

W. d. 3. Febr. 1816.


26/7290.


An Carl Ludwig von Knebel

Es freut mich gar sehr daß es dem guten Karl nach Soldatenweise ganz wohl geht.

Mit den besten Wünschen

d. 5. Febr. 1816.

G.


26/7291.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mit dem Wunsche diesen Abend mit Ihnen die Blätter durchzugehen

Weimar d. 5. Febr. 1816.

G.


26/7292.


An Johann Gottfried Schadow

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey ein Schreiben, wie solches abzusenden gedenke. Ich habe nicht abgeschlossen um nachbringen[249] zu können, was Ew. Wohlgeb. allenfalls zu bemerken hätten. In Hoffnung baldigen Wiedersehen und mündlicher Beredung.

Weimar d. 5. Febr. 1816.

Goethe.


26/7293.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Da ich heute früh nach Hofe gerufen bin und nicht weiß wann ich entlassen werde, so wünsch ich, mein Werthester, daß Sie zum Essen kommen oder doch wenigstens gleich nach Tische, weil Herr Director Schadow auch kommen wird.

Weimar d. 6. Febr. 16.

G.


26/7294.


An Sulpiz Boisserée

Die gegenwärtige Sendung begleite nur mit einigen freundlichen Grüßen. Heute Abend wird Epimenides aufgeführt, es ist daher ein sehr unruhiger Tag. Das Heftlein nahet seinem Ende und hat ein wunderliches Ansehn. Meine hiesigen Freunde sind damit zufrieden, ich hoffe auch die auswärtigen die es näher angeht.

Mein bestes Lebewohl.

W. d. 8. Febr. 16.

G.[250]


26/7295.


An Carl Ludwig Woltmann

Weimar, den 8. Februar 1816.

Ew. Hochwohlgeboren

begrüßendes Schreiben traf mich eben bey Lesung Ihrer Geschichte Böhmens, welche mir zur angenehmen Unterhaltung mit Ihnen in der Ferne diente. Ich habe diesen Sommer freylich zu lange auswärts gezaudert, wodurch ich denn genöthigt bin, manches nachzuholen, welches um so schwieriger wird, als bey den neuen Acquisitionen unseres gnädigsten Fürsten manche Veränderungen und Anregung vorkommt, welche sich aber denn doch übertragen lassen, weil es angenehme Dinge sind.

Obgleich manche Reize und Lockungen mich nach dem Rheine ziehen, so wünschte ich doch das gute alte Böhmen wieder zu sehn, das mir durch Ihre Darstellung, so wie durch die Sagen wieder auf's neue interessant geworden ist.

Vor der Einbildungskraft und der Erinnerung steigt Böhmen wirklich als der Gegensatz von den Rheingegenden hervor, und ich glaube recht nach Beschreibung und Abbildung an die eminente Majestät von Prag. Von meinen Reisebemerkungen erhalten Sie nächstens ein Heft. Es stellt einen wundersamen Zustand dar, einen ausgesäten unzusammenhängenden Reichthum.

[251] Den beyden Herrn, welche von Prag nach meiner Abreise an den Rhein gekommen, nicht begegnet zu haben, thut mir sehr leid. Bey meinen Freunden stehen sie in gesegnetem Andenken.

Die Anzeige einer neuen Ausgabe meiner Schriften wird auch zu Ihnen gelangen. Die beyden ersten Bände besonders empfehle ich meinen Freunden; sie werden darin manches finden, welches sie überzeugt, daß ich in Scherz und Ernst diese Jahre her mich immer heimlich mit Verständigen unterhalten habe.

Übrigens will die Klugheit und die Liebe zum Frieden, daß ich ein Bändchen Paralipomena und so manches andre vor der Hand secretire, welches alles, nach meinen seligen Hintritt, Ihnen empfohlen seyn soll. Möge der gute Genius uns diesen Sommer mit soviel Kraft und Lebenslust zusammenführen, als den Umständen nach wünschenswerth seyn kann.

Empfehlen Sie mich allen Wohlwollenden.

Gehorsamst

Goethe.


26/7296.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Sie haben, mein Werthester, durch Beurlaubung des Herrn Capell-Meister Weber uns so eine besondere Gefälligkeit erzeigt und Anlaß zu so manchem Guten gegeben, daß ich ihn nothwendig als Friedensboten an Sie entlassen muß.

[252] Es ist ein großer Unterschied ob man von Freunden oder Fremden verletzt wird, jenen ist man während einer Lebensreihe so manchen Dank schuldig geworden, daß man wohl auch einmal über einen Schaden den sie uns zufügen hinwegsehen kann.

Herr Capell-Meister Weber wird von unsern hiesigen Zuständen und Exhibitionen Rechenschaft geben. Sowohl er als Director Schadow haben uns sehr angenehme und lehrreiche Stunden verschafft.

Herr Professor Levezow haben Sie die Güte für das Übersendete und Gemeldete schönstens zu danken, nur verzeihen Sie beyde, wenn ich, mannigfaltig beschäftigt und bedrängt, nichts weiter hinzufüge als die wärmsten Grüße an die verehrten Ihrigen und den Wunsch, bey Ihnen immer in freundlichem Andenken zu stehen.

Weimar d. 10. Febr. 1816.

Goethe.


26/7297.


An Georg Carl Wilhelm Philipp von Donop

[Concept.]

[11. Februar 1816.]

Ew. Hochwohlgeb.

haben durch die gefällige Sendung der Anzeige des zum Verkauf angebotenen vortrefflichen Münzkabinetts mich an eine frühere Geneigtheit erinnert mit der sie mir den Catalog selbst zum Geschenk übersendet. Es[253] sollte mir sehr angenehm seyn wenn in dieser Angelegenheit zu Ihren Wünschen und Absichten beytragen könnte. Sollt ich irgend einen Liebhaber zur Acquisition dieses Schatzes gewahr werden, so nehme mir die Freyheit nach dem Preise zu fragen. Indessen sey mir vergönnt, mich mit vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen.

Weimar d. 8. Febr. 1816.


26/7298.


An Johann Jakob Dominikus

[Concept.]

[11. Februar 1816.]

Ew. Hochwürden

verbindliches Schreiben würde mir noch mehr Vergnügen gemacht haben, wenn ich mich nicht außer Stand befände demselben Folge zu leisten. Meine Gesundheit erlaubt mir nicht in dieser Jahrszeit eine solche Fahrt zu unternehmen, welches ich gar sehr bedauere, weil ich schon längst sehr viel Gutes von Ihren Anstalten und Einrichtungen gehört habe. Ich muß mich aber auch dießmal begnügen von den hiesigen Brüdern zu vernehmen wie wohl es Ihnen ergangen. Damit ich aber doch nicht allen Antheil abzulehnen scheine, nehme mir die Freyheit in dem Schreiber dieses, meinem Sohn, einen Stellvertreter zu senden, welchem ich eine günstige Aufnahme von[254] den verehrten Brüdern wünsche, denen ich mich so wie Ew. Hochwürden angelegentlich empfehle.

Weimar d. 10. Febr. 1816.


26/7299.


An Arthur Schopenhauer

Außer denen Schriften, welche Sie, mein Werthester, schon genannt haben, finde ich nur Nachstehendes bemerkt:

1. Parrot, Grundriß der theoret. Physik 2. Thl. Dorpat und Riga 1811, Vorrede p XX bis XXIV.

2. Benzenberg's Reise in die Schweiz. 2. Thl.

3. Recension der Farbenlehre Nr. XX January 1814 Quarterly Review.

Leider habe ich das erstere vollständige Verzeichniß von Seebeck nicht bey der Hand, es stand in einem Briefe und ist deswegen nicht zu meinen chromatischen Acten gekommen. Ich suche und schreibe darnach. Möge ich es Ihnen zur rechten Zeit noch senden können.

Wundershalber lege ich einen englischen Aufsatz bey, den ich mir bald zurück erbitte. Die wunderlichen Folgerungen aus einem wohlgesehenen Phänomen können wohl zur Verzweiflung bringen.

Die entoptischen Farben gewinnen immer mehr Gewicht. Seebeck erhält wegen dieser Entdeckung von[255] den Franzosen die Hälfte des Preises, Brewster die andere wegen andern Dingen; und ich gehe darauf aus, den Vortrag, die dioptrischen Farben der zweyten Classe betreffend, umzuschreiben, welches doch sobald nicht geschehen möchte. Kommt die Arbeit zu Stande, so bringt vielleicht die daraus entspringende Aufklärung auch uns beyde näher.

Ebenfalls wird ein Werkchen des Bergrath Voigt, über die Farben organischer Naturen, der guten Sache förderlich seyn.

Ihren nochmals durchgearbeiteten Aufsatz erwarte mit Vergnügen im Druck.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar d. 11. Febr. 1816.

Goethe.


26/7300.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie wohl, mein Werthester, diese Schlußblätter gefällig durchsehen und mir Ihre Gedanken darüber eröffnen. Einer Unterhaltung mit Herrn Frommann zu Folge möchte dieß gerade zum 12. Bogen hinreichen. Vielleicht kämen Sie gegen Abend, wo wir auch den 10. Bogen abthun könnten.

W. d. 11. Febr. [1816].

G.[256]


26/7301.


An Franz Kirms

Da es mir aus mehrern Ursachen wünschenswerth scheint, daß wir mit den Wolffischen Eheleuten in gutem Vernehmen scheiden, so ersuche Ew. Wohlgeboren um eine genaue und ausführliche Darstellung, wie es denn eigentlich mit den Kleidern beschaffen, wegen welcher noch eine Differenz obwaltet. Bis jetzt habe ich in der Sache nicht in's Klare kommen können.

Weimar d. 12. Febr. 16.

G.


26/7302.


An Sulpiz Boisserée

Weimar d. 12. Febr. 1816.

Schon vor einiger Zeit erhielt ich mit der reitenden Post ein Blättchen, worin gemeldet wird, daß den 17. Januar ein Päckchen an mich abgegangen, bezeichnet W. v. G., Inhalt: Zeichnungen und geschriebene Sachen, welches also wohl die mir angekündigten Domrisse sind. Wie nun aber dieses versiegelte Blatt auf die reitende Post gekommen, indeß das Päckchen gewiß auf die fahrende gegeben worden, konnte ich nicht entziffern, habe auch bis jetzt vergebens darauf gewartet. Da mir nun wahrscheinlich ist, daß das Päckchen in Ermanglung des Briefes und seiner[257] Addresse irgendwo liegen geblieben, so gebe ich hievon Notiz um darnach gefällige Nachfrage zu thun.

Das Beste wünschend

Goethe.


26/7303.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

würde nicht einmal rathen, wenn das zurückkommende Blättchen auch einen Fremden beträfe, solches aufzunehmen, weil es durchaus unschicklich ist, geschweige da es mich so nah betrifft. Daß doch die lieben kostbaren Deutschen nicht lernen etwas mit Manier zu sagen! Ich danke übrigens für die Mittheilung recht sehr und werde in ähnlichen und andern Fällen immer gern meine aufrichtige Meinung äußern. Was ich zu Ihrer Zufriedenheit beytragen kann, werde jederzeit mit Vergnügen thun.

Ergebenst

Weimar den 12. Februar 1816.

Goethe.


26/7304.


An August Claus von Preen

Ew. Hochwohlgeboren

vermelde mit Vergnügen, daß Herr Director Schadow sich entschlossen, anher zu reisen. Dieser würdige Mann und treffliche Künstler langte den 25. Januar[258] hier an, und wir haben die bis heute verstrichene Zeit dazu angewendet, ein mitgebrachtes wohlgerathenes Modell, das Piedestal nebst Basreliefs und Inschriften zu betrachten und zu besprechen. Über alles, was gethan werden soll, sind wir vollkommen einig. Die Vorarbeiten sind sorgfältig und gewissenhaft geschehen und es kommt nur darauf an, ob die verehrten Herrn Unternehmer die Vorschläge genehmigen und besonders, wie sie ausgeführt werden sollen, entscheiden.

Auf dreierley Weise ist die Ausführung denkbar. Das projectirte Standbild kann in Kupfer getrieben, aus Marmor gehauen oder in Erz gegossen werden. Über alle drey Arten sind Umschläge beygefügt. Die geschriebene Arbeit hat die Wohlfeile vor sich, gegen sich aber, daß auf diesem Wege niemals ein Kunstwerk entstehen kann, welches das Auge befriedigt, außer allenfalls in großer Höhe oder Ferne gesehen.

Eine Marmorstatue hält den Mittelpreis und ist immer von edlem Ansehn. Bedenkt man aber die Schwierigkeiten, einen solchen Block, wenn er auch in Carrara rein gefunden würde, nach Berlin zu transportiren und von dort bearbeiten nach Rostock zu schaffen, bedenkt man ferner, daß, trotz aller Vorsorge, man niemals sicher ist, nicht auf einen Flecken oder Gebrechen des Steines, selbst bey der letzten Ausarbeitung, zu stoßen, daß ferner in jener Himmelsgegend eine Marmorstatue Winters zugedeckt werden muß, wodurch sie nicht allein ein Theil des Jahres den Augen entzogen[259] wird, sondern auch außerdem durch die bretterne Umgebung ein großer Mißstand entspringt und demohngeachtet, in den übrigen Jahreszeiten, Regen und salzige Seeluft die zarte Oberhaut des Marmors färbt und entstellt; so wird freylich der Kunstfreund, der einer trefflichen und ausführlichen Arbeit zugleich auch die längste Dauer, ferner der Patriot, der großen Thaten ein würdiges Denkmal aufgerichtet wünscht, in Hoffnung leben, daß man das Vollkommenste, obgleich Theuerste wählen werde. Herr Director Schadow ist nun bereit einen Accord einzugehen, weswegen Ew. Hochwohlgeb. ersuche, mit demselben sich gefällig unmittelbar in erneuerte Relation zu setzen, um die dortigen Wünsche, Entschließungen und allenfallsigen Bedingungen mit demselben zu verhandeln, auch wenn es gefällig mir von den Entschlüssen Nachricht zu geben.

Da die bisherigen Unterhaltungen mit diesem vorzüglichen Manne mir sehr nützlich und ermunternd waren, auch meine frühern Verhältnisse zu demselben wieder thätig angeknüpft worden, so benutze gewiß auch in der Folge dieses Geschäft als eine angenehme Gelegenheit mit ihm in Verbindung zu bleiben.

Beehren Ew. Hochwohlgeb. mich abermals mit einem Schreiben so wünschte den Grundriß des Platzes, worauf die Statue zu stehen kommt, mit bezeichneter Himmelsgegend, als Beylage zu finden. Höchst wünschenswerth, ja unerläßlich ist es, daß die Statue den Rücken gegen Norden kehre, wenn auch mit einiger[260] Abweichung nach Osten oder Westen. Auf diese Weise erhält sie den Tag über ein Licht, welches ihre Theile abwechselnd hervorhebt.

Leider deutet die schwarze Einfassung meiner Briefblätter auf einen uns gemeinsamen Trauerfall, der uns, obgleich schon befürchtet, auf das schmerzlichste überraschte. Diese theuere Fürstin empfahl mir angelegentlichst das projectirte Monument, und auch um ihretwillen soll es von meiner Seite an sorgfältiger Mitwirkung nicht fehlen.

Das Modell sowohl als die Zeichnungen und Basreliefs hat Herr Director Schadow mit nach Berlin genommen, um bey weiter fortschreitenden Geschäft auch diese allenfalls vorlegen zu können. Nicht weniger hoffe einige schickliche Inschriften zu geneigter Prüfung vorlegen zu können.


So weit war dieses Schreiben gediehen, als der hiesige Kupferschmied Henniger ein paar nackte männliche Figuren ohngefähr 3 Fuß hoch, halb erhabene Arbeit, die er so eben zu Stande gebracht, producirte und dadurch die Überzeugung gab, daß auch etwas Getriebenes in der Nähe gefällig seyn könnte, so daß die frühere Abneigung des Herrn Directors gegen Arbeiten dieser Art gemildert wurde. Der Kupferschmied, ein junger Mann, ist nicht abgeneigt, mit seinem Bruder, zu Ausführung eines solchen Werks nach Berlin zu gehen. In eine vorläufige Forderung[261] wollte er sich nicht einlassen. Herr Director Schadow hat die Absicht, ihm eine Büste in Arbeit zu geben, da man dann eher seine Kunst beurtheilen und er seine Mühe genauer zu schätzen im Stande seyn wird. Über alles dieß giebt Herr Director Schadow auf gefällige Anfrage weitere Auskunft.

Möge ich Ew. Hochwohlgeb. und Ihren Herrn Committenten bestens empfohlen seyn.

gehorsamst

Weimar d. 12. Febr. 1816.

J. W. v. Goethe.


26/7305.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

zu geneigter Beurtheilung übersende ein Promemoria von Dr. Schnauß nebst Beylage. Die meisten Puncte sind erledigt, nur bey dem dritten waltet einiges Bedenken ab. Der Frau Verkäuferin könnte man zu Ostern 1500 rh. zahlen, so wie auch den Betrag der 50 Ducaten Schlüsselgeld, für welche Summe ich wohl Sorge tragen wollte. Was den Überrest anbetrifft, so ist dabey zu bemerken, daß wir das Vorderhaus wieder verkaufen wollen, wodurch wir in den Fall kämen, wenn wir den Wunsch der Frau Verkäuferin erfüllen, die 5000 rh. in ungetrennter Summe ihr schuldig zu bleiben, zugleich Creditoren und Debitoren zu werden. Ew. Excellenz übersehen diese Geldsachen[262] mehr im Ganzen und im Zusammenhang, deshalb Dero Dijudicatur das Fernere überlasse.

Was endlich Ofen und Wandschrank betrifft, könnte man Dr. Schnaußens Einsicht diesen Nebenumstand anheim geben.

Weimar d. 12. Febr. 1816.

Goethe.


26/7306.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgebornen

Brief vom 22. Januar meldet nichts von der Ankunft meiner Sendung vom 8. ej., welche außer dem 6. Band meiner Werke noch einiges Andere enthielt. Der Rest der Sendung liegt bereit. Ich will nur noch den Epimenides, wie er hier gespielt worden, hinzufügen.

Wegen den Rechnungsposten hat es seine Richtigkeit, wie ich auch auf nachstehendem Blatte verzeichne.

Für's Morgenblatt lege ich eine Notiz bey. Im Allgemeinen war mir ein Verhältniß zu den Gebrüdern Boisserée bekannt, nicht das Besondere das Sie mir melden. Da meine Absicht ist, mein erstes Heft solle dem Herausgeber wie dem Verleger nutzen, so wird das zweyte nicht ermangeln beyden Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Die Anzeige für's Morgenblatt folgt nächstens.

Geschieht es mit Ihrer Beystimmung, so kann Aus meinem Leben zweyte Abtheilung erster Band[263] unter den vorigen Bedingungen sogleich in Druck genommen werden.

Die Anzeige des ersten Hefts von Kunst und Alterthum folgt nächstens.

in großer

Zerstreuung

ergebenst

Weimar d. 13. Febr. 1816.

Goethe.


26/7307.


An Franz Kirms

Man fordert von Wolffs zwey Kleider, man giebt die Umstände an unter welchen Madam Wolff solche erhalten habe.

Wolff behauptet: daß sie von dem Theater keines mehr in Händen habe. Diesen entschiedenen Widerspruch aufzuklären, thue folgende Fragen:

1) Hat Madam Wolff bezeichnete Kleider aus den Händen Großherzoglicher Theater-Commission erhalten?

2) Wenn sie dieses läugnet, wie kann man es ihr beweisen?

3) Hat man es ihr ohne Quittung abgegeben, so sieht es gar wie ein Geschenk aus.

4) Hat sie aber solche von der Großfürstin unmittelbar erhalten, so haben wir gar keine Ansprüche darauf.

Weimar, den 13. Februar 1816.

G.[264]


26/7308.


An Pius Alexander Wolff

[14. Februar 1816?]

Von Kleidern, welche Madam Wolff unmittelbar von Ihrer Kaiserlichen Hoheit erhalten, ist nicht die Rede, sondern von 2 reichen Kleidern, welche J. K. H. an Großherzogliche Commission gegeben, und welche Madam Wolff, Eines von ihrer Reise nach Leipzig und Berlin, das andere zur Zenobia auf dem Hof-Amte aus den Händen des Herrn Geheimen Hofrath Kirms selbst erhalten.


26/7309.


An den Großherzog Carl August

Aus Inliegendem ist zu ersehen, wie ich versucht die bewußte unangenehme Sache aufzuklären. Möge sie dadurch ihrer Erledigung näher kommen!

Weimar, den 16. Februar 1816.

G.


26/7310.


An die Hoftheater-Commission

Einer Groß-Herzoglichen Theater-Commission ist gewiß noch erinnerlich, daß, eh unser Theater auf dem hohen Grade der Bildung stand wie gegenwärtig, Schauspieler sich manchmal erdreisteten über aufzuführende oder aufgeführte Stücke mißbilligend zu sprechen und dadurch die wohlgesinnten Glieder der[265] Gesellschaft, ja das Publicum irre zu machen. Durch diensame Bemerkung ward endlich dieses Übel völlig getilgt, so daß mir wenigstens keine Spur mehr davon vorgekommen ist.

Nun aber scheint sich diese Roheit im Orchester einzufinden, indem ich, von vielen Seiten, hören muß, daß Glieder der Capelle, im höchsten Grad der Unverschämtheit, gegen des Epimenides Erwachen und dessen Musik leidenschaftlich auftreten, so daß man nicht weiß, ob man über Gemeinheit oder Dünkel sich mehr verwundern solle. Läßt man ein solches Verfahren ungeahndet, so hängt es in der Zukunft von solchen sinnlosen Menschen ab, ein, mit so vielem Bedacht, Sorgfalt, Mühe und Kosten zu Stande gebrauchtes Werk zu verschreyen und dessen Wiederholung zu verhindern.

Die Sache betrifft mich so nah, daß ich Großherzoglicher Commission die Maaßregeln deshalb völlig überlassen muß, nur das erkläre ich, daß keine auf meinen Text neucomponirte Oper hier am Orte jemals aufgeführt werden kann, damit mir dieser schöne und wichtige Theil unserer theatralischen Darstellungen nicht noch mehr Verdruß errege, als bisher schon geschehen ist.

Großherzoglicher Commission, wie obgedacht, die deshalb räthlichen Verfügungen nach Überzeugung, auch ohne meine Concurrenz, zu geneigter Ausfertigung überlassend.

Weimar den 18. Febr. 1816.

Goethe.[266]


26/7311.


An Sulpiz Boisserée

Briefe, Nachrichten und nun auch die Domrisse alles ist in gehöriger Folge und glücklich angekommen, alles sind erwünschte Ereignisse, welche Gutes bringen und versprechen. Den Heidelbergern Glück zu den Manuscripten: wer hätte solche Zeiten erwarten sollen, daß die auf dem vaticanischen Gletscher zusammengefrorenen Eisschollen wieder würden rheinabwärs treiben.

Eulen mag ich nicht nach Athen tragen, deswegen ich zum voraus billige, was Sie zu Ihrem eignen Besten thun. Dagegen kann ich nicht läugnen, daß ich nicht recht einsehe wie man Sie, gleichsam interimistisch, mit aller Ihrer Habe nach Berlin einladen kann. Als wenn ein Mädchen, das uns provisorisch eine Liebschaft anträgt, uns zugleich ganz naiv zum Altar führte.

Hier ein Abdruck des schweren, aber wie mich dünkt wohlgerathenen Wagnisses, von Ihrer Veronica Rechenschaft zu geben. Die Platte wird sorgfältig abgedruckt, so auch der Umschlag. Das Heftchen beträgt dreyzehn Bogen. Anfang März, hoff ich, soll es erscheinen. Möge die Wirkung Ihren Wünschen und Hoffnungen gemäß werden, mich aber mögen Sie immer durch allerley tröstliche und freundliche Zureden im Glauben stärken.

[267] Auf die schönen Blätter ist schon einiges geschrieben, was für talismanisch gelten mag, dagegen anderes, was sich zu den Abraxas hinneigt. Musterstücke, die ich nächstens sende, werden Zeugniß geben.

Die Domrisse sollen, sobald sie von hiesigen Freunden genugsam beschaut worden, sogleich nach Berlin.

Zu der gelahrten Würde gratulire schönstens, es ist die erste Stufe zu höherer Glanzvollkommenheit.

Soviel für dießmal mit den besten Wünschen und Grüßen

Weimar d. 21. Febr. 1816.

G.


26/7312.


An Christian Gottlob Voigt

Heideloff wird sich mit einem wieder auferstandenen Heiligen melden, welchen anzuschauen bitte. Hiezu gehört noch eine fromme Dame, welche gleichfalls fertig ist und so ist auch der Grund, worauf sie zu stehen kommen, die eine Flügelthüre nämlich, restaurirt und in Ordnung. Mit Ew. Excellenz Genehmigung könnten die fertigen Stücke nach und nach auf die Bibliothek geschafft, dort verwahrt und, bis alles beysammen, die Restaurationskosten einstweilen aus der Bibliothekscasse bezahlt werden. Wenn nach meinen Wunsche diese schätzbaren Dinge einst auf die Wartburg kommen, so ersetzt uns die Eisenachsche Cammer wohl die Auslagen.

gehorsamst

d. 21. Febr. 1816.

Goethe.[268]


26/7313.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

Ew. Kaiserl. Hoheit gnädigstes Schreiben hat mich sehr glücklich gemacht, indem ich daraus ersehe, daß Höchstdieselben meiner noch immer mit Gunst gedenken und dem guten Willen einigen Werth beylegen, welcher freylich bisher alles ist was ich in Ihro Angelegenheiten habe darlegen können.

Auch gegenwärtig waltet ein böses Geschick, daß ich nicht so schnell als ich wohl wünsche Ihro Hoheit neue Befehle vollziehen und die angeordneten Risse beschleunigen kann. Der Oberbaudirector Coudray nämlich ist nach einem kurzen hiesigen Aufenthalte wieder nach Fulda zurück um seine häuslichen Angelegenheiten in Ordnung zu bringen und dürfte vor Ostern schwerlich zurückkehren. Ich werde jedoch nicht ermangeln ihn gleich bey seiner Ankunft auf dieses wichtige Geschäft aufmerksam zu machen und mich zu demselben durch das mir gnädigst anvertraute Blatt gehörig legitimiren, auch von allem dem was mir sonst von Ew. Hoheit Willen und Absichten bekannt geworden, zweckdienlichen Gebrauch machen. Möge doch alles zusammenstimmen um Ew. Hoheit bey Ihro Rückkunft den Aufenthalt an einem Orte zu verschönern, wo Höchstdieselben so viele glücklich machen, besonders aber den, der sich mit unbegränzter lebenswieriger[269] Verehrung dem Höchsten Paare empfehlend mit aufrichtigster Anhänglichkeit unterzeichnet.

Weimar d. 23. Febr. 1816.


26/7314.


An Traugott Maximilian Eberwein

Nach dem Wenigen, was Sie mir, mein werthester Herr Concertmeister, bey unserer Unterredung mitgetheilt, wie Sie bey Composition der Claudine zu Werke gegangen, mußte mir der Wunsch entstehen mit Ihnen und Ihrer Arbeit näher bekannt zu werden.

Leider hat sich indessen der Fall ereignet, daß bey der Aufführung des Epimenides durch ungeschickte Urtheile und mißwollendes Betragen soviel Verdrießlichkeit entstanden, daß ich ein Gelübde gethan, keine neue Composition auf einen meiner Texte hier sobald aufführen zu lassen, damit nicht etwa abermals die Gastfreundschaft gegen einen fremden Componisten, so wie der mir schuldige Respect verletzt werde. Es thut mir sehr leid, daß ich durch diesen Umstand verhindert bin, durch Theilnahme an Ihrer Arbeit meinen guten Willen so wie die günstige Meinung zu bethätigen, die ich von Ihren Talenten hege.

Mich mit vorzüglicher Hochachtung unterzeichnend

Weimar, den 24. Febr. 1816.

Goethe.[270]


26/7315.


An Christian Gottlob Voigt

Beyligender Zeddel von Dupont enthält die Arbeiten und Reparaturen an dem großen Schnitzbilde und dessen Flügelschränke, des kleineren Bildes. Übrigens ist also noch zurück die Arbeit an dem Mittelbilde erstgenannter Flügelschränke, ferner das Fußgesims dazu.

Die Ansätze sind sehr billig und Ew. Excellenz werden lächeln über den Werth der einzelnen Reliquien.

W. d. 24. Febr. 16.


26/7316.


An Johann Friedrich Cotta

Weimar d. 26. Febr. 1816.

Da ich noch keine Nachricht erhalten, ob das unter'm 8. Januar von hier abgegangene Packet, den 6. Band meiner Werke und einiges für den Damencalender enthaltend, bey Ihnen angekommen, so hab ich einen Laufzeddel fortgeschickt, um von dieser Ungewißheit befreyt zu werden und halte die gegenwärtige kleine Sendung nicht länger auf, wobey ich noch Folgendes bemerke:

Zu den orientalischen Gedichten lassen in Jena kleine Druckerstöckchen schneiden, welche sehr zierlich von einem dortigen Künstler gefertigt werden, wie Beylage ausweist.

[271] Einiges verfehle nicht zu melden. Schon rühren sich unberufene Rathgeber gegen unsere neue Ausgabe mit der absurden Forderung, daß sie chronologisch solle eingerichtet werden. Wenn Ew. Wohlgeb. auch etwas dergleichen in einem öffentlichen Blatte vorkommt, so haben Sie die Güte, in den Blättern, die von Ihnen abhängen, nichts darüber sagen zu lassen. Ich meditire einen kleinen Aufsatz, worin ich heiter und faßlich dieser Störung begegne.

Auch stehe hier ein Auszug eines Briefes aus Berlin, in welchem man mir meldet, daß die Königlichen Prinzen den Entschluß gefaßt haben, den Faust unter sich aufzuführen und darzustellen in seiner ganzen Ausdehnung. Hierauf schreibt der Freund:

»Bey dieser Gelegenheit will ich doch erinnern, daß der Wiener Nachdruck Ihrer Werke, wegen Mangels, hier anfängt um sich zu greifen. Die Buchhändler verkaufen ihn meines Wissens zwar nicht, aber Bücherjuden und Trödler verbreiten ihn. Der Verleger wird also wohl thun, die neue Ausgabe zu beschleunigen, wenn er nicht Schaden leiden will. Auch die intendirte Aufführung des Faust trägt dazu bey: denn jeder sucht seinen Faust entweder hervor, oder kauft den ersten der ihm angeboten wird. Nach einem mäßigen Überschlag den ich soeben mache, kann der Schaden, den blos diese Gelegenheit hervorbringt, in 500 Exemplaren bestehen.«

Aus der Stelle eines andern Briefs nehm ich die Vermuthung daß die Speculanten den Nachdruck in Masse haben kommen lassen, um die verschiedenen[272] Stücke, je nachdem Nachfrage entsteht, einzeln geheftet zu vertrödeln, denn so kann doch hier nur von 500 Exemplaren von Faust die Rede seyn. Hiebey gewinnen sie an einem einzigen Stück soviel, daß sie die übrigen um ein Spottgeld haufiren tragen und so das Ganze los werden. Auch hievon bitte in Ihren Tagesblättern nichts zu melden.

Für das Morgenblatt sende hiebey erstlich eine Anzeige des Heftes über Kunst und Alterthum, dessen Abdruck ich zu befördern bitte, sodann einen etwas verspäteten Nachtrag zu der Anzeige des Festspiels zu Ifflands Andenken, der jedoch auch gegenwärtig nicht ohne Interesse ist, ferner den Epilog zu Schillers Glocke, der um zwey neuer Stanzen willen wohl abermals die Aufmerksamkeit des Publicums verdienen wird. Soviel für dießmal. Mit den besten Wünschen

Goethe.


26/7317.


An Carl Friedrich von Reinhard

Ihr theures Schreiben, mein verehrter Freund, hat mich an die vielen Tage und Stunden erinnert des vorigen Jahres, wo ich, theils für mich im Stillen, theils mit Freunden durch Localitäten und hundert Reminiscenzen veranlaßt, an Sie in Liebe gedacht und Sie in unsere Mitte gewünscht habe. Beyliegendes Bild zeigt Ihnen den Ort wo ich mit Boisserée einige[273] Zeit gewohnt und über Ihre Schicksale noch manches Besorgniß gehegt habe. Und so wollen wir uns denn vor allen Dingen Glück wünschen, daß Sie den seltsam wildesten Schicksalen entgangen, sich in der Nähe des friedlichen Orts befinden, wo ich so gern gewohnt.

Die jungen Freunde, die Sie mir früher zugewiesen, verdienen immerfort alles Lob, sie sind sich an Thätigkeit, Kunstliebe und klugem Betragen immer gleich geblieben, so daß man mit Vergnügen mitarbeitet um ihre Unternehmungen zu fördern. Sie stehen jetzt auf einem wunderbaren Puncte, wo man in sie bringt sich wegen der Zukunft zu entscheiden. Die Lage ist Ihnen, verehrter Freund, gewiß nicht unbekannt, vermuthlich wird man Zeit zu gewinnen suchen und dieß ist hier das Beste wo nicht das Einzige was man thun kann.

Der Ihrige

Weimar den 26. Febr. 1816.

Goethe.


Ich eilte zu schließen damit ein an Dr. Ehrmann abgehendes Packet auch das für Sie bestimmte Blättchen mitnähme, haben Sie die Güte bey'm Anschaun desselben meiner stets in Freundschaft zu gedenken. Bald hoffe ich mehr zu schicken und zu sagen.[274]


26/7318.


An Charlotte von Stein

[Weimar, 26. Februar 1816.]

Unser gestriges Gespräch brachte mir das Verlangen der Gräfin Reden in's Gedächtniß. Hier ist ihr Brief und die Aufgabe. Vielleicht möchte unsre liebe Schardt eine Übersetzung versuchen, damit ich einen Zeugen der Schwierigkeit hätte. Auf alle Fälle aber würde jener Wunsch so gefördert werden daß wir darauf, wenigstens vorläufig, einiges erwiedern könnten.

G.


26/7319.


An Christian Gottlob Voigt

Die mir gefällig mitgetheilten Acten habe mit Aufmerksamkeit und Antheil gelesen, wovon Ew. Excellenz gewiß überzeugt sind, da ich den vorzüglichen Mann, von dem die Rede ist, von seiner ersten Ankunft an genau kenne, und ihm von der Weltseele bis zu den Kabiren getreulich gefolgt bin, auch ihm gar manches, was ich mir zueignen konnte, verdanke. Seine Persönlichkeit, Wesen, Eigenthümlichkeit, Charakter, Gesinnungen durchaus zu kennen, will ich mir nicht anmaßen, um so weniger, als ich bis auf die letzten Tage mit ihm in den besten Verhältnissen gestanden habe und stehe. Er hat mit immer die beste Seite gezeigt.

[275] Wie aber vor einiger Zeit die Rede davon war diesen bedeutenden Mann nach Jena zu versetzen, so dachte ich bey mit im Stillen darüber nach und hielt es für einen sehr bedenklichen Schritt. Gewohnt aber mich in meine engen Kreise zu schließen, äußerte ich gegen niemanden, auch nicht gegen Ew. Excellenz, wie Dieselben mir bezeugen können, das Mindeste.

Jetzt aber seh ich aus den mir geneigt mitgetheilten Papieren, wie die Angelegenheit stehe und wie weit sie gediehen sey. Ich erfahre, daß zwey entgegengesetzte Meinungen, die eine gegen, die andere für die Anstellung, obwalten, deren Gründe ich mir beyderseits deutlich zu machen suchte.

Diese Gründe, wie sie vorliegen, gegen einander abzuwägen, möchte ich mich nicht vermessen. Gewohnt an mich selbst zu denken und mich zu prüfen, fühle ich mich von den Banden höheren Alters befangen. Denn nicht allein körperliche Kühnheit will dem Alter selten geziemen, auch geistige Kühnheit steht ihm nicht wohl. Wenn der Jüngere fehlt, so verbindet er sich deshalb zu büßen und, wenn er tüchtig ist, den Fehler wieder gut zu machen; der Ältere fürchtet die Folge seines Irrthums seinen Nachfolgern zu überliefern, deren Vorwürfe er sich, als ein lang Erfahrner, schon selbst articuliren kann.

Verzeihung deshalb, wenn ich, käme mir eine Stimme zu, auf die verneinende Seite träte. Hier sind die Gründe aus der Gegenwart, dem Zustand,[276] der Erfahrung, der Beschränkung genommen, welche doch jederzeit dem Geschäftsmann höchst ehrwürdig seyn sollten, und so sind sie mir aus dem Verstande geschrieben, ebenso wie die der bejahenden Seite aus dem Herzen: denn wir alle hoffen und wünschen ja, daß es anders, besser, vorzüglicher werden solle, und warum sollten wir einen Anlaß nicht ergreifen, hiezu mitzuwirken, wenn wir zu sehen glauben, daß ein Mittel dazu dargereicht werde?

Wie sehr wünscht ich jedoch, daß man in einem so wichtigen Falle sorglich in Bedacht nähme, daß eine Idee, die wir zu realisiren gedenken, sogleich empirisch wird, daß die Akademie Jena etwas Wirkliches und der Mann den wir berufen auch ein wirklicher ist. Wer darf sagen: ich kenne ihn auf den Grad, daß ihn mit Zuverlässigkeit zu dieser hohen Stelle wählen darf; denn wie die Sache steht, so ist er ganz entschieden der Herr der Universität Jena durch die große Begünstigung an Stelle, Rang, Besoldung, Pension, Einfluß in zwey Facultäten, ja in alle. Er erhält das Recht, das große Vertrauen, das man in ihn setzt, fernerhin zu fordern, und dieses um so dringender, als man ihn aus einem Zustande herausruft, der, nach meiner Einsicht, der einzige ist, in welchem er gedeihen kann, und aus dem er nicht herausgehen sollte, wenn er sich selbst und die Welt mehr kennte.

Hätte er mich, als alter Freund, in diesem Falle gefragt, ich würde geantwortet haben: hast du von[277] unserm alten Herrn und Meister Benedict Spinoza nicht soviel gelernt, daß wir unseres Gleichen blos in Stillen gedeihen? Hätte der Kurfürst von der Platz diesem klugen Juden auch völlige Lehrfreiheit in Heidelberg zugesagt, so hätte der Verfasser des Tractatus theologico-politicus geantwortet: Ew. Durchlaucht, das können Sie nicht, denn Lehrfreiheit gegen das Bestehende kann nur dazu führen, daß ich entweder ihren sanctionirten Zustand umwerfe, oder daß ich daraus mit Schimpf und Schande vertrieben werde.

Zöge man Benedicten bey uns zu Rath und legte ihm die Arten vor, so würde er uns das Beyspiel von Fichten anführen, den wir mit ähnlicher Kühnheit, als jetzt obwaltet, eingesetzt, doch zuletzt nicht halten konnten.

Wenn ich auch ohne mein redliches Votum durch besondere Gründe zu motiviren, mich auf die verneinende Seite, blos als stimmgebend, insofern es mir zukäme, gewissenhaft zu werden fortfahre, so sey es mir erlaubt zu sagen, daß diese Kühnheit, wenn man es so nennen will, auf einer vierzigjährigen Praxis ruht und auf einer bis auf die letzten Zeiten fortgesetzten Beobachtung literarisch-moralisch-politischer Zustände. Wollte man die Akademie Jena wahrhaft neu fundiren, so müßte es nicht auf die früher von uns schon einmal versuchte Weise geschehen, sie auf revolutionäre Wege zu stoßen, sondern sie auf die reine Höhe der Kunst und Wissenschaft, auf welche gewiß[278] Europa jetzt gelangt ist, zu stellen, zu erhalten und zu sanctioniren.

Um aber zu dem Gesagten mich noch einigermaßen näher zu legitimiren, bemerke ich nur Folgendes (denn gar manches, was mir bekannt ist, gehört nicht zu den Acten und sind Geheimnisse, die der Einzelne wohl zu verwahren hat, zu eigenem Gebrauch und Berathung).

Also nur einige Fragen: Weiß man denn ob er katholisch ist? Wäre er es und erkläre er es nach eingegangener Verständigung seiner Annahme, könnte man zurücktreten und könnte man einem katholisirenden Philosophen über Religion zu dogmatisiren erlauben? Hätte er seine Stelle angetreten, selbst jetzt noch Protestant und er ging zur katholischen Consession über, was könnte man dann thun, und wenn er, wie alsdann vorauszusehen wäre, Profelyten machte, würde man ihn, wie Kaiser Alexander die Jesuiten, in einer Nacht vertreiben können?

Das alles halte ich vor meine Schuldigkeit auszusprechen, da unter den Vorwürfen, die ich mir mache, die heißesten sind, daß ich zur rechten Zeit nicht ausgesprochen, was ich wußte, und was für Unheil ich voraussah. Nicht alles Übel erfolgt, was man oft hypochondrisch vorzusehen glaubt; ich kenne aber noch ein hübsches Nest von Unheil, das bey dieser Gelegenheit flick werden wird.

Es fällt mir unmöglich, bey so prägnanten Fällen, die nur einzeln zu mir gelangen, das gehörige Maaß[279] zu treffen; mögen Ew. Excellenz von Vorstehendem einsichtigen Gebrauch machen, ohne vielleicht die Blätter mitzutheilen. Sie werden mir gewiß persönlich verzeihen, wenn es mir komisch vorkommt, wenn wir zur dritten Säcularfeyer unseres protestantisch wahrhaft großen Gewinnes das alte überwundene Zeug nun wieder unter einer erneuten mystisch-pantheistischen, abstrus-philosophischen, obgleich im Stillen keineswegs zu verachtenden Form wieder eingeführt sehen sollten.

Weimar den 27. Febr. 1816.

G.


26/7320.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Februar 1816?]

Mögen Sie beykommendes gelegentlich lesen und mit mir besprechen; so können wir es wenn das 1te Heft von K. u. A. gedruckt ist hinübersenden.

G.


26/7321.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

erhalten anbey:

1) Einen mit Serenissimo besprochenen Aufsatz an Denon. Sie ließen ihn ja wohl gefälligst durch einen Canzley-Verwandten in's Französische übersetzen, da ich ihn alsdann noch einmal zu sehen wünschte. Ferner sind Serenissimus geneigt, ein Briefchen zu[280] unterschreiben, welches an gedachten Kunstvermittler mit einigem Dank gerichtet wäre.

2) Einen Erlaß an Dr. Schnauß, wegen Nagotiation mit Kirsten, in mundo.

3) Concept und Mundum eines Erlasses an Architekt Steiner. Ich habe die Sache an Ort und Stelle überlegt, es ist so vollkommen räthlich und thulich, aber wir müssen es aussprechen, denn das Jagemannische Gesinde greift schon dergestalt um sich, daß die den für den Diener nothwendig zu reservirenden Raum schon mit alten Gerümpel willkürlich und eigenmächtig angefüllt haben.

Manches andere verspare bis zu nächster Sendung.

Weimar d. 1. März 1816.

Goethe.


26/7322.


An Constanze von Fritsch

Für die schöne und umständliche Beschreibung des orientalischen Einzugs bin zum allerbesten dankbar, obgleich dadurch, wenn ich Ihnen, theuerste Freundin, schon alles Gute gönne, eine Art Neid rege geworden: denn da ich eben im Orient mich gedankenweis herumtreibe, so kann ich eine Anschauung, wie die, deren Sie genossen, nicht entbehren. Was will man aber machen, muß ich Ihnen doch die perspectivischen Straßen gönnen, indessen ich, dem Koppenfelsischen Scheungiebel gegenüber, eines sehr beschränkten Horizonts genieße.

[281] So habe ich denn auch wenig von mir zu erzählen.

Diesen Winter blieb ich meist zu Hause und hätten nicht verschiedene theatralische Übungen mich aus meinem Winkel genöthigt, die Besuche einiger Fremden meine Einsamkeit belebt; so hätte ich für einen indischen Büßenden gar wohl gelten können. Das Frühjahr soll desto willkommener seyn, wenn es unsere Gönner, Freunde und Lieben vom Norden wohlbehalten zurückbringt. Mittlerweile werden die Pensées wieder blühen und alles in gebührender, hergebrachter Ordnung löblich erfolgen.

Der Verlust unserer theueren Prinzeß Caroline, hat uns, obgleich befürchtet, in Leid und Trauer versetzt. Da kann man sich denn nichts Anders sagen, als, daß lange leben soviel heiße als viele überleben. Mögen die Guten und Werthen die uns übrig bleiben gesund und froh lange dauern.

Gelänge es Ihnen, meine schöne Freundin, dem vortrefflichen persischen Botschafter einige Blätter schöner orientalischer Handschriften zu entwenden, so würden Sie mir damit viel Freude machen. So eben verehrt mir Major von Beulwitz die Trümmer eines köstlichen geschriebenen Korans, der sich wahrscheinlich seit Vertreibung der Mauren noch in Spanien verhalten hat, in dem letzten Kriege aber blätterweis in alle Welt zersteut worden.

Sonst bewahren wir auch noch mancherley Artiges, was Sie mehr angeht als die Orakel des Mahomets,[282] womit wir Sie bey Ihrer Rückkunft zu unterhalten und zu begrüßen hoffen.

Leben Sie recht wohl und lassen Sie mich zu Gnaden und Wohlwollen empfohlen seyn.

Der Ihrige

Weimar den 2. März 1816.

Goethe.


26/7323.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey einige Mineralien, welche zu benennen und, insofern es möglich wäre, die Gegend anzuzeigen bitte, woher dieselben allenfalls seyn könnten und wenn auch nur die Formationsepoche, in welcher diese und ähnliche Mineralien entstanden, bezeichnet wäre.

Die Elegie auf den Tod der Prinzeß bliebe ungedruckt.

Mit den besten Wünschen und in der Hoffnung Sie bald zu besuchen

Weimar d. 2. März 1816.

Goethe.


26/7324.


An Luise Seidler

Mögen Sie mir doch, schöne Freundin, das Maaß der Leinwand schicken, die Sie zu dem versprochenen Bilde anwenden können. Der hübsche Heilige wird[283] wahrscheinlich bald seine Aufwartung machen und sich Ihren liebenswürdigen Händen anvertrauen.

Die schönsten Empfehlungen in der Nachbarschaft.

Weimar d. 2. März 1816.

G.


26/7325.


An Sulpiz Boisserée

Weimar, 5. März 1816.

Schon vor einiger Zeit ist ein Packet an Sie unter Dr. Ehrmanns Addresse nach Frankfurt abgegangen, dem ich Gegenwärtiges nachsende. Die gedruckten Blätter bezeugen daß das Heftlein zum Buchbinder ist, nachdem es länger als billig unterwegs aufgehalten worden. Demohngeachtet ist mir der Abschluß ein Wunder, bedenkend, was alles dazwischen trat. Nur noch ein wenig Geduld und es soll persönlich aufwarten.

Die Blätter der köstlichen Mappe enthalten schon mancherley Talismane, aber auch Abraxas, wie Beylage bezeugt.

Soviel für dießmal, mit dem Heftlein schreib ich mehr.

Die Domrissen sind nach Berlin abgegangen. Was ich über die Negotiation denke, wodurch man Sie nach Norden ziehen will, wissen Sie selbst. Wer unter dem 50. Grade leben kann, verläßt seine Stelle nur leichtsinnig oder aus Noth. Ich wünsche, daß[284] Sie mir einen der Umrisse der Veronica aufziehen und nach dem Gemälde coloriren, auch da, wo es nöthig wäre, verbessern lassen. Ich würde, wenn das Publicum versorgt ist, die Platte sorgfältig revidiren und dergestalt wieder herstellen lassen, daß Abdrücke davon immer ein angenehmes Geschenk wären. Wie leicht könnte man einen Theil coloriren lassen und so wäre es noch artiger.

Auch müssen wir nun, nach Austheilung des 1. Hefts, hören und horchen, denken und bedenken, damit das 2. erst recht wirksam werde. Leben Sie recht wohl, grüßen Sie alles, und schreiben mir bald.

G.


26/7326.


An Luise Seidler

Die Breite der überschickten Leinwand würde hinreichend seyn, zur Länge oder Höhe aber brauchen wir acht Fuß; haben Sie die Güte, selbige baldigst kommen zu lassen; der Heilige ist im Begriff aufzubrechen und läßt sich nicht lange mehr halten. Als Pilger steigt er schon die letzte Stufe seines Palastes herunter. Möge er Sie, meine Theuerste, wenn er ankommt, recht munter und freundlich treffen und mit gesundem Blick von Ihnen begrüßt werden.

Weimar d. 9. März 1816.

Goethe.[285]


26/7327.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey einige von Serenissimo aufgesetzte Fragen in Original und Abschrift zu gefälliger baldigen Beantwortung;

2) kommt das Schweiggersche Journal zurück;

3) die Namen der auf dem Titelblatte gedachten Chemiker mit einigen literarischen Notizen, mit dem Ersuchen, solche zu vermehren und zu vervollständigen, sodann

4) wird die gute Nachricht schon zu Ihnen gekommen seyn, daß Serenissimus den Kauf des Hellfeldischen Hauses genehmigt haben. Die Absicht ist, Ew. Wohlgeboren und dem Mechanicus Körner darin Quartiren zu geben und in denen anstoßenden schönen freyen Gartenräumen, was sich auf Chemie und chemische Vorbereitung zu mechanischen Arbeiten bezieht, durch zweckliche Baulichkeiten zu begünstigen. Haben Sie die Gefälligkeit das alles auf's genaueste zu überlegen. Wenn ich nicht selbst komme, so wird mein Sohn zu Ende der Woche erscheinen. Es soll mich sehr freuen, wenn wir eine Anstalt gründen können, welche die Zwecke unseres gnädigsten Fürsten erfüllen, der Wissenschaft nützen und Ew. Wohlgeboren Wünschen gemäß seyn kann.

Weimar den 10. März 1816.

Goethe.[286]


Gegenüberstehende Fragen haben Serenissimus aufgesetzt, wie ich denn das Originalblättchen hier beyfüge. Herr Bergrath Döbereiner wird ersucht, baldigst darüber Aufschluß zu geben.

Weimar den 10. März 1816.

G.


26/7328.


An Johann Friedrich Cotta

Indem Ew. Wohlgeboren vermelde, daß heute der 7. und 8. Band meiner Werke mit der fahrenden Post abgeht, wodurch also die 2. Sendung geschlossen ist; schicke zugleich einiges für's Morgenblatt und ersuche den Herrn Redacteur nach der Weise, wie ich angezeigt, gefällig zu verfahren. Für den Damencalender werde passionirte, zärtliche und anmuthige Glieder des Divans aussuchen. Gefällige baldige Nachricht der Ankunft des Packets mir erbittend

Weimar d. 11. März 1816.

Goethe.


26/7329.


An Carl Friedrich Zelter

Du hast wohl recht, mein würdigster Freund, daß es eigentlich keine ununterbrochene Correspondenz giebt, wenn man nicht klatscht, und da das unser Fall nicht ist, so möchte es wohl natürlich seyn, wenn wir eine ganze Weile nichts von einander hören. Die Resultate sind denn auch hinterdrein wieder so bedenklich, daß man sie kaum auszusprechen wagt, da man den[287] Conclusionen ohne Prämissen sehr selten Beyfall versprechen darf.

Die Gegenwart der Herrn Schadow und Weber hat mich mit Berlin in nähern Rapport gesetzt, denn durch persönliche Mittheilung und freundliches Gespräch kann uns auch ein entfernter Zustand näher gebracht werden. Tausendmal hab ich deiner gedacht, wie du in einem solchen Meere auch persönlich schiffest, schwimmest, badest und watest.

Das Heftlein vom Rhein und Mayn, Kunst und Alterthum wird nun auch bald zu euch gelangen. Ich habe bey'm dreyzehnten Bogen abgebrochen, wie Scheherazade. Wenn ich die Bedeutung solcher Blätter früher erkannt hätte; so würde ich das ganze Geschäftlein abgelehnt haben, auch bin ich nur nach und nach hinein verführt worden und so mag es denn auch dahin fließen. Dagegen muß ich dankbar erkennen, daß ich ohne diese dringende Nöthigung niemals weder dem wichtigen Punct der Kunsterhaltung durch die barbarische Zeit hindurch, noch auch den Eigenthümlichkeiten nationeller und provinzieller Wiederherstellung Aufmerksamkeit hätte schenken können. Es ist da viel Zeug unserer geläuterten Sinnlichkeit zuwider, das man nur durch den Begriff zu etwas machen kann, denn das Absurde freut uns auch wenn wir uns darüber aufklären.

Der Divan ist angewachsen und stark. Die Dichtart, die ich ohne weitere Reflexion ergriffen und geübt[288] habe, hat das Eigene, daß sie sonst, wie das Sonett dem Gesang widersteht; auch ist es merkwürdig genug, daß die Orientalen ihre Lieder durch Schreiben, nicht durch Singen verherrlichen. Indessen ist es eine Dichtart, die meinem Alter zusagt, meiner Denkweise, Erfahrung und Umsicht, wobey sie erlaubt, in Liebesangelegenheiten so albern zu seyn, als nur immer die Jugend.

Hierbey ein allenfalls singbares Lied.- – Mit dem besten Lebewohl!

Weimar d. 11. März 1816.

G.


26/7330.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Der Antheil, welchen Ew. Wohlgeb. an chromatischen Untersuchungen mit solcher Eigenthümlichkeit und liebevoller Schärfe und Genauigkeit genommen haben, ist mir diese ganze Zeit her nicht aus den Sinn gekommen; denn ich hätte nichts mehr wünschen können, als Sie auf diesen Wegen fortschreiten zu sehen.

Da die Sprache das Organ gewesen, wodurch ich mich während meines Lebens am meisten und liebsten den Mitlebenden mittheilte; so mußte ich darüber, besonders in späteren Zeiten, reflectiren und hierbey hat mir's niemals an trefflichen Freunden gefehlt, die, zu Forschern in diesem Fache berufen, großen und anhaltenden Fleiß darauf verwendeten.

[289] Wenn ich nun gleich nach meiner eingebornen Art und Unart auf Correctheit und Reinlichkeit niemals genugsamen Fleiß zu wenden im Stande war; so habe ich doch auf's deutliche begreifen lernen, daß die Sprache nur ein Surrogat ist, wir mögen nun das was uns innerlich beschäftigt oder das was uns von außen anregt ausdrücken wollen.

Auf meinem Wege bin ich diese Unzulänglichkeit der Sprache nur allzu oft gewahr worden und habe mich dadurch abhalten lassen, das zu sagen was ich hätte sagen können und sollen. Ich durfte nur der Zeit vertrauen, daß diese redlichen Ausdrücke eines Einzelnen von mehrern würden verstanden, d.h. in ihre Sprachen übersetzt werden.

Jene Scheu, deren ich mich eben anklage, überwand ich zu Liebe der Farbenlehre, die mich viele Jahre beschäftigt hatte, und ich ließ mich nicht irren daß die ganze physische Gilde in hergebrachten hohlen Chiffern zu sprechen gewohnt ist, deren Abracadabra ihnen die Geister der lebendigen Natur, die überall zu ihnen spricht, möglichst vom trocknen dogmatischen Leichnam abhält.

Ew. Wohlgeb. überzeugen sich nun, wie erfreulich mir Ihre lebendige Theilnahme gewesen und wie gern ich mit Ihrem Heft, das sich bey mir gewiß nicht verlieren konnte, eine freundliche Unterhaltung wiederholt angeknüpft habe. Denn ob ich gleich öfters in ganz fremde Regionen mich verlor, so trägt man doch[290] immer, Gott sey Dank! das Auge mit sich und so kann man denn auch Licht, Finsterniß, Helle, Schatten, Durch- und Undurchsichtiges, Trübe und die Belebung von allen diesen, die Farbe, nicht los werden.

Geschieht es mit Ihrer Einwilligung, so sende das Manuscript an Herrn Schweigger nach Nürnberg zu seinem Journal. Sollte dieser, wie ich zweifele, irgend ein Bedenken haben, so würde man es alsdann leicht zum Druck befördern, welches kein großer Aufwand wäre und man könnte dieser Erscheinung immer eine theilnehmende Aufmerksamkeit versprechen. Das kleine Vorwort würde ich nach Ihrem Wunsche besorgen und erwarte deshalb gefällige Beystimmung. Möchte ich doch auch von Ihrer Gesundheit das Beste hören!

ergebenst

Weimar d. 11. März 1816.

Goethe.


26/7331.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbey Aus meinem Leben zweyter Abtheilung Erster Band. Den früheren Zusatz »Wahrheit und Dichtung« können wir dießmal entbehren, da der Inhalt dieser Bogen nur allzu wahr ist. Möchten Sie bald zu drucken anfangen, damit wir vor einer allenfallsigen Sommerreise schon recht im Gang wären. Die Revision schicken Sie an Freund Riemer, wie ich[291] denn auch ersuche, einen Überschlag gefällig machen zu lassen, wieviel das Manuscript an gedruckten Bogen ausgeben werde. Der Kupferdrucker behauptet seine Schuldigkeit gethan zu haben. Freylich haben die Abdrücke auch nicht die mindeste Zeit sich einigermaßen auf dem Papier zu befestigen. Hat man nicht in solchen Fällen ein Mittel, durch Wärme eine schnellere Trocknung zu bewirken? Auf alle Fälle würde ich rathen mit dem Binden inne zu halten und auf irgend eine Wiese zu denken, wie diesem Anstand abzuhelfen ist. Auf einige Wochen früher oder später kommt es bey dieser Erscheinung nicht an, denn sie ist zwar bestimmt auf die Zeit, nicht aber auf den Tag zu wirken. Wäre das Wetter nicht gar zu schlimm, so hätte ich schon das Vergnügen gehabt Sie und die werthen Ihrigen persönlich zu begrüßen. In solcher Hoffnung

Ergebenst

Weimar den 13. März 1816.

Goethe.


26/7332.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Weimar, den 14. März 1816.

Ew. Wohlgeboren

ersuche mir baldmöglichst Nachricht zu geben wie

Steinkohler-Theer

bereitet werde? Entweder schriftlich oder daß Sie[292] mir eine Abhandlung in Druck darüber senden. Möge mein Vorsatz, der Chemie eine gute Stätte in Jena zu verschaffen, ausgeführt werden! Da Ew. Wohlgeboren eine ruhige und bequeme Lage auf alle Weise hoffen dürfen.

Goethe.


26/7333.


An Friedrich Justin Bertuch

Mögen Ew. Wohlgeboren mir durch Überbringer die Gemmen senden? welche wohl Eine unserer Anstalten zu acquiriren wünscht.

ergebenst

Weimar, d. 17. März 1816.

Goethe.


26/7334.


An Julius Eduard Hitzig

Auf die von Ew. Wohlgeb. an mich erlassene zutrauliche Anfrage verfehle nicht sogleich das Nothwendige zu vermelden.

Die Familie des gedachten John befindet sich wirklich hier in Weimar, eine Mutter und unverheirathete Schwester. Sein Stiefvater, Herr Geheime Cammerrath Büttner, ist ein bejahrter und würdiger Großherzoglicher Diener, dessen Söhne wohlgerathen und versorgt. Durch mich sollen diese guten Leute nichts von dem vorliegenden Falle erfahren.

[293] Obgedachter John studirte mit meinem Sohne in Jena, dieser empfahl mir seinen Universitätsgenossen wegen schöner Handschrift und vorzüglichen Kenntnissen in alten und neuen Sprachen, und ich konnte die zwey Jahre, die er in meinen Diensten stand, ganz wohl mit ihm zufrieden seyn. Heimliche Untugenden, Neigung zum Trunk, Spiel u.d.g. mußte er geschickt zu verbergen, doch kamen solche mehr zum Vorschein, als er mich zweymal in's Bad begleitete, besonders aber das letzte Mal im Jahr 1813 in Töplitz.

Und seine heimlichen Ausgaben zu decken, hatte er Schulden gemacht, nicht eben auf meinen Namen, aber doch das Zutrauen mißbrauchend, welches ihm das nahe Verhältniß zu mir verschaffte. Ich entließ ihn und habe seit der Zeit nur im Allgemeinen von seiner Anstellung in dem Königreich Sachsen und Preußen vernommen.

Wenn nun Vorstehendes keineswegs zu seiner Empfehlung gereicht, so kann ich dagegen bezeugen, daß ich niemals an ihm eine politische Tendenz bemerkt habe, außer jenem löblichen patriotischen Eifer, welcher damals die deutsche Jugend belebte.

Ich erinnere mich nicht, daß er ein leidenschaftlicher Zeitungsleser gewesen, kann aber für gewiß sagen, daß ich nie eine politische Broschüre in seinen Händen gesehen. Die Bücher, die er mit in's Bad genommen hat, bezogen sich allein auf französische und englische Literatur, deshalb ich ihm Vorwürfe[294] machte, weil ich gewünscht hatte, daß er sich in der Rechtswissenschaft, in der er schon gut gegründet, ja bey einem desfallsigen Examen sehr wohl bestanden war, mehr ausbilden sollte.

Eben so kann ich versichern, daß ich in ihm gar keine schriftstellerische Neigung gekannt, ja daß er, wie sich's besonders am Ende ergab, alle Zeit, die ihm meine Geschäfte übrig ließen, zu heimlichem Wohlleben anwandte und in lustigen Gesellschaften vergeudete.

Sollte ihm nun jenes mir selbst unwahrscheinliche Verbrechen nicht erwiesen und er wegen seiner leichtsinnigen Handlung nicht gänzlich verstoßen werden, so würd ich, ob er es gleich nicht um mich verdient, die Vorbitte für ihn einlegen, daß man mit ihm, wiewohl unter strenger Aufsicht, einen nochmaligen Versuch zu seiner Besserung machen möge.

Wie ungern giebt man die Hoffnung auf, so schöne Talente untergehen zu sehen!

Mit vorzüglicher Hochachtung und mit Bitte, mir von dem Ausgang der Sache gefällige Nachricht zu ertheilen, habe die Ehre mich zu unterzeichnen

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar den 18. März 1816.

J. W. v. Goethe.[295]


26/7335.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Weimar den 18. März 1816.

Außer denen neulich von Ew. Wohlgeboren beantworteten Fragen haben Ihro Königliche Hoheit noch folgende aufgegeben:

1) Ob die Proportionen wie 1: 5, 2:10 fortwährend steige, oder ob bey Vermehrung der ersten Zahlen die zweyten über Proportion steigen, was bisweilen der Fall seyn können, indem die Erhitzung schneller von statten ginge.

2) Ob durch Zuführung eines Maaßes kochenden (in Dämpfe aufgelösten) Wassers durch mehrere Röhren 5 Maaß temperirten Wassers schneller zum Kochen gebracht würden als durch Eine Röhre.

Wegen Wohnung und Garten nächstens das Nähere.

ergebenst

Goethe.


26/7336.


An Johann Christian Ehrmann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben mich seit einiger Zeit mit allerley Gutem aus allen Reichen der Natur und Kunst dergestalt überhäuft, daß ich für lauter Bewunderung nicht zum Danke gelangen konnte. Von den ernsthaftesten und wichtigsten Exemplaren des wunderbaren Minerals,[296] welches immer, wenigstens synonymisch, das Andenken unseres Freundes der mineralogischen Zukunft überliefern wird, bis zu Puppen und Vexirgläsern liegt alles, als das wunderbarste und erfreulichste Quodlibet, vor mir ausgekramt. Möchte ich nur auch dagegen mit etwas Angenehmen zu dienen im Stande seyn!

Leider ist die erste Ausgabe Werthers seit vielen Jahren nicht mehr in meinen Händen, auch hab ich sie kaum wiedergesehen. Vielleicht bin ich so glücklich, sie aufzutreiben, wo nicht, so erlauben Sie mir mit dem neusten Zwieback, wie er aus dem Ofen kommt, aufwarten zu dürfen. Zugleich bitte jedoch irgend eine gehabte Auslage mir gefällig zu melden; Dr. Schlosser wird solche ungesäumt berichtigen.

Die Hyalithe sämmtlich sind mir lieb und werth, der letzte jedoch über allen Ausdruck bedeutend. Der gute Müller, unser Universitätsfreund, ist mir durch sein wohlgerathnes Bild wieder recht nahe gekommen.

Hier wird aber ein Wunsch rege, den ich längst gehegt, Ew. Wohlgeboren möchten mit aus Ihrem glücklichen Gedächtniß mancherley Notizen über unsern gemeinschaftlichen Aufenthalt in Straßburg geben. Da Sie aus meinen gedruckten Bekenntnissen gar wohl gesehen haben, daß sich bey mir gar manche Gestalt und manches Verhältniß verwischt.

Die Münzen nehmen in meiner Sammlung einen ehrenvollen Platz ein. Ich habe sehr schöne Sachen, von dem 15. Jahrhunderte her bis auf den heutigen[297] Tag, hauptsächlich zu Kunstzwecken gesammelt. Haben Ew. Wohlgeb. vielleicht einiges Verhältniß zu dem Medailleur Becker vor dem Eschenheimer Thore? er hat sehr schöne Münzen von Bronze auch vom 15. und 16. Jahrhundert; wenn er um billigen Preis etwas abließe, was mit gerade fehlt, so hätte ich wohl Lust es zu acquiriren. Vielleicht haben Ew. Wohlgeb. Gelegenheit mir deshalb einige Auskunft zu verschaffen.

Weimar d. 20. März 1816.


26/7337.


An Johann Heinrich Meyer

Mögen Sie wohl, mein werthester, an die Liste der Schüler zu denken, welche das Institut besuchen!

W. d. 20. März 1816.

G.


26/7338.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein lieber Professor, beykommendes durchgehen. Die Veranlassung dazu mündlich.

d. 20. März 1816.

G.


26/7339.


An Carl August Varnhagen von Ense

Ew. Hochwohlgeboren

wünsche durch eiligen vorläufigen Dank für die mir übersendeten Gedichte, von denen ich mir viel Freude[298] verspreche, so wie durch endliche Zurücksendung der nur zu lang bey mir verwahrten Papiere zu überzeugen, daß Ihre freundlichen Mittheilungen mir stets höchlich willkommen sind.

Jener Darstellung eines wirklich einzigen Feldzuges verdanke ich sehr viel Unterhaltung und Belehrung. Es ist höchst verdienstlich so ganz frische Thaten, Ereignisse und Gesinnungen aufzuzeichnen, damit das Wunderbarste recht lebendig der Nachwelt erhalten werde.

Die deutschen Erzählungen haben einen besondern ernst-angenehmen Charakter, den ich mich näher zu bezeichnen kaum getraue.

Ihrer Frau Gemahlin bitte mich auf das angelegentlichste zu empfehlen. Ich hoffe, es soll mir denn doch zuletzt gelingen, das werthe Paar, das mir seit so vielen Jahren mit herzlichem Antheil unsichtbar zur Seite ging, zusammen zu sehen, um meinen Dank für so vielfache Aufmerksamkeit einigermaßen abzutragen. Unter den aufrichtigsten Wünschen für Ihr dauerndes Wohl empfehl ich mich Ihrem freundlichen Andenken

gehorsamst

Weimar den 21. März 1816.

Goethe.[299]


26/7340.


An Thomas Johann Seebeck

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die mir mitgetheilten Blätter dankbar zurück; verzeihen Sie, daß sie nicht eher gekommen, und haben ja die Güte mich in ähnlichen Fällen zu mahnen, denn wenn man älter wird, so anticipirt man gelegentlich einen Trunk aus dem Bächlein Lethe.

Ihr werther unterrichtender Brief war mir höchst erfreulich, da schon seit mehreren Wochen der entoptische Apparat nicht von meinem Fenstertische kommt, auch alle Freunde und Fremde in die Spiegel sehen müssen, da denn mancherley Bemerkungen stattfinden. Ich habe angefangen mir die Phänomene nach meiner Weise zusammenzustellen, sie schließen sich an die früher bekannten gar hülfreich an und sind das Complement der übrigen. Es ist die schönste Entdeckung, die seit langer Zeit gemacht worden, ja diesem Phänomen ist kein anderes optisches zu vergleichen. Die auf ihre ursprüngliche Einfalt zurückgeführte prismatische Erscheinung hat lange nicht den inneren Werth, ja sie stammt gewiß aus dieser her. Haben Sie die Güte mich von Zeit zu Zeit mit dem Nächsten bekannt zu machen. Sobald mein Aufsatz einige Gestalt hat, sende ich ihn als Anlaß zu neuen Unterhaltungen.

Der Gedanke, in diesem Frühjahre Nürnberg zu besuchen, ist für mich sehr reizend und wäre ausführbar,[300] ich möchte mich nachher an den Rhein oder an die Moldau wenden. Doch fürchte ich dießmal nicht so bald von Weimar und Jena loszukommen. Ihro Königliche Hoheit haben sämmtliche von Ihnen unmittelbar abhängende Institute für Wissenschaft und Kunst in ein Ganzes versammelt, worüber Herr Staatsminister von Voigt und ich, wie bisher, die Oberaufsicht führen. Ankäufe zu neuen Localitäten sind genehmigt, und bis hiebey das Nöthige eingerichtet und eingeleitet ist, darf ich nicht recht von der Stelle. Doch sollen Sie von Zeit zu Zeit hören, wie es bey uns aussieht. Womit ich mit Ihnen und den liebwerthen Ihrigen zum allerschönsten empfehle.

Weimar den 22. März 1816.

J. W. v. Goethe.


Nun aber noch eine lakonische, doch bedeutende Frage. Wäre es denkbar, daß Sie zu den Unsrigen zählen möchten? Vorausgesetzt, daß man Ihnen und den lieben Ihrigen eine convenable Stätte bereitet.

Unter den aufrichtigsten Wünschen

G.


26/7341.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

finden anbey

1) Döbereiners Beantwortung der letztergangnen Fragen.

[301] 2) Ein Seebeckisches Schreiben, dessen rathangestrichenen Anfang und Ende zu gnädiger Aufmerksamkeit empfehle.

d. 22. März 1816.

Goethe.


26/7342.


An den Großherzog Carl August

Gewähren Ew. Königl. Hoheit inliegendem einigen Beyfall und fügen vielleicht noch einiges gnädig hinzu; so werde sogleich das Nötige an die sämmtlichen Interessenten besorgen.

unterthänigst

Weimar d. 23. März 1816.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

Ihro Königl. Hoheit der Großherzog, als Höchstdenenselben verpflichteter Dank für die großen Begünstigungen der Institute für Wissenschaft dargebracht worden, gaben zu erkennen, Höchstdieselben erwarteten nunmehr daß jene Anstalten, sowohl für Ihro Lande insbesondere, als für das Vaterland und die wissenschaftliche Welt überhaupt sich entschieden nützlich beweisen würden. Es sey daher Ihro Absicht, daß alle Vierteljahre, unter dem Vorsitz der Oberaufsicht, eine Zusammenkunft gehalten werde, derer Männer, welchen die besondern Zweige der Wissenschaft anvertraut worden. Hier könnten theils kurzgefaßte Übersichten über einheimische und auswärtige Thätigkeiten, theils[302] ausführlichere Darstellung wichtiger neuer Entdeckungen oder Fortschritte in dem Bekannten gegeben, Briefstellen und sonstiges Interessante mitgetheilt werden. Hieraus würde schon in Jahresfrist eine reiche wohlzuordnende Sammlung entstehen und Ihro Hoheit seyen nicht abgeneigt, eine Auswahl des wichtigsten unter der Form eines Journals in zwanglosen Heften eignes zu begünstigen. Nach diesen höchsten Absichten könnte zu Pfingsten die Erste Versammlung seyn. Bis zu diesem Termin ließe sich alles vorbereiten, näher besprechen und eine gründliche Einleitung erwarten.

Diese Sitzungen würden, wenigstens anfangs, nur privatim, unter den mitarbeitenden Personen vorgenommen, ein Protokoll geführt, worin nicht allein das Geschehene bemerkt, sondern auch das zunächst Vorzunehmende verabredet würde.

Möchten sodann Ihro Königliche Hoheit solchen Zusammenkünften Ihro gnädigste Gegenwart gelegentlich gönnen; so könnte man versichert seyn, daß die vierteljährigen Früchte recht erwünscht und genügend ausfallen würden.

Weimar d. 23. März 1816.

J. W. v. Goethe.


26/7343.


An Christian Gottlob Voigt

Auf Ew. Excell. gestriges werthes Schreiben in welchem die verehrten Gesinnungen, die mich schon[303] lange beglückt, so deutlich abermals hervorleuchten sah, überrascht mich Herr Graf Edling mit der Nachricht daß ich bey dem Huldigungs-Act zur rechten Seite am Trohne in Ew. Excell. Gesellschaft stehen solle. Worauf ich denn nur meinen devotesten Danck abstatten konnte, und solches sogleich zu vermelden nicht verfehle, mit Bitte mich an Feyer- Sonn- und Werckeltagen immer mit gleicher Gunst und Neigung zu erfreuen.

unverbrüchlich

W. d. 23. März 1816.

Goethe.


26/7344.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

genehmigten den naiven Vorschlag zu den cotyledonischen Anfängen eines künftigen höhern und förmlichern Instituts. Beygehendes wird daher Höchstdieselben gewiß erfreuen, wenn die Demuth von außen schon gesegnete Förderungen genießt.

Da Lenz in diesem Sinne sich mit jenen Personen nicht in Rapport setzen kann; so will ich mich nur erkundigen, ob und was er geantwortet. Erlaubten aber Ew. Hoheit, so würde ich gleich Professor Sturm zu Rathe ziehen und ihm aufgeben, kürzlich zu verzeichnen, was nach Ew. Hoheit Anleitung und Befehl in öconomischen Fache geschehen und wie das, was jene[304] Gesellschaft interessirt, hier behandelt werde. Zugleich könnte bemerkt werden was man von ihnen allenfalls wünschen möchte. Ich wollte mich alsdann unmittelbar an den Director, Grafen Salm, wenden und ihm Notiz geben, was bey uns überhaupt in Wissenschaften vorgeht und demselben überlassen, was er davon zu seinen nächsten Zwecken mitgetheilt wünscht.

Man könnte sodann zu den vierteljährigen Sitzungen auch Prof. Sturm einladen und ihn verpflichten, von demjenigen, was seiner Vorsorge untergeben ist, summarisch schriftliche Rechenschaft zu geben. Dieses communicirte man regelmäßig jener Gesellschaft und so würde ein neues Verhältniß gepflanzt, das in der Folge doch wünschenswerthe Frucht tragen könnte.

unterthänigst

Weimar den 24. März 1816.

Goethe.


26/7345.


An Christian Gottlob Voigt

Den Inhalt einer mit Ihro Königl. Hoheit vor einigen Tagen gehabten Unterredung habe in beyliegendem Blatte aufgezeichnet, und Höchstdenenselben zur Approbation vorgelegt, da ich überzeugt war, daß Ew. Excellenz in dem Weg einer Akademie in herba stimmen würden. Genehmigen Sie es, so laß ich Abschriften an die Herrn abgehen die darunter gemeint[305] sind. Es giebt immer eine Anregung die zu etwas führt.

Weimar d. 24. März 1816.

G.


26/7346.


An Carl Christian Gottlob Sturm

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

ersehen aus beykommendem Schreiben, so wie demselben beygelegten Schematismus, daß die K. K. Mährisch-Schlesische Gesellschaft zu Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde zu Brünn, an die mineralogische Gesellschaft zu Jena eine Note ergehen lassen, woraus erhellt, daß sie mit den hiesigen gleichen und ähnlichen Anstalten in Verbindung zu treten wünscht. Ob man nun gleich von Seiten der Jenaischen mineralogischen Gesellschaft solches Zutrauen mit Dank erkennen und sich mit jenen würdigen und wohlgesinnten Personen in Rapport setzen wird; so kann doch ein solcher Bezug für beyde Theile viel fruchtbarer werden, wenn die näher verwandten Geschäfte, welche Ew. Wohlgeb. Aufsicht anvertraut sind, hier vorzüglich in Betracht kommen.

Ihro Königl. Hoheit haben daher auf unterthänigsten Vortrag mir zu befehlen geruht, Ew. Wohlgeb. zu veranlassen hierüber ein Gutachten zu verfassen, wie nämlich mit gedachter Gesellschaft ein Verhältniß[306] anzuknüpfen seyn möchte und dasjenige, was Ihro Hoheit zu Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde gethan, jener Behörde am kürzesten und zweckmäßigsten mitgetheilt werde, ingleichen, was man allenfalls von derselben in Erwiderung sich ausbitten könnte.

Da Ew. Wohlgeb. eine vollkommene Übersicht über diese Gegenstände haben, auch Ihnen wahrscheinlich in früheren Zeiten von jener Anstalt manches bekannt geworden; so ersuche Dieselben baldmöglichst mir hierüber Ihre Gedanken zu eröffnen und wäre es auch nur vorläufig in laconischen Notizen.

Die nächste ganze Woche finden Ew. Wohlgeb. mich Mittags zu Hause, mögen Sie einen mäßigen Tisch mit uns theilen, so sind Sie freundlichst eingeladen. Ich wünschte alsdann über einige von Serenissimo gnädigst intentionirte neue Einrichtungen, zu Beförderung von Wissenschaft und Kunst aller Art, zu sprechen und Sie zur Theilnahme aufzufordern.

Weimar d. 24. März 16.


26/7347.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

danke verbindlichst, daß Sie mir die Ankunft des Packetes sogleich melden wollen. Der 9. Band, Faust und Consorten enthaltend, folgt bald. Auch die Wiener[307] Ausgabe kann ich nicht anders als billigen; wo das Gesetz nicht hilft, da muß die Klugheit rathen. Gegen die Forderung einer chronologischen Ordnung geht nächstens ein kleiner Aufsatz für's Morgenblatt ab. Andere sind im Werden. Auch für das Kunstblatt will ich einen Beytrag senden. Die Farbenlehre, deren Herr Böttiger mit Ehren erwähnt, müssen wir endlich auch einmal wieder zur Sprache bringen.

Eine gute Gelegenheit findet sich nächstens, da mehrere Schriften erscheinen werden, von sehr braven Selbstdenkern, die mit mir in der Hauptsache vollkommen übereinstimmen, jeder derselben aber seinen eigenen Weg geht.

Zu Ostern werde bey Herrn Frege etwas erheben und das Nähere melden.

Ein Porträt von mir besitz ich nicht, das beste was ich kenne besitzen die Herren Boisserées in Heidelberg, es ist in Öl erst vor einem Jahre von Lieutenant Raabe gemahlt, und hätte den Vortheil daß, da es klein ist, es in selbiger Größe gestochen werden könnte. Ich müßte nichts zu erinnern wenn gedachte Freunde es zu diesem Zwecke herleihen wollten. Soviel für dießmal.

Weimar den 25. März 1816.

Goethe.


Da bey uns in diesen Tagen viele Translocationen vorgingen, hat auch der Kupferdrucker seine Werkstatt[308] verändern müssen; dadurch ist unser Heft um vierzehn Tage retardirt worden. Es geht aber alles wieder seinen Gang und ich hoffe das Schifflein wird bald vom Stapel laufen.


26/7348.


An Christian Heinrich Ramann

Weimar, den 25. März 1816.

Verehrter Herr Ramann!

Ich wünschte durch Überbringer dieses einen halben Eymer Würzburger von der letzten Sorte, ingleichen wieder einen halben Eymer Elsasser desgleichen zu erhalten, welches derzeit meinem Mangel abhelfen würde.

Freundlich das Beste wünschend

J. W. v. Goethe.


26/7349.


An Sulpiz Boisserée

Herrn Dr. Roux, den Überbringer, empfehle bey'm Eintritt zu freundlicher Aufnahme. Er wird sich bald als gebildeten Mann und schätzbaren Künstler bewähren.

Freundlichst begrüßend

sich selbstempfehlend

Weimar d. 26. März 1816.

Goethe.[309]


26/7350.


An Friedrich Siegmund Voigt

Der mir übersendete so angenehme Band giebt abermals einen Beweis, wie gut es sey in gesunden und frohen Tagen zu arbeiten, weil daraus, selbst zur Zeit wenn wir uns übel befinden, für andere Vergnügen und Nutzen entspringen kann. Die vielen schönen Beobachtungen, wohl gedacht und überdacht, äußerlich gleichsam nur gereiht, aber sehr gut nach einer innerlichen Methode aufgestellt, im Stillen ein theoretischer Einfluß, ohne sichtbares hypothetisches Gerüste, leicht, faßlich und gut geschrieben, so daß ich dieses Werk niemals umgearbeitet, sondern nur, in der Folge, durch Zusätze und Noten erweitert und bereichert wünschte. Ich hoffe, wir wollen bald Gelegenheit zu lebhaften Fortschritten ergreifen. Das Verzeichniß der gewünschten Pflanzen erwarte also zunächst.

Auch ist jetzt in Belvedere in den Erdhäusern schöne Gelegenheit, über Etiolirung der Pflanzen Versuche anzustellen. Ich nehme meine frühern deshalb geführten Acten hervor und ersuche Sie, mir Ihre Gedanken mitzutheilen, was für Experimente Sie allenfalls wünschten. Das Keimen des Samen, das Fortwachsen der Pflanzen, des Abweißen der Stauden könnte zu gleicher Zeit vorgenommen werden, denn der Raum dazu wird ganz beträchtlich seyn.

[310] In Ihrem Buche haben Sie die naturforschende Gesellschaft als noch existirend betrachtet und es geschehen von Zeit zu Zeit Anfragen, wie es mit ihr stehe. Sollte man sie nicht wieder beleben können, gerade zu der Zeit, da Serenissimus, wie Sie aus der Beylage sehen, einen allgemeinen wissenschaftlichen Verein zu stiften beabsichtigen. Sie müßte für sich, abgesondert von der mineralogischen, bestehen, ihren eigenen Director haben, zu welchem Geschäfte Sie Sich wohl verstünden und sie würde sodann von dem Kreise, der sich in Jena bilden soll, eingeschlossen. Denken Sie die erste Constitution durch, betrachten Sie den Verlauf der Sache und theilen mir die Resultate mit. Entschließt man sich dazu, so könnte man durch einen öffentlichen Aufruf alle die noch lebenden Glieder, welche sich dazu bekennen wollen, zur Anmeldung veranlassen. Auf alle Fälle müßte man es weniger ängstlich und liberaler nehmen als Batsch, ja gewissermaßen etwas ganz Neues bilden. Mögen Sie mir hierüber baldigst Ihr Gutachten mittheilen.

Das kleine Heft: über den Werth der Naturwissenschaften habe gleichfalls mit vielem Vergnügen gelesen. Es berührt die wichtigsten Puncte, von denen gegenwärtig die Rede seyn kann. Vielleicht läßt sich einigen Stellen noch mehr Deutlichkeit geben. Die Sache liegt freylich so tief, daß es schwer ist, sie völlig an's Licht zu bringen.

[311] Über diese einzelnen Puncte, so wie auch über Inliegendes, ersuche mir auf einzelnen Blättern in Form von Promemorias zu antworten, weil sie in einzelne Acten zu vertheilen sind. Ich wünsche nichts mehr, als daß Sie von Ihren Übeln bald völlig geheilt seyn mögen. Viele Empfehlungen der gewiß treuen Wärterinn.

ergebenst

Weimar d. 26. März 1816.

Goethe.


26/7351.


An Carl Friedrich Zelter

Dir war freylich abermals eine harte Aufgabe zugedacht; leider bleibt das immer die alte Leyer, daß lange leben soviel heißt als viele überleben, und zuletzt weiß man denn doch nicht was es hat heißen sollen. Vor einigen Tagen kam mir zufälliger Weise die erste Ausgabe meines Werthers in die Hände und dieses bey mir längst verschollene Lied fing wieder an zu klingen. Da begreift man denn nun nicht, wie es ein Mensch noch vierzig Jahre in einer Welt hat aushalten können, die ihm in früher Jugend schon so absurd vorkam.

Ein Theil des Räthsels läßt sich dadurch, daß jeder etwas Eigenes in sich hat, das er auszubilden gedenkt, indem er es immer fortwirken läßt. Dieses wunderliche Wesen hat uns nun tagtäglich zum Besten und so wird man alt ohne daß man weiß wie oder warum.

[312] Beseh ich es recht genau, so ist es ganz allein das Talent, das in mir steckt, was mir durch alle die Zustände durchhilft, die mir nicht gemäß sind und in die ich mich durch falsche Richtung, Zufall und Verschränkung verwickelt sehe.

Du hast unterdessen einen Brief von mir erhalten. Bald schick ich einiges. Mein Rhein- und Maynheft ist geschlossen, die Versendung durch Zufälligkeiten aufgehalten. Es ist redlich gemein und wird am Ende mir am meisten nützen, denn es giebt mir einen Maaßstab was denn auch in diesem Falle von vernünftigen Wünschen und Vorsätzen zu Stande komme. Ich fürchte es wird nicht viel seyn.

Daß ich diese Arbeit übernommen, reut mich nicht, besonders da ich diese Tage manche frühern auf Reisen sorgfältig gesammelten Acten wiederfand, nur fand ich bey meiner Rückkehr niemals Muße zur Redaction und auch dießmal nur mit größter Anstrengung. Dich wird es indessen gewiß interessiren, wo ich innehalte und was ich über die Fortsetzung sage. Der Hergang der Kunst durch das Mittelalter und gewisse Lichtpuncte bey der Wiedererscheinung reiner Naturtalente haben, hoff ich, durch meine Darstellung gewonnen. Nur werden leider die schreibseligen Legionen Deutschlands meine Ernte, wie sie auch seyn mag, sehr geschwinde ausdreschen und mit den Strohbündeln als reichen Garben am patriotischen Erntefest einherstolziren.

[313] In eine sehr große wissenschaftliche Thätigkeit werde ich versetzt durch unsers Großherzogs Verlangen, unsere durch die ungeheuren Kriegsschicksale wundersamst erretteten Anstalten energisch belebt zu sehen. Da muß ich nun alles zusammennehmen was ich weiß und will. Du sollst mancherley erfahren, aber, was ich dich ersuche, schreibe doch oft vom Theater, in welches du einen so reinen, tüchtigen und doch so gutmüthigen Blick hast. Sage mir bald was über die Erscheinung von Wolffs und wie sich ihr Spiel zu der Umgebung und zum Publicum verhält. Grüße Herrn Staatsrath Schulz und ersuch ihn mir bald zu antworten. Es ist gerade Zeit das Eisen zu schmieden.

Gott erhalte dich.

Weimar d. 26. März 1816.

Goethe.


Wie es diesen Sommer mir mit einer Badereise ergehen wird, weiß ich noch nicht; bey unsern neuen Organisationen ist mir auch in meinem Kreise manches Mühsame und Verwickelte zugefallen, weswegen ich vor Pfingsten ja vielleicht gar vor Johannis nicht von der Stelle kann. Sage mir von Zeit zu Zeit von deinen Planen, vielleicht kann ich mich darnach richten.[314]


26/7352.


An Johann Georg Lenz,Johann Friedrich Fuchs,

Johann Wolfgang Döbereiner,

Friedrich Siegmund Voigt

und Carl Dietrich von Münchow

Ew. Wohlgeboren

ersehen aus Beykommendem, wie Ihro Königl. Hoheit aus eigner Bewegung sich geneigt erklärt, einen Verein zu begünstigen derjenigen Männer, welche denen von Höchstdenenselben unmittelbar ausfließenden wissenschaftlichen Anstalten in Jena vorgesetzt sind.

Eine vierteljährige Zusammenkunft soll denselben begründen, eine wechselseitige Thätigkeit erhalten, Nachrichten für die Zukunft bewahren, der Ober-Aufsicht Gelegenheit geben, von den Einzelheiten genaue Kenntniß zu nehmen, um alles möglichst zu fördern; wobey denn als gewiß anzunehmen ist, daß Ihro Königl. Hoheit, wie bisher, in alles persönlich einzuwirken geneigt seyn werden.

Ew. Wohlgeboren würden mich besonders verbinden, wenn Sie mir baldmöglichst Ihre Ansichten hierüber mittheilen möchten, damit die Voranstalten getroffen und baldigster Bericht an die Höchste Behörde erstattet werden könne.

Mit besonderer Hochachtung

ergebenst

Weimar d. 27. März 1816.

J. W. v. Goethe.


[Beilage wie zu 7342.][315]


26/7353.


An die Hoftheater-Intendanz

Es hat bisher bey Theater und Capelle manche Unregelmäßigkeiten gegeben, die man aus bewegenden Ursachen nicht sagt. Bey einem neuen Reglement möchte wohl auf nachstehende Fälle einige Rücksicht genommen werden.

1) Ein Schauspieler hielt ohne Erlaubniß eine Anrede an's Publicum.

2) Sänger und Musiker haben in Erfurt ohne Urlaub und Erlaubniß ein Concert gegeben.

3) Ein Musiker erlaubte sich wiederholte Grobheiten gegen den Capell-Meister.

4) Es war darauf angelegt Wolffs nach Romeo und Julie herauszurufen und ihnen Gelegenheit zu einer Anrede an's Publicum zu geben.

5) Wolffs unterzeichnen sich auf einem Anschlagezeddel: Großherzogl. Hof-Schauspieler, und geben ein Declamatorium ohne Erlaubniß ihrer Vorgesetzten. Dies alles wäre zu verpönen.

Weimar d. 27. März 1816.

Goethe.


26/7354.


An Johann Gottfried Schadow

Ew. Wohlgeboren

geneigtes briefliches Andenken hat mich sehr erfreut. Nur mit Wenigem will ich erwidern, daß ich jenen[316] guten Künstlern nichts vorschreibe, sondern was sie für thulich und nützlich halten, gern fördern möchte. Da sie sich doch wohl nach einem Verleger umsehen, so würde dieser das Technische und Mercantilische übernehmen: daß sie etwas artistisch Erfreuliches geben werden, daran zweifle ich nicht.

Wegen der Statue müssen wir nun abwarten, was die vielerley Meinungen auf irgend einen Punct fixiren kann. In vorigen Zeiten ließ man den Künstler gewähren, der es denn freylich am besten verstehen sollte.

Dem hier gegenwärtigen Herrn Erb-Großherzog von Mecklenburg-Schwerin präsentire so eben die Acten über unsere Geschäfte. J. K. H. werden daraus ersehen, daß man wenigstens an Fleiß und Aufmerksamkeit nichts gespart hat.

Hofrath Meyer wird ein paar von den Nürnberger Aposteln für Sie einpacken und zum Transport besorgen.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend

ergebenst

Weimar d. 28. März 1816.

Goethe.


Zeugniß.

Was die Maske des Tasso betrifft, so hat es mit derselben folgende Bewandtniß. Er starb zu Rom, im Kloster St. Onofrio, wo man von seinem Gesicht nach dem Tod einen Abguß machte. Man[317] setzte die Maske auf eine Büste, die noch in der Bibliothek benannten Klosters steht. Ich erhielt die Erlaubniß darüber eine Form machen zu lassen, und einen Abguß daraus habe ich sehr gern Ew. Wohlgeboren mitgetheilt. Sie ist als echt anerkannt und der Bildhauer Joseph Cades hat sie bey einer gefertigten Marmorbüste zu Rathe gezogen. Diese kam in den Besitz des Abbate Serassi, welcher das Leben des T. Tasso sorgfältig beschreiben und in Rom 1785 herausgegeben hat. Ein sehr zu empfehlendes Werk.

Weimar d. 28. März 1816.

Goethe.


26/7355.


An den Erbgroßherzog Friedrich Ludwigvon Mecklenburg-Schwerin

[Concept.]

Ew. Königl. Hoheit

geruhen aus beykommendem Acten-Fascicul zu ersehen, daß ich den Antrag Höchstdero Landesstände, an einer Berathung wegen des für den großen deutschen Helden zu errichtenden Monuments Theil zu nehmen, um so weniger ablehnen konnte, als ein gnädigster landesherrliches Rescript vom 1. May 1815 auf eine solche Vorarbeit hindeutete, auch der Wunsch unserer leider zu früh verewigten Fürstin, ich möchte mich der Sache nicht entziehen, schon früher an mich gelangt war.

Der Umfang der Vorarbeiten ergiebt sich aus beyliegenden Acten, welche bezeugen werden, daß man[318] sich alle Sorgfalt zur Pflicht gemacht, und da diese Angelegenheit in der letzten Instanz an Ew. Königl. Hoheit gelangt, so habe ich nicht verfehlen wollen, von dem Gange der ganzen Verhandlung die einzelnen Schritte Höchstdenenselben vorzulegen, weil dadurch die Beurtheilung eines wichtigen und höchst schwierigen, kostbaren, durch schwankende Meinungen von seiner Vollendung öfters abgehaltenen Unternehmens um ein großes erleichtert wird.

Auch in der Folge werde nicht verfehlen, wenn erst der Entschluß gefaßt ist, mit Director Schadow, der bey seiner hiesigen Anwesenheit unser früheres gutes Verhältniß wieder erneuert hat, weiterhin in Rapport zu bleiben und durch gewissenhafte Einwirkung die Verehrung zu bethätigen, welche Höchstdenenselben für's Leben gewidmet habe.

Weimar d. 28. März 1816.


26/7356.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Ihr fortdauerndes Übelbefinden, mein lieber Professor, thut mir herzlich leid. Was ist es denn eigentlich, lassen Sie mir's durch das Frauchen mit ein paar Worten schreiben. Zugleich bitte um den kleinen Aufsatz den ich nun abschicke. Vielleicht haben Sie einige Asterisken und Obelisken an den Rand gezeichnet, die ich wohl entziffern will.

Baldige Besserung wünschend.

W. d. 28. März 1816.

G.[319]


26/7357.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeb.

mit Rücksendung des Communicirten ersuche mir gefällig anzuzeigen, was Sie dem Freunde in Ulm auf seine Anfrage wegen der Existenz der naturforschenden Gesellschaft geantwortet haben, ingleichen, ob Sie der öconomischen Gesellschaft in Brünn schon geantwortet. Mit dieser wird man sich von hier aus in Rapport setzen.

Das Beste wünschend

Weimar d. 29. März 1816.

Goethe.


26/7358.


An Luise Seidler

Wir haben gehofft, unsere liebe Freundin bey Gelegenheit der italiänischen Theater-Productionen hier zu sehen; da dieser Wunsch aber nicht erfüllt worden, so fragen an, ob Sie die grundirte Leinwand von Dresden bald erwarten? Der Carton nimmt täglich zu, und es wäre zu wünschen, daß, sobald derselbe fertig ist, die zierlichen Finger gleich thätig seyn möchten. Ob wir den Heiligen hinüberbringen, oder ob wir Sie ersuchen, ihn abzuholen, das wird von gebietenden oder vergönnenden Umständen abhängen.

[320] Leben Sie indessen recht wohl und gedenken der Freunde.

Der Ihrige

Weimar d. 30. März 1816.

Goethe.


26/7359.


An Hans Graf von Schlitz

[Concept.]

[30. März 1816.]

Ew. Hochgeboren

haben mir durch die gefällige Sendung eine außerordentliche Freude gemacht, und ich erkenne mit dem aufrichtigsten Dank, daß Dieselben Sich eines solchen Schatzes mir zu Liebe entäußern wollen. Dagegen folgen einige Blätter berüchtigter Xenien von Schillers eigener Hand, deren einige, wie mich dünkt, ungedruckt geblieben, ferner von meiner Hand die ersten Scenen aus Nausikaa, einem in Sicilien entworfenen, dort theilweise bearbeiteten aber leider nicht vollendeten Trauerspiel. Nicht weniger einige Arien aus dem Groß-Cophta, der zuerst als Oper sollte behandelt werden. Von dem in der deutschen Literatur nicht ungelobten Freunde, dem Major von Knebel, liegt auch eine Elegie bey. Von Wieland finde nichts zunächst um mich her, in früheren Packeten muß sich manches befinden, doch kann ich, wenn es beliebt, einiges nachsenden.

[321] Auch liegen einige eigenhändige Zeilen bey von heute und die Nachricht von einem der wundersamsten Stammbücher das man vielleicht gesehen.

Verehrungsvoll.

Weimar den 26. März 1816.


26/7360.


An Johann Heinrich Meyer

Wollen Sie wohl, theuerster Freund, mit Schwerdgeburth baldigst sprechen, wegen der Büste, inwiefern er sie zeichnen und in Kupfer stechen will, und was er dafür verlangt. Der Raum ist ein Mitteloctavformat.

W. d. 30. März 16.

G.


26/7361.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

lege ein Promemoria des Bergraths Voigt vor, welches von seiner Aufmerksamkeit auf den ihm anvertrauten Garten zeugt. Die notirten Pflanzen betragen eine Summe von 37 Thalern. Er wünscht, daß sie unentgeltlich abgegeben werden möchten, welches ihm wohl zu verzeihen ist, da er nicht weiß wie wohl uns Ew. Hoheit gesetzt haben. Es hängt daher ganz von Höchster Entscheidung ab.

unterthänigst

Weimar den 30. März 1816.

J. W. v. Goethe.[322]


26/7362.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

lege so eben aus Wien erhaltene Papiere vor. Des Director von Schreibers vorläufiger Bericht enthält mehrere Puncte.

1) Den Ankauf und Transport der Schafe und Schweine betr., wozu der Brief des Öconomen Zahlbruckners gehört.

2) Verzeichniß der zur Absendung bestimmten naturhistorischen Gegenstände.

3) Ankündigung einer Sammlung von Chromerzen.

4) Fortsetzung von Trattinicks Flora des österreichischen Kaiserthums.

5) Anfrage wegen der Fortsetzung von Jahns Herbarium.

6) Ankündigung und Verzeichniß der Seefische p. welche abgehen sollen.

Da mir von Darmstadt auch ein monstroser Schädel gesendet worden und ich mir einen reinen weißen ausgebeten habe; so könnte dieser zweyte gar wohl gut eingepackt über Nürnberg nach Wien spedirt werden, um diesem gefälligen Mann auch mit etwas Seltenem zu dienen.

unterthänigst

Weimar den 31. März 1816.

J. W. v. Goethe.[323]


26/7363.


An Johann Jacob von Willemer

Der Fuhrmann Weise von Apolda hat mir schon manches Gute gebracht, dießmal aber war er und die zwölf Apostel besonders willkommen. Die nähere Bekanntschaft mit diesen trefflichen Personen jedoch hat einige schlaflose Nächte verursacht. Es ist freylich ein Unterschied zwischen der Rhein- und Maynluft und der Thüringischen, jene verarbeitet alles besser. Meine Tage gehen, ich weiß nicht wohin, denn bis alles eingerichtet ist, was ich in Auftrag habe, so werden wir schon ziemlich in's Frühjahr hereingerückt seyn. Wenn nur der Sommerwind günstig in die Segel bläst!

Indessen mag ich so gern meine Gedanken nach der Gegend richten, wo es mir so wohl gegangen, und wenn sich meine lieben Landsleute unter einander auch immer ein Bißchen streiten, so denke ich mir, es müsse zum Guten gedeihen, woran ich denn auch Antheil zu nehmen wünsche.

Freund Ehrmann hat mir Unglaubliches gesendet, und er weiß recht gut daß es anerkannt wird, sonst hätt er's nicht gethan. Die liebe kleine Freundin wird ihm jenen Sonnabend in meinem Namen etwas zu Gute thun und mir es a Conto schreiben, ob ich gleich bey soviel Gutem und Freundlichem fürchten muß mich zuletzt für insolvent zu erklären. Der alte Schelm aber, wie ich ihn wohl so nennen darf, hat[324] gegen das Unschätzbare das Unmögliche gefordert; das mußt ich ihm nun bekennen. Jetzt muß ich aber sehen, ob ich durch eine Beschwörung der Elementargeister seine Forderung befriedigen kann.

Soviel andere Gedanken, Vorsätze und Bearbeitungen wandeln immer um mich her, ohne wie jene Nachtgeister zu fragen, was ich für ein Gesicht dazu mache. Von dem famosen Liebe: dir zu eröffnen mein Herz verlangt mich – auf eine Baßstimme berechnet, ist mir eine Melodie zugekommen, mir sehr wohlthätig. Sie wird nächstens heranklingen und wünsche guten Anklang.

Und somit genug für heute, wo noch die übrigen Strophen des monostrophischen Liedes beyliegen.

Mit den schönsten Grüßen.

Das Lied ist vorgeeilt!

Weimar d. 5. Apr. 1816.

Goethe.


26/7364.


An Ernst Christian Friedrich AdamSchleiermacher

[Concept.]

Die vor einiger Zeit gefällig angekündigte Sendung des doppelten Exemplars jenes höchst merkwürdigen ja einzigen monstrosen Schädels ist glücklich angelangt. Der Großherzog, mein gnädigster Herr, sieht dadurch einen seiner angelegentlichsten wissenschaftlichen Wünsche befriedigt und zwar glücklicher[325] Weise gerade zu der Zeit, wo er für die Jenaischen Anstalten auf eine höchst fürstliche Weise sorgt. Ich hoffe nächstens hinüber zu gehen und diese neue Acquisition persönlich einzurangiren.

Erlauben Sie mir bey dieser Gelegenheit zu sagen, daß jedesmal, wenn ich die mir untergebenen wissenschaftlichen Sammlungen durchschaue, die Ihrige als ein unerreichbares Muster mir vor Augen steht. Auch habe ich mich nicht enthalten können, sie öffentlich als eine solche anzurühmen.

Zugleich erbitte mir die Erlaubniß von manchem, was bey uns in duplo vorhanden ist, einiges nach und nach zu übersenden was vielleicht angenehm seyn könnte. Das eintretende Frühjahr fordert wieder zur Revision der Kabinette auf. Vorläufig sende nächstens ein Paar der vorzüglichsten Cameen des Wiener Kabinetts in Gypsabguß, welche zusammenhalten mit den Nachbildungen bey Eckhel höchst belehrend sind.

In Erwiderung des monstrosen Schädels werde sodann einen von denjenigen senden, welche mir zwischen hier und Jena aus einem hochgelegenen Grabhügel ausgegraben. Hofrath Blumenbach erklärt diese Nation für eine der schönstgeformten. Die Familienähnlichkeit der sämmtlichen aufgefundenen ist höchst merkwürdig, sie scheint in den frühesten Zeiten unsrer Ära sich von der Ostsee nach Thüringen gezogen und auf der Höhe zwischen der Saale und der Ilm ihr Wesen getrieben zu haben.

[326] Nun aber füge ich noch eine Bitte hiebey deren Verzeihung ich wohl hoffen darf, daß Ew. Wohlgeb. die Gefälligkeit haben mögen, mir den monstrosen Schädel nochmals in einem weißen Exemplare, wie er aus der Form kommt ohne weitere Nachhülfe, geneigtest zu gewähren. Es werden dadurch die Wünsche unserer Anatomen erfüllt, welche die Vergleichung mit gesunden Schädeln soweit als möglich verfolgen möchten.

Mit Bitte, mich den gnädigsten Herrschaften dankbarlichst verpflichtet zu Füßen zu legen.

Weimar d. 5. Apr. 16.


26/7365.


An James Lawrence

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

haben mir durch die Mittheilung des ganz eigenen Theaterstückes eine sehr angenehme Unterhaltung gegeben, welche gewiß nicht wenig zu Wiederherstellung von meinen Frühlingsübeln beytrug. Zu bewundern ist, daß jemand, der an so schrecklichen Zuständen Theil nahm, sie noch mit soviel Heiterkeit auffassen und das Verhaßte selbst in seiner natürlichen Abgeschmacktheit mit so gutem Humor darstellen konnte, daß wir es im Augenblick zu unserm Ergötzen mögen gelten lassen. Ein jeder Leser wird dasselbige empfinden.

[327] Mit der Vorstellung aber, erlauben Sie mir es zu sagen, ist es ganz ein anderes. Ein alter Praktiker ist wohl darüber zu hören. Wenn in einem alten bekannten Stücke Stellen vorkommen, die auf gegenwärtige Zustände deuten, dann ist der Theaterschauer höchst entzückt, das sogleich zu deuten, beklatscht es als eine classische, als eine canonische Stelle. Bringen wir aber der Menge Gegenstände, deren Wirklichkeit ihr ganz nahe lagen, so kann nach unserer neuern Empfindungsweise das Publicum nicht angenehm mitfühlen, und solche Arbeiten finden immer nur eine trübe Theilnahme.

Daher gestehe ich aufrichtigst, daß ich Ew. Hochwohlgeb. verdienstvolles Werk auf dem Weimarischen Theater aufzuführen mich nicht getraute und es daher nur mit dem Dank zurückschicken darf für das Erfreuliche, was mir dessen Mittheilung in diesen Tagen gegeben.

Weimar den 5. Apr. 1816.


26/7366.


An Christian Gottlob Voigt

Aus beyliegenden Acten geruhen Ew. Excellenz sich gefällig die Lage bekannt zu machen, in welcher sich die Angelegenheit des Ankaufs des Hellfeldischen Hauses und dessen künftiger Benutzung befinden. Da ich denn nur zu dem Fol. 33 eingehefteten letzten Gutachten[328] des Architekt Steiners meine Bemerkungen hinzufügen will.

Nach meiner von Knebelschen Zeiten her genauen Kenntniß der inneren Einrichtung des großscheinenden Gebäudes, welches nur zur Noth zwey stille schwache Familien beherbergen kann, sah ich voraus, daß Döbereiner mit sechs Kindern, chemischer Bibliothek und Apparat, ein Auditorium bedürfend pp. und Körner mit seinen Werkstätten keinen Raum darin finden würden. So hat es sich denn auch bey genauerer Betrachtung ergeben, wie der Steinerische Aufsatz bezeugt.

Hierbey ist aber nichts verloren, denn wir haben das Haus noch wohlfeil genug und es würde sich für unsere Zwecke kein schicklicheres gefunden haben. Wenn wir also Döbereinern den Fol. 5 roth angelegten Raum und also das Fol. 10 in seinen drey Etagen aufgeführte Haus übergeben; so hat vollkommen und für ewige Zeiten Raum und wir haben keine Klagen und Reclamationen, wie sie bey gemeinschaftlich Wohnenden niemals zu fehlen pflegen, zu befürchten und zu beseitigen. Was jedoch den übrig bleibenden Raum betrifft, welcher Fol. 5 mit No. 3 bezeichnet worden, so würde wünschen, daß man sich mit Veräußerungen desselben nicht übereile. Es war vielleicht die klügste Handlung des Hellfeldischen Lebens, daß er diese nachbarlichen Grundstücke acquirirte, wodurch das seinige einen viel höhern Werth[329] bekam, welches sich wohl erwiesen haben würde, wär er nicht genöthigt gewesen im gegenwärtigen Augenblicke loszuschlagen. Die Eile, womit diese Angelegenheit behandelt werden mußte, nöthigt nun im Fortgange zu immerwährender Überlegung.

Erst wenn man die Räume selbst mit Augen gesehen und die Bedürfnisse des ganzen wahrhaft großen Vornehmens durchdacht und überschlagen, wird man mit Gründlichkeit darlegen können inwiefern wir des gedachten freyen Raumes noch bedürfen. Ein Laboratorium ist auf alle Fälle anzulegen und es wird die Frage entstehen, ob nicht gerade hier der rechte Ort sey, denn der Raum No. 3 hat einen Brunnen, welcher dem übrigen Theile fehlt; so kann uns auch die Scheune, zu Niederstellung mancher Geräthschaften, welche des Jahres nur einmal gebraucht werden, vielfach Nutzen bringen; anderes berühre nicht, bis nach eigner Inspection gründlicher darüber zu reden vermag. Hätte nicht Dr. Schnauß so gut mit Luden zu verfahren gewußt, so hätten wir nach des letzteren eigener Aussage vor das Haus soviel mehr bezahlen müssen, als jetzt die Baukosten betragen. Bis nun aber das Haus übernommen und dasselbe Döbereinern nebst dem ihm bestimmten Garten-Antheil übergeben werden kann, macht sich nothwendig, gedachtem Bergrath sein gegenwärtiges Quartier vor Ostern aufkündigen und seine vorläufige Einrichtung darnach[330] treffen könne. Serenissimo habe ich davon umständlichen vorläufigen Vorschlag gethan und Höchstdieselben überlassen alles unserer Überzeugung. Sind es Ew. Excellenz zufrieden, so könnte man dem Architekt Steiner den Auftrag geben, Döbereinern den Riß vorzulegen, ihm wegen seines Antheils die nöthige Erläuterung zu geben und den ihm bestimmten Gartenraum allenfalls, zur Vermeidung aller künftigen Unannehmlichkeiten, in grader Linie mit dem Gebäude abzupfählen. Hätte Dr. Schnauß nächste Woche Raum sich mit hinüber zu verfügen, so gäbe man diesem den Auftrag, daß die Handlung, ohne die eigentliche Übergabe zu seyn, ihre völlige Legalität erhielte. Vielleicht könnte Dr. Schnauß zu gleicher Zeit die 500 Rthlr., wovon er gemeldet haben wird, Hellfelden überbringen und so ginge die ganze Angelegenheit mit wenigen Schritten vorwärts. Die merita causae überdenke Tags und auch wohl Nachts, wenn der Schlaf sich so früh entfernt.

Unsere Angelegenheiten überhaupt verdienen und fordern es, Serenissimi Antheil ist groß, die Sache wichtig, sie hat guten Grund, wird doch aber für den Augenblick aus dem Stegreife behandelt. Ich werde nicht verfehlen derselben meine größte Aufmerksamkeit zu widmen. Das Currente und Bedenkliche werde gleich abthun, in bedeutenden Dingen Ew. Excellenz gütigen Rath und Beystimmung erbitten und von Zeit zu Zeit Registrande und Acten, die[331] freylich ein etwas buntes Ansehen haben, zu geneigter Durchsicht und Billigung vorlegen.

Weimar d. 5. April 1816.

J. W. v. Goethe.


26/7367.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

erlauben an diesem frohen Tage einen Morgengruß mit geziemender Anfrage:

Da ich heute zu dem Glück gelange, so bitte meinen Wunsch nach äußerer Conformität dadurch zu begünstigen, daß Sie mir auf Nachstehendes eine geneigte Auskunft ertheilen:

Die beyden Sterne werden auf die Uniform geheftet, das Band des Falkenordens über der Uniform getragen, das Band des St. Annenordens hingegen unter derselben, so daß Schleife und Kreuz an der rechten Seite hervorsieht. Ist dieses so recht, so hoffe Ew. Excellenz in solcher Gestalt nach einigen Stunden zu begrüßen.

Weimar d. 7. Apr. 1816.

Goethe.[332]


26/7368.


An Georg Friedrich von Friesen

Hochwohlgeborner Freyherr,

Hochgeehrtester Herr!

Die von Ew. Excellenz zutraulich an mich gelangte Anfrage ist sogleich mir Hofrath Meyer in ihrem ganzen Umfange durchgesprochen worden. Unsere Erwiderung dagegen konnte keine Schwierigkeit finden, da wir in das Gutachten des Herrn Professor Hartmann völlig einstimmen, wovon beyliegender Aufsatz zeugt.

Wir danken beyde für das geneigte ehrenvolle Andenken und stehen in ähnlichen Fällen immer bereit.

Es ist traurig zu sehen, wie durch Personen, denen man ein langes Leben sehr gönnen möchte, höchstschädliche vorgefaßte Vorurtheile und Irrthümer erhalten und fortgepflanzt werden, indeß an andern Orten, ja oft an demselbigen, von helleren Geistern die Wahrheit erkannt und vortheilhaft ausgeübt wird. Der Königlichen Gallerie sey zu Ew. Excellenz treuer und ernster Vorsorge und zu Herrn Hartmann umsichtiger Thätigkeit Glück und Heil gewünscht.

Sollten wir in den Fall kommen, diesen Sommer einige junge Künstler, die sich in eine höhere Sphäre sehnen, zu geneigter Aufnahme zu empfehlen, so sind wir derselben schon vollkommen gewiß und wünschen[333] nichts mehr, als aus unserm engern Kreise auch für Hochdieselben etwas Angenehmes bewirken zu können.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 8. April 1816.

J. W. v. Goethe.


26/7369.


An Christian Gottlob Voigt

Indem ich so eben mich hinsetze, Ew. Excellenz und uns allen zu dem gestern vollbrachten Fest Glück wünschen wollte, spüre ich, daß der böse Dämon, der mich verfolgt, zuletzt sich in's linke Auge geworfen und dasselbe unbrauchbar gemacht hat, woraus er denn durch medicinische und chirurgische Beschwörung zu vertreiben seyn wird.

Doch will ich nicht säumen für die freundliche Mittheilung des so wohl gefühlten und gedachten Prologs freundlich zu danken, wobey ich mir eine Frage erlaube, ob Ew. Excellenz nicht eine Sammlung dieser Productionen gemacht. Sie haben sämmtlich einen eigenen Charakter, der sich wohl aussprechen ließe und würden gewiß auf jeden Leser, besonders auf Ew. Excellenz Freunde, wenn man sie den Jahren nach vor sich sähe, den erfreulichsten Eindruck machen. Vielleicht daß die Damen durch Anregung und Mitwirkung uns damit beschenken.

[334] Mich zu fortdauernden freundlichen Gunsten, und Beykommendes zu geneigter Förderniß empfehlend

verbundenst

Weimar d. 8. Apr. 1816.

Goethe.


In dieser Woche wird eine Ausstellung der Decorationen gegeben werden, welcher ja beyzuwohnen bitte. Es ist sehr angenehm auf einmal zu sehen, wie hoch es die Theaterdecoration in verschiedenen Gegenständen gebracht.


26/7370.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

ersehen gnädigst aus der Beylage die glückliche Wiederherstellung des galvanischen Pendels; die durch den Bruch der Säule gewonnene Einsicht in das Innere derselben, ersetzt reichlich die wenigen Kosten der Wiederherstellung; sie sollen aus der Museumscasse bezahlt werden. Wegen einer größern solchen Säule, die Voigt wünscht, läßt ja sich wohl einmal mit den Professoren und Otteny Abrede nehmen.

unterthänigst

Weimar den 11. Apr. 1816.

Goethe.[335]


26/7371.


An Christian Gottlob Voigt

Vorstehende Blätter geben zu erkennen, wie die zu einem Verein aufgeforderten verschiedenen Männer sich geäußert, welches denn von einem jeden nach seinem Charakter und Denkweise geschehen.

Döbereiner unbedingt und grenzenlos willig, in Sorgen über seine Lage, von denen er nun schon befreyt ist; von Münchow, gefaßt, ruhig, verständig, richtige Ansicht, seine Erklärung der Frage angemessen.

Lenz, mit Großthaten großthuisch sich isolirend, sich selbst genügend. Voigt, wohlwillig, viel vorhabend, für den Augenblick unbestimmt. Fuchs, sorgsam, hütsam, scheu, verlegen und ablehnend.

Was aus diesen Elementen für eine kleine Welt entspringen könne, wird die Folge zeigen.

Weimar den 11. Apr. 1816.

G.


26/7372.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Werfen Sie, mein Werthester, einen Blick auf diese Blätter, damit die Lücken des Tagebuchs nach und nach ausgefüllt werden.

d. 12. Apr. [1816.]

G.[336]


26/7373.


An Carl Friedrich Zelter

Deine Briefe, mein Werthester, überraschten mich sehr angenehm in meinem Garten und gaben mir viel zu denken, ja sie erregten mich zu einer weitläufigen Unterhaltung in die Ferne; da kam Mendelssohn und da ich einmal im Zuge und er von dir empfohlen war; so sagte ich ihm was ich dir wohl gesagt haben würde, welches er wohl verdiente, da er sehr einsichtig sprach und manche Hauptpuncte der Wissenschaft, Kunst und des Lebens im Laufe des Gesprächs zur Rede brachte. Die Seinigen habe ich leider nicht gesehen, sie blieben nur einen Nachmittag hier, ich hätte sie gern heute zum Frühstück geladen und ihnen meine sieben Sachen vorgezeigt.

Vom Staatsrath Schultz hab ich einen allerliebsten Brief. Wenn die Deutschen sich einer allgemeinern Untheilnahme befleißigen und auf eine häßliche Art dasjenige ablehnen, was sie mit beyden Händen er greifen sollten, so ist der Einzelne wirklich himmlisch, wenn er treu und redlich theilnimmt und freudig mitwirkt. Grüße ihn, wenn du ihn siehst, zum allerschönsten. Seebeck in Nürnberg hält sich trefflich, und ich will gar nicht läugnen, daß es mich höchlich freut, daß ein alter und so treuer Mitarbeiter in Paris gewinne, indessen die Deutschen sich wie starre Gespenster gegen uns betragen; es ist ihnen[337] aber nicht geschenkt, ich wart nur auf schickliche Gelegenheit sie recht übel zu behandeln.

Bey unsern neuen Einrichtungen in Jena werde ich einen ganzen chromatischen Apparat aufstellen, an den noch keine Akademie der Wissenschaften gedacht hat; bey dieser Gelegenheit sollen sie allerley hören. Doch ist in solchen Dingen nichts mit Gewalt zu thun, man muß abwarten, bis eine Meinung wie eine Contagion die Menschen ergreift.

Fahre ja fort mit deinen Theater-Recensionen. Es mag freylich bey euch wunderlich aussehen, wenn man über ein so nacktes und herkömmliches Stück, wie Clavigo, nicht Herr werden kann. Ferner ist es eine rechte deutsche Art, zu einem Gedicht oder sonstigen Werke den Eingang überall, nur nicht durch die Thüre zu suchen. Ich habe Zeit meines Lebens Gelegenheit genug gehabt mich zu verwundern, daß vollkommen gebildete Personen ästhetische oder höhere sittliche Zwecke durchaus nicht anzuerkennen wissen. Ich möchte keinen Vers geschrieben haben, wenn nicht tausend und aber tausend Menschen die Productionen läsen und sich etwas dabey, dazu, heraus oder hinein dächten.

Der Faust mag euch noch in künftigen Monaten manche confuse Stunde bereiten. Wenn du fortfährst so grob zu seyn, wie gegen die unlustige gräfliche Person, so wirst du schon was zu Wege bringen; das geist- und sorgenlose Wesen der Menschen ist in solchen Fällen gar häufig. Der unglaubliche Dünkel[338] in den die jungen Leute jetzt hineinwachsen, wird sich in einigen Jahren zu den größten Narrheiten manifestiren.

Sieh doch manchmal in's Morgenblatt, dort findest du von mir einzelne Mittheilungen, die in's Ganze gehen und wovon du dir gewiß manches zueignen kannst. Es liegen überhaupt sehr viele Aufsätze bey mir; sie zu retouchiren und zu publiciren macht mir dieses Frühjahr einigen Spaß; ist es denn doch der erste Frühling, den man seit langer Zeit ohne Grauen und Schrecken herankommen sieht.

Vergangenen Sonntag hatten wir die große Feyerlichkeit der Huldigung. Die Würden, Ehren und Auszeichnungen, die uns da zu Theil wurden, sagten jedem Verständigen mit vernehmlicher Stimme, daß er sich in der ersten Zeit nicht selbst angehören werde. Mir wird indessen die heiterste Aufgabe zu Theil, mir liegt nichts ob als was ich gut verstehe, und ich fahre nur fort dasjenige zu thun, was ich seit 40 Jahren gethan habe, mit auslangenden Mitteln, großer Freyheit und ohne Qual und Hast.

In den ersten Monaten komm ich nicht von hier weg; wenn du also nach dem Rhein gehst, so richte dich ein, einige Tage bey mir zu verweilen, damit wir unsere Zustände wechselseitig aufklären und einander nützlich und behülflich seyn mögen.

Gewähre der erstandene Christ deinen Concerten und Hochzeiten allen Segen!

[339] Die letzte leere Seite mögen einige Verslein einnehmen, zu beliebigem Gebrauch.

Weimar d. 14. Apr. 1816.

G.


26/7374.


An Franz Kirms

Daß man Mad. Wieland und Dlle Bervisson jetzt gleich erkläre daß man sie behalten wolle, finde sehr billig, auch wäre zu überlegen ob man ihnen nicht noch etwas an Gage zugestehn wolle. Es sey mir erlaubt zu sagen, wir Weimarischen Theater-Vorsteher sind denn doch am Ende wie Vogelsteller, wir pfeifenden Leuten allerley Liedchen vor und wenn sie kommen, finden sie es ganz anders. Die Maxime, daß man während des Contracts nicht genöthigt werden könne Zulage zu geben, ist ganz richtig, daraus folgt aber nicht daß man keine geben dürfe, wenn man es für gut und billig hält. Das Mädchen wird sich täglich brauchbarer erweisen, ja wenn sie so fortfährt, bald unentbehrlich seyn. Damit man aber über diese Dinge nicht im Dunkeln bleibe, so wünsche Ew. Wohlgeb. ließen nächstens wieder einmal eine Tabelle der Gagen aufsetzen, damit man sieht wie diese Menschen gegen einander stehen. Was die Wiener betrifft, so fürchte ich, sie würden uns eine unbequeme Acquisition seyn.

Weimar d. 16. Apr. 1816.

G.[340]


26/7375.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeb.

erhalten hiebey in Abschrift, was Serenissimus über die englischen Mineralien notirt. Heften Sie es zu dem Übrigen.

Könnten Sie mir bald eine kurzgefaßte Geschichte unseres mineralogischen Kabinetts von der Zeit an da das Walchische acquirirt und die hiesige Kunstkammer hinübergeschafft wurde u.s.w. mittheilen? Serenissimus wünschen das Entstehen und Wachsthum Ihrer wissenschaftlichen Anstalten zu übersehen.

Der ich übrigens recht wohl zu leben wünsche und nun bald meinen Besuch abzustatten hoffe.

Weimar d. 17. April 1816.

Goethe.


26/7376.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

ersuche um die Gefälligkeit mir für 200 rh. sächs. Einlösungsscheine zu übersenden. Sodann werden zwey Assignationen zu Gunsten des hiesigen Hofschauspielers Herrn Haide, jede zu 400 rh., präsentirt werden, welche zu honoriren bitte, nicht weniger eine dritte zu Gunsten der Herrn Gebrüder Felix zu 152 rh.,[341] sämmtlich für Rechnung des Herrn Dr. Cotta in Stuttgart.

Der ich die Ehre habe mich mit vorzüglichster Hochachtung zu unterzeichnen.

Weimar d. 18. Apr. 1816.


26/7377.


An Johann Heinrich Meyer

Da mir, mein Theuerster, dran gelegen ist, daß Thomas bald in's Jägerhaus ziehe, indem, wie ich höre, auf die dortigen Räume schon speculirt wird, und ich wegen Anstellung eines neuen Dieners schon erwähnter Ursachen halben Bedenken trage; so haben Sie die Güte dieß dem Manne zu eröffnen und was der Mann etwa darauf erwidert mir etwa heute Mittag mitzutheilen.

W. d. 18. Apr. [1816.]

G.


26/7378.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeb.

Schreiben benachrichtigt mich, wie immer, von lauter guten Dingen. Ihre Frau Tochter habe gesprochen. Da Sie so reich an russischem Glimmer sind; wünschte einige Blätter, so klar als möglich, wenn auch nur in der Größe eines Kartenblates. Möchten Sie solche[342] in ein Büchelchen legen! daß sie nicht beschädigt werden.

In Hoffnung Ihre schönen Einrichtungen bald zu bewundern.

W. d. 19. Apr. 1816.

Goethe.


26/7379.


An Pauline Servière

[Concept.]

Ich würde Ihnen, meine Beste, auf Ihren werthen Brief sogleich geantwortet haben, wenn ich Ihr Verlangen ungesäumt hätte erfüllen können. Der Carton, d.h. eine genaue Zeichnung in der Größe des künftigen Bildes, mit Licht, Schatten und Farben ausgeführt, auf Papier, wird diese Tage fertig. Das Bild selbst jedoch wird nach allen Seiten hin etwas größer, wie viel, kann man noch nicht sagen. Nur erst wenn dieses entschieden, der Blendrahmen gezimmert und die Leinewand aufgespannt ist, läßt sich das genaue Maaß angeben, dieses soll baldmöglichst erfolgen. Ich hoffe, daß alsdenn alles, bey denen immer sich verlängernden Tagen, recht förderlich vorwärts geht, damit das fromme Bild zur rechten Zeit an Ort und Stelle seyn könne, um an dem feyerlichen Tage die Augen und Herzen der Gläubigen auf sich zu ziehen. Mir nur ist verdrießlich dabey, daß ich nicht sicher[343] bin, ob ich so glücklich seyn werde, persönlich an diesem schönen Feste theilnehmen. Sobald wenigstens komm ich dießmal nicht vom Hause weg, doch es ist ja noch lange Zeit bis dahin.

Möchten Sie unterdessen meine Neugierde stillen und die in Ihren Briefen enthaltenen Räthsel gelegentlich auflösen, so sollten Sie Dank verdienen. Empfehlen Sie mich den werthen Freunden, deren Liebe und Neigung ich gewiß zu erkennen weiß. Eine kleine Sendung, die leider noch nicht beysammen ist, soll nächstens abgehen. Erhalten Sie mein Andenken nach allen Seiten.

Weimar d. 20. April 1816.


26/7380.


An James Lawrence

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

überzeugen Sich, daß ich Ihr interessantes Stück mit vieler Aufmerksamkeit gelesen und ich will gestehen, daß mir selbst der Gedanke beyging, ob man nicht durch Auslassung solcher Stellen, welche allzu direct die Wirklichkeit berühren, dem Stücke eine günstige Aufnahme auf dem Theater bereiten könne. Allein ich ward zuletzt gewahr, daß da alles auf den neusten Ereignissen, Persönlichkeiten, Charakteren und Verhältnissen beruht, wenn man auch noch soviel wegnähme,[344] immer wieder ein neuer Anstoß hervortreten würde. Diese Überzeugung kann ich, selbst nachdem ich Ihr letztes verehrliches Schreiben aufmerksam gelesen und durchdacht, nicht aufgeben und beziehe mich daher auf dasjenige, was ich in meiner ersten Antwort geäußert.

Es thut mir unendlich leid, daß ich nicht nach Wunsch gefällig seyn kann. Die Aufführung jedoch eines jeden neuen Stückes von Bedeutung ist mit soviel Schwierigkeiten verknüpft und so mancher Verantwortlichkeit ausgesetzt, daß die sorgfältigste Prüfung demjenigen obliegt, welcher deshalb die Anordnung zu treffen hat.

Nehmen Ew. Hochwohlgeb. die reinsten Versicherung meiner vollkommenen Hochachtung mit Geneigtheit auf.

Weimar den 20. April 1816.


26/7381.


An Berthold Georg Niebuhr

Ew. Wohlgeboren

haben durch Ihr gefälliges Schreiben mir ein großes Vergnügen gemach, und mich aus einer peinlichen Ungewißheit gerissen. Es war über Ihre Sendung und besonders auch über Ihre Abreise so mancherley Rede, daß ich beynahe befürchten mußte, Sie seyen schon über die Alpen und ich würde das erwünschte[345] Glück nicht genießen, Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen, und ein lebhafteres Verhältniß für die Zukunft anzuknüpfen. Nun aber vermelde ich mit desto mehr Zufriedenheit, daß Dieselben mich bis zu Johanni entweder hier oder in Jena treffen werden, welches mir die angenehmste Aussicht giebt. Ich bereite mich indessen mit meinem Freunde Meyer, welcher sich zum allerbesten empfiehlt, Sie um manches zu ersuchen, Sie auf manche strittige Puncte aufmerksam zu machen und um gefällige Beachtung derselben zu bitten, damit auch wir unmittelbar theilhaft werden der gewiß herrlichen Wirkung Ihres Aufenthaltes in Italien. Auch kann nichts erwünschter seyn, als wenn Sie in der Folge uns von dorther mit Nachrichten und gefälligen Sendungen erfreuen wollen, dagegen wir ja wohl auch mit nördlichen Erzeugnissen gelegentlich aufwarten.

Den Julius Fronto kenne ich aus dem Eichstädtischen Programme und bin mit Ew. Wohlgeb. völlig der Meinung, daß es ein unschätzbares Document sey, wie ein jedes Bedeutende was irgend eine Stelle in der Kunstgeschichte einnimmt. Wenn ich denke, daß man von den frühesten Zeiten her bis auf die neusten eine Reihe geprägten Metalls zusammenlegen kann, wovon jedes seine Zeit und sein Land ausspricht, so wird man einen jeden Kupferpfennig zu schätzen wissen.

Das wichtige Werk des Quatremèe de Quincy, das den Olympischen Jupiter an der Stirne führt, wird[346] Ew. Wohlgeb. auch zu Handen gekommen seyn. Die Weimarischen Kunstfreunde haben sich auch seit vielen Jahren zu solchen Restaurationen bemüht. Der Thron des Amykläischen Apolls, die Ruh des Myrons, der Rogus des Hephästion, der Leichenwagen Alexanders, die Gemälde des Philostrats, und was sonst nicht alles, hat unsere Thätigkeit erregt und viele Vor- und Halbarbeiter liegen da. Desto angenehmer ist es nun, die Bemühungen der Franzosen zu beachten und zu beurtheilen und wieder neue Anregung auf dieser Bahn zu erleben.

Ew. Wohlgeb. Aufenthalt in Italien verspricht uns eine schöne Jahrszeit für alles was für Kunst und Wissenschaft erfreulich ist. Sie werden, mit entschiedener Einsicht, dasjenige in voller Maaße genießen, woran wir andern uns nur, als mehr oder weniger zweifelhaften Mustern, mit peinlichem Vergnügen zu bilden suchten.

Übrigens wünschen wir nichts mehr als Ihnen, in der schönen Jahreszeit, was unsere Gegend an Natur und Kunst Günstiges besitzt, vorzuzeigen, und eine geneigte Rückerinnerung bey Ihnen zu erregen.

Der ich mit empfundenster Hochachtung mich zu unterzeichnen die Ehre habe

ergebenst

Weimar den 27. Apr. 1816.

Goethe.[347]


26/7382.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

verzeihen, daß ich in so langer Zeit nichts von mir hören lassen. Zur Entschuldigung möge mir dienen, daß seit einem Vierteljahr bey uns soviel im Innern vorgegangen, daß man kaum den Blick nach außen wenden durfte. Auch hatte ich, gleich nach Empfang Ihres werthen Schreibens, begonnen, die an mich erlassene Frage etwas umständlich, wie sie verdient, zu beantworten: Ob man nämlich die Edelsteine abgeschlossen für sich behandeln, und ihnen in der Natur gewisse Entstehungsepochen anweisen könne?

Schon früher, als Ew. Hochwohlgeb. einer solchen Arbeit gegen mich erwähnten, habe ich darüber nachgedacht, kann aber nicht in's Reine kommen. Mir scheint, als wenn die Natur, wie sie im anorganischen Reiche die höhern chemischen Wirkungen niemals aufgeben kann, auch in jeder Zeit-Epoche die Veredlung an Form und Farbe pp. sich vorbehalten habe, da sie ja in den letzten Kalk- und Mergelepochen die schönsten und reinsten Bergcrystalle zu bilden vermochte. Im Ganzen wäre jedoch wünschenswerth, daß Ew. Hochwohlgeb. Ihre Bearbeitung dieses Gegenstandes an Ihre Untersuchungen über das Vorkommen überhaupt anschlössen, damit man erführe wie in den anerkannten Bildungsepochen unserer Erde auch diejenigen[348] Körper, die wir Edelsteine nennen, nach und nach zum Vorscheine kommen. Doch wird es immer schwer werden hier eine Gränze zu ziehen, weil die Veredlung an Form, Durchsichtigkeit, Härte und Farbe entweder zusammen oder doch theilweis den Mineralkörpern mehr oder weniger zukommt, sobald sie, gasförmig oder sonst aufgelöst, in Freyheit gesetzt, in den erforderlichen Räumen sich wieder zu verkörpern Gelegenheit finden. Ferner giebt es ja unter den ursprünglichen Gebirgsmassen und Gangarten solche, die gar wohl verdienen edel genannt zu werden, wie z.B. die Adulare. Im Gegentheil scheint nach den zu uns gekommenen Nachrichten der Diamant ein spätes Erzeugniß, und wenn wir bedenken, welche ungeheure Gebirge noch jetzt vom Meere bedeckt und gebildet werden; so dürfen wir vermuthen, daß noch bis auf den heutigen Tag solche Veredlungen vor sich gehen; wie wir denn auch in alten Gruben Crystalle von Rothgültigerz auf Stempeln angeschossen gefunden haben.

Nach allen diesen Betrachtungen scheint es mir schwer ein echtes Naturverhältniß aufzufinden, in welchem die Edelsteine unter sich betrachtet werden könnten. Ja wenn man bedenkt, daß sie zuerst blos aus Liebe zu Zierde und Putz zusammengestellt worden und der Türkis wegen seiner angenehmen Farbe auch einen Platz unter ihnen fand so scheint mir dieses dahin zu deuten, daß sie wohl jemand zum Gegenstand[349] seines Studiums machen könne, aber nur in empirischer Hinsicht, als etwa um des Handels willen, oder sonst aus Neigung zu der hohen Schönheit dieser Naturgegenstände. Wir haben hievon ein Beyspiel an Brückmann und dessen hinterlassenen Sammlungen; auch er konnte keine Gränze ziehen und die fremdartigsten Körper liegen in einem Schmuckkästchen beysammen.

Auf alle Fälle werden Ew. Hochwohlgeb. Untersuchungen gar manches Schöne und Belehrende zu Tag fördern, weil, wie schon erwähnt, die Hauptlehre vom Vorkommen dabey gewinnen muß, womit ich mich zu erfreuen bitte. So wie ich in der Folge zu erfahren wünsche, wie Ihre Ortsveränderungen etwa eingeleitet und beschlossen ist.

mit den aufrichtigsten Wünschen

gehorsamst

Weimar d. 29. Apr. 1816.

Goethe.


26/7383.


An Bernhard Hundeshagen

An Ew. Wohlgeboren fortgesetzter Thätigkeit habe ich nie gezweifelt, nun aber freut mich gar sehr, daß ich von Verbesserung Ihrer Zustände höre. Möge zugleich Ihre Gesundheit sich recht dauerhaft erhalten.

Mein gnädigster Herr der Großherzog läßt für den übersendeten Plan schönstens danken, und acceptirt[350] Ihren Antrag eines Entwurfs einer Specialkarte von den ehemaligen reichsritterschaftlichen, Fuldaischen auch Hessischen Districten, welche nun zu Hochdero Großherzogthum gehören.

Der Auftrag Serenissimi dieses zu überschreiben, veranlaßt mich jedoch zugleich eine vertrauliche Anfrage und Erklärung zu thun. Ich habe in ähnlichen Fällen schon oft Einstimmung eines Fürsten Geschäfte dieser Art übernehmen, deshalb nicht billigermaßen belohnt werden, weil man zweifelhaft ist, wie man solche Arbeiten etwa verhältnißmäßig honoriren solle. Darüber bleibt die Sache liegen und kommt zuletzt in Vergessenheit, wie es Ihnen selbst mit dem Maynzer Plan ergangen, ohne daß vielleicht die Schuld an der Undankbarkeit oder Nichtanerkennung läge. Habe Sie also die Gefälligkeit, mir einen Maaßstab anzugeben, wornach ich, wenn die Arbeit einlangt, wo der Werth noch ganz frisch anerkannt und der Nutzen derselben empfunden wird, sogleich Vorschläge thun könne. Von Ihren übrigen antiquarischen und künstlerischen Bemühungen bitte mir gelegentlich nach und nach einige Kenntniß zu geben.

Möge auch für Sie die Epoche des Glücks und der Thätigkeit recht dauerhaft seyn.

ergebenst

Weimar den 30. Apr. 1816.

Goethe.


27/7384.


An Carl Ludwig von Knebel

Seit undenklicher Zeit habe ich unmittelbar von dir nichts vernommen, aber durch Freunde gehört, daß du wohl und munter bist. Ich hoffte immer dir etwas zu schicken, denn es wird vielerley gearbeitet; es fehlt aber immer am Abschluß und an einer communicablen Gestalt. In's Morgenblatt hab ich manches einrücken lassen, ich weiß nicht, ob dir dieses zu Handen kommt.

Das Hellfeldische Haus haben wir wohlfeil genug gekauft; ich gönne es Döbereinern, aber ich leugne nicht, daß man es wohl selbst besitzen oder mit einem Freunde bewohnen möchte.

Von Seebeck hör ich öfters, er ist sehr thätig und die Anerkennung im Auslande muß günstig auf ihn wirken. Ich folge seinen letzten Entdeckungen und habe sie immer vor Augen. Sie sind gleichsam der Punct aufs i zu meiner Farbenlehre. Erleb ich, diese Phänomene mit jenen zu verknüpfen, so wird es für den Geist eine schöne Anschauung geben.

Angenehm ist es, die Communication zwischen England und Frankreich vollkommen hergestellt zu[1] sehen, und höchst erfreulich zu bemerken, wie umsichtig diese Nationen sind und wie sie von allem Notiz nehmen. In den Annals of Philosophy by Thomson, Januar d. I., finden sich Döbereiners Bemühungen so gut wie eines jeden andern. Die Rechenschaft, welche Thomson giebt von alle dem was 1815 in Physik und Chemie gethan worden, ist recht schön geordnet und sehr lehrreich.

Den Meßkatalog habe noch nicht gesehen; wenn du in deinem Saal-Athen von einem neuen bedeutenden Werke hörst, so zeige mir's an.

Hauptsächlich beschäftige ich mich gegenwärtig mit meiner italiänischen Reise und habe mich in der letzten Zeit gar vergnüglich in Sicilien aufgehalten. Man kann erst später, wenn viele Jahre vorüber sind, bemerken, was für Einfluß ein solches Anschauen auf's ganze Leben gehabt hat.

Daß ich soviel Briefe an Freunde, und an der Stelle niedergeschriebene Bemerkungen übrig habe, giebt auch diesem Theil der Reise ein freundliches Leben.

Cotta druckt an meinen Werken fort, mercantilische Betrachtungen hielten ihn ab früher damit hervorzutreten.

Schreibe mir doch auch einmal wieder, womit du dich beschäftigst und ob du dich bey schönen dem schönen Wetter fleißig in den Garten begiebst. In dem meinigen ist es ganz anmuthig, obgleich die Dürre alles mehr ober weniger zurückhält.[2]

Nun lebe wohl und laß dieses einen gesegneten Anfang zu erneuter Unterhaltung seyn.

Weimar d. 1. May 1816.

G.


27/7385.


An Christian Heinrich Ramann

Durch Überbringer dieses bitte mir einen halben Eymer Würzburger und einen halben Eymer rothen Elsasser gefällig aus. Die fehlenden Lücken meines Weinlagers schleunig auszufüllen, thut dießmal mehr Noth als je.

Freundlich alles Schöne wünschend

Weimar d. 2. May 1816.

J W. v. Goethe.


27/7386.


An Carl Friedrich Zelter

Deinen lieben Brief erwiedere sogleich. Es freut mich daß Wolff gefallen hat, und durch dich zu wissen wie und warum. Die Weimarischen Schauspieler gelten am meisten wenn sie mit einander wirken, es ist mir aber lieb zu hören, daß auch der Einzelne etwas vom Ganzen mit sich fortträgt.

Ao. 1803, im August kamen zwey junge Leute, Grüner und Wolff, hieher, die Gesellschaft war in Lauchstädt, ich hatte Zeit und Humor und wollte einen Versuch machen diese beyden, eh jene zurückkämen, auf einen gewissen Punct zu bringen. Ich[3] dictirte die ersten Elemente, auf welche noch niemand hingedrungen ist. Beyde ergriffen sie sorgfältig und Wolff ist davon nie gewankt noch gewichen, deswegen er auch zeitlebens die schönste Sicherheit behalten wird. Daß Grüner in Wien sich zum mächtigen Schauspieler ja zum Director aufgeschwungen, zeigt, daß auch er an einem gewissen Fundamente gehalten habe. Beyde waren mit Glauben und Neigung zu mir gekommen, der eine den Militär-, der andere den Kaufmannstand verlassend, und beyde haben es nicht übel getroffen. Vor einigen Tagen, als ich alte Papiere ausklopfte, fand ich noch das Concept eines Briefs an Wolffs Mutter, der sich auch jetzt noch recht artig ausnimmt. Zugleich das Concept von jenem Katechismus oder a b, ab; vornehmer könnte man es auch euklidische Elemente nennen. Vielleicht verführen mich diese Bogen, daß ich die Sache nochmals durchdenke. Sie gehen nicht weit hinein, denn die Gesellschaft kam zurück und nun mußte alles practisch werden.

Wir hatten aber damals soviel Lust zu leben und zu theatrisiren, daß mich im Winter ein Theil der Gesellschaft in Jena besuchte um unsere Übungen fortzusetzen. Durch den Schnee war die Schnecken impracticabel geworden, Grüner verlor das Heft, das er in der Tasche als einen Talisman trug, welches er aber einige Tage nachher wieder bekam, indem er in allen Schenken Lärm geschlagen und es glücklicherweise ein Fuhrmann aufgelesen hatte.

[4] Wenn du Dlle Maas siehst, so erinnere sie freundlicherweise an diese Geschichten, die sie auch mit erlebt hat und nicht ohne einiges Vergnügen. Ich war ihr nämlich sehr gewogen wegen ihrer großen Ruhe und allerliebsten klaren Recitation, deshalb ich einmal in einer Probe von Tell entsetzlich bös über sie wurde, weil sie sich, Gott weiß warum! maulfaul erwies. Du siehst, mich hat deine freundliche Nachricht in frühere Zeiten hingewiesen, wo das rein und richtig gewirkt wurde, was späterhin fortwirkt. So lebe ich jetzt auf eine eigne Weise in meinem Sicilianischen Leben und sehe nun jetzt erst, was zehn Wochen in diesem Lande auf mich gewirkt haben.

Nun zu einem andern Texte: Wenn man dir künftig von meiner Krankheit berichtet, so glaube es nicht, sagt man dir ich sey todt, so denke es nicht. Mit dem letzten was zu dir gekommen ist, verhält es sich freylich etwas wunderbar, deshalb merke nun auf.

Das Fest der Huldigung sollte am Sonntag Palmarum den 7. April vor sich gehen und so eigentlich der Schlußstein eines neuen Gewölbes nach vielen zerstörenden Leiden eingesetzt werden. Den 2. April wurde ich von einem wunderlichen, nicht gefährlichen, aber doch starken rheumatischen Übel befallen, daß ich mich zu Bette legen mußte, nach meiner Einsicht schien es beynahe unmöglich den 7. an meinem Platze zu seyn. Da fiel mir glücklicherweise ein Napoleontischer[5] Spruch in's Gedächtniß: l'Empereur ne connoit autre maladie que la mort, und ich sagte daher dem Arzte, daß ich, wenn ich nicht todt wäre, Sonntag Mittag um 12 bey Hof erscheinen würde. Es scheint daß der Arzt und die Natur sich diesen tyrannischen Spruch zu Gemüthe genommen haben denn ich stand Sonntag zur rechten Stunde an meinem Platze, rechts, zunächst am Thron, zugleich auch konnt ich noch bey Tafel allen mir obliegenden Schuldigkeiten genug thun. Nachher aber zog ich mich wieder zurück und legte mich in's Bette, um zu erwarten, bis etwa der kategorische Imperativ uns wieder auf Leib und Leben hervorriefe. Bis jetzt ist es auch recht gut gegangen. Ich hatte mich schon früher resignirt bis Johannis zu Hause zu bleiben, wie du es auch thun mußt, denn die vor Jahr und Tag nach außen gewendeten empirischen Gewalten wenden sich nach Gottes Willen jetzt nach innen; auch nur empirisch, aber wir müssen Gott danken daß es so ist. Wenn wir jetzt zu Hause verharren, so können wir unglaublich viel Gutes thun, weil das sich Neugestaltende immer eine unglaubliche Lust hat sich unzugestalten, um nur einen Schlendrian, über den das ungeheure Unglück uns hinausgehoben hat, wieder mit größter Behaglichkeit einzuphilistriren.

Was willst du denn nun aber sagen, wenn ich dir erzähle, daß ich in diesen Tagen auch derb gedroschen worden bin. Das gute Berka an der Ilm,[6] wo wir zusammen mit Wolf und Weber und Duncker auf so mannigfaltige Weise gelebt haben! denke dir nun erst das hübsche Wiener Clavier des Organisten Schütz, seine Sebastian, Philipp Emanuel Bache u.s.w. dieses Berka ist vom 25. auf den 26. April von der Erde weggebrannt. Mit ungeheurer Geistesgegenwart und mit Hülfe von Wohlwollenden ist das Clavier gerettet und noch manches vom Haushalt, worüber man erstaunt, höchstens in 7 Minuten: denn ein gewaltsames bey einem Bäcker aufgetriebenes Feuer warf um halb zwölf in der Nacht die Flammen rings umher. Alle des Organisten alte von Kittel in Erfurt noch erworbene Bache und Händel sind verbrannt, und bloß durch einen närrischen Zufall oder Zurichtung daß er sie aus der bisherigen Unordnung in Ordnung in eine etwas abgelegene Cammer gebracht.

Alle diese Dinge sind gewiß schon gestochen und gedruckt, zeige mir an wie ich sie bey Härtels in Leipzig oder sonst zu finden habe, denn ich möchte ihm gern von dieser Seite etwas Erfreuliches entgegen bringen. Gott segne Kupfer, Druck und jedes andere vervielfältigende Mittel, so daß das Gute, was einmal da war, nicht wieder zu Grunde gehen kann. Siehst du Geheimerath Wolf, so sag ihm das Allerfreundlichste, sag ihm aber auch daß bey diesem Brande das vermaledeyte Trompeterstückchen gerettet worden sey, durch den sonderbarsten Zufall, daß es bey mir[7] in der Stadt war, wie denn auch noch manches durch Vertheilung übrig geblieben.

Schreibe mir mit eben der Reinheit und Ruhe wie sich die Wolff präsentirt, wenn du sie ohne Vorbild siehst, oder wenn du sie öfters gesehen hast, so auch mit ihm. Ich kann mit keiner Relation einig werden als mit der deinen, ich selbst seh es nicht so gut, denn entweder ich verhalte mich productiv, d.h. ich will daß derjenige der es jetzt nicht ganz recht macht besser machen solle und ich glaube daran daß er's besser machen werde, oder ich verhalte mich umgekehrt, daß der Unglaube eintritt, daß ich verfluche was geschieht, weil ich mich schäme erwarten zu können, daß es besser werden dürfte.

Die moralische Weltordnung erhalte dich.

Weimar d. 3. May 1816.

G.


27/7387.


An Johann Isaak von Gerning

Weimar d. 3. May 1816.

Auf Ihren reichhaltigen Brief, mein Theuerster, muß ich doch baldig etwas erwiedern. Ich sehe Sie in einem sehr lebendigen Kreise, indessen ich in der Eingezogenheit lebe, und Sie bringen mir durch Ihre Erzählung so manche liebe und würdige Person vor die Seele, daß ich wohl möchte einspannen lassen um mich so guter Gesellschaft miterfreuen zu können.[8] Das wird nun aber dieß Jahr sobald nicht seyn, denn unsere neuen Erwerbungen nöthigen zu neuen Anstalten, deren Einrichtung mich wohl noch eine Zeitlang hier halten wird. Vor Zeiten ging alles seinen hübschen herkömmlichen Gang, in den letzten Jahren machte der Krieg alles stocken, in beyden Fällen konnte man sich vom Hause entfernen, nun aber soll so manches belebt werden und das thut sich so leicht nicht ab.

Das lustige Blättchen, bey dem ich mich so gerne des Mayns erinnere, liegt bereit für Sie und die treffliche Toni, der ich mich tausendmal empfehle. Möge es, wenn es ankommt, an mich zu erinnern dienen.

Mein Rhein- und Maynheft ist durch allerley Äußerlichkeiten retardirt obgleich der Druck schon seit zwey Monaten geendigt ist, nun wird es nicht lange mehr ausbleiben, denn die Leipziger Messe mahnt sehr ernstlich. Wir wollen nur sehen was dieses erste Heft für Wirkung thut, in der Folge findet sich alsdann immer Gelegenheit die Wünsche und Thätigkeiten meiner Freunde befördern zu helfen.

In diesen Tagen wird sich mit einem Empfehlungsblatte Ritter Lawrence bey Ihnen melden, sollten Sie ihn nicht schon in Weimar gekannt haben? es ist ein Engländer und sehr geistreicher Mann und wünscht in Frankfurt mit einigen Druckherrn bekannt zu werden, die vielleicht übernähmen etwas von ihm[9] zu verlegen. Führen Sie ihn da und dort ein und lassen Sie ihn von Ihrer ausgebreiteten Bekanntschaft Genuß ziehen. Er war unter den Engländern die in Verdun gefangen zurückgehalten wurden und hat den dortigen Zustand in einem Drama geschildert, das zwar nicht aufführbar ist, aber bey'm Lesen jedermann unterhalten wird. Eine deutsche Übersetzung, die er bey seinem dießmaligen Aufenthalt hier zu Stande gebracht hat, ist recht gut gerathen, das Weitere werden Sie von diesem interessanten Manne selbst hören.

Beyliegendes Blättchen enthält noch einen andern Wunsch. Sie erinnern Sich gewiß noch der artigen Frau, die nun eine Reise nach dem Rhein und Mayn zu machen gedenkt. Das gute und geschickte Ehepaar wünscht ich allen meinen Freunden empfohlen. Da Sie, mein Werthester, wissen, wer auf solche Dinge Einfluß hat, so werden Sie bald erfahren können was zu hoffen ist. Und somit leben Sie recht wohl, empfehlen mich aller Orten und Enden und lassen mich bald wieder was von sich hören.

G.


27/7388.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

möge es gefällig seyn aus beygehenden Acten und zwar der fol. 36 sqq. sich in Erinnerung zu bringen,[10] welche Vorschläge zu künftiger Einrichtung der freyen Zeichen-Anstalt gethan und gnädigst approbirt worden, welche, wenn auch im Einzelnen einiges nachzuhelfen wäre, im Ganzen bestehen werden.

Um die Sache in Gang zu bringen habe ich in beyliegendem Wochenblatt No. 27 durch den Hofrath Meyer eine Aufforderung ergehen lassen, worauf sich denn auch eine ziemliche Anzahl Schüler gemeldet, da nun aber das nächste Publicandum schon die Gestalt und Eigenschaft eines Gesetzes hat, so möchte es wohl von der Oberaufsicht pp unmittelbar zu erlassen seyn, wie denn deshalb ein Concept beyliegt, welches, wenn Ew. Excellenz es billigen, künftigen Sonnabend eingerückt werden kann, und so wäre wieder ein Schritt gethan, deren noch mehrere einzelne nöthig seyn werden, damit das Publicum nach und nach mit den Absichten bekannt und an die Ansichten gewöhnt werde. Ich hoffe es soll sich machen.

Sonntag gedenken Serenissimus nach Jena zu gehen, ich will Sonnabend dahin voraus, um von mancherley Dingen nähere Kenntniß zu nehmen. Bis dahin erbitte mir die Erlaubniß nochmals mancherley vorzutragen und einzusenden.

Erlauben Ew. Exzellenz, daß ich, nach meinem Wunsche, Ihren verehrten Nahmen mit unterzeichnen kann?

Weimar d. 8. May 1816.

G.[11]


27/7389.


An Sulpiz Boisserée

Ihr lieber Brief von Nürnberg erregt und erfreut mich, bisher war ich still weil unsere innere Staatsbewegung keine Wirkung nach außen zuließ. Auch habe ich Ihnen eigentlich nichts zu sagen, als bis Sie das Heft gelesen haben, welches sich durch technische Quängeleyen verspätete. Ferner durfte ich schweigen weil ich mich überzeugt hielt, daß Sie über Ihre Zustände nichts entschließen würden, pars infidelium kann auch pars incertorum genannt werden, denn so etwas Unsicheres und sich selbst Widersprechendes habe ich nicht leicht gesehen. Daß ich mich Ihnen zu Liebe mit Gegenständen beschäftige, die mir einigermaßen abseits lagen, ist mir zu manchem Guten gediehen und wenn ich auch durch diesen Anlaß einigen Zuspruch von außen hatte, so war er mir nicht lästig sondern lehrreich: Ich lernte bedeutende Männer kennen und ihre Denk- und Handelsweise.

Nun ist es aber sehr hübsch und ein freundlicher Zufall, daß ich einige Augenblicke nach Empfang Ihres Briefs auch die miniirte Veronika erhielt. Das Bild ist wirklich allerliebst gemacht und wird mir dienen, die Kunstfreunde zu überzeugen, daß ich nicht zuviel vom Original gesagt.

Auch jetzt enthalte ich mich manchen Wortes und es ist mir gewissermaßen lieb, daß Sie mein Heft[12] nicht vor Ihrer Reise gesehen. Zustimmung und Gegensatz bleibt um desto reiner. Mich verlangt sehr nach dem was Sie mir über oberdeutsche Kunst versprechen; es wäre wirklich hübsch wenn wir über unsere Ahnherrn in's Reine kommen könnten. Daß Sie unsern Freund Seebeck in seinem Familienkreise gesehen ist mir sehr lieb, man muß ihn als Stamm- und Hausvater erkennen, wenn man seinen ganzen Werth einsehen will.

Mit meiner dießjährigen Reise sieht es noch wunderlich aus, wenigstens kann ich vor Johannis von hier nicht weg, auch möcht ich wohl einmal einen Sommer zu Hause bleiben, ich komme sonst in meinem Leben weder mit meinen Kunstbesitzungen noch mit meinen wissenschaftlichen und andern Arbeiten zu Stande und Ordnung. Auf alle Fälle hören Sie von mir. Lassen Sie mich aber wissen, wie es Ihnen auf der Reise ergeht.

Ich bin neugierig, auf welcher Poststation Ihnen mein Heft begegnet, auch hier müßte von rechtswegen der Zufall sich einen kleinen Scherz machen. Wenn Sie nach Hause kommen finden Sie einige Exemplare.

Nun leben Sie recht wohl, sehen Sie und erwerben Sie viel Schönes und geben mir Kenntniß davon.

Weimar d. 10. May 1816.

Goethe.[13]


27/7390.


An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

Mögen Ew. Excellenz inliegende Zeddel, welches die letzten sind in Bezug auf unsere wieder hergestellten Heiligenbilder, gleichfalls autorisiren, so könnten sie ebenfalls einstweilen aus der Bibliothekscaffe gezahlt werden. Herr Geheimerath Thon zu Eisenach erhält die Acten worin die Maaße der Altarschränke verzeichnet sind. Die Kasten zum Einpacken sind fertig und die Bilder sollen nächstens sorgfältig eingepackt werden. Man sucht ein paar Rüstwagen vom Militär zu erlangen, der Transport könnte einstweilen geschehen und die Kisten im Fürstenhause niedergesetzt werden. Gegen Pfingsten ging mein Sohn und Dupont hinaus und die Aufstellung auf der Wartburg könnte geschehen, da man denn wohl die Restitution des Vorschusses erwarten dürfte.

Weimar d. 10. May 1816.


27/7391.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

gnädigster Äußerung zu Folge begebe mich heute nach Jena um dort in loco die bekannten Gegenstände aufmerksam[14] zu betrachten und zu Höchstihro Empfang einiges vorzubereiten.

Beyliegende Dubia Voigts und Ottenys sind wohl am sichersten am Orte zu beseitigen.

Die Catalogen haben auf die Bibliothek gegeben, ein Werk ist angestrichen worden.

In Hoffnung mich Ihro Gegenwart bald zu erfreuen.

unterthänigst

Weimar d. 11. May 1816.

Goethe.


27/7392.


An Carl Friedrich Zelter

Jena den 21. May 1816.

Deine lieben Briefe erhalte ich hier, die Noten, wofür der schönste Danck, erwarten mich in Weimar. Und jetzt nur einige Worte. Daß Wolfs durchgedrungen sind freut mich sehr, ihr Beyspiel wird Nutzen stiften, es wäre schön wenn du mit ihnen und den Besseren etwas für Rezitation und Declamation thätest. Wer könnte das besser als du, gerüstet mit musicalischen Kräften und Künsten. Unser Theaterwesen laß ich nicht ganz fallen, es ist aber aus zu vielerley widerstreitenden Elementen zusammengesetzt als daß Glauben Liebe und Hoffnung dabey statt fänden.

Meine Zustände, nach denen du dich freundlich erkundigst, sind auf gutem Fuße. Die Oberaufsicht[15] über alle unmittelbaren Anstalten für Wissenschaft und Kunst, ist mir mit allem anderen, dem Theater pp. geblieben. In utili et honorifico bin ich auch vorgeschritten. Mein Sohn desgleichen, den ich auf einer sehr guten Bahn, ruhig und stät vorschreiten sehe. Du siehst daß ich alle Ursache habe zufrieden zu seyn.

Ein gut Exemplar meiner Wercke hebe ich dir auf und sende es wenn es beysammen ist, sonst verzettelt sichs.

Daß du dem Epilog zu Effex deinen Beyfall gönnst freut mich sehr. Die Wolf bat mich um einen Schluß, ich wollte das nicht mit Phrasen abthun studierte die Geschichte und den Roman woraus das Stück gebildet ist. Nun hätte ich freylich eben so gut eine neue Tragödie schreiben können als den Epilog, der denn wohl gehaltreich werden mußte. Denke dir nun daß er während der drey Tage der Leipziger Schlacht geschrieben ist; so wird dir manche ahndungsvolle Zeile noch bedeutender erscheinen.

Herrn Staatsrath Schulz sage daß sein Aufsatz soeben hier in Schweiggers Journal, welches Döbereiner, in des bisherigen Redackteurs Reise-Abwesenheit, herausgiebt, abgedruckt werde. Es giebt circa 3 Bogen. Exemplare folgen bald möglichst.

Übrigens blickt man in ein wunderliches Gewirre, wenn man in die Verflechtung der politischen, moralischen, Kunst- Handwercks- und Wissenschafts-Welt[16] hineinsieht. Alle Vortheile und Nachtheile zu Einer Zeit in allen Fächern. Alles was Ausdehnung und Vermehrung erleidet vortrefflich! Was Innigung und Einigung bedürfte, nahe dem Untergang.

Von Beethoven's Schlacht hörte ich dich sehr gerne erzählen. Das sind Vortheile der großen Stadt, die wir entbehren.

StaatsR. v. Hufland hat mich sehr freundlich nach Berlin eingeladen, auf künftigen Winter, im Nahmen des Fürsten Radzivils. Dergleichen Expeditionen werden mir immer unmöglicher. Ich würde nur mir selbst und andern zur Last fallen. Mein Befinden verlangt die größte Gleichheit im Leben und Genießen.

Nun lebe wohl. Die Feder hat mich weiter geführt als ich wollte. Spare nicht Papier und Dinte gegen mich.

In meinen zwey ersten Theilen findest du manches Neue, wenn auch nicht alles singbar. Späterhin erscheinen noch allerley Späße.


NB. Die Rübchen sind glücklich verzehrt, die ComödienZettel gebunden.

G.

Geh. R. Wolf die besten Grüße.[17]


27/7393.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Jena d. 24. May 1816.

Von hier aus, wo ich mich schon vierzehn Tage befinde muß ich, freylich etwas zu spät, melden daß der Shawl glücklich angekommen ist und große Freude verursacht hat, denn er war gerade wie man sich ihn wünschte und träumte.

Nächstens bin ich vielleicht wieder so frey die Gewogenheit der lieben Freundin in Anspruch zu nehmen. Es sind gewisse Dinge, die wir hier im Mittellande, wir mögen uns stellen wie wir wollen, nicht habhaft werden können.

Indessen wünscht ich meine lieben Freunde des Tags wohl auf ein paar Stunden zu mir. Die Naturwissenschaften, die ich aus Neigung, Auftrag und Pflicht hier sorgfältig pflege, haben durch die grimmigen Kriegsjahre kaum gelitten und werden nun durch des Großherzogs Neigung, Einsicht und neuste große Reise-Erfahrungen höchlich gefördert. Die Beschäftigung hiermit würde mir noch mehr Vergnügen machen, wenn ich nicht fürchten müßte dadurch von meinen lieben Landsleuten dieses Jahr abgeschnitten zu werden. Die neue Gründung einer chemischen Anstalt fordert freylich alle Aufmerksamkeit, da man in dieser aufgeklärten Wissenschaft nur allzuschnell entdeckt, wer das Geschickte oder wer das[18] Ungeschickte thut, welches nicht in allen Fächern der Fall ist.

Wenn ich so in diesem ruhigen Saalthale, das uns zu dergleichen Betrachtungen, die von der Welt abgesondert sind indem sie die Welt enthalten, Raum und Gelegenheit giebt, an meine Freunde denke, die im städtischen und allgemeineren politischen Treiben ihre Tage zubringen, so wird es mir fast wie einem Abgeschiedenen zu Muthe; längst hätte ich Sie ersucht mir von der Lage oder von dem Schwanken unserer städtischen Verfassung einige Notiz zu geben, ich fühle aber wohl wie schwer es ist.

Mein verspätetes Heft wird nun auch anlangen, möge es gute Aufnahme finden.

Wenn Dlle Pauline Servière Ihnen 12 Carol. einhändigt, so nehmen Sie solche gefällig auf meine Rechnung. Mögen Sie mir sagen über wieviel ich in diesen Tagen allenfalls disponiren kann. Darf ich bitten mich Ihrer verehrten Frau Mutter zu empfehlen. Wird Bruder Christian nicht auch einmal wieder mit mir communiciren?

G.


27/7394.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

ersuche, da man in der Unterredung manches vergißt, auf folgende Puncte gefällig aufmerksam zu seyn:

[19] 1) Wie es mit dem Eisengehalte des übergebenen Sandsteins beschaffen seyn möchte?

2) In dem Gilbertschen Journal vom vorigen Jahre stand der Aufsatz eines Engländers, welcher die Wolkengestalten in ein System brachte. Ich wünschte das Stück zur Wiederansicht.

3) Ich habe die Bemerkung bey einem guten und unverfälschten Rheinwein gemacht, daß die erst angebrochene Flasche mit einer ziemlich hellen Farbe ausschenkt, steht sie aber angebrochen nur eine Nacht, so wird sie merklich dunkler, ohne daß sonst an ihrem Geschmack und Werth eine Veränderung zu bemerken wäre.

Jena den 2. May 1816.

Goethe


27/7395.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Jena d. 2. May 1816.

Ihr liederreiches Heft, mein Werthester, hat mir und Meyern recht angenehme Stunden verschafft. Diese Gedichte haben das Eigne, daß sie den Umstand unter welchem sie hervorgebracht worden genugsam enthüllen, ohne ihn zu verrathen. Ich hatte wohl den Schlüssel zu den meisten, aber auch bey Personen die ihn suchen müssen bringen sie gute Wirkung hervor. Ich habe es an Knebeln gesehen der für solche zarte Dinge das eigenste Gefühl hat.

[20] Diese vierzehn Tage her führte ich freylich ein beweglicher und geselliger Leben als die letzten Monate; auch sind mir schöne Aufschlüsse geworden über die Elemente der natürlichen Dinge, die jetzt mit mehr Reinheit als sonst in die Erfahrung hervortreten und sich in Zusammensetzung darthun.

Daß ich Döbereiner und somit der Chemie in Jena für ewig eine Burg erbauen kann, giebt mir eine behagliche Thätigkeit. Alle übrige Anstalten die Sie kennen sind in bester Zucht und Ordnung; alle lebendig wenn gleich nicht alle auf gleiche Weise sprossend und wachsend.

Da ich keine Bücher bey mir habe, so nahm ich aus der Büttnerschen Bibliothek nur was mir Noth that und habe mich in den Thomas Hyde zum erstenmal recht hineingelesen. Auch von der Insel Ceylon, die uns nunmehr immer interessanter werden muß, habe durch R. Knox eine hinlängliche Anschauung gewonnen und so versire ich, wie Sie sehen, immer im Orient. Brächte man nicht aber soviel Form mit sich, so wäre man verloren. Die eilf Bände Asiatic Researches sind ein Abgrund in den man sich nicht ungestraft hineinstürzt.

Verbleiben Sie in den griechischen Regionen, man hat's nirgends besser; diese Nation hat verstanden aus tausend Rosen ein Fläschchen Rosenöl auszuziehen.

Da indessen der Lebendige Recht hat, so werden nächstens hier die teutschen Turnübungen losgehen[21] und das Gespräch fängt schon an ein Pfänderspiel zu werden, wo man dem Redenden aufpaßt ob er ein Colonialwort vorbringt. Leider ist man nicht jung genug um bey dieser Gelegenheit nach einem süßen Kusse zu schnappen.

Dem Frauchen meine besten Grüße. Ich werde es ihr von Herzen danken wenn sie meinigen in diesen Momenten beysteht.

Baldiges Wiedersehn

Goethe.


27/7396.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Ew. Wohlgeboren

erhalten in einiger Zeit ein Dutzend Exemplare von dem bedeutenden und werthen Aufsatz den Sie mir früher anvertrauten. Bey meiner Anwesenheit in Jena konnte ich den Abdruck in das Schweiggerische Journal, welches gegenwärtig hier redigirt wird, befördern. Ich habe für dessen möglichste Correctheit gesorgt auch gegen den Schluß zu eine Stelle verändert und statt »auf den Würfeln« – »beym Würfeln« – gesetzt. Die Sache verhält sich wie ich mich deren erinnere und sie auslege folgendermaßen: Ein König von Frankreich würfelt mit seinen Hofleuten. (Auf einem rothsammtnen Teppich.) Der König sieht scharf auf die Würfel wie beym Zusammenzählen geschieht. Der Gegenspielende nimmt die Würfel[22] schnell weg und der König, der den Ort wo sie gelegen noch immer fixirt, sieht die Spectra derselben dunkelroth und hält sie für Blutstropfen. Der Versuch ist leicht nachzumachen. Der Sammt darf nicht allzudunkel seyn.

Ich wünsche daß Sie die interessante Region des Farbenspiels nicht verlassen, sondern mir von Zeit zu Zeit neue Bemerkungen mittheilen mögen.

Die von Seebeck entdeckten entoptischen Farben haben mich sehr beschäftigt. Mir scheint daß man hier dem Geheimniß der physischen Farben mehr auf die Spur kommt.

Möge ich bald vernehmen daß Sie Sich wohlbefinden und meiner freundlich gedenken.

ergebenst

Jena, den 2. May 1816.

Goethe.


27/7397.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

möge gefällig seyn mit inliegendem Communicat die letzte Museums-Rechnung an Großherzogliche Cammer zur Revision gelangen zu lassen, damit sie quoad formale untersucht werde. Den materialen Theil habe genau betrachtet und entwickelt. Überall geht es seinen regelmäßigen Gang, nur Lenz hat in der[23] Freude seines Herzens über die Schnur gehauen. Freylich ist es aus einem höhern Standpuncte genommen nicht der Mühe werth, es muß doch aber auch in den Theilen Zucht und Ordnung seyn. Das Probejahr mag hier seine Kunst beweisen. Mit diesem Wenigen mich andringlichst empfehlend

Jena d. 25. May 1816.

Goethe.


27/7398.


An von Schmidt

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

die Ankunft des mir gesendeten ehernen Basreliefs früher dankbar anzuzeigen bin ich durch mancherley Umstände verhindert worden. Jetzt da ich meine Briefschulden sichte, so fällt mir diese am schwersten auf.

Über gedachtes halberhobenes Werk getraue mir Folgendes mitzutheilen. Abgüsse in Gyps sind mir schon bekannt. Das Werk ist von Künstler geschätzt, und man traf es früher mehr als gegenwärtig in ihren Arbeitszimmern. Composition und Behandlung deuten auf die Zeiten von Bernini und Algardi, und man dürfte es letzterem Künstler vielleicht zuschreiben. Wenn das Exemplar, das sich in Ihrer Nähe befindet, so große und einnehmende Vorzüge hat, so möchte es wohl ein Originalguß aus der Zeit selbst seyn, den[24] der Künstler mit dem Grabstichel und sonst sorgfältig ausgearbeitet, weshalb es denn als ein achtenswerthes Kunstwerk angesehen werden müßte. Ich besitze selbst verschiedene Arbeiten dieser Art die mir sehr werth sind.

Die Aufmerksamkeit Ew. Hochwohlgeb. mich mit diesem Gegenstand bekannt zu machen und meine Gedanken darüber zu vernehmen, ist mir doppelt werth, da ich die hohe Achtung, welche Ihro Königliche Hoheit der Großherzog für Dieselben hegen, aus dieses vortrefflichen Fürsten eignem Munde vernommen. Haben Sie die Gefälligkeit meiner fernerhin zu gedenken und wenn irgend etwas von neuentdeckten Alterthümern oder Naturmerkwürdigkeiten bekannt wird, mir davon gefällige Mittheilung zu geben. Vielleicht haben wir auf der Rückreise das Glück uns der Gegenwart Ihres hoffnungsvollen Prinzen und der Ihrigen zu erfreuen.

Jena d. 25. May 1816.


27/7399.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

vermelde mit Vergnügen, daß der sämmtliche Transport glücklich und unbeschädigt zur größten Zufriedenheit meines gnädigsten Herrn des Großherzogs[25] angekommen und da Höchstdieselben so eben nach Meinigen zur Vermählung des Herzogs Bernhard abreisen, so erhalte ich den Auftrag Ew. Hochwohlgeb. den verbindlichsten Dank vorläufig abzustatten.

Die Kisten mit Naturalien wurden sogleich nach Jena geschafft, wo bey dem Auspacken alles im besten Zustand befunden ward, so wie denn auch die verschiedenen Gegenstände in ihre Kabinetts-Abtheilungen gebracht wurden, welche dadurch eine seltene Zierde und Bereicherung erhielten.

Für dießmal sage ich nicht mehr und füge nur noch meinen lebhaften Dank für die auch mir bey dieser Gelegenheit zugegangene Belehrung und Ergötzung bey. – Mich zu geneigtem Andenken angelegentlichst empfehlend.

Jena d. 25. May 1816.


27/7400.


An den Großherzog Carl August

Die Anstellung eines Hof-Bildhauers in Weimar ist eine für den Fürsten sowohl als für den Künstler so bedeutende Sache, daß ich keinem Anstand nehme, meine Gedanken darüber aufrichtig und umständlich darzulegen.

Der genannte Bildhauer Kaufmann wird ein Mann etwa in den vierzigen seyn. Er hat Frau[26] und Kinder. Soviel mir bekannt geworden ist er geschickt, auch zeugt dafür seine Anstellung in Canova's Werkstatt. Erhält er daselbst nicht gar 500 rh. unseres Geldes; so kann er dafür in Rom, bey schmaler italiänischer Einrichtung, mit Familie leben, wird ihm aber auch dasselbige in Weimar verwilligt so wird er dadurch keineswegs gefördert seyn.

Ich vermuthe der gute Mann hat vom Ableben des Hof-Bildhauer Weißer gehört und denkt sich, es sey eine Stelle erledigt, wie man sie an königlichen und fürstlichen Höfen zu finden gewöhnt ist. Sie setzt eine ausreichende Besoldung voraus, nächst dieser ein hinreichendes Local, Material, Werkzeuge, ja Gesellen und Gehülfen und besonders immer fortdauernde Bestellung und Arbeit.

Von allen diesen ist nichts bey uns zu finden. Klauer, zwischen Künstler und Handwerker viele Jahre rüstig und thätig, genoß einer Besoldung von 300 rh. Zu jener Zeit waren ansehnliche Wohn-Räume in Weimar zu finden. Neigung, ja Leidenschaft, die Gestalt geliebter und verehrter Personen in Gypsbüsten zu besitzen, war an der Tagesordnung, und selbst die lästigen Kragsteine, worauf dergleichen von den Wänden umherschauten, gaben dem Gießer einigen Gewinn. Wie weit Klauer die Verbreitung plastischer Arbeiten in Gyps und Thon getrieben bleibt noch unvergessen. Seine Söhne haben sich von diesen Gegenständen abgewendet und würden, auch[27] mit Willen und Vorsatz, die Fußtapfen des Vaters nicht wieder finden können.

Der Schloßbau brachte Tiecken nach Weimar, das Löbliche was er gethan steht vor aller Augen; aber kaum war der Bau vollbracht, so mußte er sich entfernen, weil keine Beschäftigung für ihn hier am Orte sich denken ließ. Mit bedeutenden Bestellungen begünstigt setzte er sich in die Carrarischen Marmorbrüche, in das Element des Bildhauers, wo ihm Natur, Handwerk und mittlere Kunst in die Hände arbeitet.

Tieck ließ den unglücklichen Weißer zurück. Dieser besaß ein sehr schönes Talent, aber einen in sich gekehrten und unerfreulich oft hervortretenden Wiedersprechungsgeist. So war er auch unsicher und willkürlich in dem was er that. Er veränderte an einer Büste Stellung, Haare, Kleidung ohne Ursache und Glück, im Thon, im Gyps, ja theilweise im Marmor. Er wußte sich daneben weder Gönner zu machen noch zu erhalten, hatte die unglücklichsten Zeiten mit zu ertragen. Mit einem geringen Gehalt, aus den ehemaligen Tieckischen Werkstätten vertrieben, nachdem er von Zeit zu Zeit beengt worden, zog er sich in's Engste zurück, (ich habe ihn eine Marmorbüste im Holzstall arbeiten sehen) und so versank er nach und nach in die tiefste Hypochondrie. Der Bart, den er sich zu seiner Unterhaltung wachsen ließ, entfernte ihn noch mehr von den Menschen und so ergriff[28] er den Entschluß sich zu entleiben gerade im Augenblick wo für alle, also auch für Künstler eine bessere Zeit hervortrat. Und hiemit war in Weimar der letzte Junke von dem was man Plastik nennen möchte, sowohl als selbstbildend als auch als nachbildend, durchaus erloschen.

Man sieht daraus, daß die Stelle keine Hof-Bildhauers hier niemals existirt hat. Klauer war ein begünstigter Privatmann, zu seiner Zeit und nach seiner Art glücklich, Weißer einsam, einzeln, unbegünstigt in einer von außen höchst unglücklichen Zeit von innen höchst unglücklichen Gemüths.

Die Stelle eines Hofbildhauers ist also ganz neu zu gründen, worüber ich mir das Weitere zu äußern vorbehalte und nur das Einzige hinzufüge, daß man einen solchen Mann wohl berufen, bezahlen und auch sonst die nöthigen Hülfsmittel verschaffen könne, aber daß es bey uns schwer, ja unmöglich sey ihn auf mehrere Jahre und in der Folge, (es giebt keine folgerechtere Kunst als die des Bildhauers,) zu beschäftigen.

Hierauf gründe ich mein unmaaßgebliches Gutachten, daß man dem wackern Mann gegenwärtig keine weitere Hoffnung mache, sondern daß man ihn bescheide: er möge sich's bis man ihm annehmliche Bedingungen machen könne in seiner gegenwärtigen Lage gefallen lassen.

Jena d. 26. May 1816.

G.[29]


27/7401.


An den Großherzog Carl August

Da ich in meinem Vorigen gesagt habe: daß keine Kunst mehr folgerecht sey als die des Bildhauers so ist es hier nun Angelegenheit zu zeigen, wie wir einen Mann der gegenwärtig in Rom, in Canova's Atelier, gewiß an seine rechte Stelle, von dem Ober-Meister angewiesen nicht wohl zu uns berufen und nur einigermaßen zu seinem Behagen beschäftigen und belohnen können. Eine Büste nach der Natur in Thon, zu bilden und in Gyps auszugießen ist ein Nothbehelf des Plastikers und selbst dergleichen werden weniger verlangt als vor Jahren.

Wer begehrt, wer bestellt eine Marmorbüste? und geschähe es, so würde der Künstler immer in Verlegenheit seyn, denn wie schwer es hält einen Marmorblock bis nach Weimar zu bringen, haben wir schon erfahren, und ob alsdann dieser einzelne Block nicht irgend einen Fehler, Sprung oder Flecken habe, kann niemand als unter der Arbeit erfahren. Ein Künstler wie Kaufmann steht in Canova's Werkstätte gewiß auf seinem Platz, ihm wird durch Handwerker und Unterkünstler entgegen gearbeitet, wie er das ihm Aufgetragene des Obermeisters letzter Hand entgegen zu führen strebt. Er gewinnt seinen täglichen, freylich mäßigen, Unterhalt, aber mit Behagen. Wie soll es ihm hier zu Muthe werden? Da er kein Material,[30] keine Vorarbeiter und keine Leitung des Meisters, weder hinter sich noch vor sich sieht.

Nun frage man von unserer Seite, weshalb wir ihn berufen, was wir von ihm verlangen? so wüßte ich darauf keine Antwort zu geben; denn die Anlage, die Einrichtung und Gründung einer Bildhauer-Werkstatt, blos um einiger Büsten willen, zu verfügen, möchte doch wohl allzusehr gewagt seyn. Ein Künstler, der zwecklos angestellt wird, muß sich Zwecke suchen so und erfinden und da ist der Bildhauer vielleicht gefährlicher als ein anderer.

Bey denen Bauten die wir vorhaben sind noch gar viele Mittelkünstler nöthig bis es eines Bildhauers bedarf. Quadratoren, Lustristen, Stuckatoren Staffiermahler u.d.g. werden für stattliche Privathäuser die wünschenswerthesten seyn; Bildschnitzer, Bronzirer, Vergulder, alle dergleichen Menschen wären nach und nach wie die Gebäude wirklich wachsen mit mäßigen Bedingungen heranzuziehen, wo es zu thun giebt, gewinnt der Handwerker und Künstler ohnehin.

Man denke sich nun aber Weimar durch neue Baue nach Hoffnung und über Hoffnung belebt, so wird an den Bildhauer nicht leicht die Reihe kommen gerufen zu werden. Ist er einmal da, so muß er sich aus Noth und Gefälligkeit herunterwürdigen und das ist keine Existenz die ich ihm anbieten möchte.

Bedenkt man nun auch die schweren Reisekosten und so manche andere Zufälligkeiten, so möchte man[31] wohl die Anstellung eines solche Mannes auf spätere Zeit verschieben.

Jena d. 27. May 1816.

G.


27/7402.


An Luise Seidler

[Jena, den 27. May 1816?]

Ändern Sie, liebe Freundin, nichts an dem Bilde, bis wir die Sache nochmals besprechen. Am besten wäre es, Sie besorgten einen Streifen Papier, so groß als der Raum des Pflasters, und wir verabredeten einen genauen Carton. Die Sache ist schwieriger als man denkt. Gestern Abend war es wirklich recht schön.

Alles Gute!

Goethe


27/7403.


An Johann Diederich Gries

Ew. Wohlgeboren

haben mich aus dem regnichten Jena auf einmal in die heiterste Gegend geführt, und bis in die tiefe Nacht hat mich Ihr Calderon festgehalten, Ich bewundere auf's neue dieses außerordentliche Talent und das mit desto mehr Behaglichkeit, als Sie uns Geist und Wort so glücklich überliefern.

In ein herrliches, meerumflossenes, blumen- und fruchtreiches, von klaren Gestirnen beschienenes Land[32] versetzen uns diese Werke, und zugleich in die Bildungsepoche einer Nation, von der wir uns kaum einen Begriff machen können. Hier wirkt besonders der Magus kräftig und es ließe sich aus ihm der Zustand der Schule und Kirche, so wie der des Gemeinlebens jener Zeit gar wohl entwickeln. Vielleicht gelingt mir etwas von der Art, wodurch auch Ihr trefflich Unternehmen gefördert werden könnte; denn das Interesse des deutschen Tages möchte wohl von dem Interesse jenes Zeitpunctes sehr verschieden seyn.

Noch Eins füge ich hinzu, daß mein Aufenthalt im Orient mir den trefflichen Calderon der seine arabische Bildung nicht verleugnet, nur noch werther macht, wie man edle Stammväter in würdigen Enkeln gern wiederfindet und bewundert.

Soviel für dießmal. Vielleicht glückt es mir bald etwas Weiteres mitzutheilen.

Mit den besten Wünschen

ergebenst

Jena d. 29. May 1816.

Goethe.


27/7404.


An Gottlob Wilhelm Ernst Kühn

[Concept.]

Einen kleinen Auftrag, der für mich aber von Bedeutung ist, übergebe hiermit werthester Herr Rent-Amtmann, zu sorgsamer Beachtung.

[33] Bey Inspector Bischoff liegt ein emballirtes Kistchen mit zerbrechlicher Waare, H. D. S. X gezeichnet, welches nach Berlin durch einen Fuhrmann, wie beyliegender Frachtbrief ausweist, transportirt wünsche.

In Jena giebt es ja wohl Gelegenheit zu dergleichen unmittelbarem Transport, denn ich wünschte freylich nicht, daß es unterwegs abgeladen und dadurch in Gefahr gesetzt würde. Möchten Sie Sich hiernach bey einem Handelsmann umthun und gedachten Ballen sicher weiter schaffen, so würde mir dadurch ein besonderer Dienst geschehen.

Weimar d. 30. May 1816.


27/7405.


An Christian Heinrich Ramann

Sie erhalten, werthester Herr Ramann, durch die fahrende Post 200 rh. Sächs. auf Abrechnung. Wollen Sie mir den Empfang gefällig melden und einen Eymer guten reinen Wertheimer bald möglichst überschicken. Auch wünschte einige Flaschen Malaga bald zu erhalten.

Der ich recht wohl zu leben wünsche

Weimar d. 30. May 1816.

J. W. v. Goethe.[34]


27/7406.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

belieben aus Beykommendem gefällig zu ersehen, was bey meinem Aufenthalte in Jena gewirkt worden.

Ich habe die darauf bezüglichen Papiere in Tecturen gesondert, um die Übersicht zu erleichtern. Sobald ich sie zurück erhalte, werden die Exhibita nummerirt, in die Registrande eingetragen und zu den verschiedenen Acten geheftet. Es läßt sich voraussehen, daß eine fortgesetzte Aufmerksamkeit binnen Jahresfrist eine entschiedene Ordnung bewirken kann.

Über die gestrige Sendung nächstens einige Worte so wie mündlich über gar manches zu verhandeln seyn wird.

Mich andringlichst empfehlend

Weimar d. 30. May 1816

Goethe.


27/7407.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit, da die Versuche mit ausgezogenen Pflanzensäften fortzusetzen gedenke, mir dazu die erforderlichen Reagentien mit einer kurzen Direction zu dem Gebrauch zu übersenden. Die Resultate theile mit und wünsche daß die Hausreparatur schnell[35] und der Einzug glücklich von Statten gehe. Der ich recht wohl zu leben wünsche

Weimar den 1. Juny 1816

Goethe.


27/7408.


An Friedrich von Schuckmann

Ew. Excellenz

haben die ersten Proben meines Rhein- und Maynheftes so freundlich aufgenommen, daß ich für Schuldigkeit erachte, nunmehr auch das Ganze Ihrer Gunst und Gewogenheit zu empfehlen. Sollte es geeignet seyn irgend etwas Gutes zu wirken, so ist durch die Verspätung nichts versäumt, denn obgleich manches darin Gewünschte sich schon ereignet, so bleibt doch noch gar vieles einer von glücklichen Umständen begünstigten Thätigkeit überlassen.

Der Wunsch, Ew. Excellenz einmal wieder aufzuwarten und das auf so manche Weise und auch durch Kunstwerke wieder verherrlichte Berlin zu besuchen, ist ein Wunsch dessen Befriedigung ich kaum hoffen darf. Erst nach wiedererlangter Friedensruhe fühlt man was während des Kriegestaumels versäumt worden und findet sich in seinen Kreis gefesselt.

Wie dem auch sey! mögen Ew. Excellenz mich und das Meinige immer in gütigem Andenken erhalten

gehorsamst

Weimar d. 1. Juny 1816.

J. W. v. Goethe.[36]


27/7409.


An Heinrich Friedrich Carlvom und zum Stein

[Concept.]

Ew. Excellenz

genehmigen die Sendung eines Heftes das Ihnen seine Entstehung verdankt. Der langsame Gang neuer Zeitereignisse entschuldigt die Verspätung dieser Blätter, welche zu früherer und rascherer Wirkung bestimmt waren. Und obgleich manches darin Gewünschte sich schon ereignet so bleibt doch noch gar vieles einer von glücklichen Umständen begünstigten Thätigkeit überlassen.

Vor einem Jahr um diese Zeit hatte ich das Glück mich schon in Ew. Excellenz Nähe zu befinden, wann es mir dieß Jahr werden möchte sey ich noch nicht ab. Erst nach wieder erlangter Friedensruhe fühlt man was während dem Kriegstaumel versäumt worden und findet sich in seinen Kreis gefesselt.

Von Zeit zu Zeit habe ich das Vergnügen zu erfahren daß Ew. Excellenz freundlichst meiner gedenken. Ich erkenn es dankbarlichst und bitte mich fortgesetzt mit Geneigtheit zu erfreuen.

Weimar d. 1. Juny 1816.[37]


27/7410.


An August Claus von Preen

Ew. Hochwohlgeboren

erfreuliches Schreiben erhielt ich zugleich mit einem von Herrn Director Schadow. Mir war es ein sehr erwünschtes Ereigniß, daß dieses bedeutende Geschäft auf eine so entschiedene Weise seinen Fortgang nimmt. Die an mich ergangene Frage, bey welcher man mir behauptet, die Ehre der Entscheidung überläßt, verfehle daher nicht nach meiner Überzeugung zu beantworten.

Da es einmal zur Sprache gekommen, ob nicht die Statue mit acht Fuß zu klein seyn könne; so dürfen wir die im Contract nachgelassene Erhöhung zu neun Fuß nicht aufgeben. Wenn man auch in solchem Falle weder mit den nahstehenden Gebäuden noch mit dem Gewölbe des Himmels wetteifern will, so wird es doch wohlgethan seyn, dieser Statue, die aus ziemlicher Ferne gesehen werden soll, eine der menschlichen Natur nicht gegönnte Größe zu verleihen. Macht man die Statue neun Fuß hoch, so hat man alles gethan was zu fordern ist, und die Argumente die man dem entgegensetzen dürfte, der mehr verlangt, ergeben sich von selbst.

Eins noch füg' ich hinzu aus optischen Gründen. Es ist zu wünschen daß eine Statue von Erz, welche immer ein dunkles Ansehn behauptet, so groß sey, daß sie im Auge etwas verlieren könne, weil der dunkle Körper gegen hellen Grund immer kleiner erscheint

[38] Noch eine Bemerkung sey mir erlaubt. Ob ich gleich nicht weiß, inwiefern sich die Blutstraße gegen den Hopfenmarkt wagerecht verhält, wahrscheinlich aber der Unterschied in Betrachtung des flachen Erdreichs nicht groß ist; so wird demohngeachtet immer räthlich seyn, den Sockel des Piedestals noch um wenigstens einen Fuß zu untermauern und von allen Seiten das Pflaster heranzuführen. Auf das mehr oder weniger kann nur Einfluß haben, inwiefern das Terrain von allen Seiten gegen den Standort der Statue steigt oder fällt. Es ist dieß eine Sache des Geschmacks die ein Baukünstler wohl gleich ausmitteln wird, aber eine Hautbetrachtung, weil der letzte Effect hievon abhängt.

Daß Herr Hofrath Hirt der Berathung bey diesem wichtigen Werk sich unterzieht, ist höchst erfreulich und dankenswerth.

Inschriften in deutscher Sprache sind schwierige Aufgaben; scheint mir etwas zu gelingen, so sende solches zur Beurtheilung.

gehorsamst

Weimar, d. 2. Juny 1816.

J. W. v. Goethe.


Beyliegendes Schreiben an Ew. Hochwohlgeboren war gesiegelt, als das Heft bey mir anlangte, welches durch meine vorjährigen Reisen am Rhein und Mayn verursacht worden. Ich enthalte mich nicht es zugleich zu übersenden, da man sich gern überzeugt, daß[39] Deutschland nach allen Himmelsgegenden Kunstschätze zu würdigen und Kunsterzeugnisse zu befördern auf dem Wege geneigt ist.

Da mein zu Sendendes hiedurch eine Art von kleinem Päckchen wird, so lege noch ein Steinmuster bey mit folgender Bitte.

Unter den Mustern die von Mecklenburgischen geschliffenen Tafeln oder Platten uns zu Theil geworden, befindet sich auch beygehendes, welches für mich in geologischem Sinne von großer Bedeutung ist, und wovon sich auch hier auf dem großherzoglichen Schlosse eine Tafel befindet. Sollte bey denen Arbeiten, welche zu dem Piedestal der Statue nöthig sind, diese Steinart vorkommen, oder sonst auf der Schneide- und Schleifmühle sich eine dieser Art finden, so ersuche ich Ew. Hochwohlgeb. sie für mich anzuschaffen. Sehr angenehm wär es, wenn größere Theile von fremdartigen Geschieben darin enthalten seyn könnten. Dabey würde es für mich von gleich großem Interesse seyn, wenn rohe Bruchstücke oder Abfälle dieser Ar mir zugleich zu Theil würden.

Verzeihen Ew. Hochwohlgeboren dieses ganz besondere Ansuchen: eine ernste Liebhaberey aber in einem gewissen Fach entschuldigt auch die Unbequemlichkeit welche Gönner und Freunde zu erdulden haben.

gehorsamst

Weimar d. 2. Juny 1816.

Goethe.[40]


27/7411.


An Johann Gottfried Schadow

Ew. Wohlgeboren

ersehen aus der Abschrift meines Schreibens an Herrn von Preen wie ich mich über die Angelegenheit geäußert, zu deren glücklichem Fortgang ich gratulire.

Den 9. Fuß der Höhe durften wir nicht ablehnen, weil wir uns sonst wegen der Wirkung verantwortlich machten.

Daß Herr Hofrath Hirt in dieser Sache assistirt, ist höchst wünschenswerth und erfreulich. Grüßen Sie mir den wackern Freund recht vielmals.

Zu der Giustinianischen Gallerie und andern guten Kunstwerken ist Berlin Glück zu wünschen. Der Catalog ist zu mir gekommen und frischt mir und Hofrath Meyern die alte Erinnerung an. Leider will die Hoffnung nach Berlin zu kommen sich nicht recht begründen.

Zwey Vischerische Apostel, von den meinigen, warten in Jena, wohl eingepackt, auf eine glückliche Fahrt, ich hoffe sie sollen in diesen Tagen abgehen. Des Künstlers kleines Bild ist mir von Nürnberg versprochen, sobald es ankommt, macht es sich auf den Weg. Setzen Sie es unter Ihre Laren als Zeugen eigner bedeutender Erzarbeit.

Mit der Rückseite jener Medaille bin sehr wohl zufrieden, verzeihen Sie die Bemühung, die Ihnen dadurch zuwächst.

[41] Gedenken Sie mein unter Freunden, und lassen mich von Zeit zu Zeit den Fortgang Ihres bedeutenden Unternehmens erfahren.

ergebenst

Weimar d. 2. Juny 1816.

J. W. v. Goethe.


27/7412.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

die Acten wegen des Hauses auf der Esplanade zu übersenden, nehme mir die Freyheit. Vielleicht veranlassen dieselben den Cammer-Consulent, Dr. Schnauß, dem ohnehin die Angelegenheit ganz gegenwärtig seyn muß, den Bericht an Serenissimum aufzusetzen. Das Sondern, Eintragen und Einheften der Jenaischen Expedition verlangt meine ganze Aufmerksamkeit, und der Bericht macht sich doch auch nöthig.

Meine Neigung zu orientalischen Zierrathen überwindet die Scham, Ew. Excellenz des Pracht-Exemplars zu berauben und eine eherne statt goldener Rüstung auszuwechseln. Gestern Abend habe ich das Werk nochmals recht sorgfältig durchgesehen; es ist, soviel ich zu beurtheilen vermag, mit Gründlichkeit und gutem Geschmack ohne prunkende Gelehrsamkeit verfaßt. Haben wir denn ein solches Specimen von Herrn Gesenius und sollte man denn jenen Herrn auf[42] ihr Wort glauben, da gerade ja der Mann fehlt der hier ein giltiges Urtheil fällen könnte?

Den Pacht-Contract mit Döbereinern bitte zu unterzeichnen. Das jenseitige Exemplar wird dagegen aus gewechselt.

Hier folgt auch ein Rhein- und Maynheft zu geneigter Aufnahme. Ich bin neugierig was von den darin enthaltenen frommen Wünschen sich nach und nach realisirt.

gehorsamst

W. d. 2. Juni 1816.

Goethe.


27/7413.


An Johann Friedrich Cotta

Unsere gemeinsamen Geschäfte sind nunmehr zu einer Epoche gediehen, welche durch einen umständlichen Brief zu bezeichnen sich wohl geziemt.

Sie zu Jubilate bey uns zu sehen habe gewünscht und gehofft, bis das eingelaufene Schreiben mir das Gegentheil meldete. Sehr gern hätte über so manches gesprochen und mich zugleich von Ihrem Wohlbefinden überzeugt.

Das Reihn– und Maynheft ist denn endlich auch, nach überwundenen mancherley Hindernissen, vom Stapel gelaufen und scheint sich einer guten Aufnahme zu erfreuen. Von Herrn Frommann habe davon erhalten[43]

Velin 25 Exempl.

Schreibpapier 15 Exempl.

Die erste Lieferung meiner Werke habe nun auch in zwey Sendungen erhalten und zwar

Velin 20

Schreibpapier 24 Exempl.

Zwölf Exemplare weißes Druckpapier waren zufällig in den einen Ballen gerathen und sind dem Buchhändler Hoffmann auf sein Verlangen übergeben worden, indem er versicherte, daß er mit Ihrem Commis deshalb Verabredung getroffen habe.

Für die baldige Nachricht, der 9. Band sey angekommen, danke zum schönsten, der 10. folgt nächstens.

Was die Anstände und Bedenklichkeiten des Herrn Revidenten betrifft, so ist damit ganz recht verfahren worden und ich danke für die Aufmerksamkeit. Wegen der Interpunction lege ein Blatt bey. Einige in den zwey ersten Bänden bemerkte Druck- oder Schreibfehler sende nächstens, vielleicht zeigen wir solche im Morgenblatt an.

Mögen Sie mir das Original der zwey ersten Bände schicken, so könnte es mir nützlich seyn.

Da Herr Frommann die italiänische Reise wegen Mangel an Druckergesellen nicht fördern können, so habe ich das Manuscript wieder zurückgenommen, indem der eintretende Sommer und eine wahrscheinliche Abwesenheit mich hindern würde die Revision zu besorgen, auch ist Professor Riemer, der mir hierin[44] beysteht, gar sehr beschäftigt. Ich überlege ob es nicht besser bey Ihnen das Manuscript da es sehr reinlich ist zuzusenden. Ein aufmerksamer des Italiänischen kundiger Corrector würde der Sache genug thun.

Nächstens gehen auch die für den Damencalender bestimmten Gedichte des Divans ab. Ich werde suchen die zartesten herauszuheben und durch Stellung zu verbinden. Andere aus dem Buche des Unmuths und des Schenken können gelegentlich im Morgenblatt erscheinen.

Der doppelt große Verlust, den ich dieses Jahr durch den Tod der Erbgroßherzogin von Mecklenburg und der Kaiserin von Österreich erlitten, hat mich so getroffen, daß mein poetisches Talent darüber verstummt. Vielleicht erlaubt mir die Zeit mich deshalb auszusprechen. Vorstehendes mit den Beylagen war schon einige Posttage verspätet. Ich eile daher mit dessen Absendung ob ich gleich noch manches zu sagen hätte.

ergebenst

Weimar d. 3. Juny 1816.

Goethe.


[Beilage.]

Die Interpunction betreffend, äußere Folgendes. Es hat sich in der deutschen Schrift, dadurch daß man mehr liest als hört, die Gewohnheit eingeschlichen viel zu viel Commata zu machen. Wie[45] schädlich dieses dem lebendigen Vortrag sey hab ich seit dreyßig Jahren nur allzusehr bemerken können, indem ich mir die Mühe gab Schauspieler auszubilden.

Z.B. Glaubst du denn, daß sie dich liebt! – Hab ich dir nicht gesagt, daß ich nicht kommen kann? Diese hier roth gezeichneten Commata sind es die ich möglichst weggestrichen habe, weil sie den Schauspieler, den Vorleser zu einem gehackten Vortrag verführen. Denn wenn es gleich Fälle giebt, daß man an einer solchen Stelle etwas anhält, so entspringt doch eine solche Pause aus dem Gefühl, nicht aus dem Sinne, welcher allein durch die Interpunction zu bezeichnen ist, wie denn ja in Versen die Cäsur nicht immer einen Sinnesabschnitt macht. Doch bin ich hier nicht pedantisch und lasse dem Herrn Corrector die völlige Freyheit in gewissen Fällen nach eignem Urtheil ein Comma herzustellen.

Weimar den 9. May 1816.

Goethe.


Hierbey eine Berechnung zu gefälliger Ansicht und Prüfung, mit dem Ersuchen, was ich noch etwa schuldig und was mir zu gute kommt, gelegentlich zu notiren.

Mögen Sie mir für das Rhein- und Maynheft 500 rh. zu gute schreiben, erkenn ich es dankbar.

Weimar d. 3. Juni 1816.

Goethe.[46]


27/7414.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Weimar d. 3. Juny 1816.

Nehmen Sie, mein Theuerster, beykommendes Heft freundlich auf. Sie und der liebe Bruder kennen den Inhalt da er aus ernstlicher und wohlwollender Unterhaltung entsprungen ist. Mögen Sie Ein Exemplar zum Hausgebrauch verwenden, die übrigen an

Toni Brentano

Willemer

Ehrmann

gelangen lassen, mit den freundlichsten Worten. Auch Herrn von Hügel bitte eins zu überreichen, mit dem Wunsch daß er sich hiebey schöner zusammen verlebter Tage und meiner Dankbarkeit erinnern möge.

Mehr sage ich nicht verhindert von häuslichen schweren Unbilden.

G.


27/7415.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Weimar d. 4. Juny 1816.

Ew. Wohlgebornen

hätte gern vor meiner Abreise von Jena nochmals begrüßt und den Wunsch geäußert den ich hier nachbringe.

Ich habe Kenntniß genommen von dem englischen Dichter Lord Byron, der uns zu interessiren verdient.[47] Sein seltsames Wesen leuchtet aus seinen Gedichten hervor die gerade wegen seines wilden und doch geregelten Talentes große Gunst haben. Könnten Sie mir nachweisen wo ich von der Lebensgeschichte, dem Charakter u.s.w. dieses wundersamen Mannes nähere Nachricht finden könnte, so geschähe mir ein besonderer Gefalle. Das Beste wünschend

ergebenst

Goethe.


27/7416.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein lieber Riemer, beykommenden Heften einige Aufmerksamkeit schenken und sie kritisch durchgehen. Bey ganz gesunden Sinnen würde mir schwer seyn die Mängel zu entdecken, weil ich zu sehr das was da steht gewohnt bin. Jetzt in den mitkrankenden habe ich besonders auf's Einzelne gar kein Urtheil mehr.

d. 4. Juny 1816.

G.


27/7417.


An Carl Ludwig von Knebel

Da du in Indien weilest, so sende eine der gehaltvollsten ihrer Erfindungen die als Symbol für jene ganze Mythologie gelten kann. Daß hier Sakontalas Abkunft zur Sprache kommt ist gar schön.

Vielleicht siehst du mich bald.

Weimar d. 8. Juny 1816.

G.[48]


27/7418.


An Sulpiz Boisserée

Wenn diese Hefte an Sie so späte abgehen, so sind mancherley Unbilden daran schuld, ich wollte verschiednes dabey bemerken, wozu ich aber jetzt nicht gelangen kann. Nehmen Sie diese Bogen freundlich auf, als hauptsächlich um Ihretwillen geschrieben. Leider aber wird bey dieser veworrenen und gleichgültigen Weltverfassung das Gemeine: was nicht hilft, wenn's nur nicht schadet! schon einige Beruhigung geben können.

Sobald ich einigermaßen freyen Geist habe, so will ich an die übrigen Künstler gehen, die Ihr Kabinett verherrlichen. Auf Eyck muß ich immer mit Ehrfurcht zurückschauen, dadurch wird erst die Darstellung desselben vollständig und lebendig. Schreiben Sie mir Ihre Gedanken, Ihre Wünsche und Aussichten, damit ich auch in der Ferne wohl unterrichtet bleibe.

Leider werde ich Sie dieses Jahr schwerlich besuchen. Wohin ich mich wende ist noch ungewiß, dagegen werden Sie manchen von Freunden und Mitbürgern sehen, die ich wohl aufzunehmen bitte.

Grüßen Sie mir die lieben Ihrigen und alle werthen Freunde, und vorzüglich geben Sie mir bald Nach richt von Ihrem Reiseverlauf.

Weimar d. 8. Juny 1816.

G.[49]


Füge ich hinzu: daß meine liebe, kleine Frau uns in diesen Tagen verlassen; so nehmen liebe Freunde gewiß Theil an meinem Zustande.

d. 8. Juni 1816.

G.


27/7419.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Ew. Wohlgeb.

erhalten hiebey einige Abdrücke des schätzenswerthen Aufsatzes. Möchten Sie geneigt werden in der Sache fortzuarbeiten, denn schwerlich möchte Jemand im Stande seyn den Faden da wieder aufzufassen wo Sie ihn niedergelegt haben. Leben Sie recht wohl und bleiben meiner vorzüglichen Hochachtung und Theilnahme versichert.

Weimar d. 8. Juny 1816.

Goethe.


27/7420.


An Carl Friedrich Zelter

Weimar d. 8. Juny 1816.

Deine Recension der Bilder, die dir in der Giustinianischen Gallerie am meisten Freude gemacht, war mir sehr lieb und werth. Ich ging auch mit Freund Meyer den Catalog durch und erinnerten uns mancher der darin angezeigten Bilder. Mehrere waren dem gedächtnißreichen Freunde unbekannt. Wahrscheinlich hingen sie nicht in der Gallerie, sondern in Zimmern. Fahre auch fort mich vom Theater[50] zu unterhalten. Über Romeo und Julia steht ein sehr vernünftiger Anklang in eurer Zeitung. So schwankend und albern das Volk im Ganzen ist, so klären sich doch gewisse richtige Ansichten gar hübsch in einzelnen Menschen auf, beydes ist der großen Bewegung gemäß und denen sich so mannigfaltig durchkreuzenden Richtungen. Meine Geschäfte hier und in Jena gehen einen sehr gemessenen und glücklichen Schritt, auch von Außen naht sich manches Gute.

Ob man gleich nichts voraussagen kann, so melde ich dir doch wenigstens einen halben Vorsatz, in der Mitte July nach Töplitz zu gehen. Ganz ohne Badeausflug bringe ich mich nicht durch, da unser cimmerischer Sommer mehr niederhält als aufrichtet.

Daß du in meinen zwey ersten Bänden mancherley für deinen Gaum und manche melodische Anregung finden und erfahren würdest, hoffte ich auf alle Fälle. Ich danke dir daß du mich es versicherst.

Eberwein wies mir deinen Brief vor, auch der hat mir viele Freude gemacht. Des jungen Mannes, Talent kennst du, es ist ein geerbtes, äußeres und mit nichts gefüttert, weder mit Charakter, noch Liebe, weder mit Gefühl noch Geschmack. Deswegen klebt's mit Luft an der Erbe und begreift nicht warum es sich nicht vom Boden heben kann. Er hat das allerletzte Elend von Prosa in einer kleinen Oper componirt, mit Behagen und Selbstgenügsamkeit. Was ich mit Faust vorhatte sollte er nicht begreifen, aber er[51] sollte mir folgen und meinen Willen thun, dann hätte er gesehn was es heiße. Diese Menschenrace, die, bey so manchen Vorzügen, des eigentlichen Besten ermangelt, begreift nicht warum es mit ihr nicht rucken will; nun suchen sie es durch Intrigue zu erreichen und Augenblicks verletzen sie, durch Dünkel und Ungeschicklichkeit, den erworbenen Gönner und so zerstiebt das Mährchen, ja sie sind rückwärts statt vorwärts gegangen.

Mit unserm Theater sieht's wunderlich aus, es hat aber etwas zähes, und ein immer sich wieder zusammenfindendes Leben. Keine Einigkeit unter den Gliedern, wie sie aber auf's Theater kommen schwebt ihnen etwas Gemeinsames vor an das sie sich halten. Nun lebe wohl, schreibe mir bald und viel.

G.


Wenn ich dir derber, geprüfter Erdensohn, vermelde daß meine liebe, kleine Frau uns in diesen Tagen verlassen; so weist du was es heissen will.

d. 8. Juni 1816.

G.


27/7421.


An Johann Heinrich Meyer

Hier sende, mein Freund, das nunmehr ajustirte Acten-Fascicul zu Anfrischung des Gedächtnisses. Die ausgehobene geheime Beylage heben Sie bey Sich auf. Lesen und betrachten gefällig fol. 44 sqq. Von[52] dem Publicandum ist reine Abschrift genommen, ich theile es Herrn Staats-Minister v. Voigt mit, dann erhalten Sie solches zu rechtzeitiger Besorgung. Soviel für dießmal.

Weimar d. 9. Juny 1816.


27/7422.


An Johann Gottfried Schadow

Der kunstreiche Hof-Medailleur Herr Loos hat bey manchen Gelegenheiten kleine Schaumünzen geprägt, von welchen man Musterstücke wünscht, und zwar von den kleinsten an, bis zum Gulden. Die Absicht ist Kinder bey ihren Fortschritten durch ein solches Geschenk zu erfreuen. Diese Musterstücke können sich auf einige Thaler Werth belaufen.

Weimar d. 11. Juny 1816.

Goethe.


27/7423.


An Luise Seidler

Den lieben Jenaischen Freunden und Nachbarn tausend Dank für ihre tröstlichen Worte. Bey dem großen Verluste kann mir das Leben nur erträglich werden, wenn ich nach und nach mir vorzähle, was Gutes und Liebes mir alles geblieben ist.

Sagen Sie mir, meine Beste, wie sieht es mit Ihrem Bilde aus, wann sind Sie so weit, daß man darüber wieder einmahl berathen kann und soll, ich[53] würde mit Hofrath Meyer, wenn auch nur auf kurze Zeit, hinüberkommen.

Leben Sie recht wohl, grüßen Sie die Freunde und bleiben meiner Anhänglichkeit gewiß.

Weimar d. 12. Juny 1816.

G.


27/7424.


An die KaiserinElisabeth Alexjewna von Rußland

[Concept.]

Auf allergnädigsten Befehl ward ein Exemplar der Jenaischen Literatur Zeitung und zwar der ersten Dreivierteljahr vom Jahrgang 1815 angeschafft, welches hoffentlich zu Ew. Majestät Allerhöchsten Händen zu Ende des vorigen Jahrs gelangt ist. Hierbey folgt schuldigstermaßen das letzte Quartal des vorigen, sowie das erste des gegenwärtigen Jahres. Möge beydes zu Höchstdero Zufriedenheit gereichen.

Diese Blätter, denen schon früher manche Aufmerksamkeit geschenkt, werden mir nun um so werther, als sie mir das Glück verschaffen Ew. Majestät die unverbrüchlichsten Besinnungen von Verehrung und Anhänglichkeit zu betheuernder ich.

Weimar d. 12. Juny 1816.


27/7425.


An Sulpiz und Melchior Boisserée

Die Überbringer des Gegenwärtigen, Herr Staats-Minister von Fritsch und Gemahlin, begleitet mein[54] Wunsch, daß Ihre Sammlung, meine Wertheste, dießmal den Freunden ohne Unbequemlichkeit offen stehe. Lassen Sie, insoweit es möglich ist, Ihre Schätze diesen wohl- und zartgesinnten Freunden mit Muße sehen, damit ich das Glück habe unter den Bewohnern Weimars werthe Personen zu wissen, mit denen ich mich über Gegenstände unterhalten kann, die mir so sehr am Herzen liegen.

Leben Sie schönstens wohl und gedenken mein.

Weimar d. 13. Juny 1816.

Goethe.


27/7426.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein lieber Herr Professor, auch diesen Blättern Ihre Aufmerksamkeit schenken und mich bald mit dem Frauchen besuchen.

Weimar d. 13. Juny 16.

G.


27/7427.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeb.

danke schönstens für die mitgetheilte Rede; wie sehr wünscht ich sie gehört zu haben. Auch sie hat den Charakter der dießmaligen Schwesterloge, wo man die Sache ernsthaft und würdig nahm, und nicht wie vor alten Zeiten in's Scherzhafte und Parodistische zog.

[55] So läßt auch Ihre Rede, ohne das Geheimniß zu verrathen, den Werth des Geheimnisses fühlen. Da es mir nicht gelang sie zu hören danke zum schönsten für ihre Mittheilung.

Den Herrn von Sinclair würde morgen früh um 11, wenn es seine Gelegenheit ist, mit Vergnügen sehen.

Verbindlichst

Weimar d. 14. Juny 16.

G.


27/7428.


An den Großherzog Carl August

Unterthänigster Vortrag.

Die Absicht den Bildhauer Peter Kaufmann aus Rom und Canova's Werkstatt hieher zu ziehen, schien mir anfangs bedenklich, indem eine Hofbildhauerstelle, sowohl in Absicht auf Besoldung als Local und Beschäftigung, hier ganz neu zu gründen wäre, wobey sich denn manche Schwierigkeiten und Hindernisse finden würden. Doch hat sich meine Ansicht nach einer Unterhaltung mit Professor Jagemann um etwas geändert, so daß mir nunmehr die Sache thulicher erscheint.

Gedachter Kaufmann nämlich, der mir auch sonst als ein wackerer und guter Künstler gerühmt worden, soll zugleich ein sehr gefälliger und vielseitiger Künstler seyn, der nicht nur in Marmorarbeiten geübt, sondern auch im Modelliren und andern Vorbereitungen geschickt ist. Ferner soll er kleinere und technische[56] Arbeiten nicht verschmähen, so daß er sowohl in Abformen als Ausgießen, Bildschnitzen, Verfertigung kleiner Modelle für Gießer, Bearbeitung von Zierrathen und dergl. ein geübter und thätiger Mann sey, wie er denn durch dergl. Nebenarbeiten sich in Rom einen Zuschuß zu verdienen stets bemüht gewesen.

In diesen Rücksichten möchte er nun freylich für Ew. Hoheit Residenz und Lande eine gute und brauchbare Acquisition seyn, und mein unterthänigster Vorschlag ginge dahin, solchem folgende Bedingungen zu offeriren.

1. Den Charakter als Hofbildhauer.

2. Eine Besoldung von 200 rh. als das Fundament seiner Haushaltung. (Diese Summe ist schon in dem Etat gnädigst ausgeworfen.)

3. Würden ihm für 400 rh. jährlich Herrschaftliche Arbeiten garantirt, da er denn durch beides zusammen seiner römischen Einnahme gleichgestellt würde.

4. Eine Pension von 200 rh. für seine Frau und Kinder bis auf ein gewisses Alter. (Sie würde dadurch der Beutherischen Gattin gleichgestellt.)

5. Die Reisekosten würden ihm mit etwa 300 rh. vergütet, welche ihm, sobald man einig geworden, in Rom und auf dem Wege angewiesen würden.

6. Für ein Quartier würde man auch Sorge tragen, weil eine solche Beschäftigung größeren Raum fordert.[57]

Alles dieses würde vorbereitet und besorgt werden können, wenn es Ew. Hoheit gnädigste Approbation erhielte. Der Bau des neuen Schloßflügels macht das Versprechen herrschaftlicher Arbeit auf einige Jahre leicht zu erfüllen, das Fernere wird sich finden und geben.

Zu Bekräftigung des Obgesagten lege ein Blatt des Professor Jagemann bey

unterthänigst

Weimar d. 14. Juny 1816.

J. W. v. Goethe.


27/7429.


An Johann Gottfried Schadow

Ew. Wohlgeb.

erhalten hiebey ein Kästchen mit außenstehender Signatur. Es ist darin ein kleines Gypsbild enthalten, ich wünsche daß solches glücklich anlangen möge.

Weimar d. 16. Juny 1816.

Goethe.


27/7430.


An Arthur Schopenhauer

Weimar d. 16. Juny 1816.

Das schwarze Siegel meines Briefes muß mir abermals bey Ihnen, mein werthester Herr Doctor, zur Entschuldigung dienen, wenn ich beynahe nur den Empfang Ihres wohlgedachten Aufsatzes melde. Die Krankheit meiner lieben Frau und ihr erfolgtes[58] Ableben hat mich allem Wissenschaftlichen und namentlich der Farbenlehre entrissen, in die ich durch Ihre Arbeit, durch den Abdruck des Schulz'schen Aufsatzes, welcher beyliegt, und bey dem Transport meines sämmtlichen chromatischen Apparats nach Jena wieder hineingelockt worden. Auch wurden die Versuche der entoptischen Farben leider unterbrochen, so wie die der chemischen, wozu mich Voigts schätzenswerthe Schrift: die Farben organischer Körper angeregt. Indessen ist aus allem doch zu ersehen, daß der Punct, von dem wir sämmtlich ausgehen, lebendig fortwirkt, wenn gleich nach verschiedenen Richtungen. Möchten doch auch Sie nicht müde werden dieses schöne Feld zu bebauen und Ihre Ansichten fortzuhegen, damit mir vielleicht in einigen Jahren fröhlich in dem Mittelpunct wieder zusammen träfen, von dem wir herstammen; denn wir sind denn doch auf das höchste Alterthum gegründet und diesen Vortheil wird uns niemand entreißen. Lassen Sie manchmal von sich hören.

Mit den besten Wünschen

Goethe.


27/7431.


An die Großherzogin Luise CarolineHenriette von Hessen-Darmstadt

[Concept.]

[17. Juni 1816.]

Ew. Königliche Hoheit verzeihen gnädigst, wenn ich auf das höchstverehrliche Schreiben vom 5. April[59] erst jetzt meinen unterthänigsten Dank abstatte. Eine Abwesenheit hinderte mich den Schauspieler Hölken das erstemal zu sehen, traurige Ereignisse raubten mir das Vergnügen bey seinem zweiten Auftreten gegenwärtig zu sein, doch soviel ich höre ist er mit der Aufnahme, die ihm geworden, nicht unzufrieden.

Möge Ew. Königlichen Hoheit nebst den höchsten Ihrigen alles Gute zu Theil werden und bleiben und mir das unschätzbare Glück, Ihro Vertrauen und Gnade immerfort wie bisher zu genießen.

Weimar d. 11. Juny 1816.


27/7432.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Ew. Wohlgeboren

frühere Schrift: über die Algen des süßen Wassers, habe gern und wiederholt gelesen und mich dadurch mit Ihrer Denkweise bekannt gemacht, welche mit der meinigen ganz nahe verwandt ist. Ich kann daher für das neuste übersendete Werk aufrichtig danken eh ich es noch studirt, und versichern, daß die flüchtigen Blicke die ich darauf geworfen mir einen angenehmen belehrenden Eindruck zurückließen.

Ich bin mit diesen Geschöpfen der Nachtseite, die am Tageslicht microscopisch und dem unbewaffneten Auge entzogen sind, wenig bekannt. Das Gestaltlose willkührlich Scheinende derselben zog mich nicht an, ja[60] die unendliche Menge schreckte mich eher; und doch wird man im Lauf der Naturbetrachtungen oft genöthigt sie einzeln zu bewundern.

Wenn nun Ew. Wohlgeb. diese Geschöpfe geistreich entwickelt, methodisch aufgeführt in einer übersehbaren Folge vorlegen; so werde auch, ich Ihnen sehr viel schuldig. Die Gesetze der Umwandlung und Umgestaltung, die wir anerkennen, erscheinen hier vor- und rückwärts in ihrem elementarsten Wirken, und wenn es eine ahndungsvolle Betrachtung ist, daß der Sonnenstaub, den ein Gewitterregen aus der Atmosphäre niederschlägt, sogleich lebt und belebt, wie der grunelnde Geruch erquicklich andeutet; so ist es anderseits ebenso wichtig zu schauen, wie ein höheres Leben sich nicht sogleich aufgeben kann, ja lieber in geringerer Eigenschaft und Erscheinung fortwirkt, als daß es dem Tode sich entschieden überließe.

Die Tafeln sind so schön, daß man fast zweifeln möchte ob es möglich diese Vollkommenheit der Ausführung allen Exemplaren zu verleihen. Haben Sie vielen Dank für das höchst bedeutende Heft und die Gefälligkeit mir die übrigen nach und nach zu senden, auch von Ihrem weitern Thun und Bemühen von Zeit zu Zeit Nachricht zu geben. Sollt ich irgend eine Gegengefälligkeit erzeigen können, so bitte mich von Ihren Wünschen zu unterrichten.

Damit ich aber nicht ganz leer vor Ihnen erscheine, sondern Ihre Neigung und Wohlmeynen einigermaaßen[61] erwiedere; so leg' ich ein Gedicht bey aus meinem Divan, von dem Ihnen vielleicht das Morgenblatt einige Nachricht überliefert. Ich bitte es nicht aus den Händen zu geben.

Aufrichtig theilnehmend und nächstens einiges mittheilend

Goethe.

Weimar d. 18. Juni 1816.


27/7433.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeb.

werden mit Vergnügen durch Färber vernommen haben, daß die Angelegenheit wegen des von Heymischen Kabinetts glücklich beendigt worden und diese bedeutende Sammlung sich auf dem Wege nach Jena befindet. Gegen Ende der Woche werde ich selbst bey Ihnen einsprechen um zu sehen, wie weit es mit dem Dielen des neuen Saals gekommen auch inwiefern an den Schränken gearbeitet ist, denn ehe diese Vorbereitungen nicht vollkommen zu Stande sind, werden die Kasten nicht eröffnet, sondern blieben einstweilen im Vorhause stehen, oder wo sie sonst unterzubringen sind.

Die Hauptbedingung, unter welcher uns diese Sammlung überlassen ward, ist, daß sie in der vom Besitzer beliebten Ordnung verbleibe und den Nachkommen[62] als Beleg dessen geognostischer Theorie überliefert werde.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar d. 23. Juny 1816.

Goethe.


27/7434.


An Sulpiz Boisserée

Da ich in einigen Tagen nach Jena gehe, so will ich vorher noch ein Wörtchen rheinwärts schicken. Möge das Heft zu guter Stunde bey ihnen angelangt seyn und unserm guten Gallerie-Inspector Gelegenheit geben das besser unterrichtete Publikum zu examiniren. Melden Sie mir einige von den Spässen die allenfalls vorkommen. Viele der Weimarischen Freunde ziehen nach dem Rhein, nehmen Sie solche freundlich auf mit und ohne Avisbrief. Wenn der gute Leumund auch niemanden viel nutzt, so schadet er auch nicht leicht, wenn das überstanden ist, wodurch man ihn erworben hat.

Leugnen will ich Ihnen nicht, und warum sollte man großthun, daß mein Zustand an die Verzweiflung gränzt, deshalb ich auch, indem ich mich zu zerstreuen suchte, auf das allerfalscheste Mittel gerathen bin, indem ich nämlich mich unfähig fand, irgend eine Production des Augenblicks von mir zu erwarten. So habe ich die alten derelinquirten Papiere hervorgesucht, wo zwar manches Erfreuliche und Brauchbare[63] sich findet, aber auch ein Wust von erst durchgeschmolzenem Gestein, wo man ein schreckliches Feuer und Schmiedearbeit anwenden müßte, um das Bißchen metallische herauszugewinnen, und doch kann man es nicht über sich gewinnen dergleichen Blätter zu vertilgen, weil es immer Denksteine vergangener Zustände bleiben.

Die Heidelberger Jahrbücher haben mich in letzter Zeit sehr interessirt. Könnte man nicht die ersten sieben Jahrgänge um ein Billiges haben, daß man sie nicht blos geborgt lesen müßte. Der 8te liegt gebunden vor mir, der 9te kommt zu seiner Zeit, heftweise regelmäßig schon bey mir an.

Die sämmtliche Jugenschaft erzittert, da ihr grimmiger Gegner, den ich so eben aus dem 9ten Heft kennen lerne, nach Thüringen kommt. In Jena darf nach alten Gesetzen kein Jude übernachten. Diese löbliche Anordnung dürfte gewiß künftig hin besser als bisher aufrecht erhalten werden.

In Heidelberg ist es gewiß kein Geheimniß welcher Recensent sich in den Heidelb. Jahrb. J. M. O. unterschreibt. Ich vermuthe es ist Daub oder Creuzer, vielleicht beyde.

Was ernste Liebhaberey, ja auch die leichteren und grillipern (vulgo Steckenpferde genannt,) dem armen, schwereren, leichtersauflichen Menschen für willkommene Schwimmwämser sind, hab' ich in diesen Tagen recht erfahren. Von Ehrmann erhielt ich die anmuthigsten[64] Spässe, von Becker in Offenbach sehr bedeutende Münzen, aus der besten neueren Zeit. Alex. von Humboldt sendete mir ein geringblättriges aber höchstbebeutendes Werk: sur les lois que l'on observe dans la distribution des formes végétales, welches mich, trotz aller Verwirrung, auf die so lang betretenen und gewohnten Naturpfade wieder hinstieß, und so ist der dunkle Grund des gegenwärtigen Augenblicks durch heitere, erfreuliche und bunte Bilder geschmückt. Lasset mich nun auch von euch etwas Erquickliches hören. Der erste behagliche Moment soll Meister Hemmling gewidmet seyn.

Ein Bild des heiligen Rochus, welches gar nicht übel, aber doch allenfalls noch von der Art ist daß es Wunder thun kann, gelangt hoffentlich nach Bingen, um an dem großen Tage die Gläubigen zu erbauen. Es ist wunderlich entstanden. Die Skizze ist von mir, der Carton von Hofr. Meyer und eine zarte liebe Künstlerinn hat es ausgeführt. Sie werden es schwerlich dem Rochusberge in Ihre Sammlung entwenden. Es sey aber an seinem Platze wirksam und so ist es recht und gut.

Zelter kommt in 8 Tagen und will mich mit nach Wiesbaden reißen, wenn ihm der Zauber gelingt, die Alraunwurzel aus dem Boden zu ziehen, so seht ihr mich doch noch; auf alle Fälle aber wird er nach meinem Wunsch und zu seinem Vortheil Heidelberg besuchen und den dortigen Musikfreunden die echte Freude bringen.

[65] Und so will ich denn schließen, mit den besten, obzwar etwas confusen Wünschen, möge euch in dieser confusen Welt etwas Sicheres und Geordnetes gelingen.

Weimar d. 24. Juny 1816.

G.


27/7435.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excelenz

sende einige Zeddel, die Kunstschule betreffend, zu gefälliger Autorisation. Hofrath Meyer wird seinen noch fehlenden Attest nachbringen. Es ist erinnerlich daß wir aus bewegenden Ursachen den Gehalt des Dieners in unserer Casse behalten haben, auch dieses mag das Probejahr hingehen.

Färber ist denn auch von Meiningen glücklich zurück, der Thüringerwald wird in Musterstücken nun bald in Jena anlangen, etwa Sonnabend gedenke ich hinüber zu gehen und warte vorher noch auf.

Manches andere in unserm Geschäftskreis bereite vor und führe sachte fort in Hoffnung günstiger Genehmigung.

Weimar d. 24. Juny 1816.

G.


27/7436.


An Johann Heinrich Meyer

d. 25. Juny [1816].

Ein Brief von Färbern meldet mir, daß an der neuen Einrichtung von dem Tischer noch gar nichts[66] gethan worden, deswegen ein längerer Aufenthalt in Jena für dießmal nicht rathsam ist. Wäre es Ihnen aber angenehm so führen wir morgen früh bey Zeiten um 7 Uhr hier ab und wären Donnerstags Abends wieder da und so brauchten wir nur unsere Nachtsachen mitzunehmen, wir sehen uns ja wohl noch heute Abend.

G.


27/7437.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

haben gewiß Antheil an meinem Zustande genommen, wenn Ihnen die Nachricht zukam, daß meine liebe kleine Frau, deren Anmuth Sie kannten, mich in diesen Tagen verlassen hat. Die Verwirrung, die daraus in meinem Hauswesen entstand, ließ beyliegenden Brief von Herrn Frommann vergessen; eben dadurch wurde auch die gegenwärtige Sendung verspätet.

Halten Sie für gut und nöthig, daß man diesen Gedichten, in dem Damencalender, einige Einleitung und Erläuterung hinzufügte; so bin ich dazu bereit und würde dabey das was im Morgenblatte gestanden zum Grunde legen.

Leider konnt ich von unserm geschickten Holzschneider nur die paar Stöcke erhalten, da er mit Accordarbeiten sehr beschäftigt war. Sie folgen mit[67] dem 10. Bande meiner Werke, welcher nächstens abgeht.

Da Sie diese Proben des Divan's an die Spitze des Damencalenders mit römischen Zahlen paginirt setzen wollen; so kann ich Ihre Gedanken und Wünsche wegen jener prosaischen Zugabe noch abwarten.

Zu meiner Italiänischen Reise macht Herr Hofrath Meyer am Schlusse anzudruckende Bemerkungen, welche auf Kunstgeschichte hinweisen und das, was der Reisende im Vorbeygehen bemerkt, willkommener und belehrender machen.

Von Herrn Frege & Comp. in Leipzig habe in diesen Tagen zweytausend Thaler erhoben. Was mir sonst zu Gute bleibt, lasse ich stehen, bis etwa eine Reise in's Bad mich zu einer Disposition deshalb auffordert.

Wollen Sie doch nachsehen lassen, wie es sich mit dem verhält was mir wegen des Morgenblatts von 1815 und des Damencalenders von 1816 zukäme. Ew. Wohlgeb. Brief vom 20. December 1815 spricht davon als von zu machenden Berechnungen und ich finde die Gegenstände nicht wieder erwähnt.

Wegen der Druckerstöcke zu einer dereinstigen anständigen Ausgabe des ganzen Divan werde ich mich mit Herrn Gubitz in Berlin in Connexion setzen, auch wegen des Preises und der Zeit zu conveniren suchen.

[68] Wäre ein Porträt von mir aus jüngern Jahren angenehm, so würde eine Büste, welche Trippel zu Ende der 80er Jahre verfertigt und wovon sowohl ein erster Gypsabguß als eine Ausarbeitung in Marmor sich hier befindet, dazu dienen können. Herr Schwerdgeburth, ein sehr geschickter hiesiger Künstler, übernähme wohl Zeichnung in's Kleine und Stich. Er verlangt 60 Thaler Sächs. für die Arbeit. Es kommt darauf an ob Sie solche räthlich finden.

Mit dem Wunsch das Beste von Ew. Wohlgeb. Befinden zu vernehmen.

ergebenst

J. W. v. Goethe.

Weimar d. 26. Juny 1816.


Mit Herrn Frommann werde ich in diesen Tagen sprechen. Findet sich ein Corrector dem das Italiänische und die Kunstgeschichte nicht ganz fremd sind; so kann das Manuscript des 1. Bandes, welches ganz rein gearbeitet ist, nach und nach abgegeben werden.


27/7438.


An Wilhelm von Humboldt

[Concept.]

[26. Juni 1816.]

Mit dem Gefühl des Verlustes, in das mich das Abscheiden meiner guten kleinen Frau versetzt, weiß[69] ich nichts tröstlicher, als umherzuschauen, Sie viel Gutes und Liebes mir noch übrig bleibe.

Von Ihnen, theuerster Freund, hab ich in undenklicher Zeit nichts gehört und sehne mich wiederum nach einem lieben Worte von Ihrer Hand und der Versicherung Ihres Wohlbefindens. Leider muß ich Verzicht thun, Sie am schönen Mayn zu sehen. Die Ärzte und ein gewisser Trieb weisen mich nach Böhmen und noch könnt ich selbst nicht sagen, was ich ausführen werde. Lassen Sie mich bald was von Sich hören und senden mir wieder einmal etwas Bedeutendes von Handschriften. Mit alten hergebrachten Liebhabereyen schmeichelt man seinem Schmerz.

So bin ich auch Ihrem Herrn Bruder eine liebliche Tröstung schuldig geworden, da sein so bedeutendes und aufregendes Heft: Sur les lois p. gerade in den traurigsten Momenten zu mir kam und sein Recht an mir ausübte, und so ist es auch zeither der tägliche Text meiner Betrachtungen geworden. Lassen Sie ihm die dankbare beyliegende Charte zukommen.

Möge Sie und die Ihrigen altes Erfreuliche durch's Leben begleiten. Ich mußte mir in diesen Tagen eine wundersame Unterhaltung aufdringen, indem ich den alten Papierkram der Vergangenheit durchsichtete, wo so vieles Angefangene und Verlassene, so viele Vorsätze und Untreuen keine Entschuldigung zulassen,[70] sondern blos vergönnen im echten orientalischem Sinne an Gottes Barmherzigkeit Anspruch zu machen.

Leben Sie tausendmal wohl und lassen mich ja bald von Sich das Beste vernehmen.

Weimar d. 24. Juny 1816.


27/7439.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

finden anbey den von Architect Steiner gefertigten Anschlag zu dem Angebäude auf der Esplanade. Er beläuft sich, wie vorausgesagt worden, gegen 800 rh. Was die Nothwendigkeit und Nützlichkeit betrifft, berufe ich mich abermals auf den kurzen Aufsatz fol. 63. Actor. und ich habe mich persönlich überzeugt, daß der Aufbau unerläßlich ist. Hofrath Meyer hat indessen, um den Unterricht nicht stocken zu lassen, die Schüler in seine Wohnzimmer aufgenommen, freylich zur großen Unbequemlichkeit seiner selbst und ohne Bequemlichkeit der jungen Leute.

Serenissimus sind bey mündlichem Vortrage hievon unterrichtet und ich glaube wir können nicht fehlen wenn wir dem Architect Steiner auftragen nunmehr die nöthigen Vorkehrungen zu treffen, die Accorde abzuschließen und die Zeit zugleich zu bestimmen, wann das Ganze fertig seyn kann und soll. Die Zahlungen könnten wir indessen von derjenigen[71] Summe leisten, die uns zu Gute noch bey Hagen liegt und uns dann später den Ersatz erbitten.

Im Jägerhaus ist alles schon im Gange und macht sich für den Anfang recht hübsch.

gehorsamst

Weimar d. 26, Juny 1816.

J. W. v. Goethe.


27/7440.


An Christian August Vulpius

Möchten Sie, mein werthester Herr Rath, nachforschen: ob der Nahme

Valinco}

in der Corsischen Geographie vorkommt, es sey als District, Stadt, Ort oder Gebirg. Durch den Fund geschieht mir ein besonderes Vergnügen.

Das beste wünschend

Jena d. 27. Jun. 1816.

Goethe.


27/7441.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

meinen Besuch abzustatten, hinderte mich das böse Wetter. Mögen Sie indessen beiliegendes Blatt ansehen und mir darüber Ihre Gedanken sagen.

Ferner wünschte, wenn es thulich wäre, einige Abdrücke von der Platte, welche Anno zehen die[72] Allgemeine Literaturzeitung eröffnete. Sie stellte Münzen meiner Sammlung vor.

Das Beste wünschend

ergebenst

Jena den 29. Juni 1816.

Goethe.[73]


27/7441a.


An Friedrich Theodor Kräuter

Mit der genauen Bestimmung von Valinco haben Sie mir viel Vergnügen gemacht. Können Sie den Anfang[149] meiner ital. Reise, wovon ich meinem Sohn geschrieben, durch Überbringen herüber senden. Auch allenfalls ein Paar Stiefel, wenn sie der Seidlerische Kutscher nicht schon erhalten hat.

Leben Sie recht wohl. Auch die Saale ist sehr gewaltsam.

Jena, 30. Jun. 1816.

G.


27/7442.


An Luise Seidler

Hier sende, meine schöne Freundinn, was von frommen Seelen bis jetzt eingegangen, an Nachträgen wirds nicht ermangeln. Haben Sie Dank für soviele Mühe und Geduld.

Jena d. 1. Jul. 1816.

J. W. v. Goethe.


27/7443.


An Karl Wilhelm Becker

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

haben durch die gute Aufnahme meiner Sendung mir sehr viel Vergnügen gemacht. Vielleicht kann ich in der Folge weiter etwas Angenehmes erzeigen. Gegenwärtig aber führen Sie mich in allzu große Versuchung indem Sie mir abermals eine Anzahl bronzener Medaillen der ersten Jahrhunderte neuerer Kunst anbieten. Ich nehme sie indessen dankbar an, denn es sind nur drei darunter die ich schon besitze und zwar nicht in den besten Abdrücken.

[73] Fände sich irgendwo ein Verzeichniß derer gleichzeitig bedeutenden Männer welche die Paduaner auf Münzen verewigt; so geschähe mir durch diese Notiz ein großer Gefalle. Jetzt da ich durch Ihre Gefälligkeit die entschiedenen Abdrücke z.B. von Balthasar Castiglione und Anton Contaren besitze; so finden sich mehrere welche auf dieselbe Hand hindeuten.

Auch strebe ich schon lange nach dem Museum Mazzuchellianum, Venet. 1761. 63. 2 Vol. fol., einem Werke das selten in Auktionen vorkommt. Sollte es irgendwo Ew. Wohlgeb. begegnen, so würde jede Auslage dafür dankbar erstatten.

Um nur nicht ganz leer vor Ihnen zu erscheinen, lege die von mir redigirte Biographie Hackerts bey, auch die Briefe Winckelmanns würde ich senden, wenn es mir nicht selbst durchaus daran an Exemplaren fehlte. Eine Kupfertafel von bedeutenden Münzen, die auch in meinem Besitz sind, lege bey. Eine frühere Platte befindet sich in der Jenaischen Allgemeinen Literatur Zeitung 1810. Ich will suchen auch davon einen Abdruck zu verschaffen, denn zur Notiz ist dergleichen sehr angenehm.

Weimar d. 6. July 1816.


27/7444.


An Carl Ludwig von Knebel

Dank für die Mittheilung des hier zurückkommenden Briefes! Es ist ein vorzüglicher Mann und klug[74] genug, um es mit den Kindern dieser Welt aufzunehmen. Mir ist nicht bang für ihn, er wird sie schon Herr werden.

Zelter ist angekommen und wünscht gar sehr dich zu besuchen. Hätte ich nicht vor kurzem die Bekanntschaft mit dem schrecklichen Mühlthal gemacht, so wurde ich dir ihn hinüberbringen.

Anbey ein englisches Product, welches in deinem Kreise nicht unwillkommen seyn wird.

Den famosen Stein habe ich mit herüber genommen und lasse einen Untersatz dazu machen, da er denn bey dir figuriren soll.

Die dritte Gabe, die der Dechant verlangte, war ein Spiel Charten, das nie verlöre; mit diesem gewinnt er dem Teufel die zwölf Seelen ab, die er zuletzt in den Himmel bringt.

Und so will ich denn für dießmal scheiden. Auf alle Fälle Besuche ich dich noch einmal, eh' ich in's Bad gehe.

Alles Gute!

Weimar d. 6. July 1816.

G.


27/7445.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

Schreiben vom 2. July erhalte so eben als ich gegenwärtiges Packet absenden will, und lege Gegenwärtiges[75] ein und zwar versiegelt damit solches, wenn Sie Sich schon im Bade befinden sollten, nachgesendet werde. Ihre freundliche Einladung und Herrn Boisserées bestimmt mich wegen der dießjährigen Badecur mich nach Baden-Baden zu wenden. Haben Sie daher die Gütigkeit mir für ein Quartier zu sorgen, zugleich für einen Freund und Bedienten, auch wünsche eine Remise für einen Wagen. Ende July oder Anfangs August treff' ich ein, da mir es denn das größte Vergnügen seyn soll, Sie wieder zu begrüßen und mich über viele Dinge zu besprechen und zu berathen.

Mich mit den besten Wünschen zu geneigtem Andenken empfehlend.

Weimar d. 8. july 1816.

Goethe.


27/7446.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

danke für die übersendeten Abdrücke auf's verbindlichste; sie sind zu dem gegenwärtigen Zwecke recht gut gerathen. Vielleicht borgen oder überlassen Ew. Wohlgeboren mir die Platte zu einer Ausgabe des Catalogs meiner Münzsammlung.

Und nun hätte ich noch einen Wunsch: daß Sie mir die Recensionen, die ich zur Allgemeinen Literaturzeitung geliefert, und die Stücke, worin solche befindlich,[76] geneigtest ausziehen ließen und womöglich in den nächsten Tagen, da ich zu Ende des Monats in's Bad zu reisen gedenke.

Da ich wieder am Rhein und Mayn gehe, so sollt' es mir angenehm seyn, wenn ich daselbst etwas für Sie ausrichten könnte.

Der ich indessen recht wohl zu leben wünsche

ergebenst

Weimar den 9. July 1816.

Goethe.


27/7447.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeb.

ersuche mir ein Dutzend besiegelte Diplome zu übersenden, die Namen in blanco. Ich werde in einiger Zeit eine Reise machen und würde manchen braven Mann erfreuen wenn ich ihn als Theilnehmer unserer Bemühungen anerkennte. Vorher hoffe Sie noch in Jena zu besuchen.

Das Beste wünschend.

Weimar d. 10. July 1816.

Goethe.


27/7448.


An Johann Gottfried Schadow

Hierbey sende Ew. Wohlgeb. die Zeichnungen so wie den Brief des Herrn Hofrath Hirts zurück. Mit der bewegteren Stellung des Schutzgeistes und des[77] Pferdes kann ich mich gar wohl befreunden, nur würd' ich dem ersten die kurze Waffe nicht in die Hand wünschen, welche gar wohl eine schützende und segnende Bewegung annehmen könnte. Mit dem übrigen kann ich nicht eben so einig werden. Der ausführende Künstler hat darin allein zu entscheiden.

Die Engländer haben Herrn Fox eine Statue gesetzt, auch zu 9 Fuß, und so wären wir denn außer aller Verantwortung.

Möge Peter Vischer glücklich angekommen seyn, die beiden Apostel gehen von Jena nächstens mit Fuhrgelegenheit ab, die freylich sehr selten nach Berlin gefunden wird.

Mögen Sie die beyliegende kleine Besorgung gefällig übernehmen. Sobald ich die Muster habe verschreib ich eine gewisse Anzahl solcher kleinen Schaumünzen.

Ich gehe zwar an den Rhein, wollen Sie aber was allenfalls an mich zu richten ist an meinen Sohn, den Cammerrath, addressiren, so wird derselbe das Weitere besorgen.

Ich wünsche indessen recht wohl zu leben und hoffe gegen Michael zu vernehmen, daß Ihr Geschäft recht vorgerückt ist.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

ergebenst

Weimar d. 10. July 1816.

Goethe.[78]


27/7449.


An Sulpiz Boisserée

Ihren lieben Brief von Stuttgart erhielt in dem Augenblick, als ein Schreiben von Herrn Dr. Cotta einlief mit einer dringenden Einladung nach Baden zu kommen. Der gleichstimmige Ruf entschied mich und ich werde kommen, obgleich Zelter, der mich eben verließ, mich eben so dringend nach Wiesbaden, wohin er ging, eingeladen hatte. Das pro und contra, was mich so lange schwanken ließ, will ich nicht wiederholen, wohl aber bemerken, daß Sie mir auf dem Hinweg erlauben werden, im Hecht abzutreten und nach einem kurzen Aufenthalt meine Reise fortzusetzen. Der August darf zum Baden nicht versäumt werden und alsdann bereden wir, wie es auf dem Rückwege zu halten ist. Ich muß mich überhaupt dießmal kürzer fassen.

Daß Sie mein Heft im Ganzen billigen, freut mich sehr, es war schwierig genug zu schreiben. In diesen Tagen las ich es wieder durch und finde, daß ein guter Grund gelegt ist, um nunmehr weiter zu bauen. Man kann auf der einen Seite strenger und auf der andern läßlicher werden. Im nächsten Stücke wollen wir suchen Ihre Sammlung abzuschließen und gar manches hat sich sonst schon gefunden.

Von oberdeutscher Kunst wünsch' ich von Ihnen zu hören. Sehr richtig ist das Gefühl, daß es[79] schwierig ja beynahe unmöglich ist vom Augenblick öffentlich zu sprechen, man muß immer hie und da sich Böttigerscher Phrasen bedienen. Das Absurde was man vertilgen möchte ist gerade dem Menschen das Wertheste. Auch zu der Anschauung des Leonard da Vinci möge Glück gesprochen seyn, das Vortreffliche ist denn doch das erste und einzige Labsal, es löst alle Räthsel des Gefühls, des Urtheils und der Meinung.

Wohlgemuth und Albrecht Dürer werden, in Ihrer Gesellschaft betrachtet, erfreulich und unterrichtend seyn.

Hierbey eine Rolle von dem guten Rabe. Die Kirche ist gut gerathen, doch wünscht ich ad hunc Actum die Häuser niedergerissen, welche den untern Theil verstecken.

Haben Sie lange nichts von Berlin gehört? Ich habe Spur, daß man die Negoziationen mit Ihnen ernstlicher anknüpfen wird. Die Hauptbedingung wird seyn, daß Sie Sich entschließen, dem neuen Babylon anzugehören. Gegen Ende des Monats lang ich an und schreibe noch kurz zuvor.

Möge Ihnen alles wohl gelingen. Treulich verbunden.

Weimar d. 10 July 1816.

G.[80]


27/7450.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Die sogenannte Pietra fungaja wird in Wörterbüchern und sonst als ein Kalktuff beschrieben, auf welchem Schwämme wachsen. Die mir aus Italien zugesendete 15 1/2 Pfund schwere Waffe ist aber ganz eigentlich eine colossale Trüffel, deren um sich greifendes Wachsthum manche fremden Körper, Wurzeln, Steine u.d.g. in sich aufgenommen hat und welche die Eigenschaft zu haben scheint, nach und nach ihre Vegetabilität mit einem steinhaften Wesen zu vertauschen. Kalkartiges ist nichts dabey. Nun kommt es aber hauptsächlich darauf an, ob diese harte Waffe, die sich wie ein Thonklumpen schaben läßt, wenn man sie im Keller mit feuchter Erde bedeckt hält, wenigstens auf ihrer Oberfläche wieder zu quellen, zu vegetiren, fortzuwachsen und, wie man behauptet, eßbar zu werden anfängt. Der Versuch soll nächstens angestellt werden.


Der Versuch ward angestellt, fiel aber ganz unerwartet aus. Man hatte diese steinähnliche Waffe in feuchte Erde in den Keller gestellt, wo sie nach und nach aufschwoll, riß und zerfiel. Die Trümmer wurden gesammelt. Davon sende hiebey etwas und zwar hauptsächlich deswegen, weil, so lange die Pietra fungaja unter der Erde war und schwoll, auf der Oberfläche des Humus mehrfarbige Schimmel hervorwuchsen,[81] die wahrscheinlicher Weise wieder entstehen, wenn Ew. Wohlgeb. den Körper der Feuchtigkeit und Finsterniß abermals aussetzten. Man würde daraus auf die Eigenschaft des problematischen Gewächses selbst wohl näher schließen können.

Soviel in Gefolg einer weitern Betrachtung Ihres schätzbaren Wertes in Eil, da ich eben im Begriff bin eine Reise nach dem Rhein anzutreten.

Das Beste wünschend

ergebenst

Weimar d. 10. July 1816.

Goethe.


27/7451.


An Sulpiz Boisserée

Weimar d. 12. July 1816.

So eben verläßt mich Herr Geheimerath Schinkel und eilt vielleicht diesem Briefe zuvor. Er bringt Bedingungen, welchen kein Mädchen widerstünde, wahrscheinlich auch die Jünglinge nicht. Einen Entscheidungsgrund, den ich dem Papier nicht anvertrauen kann, bring ich mit. Noch immer hoff ich zu Ende Julys bey Ihnen zu seyn. Rückwärts lös' ich mich los und vorwärts macht mein Sohn Anstalten. Näheres möchte sich nicht bestimmen lassen. Ich freue mich auf die glückliche Constellation, in die ich dießmal bey Ihnen eintrete. Bis dahin das schönste Lebewohl!

Goethe.[82]


27/7452.


An Johann Friedrich Cotta

Der Überbringer des Gegenwärtigen ist Herr Eduard Genast, Sohn unseres verdienten Regisseurs, als Sänger und Schauspieler viele Hoffnung gebend.

Sein Vater, ob er gleich dem jungen Mann nicht gerade mißzutrauen Ursache hat, möchte doch eine größere Summe Geldes nicht auf einmal in seine Hände geben. Wollten daher Ew. Wohlgeb. die Gefälligkeit haben, die Einrichtung zu treffen, daß er jede Woche vierzehn Gulden rheinisch auf Ihrem Comptoir gegen Quittung erheben könnte, so würde es als eine mir selbst erzeigte Gefälligkeit ansehen und mich zur Erstattung der Auslagen bekennen.

ergebenst

Weinmar d. 12. July 1816.

J. W. v. Goethe.


27/7453.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Ihr gehaltreiches Packet brachte mir Freude, indem es mich Ihres Andenkens versicherte, aber Betrübniß durch den Inhalt: denn verderbender bürgerlicher Zwist könnte nicht schrecklicher dargestellt werden. Mir wenigstens war dabey ängstlich zu Muthe, ja ich würde in einer solchen Lage verzweifeln. Beurtheilen[83] kann ich nicht ob es unvermeidliche Nothwendigkeit war Herrn von Guaita auf eine unwiderrufliche Weise anzugreifen, in ähnlichen Verhältnissen hab ich mich auch gewehrt, aber innerhalb der Verhältnisse selbst, und es wäre mir unmöglich gewesen, das Publicum, das nie richten kann noch wird, dergestalt als Instanz zu ehren.

Wenn ich mir denke, daß Sie mit diesem angesehenen bedeutenden Manne zeitlebens in Einer Stadt wohnen, öfters in Einem Collegium, vielleicht gar, als Rathsherr, in Einer Reihe mit ihm sitzen sollen, nachdem Sie ihm seine Herkunft vorgeworfen, seine Tüchtigkeit zu einem Geschäft, zu dem er sich erboten, öffentlich bezweifelt und nicht allein ihn, sondern auch seine Freunde, Verwandte, Verbündete Sich zu Todfeinden gemacht haben, ohne vielleicht von dem gleichgültigen und schwankenden Publicum gebilligt zu werden; so stellt sich mir Ihre und Ihres würdigen Bruders Lage so schrecklich vor, daß ich mich darüber kaum beruhigen kann. Lassen sich diese, vielleicht hypochondrischen Ansichten zerstreuen, können Sie mich auf einen mehr heitern Standpunkt setzen; so werden Sie mir eine wahre Liebe erzeigen.

Für den Augenblick aber trifft mich dieser bürgerliche Zwist, so wie die übrigen in meiner theuern Vaterstadt leider obwaltenden, so hart und bedenklich, daß ich meinen Weg nach Baden am Rhein über Würzburg zu nehmen entschlossen bin, um nicht da,[84] wo ich so gern friedlich eingekehrt wäre, auf Streit und Zersplitterung zu treffen.

Nicht wenig wird es mich bey meiner Badecur erfreuen und erquicken, wenn ich vernehme daß Ihre und Ihres werthen heran Bruders Zustände nicht so bedenklich sind, als ich mir sie vorstelle. Erhalten Sie mir Ihre Freundschaft, auf die ich, nach dem großen Verluste, der mich betraf, als auf ein wichtiges Gut zu zählen Ursache habe.

Weimar d. 13. July 1816.


27/7454.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

sende den ersten Bogen mit Dank zurück. Das Werkchen wird sich so recht gut ausnehmen. Mögen Sie pag. 13, sowie durchaus, die Zahlen in Buchstaben verwandeln, so wird es besser seyn. Das Datum über jedem Brief behielte seine arabische Zahl. Wegen dem Beginnen eines neuen Briefs könnte man festsetzen, daß wenn der vorhergehende Brief auf der Seite mit weniger als 11 Zeilen endigt, so finge man auf derselben Seite einen neuen an, überschritte er jene Zahl und also die Hälfte der Seite, so ginge man mit dem neuen Brief auf die folgende. Noch eins bemerke ich: es kommen öfters Absätze vor ohne[85] Datum, zwischen diese würde nur ein Strich gesetzt und bis zu einem neuen Datum also continuirt.

Wär es möglich daß bis gegen Ende der nächsten Woche noch ein Bogen herüberkäme, so würde es mir angenehm seyn. Sonnabend den 20. d. gedenke ich von hier in's Bad zu reisen und zwar nach Baden am Rhein, wohin mich Cotta dringend einlädt, dort seh ich ja wohl auch nach und nach die Aushängebogen.

Da übrigens bey dem Abdruck dieses Werks man ches Bedenken vorkommt, so wäre es gut, Sie schickten den Revisionsbogen nebst Manuskript an Herrn Bibliotheks-Secretär Kräuter, von dessen Hand das Ganze geschrieben und welcher mit dem Gegenstand und meinen Absichten genau bekannt ist. Ein paar Augen mehr machen das Geschäft sicherer. Wollten Sie selbigem auch zugleich ein Verzeichniß Ihrer Hieroglyphen senden, welche bey Correcturen und Revisionen angewendet werden, so würde gegenwärtiger und künftigen Unternehmungen dadurch manches Förderniß zu Theil werden. Ich sende den Anfang des Manuscripts zurück, damit alles beysammen bleibe. Auch folgt Venedig.

Haben Sie die Güte das Ganze nach Ihrer Weise roth durchfoliiren zu lassen. Bey den jetzigen Absätzen könnte eine Verwirrung entstehen. Vielleicht auch haben Sie Zeit diese Abtheilung durchzulesen und mir vor meiner Abreise noch einige Bemerkungen[86] zu machen. Das ganze Manuscript erhalten Sie, es ich weggehe.

Überhaupt aber sey ich nicht, warum man nach alter böser Gewohnheit von seinen Freunden nichts hören soll, wenn man sich von ihnen entfernt. Mögen Sie mir von Zeit zu Zeit einige Nachricht geben von den Fortschritten des Abdrucks, von Ihrem und der lieben Ihrigen Befinden, auch allenfalls was in Jena vorgeht; so wollt ich mich dagegen auch gern vernehmen lassen. Die Briefe, an die Gebrüder Boisserée in Heidelberg addressirt, würden mich überall, wo ich mich auch hinwende, treffen und könnte dadurch der Hoffnung leben, daß mein Andenken in Ihrem Kreise immer lebendig bliebe.

ergebenst

Weimar den 13. July 1816.

Goethe.


27/7455.


An Christian Gottlob Voigt

In beyliegendem Schreiben Nr. 137 wiederholt Lenz die fixe Idee, mit der er mich schon bisher geplagt, daß nämlich die Heimische Gebirgsfolge des Thüringer Waldes in Glasschränken aufgestellt werden möge.

Da ich aber auf dem Vorsatz, daß solche in Schubladenschränke, die wir seit so vielen Jahren zweckmäßig finden, niedergelegt werden solle, fest bestehen[87] zu müssen glaube; so kann solches nicht thun ohne Ew. Excellenz meine Gründe deshalb vorzulegen und um Beystimmung zu bitten.

Es mag hingehen, daß die oryktognostische Sammlung in Glasschränken aufgestellt sey, besonders fallen die obern großen überglasten Räume, wo die Prachtstücke aufgestellt sind, gut in die Augen und so auch die paar oberen Fächer. Je weiter es nun aber herunter kommt, um desto mehr werden die hintersten Exemplare verdeckt und das unterste Fach ist fast gar nicht zu sehen.

So liegen nun oft im Dunkeln, weil sie nach dem System gereiht sind, die prächtigsten Stücke, wie z.B. der Fall mit den Labradoren ist, oder wenigstens war. Rechnet man nun noch hinzu, daß mehrere Schränke gegen das Licht stehen, so würden, wenn es Ausrechnung gälte, zwey Drittel der Sammlung den Augen entrückt erscheinen.

Freylich ist das übrige Drittel noch prächtig und imposant genug und also für die gaffende Menge, der man was vorgaukeln will, immer hinreichende Stoff. Auch einseitige durchreisende Kenner begnügen sich mit dem was sie sehen, und finden Anlaß zu Belehrung und Bewunderung. Will man aber das Kabinett wirklich benutzen, dann geht erst die Noth an, wie ich sie noch erst bey meinem neulichen Aufenthalte erfahren habe.

Man muß eine Tafel aufstellen, die einzelnen[88] Kästchen herausklauben, die Nummern zu reihen suchen, eine Operation, die immer schwerer wird, je tiefer unten grade die Mineralien liegen, nach denen man fragt. Der Gehülfe muß sich auf die Erde legen um die hintersten hervorzuziehen, und wie schwer ist es, ja unmöglich bey Wiedereinräumen die Ordnung der Nummern beyzubehalten. Ein paar Versuche das Kabinett in systematischer Reihe zu betrachten haben mich abgeschreckt, dergleichen je wieder vorzunehmen, und ich bin überzeugt, daß seit dieser Einrichtung das Kabinett, in diesem Sinne, weder benutzt worden, noch benutzt werden kann.

Daß nun diese außer jenen Mängeln noch höchst platzvergeudende Einrichtung auch in den neuen Zimmern rechter Hand beybehalten wurde, geschah nicht nach meiner Überzeugung, doch mochte es der Conformität und des beliebten Scheins wegen hingehen, obgleich die daselbst aufgestellte Suitensammlung keineswegs augenfällig ist und bey Benutzung derselben nicht einzelne Stücke sondern ganze Reihen herausgehoben und betrachtet werden müssen. Wovon ich die abschreckende Unbequemlichkeit gleichfalls bey meinem letzten Aufenthalt erfahren habe.

In Vorgesagtem liegt nun der Grund, warum ich, der ich diesen Platz und Nutzung vergeudenden Unfug nicht wieder erneuert sehen wollte, die untere neu einzurichtende Gallerie mit Schränken zu besetzen den Vorsatz faßte, noch eh von der Heimischen Sammlung[89] die Rede war. Meine Absicht ging dahin, die unscheinbaren Gebirgsfolgen aus dem obern Stock herunter in die Schubladen zu nehmen und augenfälligere, deren es auch wohl giebt, dafür in die Glasschränke einzurangiren.

Nun kommt die Heimische Sammlung dazu, und wollte man solche in Glasschränke bringen, so würde der untere Raum aufgezehrt, vielleicht nicht einmal hinlänglich seyn, anstatt daß ich nach der gegenwärtigen Einrichtung die Bergrath Voigtische Suite des Thüringer Waldes und die Fichtelbergische hier unterzubringen hoffe.

Es ist ein bloßer Wahn daß man sich einbildet, eine solche Reihe mit dem leiblichen Auge übersehen und ihr folgen zu können und noch sogar, wie Lenz will, in einem Augenblick, welches gerade das Flüchtige und Unzulängliche solchen Aufstellens ausspricht. Und bedenkt man das was ich eben von der Verborgenheit des größten Theils der oryktgnostischen Sammlung gesagt habe; so wird man sich überzeugen, daß auf diese Weise die Heimische Sammlung für ewig vergraben seyn müßte.

Geheimerath Heim that einen Vorschlag in einem Brief an Lenzen, welcher viel vernünftiger ist, aber noch mehr Raum erfordert. Die Mineralien sollten auf lange Tafeln gelegt werden, dahinter Schränkchen, deren Thüren sich aufwärts aufklappen ließen, da man denn freylich, daran hergehend, die ganze Folge[90] übersehen könnte. Wer aber einigermaßen die Custoden und ihre Behandlungsweise kennt, wird sich überzeugen, daß in einigen Jahren Staub und Spinnen die Oberhand nehmen würden.

Was auch die Besuchenden, die flüchtig überschauenden Fremden Herrn Lenz mögen gejagt haben, so bleib ich doch des Glaubens, daß eine jede Folge dieser Art nicht mit den Augen des Leibes sondern des Geistes beschaut werden müsse. Dazu ist eigentlich der Catalog, ich hab ihn durchgelesen und weiß genau welche Rubriken ich zuerst vornehmen werde. Man zieht alsdann die Schubladen heraus, die ohnehin nummerirt sind und sich auf den Catalog beziehen müssen. Sind es mehrere die man zu übersehen wünscht, so sind Gestelle und Tafeln bereit, welche man in's beste Licht setzt, und so kann man, wenn man will, die ganze Folge auf's bequemste betrachten.

Ich war über diesen Gegenstand so weitläufig, weil ich wünschte, Ew. Excellenz die Lage der Sache ganz genau darzustellen und auch für die Folge die Ursache des Verfahrens bey den Acten aufzubewahren. Denn des guten Lenz Refrain wird ewig seyn: Glasschränke, Glasschränke! wobey er die Unart mit vielen Menschen theilt, daß nichts als was er besitzt oder gethan hat etwas gelten soll, wodurch er, trotz seiner guten Eigenschaften, oft unerträglich wird.

Beyliegende Verordnung habe ich in obigem Sinne aufgesetzt, wir wollen seyen, ob wir ihn dadurch im[91] Zaum halten, denn er ist in den Eigenwillen, diese letzten zehn wilden Jahre her, so recht hineingewachsen.

Weimar d. 13. July 1816.

Goethe.


27/7456.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

erhalten hiebey den ersten Quartat-Contract unserer neuen Einrichtungen.

Die Einnahme erklärt sich von selbst.

Die Ausgabe verlangt vielleicht nachstehende Bemerkung.

1) Ober-Aufsicht und Geschäftsführung.

Hier wird das Quartier, das benöthigte Holz aufgeführt. Ingleichen was meine, des Assistenten und des Bibliothekars Gegenwart erfordert, wodurch dieses Capitel in's Klare kommt und dessen Nothwendigkeit sich beurtheilen läßt.

2) Beyhülfe.

Hier würde nun das dem Jungen Göbel Gegönnte verschrieben werden.

Bey den nächstfolgenden ist nichts zu bemerken.

10) Neue Acquisitionen.

Diese Rubrik wird in der Folge leer bleiben. Ich glaubte aber auch wohlzuthun, diesen außerordentlichen Aufwand hier mit aufzuführen.

[92] 11) Generalia.

Dieses Capitel sollte meo voto in der Folge wenig oder gar nichts enthalten, sondern alles in die Capitel gewiesen werden wo es hingehört.

Die Gewährschaft betreffend.

a) Der Caffebestand läßt uns nach manchen Seiten hin Freyheit.

c) Sollte es nicht möglich seyn diesen Vorschlurß aus Ihro Kaiserl. Hoheit Caffe zu tilgen? und wenn man nur vierteljährig 100 rh. erhielte, so wären mir und die gute Fürstin der Sache ohne Beschwerde los.

h) Kann einstweilen beruhen, doch werden wir vor Abschluß der dießjährigen Jahresrechnung auch wohl in Ausgabe zu verschreiben haben.


Nach vorgezeichneten Nummern sind die Belege vor der Hand in Tecturen geordnet. Zu Michael kann die Sache nochmal bedacht und nach Überzeugung fortgesetzt werden, damit man nach geendetem Probejahr, in welchem doch auch so viel Neues und nie Wiederkehrendes vorgekommen, einen beschränkenden Etat aufsetzen könne, wodurch wir ganz allein zu freyer und mehr umsichtiger Behandlung als bisher begünstigt und berechtigt sind. Auf Ew. Excellenz günstige Theilnahme und Mitwirkung fördersamst vertrauend

Weimar d. 13. July 1816.

G.[93]


27/7457.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

verpflichten mich auf's neue durch den schnellen gefälligen Auszug der Recensionen; dabey bemerke ich, daß eigentlich die wilden Kriegszeiten meine Theilnahme unterbrochen haben. Möge uns äußere und innere Ruhe geschenkt seyn! so kommt ja wol auch die Lust zu solchen Arbeiten wieder.

Mögen Sie mir die Kupferplatte mit dem nächsten Boten übersenden, so könnte in meiner Abwesenheit die Vorbereitung zu meinem Hefte der »Münzbelustigungen« geschehen, welche wir herauszugeben willens sind. Ich erbiete mich gern zu einem Äquivalente oder sonstiger dankbarer Anerkennung.

Durch verschiedene Umstände bewogen, habe ich mich entschlossen nach Baden am Rhein zu gehen und wünschte wol, daß die überhäusten Geschäfte Ew. Wohlgeboren eine gleiche Veränderung erlaubten. Möchten Sie, damit meine Entfernung nicht auch eine Trennung werde, mir von Zeit zu Zeit einige Nachricht geben, was interessantes in unserm nordisch literarischen Kreise Bedeutendes vorgeht, wogegen ich aus dem südlichen einiges zu vermelden nicht ermangeln werde.

Es ist auch bey dieser Reise meine Absicht und Wunsch mit den Verfassern der Heidelberger Jahrbücher mehr Bekanntschaft zu machen und Neigung[94] und Richtung, wie sie in dortigen Gegenden obwaltet, näher kennen zu lernen.

Haben Ew. Wohlgeboren in jenen Gegenden irgend Bekannte und Geistesverwandte, mit denen ich ein freundlich Wort von unsern Verhältnissen sprechen dürfte, so würde mir, deren Namen zu erfahren, angenehm seyn.

Mich bestens empfehlend

ergebenst

Weimar den 13. July, 1816.

Goethe.


27/7458.


An die geistliche Behörde in Bingen

[Concept.]

An Ew. Hochwürden geht hiebey mit der fahrenden Post ein Verschlag ab, worin sich ein Bild befindet, welches angesehene und wohldenkende Personen am Rhein und Mayn der Capelle des hochgefeyerten Heiligen gewidmet. Man wünscht, daß die glückliche Ankunft desselben baldigst an Frau Antonie Brentano, geborne von Birkenstock in Frankfurt, sowie an Unterzeichneten vermeldet werde.

Die Beylagen erklären das Nöthige sowohl den Gegenstand des Bildes, als auch die Art den Kasten zu eröffnen und die künftige Behandlung des Gemäldes. Man wünscht glückliche Ankunft und geneigte Aufnahme.

Weimar d. 15. July 1816.[95]


Gegenstand des Bildes.

Der heilige Rochus, in Pilgerkleidung, verläßt den schon von Dienern und Freunden völlig verlassenen Palast. Zu seiner Rechten sitzt ein Kind auf der Stufe, sich am Geschenk des silbernen Geräthes und Perlengeschmeides, das ihm zu Theil geworden, erfreuend. Zu seiner Linken steht ein zu spät gekommenes um eine Gabe. Der Heilige schüttet freundlich die letzten Goldstücke aus dem Beutel, ja man erwartet, daß er den Beutel selbst hingebe.

Unten zu seiner Rechten springt ein frohes Hündchen in zu begleiten. Es kann hier nicht jener wundersam hülfreiche Hund verstanden werden, der den Heiligen in späterer Zeit speiste, man will nur hier seine Sanftmuth und Wohlthätigkeit auch gegen Thiere andeuten, wodurch er in der Folgezeit auch wieder von solchen Geschöpfen nach Gottes Willen erquickt wurde. Die gebirgige Gegend, in die man über die Hofmauer hineinsieht, deutet auf die rauhen Pfade, die er betreten wird. Der Zug Vögel auf Wanderschaft überhaupt.


Bey Öffnung des Kastens ist zu beobachten:

1) Daß die vier Nägel, die mit Kreuzen bezeichnet sind, ausgezogen werden.

2) Daß die beyden Deckel oben und unten eröffnet werden.

3) Wird sodann die Seite des Kastens, worauf die Addresse steht, aufgebrochen, da sich denn[96]

4) die inneren kleinen Bretter, in deren runden Öffnungen das Bild schwebend gehalten wird, entdecken und die Rolle sich leicht herausheben läßt.

5) Bittet man das Bild sobald als möglich auf den Blendrahmen zu bringen und es allenfalls bis dahin an einer Wand aufzuhängen.


27/7459.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

erhalten hiebey abermals eine Abtheilung der Reise. Sie haben also in Händen


Von Carlsbad bis Venedig . . .

182 Seiten

Venedig . . .

130 Seiten

Von Venedig bis Rom . . .

84 Seiten

396 Seiten


Hiezu würde noch vor meiner Abreise senden:


Römischer Aufenthalt bis Ende 1786 . . .

98 Seiten

494 Seiten


NB eingeschaltet . . .

12 Seiten

506 Seiten


und so würde dieser Band dem ersten der Biographie beykommen.[97]

Haben Sie die Gefälligkeit mir bald möglichst wie dieses allenfalls zutreffen könnte Notiz nach Heidelberg zu geben.

Das Beste Ihnen und den werthen Ihrigen wünschend will ich mich hiedurch, bis auf Wiedersehen, schönstens empfohlen haben.

Weimar d. 16. July 1816.


27/7460.


An Christian Gottlob Voigt

Zu Paris, in dem Magazin des vorzüglichsten Mineralienhändlers Allizeau & Comp., Quai Malaquais No. l5, befindet sich ein sehr gut präparirter Hippopotamusschädel, welcher für 150 Franken, vielleicht auch für 120 zu erhalten wäre. J. K. H. der Großherzog ertheilten Unterzeichnetem den Befehl gedachtes Präparat für das Museum von Jena anzuschaffen. Er schrieb auch deshalb an den Staatsrath von Treitlinger nach Paris, hat aber seither keine weitere Nachricht deshalb vernommen.

Da aber gedachter Schädel für die Jenaischen Museen sehr wünschenswehrt, so würde eine gefällige Nachfrage, ob man sich auf denselben noch einige Hoffnung machen dürfe, sehr dankbar anerkannt werden.

gehorsamst

Weimar d. 16. July 1816.

Goethe.[98]


27/7461.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

erlauben, daß ich eiligst und punctweise antworte.

1) Da Sie nach Durchlesung des deutlichen Manuscripts keine weitere Bedenklichkeit vor sich sehen, so wäre nur im außerordentlichen Fall hier anzufragen.

2) Der Holzschnitt ist gar gut gerathen und auch vollkommen correct. Diese Einschaltung wird sich gut ausnehmen.

3) Die Datums welche irren konnten habe ich ausgestrichen, wir wollen sie im Druck in blanco lassen, um anzuzeigen, daß eine neue Brief-Abtheilung angeht. Geschieht es uns ja wohl, daß wir einmal das Datum vergessen auszudrücken.

4) Das Fragzeichen fol. 50 habe ich ausgelöscht. Es galt nur zwischen mit und einem Leser.

Haben Sie den besten Dank für die Aufmerksamkeit! auf diese Weise gehen wir sicher und ohne weitläuftige Revision.

Venedig folgt hier zurück.

Rom bis Ende 1786 langt morgen an. Der Weg bis dahin ist auch in Ihren Händen.

Mögen Sie beyliegendem Bildchen einen Platz in Ihren Zimmern gönnen, so bin ich desto sicherer, daß[99] Sie mir in Gedanken in die heiteren Gegenden folgen in die ich mich begebe.

Ein glückliches und frohes Wiedersehen vom Herzen wünschend.

Weimar d. 17. July 1816.


27/7462.


An Carl Ludwig von Knebel

Da ich nun, mein theuerster Freund, künftigen Sonnabend von hier zu scheiden gedenke, in Hoffnung einem bessern Klima und günstigern Witterung entgegen zu gehen, so begrüße dich noch zum Abschied auf's freundlichste. Möge dir im stillen Thal alles Gute werden.

Gönne beykommendem Bildchen einen Raum an deiner Wand, damit du mein desto öfter und gewisser gedenkest.

Weiter weiß ich vor zuströmenden Schlußarbeiten nichts zu sagen, nur daß ich theilnehmenden Freunden nicht verhehlen kann, wie mein Sohn in das Haushaltungs- und Geschäftswesen dergestalt eingreift, daß ich mit völliger Beruhigung scheiden kann. Sey ihm freundlich, wenn er nach Jena kommen sollte.

Magst du mir in etwa 14 Tagen ein Wörtchen schreiben, so trifft es mich in Heidelberg bey den Gebrüdern Boisserée oder wird mir von da nachgesendet. Lebe wohl mit den lieben Deinigen, möge[100] der kleine muntere Schelm recht frisch und froh heranwachsen.

Weimar d. 17. July 1816.

G.


27/7463.


An N.N.

Es sollte einem fast bange werden unter seinem Dache hervorzugehen, da es in der Welt so toll und wunderbar aussieht. Für die Mittheilung des in manchem Betracht interessanten Briefs danke zum allerbesten.

W. d. 18. July 1816.

G.


27/7464.


An Carl Friedrich Zelter

Kaum hattest du mich verlassen, mein Theuerster, als der Versucher zu mir trat und zwar in mancherley Gestalt, und so gelang es ihm mich zu überreden, daß ich nach Baden am Rhein gehen müsse, wohin ich mich auch morgen über Würzburg und Heidelberg begebe, ohne einen Brief von dir gesehen zu haben.

Die vielfache Geschäftigkeit des Ordnens und Ablösens hat mich um die letzten Tage betrogen, womit ich denn sehr zufrieden bin, denn, aufrichtig zu gestehen, meine Lage ist mir noch gar zu fremd und wunderlich. Mache dich nun, sobald als Wiesbaden[101] seine Pflicht gethan hat, rheinaufwärts, wo wir uns denn wohl irgendwo treffen. Hofrath Meyer geht mit mir. Es wäre sehr löblich, wenn ich einen Brief von dir bey den Gebrüder Boisserée in Heidelberg fände, auf alle Fälle wird er mir nachgeschickt. Nun lebe wohl, denn es schwirrt noch gar manches um mich her. Geheimerath Schinkel war auf kurze Zeit hier, doch habe ich mit ihm angenehme und lehrreiche Stunden zugebracht.

Laß dir Hofrath Sartorius und seine Frau wohl empfohlen seyn. Es sind sehr wackre und brave Men schen, mir alte geprüfte Freunde.

Schreibe mir ob sonst ein Bekannter und sonstiger Badegast sich daselbst befindet und nun nochmals Adieu!

Weinmar d. 19. July 1816.

G.


27/7465.


An Georg Sartorius

Daß Sie, mein Theuerster, gerade nach Wiesbaden gehen, wo ich einmal aussetze, will mir nicht gefallen. Die Lage, in der ich mich befinde, ist mir noch so neu, daß ich mich an Freunden gern wiedererkennen möchte. Meiner herzlichen Theilnahme an den Ihrigen sind Sie versichert. Grüßen Sie mir die liebe kleine Frau tausendmal und gedenken meiner in Gesellschaft von Zeltern, die Ihnen gewiß genug thut.

[102] Ich eile nach Baden am Rhein, vielleicht bewegen Sie sich auch den alten Fluß aufwärts, und wir treffen einander irgendwo, möge es zur glücklichen Stunde geschehen.

Und nun ein herzliches Lebewohl!

Weimar, den 19. July 1816.

G.


27/7466.


An Christoph Ludwig Friedrich Schulz

Ew. Wohlgebornen

Verzeichniß der typographischen Sünden in unserm Abdruck hat mich wirklich erschreckt, und ich konnte mich nicht beruhigen bis ich in Jena wo das Manuscript geblieben war, fand, daß dieses die Schuld trug. Das ist aber nur ein leidiger Trost, mit einen paar Cartonen wäre der Sache abgeholfen gewesen.

Merkwürdig ist es, daß im Schreiben, besonders aber im Abschreiben oft, bey vielem Wiederholen derselben Sache, das Entgegengesetzte geschrieben wird. So emendirte ich, bey Übersetzung des theophrastischen Farbenbüchleins, Schwarz in Weiß, oder umgekehrt, ich erinnere mich selbst nicht mehr. Unser Freund Wolf freute sich darüber. Er habe, sagte er, zum Spaß schon einmal seinen Schülern vorausgesagt, daß dergleichen Emendationen vorkommen würden.

Dabey will ich nicht verhehlen, daß gerade diese Stelle und die darauf bezüglichen mir trübe geblieben,[103] und daß, weil mein Organ zu jenem Gewahrwerden nicht geeignet ist, der Wunsch bey mir recht lebhaft entstand, mich über diese Dinge mündlich mit Ihnen zu besprechen; dann würden auch für die Puncte, über welche wir dissentiren, Mittelbestimmungen gefunden werden.

Das Glück führte mir Zeltern auf zwey Tage hieher, was sehr wenig und sehr viel ist. Wir sind durch diese neue lebendige Anregung gewiß geworden unseres unzerstörlichen Gemeinseyns.

Auf dieser Stelle trifft mich Ihr theurer Brief durch Herrn Schinkel. Ihr Wohlwollen gegen die Schrift des Bergrath Voigt, das ich zwar erwartete, konnte mich doch höchlich erfreuen. Auch ich halte das für den rechten Weg. Manches läßt sich nicht besser ausdrücken und dann ist es sehr wacker, daß er dahin deutete, wohin er im Augenblick nicht gelangen konnte.

Nun kann ich erst, nach solchen Vorarbeiten, die Bruchstücke meines Gewahrwerdens ohne Noth und Qual herausgeben, und zum fernern Gebrauch den Lebendigen überliefern. Ein solches Buch ist auch: Jäger über die Mißbildungen der Gewächse Stuttgart 1814.

Mein kleines Heft: die Metamorphose der Pflanzen fiel vor 25 Jahren rechts und links in die Dornen und die Steine. Eine kleinere und größere Anstalt, wie ich das durchführen wollte, blieb liegen, weil[104] doch auch nirgendsher Theilnahme und Mitarbeit erschien. Nun, nach genanntem Werke, kann ich die uralten Kupferabdrücke monstroser Pflanzen illuminiren lassen und mit wenigen Bemerkungen mittheilen. Sie dienen auch diesem jüngeren Mann zur Förderniß.

Dr. Schopenhauer ist ein bedeutender Kopf, den ich selbst veranlaßte, weil er eine Zeitlang sich hier aufhielt, meine Farbenlehre zu ergreifen, damit wir in unsern Unterredungen irgend einen quasirealen Grund und Gegenstand hätten, worüber wir uns besprächen. Da ich in der intellectuellen Welt ohne eine solche Vermittlung gar nicht wandeln kann, es müßte denn auf poetischem Wege seyn, wo es sich ohnehin von selbst giebt.

Nun ist, wie Sie wohl beurtheilen, dieser junge Mann, von meinem Standpunct ausgehend, mein Gegner geworden, zur Mittelstimmung dieser Differenz habe ich auch wohl die Formel; doch bleiben dergleichen Dinge immer schwer zu entwickeln.

Möge ich doch bald über Ew. Wohlgeb. Befinden beruhigt werden, worüber mich sowohl Zelter als Schinkel in Sorge gesetzt haben.

Und nun muß des, leider allzukurzen, Besuchs des Herrn Geheimerath Schinkel gedenken, dessen schöne Einsicht und Thätigkeit mich sehr erfreut und belebt hat. Einem so reichen Talent ist ein so weiter Wirkungskreis zu gönnen. Manche bedeutende Puncte durchzusprechen verhinderte die Kürze der Zeit, doch[105] vielleicht läßt sich's nachholen, indem ich ihn am Rhein zu treffen hoffe, da ich eben im Begriff bin nach Heidelberg abzugehen und von da mich nach Baden zu begeben. Die herrliche Boisseréesche Sammlung wird auf dieser Tour ein sehr leuchtender Punct seyn.

In diesen letzten Tagen haben mich die entoptischen Farben noch sehr beschäftigt. Wenn man zwey starke Octavbände über einen Gegenstand hat drucken lassen, und sich in derselben Region wieder auf einmal vor einem Abgrund sieht, so giebt dich gewiß so eine herzerhebende Empfindung. An dieser Entdeckung liegt eigentlich das Wort des Räthsels, das sich aber selbst aussprechen muß. Die Phänomene schließen sich ganz natürlich an alle übrigen an, ich behandle sie nach meiner alten Art, indem ich sie wechselsweise in's Einfache ziehe und in's Mannigfaltige treibe.

Da Sie aus dem Schweiggerschen Journal die Umkehrung der Erscheinung kennen, so brauche ich kaum zu sagen, daß der hier hervortretende Gegensatz mit dem der physiologen Erscheinungen völlig identisch ist.


Und so würde ich fortfahren wenn nicht meine morgen bevorstehende Reise nach Baden am Rhein mich unterbräche.

Das Beste wünschend in Hoffnung guter Nachrichten von Ihrer Seite bey meiner Rückkehr.

Weimar d. 19. July 1816.

Goethe.[106]


27/7467.


An Thomas Johann Seebeck

[Concept.]

Ihr werthes Schreiben trifft mich gerade in dem Augenblick, da ich mich zu einer Reise nach Baden am Rhein bereite. Mehr Anstoß und Einladung als innerer Trieb bestimmt mich zu diesem Schritte, der denn doch am Ende, wie die Freunde glauben, mir heilsam werden kann. Das hülfreiche Betragen meines Sohnes in der gegenwärtigen Epoche kann ich nicht genug rühmen. Haushaltung und Geschäfte laß ich in seinen und andern treuen Händen und kann von dieser Seite ganz beruhigt wandern. Hofrath Meyer begleitet mich und so kann man es denn wohl nicht besser wünschen.

Boisserée hat mir von Ihnen und den theuren Ihrigen das Liebste und Beste geschrieben, möcht ich nun auch, wie er, Ihres belehrenden Vortrags mich erfreuen.

Die von Ihnen entdeckten merkwürdigen Farben haben mich diese ganze Zeit her unablässig beschäftigt. Sie kennen aber meine Art und Weise wie langsam ich die Approchen gegen eine solche Festung führe. Geben Sie mir gelegentlich eine Ansicht auf welchem Puncte Sie geschlossen haben und was Sie späterhin vorzunehmen gedenken.

Bey meinen Versuchen hat mir ein trefflicher russischer Glimmer von der feinsten und klarsten[107] Sorte sehr gute Dienste geleistet, er kam wie gerufen von Petersburg. Lenz ist angewiesen Ihnen einige Blättchen zu senden, ich hoffe sie sollen bald anlangen. Merkwürdig fand ich, da ich viele Blätter zwischen den Spiegeln versuchen konnte, Abweichungen im Einzelnen, doch immer dasselbe Gesetz aussprechend, nur hie und da unsicherer, weniger entschieden. Ich habe Acten darüber geführt, konnte aber vor der Abreise nicht zur Redaction kommen, die ich jedoch nach meiner Rückkehr hoffe. Ich sende den Aufsatz alsdann zu gefälliger Prüfung.

Auf die Majolika des Herrn von Derschau behalten Sie ein wachsames Auge, 100 rh. Sächs. (180 fl.) gäb ich wohl dafür. Dergleichen Gegenstände haben etwas Zerstreuendes. Unschuldige Liebhabereyen erinnern an gute Zeiten und führen sie gleichsam zurück. Wegen der Glasfenster verhandeln wir in der Folge, freylich müßt ich wegen des Einpackens der Majolika Ihre freundschaftliche Sorgfalt erbitten, es würde vielleicht am besten seyn sie in mehrere Kisten zu packen.

Biot Physique experimentale finde ich vielleicht in Heidelberg. Ich werde auf die Capitel, die mich zu nächst interessiren, aufzumerken nicht verfehlen.

Mehr sag ich nicht, nur füge ich noch den Wunsch hinzu, daß Sie und die lieben Ihrigen froh zusammen seyn und bleiben mögen. Auch darf ich wohl hoffen einen Brief von Ihnen: abzugeben bey den Gebrüder[108] Boisserée in Heidelberg, in der schönen Rheingegend, will's Gott bey besserem Wetter, zu finden.

Weimar d. 19. July 1816.


27/7468.


An Johann Georg Lenz

Weimar d. 19. July 1816.

Ew. Wohlgeb.

erhalten hiebey den mitgetheilten Brief. Ich zweifle nicht, daß unsere schönen Anstalten unter Ihrer Leitung, wie bisher, glücklich gedeihen werden. Mögen Sie ein paar Blättchen von dem schönen Glimmer zwischen zwey Pappen gelegt an Herrn Dr. Seebeck nach Nürnberg schicken, so werden wir dieses vorzüglichen Mannes Versuche auch von unserer Seite unterstützen. Leben Sie recht wohl und bleiben meiner eingedenk.

Goethe.


27/7469.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

[19. July 1816.]

P. P.

Sie Sonne Ew. Königl. Hoheit Gnade und Gunst war von jeher das Lebensprinzip meines Daseyns, und wie tröstlich erscheint sie mir nun, da sie auf den dunkeln Grund meines Zustandes die heitersten Farben des Wohlwollens geneigtest ausdrückt.

[109] Verzeihen Ew. Hoheit diesen orientalischen Anfang! Das mitgetheilte Blatt erregte solche Bilder, aber unmittelbar aus der Tiefe des reinen Gefühls. Seltsam erscheint freylich der Styl des prosaischen Canzleyverwandten. Es sind dieselben Bilder, die man im Orient schon über tausend Jahre braucht, die in der Reihe der Zeiten sich selbst überbietend, endlich zu Schwulst aufgelaufen und zu Phrasen geworden, nothwendig ein Lächeln erregen. Doch läßt sich nicht leugnen, daß im Gange und am Schlusse des Schreibens, etwas freundlich Naives die Oberhand behält. Das Original, nach zurückbehaltener Copie, lege schuldigst wieder bey, mit Bitte meinen verpflichteten Dank dafür vorläufig gelegentlich gefälligst abzustatten.

Bey der, auch in diesen Gegenden höchst unerfreulichen, lästigen und schädlichen Witterung bin ich in Gedanken kaum von Ew. Hoheit Seite gewichen, bedauernd, daß der sonst so angenehme Aufenthalt dießmal das ländliche Vergnügen so wenig begünstigt.

Daß der verehrteste Fürst sich in Wiesbaden wohlbefindet, gereicht allen seinen Treuen zum höchsten Trost. Mit der Geselligkeit scheint derselbe, wie man mir aus Briefen versichern wollte, nicht eben so zufrieden zu seyn.

Nächsten Sonnabend gedenke nach Baden am Rhein abzugehen. Cotta's wiederholte dringende Einladung war kaum abzulehnen, und den Gebrüdern Boisserée[110] leuchten so glückliche Sterne, daß ich mich nicht enthalten kann in die Constellation mit einzutreten. Meinen Weg werde über Würzburg nehmen, um das uneinige Frankfurt in diesem Augenblick nicht zu berühren. Höchst wünschenswerth wär es mir gewesen ew. Hoheit auf dieser Reise aufwarten zu dürfen. Habe ich das Glück Ihro Höchsten Anverwandten mich vorzustellen, so darf ich mich wohl Ew. Hoheit Huld und Gnade rühmen.

unterthänigst.

Weimar d. 17. July 1816.


27/7470.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

vermeide schuldigst nahestehendes, was von einiger Bedeutung in meinem Kreise vorgefallen.

1) Die Zeichenschule im Jägerhause ist eröffnet worden, und sogleich hat sich der Vortheil der Einrichtung hervorgethan, daß man die Schüler in Classen ordnete und in zwey Zimmer vertheilte. Dadurch ist die Ruhe auf einmal entschieden und die Aufmerksamkeit hergestellt. Der Eifer unter den Kindern ist groß, wir wollen suchen, diesen Sommer über soviel Feuer in die Sache zu bringen, daß der Winterfrost allenfalls überwunden werden kann.

Der Anbau auf der Esplanade ist auch im vollen[111] Gang. Das ausgegrabene Erdreich, da ein Keller angelegt wird, konnte gleich zum Aufschütten hinter dem Vorwerke gebraucht werden. Haben wir diese noch beabsichtigten Räume, so sind Lehrer und Schüler wohl untergebracht, und man darf unter diesen Umständen gute Früchte erwarten.

2) Wegen des Bildhauer Kaufmann habe ich die Sache mit Jagemann beredet, und ist diesem ein kleiner Aufsatz gegeben, wornach er ihm den Antrag ma chen kann. Die Zeichnung zu dem großen Altarblatt ist von obenherein schon ausgeführt. Der Gedanke ist recht gut. Wir haben über die räumliche Einrichtung des Ganzen freundliche Rücksprache genommen.

3) Das Heimische Kabinett ist in 7 Kisten in Jena angelangt, die Einrichtung des Zimmers, wo es ausgestellt werden soll, durch Umstände verzögert. Der Catalog zeugt von unglaublicher Aufmerksamkeit des Mannes auf diese Gegenstände.

4) Döbereiner richtet sich ein. Seine große zielgemäße Thätigkeit macht Freude. Er spricht nicht ein Wort, das nicht belehrend wäre. Ew. Hoheit haben ihn gut gebettet, und er wird uns bleiben.

5) Das Stück Garten der Sternwarte gegenüber lassen wir nicht aus dem Auge; die Forderung: von 800 rh. für 79 ☐Ruthen Fläche ist freylich unverschämt.

6) Die Medaillen von Paris sind auch zu uns[112] gelangt. Ew. Hoheit haben sie gesehen, man kann damit gar wohl zufrieden seyn. Das Gewand nimmt sich recht gut auch, doch konnten wir uns mit dem vorgeschlagenen Lorbeerkranz nicht befreunden und haben darauf gestimmt, daß es bey der ersten Bestellung sein Bewenden haben möge.

Futterale sind auch bestellt, für die goldenen sämmtlich, für die silbernen zwölf.

unterthänigst

Weimar d. 19. Jul. 1816.

J. W. v. Goethe.


27/7471.


An Antonia Brentano

Von Weimar kann ich nicht abgehen, verehrte Freundin, ohne Sie aus der Ferne zu begrüßen und zu melden daß ich mich von der Stelle bewege. Veranlaßt für diesmal nach Baden zu gehen, nähere ich mich dem Rhein, mich von Ihnen entfernend.

Die Hoffnung bleibt mir, daß es möglich seyn werde mit den Gewässern abwärts zu ziehen und bey Ihnen einzukehren. Nothwendig war es meine gegenwärtige Lage zu verändern. Freunde die mich forttreiben Versprechen das Beste.

Gedenken Sie mein am 16. August. Das Bild des Heiligen ist an die geistliche Behörde zu Bingen abgegangen mit dem Ersuchen, Ihnen von der glücklichen Ankunft desselben Nachricht zu ertheilen. Wir[113] wollen dieses Gemälde für kein vollendetes Meisterwerk ausgeben, aber es hat eine gute Anlage und ist vor Auge und Geist faßlich und wird den unbefangenen Blick ansprechen. Zeit und Weihrauchdampf mögen dann auch das ihrige thun.

Mögen Sie mir ein Wort nach Heidelberg schreiben, es findet mich entweder bey den Gebrüder Boisserée oder wird mir nachgesendet.

Von Ihren freundlichen Gesinnungen hat mir auch Herr von Stein gemeldet und sie für die seinigen erklärt. Wie doppelt werth mir Neigung und Vorsorge geprüfter Freunde in diesem Augenblicke seyn müssen, fühlen Sie selbst und empfinden meine Dankbarkeit, die ich auszudrücken nicht wage.

Und hier will ich denn den Gegenstand jenes frommen Bildes einigermaßen beschreiben, da es mir nicht gelang Ihnen eine Skizze davon, wie ich wünschte, zu übersenden:

Der heilige Rochus, in Pilgerkleidung, verläßt den schon von Dienern und Freunden völlig verlassenen Palast. Zu seiner Rechten sitzt ein Kind auf der Stufe, sich am Geschenk des silbernen Geräths und Perlengeschmeides, das ihm zu Theil geworden, erfreuend. Zu seiner Linken steht ein zu spät gekommenes um eine Gabe. Der Heilige schüttet freundlich die letzten Goldstücke aus dem Beutel, ja man erwartet daß er den Beutel selbst hingebe. Unten zu seiner Rechten springt ein frohes Hündchen, ihn zu[114] begleiten. Es kann hier nicht jener wundersam-hülfreiche Hund verstanden werden, der den Heiligen in späterer Zeit speiste, man will nur hier seine Sanftmuth und Wohlthätigkeit auch gegen Thiere andeuten, wodurch er in der Folgezeit auch wieder von solchen Geschöpfen nach Gottes Willen erquickt wurde. Die gebirgige Gegend, in die man über die Hofmauer hineinsieht, deutet auf die rauhen Pfade, die er betreten wird, der Zug Vögel auf Wanderschaft überhaupt.

Womit der Wanderer sich und seinen Heiligen empfiehlt

Weimar d. 19. July 1816.

Goethe.


27/7472.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wie leid es mir thut Sie, mein guter Riemer, mit meinem Sohne in einem Verhältniß zu sehen welches mir nicht erlaubte Sie einzuladen, muß ich aussprechen eh ich scheide.

Möge bey meiner Rückkunft alles ausgeglichen seyn.

Das Osteologische Manuscript wünsche auf die Reise mit. . diese Gegenstände sind in der Welt sehr rege. Geben Sie es an Überbringer.

Der kleinen Frau die schönsten Grüße

W. d. 19. Jul. 1816.

G.[115]


27/7473.


An Amalie Gildemeister

Bey der Veränderlichkeit irdischer Dinge kann uns nichts erfreulicher seyn als zu erleben daß frühere, auf reine Verhältnisse gegründete Empfindungen die größte Dauer haben. Sie sind überzeugt daß in diesem Sinne Ihr werthes Blat für mich den höchsten Werth behalten muß.

Dankbar

W. den 20. Jul. 1816.

Goethe.


27/7474.


An Carl Friedrich Ernst Frommann,Thomas Johann Seebeck, Sulpiz Boisserée,

Johann Friedrich Cotta und

Johann Jakob von Willemer.

Am 20. July früh 7 Uhr fuhr ich mit Hofrath Meyer von Weimar ab, um 9 Uhr warf der Fuhrknecht höchst ungeschickt den Wagen um, die Achse brach, mein Begleiter wurde an der Stirn verletzt, ich blieb unversehrt. Hiebey blieb nichts übrig als nach Weimar zurückzukehren, wo wir denn auch gegen 1 Uhr wieder anlangten. Die Störung des Vorhabens und die Verwundung des Freundes machen es ungewiß, ja unwahrscheinlich, daß ich die Reise von neuem antreten werde. Nur soviel hab ich Ihnen eiligst melden wollen. Sie höchst verdrießlich mir dieser Vorfall sey bedarf keiner Betheurung.

Das Beste wünschend

Weimar d. 22. July 1816.

Goethe.[116]


27/7475.


An die Großherzogin Louise

Ew. Königl. Hoheit vergönnen, daß ich mich wieder in Weimar melde.

Am 20. dieses früh 7 Uhr fuhr ich von hier ab, um 9 Uhr, kurz vor Münchenholzen warf der ungeschickteste aller Fuhrknechte den Wagen um, die Achse brach und der gute Meyer wurde an der Stirne beschädigt. Das heftige Bluten der Wunde schien mir bedenklich, wir rafften uns so gut wir konnten aus dem Wagen. Hier war nichts zu thun als Succurs von Weimar zu berufen, welcher denn auch nach einigen Stunden ankam, die wir glücklicher Weise bey heiterem Himmel im Freien zubrachten.

Meyers Wunde hat nur die Haut gespalten und ist nicht gefährlich, doch unter vierzehn Tagen an keine vollendete Heilung zu denken, dadurch würde eine ohnehin etwas weit ausgreifende Reise verspätet, und ich habe mich daher, um den besten Monat nicht zu verlieren, ganz kurz entschlossen nach Tennstedt zu gehen. Hofmedicus Rehbein, der diese Wasser genau kennt, bestärkte mich darin und verspricht mir die beste Wirkung. Hatte man mir doch vor einigen Jahren ähnliche Quellen angerathen. Das mir den Gedan ken sehr annehmlich machte war die Nähe von Weimar, sobald Hofrath Meyer geheilt ist folgt er nach.

[117] Soviel habe ich für Schuldigkeit erachtet Ew. Königl. Hoheit, Höchstihro Theilnahme versichert, unterthänigst zu melden.

Möge die Atmosphäre, die sich zu recolligiren scheint, Ew. K. H. Aufenthalt zum Schlusse begünstigen.

Weimar d. 22. July 1816.


27/7476.


An Carl Friedrich Zelter

Unterm 19. ist ein Brief an dich abgegangen, worin ich meinen Entschluß nach Baden zu gehen vermeldete, Cotta hatte mir daselbst, im Badischen Hofe, ein Quartier bestellt. Heute erhalte ich deinen lieben Brief, der mir anzeigt, daß du mir in Wiesbaden, in der Rose gleichfalls ein Unterkommen besorgt hast. In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen, wer weiß aber welche ich beziehen werde, da man mir heute durch einen Boten in Tennstedt das dritte bestellt hat. Wende das Blatt um, und lies die lamentable Geschichte. Das der Mensch denkt wird anders gelenkt, es sey nun daß sich die obern oder untern Dämonen darein mischen. Sobald ich in Tennstedt angelangt bin, in Gottes großer Caserne mein Kästerchen, (nach neuer deutscher Mundart meine Kofe) bezogen habe, sende ich einen Brief an dich. Denn dieses Tennstedt liegt nicht außerhalb der Welt; du findest es auf jeder Postcharte,[118] zwischen Langensalze und Weißensee, auf dem Wege nach Leipzig. Ich sehne mich unsäglich in's Wasser, und zwar dießmal in Schwefelwasser, denn weder Gelenke noch Haut wollen mehr dem Willen gehorchen und spielen ihr eignes unbequemes Spiel. Antworte mir sogleich nach genanntem Ort, wohin von Erfurt aus schnelle Spedition ist. Eh ich reise schick ich ein Exemplar deiner Lieder an André nach Offenbach. Ich freue mich sehr, daß meine byzantinische düstre Ableitung dich hat anziehen können, ohne dergleichen Begründung und Ableitung ist alles Urtheil Narrensposse und damit ist's noch nicht gethan, denn es gehört noch ein ganzes Leben Betrachtung und That hinzu, deshalb gönn ich Niemanden die Oberfläche der Erde lieber als dem Pfuscher, der mit behaglicher Heiterkeit Nachsicht fordert, mit scheinbarem Ernst ein aufrichtiges Urtheil verlangt und mit bescheidener Anmaßung recht viel gelten will. Möge mein Commentar gegen deinen Text dankbar seyn.

Es ist mir diese Tage viel Gutes und Liebes widerfahren. Ältergewordene, seit 25 Jahren nicht gesehene jüngere Freunde kamen unversehens und freuten sich vieles an der alten Stelle und manches Vorgeschrittene vorschreitend zu finden. Am Abende des 20., da ich mit Protest zurückgewiesen wurde, fand ich Chladni, der, die Meteorsteine und die Klangfiguren hartnäckig durcharbeitend, sich ein großes Verdienst macht. Er[119] arbeitet für eine Zeit, wo man sich wieder freuen wird von andern zu lernen und dankbar zu benutzen, was sie, durch Aufopferung ihres Lebens, mehr für andere als für sich gewonnen haben. Wenn man jetzt, sogar vorzüglichen Menschen, von etwas spricht was sie durch Überlieferung lernen sollten, so versichern sie, mit bescheidenem Ernst, sie hätten noch nicht Zeit gehabt es zu untersuchen.

Gebe dir Gott wenig gelehrige Schüler, damit doch etwas von deinen Tugenden auf der Erde bleiben möge, die andern aber, die sich dem Höchsten gleich stellen, indem sie auf den ersten Stufen krabbelnd dem Scheine huldigen, die laß ja in ihrer Behaglichkeit, denn es wäre Sünde ihre Welt zu zerschlagen.

Man sollte eigentlich nicht wiederkehren wenn man abgeschieden ist, doch dießmal gelang es mir noch, der Unterschied war nur um wenig Stunden. Indessen ist es doch wunderbar, das Leben krallt sich gleich wieder an, und ich habe gerade durch die Haft des Zustandes, weil man mich gleich wieder zu verlieren gedenkt, soviel erfahren und gewirkt als sonst in Wochen.

In meinem Hause sieht's ganz freundlich aus. August, wie du ihn kennst, greift in alles ganz verständig ein, wir haben in wenigen Stunden Fundamente zu künftigen Winterunterhaltungen gelegt. Chemische und physische Fördernisse sind mir auch geworden, so daß ich nicht weiß ob ich mich beklagen soll[120] heute Abend nicht in Würzburg einzutreffen. Herrn v. Hundeshagen grüße zum allerschönsten, danke für seinen Brief, ich werde nächstens schreiben.

W. d. 22. Jul. 1816.

G.

Hast du Auslagen wegen des bestellten Quartiers, so erstatte ich sie mit Dank.


Um 20. dieses früh 7 Uhr fuhr ich von hier ab, um 9 Uhr, kurz vor Münchenholzen, warf der ungeschickteste aller Fuhrknechte den Wagen um, die Achse brach und der gute Meyer wurde an der Stirne beschädigt. Das heftige Bluten der Wunde schien mir bedenklich, wir rafften uns so gut wir konnten aus dem Wagen. Hier war nichts zu thun als Succurs von Weimar zu berufen, welcher denn auch nach einigen Stunden ankam, die wir glücklicher Weise bey heiterem Himmel im Freien zubrachten.

Meyers Wunde hat nur die Haut gespalten und ist nicht gefährlich, doch unter vierzehn Tagen an keine vollendete Heilung zu denken, dadurch würde eine ohnehin etwas weit ausgreifende Reise verspätet, und ich habe mich daher, um den besten Monat nicht zu verlieren, ganz kurz entschlossen nach Tennstedt zu gehen. Hofmedicus Rehbein, der diese Wasser genau kennt, bestärkte mich darin und verspricht mir die beste Wirkung.

Hatte man mir doch vor einige Jahren ähnliche Quellen angerathen. Was mir den Gedanken sehr annehmlich[121] machte war die Nähe von Weimar, sobald. Hofrath Meyer geheilt ist folgt er nach.

W. d. 22. Jul. 1816.

G.


27/7477.


An Johann Heinrich Meyer

[Concept.]

Tennstedt am 29. Jul. 1816.

Mein sehnlichster Wunsch ist zu erfahren wie es Ihnen geht?

Daß Sie nicht mitreisten war für uns beyde ein Glück, denn ich habe niemals soviel Noth und Qual auf einem Wege von acht Stunden erlebt.

Daß Sie nicht hier sind darüber tröste ich mich auch, denn diese Witterung macht den Ort zu einem leidigen Aufenthalt, wo bey schönem Wetter wirklich ein thüringisches Paradies möchte gefunden werden.

Ich habe angefangen die Lage des Orts zu beschreiben, sie ist sehr merkwürdig und hat vielleicht nicht ihres gleichen.

St. Rochus-Fest ist gefördert. Mögen Sie den verabredeten Aufsatz indessen zu Stande bringen, so können wir Michaelis das zweyte Heft zum Druck befördern.

Schreiben Sie mir gefälligst wie weit Sie gekommen sind. Ich sende dagegen vielleicht bald das Schema von Künstler-Freiheiten, -Muthwillen und -Grillen. Dergleichen Dinge führen nur zu weit sobald[122] man sie ernstlich betrachtet, weil sie überall hingreifen.

Das Wetter ist fürchterlich. Gestern, in einem freundlichen Zwischenmomente, sahe ich, vom Thurm, den Ettersberg als wenn man ihn mit der Hand fassen sollte; da betrübte mich erst recht der unwegsame Zwischenraum, der mich weiter von Weimar entfernt als dreißig Meilen Chaussee. Und so müssen wir denn wieder im Islam, (das heißt: in unbedingter Hingebung in den Willen Gottes) verharren, welches uns dann fernerhin nicht schwer seyn wird, wenn es uns ein wenig glimpflicher geht als bisher.

Eine wundersame Kunst und Fabrik-Erscheinung!

In meinem Zimmer sind französische Papier-Tapeten, die mich schon sechs Tage in Erstaunen setzen.

Damit dieselben Bilder, welche die Wand füllen sollen, nicht zu oft wiederkehren; so sind vier größere und vier kleinere Späße ausgedacht, nach Categorieen die den Dichter beschämen könnten.

Die Bilder sind braun in braun, drey Tinten, dem Grund und dem aufgehöhten Weiß; also mit der heiligen Siebenzahl verfertiget! Die Patronen müssen in das feinste Messingsblech geschnitten seyn und doch begreift man es noch nicht; denn jede Technik hat ihre Geheimnisse.

So scheint mir zum Beyspiel einiges nur dadurch zu erklären, daß sie zuletzt den Grund, der sollte stehen geblieben seyn, noch einmal oben auftragen.[123]

Genug was Licht, Schatten, Haltung, Local-Tinten vermögen, ist eben so zierlich als flügelmännisch zum Effect benutzt.

Es ist als sähe man ein französisches Theater. Ich bringe ein paar Rollen mit.

Ja ich habe sogar die Grille, daß wir diese Dinge den Schülern, die aus der zweyten Classe scheiden sollen, als Übung, zum Probestück zumuthen könnten.

Hier ist noch keine Farbe; aber mehr als Farbe, da Helleres oder Dunkleres durch den Localton, wie im Kupferstich, gegeben ist.

Und so sehen Sie hier ein Exerzitium wie ich, als Schreibemeister zu Tenstet, ein sonderbares Leben, in der absolutesten Einsamkeit führe. Geben Sie mir bald Nachricht, mein Sohn theilt die andern Tagesblätter mit. Möge Ihre Wunde völlig geheilt seyn.

G.


27/7478.


An August von Goethe

Auszug aus dem Tagebuche.

Donnerstag den 25. July.

Um 5 Uhr aufgestanden. Reinecke Fuchs revidirt, das erste Buch. Gebadet. Schema zum Rochusfest. Zu Kreisamtmann Just. Mit Dr. Schmidt an den Brunnen. Gesellschaft daselbst. Hauptmann von Krug. Von Lauchstedt bekannt. Leidend an den Folgen unseliger Feldzüge. Gewitter, gewaltsamer[124] Platzregen. Mittag für mich. Am Schema dictirt. Mit Carl das Thal aufwärts. Mühle, durch heftig quellende Quellen auf der Stelle getrieben. Mühlsteine von Grawinkel auch hier gebraucht. Müllerin, wegen alter Erinnerungen freundlich behandelt. Um die Stadt an der einen Seite. Spät das Schema zum Rochus corrigirt.


Freitag den 26. July.

Um 5 Uhr aufgestanden, an St. Rochus corrigirt. Gebadet. St. Rochus weiter. Schwefelwasser getrunken. Fortgearbeitet. Geschlafen. Für mich gegessen. Fortgearbeitet. Carl schrieb ab. Unterhaltung mit Dr. Schmidt. Lateinisches Gedicht von Camerarius auf die Wasser von Plombieres, sehr schön und erfreulich. Hauptmann von Krug brachte mir eine poetische Arbeit, die er, schwer blessirt, in Rußland gefangen, im schlimmsten Zustande begonnen hatte. Ein schon vorhandenes spanisches Rittergedicht, in guten Octaven nachgebildet. Es fehlte mir nicht an Zeitungen, Hallischen Litterarischen, Gothaischen, Leipzigern, Frankfurtern.


Sonnabend den 27. July.

Früh aufgestanden und gebadet. St. Rochus gefördert. Zum Brunnen mit Dr. Schmidt. Einige Bekanntschaften gemacht. Ging mit ihnen durch die Linden-Allee in den Gesellschaftsgarten. Alles ist so löblich und läslich daß nichts als gutes Wetter[125] fehlt. Als ich nach Versteinerungen fragte ward mir ein versteinerter Kindes-Fuß angekündiget.

Ich hoffte irgend eine Krokodilspfote, obgleich nicht wahrscheinlich in unsern Flötzkalksteinen. Man brachte mir das Exemplar. Es ist würklich ein wundersames Naturspiel, aber anorganisch. Das Nähere ist aufzuzeichnen. Mittag allein. St. Rochus gefördert. Bey den freundlichen Wirthsleuten. Für mich, wie immer nachdenklich.


Sonntag den 28. July.

Um 6 Uhr aufgestanden. An die Quelle. Mit Baron v. Oldershausen, Gespräch, der mich wegen meiner Rückreise beruhigte, versprechend mich um den gefährlichen Damm herumzugeleiten. Versuch die untere Vorstadt zu durchwandern. Durch den Koth gehindert. Zurück. Gebadet. Besuch von Hofrath Brand. Nachricht von einem Concert welches der vorzügliche Hautboist Hermstedt, Musikdirector in Sondershausen, nächsten Dienstag, als den 30. hier geben wird. Wahrscheinlich kommt der Herzog von Gotha von Gräfentonna herüber. Mit Dr. Schmidt auf den Thurm. Begriff von der Lage der Stadt. Nichts fehlt als gutes Wetter um höchst angenehm hier zu leben.


Montag den 29. July.

Um 6 Uhr aufgestanden, es hatte die ganze Nacht geregnet und fuhr so fort. Zu Hause das[126] Wasser getrunken. Gebadet. St. Rochus Abschrift gefördert. Herr Dr. Schmidt. Über manche Verhältnisse, der früheren Lage. Hauptmann von Krug communizirte mir v. Fouquee Gedichte. Mittag allein. St. Rochus Abschrift vollendet. Mit Carl um die Stadt, entsetzlicher Koth, schöne An- und Aussicht. Im Osten immer der Ettersberg und in der Nähe manches Interesse.


Dienstag den 30. July.

Und so wollen wir heute diese Depesche schließen, weil Mittwoch früh Herr von Böhme nach Weimar abgeht und glücklich für ihn zu Pferde. Doch auch so mag er sich wahren. Aus Beyliegendem siehest du, daß wir uns wohl gehalten haben. St. Rochus im ersten und sodann mundirten Concept macht ein beschriebenes halbes Buch Papier. Das wäre freylich nicht bey schönem Wetter zu Stande gekommen.

Von fünf Bädern läßt sich nichts sagen, das schlechte Wetter hindert am regelmäßigen Trinken; aber ich habe gute Kennzeichen, daß die Quelle mir heilsam seyn wird. Laß dir Böhmen den eigentlichen Zustand erzählen, für mich würde bey gutem Wetter nichts zu wünschen übrig lassen.

Mögen acht Tage vorbey gehen! Dann melde ich das Nähere: denn wer will in den ersten Tagen ausreichend über neue Zustände sprechen.

Laß an die Frau v. Stein, an Herrn Geheimenrath[127] und Staats-Minister v. Voigt was Schickliches gelangen. Herrn Hofmedicus Rehbein und Herrn Regierungs-Rath Schmidt sage das Beste.

Findet sich Zeit so sage ich noch ein Wort vom Concerte.


Um vier Uhr als ich ins Concert gehen wollte traf Hofr. Meyer glücklich ein. Da er hier ist sey er willkommen gerathen hätt ich's nicht.

Carl macht seine Sachen Exellent, und nun, als Diener zweyer Herren, wird es erst recht glänzen.

Das Bad bekommt mir wohl das Wetter hindert an allem Guten.

Den Treppen Riss überleg ich. Grüsse Kräuter und befinde dich wohl.

Tennstedt d. 30. Jul. 1816.

G.


27/7479.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz ist die, auf Serenissimi gnädigsten Befehl, angetretne Unterhandlung mit dem Bildhauer Kaufmann in Rom bekannt und waren Dieselben diesem Unternehmen selbst günstig. Zu Anfang July ging, durch Professor Jagemann, ein Blatt mit Bedingungen ab, worauf denn freylich erst im halben August Antwort erfolgen könnte.

Da nun Ihro Kaiserliche Hoheit die Frau Erbgroßherzogin eine Rolle mit Zeichnungen gesendet wie[128] Ihro neuen Zimmer verziert werden sollen; so ist die Nothwendigkeit der Anstellung eines solchen Mannes zwischen mir und Herrn Hofrath Meyern zur Sprache gekommen, da denn unser unmaaßgeblicher Vorschlag wäre: gedachtem Kaufmann die zugesagte Summe von 300 Thalern Reisegeld sogleich übermachen zu lassen, da dann derselbe Ende August seine Reise antreten und vor Winters hier seyn könnte, wo denn die Arbeit von halb erhobenen Zierrathen sogleich angefangen und alles vorbereitet würde was zur Auszierung gedachter Zimmer erforderlich seyn dürfte.

Professor Jagemann, als der Einstimmung des Kaufmanns gewiß, wird auf Befragen diesen Vorschlag billigen.

Sollte ja Kaufmann nicht abreisen so könnte diese Summe ja wohl zur weitern Disposition in Rom bleiben. Weil man doch immer dorthin Einiges zu zahlen hat.

Tennstedt d. 1. Aug. 1816.

Goethe.


27/7480.


An Christian Gottlob Voigt

Abgesendet unter aufrichtigen Wünschen für das Wohl der Nachkommen und Verwandten der werthen Frau.

Tennstedt d. 6. Aug. 1816.

G.[129]


27/7481.


An August von Goethe

Zum Dienstag.

Der Musikdirector Hermstedt, von Sondershausen, bläst die Klarinette sehr vorzüglich. Er hatte die sämmtliche Harmonie, das heißt: über ein Dutzend blasende Künstler, mitgebracht, auf die der Fürst viel verwendet, sie machten ihre Sachen sehr gut.


Mittwoch den 31. July.

Freundlicher Sonnenschein. Getrunken und gebadet. Von Werthern und Böhme waren abgegangen. Bey Hofrath Brand, einem geschickten Musik ausführenden Liebhaber, Wiederholung des gestrigen Duetts von Klarinet und Flügel. Dann beschäftigten uns die von Petersburg gekommenen Risse, die innere Decoration der Zimmer unserer jungen Herrschaften darstellend. Sie sind sehr glücklich gerathen und werden dieses gefährliche Geschäft gar gut fördern. Sind als Blumen anzusehen.


Donnerstag den 1. August.

Getrunken und gebadet. Mit thüringischen Chroniken, sehr angenehm und belehrend, beschäftigt. Abends besuchten wir die Tuffsteinbrüche und sammelten viele Schnecken. Dann zu den Sandsteinbrüchen, von da auf den Hügel, wo die Aussicht sehr angenehm ist. Der Ettersberg spielt überall eine Hauptrolle.

[130] Nachricht von ausgegrabenen Menschen-Schädeln und -Gebeinen. Durchaus erhaltene Zähne. Wahrscheinlich uralt. Man verspricht mir dergleichen.


Freitag den 2. August.

Die Cur regelmäßig fortgesetzt. An St. Rochus gearbeitet. Von Hardenbergs, genannt Novalis, Necrolog. Er hat hier beym Amte drey Jahre practizirt. Seine kranke Geliebte war aus der Gegend.

Wallfahrt zu Frau Burgemstr Hufland Grabe. Starb 1750.

Zu den Tuffsteinbrüchen. Sie liegen unterhalb der Stadt, in der Fläche. Größere und kleinere, unveränderte Muscheln gesammelt. Es sind eigentlich nur zweierley Arten, wovon nebenbey die Abbildung.

Abends thüringische Chronik, bis zur Regierung Heinrich des ersten.


1816

Sonnabend den 3. August.

Cur fortgesetzt. Man merkte keine Anstalt zur Geburtstagsfeier. Kaufmann Otto von Jena durchreitend. Erfuhr manches durch ihn.

[131] Nach Tische besuchte mich Kreis-Amtmann Just, ein verdienter und gebildeter Mann. An meinen Jahren. Wir konnten die Epochen der politischen, philosophischen und ästhetischen Entwicklungen, die wir erlebt, ziemlich aus gleichem Gesichtspunkte, besprechen.

Höhe nach Weißensee. Aussicht in die Runde, von der Sachsenburg bis zum Ettersberg von da bis zum Inselberg, ja bis zum Hörselsberg.

Nachts Ball, zu Ehren des Tags.


Sonntag den 4. August.

Cur fortgesetzt. Lage und Geschichte von Tennstedt, giebt ein hübsches Tableau. Spaziergang, den Grund gegen Urleben hinauf, der auch noch zur Tennstedter Flur gehört. Diese enthält neun Tausend Acker. Was sagest du zu einer solchen Stadt-Flur? Laß doch von einem Ökonomen ausrechnen wieviel zweyspännige Fuhren Mist jährlich gefahren werden müssen, um das Drittheil zu düngen. Der Dünger kommt alle aus der Stadt, durch eine lange Straße, entweder das obere, oder das untere Thor hinaus. Dencke dir den Zustand des schlecht unterhaltnen Pflasters.


Montag den 5. August.

Und nun will ich diese Sendung schließen, die Herr von Metzsch vielleicht mitnimmt. Die Cur bekommt uns beyden vortrefflich, wir sind jeden Tag beynahe 5 Stunden auf den Beinen. Das Frisel am[132] rechten Arm, das mich schon über ein viertel Jahr quält, ist so gut wie weggezehrt. Auch in Gliedern und Gelenken fühl ich mich freyer. Doch muß man erst die zwey und zwanzig Bäder abwarten und sehen was hernach zu thun ist. Das Wetter ist trocken, obgleich der Wind noch aus Westen geht und die Atmosphäre mit sich selbst noch uneinig ist.

Frau Hofrath Meyer wird wohl auf einige Wochen hierher kommen. Suche mir ein halb Dutzend Bouteillen Burgunder mit her zu schicken, dieser löbliche Trank wird gar sehr vermißt.

Sende auch was sonst noch Neues zu Handen ist und mich interessiren könnte. Vielleicht giebt Herr Geheimerath und Staats-Minister v. Voigt etwas mit, Inliegendes gieb an denselben. St. Rochus ist schon sehr weit gediehen. Wir sind an der dritten Abschrift. Da sich denn die Ausführung jedesmal verbessert und erweitert.

Die große Ruhe und Abgeschiedenheit, in der man hier lebt, ist solchen Arbeiten sehr günstig. Ich denke noch manches zu leisten eh ich von hier abgehe.

Vom Herzog von Gotha habe noch nichts vernommen; wird Wetter und Weg besser, so melde ich mich. Frau von Bechtolsheim ist bey ihm.

In die Nachbarschaft zu den wohlhabenden und sonst interessanten Gutsbesitzern Ausflüge zu machen hindert der schreckliche Weg.

[133] Grüße Kräuter. Ich hoffe es ist etwas unterwegs hierher. Denn da man den Ettersberg noch sieht möchte man wissen wie es Haufe steht.

G.


Da Herr v. Metsch nicht über Weimar geht, sende gegenwärtiges mit der Post. Sende mir mit Fr. Hofr. Meyer auch etwas beschnittenes Mittel- auch Briefpapier und versäume die gute Gelegenheit nicht manches an mich zu spediren.

Der Treppenbau mag ruhen bis ich wiederkomme. Theile Theilnehmenden aus dem Tagebuch mit. Schreibe wann St. Mstr. von Voigt Jubiläumstag fällt. Sondire bey der Kammer und sonst was man im zu Ehren zu thun gedenckt. Lege dich nicht an Laden, aber sey nicht unthätig in diesem Falle. Nun lebe wohl. Versieh das Haus gut. Sodann bemercke wann gegenwärtiges ankommt und melde mirs.

Auch gieb der Frau Hofr. Meyer sechs Exemplare Herrmann und Dorothea mit, sie liegen ganz hinten in der unteren Papierschublade an meinem Schreibtische rechts. Man bindet hier gar artig, wohlfeil und geschwind.

Einen Kasten mit allerley Gestein mache ich zurecht damit ihn der Kutscher mit zurücknehme. Das allerletzte Flözgebirg ist auch nicht ohne Interesse.

Nun schließe ich wircklich und grüße zum schönsten.

Tennstedt d. 6. Aug. 1816.

G.[134]


Eben als ich siegeln willkommt das Packet, welches mich sehr erfreut. Kräuter soll gelobt seyn, wenn er hier wäre ging es freylich rascher mit meinen Expeditionen. Indessen lernt Carl etwas und ist beschäftigt.

Die Briefe von Boisseree und Seebeck enthalten Theilnahme.

Wegen John will ich dencken. Es fällt mir nicht so gleich was ein.

Dieser Brief müßte der Analogie nach Freytag den 9 ten zu euch kommen.

Nun lebet wohl und bereitet mir einen freundlichen Empfang.

G.


27/7482.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Von Ew. Königlichen Hoheit eine gnädige Sendung hier am Orte zu erhalten war mir höchst wohlthätig: denn der wunderbare Entschluß mich, durch jenen Unfall gewarnt, nicht weit von Weimar zu entfernen, ward dadurch vollkommen gerechtfertigt. Auf der Rolle, die zugleich mit Ihro Höchstverehrtem Schreiben ankam, befanden es die in Petersburg gefertigten Risse zur inneren Auszierung des neuen Angebaues.

Sie verdienen allen Beyfall und werden zur Ausführung[135] dieses, in manchem Sinne problematischen Geschäftes vorzügliche Erleichterung schaffen.

Darf ich von meinen Zuständen sprechen so scheint der alte Glaube an dieses Bad und ähnliche sich zu bewähren; wenigstens darf ich hoffen daß die Übel, an denen ich leide, so weit zurückgedrängt werden, daß man ruhig zusehen kann, wenn sie den Winter über wieder vorwärts schreiten.

Hofrath Meyer hat sich freundlich zu mir gefunden, ob ich ihm gleich die Herreise wegen des überschrecklichen Weges dringend abrieth. Der Ort hat eine der angenehmsten mittelländischen Lagen. Eine Darstellung seines Zustandes, die ich vorbereite, wird, wie ich hoffen darf, sich der Theilnahme Ew. Hoheit empfehlen.

Die thüringischen alten Chroniken liest man hier recht an der Stelle, obgleich es immer schmerzhaft genug ist zu sehen wie das so schöne, über die Maßen frucht- und bewohnbare Land mehrere Jahrhunderte durch von Rohheit, Unverstand, Unzulänglichkeit und Verirrung auf das schrecklichste leiden mußte.

Freylich giebt die übrige Welt in diesen Epochen auch keinen tröstlichen Anblick.

Tennstedt um 7. Aug. 1816.[136]


27/7483.


An Sulpiz Boisserée

Tennstedt den 7. August 1816.

Wunderlich kommt es mir mannigmal vor wenn ich mit Meyern, mitten in Thüringen, in einem kleinen Land- und Badestädtchen auf- und abgehe und von den Vorzügen Ihrer Sammlung spreche, woran wir uns nun schon zusammen ergötzt haben sollten. Da es aber ein Geschehenes ist, welches man immer als eine Gottheit verehren muß; so möge das daraus Erfolgende heilsam werden!

Daß, Ihre Angelegenheit so weit vorrückt und Sie vielleicht, eh noch dieses Blatt zu Ihnen gelangt, schon mit Herrn S. einig sind freut mich sehr. Nach Überzeugungen, wie sie mir seit einem Monat geworden, hätte ich nicht anders rathen können. Mein letzter Entscheidungsgrund ist, wie ich sehe, Ihnen kein Geheimniß und ist auch der Ihrige. Sie hätten noch Jahre lang am Neckar passen können bis etwas, nach Ihrem Sinne, am Niederrhein geschehn wäre. Ja, ich würde mir, nach meiner gegenwärtigen Einsicht, gar kein Gewissen machen das Beste und Brauchbarste von dort nach Berlin zu transportiren.

Zu den neuen Anschaffungen aus Ober- und Nie der-Deutschland wünsche Glück. Es muß Ihnen fortan, da Sie, bey Ihrer Einsicht und Umsicht, nun auch über reichliche Mittel gebieten, möglich werden eine[137] Sammlung zusammen zu stellen, von der man sich, ohngeachtet des glücklichen und reichsten Anfangs, doch keinen Begriff machen kann.

Der Effect meiner Redekünste, wie er auch mir ohngefähr bekannt geworden, freut mich sehr. Da ich von Ihrer, als herrlich anerkannten Sammlung im Comparativ gesprochen, bleibt Freunden und Kennern der Superlativ anheimgestellt. Das mögen die Menschen gar zu gern. Auch ziehe ich, durch diese Mäßigkeit, die Gleichgültigen, ja die Widerstrebenden auf unsre Seite.

Die Frömmler und Dichterlinge mußten befehdet werden: denn ihre doppelt und dreyfachen Pfuschereyen hindern, ja zerstören alles Gute. Im zweyten Stück soll es noch besser kommen, an welchem ich, die vierzehn Tage meines hiesigen Aufenthaltes, arbeite.

Das Rochusfest 1814, von dem ich mich immer wegdrückte, ist so gut als fertig. Ich darf eine heitere Wirkung hoffen. Auch ist Meister Hämmling schon schematisirt und die nächstfolgenden Meister auf meine Weise durchgedacht. Und so hoffe ich noch gar viel zu fördern in diesem, zwar heerdereichen aber menschenstillen Aufenthalt, da ich den August-Monat noch hier zu bleiben gedenke. Jeden Abend wandle im Angesichte des Ettersbergs, denn der Ort liegt nur acht Stunden von Weimar, und sieht gegen die Westseite des genannten Gebirgsrücken. Auf eure herrlichen Gegenden habe für dießmal Verzicht gethan. Schreiben[138] Sie mir nur gerade hieher, so erhalte ich die Briefe sehr bald, es ist eine belebte Poststation, zwischen Leipzig und Langensalza. Setzen Sie nur auf den Brief über Erfurt. Grüßen Sie mir die lieben Ihrigen und bleiben meines unverbrüchlichen Antheils gewiß.

Das noch übrige weiße Papier zu benutzen finde ich Gelegenheit: denn ich muß Sie ersuchen, Herren Mohr und Zimmer für das zugedachte Geschenk vorläufig zu danken. Den anzeigenden Brief erhielt ich noch in Weimar, das Packet hoffe ich dort zu finden.

Die thüringischen alten Chroniken liest man hier recht an der Stelle; obgleich es immer schmerzhaft genug ist zu sehen wie das so schöne, über die Maßen frucht- und bewohnbare Land, mehrere Jahrhunderte durch, von Rohheit, Unverstand, Unzulänglichkeit und Verirrung aus das schrecklichste leiden mußte. Freylich giebt die übrige Welt in diesen Epochen auch keinen tröstlichen Anblick.

Hier aber ist der eigentlichste classische Boden grenzenloser Absurditäten jeder Art. Religiöse, revolutionäre, fürstliche, städtische, edelmännische; dahingegen hört man von tüchtigen Menschen meist nur insofern sie zu Grunde gehen.

Und nehmen Sie mit meiner Reisekanzley vorlieb, die noch ziemlich im Werden ist!

Herrn Geh. R. Schinckel empfehlen Sie mich schönstens. Dieser vorzügliche Mann, so wie Zelter,[139] der diese Tage wohl bey Ihnen gewesen, wird den Entschluß nach Berlin zu gehn begünstigen.

Schreiben Sie bald. Sie sollen auch von mir hören. Haben wir doch, da uns die Gegenwart abgeschnitten ist, den unschätzbaren Vortheil brieflicher Mittheilung.

Tausend Lebewohl. Meyer grüßt.

Am 7. Aug. 1816.

G.


Um nicht ungerecht ja unartig zu seyn muß ich hinzufügen: daß ich einige bedeutende, in- und auswärtige Männer hier gefunden habe.


27/7484.


An Carl Friedrich Zelter

Dein zweyter lieber Brief liegt nun auch vor mir und ich schreibe gleich. Eh ich mich gefaßt hätte wollte ich nichts sagen: denn ich war über die gehäuften Übel doch ein wenig auseinander. Nun aber gehts wieder in's klare und glatte. Meyer ist beynahe geheilt und wieder bey mir. Das Bad bekommt mir sehr wohl, es ist ein Schwefelwasser das sich dem Weilbacher nahezu vergleicht. Es wird gebadet und getruncken. Der Ort ein heitres Landstädtchen, nach sächsischer Art. Sehr anmutig gelegen. Auf den nächsten Höhen sieht man den Ettersberg und Inselsberg, man findet sich recht mitten in Thüringen. Auch gelingt mir manche Arbeit. Unser Rochusfest von 1814[140] ist sogut als fertig. Es soll den zweyten Heft beleben. Ich möchte dir es gern vorlegen, daß es recht vollständig würde. Einiges mag mir entgangen seyn.

Daß du meine Ableitung der neuen Kunst aus der alten so freundlich aufnimmst, freut mich sehr. Ich bin mir überzeugt einen guten Grund gelegt zu haben. Dein Paralellism mit der Music ist sehr willkommen.

Byzanz steht für Constantinopel, es ist der alte Nahme, paßt besser in den Styl und wird in Sachen der bildenden Kunst gewöhnlich gebraucht.

Schreibe mir doch den scizzirten Paralellismus etwas ausführlicher fürs zweyte Heft damit das fruchtbare solcher Ansichten erscheine. Denn die lieben Deutschen kenn ich schon: erst schweigen sie, dann mäckeln sie, dann beseitigen, dann bestehlen und verschweigen sie.

So eben erhalt ich auch von Jena vier erste Aushängebogen der Italiänischen Reise. Der erste Brief datirt d. 3. Sept. 1786. Was sagst du dazu?

Mir ist es wundersam und rührend zu sehen was wir für arme Narren sind, die wir es so bitter ernst nehmen und doch sind wir, im besten Sinne, Narren in unserm Sack. Und nun lebe wohl! Plane mag ich nicht machen; Unter vier Wochen geh ich hier nicht weg, wenn mich der Engel des Herren nicht beym Schopfe faßt. Wo möglich laß uns auf deiner Rückkehr zusammentreffen.

Tennstedt d. 9. Aug. 1816.

G.[141]


27/7485.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[13. August 1816.]

Durchlauchtigste Erbgrosherzoginn,

gnädigste Frau,

Ew. Kayserlichen Hoheit gnädigstes Schreiben beglückt mich in einer seltsamen Einsamkeit, in Tennstedt einem der wohlgelegensten Landstädtchen in Thüringen. Wie ich dahin verschlagen worden ist ein wunderliches Abenteuer; möge die Wirckung der Badecur erfreulicher seyn als die Veranlaßung mich hierher zu wenden! und so ist denn ein Schreiben von Ew. Hoheit verehrtester Hand mir unterpfändliche Versicherung daß ich hier in einem sichern Hafen gelandet sey.

Beyderseits Ew. Hoheiten rein menschlicher Theilnahme, in guten und bösen Tagen, bin so vollkommen versichert daß ich nichts genieße noch leide ohne Höchstderselben Gnade und Huld Zutrauensvoll zu gedencken.

Sehr erwünscht waren sodann mir und Hofr. Meyer die zugleich angekommene Zeichnungen. Hier giebt die große Bestimmtheit gefälliger Verzierungen – was auch im Einzelnen abzuändern beliebig seyn möchte – ein sicheres Anhalten, höchst nötig bey einem so wichtigen, und doch so manchem Schwancken und Zufälligkeiten ausgesetzten Geschäft. In der Hauptanlage sind die Zeichnungen von nicht zu verkennendem guten Geschmack und Zweckmäßigkeit, ihnen folgend läßt sich nun nicht mehr irren und im Einzelnen[142] bleibt immer Spielraum genug übrig um weislich nachgeben zu können.

In Rücksicht auf diesen bedeutenden Bau, der Ew. Hoheit eine angenehme Umgebung bewircken soll, war man früher mit einem Künstler Nahmens Kaufmann schon übereingekommen, der bey Canova in Rom gegenwärtig arbeitet, auch in allem dem wo Plastik der Architecktur zu Hülfe kommen, in der Zierlichkeit anmuthiger Forderungen sich fügen soll, gewandt ist. Nun hat man Verfügung getroffen, daß er, wo möglich noch vor Winters, in Weimar einlange und die Arbeiten, welche den Zeichnungen gemäß erforderlich sind, beginne; nicht weniger mit seinem Rath hinzutrete wie die Stuckarbeit, Staffirmalerey und wie sonst die Erfordernisse alle heißen, Verguldung nicht zu vergessen, bey uns wieder herangebracht werden können, da seit Beendigung des Schloßbaues zwar einiges sich erhalten, jedoch zu dem neuen Unternehmen keineswegs hinreichend. Schließlich bedarf es wohl keiner Betheurung daß auch Meyer, welcher in diesen schlimmen Tagen treulich bey mir gehalten, den Trost gegen die Remora die uns in Thüringen hält, mit mir einzig darin findet: daß wir in der Stellung, eine Ew. Hoheit so nahe betreffende Angelegenheit immer im Auge zu behalten. Möge das Glück uns bald Ihro Beiderseits erfreuliche Gegenwart gewähren.

Ew. Kayserl. Hoheit

unterthänigster

J. W. v. Goethe.

Tennstedt d. 7. August 1816.[143]


27/7486.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

[Concept.]

[Mitte August 1816?]

Aus Ew. Wohlgeb. gefälligem Schreiben habe mit Vergnügen ersehen, daß meine Sendungen glücklich angelangt und wohl aufgenommen worden. Sobald ich nach Hause zurückkehre, soll Herr Bergrath Döbereiner ein Stück von dem bewußten Naturkörper zur Untersuchung erhalten.

Ihren Aufsatz erwarte ich mit Verlangen und werde gerne in Ihrer Gesellschaft auf der Nachtseite verweilen, die als finster und feucht, im Gegensatz des Lichten und Trockenen, so höchst belehrend ist wie eine einfache, nackte Wurzel gegen die Mannigfaltigkeit eines verzweigten und belaubten Stammes.

In den Tagebüchern meiner Italiänischen Reise, an welchen jetzt gedruckt wird, werden Sie, nicht ohne Lächeln, bemerken, auf welchen seltsamen Wegen ich der vegetativen Umwandlung nachgegangen bin; ich suchte damals die Urpflanze, bewußtlos, daß ich die Idee, den Begriff suchte wonach wir sie uns ausbilden könnten.

Und doch war damals diese Lehre schon längst entdeckt, bekannt und angenommen lebendig, dann aber auf die wunderlichste Weise verdrängt und ein Präformations-Wahn durch den geistreichsten Mann seiner Zeit eingeführt.

[144] Ebenso bedurfte es eines Newtons, die fratzenhafte Lehre der Lichtzersplitterung dem Menschenverstand aufzudringen und die umsichtigsten Forscher gegen alle fortschreitenden Entdeckungen und deren Aussprüche blind zu machen.

Das alles hat sich nun nach und nach in's Klare gesetzt, so daß ich jetzt die Freude habe, eine fortschreitende Umgestaltung des beynahe Gestaltlosen von Ihnen durchgeführt zu sehen.

Ich denke nun nach und nach meine älteren Aufsätze dieses Fachs drucken zu lassen, als geschichtliche Documente, die, wie ich hoffen darf, das Vertrauen jüngerer Mitglieder mir noch mehr gewinnen sollen.

Sind erst Ihre Kupfer sämmtlich beysammen; so nehme Veranlassung über die Farben jener Nachtkinder bey Ihnen anzufragen. Denn indessen bey ausgebildeten Pflanzen das Licht zur Färbung so nöthig ist; so sind dagegen manche dieser Erstlinge der Natur, wenn schon im Verborgnen erzeugt, auf den höchsten Grad gefärbt.


27/7487.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Exzellenz

schöne und mannigfaltige Mittheilungen wüßte kaum mit etwas mehr als einem herzlichen Danck zu erwiedern: denn alle menschliche Mittheilung ist so ziemlich still um uns her, dagegen alles Thierische[145] was sich auf Feldbau bezieht in steeter Bewegung sich ergeht, brüllt, bät, meckert und klappert. Wenn man aber auch bedenckt was die guten Bürger von Tennstedt um eine so große 9000 Acker enthaltende Flur zu begatten, geschäftig seyn müssen; so lobt man an ihnen die Sorgfalt für ihre Heerden im Ganzen und im einzelnen. Daß die verspätete Erndte hier jedermann in Verlegenheit setzt darf ich kaum erwähnen.

Der umständliche Aufsatz die neue deutsche Societät für Geschichte betreffend hat mich viel unterhalten. Auch hier ist wunderbar zu sehen wie der patriotische Enthusiasmus über Zweck und Mittel verblendet: denn wie soll so etwas gethan werden? und wenn es gethan ist wem solls frommen? Doch sind dergleichen Anstöße und Anläße möglichst zu benutzen. Ich will meine jungen deutsch gesinnten Freunde, besonders über den 14 § befragen. Dieser scheint mir der schwächste, und man thut denn doch wohl daß man über das was die Zeit fordert nicht dunckel bleibt.

Herr König in London zieht sich auf die beste Weise aus der Sache daß er zahlen läßt. Lenzens Forderung war ganz unverschämt und ich war neugierig was darauf erfolgen würde, nun löst sich's ganz natürlich auf. Ich wünsche nur daß die Preiße mäßig seyn mögen!

Wenn Chladni für ein mäßiges in Jena zu fixiren ist; so wird er immer wohlthätig wircken. Er hat die Klanglehre und die Meteorsteine festgehalten und emsig[146] durchgearbeitet, das ist immer ein gros Verdienst. Die Klangfiguren hat er jetzt auf einfachere Elemente zurückgeführt und dadurch der Naturlehre einen wahrhaften Dienst geleistet, indem dadurch analoge Erscheinungen andrer Regionen herangebracht und verglichen werden können. So ist seit einigen Jahren eine ganz ähnliche Erscheinung in der Farbenlehre entdeckt und sorgfältig bearbeitet worden.

Möge das alte Interdickt uns von dem Egyptischen Unsinn sträcklich befreyen! Diese und andere gute Nachrichten hoffe bald persönlich einzuholen. Denn Mittwoch den 11ten Sept. hoffe in Weimar einzutreffen. Gegenwärtiges bringt Hofr. Meyer der mir diese vier Wochen gar freundlich beygestanden. Er wird von Tenstedt mancherley erzählen das Ew. Exell. wohl Lust machen könnte einige Tage hier zu verweilen. Ihrem verehrten Familien-Kreise mich zu geneigter Aufnahme empfehlend. Serenissimi glückliche Rückkehr soll auch mir ein Festtag seyn.

Tennstedt d. 26. Aug. 1816.

G.


27/7488.


An Franz Kirms

[27. August 1816.]

Ew. Wohlgeb.

danke zum schönsten für die gegebnen guten Nachrichten und hoffe nun bald wieder Theil an unserm gemeinsamen Geschäft zu nehmen.

[147] Das zurückkommende Trauerspiel habe mit Sorgfalt betrachtet, finde jedoch daß es bey uns nicht aufführbar ist. Daher wäre es bald, mit Dank und Entschuldigung, an den Verfasser wieder abzusenden.

Unter Ihrer aufmerksamen Leitung werden unsre Angelegenheiten ihren gewohnten guten Gang gehen. Grüßen Sie Herrn Genast vielmals

ergebenst

Tennstedt d. 25. Aug. 1816.

Goethe.


27/7489.


An Carl Friedrich Zelter

Tennstedt den 28. Aug. 1816.

Gestern kam dein lieber Brief zu rechter Zeit, damit ich mich heute daran erfreuen und mich mit dir unterhalten sollte. Diesen meinen Geburtstag feyre ich in besonderer Einsamkeit. Hofrath Meyer, der vier Wochen bey mir verweilte, und Geheimerath Wolf, der auf anderthalb Tage einsprach, gingen heute früh weg und so bin ich mir selbst überlassen.

Beyde genannte Männer, jeder von großen Vorzügen, sind im Umgang die verschiedensten. Der erste, obgleich seiner Sache eben so gewiß wie der andere, zu wird niemals eine Gesellschaft verderben, weil er zu schweigen und zu lenken weiß; der zweyte dagegen hat sich, auf die seltsamste Weise, dem Widerspruch ergeben, daß er alles was man sagen kann, ja alles[148] was da steht hartnäckig verneint und einen, ob man gleich darauf gefaßt ist, doch endlich zur Verzweiflung bringt. Eine solche Unart wächst von Jahr zu Jahr und macht seinen Umgang, der so belehrend und förderlich seyn könnte, unnütz und unerträglich, ja man wird zuletzt von gleicher Tollheit angesteckt, daß man ein Vergnügen findet das Umgekehrte zu sagen von dem was man denkt.

Man kann sich vorstellen was dieser Mann als Lehrer, in früherer Zeit, trefflich muß gewirkt haben, da es ihm Freude machte tüchtig positiv zu seyn.

Deine schönen Erfahrungen und Genüsse gönne ich dir, du verdienst die Welt zu sehen und dich ihrer zu erfreuen, da du sie verstehst und billigen Theil an ihr nimmst.

Deinen Aufsatz über die Catalani, Milder und Mara habe mit Freuden gelesen. Die Menschen begreifen niemals daß schöne Stunden, so wie schöne Talente, müssen im Fluge genossen werden. Wie absurd sich die Leipziger bey dieser Gelegenheit benehmen, haben dir die Zeitungen schon verkündiget. Es thäte Noth daß man solchem verfluchten Volke die Gaben Gottes in Spiritus aufhübe, damit sie solche, bey Gelegenheit, vergleichen und eine der andern unterordnen könnten.

Die alte niederländische Kunst, wie du sie in Heidelberg geschaut hast, wird dir großer Gewinn seyn, eben weil du damit nicht fertig werden willst.[149] Lies mein Heft wieder und immer noch einmal, eben weil du die Sache selbst gesehen hast. Ich wollte diese Angelegenheit nicht abthun: denn wer kann und darf das? Ich weiß auch daß Niemand recht mit mir zufrieden ist; aber das weiß ich auch daß der Verstand hier einen Weg in's Holz finden kann.

Ich bin in diesen Tagen veranlaßt einige Blicke in's Deutschthum zu lenken und nach meiner Art kann ich nicht lassen sogleich einige Schritte zu thun. Kann ich dir dabey etwelche Balladen erhaschen; so soll es mein größter Gewinn seyn. Der Angelegenheit selbst will ich auch gerne dienen, nur ist mir das betrübtste daß die Deutschen nicht immer deutlich wissen ob sie volle Waizengarben oder Strohbündel einfahren.

St. Rochus-Fest ist, in dieser meiner Reise-Canzley, endlich auch zu einer dritten, recht reinlichen Abschrift gediehen. Gedruckt möchte es drey Bogen ausmachen. Ich wiederhole daß ich dir das Manuscript vorlegen möchte. Es ist zwar keine eigentlich stumpfe Stelle drinnen, aber manches könnte ausführlicher seyn; ob ich gleich zufrieden bin daß mein productive Sinnlichkeit noch so weit reichen konnte.

Deshalb vermeide daß, wenn die Dämonen nicht wieder grillenhafte Streiche spielen, ich den eilften September hoffe in Weimar zu seyn, wo du denn einkehren und nach Belieben verweilen könntest: denn das Leben wird immer kürzer und nimmt die Art an sibyllinischer Blätter.

[150] Soviel für diesmal. Der lange Bursche, den du kennst, hat sich in diesen sechs Wochen auch im Schreiben recht artig herangebildet. Tausend Lebe wohl!

G.


27/7490.


An Wilhelm Grimm

[29. August 1816.]

Ew. Wohlgeboren

gehaltreiches Schreiben ward mir nach Tennstedt gesendet, einem Thüringischen Badeort, wo ich mich, nach aufgegebner Hoffnung einer weiteren Reise, seit vier Wochen aufhalte. Die Bücher sind in Weimar zurückgeblieben.

Meine Absicht war: nach meiner Rückkehr die Wercke sogleich, durch Ihren Brief geleitet, näher zu betrachten, und mit Ihnen überein zu kommen was vielleicht zu Förderung Ihrer löblichen Zwecke auch von meiner Seite geschehen könnte.

Nun aber findet sich eine Veranlassung früher zu schreiben und mich mit Ihnen, ohne Aufenthalt, in Bezug zu setzen. Beykommendes Heft giebt hierüber näheren Aufschluß. Soweit aussehend und beynahe unausführbar der Vorschlag auch scheinen möchte; so kann und darf er doch nicht ohne Wirkung bleiben.

Möchten Sie mir daher, über das Ganze sowohl, als besonders über den vierzehnten Punckt Ihre Gedanken eröffnen. Dieser scheint mir weitere Ausdehnung[151] und nähere Bestimmung zu fordern, welches Sie am besten übersehen und beurtheilen werden, da Sie hier ganz zu Hause sind.

Zugleich werden Sie gefällig überlegen unter welchen Hoffnungen und Aussichten Sie geneigt seyn könnten mit einzuwircken. Mir scheint es räthlich guten Willen zu zeigen: denn Ihre eigensten Absichten können durch eine solche Anregung nur gefördert werden. Mögen Sie mir einen mittheilbaren Aufsatz hierüber senden; so kann ich ihn alsbald an die Hauptbehörde bringen.

Das Manuscript erbitte wir baldigst, unter meiner Addresse, nach Weimar zurück, da ich nur noch kurze Zeit hier bleibe. Leben Sie recht wohl und bleiben mit den Ihrigen meiner Theilnahme gewiß.

Tennstedt d. 23. Aug. 1816.

Goethe.


Noch füge hinzu daß Sie nach Belieben eine Abschrift nehmen könnten, nur bliebe Sie vorerst in Ihrem engsten Kreise.

Auch würden Sie mich sehr verbinden wenn Sie mir diejenigen Männer nennten auf die man in dieser Angelegenheit am sichersten zählen dürfte.

Anderes fernerer Mittheilung vorbehaltend.

G.[152]


27/7491.


An Sulpiz Boisserée

Tennstedt den 29. August 1816.

Ihren letzten Brief, mein Werthester, welcher den 20. hier ankam, erwartete ich mit einiger Ungeduld: denn ob ich gleich voraus sahe wie es werden müsse; so wünschte ich doch alles recht ordentlich schwarz auf weiß, und mir die Nachricht davon. Glück zu denn! daß alles auf's beste gelungen ist.

Ich darf Ihnen nicht sagen daß ich Ihr Wollen, Thun und Absicht, seitdem wie ich es nähr kannte, immer redlich vor Augen gehabt und nicht ohne Sorge deshalb war; nun aber ist alles recht und gut, ob Sie gleich noch diese zwey Monate im Erwarten, und den größten Theil des nächsten Jahres durch Veränderung des Ortes und der Verhältnisse noch manches zu dulden und zu leisten haben, wird das alles doch den drey Verbundenen nicht schwer werden.

An dem zweyten Heft kann der Druck beginnen, so bald ich nach Hause komme. Ausgeben dürfen wir es aber nicht, bis Ihr neues Verhältniß ausgesprochen ist. Dann läßt sich, so ernstlich als schicklich, eine Segens-Formel intoniren, deren Inhalt Sie ganz richtig bezeichneten. Im Ganzen aber gehören wieder eigene Redewendungen dazu um die niederrheinischen, märchenhaften Aussichten des ersten Stückes auf eine schickliche Weise verschwinden zu lassen, ohne daß man[153] andere verletzt und sich selbst lächerlich macht; doch das soll wohl auch gelingen! wir schreiben einander öfter und da wird es an Motiven nicht fehlen.

Daß meine neuen Gedichte zur guten Stunde bey Ihnen ankamen und heilsame Wirkung thaten dazu wünsche ich mir Glück. Haben Sie Dank daß Sie mich es sogleich vernehmen ließen: denn als Dichter ist man gar oft im Fall in demselben Augenblick zu darben, wenn andere es an unsern früheren Erzeugnissen ergötzen.

Ich freue mich, daß Sie Zeltern bey Sich gesehen und wünsche Sie Beyde in Baden nunmehr beysammen. An meinem gestrigen Geburtstage ging Geheimerath Wolf und Hofrath Meyer zufällig Morgens ab, da ich denn den ganzen Tag meinen Grillen überlassen blieb und mich an die Eyckische Heilige, die mousselinenen Tulbände, Mayn-Aussichten, Pfirschen und Ananas halb traurig erinnerte. Doch müßte ich undankbar seyn wenn ich die schönen Epheubogen, die sich selbst in Heidelberg zeigen dürften, die reichen so Blumenkränze, Torten, Bretzeln und Nachtmusiken nicht rühmen wollte.

Vierzehn Tage werde ich noch hier ganz allein seyn; das Wasser leistet mir vorzüglich gute Wirkung. Freylich kann man von einem Besuche nicht fordern was ein längerer Aufenthalt wahrscheinlich gewährte.

Nun ersuche ich Sie aber mir vor allem andern[154] Nachricht zu geben wie es mit Ihrem Domwerke steht? und wie weit die angefangenen Blätter gediehen sind? auch wie Sie es mit dem Texte halten wollen? Denn dieses ist mir nun das Angelegentlichste, und mein Wunsch daß eine Lieferung bald erscheine. Es ist gerade der rechte Zeitpunct, der benutzt werden muß, wie ich aus vielen Zeichen weiß und deute.

Auch über deutsche Sprache, Poesie, besonders auch Geschichte, ist manches im Werk, welches ich alles gerne nach Kräften fördern will, wenn es auch nicht völlig nach meiner Überzeugung eingeleitet und geführt wird. Hören Sie von solchen Dingen; so lassen Sie mich Ihr eigenes und das allgemeine Urtheil wissen. Ich habe diesen Winter so viel vor daß bis Ostern ohne schmähliches Hinderniß der Dämonen, manches gethan seyn muß: denn eins drängt das andere.

Schließlich ermahne ich Sie Ihrer Gesundheit zu wahren: denn das worin Sie leben und was Ihnen bevorsteht, ist keine Kleinigkeit. Das Abentheuer will physisch und moralisch bestanden seyn.

Mehr setze nicht hinzu damit diese Blätter gleich abgehen.

Mögen Sie Ihnen zu guter Stunde begegnen!

treulich verbunden

Goethe.[155]


27/7492.


An Wilhelm von Humboldt

[Concept.]

Tennstedt den 1. Sept. 1816.

Das große Werk, dem Sie, theuerster Freund, einen schönen Theil Ihres Lebens gewidmet, konnte nicht zu besserer Stunde bey mir anlangen, es trifft mich hier in Tennstedt, in einem, Ihnen wahrscheinlich nicht ganz unbekannten thüringischen Land- und Badestädtchen, wo ich nun fünf Wochen hause und, seitdem mich Freund Meyer verlassen, allein geblieben bin.

Hier erlaubt ich mir nun zuerst ein durchlaufendes lesen, der Einleitung sowohl, als des Stückes selbst, zu meiner nicht geringen Erbauung. Und da ich nun wiederholt das Einzelne mit dem Ganzen genieße; will ich meinen Dank für diese Gabe nicht länger zurückhalten.

Denn wenn man sich auch mit allem Löblichen und Guten was uns die älteste und neuste Zeit reicht freundlich theilnehmend beschäftigt; so tritt doch eine solche uralte Riesengestalt, geformt wie Ungeheuer, überraschend vor uns auf, und wir müssen alle unsere Sinne zusammennehmen um ihr einigermaßen würdig entgegen zu stehen. In einem solchen Augenblick zweifelt man keineswegs hier das Kunstwerk der Kunstwerke, oder, wenn man gemäßigter sprechen will, ein höchst musterhaftes zu erblicken. Daß wir nun dieses[156] mit Leichtigkeit vermögen sind wir Ihnen schuldig; auch muß Ihrer Bemühung, ob sie gleich an sich belohnend war, ein fortwährender Dank lohnen.

Das Stück war von jeher mir eines der betrachtungswürdigsten und durch Ihre Theilnahme schon früh zungänglicher als andere. Verwundersam aber ist mir jetzt mehr als je das Gewebe dieses Urteppichs: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind so glücklich in eins geschlungen, daß man selbst zum Seher, das heißt: Gott ähnlich wird. Und das ist doch am Ende der Triumph aller Poesie im Größten und im Kleinsten.

Sehen wir nun aber hier wie dem Dichter die sämmtlichen Mittel zu Gebote stehen, wodurch eine so ungeheure Wirkung hervorgebracht werden kann; so enthalten wir uns nicht der höchsten Verehrung. Wie glücklich der epische, lyrische, dramatische Vortrag geflochten ist und uns zur Theilnahme an solchen greulichen Schicksalen nicht nöthigt, sondern anlockt! so und wie gut die wenige didaktische Reflexion das sprechende Chor kleidet! Alles dieses ist eben nicht genug zu preisen.

Und so verzeihen Sie denn daß ich Eulen nach Athen als Dankopfer bringe, Ich könnte wirklich immer so fortfahren und Ihnen das vorerzählen was Sie längst besser wissen.

So hat mich auch wieder auf's neue ergriffen daß jede Person, außer Clytemnestra, der Unheilverketterin,[157] ihre abgeschloßne Aristeia hat, so daß jede ein ganzes Gedicht spielt und nachher nicht wiederkommt uns etwa auf's neue mit ihren Angelegenheiten beschwerlich zu fallen. In einem jeden guten Gedichte muß die ganze Poesie stecken, dieses ist aber ein Flügelmann.

Das Sie in Ihrer Einleitung über Synonymik sagen ist köstlich, möchten doch unsere Sprachreiniger davon durchdrungen seyn! Doch in so hohe Angelegenheiten wollen wir die traurigen Mißgriffe nicht so mischen, durch welche die deutsche Nation ihre Sprache von Grund aus verdirbt; ein Unheil das man erst in dreyßig Jahren einsehen wird.

Sie aber, mein Bester, seyn und bleiben gesegnet für das Gute was Sie an uns gethan haben. Dieser Ihr Agamemnon soll mir nicht wieder von der Seite.

Das rhythmische Verdienst kann ich nicht beurtheilen; aber ich glaube es zu fühlen. Unser tüchtiger, talent- und geistvoller, aber im Widerspruch verwildernder Wolf, der einige Tage bey mir war, sprach das Beste von Ihrer sorgfältigen Arbeit. Wie sich die Heidelberger benehmen wird belehrend seyn.

Sagen Sie mir noch ein Wort ehe Sie nach Paris gehen und empfehlen mich der theuren Ihrigen. Wie sehr hätte ich gewünscht Sie diesen Sommer zu sehen! Denn es ist soviel, nach allen Seiten, in Bewegung[158] daß nur Tage hinreichen um zu besprechen was zu fördern wäre und wie? Glücklicher Weise für mich nahet mir nichts was ich ganz abzuweisen brauchte, wenn auch nicht alles nach meiner Überzeugung begonnen und geleitet wird. Und gerade dieses Sauersüße ist es was blos in der Gegenwart mündlich verhandelt werden kann.


27/7493.


An Johann Friedrich Cotta

Tennstedt den 2. September 1816.

So ganz zufrieden kann ich mich noch nicht geben, daß meine Reise auf das ungeschickteste unterbrochen wurde: denn ich bedurfte einiger Anfrischung der Sinne, Erquickung des Gemüths, neue Gegenden, Bekanntschaften und Theilnehmende; aber Ew. Wohlgeboren am Ziele meiner Reise zu wissen belebte vor allen Dingen meinen Vorsatz, weil es, vielleicht mehr als jemals, an der Zeit ist daß zusammenwirkende Freunde sich besprechen, über das Viele, das in Bewegung kommt und bey seinem Verlauf immer zuletzt nach Schrift und Druck strebt, wie Ihnen mehr als jemanden bekannt wird.

Nun drängt sich auch zu mir das Zutrauen so vieler Jüngeren, die, meinen guten Willen und meine Beharrlichkeit beachtend, sich an mich schließen, wodurch ich in so manche schöne Thätigkeit hineinschaue,[159] wovon ich das Einzelne bis zu bedeutenden Momenten mitzutheilen verspare.

Und nun erlauben Sie daß ich das was uns zunächst angeht punctweis berühre.

I. Meiner Werke eilfter Band folgt hierbey, der zwölfte soll nicht lange ausbleiben.

II. Von der Italiänischen Reise erstem Band haben Sie wohl schon Aushänge-Bogen, denen ich eine gute Aufnahme wünsche, das Manuscript ist durchaus bereit.

III. Sodann könnten wir das zweyte Heft Rhein und Mayn sogleich zum Druck befördern. Geschieht's mit Ihrer Vergünstigung, so lasse ich die Decke, mit veränderter Nummer, sogleich abdrucken, damit wir zuletzt nicht aufgehalten werden. Dieselbige Platte, mit geringer Nachhülfe, wird ihre Dienste thun.

IV. Sodann könnte der zweyte Theil der Italiänischen Reise vorgenommen werden, wozu alles vorbereitet und ein großer Theil in reinlicher Abschrift vorhanden ist.

V. Ferner würde der vierte Theil der ersten Abtheilung aus meinem Leben an die Reihe kommen und diese sämmtlichen Bemühungen auf Einen Zweck arbeitend ihre Wirkung schwerlich verfehlen.

VI. Vielleicht ist kaum erinnerlich, daß vor Jahren über organische Bildung und Umbildung eine[160] Sammlung erscheinen sollte, wovon die dazu gehörige Metamorphose der Pflanzen bey Frommann schon abgedruckt liegt.

Diese Dinge sind nun auch an der Zeit. Jüngere Männer, die sich nun mit Vergnügen zu den Ideen bekennen, die ich vor dreyßig Jahren emsig-mühsam aus der Natur auszuforschen trachtete, haben auf diesem Wege vieles geleistet und freuen sich meiner Theilnahme, wie ich mich ihrer Arbeiten.

Die Erfurter naturforschende Gesellschaft gestaltet sich auch wieder. Und das, von mehreren Gliedern, mir zugedachte Präsidium wollte ich lieber stilltheilnehmend bestätigen. Einige gedachter Freunde, meldet man mir, haben sich mit Ew. Wohlgeb. in Relation gesetzt. Und auch in diesem Sinne will ich in der Folge gern mit eingreifen.

VII. Unter dieser Nummer möge lieber manches ruhen, was bey mir und meinen Freunden vorgearbeitet liegt, und, durch pedantische Widersetzlichkeit der Gilden, durch vergeudende Unverschämtheit der Präoccupanten, vorzüglich aber durch die gräßlichen Zeiten zurück gedrängt worden. Hievon soll nach und nach nähere Kenntniß und Anfrage erfolgen.

Alles kommt darauf an daß ein Unternehmen glücklich in die Zeit eingreife! Und eine solche Epoche soll auch der Farbenlehre noch zu Gunsten kommen. Was ich hier andeute ist nicht fern, nur muß man jetzt von Tag zu Tag aufpassen. Das Rechte ist[161] immer selbst gleich, unbedingt und ewig. Daß aber die Zeit es anerkennte und, was ihr so Noth thäte, zu ihren vielfach bedrängten Zwecken es nutzte, das ist ein anders, dessen auch selbst die Götter nicht Herr zu seyn scheinen.

Sie sehen aus diesem vielen, da ich die Gränzen brieflicher Mittheilung in jedem Sinn überschreite, wie viel und wie vielerley ich zu sagen hatte, und daß ich dem ungeschickten Fuhrmann auf ewig gram seyn muß.

Mich angelegentlichst empfehlend

ergebenst

Goethe.


27/7494.


An Anton Genast

Für die guten Nachrichten, mein werthester Herr Genast, danke zum allerschönsten.

Es wird mir sehr erquicklich seyn, bey meiner Zurückkunft einen friedlichen Zustand zu finden. Ein Glück das mir selten bescheert war. Um desto mehr sollen Sie für Ihren Antheil an diesem sorgfältig Bewirkten gelobt werden. Zriny folgt, die wohlausgetheilten Rollen unterzeichnet. Nächstens treffe ich ein. Viele Grüße indessen an die Ihrigen. Auch wünsche gute Nachricht von Ihrem Sohn zu hören.

Tennstedt, d. 3. Sept. 1816.

Goethe.[162]


27/7495.


An Carl Ludwig von Knebel

Weimar d. 12. September 1816.

Für dein liebes Andenken, mein Bester, welches mir noch in Tennstedt geworden, danke zum allerschönsten.

Sieben Wochen verweilte ich im Ganzen daselbst, davon bracht ich vier mit Meyern zu. Die drey einsamen hab ich mir durch Arbeit sehr verkürzt, davon manches auch dir, hoff ich, Freude machen soll. Nach Jena komm ich bald möglichst und hoffe dich und deine Lieben im besten Zustande zu finden. Allerley Nova sind mir zugekommen, doch grade nichts was ich mittheilen möchte.

Und hiemit schließ ich unter den besten Wünschen. Manches, was sich hier gehäuft hat, will ich schnell wegzubringen suchen, um nicht lange das Vergnügen deines Wiedersehens zu entbehren.

G.


27/7496.


An Johann Heinrich Meyer

Wer ist wohl unter Ihren Freunden in der Schweiz, durch den man recht genaue Nachricht von der Erziehungsanstalt zu Halwyl erhalten könnte, zugleich mit einem gewissenhaften Gutachten, inwiefern[163] man Kinder und von welchem Alter man dort in Pension geben könnte?

Weimar d. 13. September 1816.

G.


27/7497.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

Sendung begrüßt mich freundlich bey meiner Ankunft, ich wünsche nunmehr bald meinen Besuch in Jena abstatten zu können. Anbey sende den Schluß des Römischen Aufenthaltes, welcher freylich auch vielleicht nur drey Bogen betragen kann.

Leider ist das Nächste, was hierauf folgt, der Weg nach Neapel und der erste Aufenthalt daselbst, noch nicht in Ordnung, sonst hätt ich davon auch noch soviel als nöthig gesendet. Ich bin jetzt nicht im Stande die Redaction vorzunehmen. Ich hatte von hinten hervor gearbeitet um mir mehr Lust zur Vollendung zu machen. Es wird nun also nichts übrig bleiben, als diesen Band etwas schwächer zu lassen als die übrigen, weshalb ich denn mit Herrn Cotta zu conferiren bitte.

Ich lege den Brief von Moor und Winter bey, so vielleicht könnte man Herrn Vogel in Leipzig an den Auftrag erinnern. Manches andere erspare zu mündlicher Unterhaltung.

[164] Mich Ihnen und den lieben Ihrigen angelegentlichst empfehlend

Weimar den 14. September 1816.

Goethe.


27/7498.


An August von Goethe

[Concept.]

Ohne in den besondern Fall einer zu übernehmenden Bürgschaft, den du mir, mein lieber Sohn, vorlegtest, einzugehen, muß ich dir Nachstehendes zu Herzen geben.

Als mich mein seliger Vater einigermaßen ausstattete, war unter andern guten Lehren, die er mir zugleich ertheilte, eine, die einem Befehl glich, daß ich bey seinem Leben keine Bürgschaft eingehen und auch nach seinem Tode diese Warnung immer bedenken solle.

Denn sagte er: wenn du baares Geld hast, so magst du es einem Freunde auch ohne große Sicherheit leihen. Willst du es verschenken, so ist auch nichts dagegen zu sagen, borgst du, so wirst du dich einrichten Interessen zu bezahlen und das Capital abzutragen; verbürgst du dich aber, so versetzest du dich in einen unruhigen Zustand, der desto peinlicher ist, als du dich unthätig ja leidend verhalten mußt. Niemand verbürgt es leicht, außer wenn er glaubt, er laufe keine Gefahr, ist aber die Verbürgung geschehen,[165] so fühlt er sich gar bald, besondere in sorglichen Augenblicken, von einem in der Ferne sich zeigenden Übel bedroht, welches um so fürchterlicher erscheint, als er fühlt, daß er ihm nicht gewachsen sey, wenn er näher treten sollte.

Das Leben für einen Freund zu wagen wie für dich siehst, ist löblich, denn der Augenblick entscheidet; aber dir auf unbestimmte Zeit, oder wohl gar auf's ganze Leben Sorge zu bereiten, und deinen sichern Besitz wenigstens in der Einbildungskraft zu untergraben, ist keineswegs räthlich: denn unsere körperlichen Zustände und der Lauf der Dinge bereiten uns manche hypochondrische Stunde, und die Sorge ruft alsdenn alle Gespenster hervor, die ein heiterer Tag verscheucht.

So war die Gesinnung meines Vaters und so ist auch die meinige geblieben. Ich habe in meinem Leben viel, vielleicht mehr als billig, für andere gethan, und mich und die Meinigen dabey vergessen; dieß kann ich dir ohne Ruhmredigkeit sagen, da du manches weißt; aber ich habe mich nie verbürgt, und unter meinem Nachlaß findest du keinen solchen Act. Habe daher das alte Sprichwort vor Augen und gedenke mein.

Weimar den 19. September 1816.[166]


27/7499.


An Johann Heinrich Meyer

Hiebey sende, mein Theuerster, das Protocoll unserer Zusammenkunft und in Gemäßheit desselben den Entwurf eines Publicandums. Denken Sie solches durch ob vielleicht ein oder der andere Punct vergessen worden, ich will alsdann für die weitere Ausarbeitung sorgen.

Lassen Sie Sich heute zu beliebiger Stunde sehen.

d. 19. September 16.

G.


27/7500.


An Johann Ludwig Heim

[Concept.]

Hochwohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr!

Ew. Excellenz meinen gefühltesten Dank für die schöne Gabe womit Sie das Jenaische Kabinett verherrlicht mündlich darzubringen war ich schon auf dem Wege, und konnte hoffen den 21. July in Meiningen aufzuwarten, als ein unerwarteter Unfall meine Reise unterbrach, ja mich nöthigte jenen Vorsatz ganz aufzugeben und einen andern Sommeraufenthalt zu suchen.

In meiner achtwöchentlichen Abwesenheit ward die höchst interessante Sammlung in Jena geräumig und sorgfältig aufgestellt, so daß man sie in lehrreicher Folge übersehen kann. Da sie mir aus den[167] Catalogen genugsam bekannt ist; so war mein erster Wunsch sie mit Augen zu betrachten, wozu ich aber noch nicht habe Muße finden können.

Deshalb darf ich nicht länger säumen Ew. Hochwohlgeb. auch für meine Person den aufrichtigsten Dank abzustatten. Auch mir hätte kein größeres Geschenk werden können: denn bey fleißiger Lesung Ihrer geologischen Schriften konnte mir nicht verborgen bleiben, daß Hochdieselben die Übergänge, die ich auch mit Sorgfalt, wenn es Gelegenheit gab, aufgesucht, vorzüglich beachtet und deren große Bedeutung hervorgehoben haben, davon mich nun auch der Catalog auf's neue belehrt.

Wir haben bisher, wie das übrige Publicum, von Ihren anhaltenden und treuen Bemühungen Nutzen gezogen, gegenwärtig aber sind wir in dem Fall, mehr als andere uns diejenigen Überzeugungen zuzueignen, welche Erfahrung und Nachdenken bey dem genausten Beobachter befestigt haben.

Erlauben Sie mir, indem ich mich angelegentlichst empfehle, zu betheuern, daß Ihr würdiges Andenken stets an einem Ort leben wird, den Sie so sehr begünstigt haben.

Der ich pp.

Weimar den 2. September 1816.[168]


27/7501.


An Christian Gottlob Voigt

Mit den wärmsten aufrichtigsten Wünschen für Ew. Excellenz und der verehrten Ihrigen Wohl

für und für

der Ihrige

W. d. 26. September 1816.

Goethe.


27/7502.


An Carl Friedrich Zelter

[etwa 27. September 1816.]

Das vorigemal fandest du mich in einem traurigen Zustande, jetzt muß ich dich darein versetzen. Beyliegender Brief enthält ein großes Unheil, wobey ich nur den Trost habe daß ich dich in meiner Nähe weis und deine Leiden mitzutragen mich bereite.

G.


27/7503.


An Sulpiz Boisserée

Beyliegende Farbenmuster, welche mir Prof. Jagemann beym Abschied für Sie einhändigte, erinnern mich nur zu oft an meine verfehlte Reise. Ich sende sie deshalb um sie los zu werden sowohl, als auch weil sie Ihnen nützlich seyn können. Ihr lieber Brief vom 31. August gelangte in Weimar zu meinen Händen. Er drückt den Zustand eines Bräutigams oder einer Braut aus, und wie könnt es auch anders seyn.

[169] Paläophron und Neoterpe lösen den Conflikt des Alten und Neuen auf eine heitere Weise, die freylich in dieser zerspalteten Welt nicht denkbar ist: denn nicht allein durch leidenschaftliches Widerstreben, sondern auch durch unzuläßiges Vereinen wird gefehlt und bey dem wunderlichsten Schwanken tritt in Deutschland ein sehr trauriges Phänomen hervor, daß nämlich jeder sich berechtigt glaubt, ohne irgend ein Fundament bejahen und verneinen zu können, wodurch denn ein Geist des Widerspruchs und ein Krieg aller gegen alle erregt wird. Ich halte mich beobachtend, meide die Menschen nicht und suche sie nicht. Wir müssen auf alle Fälle diese Dinge besprechen eh Sie Ihre neue Lebensbahn betreten.

Der erste Band der Italiänischen Reise wird wahrscheinlich in der Michaelsmesse ausgegeben. Mir ist dabey zu Muthe, als wenn man ein Portrait oder Silhouette früherer Jahre betrachtet. So auch hier. Ich begreife recht gut, warum ich nicht mehr so seyn, denken und schreiben kann.

Darnach beginnt sogleich der Druck des zweyten Heftes von Rhein und Mayn. Ein Aufsatz geht voran. Die Geschichte der neuen frömmelnden Unkunst von den 80er Jahren her. Es wird uns manche sauere Gesichter zuziehen, das hat aber nichts zu sagen! In 50 Jahren begreift kein Mensch diese Seuche, wenn Gleichzeitige den Verlauf nicht bewahren. Indessen soll die möglichste Schonung herrschen, das kann aber[170] nur im Ausdruck seyn, denn an der Sache ist nichts zu schonen.

Hierauf wird denn das Rochusfest von 1814 wiederholt. Eine heitere im Innern fromme Darstellung.

Zunächst giebt denn Ihre Sammlung Anlaß die wahre nicht angemaßte heilige Kunst zu rühmen. Meister Hemmling ist schon in Tennstedt durchgedacht. Ich fahre in meiner alten Weise fort. In Schriften über solche Gegenstände muß der Verstand sprechen, damit der Verständige auch ohne die Gegenstände zu sehen, sich daraus was abnehmen könne. Die Gegenwart ist es alsdann, die zu den Sinnen spricht, die Einbildungskraft erregt, das Gemüth rührt, den Enthusiasmus entflammt.

Mehr sag ich nicht, denn es muß gethan werden. Mein eigenes Notirte, vieles von Ihnen Verzeichnete, kommen mir hiebey zu Hülfe. Sollte mir irgend etwas abgehen, so haben wir Zeit darüber zu conferiren.

Grüßen Sie mir die lieben Ihrigen. Der geistreiche Gallerie-Inspector soll gerühmt seyn. Danken Sie Herrn Mohr und Zimmer für die übersendeten Jahrbücher. Durch einen Mißverstand verspätet erhalt ich sie erst jetzt, doch immer zeitig genug.

Können Sie erfahren wer der Recensent meiner Farbenlehre in den Heidelberger Jahrbüchern 1814 No. 27 pag. 417-430 sey, so geschieht mir ein Gefalle;[171] denn gewisse Urtheile begreift man weit schneller wenn man das Individuum kennt aus dessen Geist es hervortrat.

Grüßen Sie den guten Jung ich hoffte bey meiner dießjährigen Reise mich unserer herkömmlichen Freundschaft wieder recht gründlich zu erfreuen.

Weimar am 27. Sept. 1816.

G.


27/7504.


An Johann Gustav Büsching

Ew. Wohlgeb.

hätte schon längst für die freundliche Zueignung und die mit vieler Theilnahme von mir beachteten Arbeiten meinen Dank abstatten sollen. Wollte ich die Versäumniß entschuldigen, so müßte ich mancher für mich schmerzlicher und unangenehmer Dinge gedenken, lieber will ich sogleich einen Beytrag übersenden, der Sie interessiren kann und vielleicht zu Ihren Zwecken brauchbar ist. Wollten Sie einiges von den seltsamen Darstellungen in Kupfer stechen lassen, so würde ich rathen ein symbolisches Alphabet herauszusuchen, z.B. Kaiser, Richter, Besitz, Habe pp. Die Vorstellungen kommen immer wieder. An den Vorarbeiten finden Sie Anlässe hierzu, die ich jedoch wieder durchzugehen außer Stande bin. Mögen Sie mir anzeigen, was Sie etwa davon zu nützen geneigt wären, so würde ich aufgeregt, noch eins und das andere hinzuzufügen.[172] Gegenwärtig nur, damit die Sendung nicht säume, meine besten Wünsche für Ihr Wohl.

ergebenst

Weimar d. 27. September 1816.

Goethe.


27/7505.


An Christian Heinrich Schlosser

[Concept.]

Um diese Zeit, mein Theuerster, hofft ich bey Ihnen zu seyn, aber mein wohlbedachter Plan ward unterbrochen und zerstört Unfälle auf Unfälle häuften sich und ich schwieg den Freunden lieber: denn nichts ist schlimmer als wenn man traurige hypochondrische Momente in die Ferne mittheilt. Nun will ich aber nicht länger schweigen und kürzlich nur weniges an Sie gelangen lassen.

Mit Ihrem Büchlein ist es mir wunderbar gegangen, ich habe mich dergestalt in die Region der Wissenschaft und Kunst zurückgezogen, daß ich die Welt ihr übriges gar gern für sich behandeln lasse. Ihre Vorrede las ich mit Vergnügen und Antheil. Der Franzos erinnerte mich an verdrießliche Dinge, aber in Ihren Anmerkungen hört ich einen Freund sprechen und vernahm eine sinnige gewohnte Stimme. Und so bin ich gerade ein umgekehrter Leser den Sie nicht erwarten sollten. Ich habe die Noten gelesen, den Text nicht, denn bey einige Zeiterfahrung belehrten[173] mich die Noten was im Text hätte stehen sollen.

Wie sehr mich diese Ihre wohlgefühlten und gedachten Äußerungen erfreuten können Sie daraus sehen, daß selbst das, was Sie über Hierarchie sagen, mir keineswegs zuwider war, ob ich gleich unter diejenigen gehöre, die das Jubiläum der Evangelischen Kirche, das uns im nächsten Jahre hereintritt, am herzlichsten feiern. Das Eigene, was ich mir bey dieser Feier denke, dürft ich nur mündlich sagen, Sie würden lächeln und, wenn ich sogar als Collectant käme, einem Beytrag nicht abgeneigt seyn.

Grüßen Sie mir Ihren Herrn Bruder auf's herzlichste. Ich darf kaum ausdrücken wie sehr mir Ihr beiderseitiges Glück und Gedeihen anliegt. Hab ich doch außer meinem Sohn so wenig Verwandtes und Angehöriges. Mag derselbe mir eine kurze Notiz geben, worauf dieses Quartal rechnen kann, so wird es mir eine Gefälligkeit seyn. Ersuchen Sie Ihre theuere Frau Mutter und Schwägerin, daß Sie mir manchmal einen kleinen Auftrag verzeihen, sowie meinem Sohne, der mich in meiner häuslichen und Geschäfts-Lage durchaus erleichtert.

Haben Sie ja die Güte mir daß Verzeichniß des neuen Rathes zu senden und käme irgend ein neuer Stadt- und Staats-Calender zu Stande, mir solchen zu überschicken. Sie haben so wenig Bezug zu uns, sonst würd ich den unsrigen sehr gerne senden.

[174] Es steht noch ein Kasten Mineralien, der von Coblenz gekommen ist, bey Ihnen, haben Sie die Güte solchen an Herrn Nikolaus Schmidt zu überantworten, der solche Besorgungen gefälligst und promptest zu übermachen die beste Gelegenheit hat.

Überhaupt lassen Sie uns ja künftig nicht so lange ohne gegenseitige Kenntniß, ja wenn ich schweige so mahnen Sie mich. Es liegen noch manche Dinge bey mir, bezüglich auf früheres Besprechen. Es soll mich sehr freuen wenn Sie das Stockende wieder in Fluß bringen, es wird meiner neuen Lebensweise sehr heilsam werden.

Mein zweytes Rhein- und Maynheft rückt heran, möchten Sie was für Frankfurth gewünscht ward, was geschehen und was zu hoffen ist mir nach der Weise mittheilen, in welcher wir uns verstehen, so hoffe ich schicklichen Gebrauch davon zu machen. Das Senckenberger Stift liegt mir besonders am Herzen, an diesem sieht man recht, daß wir keine Engländer sind, ob man uns gleich als Frankfurter auch nicht schelten soll.

Mögen Sie nach solchen ernsthaften Betrachtungen die theuere Mutter noch ersuchen, daß Sie mir noch einen derben Kasten mit Offenbacher Zwiebacken senden möge. Alles was Sie mir schicken wollen kann auf der fahrenden Post gehen, da ich postfrey bin. So kann auch jene obenbemerkte Kiste Mineralien, die nach der mir gemachten Anzeige nicht allzugroß[175] seyn soll, gleichfalls mit der fahrenden Post hieher gesendet werden.

Verzeihen Sie alle diese Unbequemlichkeiten und erlauben Sie daß ich zu einiger freundlichen Erwiderung ein Exemplar meiner Werke, wenn die zwanzig Bände beysammen sind, in's Haus stifte, da wir sonst aus Thüringen nicht leicht nach dem Rhein und Mayn etwas Erfreuliches zu senden vermögen.

Weimar d. 27. September 1816.


27/7506.


An Thomas Johann Seebeck

[Concept.]

Die Unterbrechung meiner Reise hat in manches andere leider Unordnung gebracht und so auch in meinen Briefwechsel. Verzeihen Sie daher, wenn ich erst gegenwärtig auf Ihr werthes Schreiben vom 9. September einiges erwidere. Was die Majolika betrifft, so wollen wir sie noch ruhen lassen. Herzlichen Dank für die gefälligen Bemühungen. Es sind denn doch immer subalterne Kunstwerke und es läßt sich für diesen Preis doch manches von höherm innerm Werth anschaffen, doch geb ich sie nicht ganz auf und bitte die Sammlung im Auge zu behalten.

Eine Anstalt, worauf sich jene Frage und Andeutung bezog, ist mir leider noch nicht gelungen, und auch gegenwärtig wüßt ich nichts bestimmtes[176] zu sagen. Die Jenaischen Gelehrten führen sich seit einiger Zeit so unartig auf, daß es kein Wunder ist, wenn die Fürsten ihren thätigen Antheil den Wissenschaften, die dem Staat so verderbliche Früchte tragen, entziehen. Wie weh mir es thut wohlüberdachte Pläne stranden zu sehen, bedarf keiner weitläufigen Ausführung. Was schon da ist zu erhalten findet schon Schwierigkeit, wir thun das Mögliche um die Ihnen bekannten Anstalten nicht sinken zu lassen, doch sind die Menschen so gewöhnt an Streit und Fehde, daß sie sich mitten im Frieden eh man sich's versieht in Kriegszustand erklären.

Herr Professor Heller hat mich besucht, er wird Ihnen meine Grüße gebracht haben.

[27. September 1816?]


27/7507.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeb.

sind allzu überzeugt von dem Antheil, den ich an Ihnen und den theuren Ihrigen nehme, als daß Sie mein langes Stillschweigen mißdeuten sollten. Der Verlust, der mich betraf, und den Sie so freundschaftlich betrauerten, hat mich in eine ganz ungewohnte Lage versetzt. Eine unterbrochene Reise verwirrte abermals meine Pläne und Vorsätze, so daß ich einige Monate, dem Zufall preisgegeben, nach[177] außen weder Wort noch Wirkung hatte. Ihre geneigten Briefe überzeugen mich, daß ich noch immer in Ihrem Andenken lebe. Herr Geheime Kirchenrath Niethammer, der mich vor kurzem besuchte, beruhigte mich auch wegen Ihrer dortigen Einrichtung: denn freylich war Ihre Hanauer Wohnung, deren ich mich noch immer mit Freuden erinnere, so schön und für Ihre ausgebreitete Thätigkeit dergestalt geeignet, daß wohl schwerlich eine dergleichen zu finden seyn möchte.

Haben Sie ja die Güte mich immer mit dem was Sie vorhaben und vollbringen bekannt zu machen. Ihre Tabellen sind mein und meines Sohnes beständige Gefährten.

Unter Jena bey Dornburg hat man einen sehr schönen Cölestin gefunden, als in unsern Kalkflötzen gelagert. Ferner hat man bey Sulza einen neuen Schacht auf Salzquellen abgeteuft und 190 Fuß tief ein Flötz, etwa 6 Zoll stark, grauen festen Mergels gefunden, welches durchgängig, in seiner Mitte eine Lage Hornstein oder wenn man will Feuerstein mit sich führt. Es ist dieß zwar in Thüringen nichts seltenes, auch in unsern obern Flötzen, aber es ist immer merkwürdig es auch in solcher Tiefe zu erfahren. Ferner ist Farbe und Habitus ganz anders. Ich bin kein glücklicher Beschreiber und Bestimmer, deshalb von beiden Mineralien nächstens Musterstücke sende.

[178] Damit dieser Brief nicht länger liegen bleibe, schicke ich ihn ab, obgleich noch manches zu sagen wäre. Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

gehorsamst

Weimar d. 28. September 1816.

J. W. v. Goethe.


27/7508.


An Maximilian Heinrich Fuchs

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

mich wieder in's Angedenken zu rufen ist mir eine angenehme Pflicht, da ich verhindert worden bin diesen Sommer Cöln und die dortigen werthen Personen zu begrüßen. Möchten Sie die Gefälligkeit haben mir kurze Nachricht zu geben, was sich, seit einem Jahre, in Cöln, Bonn und Coblenz Vortheilhaftes für Wissenschaft und Kunst hervorgethan. Ich würde Gelegenheit ergreifen dasselbe mit Vergnügen öffentlich zu erwähnen.

Ferner wünscht ich Ihre geneigte Mitwirkung bey einem kleinen Geschäft. Wir besitzen hier nämlich junge Frauenzimmer, sehr geschickt im Blumenmahlen, sodaß die gewöhnlichen Vorbilder ihnen nicht mehr genugthun. Nun hab ich bey meiner Anwesenheit in Cöln ein Blumenstück von Segers, bey einem Kaufmanne gesehen, dessen Name mir entfallen ist, sowie ich auch das Bild nicht genugsam gegenwärtig habe um zu entscheiden, ob es zu solchem Zweck geeignet sey.

[179] Es hat in der Mitten ein Basrelief grau in grau von mehreren Blumengruppen umgeben. Soviel erinnere ich mich daß die Rosen etwas verbleicht schienen. sollten Sie wohl die Güte haben das Bild anzusehen, nach dem Preise zu fragen und mir Ihre Gedanken wissen zu lassen. Ich erinnere mich wohl daß es etwas nachgedunkelt hatte, doch hierüber geben Sie mir ja wohl gefällige Nachricht.

Sollte sich irgend ein anderes dergl. verkäufliches Bild in Cöln befinden, so ist es Ihnen gewiß nicht unbekannt und geben mir davon auch einige Kenntniß.

Empfehlen Sie mich allen werthen Freunden die uns so liebreich aufnahmen und erhalten mir ein geneigtes Andenken.

Weimar den 28. September 1816.


27/7509.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

sehe mich gedrungen anzuzeigen daß beym Theater so bedeutende und verwickelte Ereignisse hervortreten, die durch schriftlichen Vortrag nicht zu erschöpfen sind.

Ich würde mit die Erlaubniß erbitten persönlich deshalb aufzuwarten, wenn ich mich nicht in einer Lage befände die es unmöglich macht. Möchten Höchstdieselben daher dem Geh. Hofr. Kirms, etwa morgen[180] frühe einen Vortritt erlauben um die Umstände auseinander zu setzen. Ein schriftlicher Vortrag der Intendanz wird alsdann kurz gefaßt folgen können.

Mit Kirms habe alles besprochen. Die Rationes decidendi und dubitandi sind jedoch nur mündlich einander gegenüber zu stellen.

Entschuldigung erbittend

unterthänigst

W. d. 29. Sept. 1816.

Goethe.


27/7510.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

werden gewiß in dem Intelligenzblatte das Andenken unseres verehrten Freundes feyern. Zu diesem Zwecke wünschte ich beyzutragen durch ein Gedicht, welches demselben schön geschrieben und verziert überreicht wurde, ohne daß ich es drucken lassen. Mögen Ew. Wohlgeboren dasselbe einschalten, so soll es mir angenehm seyn.

Zugleich ersuche die auf beyliegendem Blättchen verzeichnete Anfrage gefälligst durch Ihre Expedition beantworten zu lassen.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend

ergebenst

Weimar den 30. September 1816.

Goethe.[181]


27/7511.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

beachten gnädigst beykommendes Fascicul mit dem es folgende Bewandniß hat:

Schon im Laufe des gegenwärtigen Jahres vernahm ich von Berlin daß man die Absicht habe von dorther die deutsche Nation anzuregen, daß sie gemeinsam für Geschichte und Literatur zweckmäßige Bemühungen unternehmen möge. Staatsrath von Niebuhr empfahl bey seiner Durchreise dieselbe Angelegenheit.

Nun aber bringt Canzler von Müller einen weitläufigen Aufsatz, den Plan umständlicher vorlegend, aber auch eben dadurch die Schwierigkeit ja Unmöglichkeit desselben an den Tag bringend. Er erhielt ihn aus den Händen des Herrn Staatsministers von Stein.

Da ich in diesen Regionen mich nur als Gast und Wanderer aufgehalten; so ersucht ich die Gebrüder Grimm, in Cassel, als Männer vom Handwerk, mir hierüber ein freyes Gutachten zu erstatten, welches sie, sehr genügend wie mir scheint erfüllt, und ich stand im Begriff diese Papiere dem Minister von Stein, als ein Zeichen der Aufmerksamkeit zu weitern Gebrauch zu übersenden. Ehe aber dieses geschieht wünsche vorher Ew. Königl. Hoheit gnädigste[182] Beystimmung, inwiefern ich hier blos als Privatmann handeln soll, oder vielleicht einige Hoffnung zu Höchstdero Theilnahme erregen dürfe.

Es kann und wird immer etwas Gutes daraus entstehen, sobald sich irgendwo ein thätiger Mittelpunct festsetzt, andere zur Nachfolge reizt und mehrere solche Lebenspuncte sich in Rapport setzen. Und so würde sich nach und nach eine Gesellschaft organisiren, welche jetzt aus vielen, aber zerstreuten Mitgliedern bestehend, nur eine unsichtbare Kirche macht.

Bey Rückkehr des Herrn Staats-Ministers von Voigt, der diesen Gegenstand nach allen Seiten übersieht, würde sich das Weitere ergeben.

unterthänigst

Weimar d. 2. October 1816.

Goethe.


27/7512.


An Carl Friedrich Bachmann

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

gefällige Sendung Ihres neusten Wercks kam sehr erwünscht und ich habe dafür zwiefach zu danken: denn ich bin eben im Begriff meine Arbeiten im naturhistorischen Fache zu redigiren, indem ich zerstreute Blätter sammle. Sie nothwendig es bey dieser Arbeit sey die leitenden Principien nochmals zu prüfen, welche mir auf meinem Wege vorgeschwebt, werden Sie am besten anerkennen und hiezu giebt[183] mir Ihr Werk die schönste Gelegenheit. Vielleicht hab ich bald das Vergnügen in Jena mich mit Ihnen über diese Angelegenheit zu besprechen. Aus Ihrem Buche sey ich, daß ich mit Ihnen in gleicher Richtung gehe. Das Beste wünschend.

Weimar d. 3. October 1816.


27/7513.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königlichen Hoheit

gnädigste Befehle so schnell und genau, als in meinen Kräften steht, auszuführen, habe ich jederzeit für meine erste Pflicht gehalten; nur dießmal, gesteh' ich, überfiel mich ein Zaudern, als Höchstdieselben meine Gedanken über die Zeitschrift Isis vorzulegen befahlen.

Ich überwinde jedoch alle Bedenklichkeit und Nachstehendes wird Höchstdieselben überzeugen, daß ich Ursache hatte, mit Besorgniß an's Werk zu gehen.

Manchem dürfte, bey Betrachtung der Acten, wünschenswerth däuchten, daß man sogleich bey'm Erscheinen der Ankündigung von Polizeiwegen das Blatt verboten hätte, wie denn dieser Behörde ganz ohne Frage in einem solchen Falle aus eigener Autorität zu verfahren zusteht, wie ein erfahrenes und geprüftes Mitglied derselben fol. 36 unbewunden ausspricht. Da es aber nicht geschehen, sondern von gedachtem[184] Blatte schon mehrere Nummern ausgegeben worden; so hat man dabey den traurigen Vortheil, zu sehen, wie ungehinderte Verwogenheit täglich wächst und ihre gränzenlose Natur offenbart.

Beyliegende Acten enthalten die Blätter, welche künftigen Geschäftsmännern nothwendig als ein Gräuel erscheinen müssen. Der würdige Vorsitzende der Landes-Direction hat in seinem Vortrag fol. 1-5 mit Klarheit und Mäßigung den Unfug vorgestellt und dadurch mehrere vorzügliche Geschäftsmänner in den Stand gesetzt, die Lage zu beurtheilen und ihr Gutachten, wie dem Übel gesteuert werden könne, vorzulegen. Dieses ist geschehen und sie sind in der Sache vollkommen einig. Ihre Vorschläge gehen dahin, man solle

1) dem Herausgeber seine Ungebühr mündlich oder schriftlich verweisen und ihn

2) bedrohen, daß bey erneuerten Ausfällen auf einzelne Personen, oder ganze Stände, sein Blatt sogleich verboten werden solle.

Hierzu fügen sie

3) den Vorschlag, daß man den Fiscal gegen ihn aufregen und auf dem Wege Rechtens den bisher Beleidigten Genugthuung verschaffen möge.

Hierüber aber meine Meinung zu eröffnen, finde ich mich in großer Verlegenheit; denn so bedeutend und kräftig auch diese Maaßregeln scheinen möchten, so bin ich doch genöthigt, auszusprechen, daß sie mir[185] eher geeignet scheinen, das Übel zu vermehren, als demselben Einhalt zu thun. Ich will die mir vorschwebenden möglichen Folgen gedachter Schritte nicht verhehlen.

Ad 1. Citirt man den Herausgeber zu einem Vorhalt und er bleibt aus, wie soll man alsdann verfahren? Will man ihn durch Militär holen lassen, oder was sonst für eine Maaßregel ergreifen?

Wenn er nun aber erschiene und vor der Behörde eben so kühn und unverschämt spräche, wie er drucken so läßt – (und ihm fehlt es nicht an Redegabe) – will man ihn dann auf die Hauptwache setzen, oder ihn triumphierend ziehen lassen?

Gesetzt aber, er betrüg sich bescheiden, registrirte aber sogleich den ganzen Vorfall und ließ ihn im nächsten Stück abdrucken, mit directer und indirecter Verspottung der Behörde, wozu ihm Druckerstöcke und andere Narrenspossen hundertweis zu Gebote stehen: will man alsdann mit dem angedrohten Verbot vorschreiten, da die Behörde als Partei erscheint und eine ihr angethane Beleidigung ahnden muß, nachdem so viele andere Verhältnisse ungestraft preisgegeben worden?

Dasselbe kann und wird er thun, wenn man ihm schriftlich Verweiß und Drohungen zugehen läßt.

Und es ist keine Seitenbetrachtung, wenn ich sage, daß ein solcher Vorhalt niemals meine Billigung hatte. In meinem Geschäftsgange fiel nur einer vor,[186] einem andern habe ich aus der Ferne zugesehen Vorhalt, Vorwurf, Verweis ist ein Recht des Präsidenten, des Vorgesetzten einer subalternen Masse.

Wenn er menschlich ist und sein Handwerk versteht, so wird er an einzelner Anmahnung, an väterlicher und pädagogischer Bildung es nicht fehlen lassen. Will das nicht fruchten, so fordere er den Ungeschicken vor's Collegium, bedeute ihn seiner Pflicht und bedrohe ihn mit Entlassung; das ist recht, gut und nothwendig. Daß man aber dasselbige auch bey anderen Staatsdienern anwendete, war nur ein Nothbehelf. Man hüte sich, in dieser Form fortzufahren, weil sie in der neueren Zeit nothwendig einmal brechen muß. Man betrachte das gegenwärtige Beyspiel. Der Herausgeber ist ein Mann von Geist, von Kenntnissen, von Verdienst; ihn als einen Schulknaben herunter zu machen, ziemt sich nicht; hat er aber bey allen seinen Vorzügen nebenher noch einen partiellen Wahnsinn, der dem Staate schädlich, ja verderblich ist, so bändige man diesen und die Sache ist mit Ehren gethan.

Ad 2. Sodann will man ihn bedrohen. Auch davon kann ich keine Frucht erwarten. Würde man wohl einem Mohren bey Strafe aufgeben, sich weiß zu waschen?

Das Blatt soll mäßiger, bescheidener werden, es soll sich selbst beschränken! Man betrachte den Inhalt oder die Form dieser Flugschrift: wo soll die[187] Beschränkung herkommen? Es umfaßt encyclopädisch alles Denkbare und sogar das, was es scheinbar aus schließt, nimmt es beleidigend wieder auf. Die Form ist wild, frech, ohne Rücksicht auf irgend ein Verhältniß, ohne Geschmack in der Darstellung wie soll diese Form sich vernünftig gestalten?

Und giebt es denn eine Gränze des Wahnsinns, der Unbescheidenheit, der Verwogenheit? Sie und ihre Geschwister und ihre Verwandte sind, ihrer Natur nach, unbedingt, nicht zur belehren und nicht zu bändigen.

Und wo wäre dann der Maaßstab der Gesetzlosigkeit? Man will das Blatt fortdauern lassen und wer soll dann beurtheilen, ob der Verfasser in sich gegangen, ob wirklich sein Blatt sich der Sitte, sich dem Erträglichen nähert? Fürwahr der hundertste Theil desselben ist eben so schlimm, als das Ganze, und nach der Bedrohung können mancherley Fälle eintreten. Entweder der Herausgeber fährt auf die bisherige Weise fort: wird man resolut genug seyn, die Drohung zu erfüllen? Oder er wirft sich in die Ironie, welche von ihrem zartesten Gipfel bis zu ihrer plattesten Base hundert Formen darbietet, die Leute zu quälen, ohne daß man sich beklagen darf: wird man ihm wehren, die Druckerstöcke zu vervielfältigen, jedes Blatt mit Rebus zu schmücken, wozu er schon auf dem Wege ist? Wer wird ihn hindern, in Räthseln, Logogryphen, Charaden, seine[188] Leidenschaft zu verhüllen, und ist es einer Behörde anständig, den Ödipus zu einer solchen Sphynx zu machen?

Und noch das Letzte und Schlimmste: er hat den Fürsten innerhalb der Staatsverhältnisse angegriffen, wird er lange säumen, die Familienverhältnisse anzugreifen? Und wird man alsdann abermals zaudern, Einhalt zu thun, weil die griechischen Kaiser es für unwürdig gehalten haben, gegen sie gerichtete Beleidigungen zu bestrafen?

Was soll denn nun aber geschehen? – Die Anfangs versäumte Maaßregel muß ergriffen und das Blatt sogleich verboten werden.

Man fürchte sich ja nicht vor den Folgen eines männlichen Schrittes; denn es entstehe daraus, was da wolle, so behält man das schöne Gefühl, recht gehandelt zu haben, da die Folgen des Zauderns und Schwankens auf alle Fälle peinlich sind. Mit dem Verbot des Blattes wird das Blut auf einmal gestopft; es ist männlicher, sich ein Bein abnehmen zu lassen, als am kalten Brande zu sterben.

Wenn ich nun durch diesen chirurgischen Schnitt die Krankheit auszurotten dringend anrathe, so kann ich dagegen keineswegs räthlich finden, fiscalische Klage gegen den Herausgeber zu erheben; hierdurch würde eine Sache, die abgethan und der Vergessenheit übergeben werden sollte, verewigt und erst recht in die Breite getreten.

[189] Ad 3. Wie gegen den Herausgeber geklagt werden solle, ist in den Acten selbst und beyliegenden Blättern umständlich auseinander gesetzt. Wenn er nun aber die gegen ihn gerichtete Klage, mit Noten versehen, abdrucken ließ und vor Gericht erwidert: es könne niemand der Wahrheit wegen bestraft werden, er getraue sich, Alles haarklein darzuthun, was er habe drucken lassen? Und was kann der Fiscal dagegen thun und welches ist das Gericht, dem man eine solche Sache unterwerfen möchte? Sehen wir doch, damit auch dieses ausgesprochen sey, in Facultäten und Dikasterien Personen von gleichem revolutionären Geiste belebt und es wäre gar wohl möglich, daß der Herausgeber vor einem solchen Sanhedrin am Ende Recht behielt und gelobt würde.

Aber auch gesetzt, es wäre in dieser gespaltenen Zeit ein Gericht denkbar, das nach alten, unwandelbaren Gesetzen spräche: ist es denn schicklich, daß ihm ein souverainer Fürst die innersten Fragen zur Entscheidung vorlege, die er allein, berathen von seinem Ministerium, umgeben von seinen Landständen, entscheiden kann? Keinesweges ist es eine Rechtssache und darf es nicht werden.

Noch werfe ich die Frage auf: sollte ein auswärtiger Gerichtshof wohl getadelt werden, wenn er ablehnte, in dieser Sache zu sprechen? Es ist eine Polizeisache, die nur an Ort und Stelle beurtheilt und abgeurtheilt werden kann.[190]

Man lasse das Alles ruhen. Das Geschehene ist geschehen und selbst das Resultat einer rechtlichen Behandlung würde darthun, daß man zu lange nachgesehen hat. Ich kehre daher zu meiner, oben ausgesprochenen, einzigen Maaßregel zurück und zwar dergestalt: man ignorire den Herausgeber ganz und gar, aber man hatte sich an den Buchdrucker und verbiete diesem bey persönlicher Selbstgeltung den Druck des Blattes.

Die Polizei sey wachsam, daß nichts Ähnliches, oder Schlimmeres an den Tag springe. Die erste Folge dieses gethanen Schrittes wird seyn der allgemeine Beyfall aller Rechtlichen im In- und Auslande.

Noch einige Bemerkungen füge ich hinzu. Warum ist denn in dieser Sache das Wort Hochverrath vorgekommen, warum konnte man nur fragen, ob es Hochverrath sey oder nicht? – Die Antwort ist sehr einfach: wie soll das Verrath seyn, was öffentlich geschieht?

Des Herausgebers Unternehmen ist catilinarisch und wer hätte Lust, den Cicero zu spielen, der schlechten Dank verdiente, daß er die Stadt rettete?

Noch ein Punct von großer Bedeutung ist zu berühren.

In den Acten und Blättern, die zu mir gekommen sind, nimmt man als etwas Bekanntes an, daß dieser Zustand auf Selbstrache hinführe. Mit Verwunderung[191] habe ich gesehen, daß man das Schreckliche eines solchen Bekenntnisses nicht zu fühlen scheint. Ich will jetzt für den Herausgeber sprechen, gegen den ich gesprochen habe. – Wie ich oben eine schülerhafte Demüthigung von ihm abzulehnen gedachte, so will ich jetzt die Gefahr schmählichster Behandlung von ihm ablenken. Wer steht dafür, daß die Scenen sich erneuern, die durch Schlözers Anzeigen die Welt erschreckten, aber leider über größere Gräuel vergessen sind? Wasern wurde das Haupt abgeschlagen, Graf Münster mit Hetzpeitschen lederweich traktirt und das sollte sich wiederholen? Wer will dann dem Herausgeber, der noch immer verdient, in der Wissenschaft eine glänzende Rolle zu spielen, wer will ihm zu Hülfe kommen, wenn ihn gereizte junge Leute auf's gräßlichste mißhandeln?

So eben wird mir ein ausführlicher, wohlgedachter Aufsatz mitgetheilt über die künftige Censur-Einrichtung, welcher mich in der umständlich geäußerten Überzeugung noch mehr bestätigt. Denn es geht daraus hervor, daß der Preß-Anarchie sich ein Preß-Despotismus entgegen setze, ja ich möchte sagen, daß eine weise und kräftige Dictatur sich einem solchen Unwesen entgegen stellen müsse, um dasselbe so lange zurückzudrängen, bis eine gesetzliche Censur wieder hergestellt ist. Wie dieses zu thun sey, bedarf einer weiteren Berathung.

Gegenwärtig aber bleibt mir nur übrig, Ew.[192] Königliche Hoheit dringend um Verzeihung zu bitten, wegen meiner vielleicht zu lebhaften Äußerungen. Gewiß würde ich, wenn es die Zeit erlaubte, das Ganze nochmals durcharbeiten und so könnte es vielleicht schicklicher und mäßiger verfaßt werden, aber es kömmt hier nicht auf Styl und Schonung an. Mein einziger Wunsch ist, Ew. Königliche Hoheit und alle Wohldenkende zu überzeugen, nicht sowohl von einem Übel, das uns bedroht, sondern von einem, das uns befallen hat.

Ew. Königlichen Hoheit

unterthänigst treu gehorsamster

Weimar den 5. October 1816.

J. W. v. Goethe.


27/7514.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit ersehen gnädigst das Nähere der Jenaischen Anordnungen, ingl:

Wie weit es mit der Form der freien Kunst-Anstalt gediehen.

Unterthänigst

Weimar, den 6. October 1816.

Goethe.


27/7515.


An Johann Jacob von Willemer

Entbehrung ist ein leidiges Wesen, an sich selbst nichts und das Wenige aufzehrend was der Tag noch[193] allenfalls enthalten könnte. So verlebe ich nun schon bald ein Vierteljahr, ohne mir fremd und ohne mir selbst zu seyn. Wenn ich also auf der Mühle nicht erscheine und weder den Mühlherrn noch die Müllerin noch Knappen und Sippschaft begrüße; so deutet das auf nichts weiter als daß ich immer da hin und aus der Ferne die traurige Entbehrung nicht auch noch mit Worten besiegeln mag.

Da laß ich nun das hübsche Bildchen des Mayns zwischen den Aschen hundertmal wiederholen und meyne immer ich könnte dadurch auf den Altan gelangen; wie denn diese Tage eins dergleichen an die Herzogin von Cumberland abgehet, um ihr zu sagen, wie hübsch es da den andern Morgen war, wo sie sich zu Nachtzeit mit Laterne hinverirrte.

Jenes Blättchen aber, dem 28. August 1815 gewidmet, hatte 1816 kein Gegenstück denn gerade an dem Tage verließen mich zwey Freunde, die, als gute Gesellen und Besuch, in dem mittelländischen Thüringen mit mir gehaust hatten.

Nicht ohne freundliches Angebinde, Musik und dergleichen, verstrich Tag und Abend, und so konnte ich, denn doch in freundlicher Umgebung des vorjährigen Festes im Stillen gedenken.

Nach Hause zurückgekehrt, fand ich weder den kosmischen noch politischen noch physiologischen Himmel erheitert, welches wohl an mir liegen mochte, und nur soviel kann ich meinen werthen Freunden, die[194] mir das Beste wünschen, versichern, daß nur ununterbrochene Thätigkeit nach innen und außen mich lebendig erhält, und daß ich nichts mehr wünsche, als Ihnen möge dadurch auch etwas Erfreuliches erwachsen.

Freundliche Nachrichten, wenn die Stadt wieder bezogen worden, und Versicherungen, daß auch dort meiner gedacht wird, gereicht mir zur schönsten Erquickung dabey bleibt aber immer Wahrheit, daß Entbehrung eine schlechte Sache sey, besonders auch, weil sie das Wort in die Ferne kürzt. Die weltbürgerischen, wohlgemeinten Worte, in Weimar freundlichst aufgenommen, sind nach Jena befördert. Der unchristliche Christian E. scheint seinen Spott abermals mit mir zu treiben, indem er sein Pfeifchen vor meiner Hausthüre ankündigt. Es ist aber schon Bestallung auf ihn gemacht und es erwartet ihn eine leidliche Hast, wornach sich zu achten. Möge ein schöner Sonnenuntergang die Stunde der Ankunft dieses Schreibens bezeichnen.

treu verbunden.

W. d. 6. October 1816.

G.


27/7516.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb. habe die Ehre, bey meiner Rückkunft von einer Badereise, schuldigst zu vermelden, daß die in Ihrem geneigten Schreiben vom 28sten July angezeigte[195] Sendung in dem besten Zustande, zur rechten Zeit, hier angekommen. J. K. H. erkennen Deroselben abermalige Bemühungen mit dem vollkommensten Dank. Auch ich, für meine Person, habe Ursache, für die neue Bereicherung unserer Sammlungen mich dankbarlichst auszudrücken.

Habe ich eine Stelle Ihres Briefes recht verstanden, so kann es mit einer neuen Anweisung auf die zu entrichtende Summe noch einigen Anstand haben; sollte es aber nöthig werden und Zahlungen zu leisten seyn; so bitte, mich gefälligst davon zu benachrichtigen, da ich dann die baldige Besorgung nicht verfehlen werde.

Mehr sage ich nicht, damit diese verspätete Briefschuld sogleich abgetragen sey, ob ich gleich über die einzelnen Theile und Sendungen mein Vergnügen und Anerkennung auszusprechen hätte.

Der ich mich mit der ausgezeichnetesten Hochachtung zu unterschreiben die Ehre habe.

Weimar d. 7. October 1816.


27/7517.


An Christian Gottlob Voigt

Wenn Ew. Exzellenz an dem Ausdruck meiner wahren und treuen Gesinnungen Freude hatten, so macht es mich sehr glücklich. Keine Gelegenheit werde ich versäumen sie auch in der That zu beweisen. Wie[196] sehr war Ihnen, verehrter Freund, ein heiterer Aufenthalt in freier Luft und Welt zu gönnen!

unwandelbar

Weimar den 8. October 1816.

Goethe.


27/7518.


An Charlotte Kestner, geb. Buff

Mögen Sie sich, verehrte Freundin, heute Abend meiner Loge bedienen, so holt mein Wagen Sie ab. Es bedarf keiner Billete. Mein Bedienter zeigt den Weg durchs Parterre. Verzeihen Sie, wenn ich mich nicht selbst einfinde, auch mich bisher nicht sehen lassen, ob ich gleich oft in Gedanken bey Ihnen gewesen. Herzlich das Beste wünschend

W. d. 9. October 1816.

Goethe.


27/7519.


An Sulpiz Boisserée

Es soll mir eben dieses Jahr nichts zu Glück schlagen. Indem ich Zeltern mit Verlangen erwarte kommt ein Brief von Berlin, der den Tod seiner jüngsten und liebsten Tochter ankündigt, die ihm als haushaltend so nothwendig war. Das muß, ihm nun zum Empfang vermelden. Zwar, wie Sie ihn kennen, stand er auch bey diesem Schlag wie eine alte Eiche, der es auf einen Ast mehr oder weniger nicht ankommt. Ich von meiner Seite holte hervor[197] was ich vermochte um irgend ein augenblickliches Interesse zu erregen, nach zwey Tagen eilte er Herrn Wilken nach und so endigte sich eine heiter und glücklich vollbrachte Reise auch an einem Trauervorhang. Sie fühlen mit, daß dieses neue ärgerliche Ereigniß keineswegs zu meiner Erheiterung dienen konnte.

Anhaltende Beschäftigung ist nunmehr meine einzige Zuflucht. Der erste Band der Italiänischen Reise wird nächstens ausgegeben, das 2te Rhein- und Maynheft nähert sich dem Druck. Alte Papiere such ich hervor und redigire sie so gut es gehen will. Abwechslung sind ich da genug, denn es ist unglaublich ja mannigmal komisch wo man in seinem Leben allenthalben hingetastet hat, wodurch man endlich so weit kommt, zu wissen wo die Zäume hängen, wenn man nicht mehr reiten mag.

So viel für dießmal. Herzliche Grüße den lieben Ihrigen.

Noch eins füge hinzu. Haben Sie ja die Güte mir alles zu sammlen, was in den neuen westlich preußischen Staaten für Wissenschaft und Kunst geschieht. Es soll mir angenehm seyn wenn daraus ein erfreulicher Anblick entspringt. In Berlin rührt man sich auch. Man will die Alterthümer zusammen in ein Museum sammlen, da denn freylich schöne Sachen zusammen kommen.

Nochmals mein herzliches Lebewohl!

Weimar d. 13. October 1816.

G.[198]


27/7520.


An Charlotte von Schiller

Ihre freundliche Zuschrift, verehrte Freundin, ist mir zur rechten Zeit geworden, leider aber kann ich die verlangten Zeichnungen nicht finden, obgleich die Portefeuillen bey mir liegen. Sobald Meyer von Rohrbach zurückkommt wollen wir sie zusammen suchen und wohlverwahrt nach Rudolstadt senden. Möge Ihnen dort alles erfreulich seyn.

Mit herzlichem Dank für Ihre fortdauernden freundlichen Gesinnungen empfehle mich zum schönsten.

Weimar d. 13. October 1816.

Goethe.


27/7521.


An Carl Friedrich Zelter

Zu wenig waren die paar Tage, wie manches blieb noch zu besprechen und vorzuweisen. Auch wurde sogleich nach deiner Abreise die heimliche Heyrath ganz vollkommen aufgeführt, wobey ich wohl deine Gegenwart gewünscht hätte.

Den neuen Abdruck der Pflanzen-Metamorphose sende hiebey, das fehlende hat ich nachschreiben lassen, denn es möchte in Berlin wohl schwerlich zu finden seyn. Wenn du das Werklein in ruhiger Zeit wieder liesest, so nimm es nur symbolisch und denke dir immer dabey irgend ein anders Lebendige, was sich aus sich selbst fortschreitend entwickelt. Ich habe[199] diese Tage Linnés Schriften wieder vorgenommen in denen er die Botanik begründet und sehe jetzt recht gut, daß ich sie auch nur symbolisch benutzt habe, d.h. ich habe diese Methode und Behandlungsart auf andere Gegenstände zu übertragen gesucht und mir dadurch ein Organ erworben, womit sich viel thun läßt. Und so mag dieses schnell abgehen damit du nur von mir hörest. Dank für deinen Brief, ich mache bald wieder etwas für dich zusammen.

Weimar d. 14. October 1816.

G.


27/7522.


An die Hoftheater-Intendanz

Die Vorschüsse und Verbürgungen mit denen man bey jedem Theater den Schauspielern aushilft sind eigentlich retardirte Gehaltszulagen. Der Schauspieler macht einige Schulden, er wird gedrängt; im Laufe des Contracts will man ihm keine Zulage geben; man verbürgt ihm daher ein kleines Kapital, wohl voraussehend, daß bey einem nächsten Contract er sich eine Gagenerhöhung um die Schuld los zu werden bedingen wird. Eben so hat man auch oft den Contract mitten in seinem Lauf verlängert und dem Schauspieler gleich eine Gagenerhöhung zugestanden, dabey war das Princip, daß durch einen Abzug bis zu Ende des Contracts das verbürgte Kapital abgetragen seyn sollte.

[200] Die eigentlichen Schauspiel-Directoren, an deren Stelle die Intendanz tritt, haben von jeher solche Vorschüsse aus Politik gegeben, weil sie den Schauspieler eher dadurch in Händen haben und nur vorzügliche Schauspieler hoffen dürfen, von andern Directionen ausgelöst zu werden.

Dieß ist jedoch in der neuern Zeit besonders von den Königl. Preußischen und Württenbergischen Theatern mit großer Aufopferung geschehen; so wie denn die neue Leipziger Bühne Unzelmann auszulösen sich erboten hat. Fällt nun dessen Summe von denen bey hiesiger Theater-Casse garantirten Schulden weg, so bleiben, wie beyliegender Auswurf zeigt, kaum 2000 rh. übrig, wovon nur der geringste Theil gefährdet seyn könnte. Verlöre man auch etwas durch den frühzeitigen Tod eines Schuldners, so müßte man es zu den Unglücksfällen oder faux frais rechnen, dergleichen es in jedem Geschäft, besonders bey dem Theater, gar manche giebt. Eine lange Reihe von Jahren hat bey dieser Einrichtung wenig Schaden gebracht.

Demohngeachtet ist es mit unterthänigstem Dank zu erkennen, wenn J. K. H. auch hierin selbst eigne Einsicht zu nehmen geruhen, und es möchte der Sache ganz gemäß seyn, wenn es der Intendanz erlaubt wäre, bis auf 500 rh. und herabwärts, nach Verhältniß größerer und kleiner Wagen zu garantiren. Sollte mehr verlangt werden, so wird es Pflicht, deshalb unterthänigsten Vortrag zu thun, aber[201] auch bis zu genannter Summe darf es nur selten kommen.

Sind wir das böse Beyspiel Unzelmanns einmal los, so wird ohnehin mehr Maaß und Ziel in der Sache seyn, ja bedenkt man, daß manche dieser Schulden durch die Plünderung und Einquartierung verursacht worden, daß ferner die jetzt verbesserten und über ihre Zukunft beruhigten Schauspieler doch auch endlich gut wirthschaften sollten; so läßt sich ja auch hier das Bessere wohl voraussehen.

Weimar d. 20. October 1816.

J. W. v. Goethe.


27/7523.


An Franz Kirms

In die Verbesserung unserer Schauspieler, insofern die Casse solches vermag, werd ich sehr gerne einwilligen, so wie alles dasjenige, was unser gnädigster Herr für diese Personen zu thun geneigt sind, mit unterthänigstem Dank anzuerkennen seyn wird.

Weimar d. 20. October 1816.

G.


27/7524.


An Heinrich Günther von Witzleben

Hochwohlgeborner!

Insonders Hochgeehrtester Herr!

Ew. Hochwohlgeboren haben die ersten Bogen meiner Italiänischen Reise so freundlich aufgenommen,[202] daß ich nicht verfehlen kann auch die Folge zu senden.

Mögen sie etwas enthalten, das Denenselben zum Vergnügen gereichte. In Hoffnung daß die Wirkung des Bads Ihnen heilsam gewesen, und mit Bitte, meiner geneigtest zu gedenken, habe die Ehre, mich mit vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen

Ew. Hochwohlgeboren

ganz gehorsamster Diener

Weimar d. 22. October 1816.

J. W. v. Goethe.


27/7525.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

vermelde dankbar, daß die Exemplare der zweyten Sendung glücklich angekommen sind. Druck und Papier nehmen sich recht gut aus, auch den metteur en pages muß man höchlich loben, daß er ohne übermäßigen Aufwand von Raum die Gedichte, besonders den Epimenides wohl eingetheilt hat. Der Abdruck aus meinem Leben, zweyte Abtheilung 1ter Theil, ist nun auch in die Welt gegangen, möge er gut aufgenommen werden. Sobald Herr Frommann zurückkommt, soll es an daß Übrige gehen.

Hiebey folgt der zwölfte Band, die übrigen nach und nach; auch erhalten Sie hiermit das Porträt von Herrn Raabe gemalt, wobey ich auf einem besondern[203] Blättchen eine Bemerkung mache, welche dem Kupferstecher mitzutheilen bitte.

Da der Kupferstecher Schwerdgeburth noch nicht angefangen hatte, als mir die Nachricht zukam, daß Raabe ein Porträt liefern wolle, so habe die Sache auf sich beruhen lassen, und es kommt auf Ew. Wohlgeb. an, ob man damit vorschreiten solle.

ergebenst

Weimar d. 22. October 1816.

Goethe.


NB. Die angezeigte Sendung folgt nach.

Ich kann dieses Blatt nicht abschicken, ohne Ew. Wohlgeb. meiner aufrichtigsten Theilnahme zu versichern, die ich empfinde, wenn ich vernehmen muß, was Sie wegen Ihren wahrhaft patriotischen und gemäßigten Gesinnungen erdulden müssen. Die neuerlichen Vorfälle, wovon die Allgemeine Zeitung Nachricht giebt, haben mich sehr geschmerzt. Freylich muß man sich sagen, daß man ähnliche Scenen in ähnlichen Fällen schon erlebt, soll man denn aber die Hoffnung ganz aufgeben, daß die Welt jemals zu so vernünftigen Gesinnungen kommen werde und daß der Conflict zwischen den Kräften und Gewalten jemals beyzulegen seyn möchte?


[Beilage.]

Es ist zwar nicht zu leugnen, daß mein linkes Auge etwas größer ist als das rechte, weil aber das[204] linke hier in Verkürzung steht und doch etwas größer erscheint, als das andere, welches ganz gesehen wird, so entspringt dadurch etwas Starres, des sich gleichsam widersprechenden Blickes. Der Kupferstecher wird daher sich in acht nehmen, und nach eignem Urtheil und Gefühl an dieser Stelle verfahren.

G.


27/7526.


An Heinrich Friedrich von Diez

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

haben mir abermals einen großen Beweis Ihres Wohlwollens gegeben, indem Sie Ihre wichtigen Geschäfte aus Handen legend, meinen Wünschen auf die freundlichste Weise entgegen kommen.

Diesen Sommer bin ich mit mehrern Personen zusammen getroffen, welche das Glück Ihrer persönlichen Bekanntschaft genießen und alle von gleicher Verehrung und Hochschätzung erfüllt sind. Leider erfuhr ich aber auch durch diese, daß Ihre Thätigkeit nicht nach Verdienst durch Gesundheit begünstigt wird. Freylich müssen wir in einem gewissen Alter schon so zufrieden seyn, wenn unser Wirken noch einigermaßen fortdauert, und uns vergönnt ist leidlicher Tage zu eigner Zufriedenheit und zum Nutzen anderer zu genießen. Möge das große Werk an dem Sie arbeiten unter Ihren Händen vollendet werden.

[205] Wie sehr wünscht ich in Ew. Hochwohlgeb. Nähe zu verweilen, mündliche Belehrung würde mich sehr glücklich machen, denn da ich in einem für mich beinahe ganz neuem Feld nicht blos nach Namen und all gemeinen Begriffen strebe, sondern das Eigenthümlichste zu erfahren wünsche; so kann freylich nur derjenige, der die Gegenstände gründlich durchsieht, rathen und helfen.

Daher bin auf's dankbarlichste verpflichtet, daß Ew. Hochwohlgeb. mir das Eigenthümliche des orientalischen Spaßmachers in einigen Geschichten darlegen wollen. Die Stellung solcher Lustigmacher an Höfen bleibt immer dieselbe, nur das Jahrhundert und die Landschaft machen Abstufungen und Schattirungen und so ist denn dieser sehr merkwürdig, weil er den ungeheuern Mann begleitet der in der Welt so viel Unheil angerichtet hat und den man hier in seinem engsten und vertrautesten Zirkel sieht.

Von Petersburg hab ich in diesen Tagen ein Blatt Handschrift des persischen Gesandten Mirza Eboul Hassan Chan erhalten. Die Übersetzung folgt hiebey. Hätt ich nicht durch das Buch des Kabus und durch manche Stellen der Werke Ew. Hochwohlgeb. einen Begriff von den orientalischen Canzleyverwandten, so würden mir diese Wendungen und sonderbaren Andeutungen wohl schwerlich ihrem wahren Sinne nach klar geworden seyn. Nun scheint mir aber diese Poesie und Prosa gar wohl diplomatisch[206] und einem Gesandten der aus so fernen Landen kommt wohl angemessen. Möchte ich doch gelegentlich Ew. Hochwohlgeb. Gedanken darüber vernehmen, und zugleich erfahren daß Ihr Befinden die Arbeit nicht unterbricht, die Ew. Hochwohlgeb. zu einem so ausgebreiteten frommen Zweck unternehmen.

Weimar d. 23. October 1816.


27/7527.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

ersuche um die Gefälligkeit, welche Sie mir gewiß gerne zugestehen.

Man hat nämlich den Vorsatz des Herrn Staatsminister von Voigt Exzellenz auch durch eine Medaille zu feyern. Hiezu wünscht' ich nun einige lateinische Inschriften, und es wird Ew. Wohlgeboren nicht schwer seyn mehrere classische Stellen zu diesem Zweck aufzufinden. Ich erbitte mir deshalb mehrere, weil eine vor der andern Gelegenheit zur bildlichen Darstellung womit wir die Rückseite verzieren möchten geben dürfte.

Unserm würdigen Freund ist die kleine Ausflucht zu seinen Verwandten und Angehörigen recht wohl bekommen; möge sie zur Befestigung seiner so theuren Gesundheit beytragen!

[207] Mit dem Wunsch von Ew. Wohlgeboren guten und heitern Befinden bald zu vernehmen, unterzeichne mich hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 24. October 1816.

Goethe.


27/7528.


An Luise Seidler

Hier, liebe Louise noch etwas Rochus-Segen, ich hoffe daß es nicht der lezte seyn soll!

W. d. 24. Octb. 1816.

G.


27/7529.


An Carl Friedrich Zelter

Weimar d. 25. October 1816.

Dein lieber Brief der so eben angekommen erfreut mich sehr, fahre ja fort meiner Einsamkeit aus deiner bunten Welt wunderliche Gestalten herüber zu senden. Ich führe meine eigene Art zu leben, die du kennst, immer fort, sey wenig Menschen und lebe eigentlich nur in der Vergangenheit, indem ich alte Papiere, aller Art zu ordnen und zu redigiren trachte. Möge beykommende Frucht dieser oft lästigen Arbeit dir einige angenehme Stunden machen. Mehr sag ich heute nicht und füge nur die Bitte hinzu, daß du mir die kleinen Gedichte wieder senden mögest. Nicht[208] gerne möcht ich meine jetzige Sorgfalt dergleichen Dinge zu sammlen unterbrochen sehen. Ein tausendfaches Lebewohl.

G.


27/7530.


An Johann Georg Lenz

Herrn Professor Everett und George Ticknor beyde aus Boston empfehle zum allerschönsten Empfang.

Das Beste wünschend.

Weimar d. 26. October 1816.

Goethe.


27/7531.


An Friedrich August Wolf

Die Herren Everett und Ticknor sind bey mir angelangt und ich habe sie freundlich empfangen, auch nach Jena empfohlen und so werden sie denn ihren Zweck erreichen und Menschen und Gegenstände kennen lernen.

Ihre glückliche Rückkehr hatte schon vernommen und wem kann ein Aufenthalt in Göttingen angenehmer seyn als Ihnen, der, vor so vielen andern, solche Bibliotheksschätze zu würdigen und zu nützen weiß.

Und nun ein kleines literarisches Ersuchen. Ihr so treffliches Gedächtniß erinnert sich wohl noch daß Sie mich einmal aufmerksam machten auf eine Abhandlung[209] Caspar Friedrich Wolfs, die Metamorphose der Pflanzen betreffend, und es schwebt mir vor als stehe sie in den Commentarien oder Acten der Petersburger Akademie. Nun ist dieses Werk ganz vollständig bey uns, aber ich habe mich und andere vergebens gequält jene Abhandlung darinne aufzufinden. Auch steht sie nicht in dem Verzeichniß das nach seinem Tode der Akademie eingereicht worden, vid. Nova Acta Acad. Sc. Petropolit. T. XII. pag. 7 sqq. (1794.) Sollte dieser Aufsatz in einer andern Sammlung stehen?

Können Sie mir verehrter Freund aus dieser Verwirrung und zu gedachter Abhandlung helfen, so werden Sie mich sehr verbinden; denn ich bin veranlaßt diese Gegenstände wieder vorzunehmen.

Möge ich viel gutes und erfreuliches von Ihren Zuständen erfahren.

Der Ihrige

Weimar d. 30. October 1816.

Goethe.


27/7532.


An Johann Friedrich Cotta

Weimar d. 30. October 1816.

Beykommendes bietet man dem Morgenblatte unentgeltlich an. Sollte man Bedenken tragen den Aufsatz einzurücken, so erbitte mir solchen baldigst wieder zurück.

Dabey vermeide daß die wohlgerathenen Kupfer zu[210] Faust glücklich angelangt sind, wofür Ew. Wohlgeb. verbindlichsten Dank abstatte. Auch hat Madame Huber sich recht wohl und zart gehalten. Grüßen Sie diese werthe Frau zum schönsten. Ich vergesse nie daß sie sich jederzeit mit Neigung und Wohlwollen gegen mich erwiesen hat.

Das Beste wünschend

G.


27/7533.


An Friedrich Constantin von Stein

[Concept.]

Sehr gerne will ich Ihnen, mein lieber Freund und Sohn, meine Gedanken über die zu errichtende Statue mittheilen, welches ich um so eher zu thun im Stande bin, als ich zu der schon im Werke seyenden Statue Blüchers für Rostock mitgewirkt habe.

Vor allen Dingen also muß ich sagen, daß ich nicht rathen dürfte eine equestre Statue zu unternehmen.

Weder Kunst noch Technik, weder Handwerk noch Geld reichen bey uns zu solch einem Werke hin, deshalb man sich auch von Seiten der Mecklenburgischen Herrn Stände begnügt dem Helden ein Standbild von gegossenem Erz aufrichten zu lassen.

Auch hierzu waren Vorbereitungen mit so vielen Schwierigkeiten verbunden, daß ein ganzes Jahr darüber hinging. Herr Director Schadow verfertigte drey Wachs-Modelle, brachte das dritte selbst hieher, worüber wir uns denn vereinigten und wobey es[211] blieb. Im May dieses Jahrs verfügte sich ein Mecklenburgischer Abgeordneter nach Berlin und der Contract wurde abgeschlossen auf 21,000 rh. Preuß. curr. Die Statue erhält 9 Fuß Höhe und soll in drey Jahren fertig seyn. Wie ich höre ist ein Modell von mittlerer Größe in der Arbeit, wie denn auch der für die Statue bestimmte colossale Kopf modellirt ist.

Sie sehen hieraus, mein Bester, daß die Breslauer Unternehmung sehr erleichtert würde, wenn man eine Repetition jenes Standbildes von Herrn Director Schadow verlangte, man würde wohlfeiler und schneller bedient seyn.

Damit Sie aber, mein Werthester, geschwinder mit der Sache bekannt werden, lege ich Ihnen meine Acten bey. Sie enthalten zwar nichts Geheimes p. jedoch bitte ich, sie nicht aus Händen zu geben. Wenn Sie solche durchlesen finden Sie den lebendigen Verlauf des Geschäfts, an dessen glücklichem Gelingen ich nunmehr nicht zweifele.

Melden Sie mir bald die Ankunft dieses Packets und senden dasselbe nach Benutzung zurück. Sollten Sie diese Unternehmung weiter führen, so werde gern meine Gedanken auch fernerhin mittheilen.

Der ich von Herzen wohl zu leben wünsche.

Weimar d. 1. November 1816.


So eben sey ich fol. 50 der beykommenden Acten, daß, als in Berlin von der Schlesischen Statue zugleich[212] mit der Mecklenburgischen die Rede war, eine Person von Bedeutung die Meinung hegte, es müsse Verschiedenheit beobachtet werden. Ein solcher wichtiger Gegenstand ist freylich werth, daß man ihn von allen Seiten betrachte eh man zur Ausführung geht.


27/7534.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeb.

erhalten hiebey

1) ein Stück Schwerspath, der am Taunusgebirge gangweise vorkommt, bitte um dessen kunstmäßige Beschreibung und um Notiz wo er hinzurangiren seyn möchte.

2) Eine Hornblendekugel, in's Voigtische Kabinett gehörig.

3) Ein Blechschächtelchen mit Turmalinen. Die dem Museum gehörigen sind bey physischen Versuchen mit den meinigen durch einander gekommen, lesen Sie jene heraus und senden mir die andern gefällig zurück.

Der Omphazit ist eine vortreffliche Erscheinung. Wo fand er sich vorher eh man ihn bey Hof entdeckte?

ergebenst

Weimar d. 4. November 1816.

Goethe.[213]


27/7535.


An Heinrich Friedrich Carlvom und zum Stein

[Concept.]

Hochwohlgeborner Freyherr,

Hochverehrter Herr!

Ew. Excellenz diesen Sommer nicht aufgewartet zu haben, ist mir ein wahres Herzeleid, wie sehr ich dagegen unsern Canzler von Müller beneidet habe, der mehrere Tage in Ihrer Nähe zubrachte, darf ich nicht betheuern. Ein Aufsatz den er mittheilte, Vorschläge zu einer großen deutschen Societät enthaltend, giebt mir Gelegenheit zu dem Gegenwärtigen, welches Ew. Excellenz geneigt aufnehmen mögen.

In dem Felde, welches durch die neue Gesellschaft angebaut werden soll, bin ich niemals einheimisch geworden; da ich jedoch als Wanderer und Gast mich öfters dort aufgehalten, so konnte ich mir allgemeine Übersicht erwerben, besonders auch Verhältnisse zu jüngern Männern anknüpfen, die sich diesem Fach ganz eigens widmen. Ich habe mir deswegen die Freyheit genommen, gedachten Aufsatz dem Bibliothekar Herrn Grimm, in Cassel, mitzutheilen, um ihn zur Theilnahme aufzumuntern. Was er dagegen sowohl offensibel als vertraulich äußert, lege in beykommenden Blättern vor. Möge das darin enthaltene Ew. Exzellenz Absicht einigermassen entsprechen, und mir auch in der Folge das Glück werden auf irgend[214] eine Weise ein Unternehmen zu fördern, das einem Manne am Herzen liegt, an den ich mich nur mit verehrender Dankbarkeit erinnern kann.

Mich zu fortdauerndem Wohlwollen angelegentlichst empfehlend.

Weimar d. 6. November 1816.


27/7536.


An August Tilly

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

gefälliges Schreiben erwidere dankbar für das gehegte Zutraun. Ich will gern gestehen daß Talente, die sich Jugendlich hervorthun, mir immer ein großes Interesse erregten, weil, wenn es sich gerade trifft, oft mit wenigem viel zu thun ist. Für die mir Empfohlene hatte ich durch einige Nachrichten schon ein gutes Vorurtheil, destomehr ist es mir Leid nach jetziger Lage unsers Theaters, wo sie wenig Beschäftigung und viel Rivalität finden würde, sie nicht einladen zu können. Aber auch so werde ich nicht verfehlen von ihren öffentlichen Erscheinungen auf der angezeigten Privatbühne durch zuverlässige Freunde noch nähere Erkundigung einzuziehen. Bleiben Sie überzeugt, daß ein reines Vertrauen mir immer ehrwürdig ist, und daß ich solche Andeutungen nicht aus dem Sinne lasse, da es mir auf diesem Wege oft gelang viel Gutes zu wirken.

Weimar d. 6. November 1816.[215]


27/7537.


An Ludwig Wilhelm Cramer

[Concept.]

[6. November 1816.]

Ew. Wohlgeb.

liebwerthen Brief nicht früher beantwortet zu haben, mache mir schon längst ein Gewissen. Möge ich dadurch bey Ihnen entschuldigt seyn, daß auch mir im Laufe dieses Jahrs so manches Unerfreuliche, Hindernde und Störende begegnet, wodurch ich auswärtigen Freunden brieflich zu erscheinen gehindert wurde.

Nun will ich wenigstens mit einigen Worten dieses Schweigen unterbrechen und versichern, daß mein aufrichtiger Antheil an Ihrem und der lieben Ihrigen Schicksal sich immer gleich bleibt.

Gerade jetzt in diesen traurigen Nebeltagen gehe ich die schönen Stufen durch, deren Reihe ich Ihnen schuldig bin, und da glänzt denn das crystallisirte Rothkupfererz von Kaisersteimel wie ein schönes Juwel. Das phosphorsaure Kupfer von Rhein-Breitenbach in vielen Musterstücken heißt mich auch Ihrer dankbar gedenken.

Mögen diese wenigen Worte nur Vorläufer seyn, um anzuzeigen daß ich Ihre Wünsche um Mittheilung verschiedener Bücher und anderer Nachrichten nächstens, wenigstens zum Theil, zu erfüllen hoffe.

[216] Geologisch glücklich halt ich Sie, daß Sie im Übergangsgebirg in der Nähe so bedeutender Bergwerke wohnen, da wir zufrieden seyn müssen auf unsern letzten Kalkhöhen ein wohlerhaltnes Ammonshorn zu finden.

Doch will ich nicht ganz ungerecht seyn, sondern vielmehr bekennen, daß unsere Tuffsteinlager, die jetzt wegen lebhafter Bauten stark angegriffen werden, uns die Reste von Elephanten, Rhinoceros, mächtigen Hirschen, niedlichen Pferden, zwar nicht häufig aber doch hinreichend zur Ausbeute geben. Das ist aber alles doch nur modern gegen die antiken Hystrolithen denen wir einmal so ämsig nachjagten.

Möge es eine Art von Geisberg in der Nähe von Dillenburg geben, den Sie mit Freunden so froh besuchen, als wir zu jener guten Zeit. Dergleichen giebts für mich in unsrer Gegend nicht und ich lebe nur in der Hoffnung am Rhein solche Wanderungen in Ihrer Gesellschaft zu wiederholen.

Grüßen Sie Herrn Pfarrer Achenbach zum schönsten und lassen die mir in der Ferne gewiesene Stufe Goethit mir nicht verloren seyn, die, ob sie gleich den Namen verloren hat, mir doch immer sehr werth seyn würde.

Was sagen Sie zu beyliegender Charte. Ich entferne gewöhnlich alle Weinhändler, aber dieser brachte einen so angenehmen Namen mit, daß ich ihm unmöglich unfreundlich begegnen konnte.

[217] Empfehlen Sie mich den lieben Ihrigen und wenn ich manchmal zu verstummen scheine, so erinnern Sie mich nur mit wenigen Worten an vergangene gute Tage und vertrauen mir, was Sie in den neusten wünschen mögen.

Ihr in Wiesbaden zurückgelassenes Kabinett liegt mir immer im Sinne; warum geht doch kein Fluß oder Canal vom Rhein und Mayn nach Thüringen.

Übrigens hoff ich daß Sie bey Ihren hochwürdigen Consistorialgeschäften die Ehescheidung am wenigsten begünstigen werden.


27/7538.


An N.N.

Gleich heute früh hab ich mit meinem Sohn über die häusliche Angelegenheit gesprochen. Er ist mit mir einstimmig dem guten und hübschen Kinde Glück zu wünschen, daß sie eine so vortheilhafte in jedem Sinne günstige Anstellung gefunden hat. Sobald eine schon im Schwung seyende Wäsche wieder in den Schränken ist soll sie aufwarten, welches wahrscheinlich nächsten Montag geschehen kann.

Das Beste wünschend und baldiges Wiedersehen hoffend.

Weimar d. 6. November 1816.

Goethe.[218]


27/7539.


An Carl Friedrich Zelter

Ich pflichte dir vollkommen bey, daß in den langen Winterabenden ein lebhafter Briefsverkehr höchst erquicklich sey, deswegen will ich bey Empfang deines Briefs vom 25. October gleich einige Worte sagen. Indessen ist wohl die Italiänische Reise angekommen. Freylich erfahren wir erst im Alter was uns in der Jugend begegnete. Wir lernen und begreifen ein für allemal nichts! Alles was auf uns wirkt ist nur Anregung und, Gott sey Dank! wenn sich nur etwas regt und klingt. Diese Tage hab ich wieder Linné gelesen und bin über diesen außerordentlichen Mann erschrocken. Ich habe unendlich viel von ihm gelernt, nur nicht Botanik. Außer Shakespeare und Spinoza wüßt ich nicht, daß irgend ein Abgeschiedener eine solche Wirkung auf mich gethan.

Wundersam ist es, aber ganz natürlich, die Menschen speculiren auf unsere letzte Zeit wie auf sibyllinische Blätter, da sie die vorhergehende kalt und freventlich auflodern ließen. Auch an den Rhein hab so ich dringende und lockende Einladungen, von denen du wahrscheinlich gehört hast, da man es dort schon als etwas Ausgemachtes voraussetzt. Was soll mir aber das alles! Leugnen will ich nicht, daß ich einsehe am Rhein und Mayn die paar Sommer gut gewirkt zu haben, denn ich habe ja nur das Testament[219] Johannis gepredigt: Kindlein liebt euch, und wenn das nicht gehen will: laßt wenigstens einander gelten. Und da wirst du mir Beyfall geben, wenn diese himmlische Botschaft in eurem Ninive einigermaßen griffe, so wärt ihr ganz andere Leute, ohne mehr oder weniger zu seyn als ihr seyd.

Wozu aber der Aufwand von Tagen und Stunden persönlich gegenwärtiger Wirkung. Ich will doch lieber in meiner stillen und unangefochtenen Wohnung soviel dictiren und copiren, und drucken und liegen lassen, damit es hinausgehe, oder hinnen bleibe; damit jeder, wie du ganz richtig fühlst, verschweigen könne woher er's hat, und denn doch das ganze Menschenwesen ein bißchen aufgestutzt werde.

Die sämmtlichen Narrheiten von Prä- und Postoccupationen, von Plagiaten und Halbentwendungen sind mir so klar und erscheinen mir läppisch. Denn was in der Luft ist und was die Zeit fordert, das kann in hundert Köpfen auf einmal entspringen ohne daß einer dem andern abborgt. Aber – hier wollen wir Halt machen, denn es ist mit dem Streit über Priorität wie über Legitimität, es ist niemand früher und rechtmäßiger als wer sich erhalten kann.

Wenn Isegrimm seine Absurdität gegen mich immer wieder erzählt, so deutet das auf ein böses Gewissen, er wird nicht referiren wie bestialisch ich dagegen mich geäußert habe. Glücklicher oder unglücklicherweise hatt' ich so viel Gläser Burgunder mehr als[220] billig getrunken und da hielt ich auch keine Maaße. Meyer saß dabey, der immer gefaßt ist, und ihm war nicht wohl bey der Sache.

Es war der 27. August, Nachts, und ich hatte mir schon freundlich ausgedacht den 28. August meinen Geburtstag mit diesem unerwartet angekommenen Freunde zu feyern. Meyer mußte durch Zufälligkeiten am Morgen fort, und ich ließ, obgleich ungern, jenen vortrefflichen Unerträglichen dahin fahren und blieb den 28. vergnügt allein. Jener im Widerspruch Ersoffene hätte mir am Ende gar zur Feyer meines Fests behauptet, ich sey nie geboren worden.

Dieß aber alles wird ihm zu Haus und zu Hof kommen und zuletzt wird er nicht wissen wo er hinaus soll. Herder hatte sich auch solche jugendliche Unarten bis in's Alter durchzuführen vermessen und ist darüber verzweiflend in die Grube gefahren. Untersuche dich ja ob dir dergleichen Zeug in den Gliedern steckt, ich thu es alle Tage. Man muß von den höchsten Maximen der Kunst und des Lebens in sich selbst nicht abweichen, auch nicht ein Haar, aber in der Empirie, in der Bewegung des Tages will ich lieber etwas Mittleres gelten lassen, als das Gute verkennen, oder auch nur daran mäkeln.

Das theatralische Wesen laß mir nur immer in deinem Sinne vor Augen seyn, dadurch bleibt mir der ruhige Begriff, was sie dort leisten und thun, und das, anderes Bekannte mit eingerechnet, wahrhaftig[221] nicht schlecht ist. Weil aber jedes mitreden, mitschreiben und klatschen will, so vernichten sie sich einander, wenigstens in Worten, und niemand bedenkt, wie schmier es sey etwas Kunstreiches unter den tausend und aber tausend Bedingungen einigermaßen darzustellen.

Unser Theater hat nun seine Systole. Ich behandle es blos als Geschäft, glückt es aber, so wollen wir im nächsten Winter schon uns wieder diastolisirend erweisen, und da werden sie hinterdrein sagen, das sey eben recht und natürlich, da sie jetzt verzweifeln.

Und so sag ich dir dieß, dem, der die Singakademie hat entstehen sehen, mitgegründet und erhalten hat.

Und nun noch zum Schluß eine öconomisch-mercantilische Frage: wenn Herr Wild 5000 rh. werth ist, was ist denn Moltke werth? ich glaube seine Schätzung würde höher steigen, wenn er Brizzi nicht gehört hätte.

Und so hab ich denn auch noch den Wunsch, daß du mögest aufmerksam seyn auf ein junges Frauenzimmer in Berlin Auguste Tilly genannt, sie wird diesen Winter auf einem kleinen Theater Urania spielen. Wenn du auch nicht selbst hingehen und sie beobachten könntest, so thut es wohl ein guter Freund. Zwar hab ich jetzt eigentlich keinen Platz für sie, aber gerade ein Wesen, wie sie mir beschrieben wird, geht mir denn doch ab und zuweilen kommen bey[222] dem Theater so viele Veränderungen vor, wo es doch gut ist, wenn man etwas in Reserve hat.

Das Rochusfest, abermals durchgearbeitet und nochmals abgeschrieben, hat an Bestimmtheit und Glanz gewonnen. Wenn man es nicht macht wie die Maler, die jemehr sie ausführen, destomehr sie auch wieder lasiren, um die Gegenstände auseinander und wieder zusammenzubringen, so kann aus solchen Dingen nichts werden.

Der erste Aufsatz des 2ten Hefts wird gewaltigen Lärm erregen; wie du aus der Überschrift erwarten kannst, sie heißt: Neu-deutsche, fromm-patriotische Kunst.

Der Deine

Weimar den 7. November 1816.

G.


Eben als gesiegelt werden soll kommt dein Schreiben, welches die Ankunft der Italiänischen Reise meldet. Es stickt gar mancherley drinne und ich freue mich wenn es zur Anregung und zur Erkenntniß dient. Daß sie von dir öfters gelesen werde wünsche und hoff ich. Herrn Staatsrath Schulz empfiehl mich bestens und danke schönstens, die Bücher wünsche unfrankirt zu mir gesendet. Überhaupt mache man sich kein Gewissen mir etwas auf diese Weise zu schicken, da ich Portofreyheit habe, welche mir lieber ist als Preßfreiheit, deren ich mich doch auch gelegentlich bediene.

[223] Vom übrigen nächstens. Es wird überhaupt in gar manchem Gutes und Vortreffliches geschehen können, wenn sich ausgebildete Männer vereinigen constitutiv zu verfahren. Wir Deutsche stehen sehr hoch und haben gar nicht Ursache uns vom Wind Hin- und hertreiben zu lassen.

Alle gute Geister loben Gott den Herrn!

Weimar den 7. November 1816.

Goethe.


27/7540.


An Carl Ludwig von Knebel

Vielen Dank für die freundlich wiederholten Zuschriften, die mich immer anregen bey euch einen Besuch und wär es auch nur einen kurzen abzustatten: denn es ist am Ende gar zu drückend, wenn man immer auf einem Platze verharren soll. Da treten aber mancherley Gebrechen hervor und die unsichern Nebel- und Regentage sind keineswegs aufmunternd. Daß ich euch durch meine Italiänische Reise etwas Erfreuliches bereiten konnte, macht mir sehr viel Vergnügen; ich denke so fort zu fahren und so hilft mir das Bild früherer Tage über den Ungenuß der gegenwärtigen.

Die Farbentafel ist wundersam sauber gestochen und illuminirt, ich möchte wohl das ganze Werk sehen. Diese 4. Tafel deutet freylich auf das was ich in[224] meiner Farbenlehre aufgestellt habe, worauf die Engländer nach und nach kommen, so wie es die übrige Welt auch anerkennen wird, wenn wir gelegentlich aus ihrer Mitte geschieden sind.

Jetzt beschäftigen mich die Seebeckischen entoptischen Farben sehr lebhaft. Ich schreibe ein Supplement Capitel zu meiner Farbenlehre als ein Tüpfchen auf's i. Da meine ganze Bemühung, von jeher dahinauslief die Phänomene klar vorzuzeigen und sie zu sondern und nach ihrer Verwandtschaft zu ordnen, so kommt mir jede neue Entdeckung zu paß, denn sie fügt sich an und füllt eine Lücke. Die Newtonische Optik, dieser Mickmack von Kraut und Rüben, wird endlich einer gebildetern Welt auch so ekelhaft vorkommen, wie mir jetzo.

Schweigger hat viel Gutes und Bedeutendes aus dem unendlich rührigen England mitgebracht. Ihre Gasbeleuchtung ist schon bis in den jenaischen Schloßhof gedrungen, wie du vielleicht vernommen hast.

Es langt so vielerley bey mir an, und so manches dringt auf mich ein, daß ich mündlich viel zu erzählen hätte, was schriftlich nicht wohl gelänge.

Das eigentlich Interessanteste sind die Abdrücke der Wiener Gemmen, wo freylich etwas zu sehen und zu lernen ist.

Ein ganz entgegengesetztes Interesse hat Professor Renner wieder bey mir aufgeweckt, die längst entschlafene[225] comparirte Anatomie. Ich will meine Sammlung nach Jena hinüber schaffen, sie ist in manchem Sinne sehr schätzbar.

Auch hab ich mich in diesen trüben Winterstunden durch Betrachtung der vom Westerwald mitgebrachten Mineralien aufgeheitert. Man läßt die Sachen, die man aus der Fremde zusammenschleppt, nur allzulange unbenutzt liegen, weil man bey der Nachhausekunft gar zu sehr gleich wieder bestürmt wird. Sehr schöne Beyspiele zur Erläuterung der schweren Lehre von Verschiebung der Gänge hab ich an der Lahn gefunden. Einen Aufsatz darüber fing ich an, nur kann man ohne bildliche Darstellung nichts leisten, ja Zeichnungen wollen nichts helfen, es müssen Modelle seyn.

Das beste Lebewohl

Weimar d. 7. November 1816.

G.


27/7541.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

haben mir durch die Hoffnung Sie hier zu sehn viel Vergnügen gemacht. Mögen Sie solche bald erfüllen. Manuscript wird die nächste Woche in ziemlicher Masse abgegeben werden können. Zu Mittag nehmen Sie mit uns vorlieb. Mögen Sie Sonnabends zu Fidelio bleiben, so steht ein Nachtquartier zu Diensten.

[226] Empfehlen Sie mich den werthen Ihrigen und erhalten mir ein geneigtes Andenken.

ergebenst

Weimar den 7. November 1816.

Goethe.


27/7542.


An Johann Jacob von Willemer

Zu großem Nutz und Frommen ist in das stille Hauswesen abermals eine Gesellschaft von zwölf Aposteln gekommen, welche den besten Segen versprechen.

Von der vorigen Sendung war noch ein Individuum übrig geblieben, welches wir gar sorgfältig aufbewahrten und solches als ein Heckemännchen sehr verehrlich behandelten. Indessen wurden aber allerley heidnische, ja noch schlimmere Handlungen vorgenommen, um ähnlichen Genuß zu erlangen, wie beykommende Figur andeutet. Die angebohrten Tische jedoch wollten keine Erquickung geben, bis denn endlich wahre, freundschaftliche, segenreiche, fromme Wohltat in Haus und Keller gelangte. Damit aber der schuldige und sogern entrichtete Dank nicht verzögert werde, so möge Beykommendes sogleich abgehen, eh ich noch das liebliche Lied zu einer freundlichen Zither vernommen habe. Dieser Winter liegt leider sehr klanglos um mich her, daher mir sehr oft der Eintritt in das rothe Männchen als höchst wünschenswerth wo nicht gar[227] als nothwendig erscheint. Denn ob gleich ein jeder gar wohl thut, an dem Orte wo er sich befindet fest zu halten und nach Möglichkeit zu wirken; so ist die Versuchung doch gar zu groß, offne Freundesarme und Thore in der Ferne mit der zutraulichsten Gewißheit vor sich zu sehen. Möge es Ihnen allen wohlergehen, wie ich denn hoffe, daß Sie nicht erschrecken sollen, wenn es in tiefer Nachtzeit am ernsthaften Thore zuweilen poltert und klingelt. Möchte das Gespensterwesen doch einmal in Wirklichkeit ausarten.

Ein tausendfaches Lebewohl!

Weimar d. 8. November 1816.

G.


27/7543.


An Thomas Johann Seebeck

[Concept.]

[8. November 1816.]

Von Ihnen darf ich etwas ähnliches hoffen, denn in diesen Tagen hab ich tausendmal an Sie gedacht. Die entoptischen Farben verfolgen mich wie graziose Eumeniden und ich muß ein Supplement-Capitel zu meiner Farbenlehre schreiben. Da hab ich nun immer alles um mich was ich Ihrer Gefälligkeit und meiner anhaltenden Sorgfalt schuldig bin. In dem angezeigten Sinne darf ich nur vereinfachen und ich komme mir wirklich vor wie ein Professor der für sein Compendium arbeitet.

[228] Können Sie mir, ohne Ihre große Beschwerde, die Literatur von Malus her mit wenigem andeuten; so fördern Sie mich zu meinem größten Dank. Der Tag geht bey mir vorüber ohne daß ich recht weiß wo er hinkommt und ich möchte doch diesen unschätzbaren Entdeckungen nicht fremd seyn, die unsere Zeit erleuchten.

Professor Schweigger hat mir manches Gute und Erfreuliche mitgetheilt, leider nur vorübergehend. Gewisse Dinge halt ich fest, denn ich weiß, daß siegelten müssen wenn wir auch vorüber gegangen sind.

Nun hab ich noch einige Dinge die ich mittheilen und warum ich Sie ersuchen möchte. Können Sie mir von dem Grabe des heiligen Sebalds die allerflüchtigste Skizze gezeichnet, besonders das architecktonische, auf das schnellste schicken, auch nur von einer Seite, und vielleicht nach und nach die sämmtlichen Seiten, aber auch nicht übersorgfältig und schnell noch vor Ende des Jahrs, so werden Sie mich sehr verbinden und ich will den Künstler, der es unternimmt, sehr gerne honoriren, daß ihm seine Zeit billig bezahlt werde, wenn er von jetzt bis zu Ende des Jahrs sie darauf verwendet. Je geschwinder ich wenige Blätter erhalte, desto erfreulicher ist mir's.

Auch möcht ich Ihnen noch vor Winters den Handel der Derschauischen Majolika nochmals an's Herz legen. Beygefügt ist das erste Verzeichniß wofür ich zu bezahlen geneigt bin. Die Winterabende[229] sind lang und ich sehne mich in dem cimmerischen Nebel nach einer solchen Augenlust. Das Einpacken und dessen Sorgfalt würde ich gern und gut bezahlen.

Eine Notiz, die mir von Herrn Staatsrath Schultz aus Berlin zugekommen, übersende hiebey. Haben Sie einige Kenntniß davon? überhaupt brennt das Farbenwesen überall und in zwanzig Jahren wird das Herumtappen nach dem Rechten was schon vorhanden ist in der Wissenschaftsgeschichte ein närrisches Capitel machen, wenn nicht alle Capitel schon närrisch wären. Kennen Sie A new elucidation of colours original prismatic and material by James Sowerby. Lond. 1809? Prof. Schweigger hat mir nur die 4. Tafel davon zurückgelassen, wo auf eine mühselige Weise sehr zierlich dargestellt wird, was bey mir auf reinerem Wege zu finden wäre. »Gott hat den Menschen einfach gemacht aber sie suchen viel Künste«.

Sollte man wegen der Majolika einig werden, wie ich vermuthe, so haben Sie die Güte mir wegen des Einpackens ein Wort zu schreiben. Auch wegen der Kosten da ich ohnehin noch in Ihrer Schuld bin, ich würde wegen des Ganzen eine Assignation nach Leipzig schicken.

Nächstens mehr.


27/7544.


An die Hoftheater-Intendanz

Meine Überzeugung ist dieselbige. Denn man hätte Großherzogl. Intenoanz nicht tadeln können,[230] wenn sie in einem so wichtigen Falle, wo es um Glück und Unglück einer jungen Person zu thun ist, beyde Theile vorgefordert und ihre ausdrückliche Erklärung verlangt hätte.

Da dieses also hinterdrein geschieht und ein obwaltender Irrthum aufgeklärt wird, so hab ich nicht das mindeste Bedenken, daß die genannte Unzelmann beybehalten und der Contract, auf den sie sich beruft, ihr ausgehalten werde.

Weimar d. 8. November 1816.

G.


27/7545.


An Carl Dietrich von Münchow

Ew. Hochwohlgeboren

verfehle nicht anzuzeigen, daß jene Stelle, die Unterschiede der Wolken betreffend, zu finden sey in Gilberts Annalen, Jahrg. 1815, Stück 9 und 10. Sollte meine eigene Arbeit über diesen Gegenstand zur Reise gedeihen, so werde dieselbe mitzutheilen nicht ermangeln.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend

gehorsamst

Weimar d. 9. November 1816.

Goethe.


27/7546.


An Theobald Renner

Auf Ew. Wohlgeb. so eben erst erhaltenes Schreiten vom 12. November trägt Großherzogl. Ober-Aufsicht kein Bedenken zu erklären, daß die Anschaffung[231] des bewußten Grundstücks nochmals in Erwägung gezogen werden solle, welches schon die Absicht war, als die schnelle öffentliche Feilbietung dazwischen trat. Will daher der Eigenthümer sich den Zuschlag vorbehalten, so würde man nichts dagegen zu erinnern finden. Denn freylich müßte man mit der Sache ganz im Klaren seyn, eh man die mit solchen Geschäften verknüpfte Verantwortlichkeit über sich nähme.

Wollen daher Ew. Wohlgeboren vorläufig den Maurer-Meister Timmler veranlassen, Riß und Anschlag über das zunächst Erforderliche zu fertigen, wie er es allenfalls in Accord nehmen wollte, so würde schon Zeit gewonnen seyn.

Übrigens wünsche nichts mehr, als Ew. Wohlgeb. durch die That zu überzeugen daß es mir eine ernstliche Angelegenheit sey, Ihren Aufenthalt in Jena so angenehm und folgereich zu machen als möglich.

ergebenst

Weimar den 14. November 1816.

Goethe.


27/7547.


An Carl Friedrich Zelter

Beyliegenden Entwurf sende im Concept. Er ist zwar sehr eilig ja übereilt, allein zu Anbiß und Anregung genug. Setze deine Gedanken und Forderungen gleich daneben und sende die Blätter zurück, so wird sich alles geschwind gestalten.

[232] Die Leser und Meiner, die mir dein letzter Brief vorführt, mögen zu den Gesellen in Auerbachs Hof gehören, von denen Mephistopheles schon vor 50 Jahren gesagt hat: alles spüren die Kerle nur nicht den Teufel und wenn er ihnen noch so nah ist.

Auch hier merken sie nicht, daß sie mit dem Regenwurm, der so glatt hinunter zu gehen scheint, einen Angel verschluckender ihnen zu schaffen machen wird. Das Büchlein wird sie noch manche Zeit im Bauche grimmen.

Die Schiffer-Melodie stand in einem Bande Rousseau'scher Lieder-Compositionen die etwa vor 30 Jahren herauskamen, sie ist mir wie tausend andere Dinge abhanden gekommen sonst würd ich sie senden.

Und somit allen Musen empfohlen

Weimar d. 14. November 1816.

G.


[Beilage.]

Um die freundliche und aufregende Unterhaltung nicht stocken zu lassen, sag ich ein Wort zu jenem Vorsatz, dem Reformations-Jubiläum eine Cantate zu widmen; im Sinne des Händelschen Messias, in welchen du so wohl eingedrungen bist, würde sich es wohl am besten schicken.

Da der Hauptbegriff des Lutherthums sehr würdig begründet ist, so giebt er schönen Anlaß sowohl zu dichterischer als musikalischer Behandlung. Dieser Grund nun beruht auf dem entschiedenen Gegensatz[233] von Gesetz und Evangelium, sodann auf der Vermittelung solcher Extreme. Setzt man nun, um auf einen höheren Standpunct zu gelangen, anstatt jener zwey Worte die Ausdrücke Nothwendigkeit und Freyheit, mit ihren Synonymen, mit ihrer Entfernung und Annäherung; so siehst du deutlich, daß in diesem Kreise alles enthalten ist, was den Menschen interessiren kann.

Und so erblickt denn Luther in dem alten und neuen Testament das Symbol des großen sich immer wiederholenden Weltwesens. Dort das Gesetz, das nach Liebe strebt, hier die Liebe, die gegen das Gesetz zurückstrebt und es erfüllt, aber nicht aus eigener Macht und Gewalt, sondern durch den Glauben; und zwar durch den ausschließlichen Glauben, an den allverkündigten und alles bewirkenden Messias.

Aus diesem Wenigen überzeugt man sich, wie das Lutherthum mit dem Papstthum nie vereinigt werden kann, der reinen Vernunft aber nicht widerstrebt, sobald diese sich entschließt, die Bibel als Weltspiegel zu betrachten; welches ihr eigentlich nicht schwer fallen sollte.

Diese Conceptionen in einem singbaren Gedichte auszusprechen, würde ich mit dem Donner auf Sinai, mit dem: Du sollst! beginnen; mit Christi Auferstehung aber, und dem: Du wirst! schließen.

Zu mehrerer Erläuterung meines Plans setze die Folgenreihe des Ganzen hieher.


Erster Theil.

[234] 1) Die Gesetzgebung auf Sinai.

2) Das kriegerische Hirtenleben, wie es uns das Buch der Richter, Ruth u.s.w. darstellt.

3) Die Einweihung des Tempels Salomonis.

4) Das Zersplittern des Gottesdienstes, der sich auf Berge und Höhen wirft.

5) Die Zerstörung Jerusalems, und in Gefolg derselben die Gefangenschaft zu Babel.

6) Propheten und Sibyllen, den Messias ankündigend.


Zweyter Theil.

1) Johannes in der Wüsten, die Verkündigung aufnehmend.

2) Die Anerkennung durch die drey Könige.

3) Christus erscheint als Lehrer und zieht die Menge an sich. Einzug in Jerusalem.

4) Bey drohender Gefahr verliert sich die Menge; die Freunde schlafen ein; Leiden am Ölberg.

5) Auferstehung.


Hält man die beyden Theile gegen einander, so erscheint der erste absichtlich länger, und hat eine entschiedene Mitte, woran es jedoch dem zweyten auch nicht fehlt.

Im ersten Theile parallelisiren No. 1 und 5: Sinai und die Zerstörung die Zeit der Richter und der Baalsdienst; No. 2 und 4: idyllisch enthusiastisch, die Einweihung des Tempels als höchster Gipfel u.s.w.

[235] Im zweyten Theile würde sich das morgendliche, der Sonnenaufgang in No. 1 und 5 steigernd ausdrücken. No. 2 und 4 sind im Gegensatz. No. 3 Einzug in Jerusalem, möchte die freye, fromme Volksfreude, wie die Einweihung des Tempels die fürstlich priesterliche Begränzung des Gottesdienstes ausdrücken.


Tausend andere Verhältnisse werden dir bey'm er sten Anblicke einfallen. Diese Dinge dürfen nicht historisch sondern lyrisch verknüpft werden; jedermann kennt das Ganze und wird sich auf Flügeln der Dichtkunst gern aus einer Region in die andere versetzen lassen.

Der Text bestünde aus biblischen Sprüchen, bekannten evangelischen Liedern, dazwischen Neugedichtetes, und was sich sonst noch finden würde. Eigene Worte Luthers möchten kaum anzuwenden seyn, da der treffliche Mann durchaus dogmatisch-praktisch ist; so auch sein Enthusiasmus. Doch ist es deine Sache, dich in den Schriften selbst umzusehen. Vor allen Dingen lies die ganz unschätzbare Vorrede zu dem Psalter. Ferner die Vorreden und Einleitungen in die übrigen biblischen Bücher. Wahrscheinlich triffst du hier auf anwendbare Stellen, zugleich durchdringst du dich vom Sinn der ganzen Lehre, deren Geschenk wir feyern wollen.

Vielleicht ist's hier am Platze zu dem Obgesagten, den Katholicismus betreffend, ein Wort anzufügen. Bald nach ihrer Entstehung und Verbreitung litt die[236] christliche Religion durch sinnige und unsinnige Ketzereyen, sie verlor ihr ursprüngliches Reine. Als sie aber gar rohe Völker und verderbte Gesittete bändigen und beherrschen sollte, waren derbe Mittel nöthig; nicht Lehren, sondern Dienst bedurfte man. Der einzige Mittler zwischen dem höchsten Gott des Himmels und den Erdemenschen war nicht genug u.s.w. was mir alle wissen; und so entstand eine Art von heydnischem Judenthum, das noch bis auf den heutigen Tag lebt und webt. Das mußte alles in den Gemüthern umgeworfen werden, deshalb bezieht sich das Lutherthum einzig auf die Bibel. Luthers Verfahren ist kein Geheimniß, und jetzt da wir ihn feyern sollen thun wir es nur alsdann im rechten Sinne, wenn wir sein Verdienst anerkennen, darstellen was er seiner Zeit und den Nachkommen geleistet hat. Dieses Fest wäre so zu begehen, daß es jeder wohldenkende Katholik mitfeyerte. Doch davon ein andermal.

Baue dir, wenn mein Plan gefällt, selbst etwas auf, theil es mit und ich will eingreifen. Soviel, wo nicht zuviel für dießmal.

In eben dem Sinne ist auch das Monument schon erfunden, die Weimarischen Kunstfreunde arbeiten vor. Wir machen kein Geheimniß daraus, und wollen wenigstens einen Stein in's Brett setzen.

Weimar, den 14. November 1816.

G.[237]


27/7548.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die Briefe zurück, nebst einer schönen geologischen Charte von Baden, mit einem Commentar derselben, erstere von Serenissimo, den zweyten nach meiner Vorstellung doch wird sich alles mehr aufklären wenn die versprochenen Suiten bey Ihnen einlangen werden.

Mit aufrichtiger Theilnahme an allem was Ihnen gelingt.

Weimar d. 17. November 1816.

Goethe.


27/7549.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königl. Hoheit

übersende hiebey, da und der Himmel heute nicht begünstigen will, den ganzen Gehalt der Erde und zwar in Leonhards akademischer Rede, die er Höchstdenenselben, sich unterthänigst empfehlend, zu Füßen legt.

Als Beweisthümer folgen zugleich einige tüchtige Klötze in das Mineralreich herübergezogener Vegetationen, nebst dem Briefe des Übersenders.

Sollten die kleinen französischen Bändchen noch[238] nicht bekannt seyn, so werden sie eine angenehme Unterhaltung gewähren.

In Hoffnung in diesen Tagen Höchstderoselben Gegenwart mich erfreuen zu dürfen.

Weimar d. 19. November 1816.


27/7550.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die Zeichnung zu Begleitung einer Inschrift, die wir Ihnen verdanken. Untendrunter wünscht man mit kleinerer Schrift Jahr und Tag des Festes; es fragt sich nimmt man dazu den römischen oder neuen Calender?

Um das Profil auf der Vorderseite würde man Vor- und Zunamen und Würde setzen; dürften wir uns hiezu die rechten Ausdrücke und allenfallsigen Abbreviaturen ausbitten?

Sollte man das Alter des würdigen Greises unter das Bild setzen? Auf den ältern deutschen Münzen ist es immer geschehen, in der neueren Zeit seltener, worüber ich mir, zum voraus dankbar, baldige gefällige Nachricht erbitte.

Ergebenst

Weimar den 20. November 1816.

Goethe.[239]


27/7551.


An Theobald Renner

[Concept.]

Auf Ew. Wohlgeb. nachrichtliches Schreiben haben Serenissimus gnädigst befohlen, daß auf Haus und Grundstück quaest. 10 rh. mehr geboten werden sollen. Würde dieses Gebot abermals übersetzt, so würde ja wohl Herr Conrector Gabisius, zu seinem eignen Vortheil, den Zuschlag abermals suspendiren und wegen eines fernern Gebotes Höchsten Anordnungen entgegen sehen.

Die Baulichkeiten sollen unterdessen näher untersucht und die Ausführung bestimmt werden, wie Sie denn auch diese Angelegenheit gewiß fördern, wenn Sie Anschläge zu allen von Böttchern und Tischlern anzufertigenden vorerst höchstnöthigen Gegenständen baldigst einsenden.

Der ich, den besten Fortgang zu dem anzutretenden Geschäft wünschend, mich zu geneigtem Andenken empfehle.

Weimar d. 20. November 1816.


27/7552.


An Christian Gottlob Voigt

Auch ich sollte glauben, das der Titel Hof-Mechanikus, den Körner bisher schon im Publico geführt, der schicklichste sey.

[240] Manche andere Einleitung und Expedition besorge, auch werde nächstens auf die Bemerkung Serenissimi, wegen des Etats, einiges zu erwidern das Vergnügen haben.

Ew. Excellenz mich zu geneigtem Wohlwollen empfehlend

gehorsamst

Weimar d. 20. November 1816.

Goethe.


27/7553.


An Charlotte von Stein

Man kommt, verehrte Freundin, für lauter gutem Willen oft nicht zur That, so ist mir's dießmal auch mit dem versprochnen Mährchen gegangen, das ich gegenwärtig um so mehr zu schicken versäumt habe als die Dämonen mir allerley leidige Hausmährchen erzählten. Und so schick ich denn zur Sühne hier einen ganzen Band, den ich mir gelegentlich zurück erbitte. Der erste Band hat sich vergriffen, wird aber bald wieder im Buchhandel erscheinen. Wenn Sie Ihrer Mecklenburgischen Freundin den Titel dieser Sammlung überschrieben, so würde sie dadurch in den Stand gesetzt, auf viele Jahre die kleine Nachkommenschaft glücklich zu machen.

Gestern Abend verehrte mir der Erb-Großherzog das famose Brennglas. Da ich nun das Vergnügen, das es mir macht, Ihrem freundlichen Einfluß schuldig zu seyn glaube, so danke dafür zum allerschönsten[241] und bitte, dem lieben Fürsten gelegentlich für diese Aufmerksamkeit meinen Dank zu wiederholen.

Daß es Bernstein sey ist nun wohl außer Zweifel.

in der Einsamkeit verbunden

Weimar d. 21. November 1816.

G.


27/7554.


An August Riemann

[Concept.]

[23. November 18l6.]

Ew. Wohlgeb.

verfehle nicht sogleich zu vermelden, daß die mehreren Stücke versteinten Holzes glücklich bey mir angelangt und sogleich Ihro Königl. Hoheit vorgelegt worden. Höchstdieselben haben mir aufgetragen Ew. Wohlgeb. für diese Sendung verbindlichst zu danken, wie auch für die Zusage, sich um grünes Holz ferner zu bemühen.

Hiebey will ich bemerken daß, wenn etwa ein bedeutendes Stück schon in den Händen eines Liebhabers wäre, man diesseits gern den gebührenden Preis dafür bezahlen würde.

Indem ich nun deshalb weiterer gefälliger Nachricht entgegensehe so wollte Dieselben zugleich ersucht haben mir von dem Vorkommen dieses versteinten Holzes überhaupt Notiz zu geben. In welcher Gegend und unter was für Umständen es sich in so großen Blöcken, wie ich sie in früherer Zeit gesehen und wie auch die übersendeten sind, finden lasse.

[242] Der ich auch von meiner Seite dankbarlichst solcher Mittheilung gedenken würde.

Weimar d. 21. November 16.


27/7555.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit beykommendes Schreiben an Herrn Riemann mit Beyfügung des Charakters zu übersenden. Immerfortgesetzte Theilnahme so vorzüglicher Männer allen unsern Unternehmungen anwünschend.

Weimar, den 23. November 1816.

G.


27/7556.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz wird kein Geheimniß seyn, daß Ihre Verehrer dem glücklich gefeyerten Jubiläum eine Medaille widmen. Möge das Brustbild Faciussen wohl gerathen! Wegen der Inschrift habe mit Eichstadt communicirt; da er mehrere Vorschläge thut, getraue ich nicht zu entscheiden und entschließe mich Ew. Exzellenz geneigten einsichtigen Rath mir zu erbitten. Die Rückseite scheint mir gefällig und bedeutend.

Entschuldigung erbittend

Weimar den 25. November 1816.

G.[243]


27/7557.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

habe zwey Aufträge Serenissimi durch Gegenwärtiges zu melden.

Da nämlich unter den sehr schönen Massen Coburger Holzsteines kein grünes sich befunden, wünschen Höchst Dieselben das unter Ihrem Beschluß Befindliche mit dem Hierhergekommenen zu confrontiren. Im Kurzen soll es wieder an Ort und Stelle seyn.

Ferner ist J. K. H. Absicht dem Erzherzog Johann schöne Stücke des Dornburger Cölestin zu senden, deshalb ich auserlesene dergleichen mir baldigst herüber zu schicken ersuche.

Auch was sonst Ihrer Anstalt Liebes und Gutes widerfährt wünsche bald zu vernehmen.

Mich geneigtem Andenken empfehlend.

ergebenst

Weimar d. 26. November 1816.

Goethe.


27/7558.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

gehoffter Besuch hat uns nicht erfreut, auch ist mir das Vergnügen nicht geworden Sie in Jena besuchen zu können. Deshalb sende den Anfang des zweyten[244] Rhein- und Maynheftes, mit der Bitte, den Druck bald möglichst zu beginnen. Über 100 Blätter dieser Hand und Art liegen bereit. Doch muß ich bitten, daß Sie uns eine Revision herüberschicken, der Schreiber ist gar zu unachtsam, sodaß durch ihn kein reines Manuscript zu erhalten ist, weil er immer neue Fehler in die Abschriften hineinbringt. Auch sind der Eigennamen gar zu viel, welche sehr verzeihliche Irrthümer verursachen können. Haben Sie bey der Durchsicht noch irgend etwas zu erinnern, so haben Sie die Gefälligkeit es mir mitzutheilen.

Bey mir sind indeß so manche angenehme Dinge angekommen, daß es mich recht verdrießt, sie nicht bey Bischoffs aufstellen zu können, um mich doch auch wieder einmal an der Theilnahme Jenaischer Freunde zu erquicken. Sie werden mir zugestehen daß gewisse Zeiten doch gar zu schön waren, als daß man Verzicht darauf thun sollte, etwas Ähnliches wieder erscheinen zu sehen.

Immer eine baldige persönliche Zusammenkunft hoffend empfehl ich mich Ihnen und den werthen Ihrigen zum allerbesten.

ergebenst

Weimar d. 26. November 1816.

Goethe.


Möchten Sie mir wohl anzeigen, wie viel allenfalls Blätter dieses Manuscripts auf einen gedruckten Bogen gehen?[245]


27/7559.


An Emanuel Steiner

[Concept.]

Es ist mir in diesem Jahre zu mancherley Leiden auch manches Gute widerfahren und ich versäume keine Zeit die Versicherung Ihnen auszusprechen, daß das mir zugedachte Blumenstück zu den vorzüglichsten Gaben gehört, welche mir geworden.

Mein Wunsch geht nun vor allen Dingen dahin, daß Sie mich näher mit Sich möchten bekannt machen und mir von Ihrer Lebens- und Studiengeschichte soviel mittheilen als nöthig ist, um einzusehen wie Sie Ihr angebornes Talent bis auf diesen hohen Grad haben ausbilden können.

Andere Wünsche, die sich auf unsere freye Kunst-Anstalt beziehen, will ich nur kürzlich andeuten; daß ich nämlich einige kleinere einfachere Bilder von Ihnen wünsche, verschiedenen unserer Schüler, welche sich in diesem Fache ganz brav halten, eine höhere Ansicht desselben aufzustellen und neuen Eifer zu erregen.

Das Mehrere über Ihre bewundernswürdige Arbeit im Verfolg einer fernern Mittheilung.

Weimar den 27. November 1816.[246]


27/7560.


An Ernst Christian Friedrich AdamSchleiermacher

[Concept.]

[30. November 1816.]

Das hiebey folgende Kästchen steht schon eine Zeit lang gepackt und ist zurückgeblieben, weil man es vergessen hatte ein Verzeichniß beyzulegen.

Wenn ich aber bedenke daß solches nach Anleitung des Eckhelschen Werkes gar leicht gefertiget werden kann so ersuche mir die Nummern welche Sie gegenwärtig erhalten gefällig anzuzeigen damit ich nachsehen könne, ob nicht vielleicht mit neuern hieher gelangten Wiener Sendungen noch einige Doubletten eingegangen, um selbige gelegentlich nachzusenden.

Darf ich hoffen daß Sie den gnädigsten Herrschaften mich angelegentlich empfehlen und selbst meiner mit geneigtem Wohlwollen gedenken mögen?

Weimar den 27. November 1816.


27/7561.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgebornen

vermelde eilig daß der vierte Theil meiner Biographie zwar nicht herausgekommen, aber wohl der erste Band der zweyten Abtheilung welcher meine Fahrt nach Italien enthält und wovon ich, um der beliebten Kürze Willen, hier ein Exemplar beylege.[247] Für die Bemühung wegen der Medaille erwidere meinen verbindlichen Dank, für den Pedell wird ja wohl ein Exemplar abfallen. Das Beste wünschend

ergebenst

Weimar den 30. November 1816.

Goethe.


27/7562.


An Christian Gottlob Voigt

Weimar d. 30. November 1816.

Ew. Excellenz

vermelde eine Verlegenheit worin sich die Künstler und Kunstfreunde befinden.

Die auf den beygehenden Zeichnungen wegen der Größe gar schicklichen und anständigen Inschriften gehen des Raums wegen nicht auf die Medaille. Sie erhält die Größe der Wielandschen, welche beyliegt, und leider hat Facius kein Alphabet das um etwas weniges kleiner wäre, als das womit der Name Wieland ausgedruckt ist. Sollen die beyden Vornamen mit allen Lettern erscheinen, so gehen diese schon über die Mitte des Cirkels. Die untern beyden Zeilen ließen sich mit kleinerer Schrift allenfalls anbringen, auf der Rückseite aber müßte man, wie bey der Wielandschen so Medaille, kleinere Schrift und zu dem post L annos noch kleinere nehmen. Für den Titel aber wäre kein Rath und das will mir doch auch nicht gefallen. Überdenken Ew. Excellenz die Sache nochmals und[248] besprechen solche mit dem Künstler selbst den ich deshalb absende. Mich zu geneigtem Wohlwollen empfehlend.

G.

Noch eine Frage: ob man die U, V schreibt?


27/7563.


An Jacob Friedrich Fries

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

für das übersendete Werk meinen Dank persönlich abzutragen, hatte schon längst gehofft, da sich aber eine Fahrt nach Jena abermals verzögert so will ich so nicht verfehlen schriftlich zu versichern, daß ich mit vielem Antheil Ihre Ansichten über so wichtige Gegenstände gelesen habe und nichts mehr wünsche als hierüber und noch manches andere mich mit Ihnen gelegentlich zu besprechen.

In dieser Hoffnung mich unterzeichnend und das Beste wünschend.

Weimar den 2. December 1816.


27/7564.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz Entschluß wegen der auszulassenden Inschriften trete völlig bey. Facius ist davon benachrichtigt; er wird dadurch vieler Sorge überhoben, Er, der überhaupt ein besorglicher und bedenklicher[249] Künstler ist. Sobald diese Medaille vollendet, kann man ja Anstalt machen in Bronze, wie die beykommende Wielandische, da denn die sämmtlichen Inschriften anzubringen sind. Mir gefällt es gar sehr, wenn Münzen auf einander hinweisen.

Das kleine Silberstück ist mir deswegen merkwürdig weil es meine frühere Behauptung, beweist, daß man zu jener Zeit sich byzantinischer Künstler oder ihrer Schüler überall bedient.

Leider will es mit meinen körperlichen Umständen nicht recht glücken, sonst hätte ich längst wieder persönlich angefragt.

Weimar d. 2. December 1816.

G.


27/7565.


An Georg Gottlieb Güldenapfel

[Concept.]

Schon längst hätt ich gewünscht Ew. Wohlgeb. für das übersendete, so nützliche als angenehme Werk meinen Dank mündlich abzustatten; da sich aber meine Abreise nach Jena noch immer verzögert, so will ich nicht länger säumen es schriftlich zu thun. Sie haben uns das ältere Jena wiedergegeben, und uns auf das neue aufmerksam gemacht, und sich dadurch ein großes Verdienst erworben, weil diese Arbeit gewiß nicht ohne Folgen bleiben wird. Ich habe mir wenigstens für meinen Wirkungskreis Verschiedenes gemerkt,[250] woran ich ohne diesen Anlaß vielleicht nicht gedacht hätte, und bin Ihnen daher für meine Person besondern Dank schuldig.

Weimar den 2. December 1816.


27/7566.


An Johann Valentin Teichmann

Sehr leid thut es mir immer, wenn ich jungen Personen, die ein Vertrauen auf mich setzen, zu Ausbildung ihrer Tatente nicht behilflich seyn kann, und ich komme doch oft in den Fall dergleichen Anträge ablehnen müssen. Unser Theater ist gegenwärtig stark besetzt, und mir selbst bleibt nicht soviel Muße, um auf jüngere Glieder wie sonst eine anhaltende Aufmerksamkeit wenden zu können. Ich vermelde dieses ungern, aber doch bald, weil Sie es verlangen. Möchten Sie die Erfüllung Ihrer Wünsche auf irgend einem Wege erfahren!

Weimar den 3. December 1816.

Goethe.


27/7567.


An Wilhelm Christoph Leonhard Gerhard

An allen Arbeiten wodurch Ihr Talent sich äußert nehm ich aufrichtigen Antheil, an jenen früher gesendeten Stanzen, so wie an gegenwärtigen Bearbeitungen anakreontischer Lieder, und bezweifle nicht eine gute Aufnahme. Nur scheinen mir die Lieder nicht[251] ganz geeignet einem Fürsten öffentlich gewidmet zu werden, welchem ernstere Productionen allenfalls darzureichen wären. Ich habe deshalb darüber keine Anfrage thun mögen und verfehle nicht solches mit dankbarer Rücksendung der anvertrauten Blätter ungesäumt zu melden; mit den besten Wünschen und Gesinnungen

Weimar den 3. December 1816.

Goethe.


27/7568.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

Thätigkeit wird immerfort durch das Glück begünstigt, wie es denn auch ganz billig ist. Aus den hiebey rückkehrenden Briefen habe ich solches abermals mit Vergnügen gesehen, und Großherzogl. Commission wird nicht versäumen auch gelegentlich nunmehr an Ihre Verbesserung zu denken. Der ich mich bestens empfehle und wohl zu leben wünsche.

Weimar den 4. December 1816.

J. W. v. Goethe.


27/7569.


An Christian Gottlob Voigt

In herzlichster Erwiderung würde mein Gedanke seyn, daß man die Jahrzahl unter die Kränze setze, weil diese eigentlich auf's Fest deuten, unter das Bild aber das Alter; so correspondirt beydes. Aetatis &c.[252] steht gewöhnlich auf den besten Münzen des 16. Jahrhunderts. Auf der Hauptseite stünd' alsdann der Name mit allen Buchstaben und es würde alsdann doch im engen Raume ein Ganzes.

Beyliegenden Zeugnissen des Fleißes und Unfleißes bitte einige Aufmerksamkeit zu schenken; diese Anstalt soll nach ihrer jetzigen Einrichtung gewiß recht schöne Früchte bringen.

Weimar d. 4. December 1816.

G.


27/7570.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

haben in einem Schreiben an Serenissimum Folgendes gemeldet:

»Ich habe gefunden, daß Kohle und Wasser bey ihrer Wechselwirkung in hoher Temperatur das wohlfeilste und reinste Feuergas geben, und hätte ich Geld, um diese Entdeckung durch Versuche weiter fortsetzen und sie zum Nutzen für das Leben ausarbeiten zu können, so würde ich vielleicht im Stande seyn, die Bereitung des Lichtgases wohlfeiler und einfacher auszuführen, als dieses von den Engländern geschehen ist durch Benutzung ihrer Steinkohlen.«

Ihro Königliche Hoheit wünschen über diesen Gegenstand vollkommen unterrichtet zu werden und[253] zu vernehmen, wie viel auf diese Versuche verwendet werden müßte, um bedeutende Resultate herauszubringen. Vielleicht würden Höchstdieselben etwas dazu verwilligen.

Zugleich mache ich mir ein Vergnügen anzeigen zu können, daß Serenissimus Ew. Wohlgeboren die Summe von 100 rh. jährlich zu Experimenten zugestanden, wovon Sie vielleicht schon unterrichtet sind. Weihnachten erhalten Sie den vierten Theil von dieser Summe zum erstenmal.

Die gedrängte Darstellung Ihres Lehrbuchs hat meinen ganzen Beyfall. Jetzt da alle Wissenschaften so sehr in's Breite gehen, ist es höchst verdienstlich, die Elemente derselben in's Enge zu bringen und dem mündlichen Vortrag viel zu überlasen. Bey nachfolgenden Ausgaben, welche, da das Buch den verdienten Beyfall erhält, bald gefordert werden müssen, versäumen Sie gewiß nicht es vollkommner zu machen.

Das Beste wünschend und an allen Ihren Fortschritten theilnehmend

Weimar den 5. December 1816.

Goethe.


27/7571.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

verlangten das Stück grünes Holz, welches von Coburg gekommen war, um es mit dem hiesigen zu vergleichen.[254] Lenz hat mich deshalb nicht verstanden oder verstehen wollen, weil er wahrscheinlich befürchtet, es möchte nach Wien geschickt werden. Er sendet drey Stücke, die nicht ohne Verdienst sind, däucht Ew. Hoheit desgleichen so könnte man anfragen, ob er sie bey'm Kabinett entbehren kann, so könnte man sie vorläufig nach Wien schicken, bis sich Riemann auf das Frühjahr mit größeren Stücken einfindet.

Das größere Stück Cölestin ist deshalb sehr interessant, weil es auf der Mergelschicht aufsitzt. Soll ich dieses zusammen an Zahlbruckner in Ew. Hoheit Namen senden? Das grüne Holz kommt, so viel ich mich erinnere, an das Kaiserliche Museum, doch könnte beydes zusammen abgehen. Dem Hyoscyamus und Consorten hingegeben, der Bettwärme empfohlen, werden doch manche kleine Geschäfte abgethan

unterthänigst

Weimar d. 5. December 1816.

Goethe.


27/7572.


An Anton Genast

Herr Oels hat mir einen Vorschlag gethan wegen Zudeckung nicht Wegschleppung der gemordeten Helene im morgenden Stück. Mir scheint dieser Ausweg sehr vortheilhaft eine unangenehme Stelle zu verbessern und es würde mir sehr angenehm seyn, wenn es auf diese Weise geschähe.

W. d. 6. D. 1816.

Goethe.[255]


27/7573.


An Christian Heinrich Schlosser

[Concept.]

Der Überbringer des Gegenwärtigen ist Herr Kühnlen, vormals Capellmeister des Badner und Presburger Theaters, ich lege der beliebten Kürze wegen die Abschrift seines Billets bey, wodurch er sich mir, von vielen Seiten empfohlen, ankündigte.

Da er ein sehr bescheidener und denkender Künstler ist, so getrau ich mir Ihnen denselben zu empfehlen, Sie werden als Kunstfreund einige Stunden mit ihm angenehm zubringen und ihn durch Bemerkungen und Rath zu fördern die Gefälligkeit haben. Wegen seines Gesuchs am Frankfurter Theater würden Sie seine Schritte im Allgemeinen wohl gefällig dirigiren, und mir geneigte Nachricht wie es ihm ergangen ertheilen.

Körperliche, Geists- und Geschäftszustände haben mich einige Zeit gehindert in die Ferne zu schauen und zu wirken und ich versäumte sogar beyliegendes Blättchen Ihrem Herrn Bruder zurückzusenden.

Der Druck des 2. Rhein- und Maynhefts beginnt nun, haben Sie Zeit und Lust mir zu melden was Sie das Jahr von jenen frommen Wünschen des ersten Heftes in Erfüllung gehen sehen, so würde ich davon Gebrauch machen können. In den preußischen Provinzen, hör ich, hat man sich gerührt, in Frankfurt wird sich wohl die neue Verfassung erst[256] consolidiren müssen. Leben Sie recht wohl und gedenken mein auch im neuen Jahr mit den theuren Ihrigen in Freundschaft und Liebe.

Weimar d. 7. December 1816.


27/7574.


An Johann Jacob von Willemer

[Concept.]

Verzeihen Sie wenn ich Ihnen einen schmucken, jungen Menschen in's Haus schicke und gönnen ihm eine augenblickliche freundliche Aufnahme. Es ist der junge Genast, hiesiger Hofschauspieler und Sohn unseres Regisseurs, auch einer meiner theatralischen Taufpathen. Es entwickelte sich in ihm eine sehr schöne Baßstimme, deshalb er nach München zu Herrn Häser gesendet worden, von wo er nunmehr zurück kommt und in Frankfurt ihm zugestanden Gastrollen spielen wird.

Mögen Sie und die lieben Ihrigen ihn am Claviere hören, erzeigen Sie ihm die Ehre feinen Vorstellungen beyzuwohnen und will der liebe kleine Kritiker mir alsdann sein Urtheil nicht vorenthalten, so werde mich herzlich freuen daß wenigstens ein Abgeordneter von mir in Ihrer Nähe war und ich von ihm unmittelbar erfahren werde, daß Sie meiner wohlwollend gedenken. Brächte er mir ein paar Worte und ein Liedchen zurück, so würde er mir ganz willkommen seyn.

[257] Schon wieder wandle ich am Rhein und Mayn, aber leider nur in Gedanken. Der Druck des 2. Heftes beginnt so eben.

Für die letzten freundlichen Blätter und de gute Aufnahme meiner Höllengäste danke zum verbindlichsten. Tausend Lebewohl!

Weimar d. 7. December 1816.


27/7575.


An Johann Heinrich Meyer

Frommann will erlauben, daß das innere Kupfer so groß wie das der Hauptseite des Umschlags werde, aber ja nicht größer, welches denn Schwerdgeburthen zu notificiren und das Werk gefälligst zu betreiben bitte.

Die Zeichnungen für Gräfin Egloffstein folgen hiebey, mit dem Ersuchen, sie nach Abrede zu behandeln. Können Sie dem Rhein- und Maynbogen noch heute Ihre Aufmerksamkeit widmen und mir solchen heute Abend mitbringen, so würde es sehr erwünscht seyn. Ich gehe nicht in's Theater. Morgen früh würde Vulpius nochmals revidiren und morgen Nachmittag könnte der Bogen abgehen. Unser Manuscript reicht für das ganze Stück hin, welches uns sehr erwünscht ist.

Weimar d. 7. December 1816.

Goethe.[258]


27/7576.


An Carl Friedrich Zelter

Weimar d. 10. December 1816.

Das Liedchen ist angekommen; wir danken zum schönsten für das trefflich Gerathene. Wenn die Melodie nach dem Inhalt, wie du angezeigt, variirt wird, so muß es den schönsten Eindruck machen. Hier sende dagegen das Schema zur großen Cantate weiter entwickelt, laß es auch in dir ferner aufblühen. Eine Abschrift hab ich zurückbehalten.

Beyliegt auch ein freundlicher Brief an Gubitz mit einer vorläufigen Gabe zu seinen Zwecken. Ich wünsche daß du ihm das Günstige selbst überreichest und füge nichts hinzu als ein herzliches Lebewohl!

G.

Da die Rübchen, wie so vieles andere dieses Jahr mißrathen, so habe die Gefälligkeit mir einigen Zander zu schicken. Auch thu mir die Liebe, mir vor Neujahr von denen artigen Neujahrswünschen zu schicken, die sie beweglich, durchscheinend und auf sonstige Weise in Berlin gar artig fabriciren. Wir halten jetzt einen Geschäftsträger in Berlin, welchem ich den Auftrag ertheilen werde deine Auslagen zu ersetzen; auch hast du noch deine Wiesbader Auslage zum Theil bey mir gut. Das 2. Rhein- und Mayn-Heft ist im Druck, unser Rochus-Fest noch reiner durchgearbeitet.

[259] Herr Gubitz nannte deinen Namen in seinem Briefe, und in nomine tuo ward er auch erhört. Eben so denk ich an dich, wenn mancherley Haus- und Landkreuz mich drückt und bedrängt. Im Ganzen geht es jedoch gut und günstig. August hält sich sehr brav. Sage mir doch auch ein Wort von deiner neuen Haus-Einrichtung.

Ich erinnere mich kaum, ob ich dir wegen der Tilly gedankt und eine Frage gethan habe. Sie ist nicht ohne Stimme schreibst du, heißt das, daß sie etwas singen kann, daß sie allenfalls zur Choristin nöthig wäre?

Wir haben freylich jetzo ein allerliebstes Mädchen von Königsberg erhalten, der man nicht sogleich eine Rivalin gegenüberstellen darf.

Lebe recht wohl, gedenke meiner im Guten.

G.


[Beilage.]


Erster Theil.

Symphonie.

Zum Schluß Donner auf Sinai.

Zudringendes Halbchor. (Volk).

Es will in der Nähe sehen was da vorgeht.

Abhaltendes Halbchor. (Leviten).

Das Volk wird von Sinai zurückgedrängt und betet an.

Sprecher (Aaron).

Leitet das Ereigniß ein, erwähnt des Abfalls zum goldnen Kalbe.[260]

Das Volk demüthigt sich und empfängt das Gesetz.

Sprecher (Josua).

Zug durch die Wüste.

Eroberung des Landes.

Kriegerische Hirtenchöre im Sinne derer meiner Pandora.

Sprecher (Samuel).

Den schwankenden Zustand zwischen Priesterthum und Königthum aussprechend.

Beharren des Königs und des Volkes bey dem Begriff des einzigen Nationalgottes.

Salomons Regierungsantritt.

Frauenchöre.

Sulamit die Geliebteste in der Ferne.

Priesterchöre.

Einweihung des Tempels.

Chöre aller Art.

Sprecher (Elias).

Die Abweichung gegen Baal vorbereitend.

Dienst auf Höhen und im Freyen.

Chöre des Volks das zur Heiterkeit früheren freyern Himmelslebens zurückkehrt.

Muntere Festlichkeit, minder religiös.

Chöre der Priester Baals, pfaffenartig mit Härte und Rohheit imponirend.

Sprecher (Jonas).

Drohungen. Große Feindesmassen in der Ferne weissagend.[261]

Heranbringen des Feindes.

Beängstigung.

Untergang, des Reichs, gewaltsam.

Gefangenschaft.

Lieblich lamentabel.

Sprecher (Jesaias).

Rettung und künftiges Glück verkündend.

Chöre es dankbar aufnehmend, aber im irdischen Sinne.

Propheten und Sibyllenchöre, auf das Geistige und Ewige hindeutend.

Schließt glorios.


Zweyter Theil.

Symphonie.

Sonnen-Aufgang.

Das Lieblichste der Morgenluft.

Ländlich nicht hirtlich.

Weite Einsamkeit.

Sprecher (Johannes).

Die Verheißung aufnehmend.

Den Geburtsstern erblickend als Morgenstern.

Die Annäherung der Könige vorbereitend.

Zug der drey Könige.

Es ist kein Widerspruch, wenn hier Janitscharen Musik gebraucht wird: denn diese ist uns ja über den Oxus hergekommen. Besonders würde sie erfreulich seyn bey Ankunft des dritten[262] Königs, der immer als etwas wild vorgestellt wird. (Diese Scene müßte der Abwechselung wegen entschieden dramatisch seyn.)

Abzug der Könige in die Ferne.

Sprecher (Christus).

Tritt auf lehrend.

Chor aufmerksam aber schwankend.

Gesteigerte Lehre.

Andrang und Beyfall des Volks, immer im irdischen Sinne.

Christus steigert seine Lehre in's Geistige.

Das Volk mißversteht ihn immer mehr.

Einzug in Jerusalem.

Sprecher (drey Apostel).

Furcht vor Gefahr.

Christus: tröstend, stärkend, ermahnend.

Einsames Seelenleiden.

Höchste Qual.

Sprecher Evangelist.

Kurze Erwähnung des physischen Leidens.

Tod. Auferstehung.

Chor der Engel.

Chor der erschreckten Wächter.

Chor der Frauen.

Chor der Jünger.

Das Irdische fällt alles ab, das Geistige steigert sich bis zur Himmelfahrt und zur Unsterblichkeit.[263]


Der Componist wird die Beziehungen aller Theile unter einander auf's genauste erwägen, und sich von dem Donner auf Sinai immer Steigerungen vorbehalten, welche durch Abwechselung zu erreichen sind.

Ich habe nach Anleitung des Händelischen Alexander-Festes statt des dortigen einen Timotheus mehrere Sprecher aufgeführt, welche theils blos recitirend, theils in Gesang übergehend, theils mit dem Chor wetteifernd gedacht werden können, wie man sich's im Gange der Beschäftigung überlegen wird.

Die Sprechenden sind meist Männer; es lassen sich aber auch, wenn es nöthig wäre, Frauen substituiren. Vor allen Dingen wünscht' ich zu erfahren, wie etwa die Hauptstimmen zu vertheilen sind und an welchen Stellen man eigentliche Arien einschaltete, zu welchen man biblische und andere fromme Sprüche alsdann umbildete, damit sie noch kenntlich wären und zugleich rhythmisch bequemer.


27/7577.


An Friedrich Wilhelm Gubitz

[Concept.]

Schon längst hätte ich mir eine Gelegenheit gewünscht Ew. Wohlgeb. zu danken für die manchen angenehmen Augenblicke, welche ich an Ihren Kunstwerten, auch dichterischen und schriftstellerischen Arbeiten genossen. Ich ergreife die gegenwärtige und kann Sie meiner aufrichtigen Theilnahme versichern.

[264] Eben diese Verbindlichkeit aber die ich gegen Ew. Wohlgeb. fühle setzt mich in einige Verlegenheit. Außer dem Cottaischen Almanach werden Sie nirgends Beyträge von mir finden und doch vergeht wenig Zeit, daß nicht dergleichen freundliche Wünsche zu mir kommen. Aber eine Art Gelübde hält mich ab, sie zu gewähren, dessen Veranlassung ich gar wohl vertraulich mittheilen kann. Ich mußte sehen wie ältere Zeitgenossen, vor allen Wieland und Gleim ihre Namen zuletzt höchst geringschätzig machten, jener daß er den seinigen auf dem Merkurtitel stehen ließ, ohne den mindesten Antheil mehr daran zu nehmen, dieser, daß in allen Almanachen, Zeitheften und Blättern unter seiner Firma die unbedeutendsten Reimlein ausgeboten wurden. Unter meinen Papieren liegen noch Spottgedichte die ich deshalb verfaßt, mit dem festen Vorsatze, auf keine Art mich in den gleichen Fall zu setzen.

Bis jetzt bin ich dabey verharrt, und muß mir erst überlegen was gegenwärtig vergönnt und Recht sey.

In Betrachtung nun so mancherley Verhältnisse, welche in andern Fällen nicht Statt fanden, will ich ein kleines Gedicht, das Wohltätigkeit empfiehlt, zu Ihrem ersten Zweck übersenden; zu Ihrem zweyten Vorsatze beyzutragen, kann ich mir wenigstens einige Hoffnung machen.

Dabey kommen Sie aber auch selbst in Gefahr. Der Gedanke meinen west-östlichen Divan herauszugeben[265] beschäftigt mich gegenwärtig. Zu solchem Zweck sind kleine Druckerstöcke höchst wünschenswerth. Die westliche Gewohnheit, Gedichte mit Bildern zu schmücken, um ihren Inhalt zu ergänzen und anschaulich zu machen, ließe sich mit der östlichen Sitte, die ganz gestaltlos ist, anmuthig verbinden. Z.B. wurde an der Stelle des * eine Vignette, wie die beykommende, einen bedeutenden und angenehmen Eindruck machen. Vielleicht könnten Sie gleich dieses anmuthige Bild benutzen und durch Ihre kunstreiche Hand dem Gedicht seine wahre Bedeutung geben.

Weimar d. 10. December 1816.


Die Zeichnung ist so bald nicht fertig geworden und überhaupt ist mir wegen der Zierrathen noch ein anderer Gedanke beygegangen. Mögen Sie mir mit umgehender Post das Format schicken, in welchem Ihre Schrift herauskommen soll, so könnten wir mit unsern Vorschlägen schon einige Schritte weiter gehen.

Das Beste wünschend.

Weimar d. 10. December 1816.

Goethe.


27/7578.


An Johann Adolf Darnstädt

[Concept.]

Sie haben, mein werthester Herr Darnstädt, durch die Übersendung des meisterhaften Kupferstiches mir ein großes Vergnügen gemacht und ich werde nicht verfehlen[266] dieser schönen Arbeit öffentlich zu gedenken. Können Sie die Seite des Cölner Doms mir baldigst schicken, so wird auch diesem Blatt, von dem ich schon Probedrucke kenne, sein verdientes Lob nicht entgehen. Haben Sie sonst etwas unter Händen oder Vorgesetztes, so machen Sie mich auch damit bekannt, da ich mit vorzüglichen Künstlern gerne in Verhältniß bleibe.

Hofrath Meyer empfiehlt sich Ihrem Andenken, und ich unterzeichne mich mit aufrichtiger Anerkennung Ihres Talentes.

Weimar d. 10. December 1816.


27/7579.


An Wilhelm Friedrich Gmelin

[Concept.]

Von Ew. Wohlgeb. erhielt ich schon längst ein Schreiben aus Rom d. d. den 10. October d. J. worin Sie mir das angenehme Geschenk Ihrer neuen Poussins ankündigten. Zu meiner Freude sah ich daraus, daß Sie meiner noch gedenken und, wie seit langen Jahren, auch jetzt mich Ihrer trefflichen Arbeiten theilhaft machen wollen. Bis heute hab ich jedoch noch nichts von Herrn Artaria erhalten, ich schreibe deshalb an ihn, doch will ich nicht länger säumen Ew. Wohlgeb. für die freundliche Gabe zu danken, von der ich das Beste hoffen kann. Möge sie noch zeitig genug ankommen, daß derselben in einem zur[267] Herausgabe bereiten Heft mit Neigung gedacht werden kann.

Herr Hofrath Meyer, welcher mir immer treulich zur Seite steht, empfiehlt sich bestens Ihrem werthen Andenken, in welchem auch ich fortzuleben wünsche.

Weimar d. 10. December 1816.


27/7580.


An Dominikus Artaria

[Concept.]

Herr Wilhelm Friedrich Gmelin zu Rom meldete mir unter'm 10. October d. J. daß ich durch Herrn Artaria zu Mannheim ein Exemplar seiner neuen Poussins, wie auch noch zwey andere neue Blätter erhalten würde. Bis jetzt aber ist diese Sendung noch nicht angelangt und ich ersuche Dieselben daher, mir einige Kenntniß zu geben, wie es sich damit verhalte; denn ich wünschte sie bald möglichst zu besitzen, weil sich nächstens eine Gelegenheit ergiebt, von ihnen öffentlich nach Verdienst sprechen zu können.

Das Beste wünschend.

Weimar d. 10. December 1816.


27/7581.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgeb.

schöne Gabe ward mir schon längst und diente mir in trüben Stunden zur angenehmsten Erheiterung besonders[268] gab die Schreckensgeschichte jener Schlachttage einen bedeutenden Wink, wie man geringerern Übeln nicht unterliegen solle, da der Mensch die größten besteht und aus ihnen oft gerettet wird.

Die Bildung Ihres Charakters und Styls erscheint hier im vortheilhaftesten Lichte: es thut immer eine große Wirkung wenn der Mann auch seine schlimmsten Erfahrungen würdig darzustellen weiß.

Mit dem Altern ist es freylich so eine Sache. Die Jahre könnte man allenfalls noch wohl ertragen, wenn sie flüchtig wie die früheren vorüber gingen, da sie aber so manches, auch von außen, heranschleppen, womit sich die Jugend selbst nicht befassen möchte, so spürt man freylich den Mangel an Kraft und Ausdauer doppelt und dreyfach. Hat man indessen so lange des Guten genossen und sich in das Schlimme gefügt, so bleibt wohl nichts übrig als daß man seine Kräfte zusammen nehme, um bis an's Ende etwas werth zu seyn.

Erhalten Sie mir Ihre Theilnahme und bleiben der meinigen gewiß. Empfehlen Sie mich den werthen Ihrigen und auch in dem Löhrisch-Keilischen Hause.

Schließlich, da ich mich zu Ihnen versetzt hatte, fällt mir noch ein Wunsch ein: könnten Sie mir gelegentlich eine recht gute Federzeichnung von Guercin um billigen Preis verschaffen, es sey Landschaft, Kopf, oder Halbfigur, so geschähe mir ein ganz besonderer[269] Gefalle. In jener von mir versäumten Auction waren deren mehrere.

Nochmals mich bestens empfehlend.

ergebenst

Weimar d. 10. December 1816.

Goethe.


27/7582.


An Georg Sartorius

Dieses Jahr vergeht mir unter mancherley Leiden, unangenehmen Zufälligkeiten und Bedrängnissen, daß alles Gute, was mir dazwischen geworden, dadurch einigermaßen verdüstert wird. Ich mußte mich sehr zusammennehmen, um innerhalb wirksam zu bleiben, und konnte nach außen wenig thun. Am wenigsten erfuhren meine Freunde von mir, an die ich oft am meisten dachte, und so waren Sie und die lieben Ihrigen oft der Gegenstand meiner innigsten Unterhaltungen.

Völlig jedoch soll das Jahr nicht herum gehen, ohne daß ich wenigstens ein Lebenszeichen von mir gäbe. Möge unterdessen einiges, das von mir ausging Ihnen Freude gemacht haben. Anderes folgt nach, womit ich mich im Stillen beschäftige und zerstreue. Gehe es Ihnen wohl und bleiben Sie geneigt, mir davon Kenntniß zu geben. Ihre Empfohlenen habe ich freundlich aufgenommen.

Mit Bitte um ein baldiges Wörtchen

Weimar, den 10. December 1816.

Goethe.[270]


27/7583.


An Nikolaus Meyer

Damit es mir nicht wieder ergehe wie bisher, so will ich gleich, wenn auch nur wenig schreiben. Ihre Sendungen habe ich sämmtlich dankbar erhalten. Daß ich nichts dagegen schickte, daran waren die ungünstigen Ereignisse dieses Jahres Schuld, die auf mich einstürmten und an deren traurigstem Sie gewiß, jugendlicher froher Jahre stets eingedenk, aufrichtigen Antheil genommen haben. Daß Ihnen manches Gute widerfahren, ist mir höchst erfreulich, da das Unangenehme, welches Sie betroffen, dadurch überwogen wird.

Bleiben Sie meiner herzlichen Theilnahme versichert, nehmen Sie meinen besten Dauk für die interessante Medaille, die wohl als ein Unicum angesehen werden kann. Ihrer ausgesprochenen und angedeuteten Wünsche hoffe ich im nächsten Jahre zu gedenken. Erinnern Sie sich manchmal meiner und sagen ein Wort, wenn ich auch vielleicht schweige, denn ich bin dergestalt nach innen und außen beschäftigt, daß gerade die werthesten Freunde, von denen ich Verzeihung hoffe, zurückstehen.

Möge alles Gute Ihnen und den lieben Ihrigen zum nächsten Jahre bescheert seyn. Herzlich gedenkend

Weimar den 10. Dec. 1816.

Goethe.[271]


27/7584.


An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

Unser fleißige Facius hat die Rückseite der Medaille recht fleißig und sauber angelegt, wie der beyliegende Abdruck beweist, eine reinliche Ausführung wird von ihm nicht versäumt werden. Nun geht er an die Hauptseite. Vor- und Zuname werden mit allen Buchstaben geschrieben. Wegen des Alters frage an, ob AET. oder ANN. LXXIII? auch bitte Nachstehendes zu überlegen: der Stern kommt bey dem Abdruck zu stehen, wie er hier steht, auf der linken Seite, wäre der Falken-Orden deutlich zu bezeichnen, oder nur überhaupt ein achteckiger Stern? Im zweyten Falle bedeutete er Decoration überhaupt, und schlöß also den Annen-Orden mit in sich. Es giebt in solchen Fällen so vielerley zu bedenken, daß man aus Vorschlägen und Zweifeln gar nicht herauskommt. Bitte um gefällige Überlegung.

Weimar den 11. December 1816.


27/7585.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

lege die Vollmacht vor, welche Kühn im Adjudicationstermin morgen bedarf. Da dieß der Absicht und Anordnung gemäß ist, so habe solche besiegelt und unterschrieben;[272] geschieht es mit Ihrer Genehmigung so füll ich die Lücke, wie schon mit Bleystift geschehen, mit Tinte aus; die 125 rh. kann er aus unserer Casse zahlen. Die Cabisiusische Angelegenheit soll auch in diesen Tagen in Ordnung gebracht werden und Ew. Excellenz vorgelegt seyn.

gehorsamst

Weimar den 13. December 1816.

Goethe.[273]


27/7585a.


An Christian August Vulpius

Kann ich diesen Bogen morgen vor Tisch zurückerhalten; so würde ich sehr gefördert seyn.

d. 14 Dec. 1816 Samstag.

G.[40]


27/7586.


An Friedrich Justin Bertuch

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

diese Tage nach Wunsch einmal wieder zu sehen hält mich ein sehr böser Katarrh und manches andere widerliche Gebrechen ab, daher ich mich mit einem schriftlichen Ansuchen an Sie wende.

In meiner Lebensbeschreibung bin ich gerade an der Epoche wo unser gute Kraus, der in Weimar einen Besuch gemacht hatte, nach Frankfurt kommt, und uns von dem angenehmen und hoffnungsvollen Zustand in Weimar erzählt; es fiel in die Zeit, da der Herzog seine Gemahlin abholte. Nun wünscht ich jene Schilderung recht treu, vollständig und lebhaft, und ich finde in der Erinnerung noch manches Schöne und Gute. Weil ich aber als Fremdling eintraf, und durch neue Gegenstände afficirt und zerstreut wurde, so bringe ich kein reines Bild zusammen, und nehme[273] mir deswegen die Freyheit, mich an Ew. Wohlgeb. zu wenden. Sie waren in jenem Zustand herangewachsen, besaßen schon eine schöne Stelle, zu welcher Ihre Wirksamkeit Sie erhoben hatte; Sie kannten den Hof, die Stadt, das Bestehende, das Bewegte, das Gethane so wie die Vorsätze, sollte es Ihnen nicht ein angenehmes Geschäft seyn, sich jener Ihrer eigenen Blüthenzeit wieder zu erinnern und mir einen Aufsatz darüber mitzutheilen, von dem ich alsdann dem Gegenstande gemäß den heitersten Gebrauch machen wollte. Schon mehrere Freunde z.B. Klinger und Trebra erzeigten mir dieselbe Gefälligkeit, und ließen mich von ihrer Seite in Epochen zurücksehen, die ich von der meinen niemals eben so würde durchschaut haben. Wie wichtig es mir und überhaupt ist, die Anfänge von Weimar klar und freundlich hinzustellen davon sind Sie überzeugt; die Fortschritte werden sich alsdann schon entwickeln.

Mein Gesuch um Ihre gefällige Theilnahme wiederholend.

Weimar den 15. December 1816.


27/7587.


An Sulpiz Boisserée

Auf Ihren letzten lieben Brief habe noch nichts erwidert, bin aber in Gedanken oft bey Ihnen gewesen. Heute kommt mir der neuste vom 3. d. M.[274] zu recht ominoser Zeit: Ich studirte das Manuscript des 4. Bandes meiner Biographie, welcher theilweise geschrieben und dessen letzte Bogen, so wunderlich es auch scheinen möchte, schon in Ordnung sind. Dieser Band endigt mit dem Entschlusse von Heidelberg aufzubrechen und nach Weimar zu gehen. Sehr gut paßte hiezu Ihr lieber Brief, worin auch von Entschlüssen die Rede ist, und mit jener Zeit vortrefflich harmonirt, da jugendlicher Muth mich belebte, von dem Sie nun durchdrungen sind. Ich rühme Ihre Beharrlichkeit, Festigkeit und Klugheit, reise Ihr Glück, welches Sie zu erfassen munter und aufmerksam genug sind. Es wäre gewiß höchst merkwürdig, wenn jenes Zögern Ihnen einen heitern Platz anwiese. Was die Nachschrift meldet, ist freylich ganz nach meinem Sinne und Wunsch: Rath und Entschluß hat Ihnen in Ihrem Kreise niemals gefehlt.

Aus der Anbetung des Lammes hab ich eine Gruppe alter Herrn in dem letzten Hefte des d'Agincourt gefunden, ihre Mützen, Gesichter, Mäntel, Bücher und Gebärden wundersam vermannigfaltigt und köstlich componirt. Möge ich die Copien dereinst an Ihrer Seite bewundern. Ihre Sendung erwarte mit Freude und Dank und werde den Wiederschein Ihrer Schätze, den Sie mir gönnen, gar treulich gewahr werden und hegen. Ihr freudiges Aufnehmen meiner Italiänischen Reise thut mir sehr wohl und ich werde um desto fleißiger an dem 2. Theile arbeiten.

[275] Wie vor Zeiten die älteren Autoren für uns Jünglinge schrieben, so müssen wir für euch Jünglinge schreiben. Einem Verfasser müßte schaudern, wenn er bedächte, wie viele Leser nichts zum Buche hinzubringen, weder Kenntniß noch Empfänglichkeit, ja wie viele blos lesen um dabey geruhig einzuschlafen. Den Sturmschritt haben Sie ganz richtig empfunden und sind ihm treulich zur Seite geblieben. Auch die Ungerechtigkeiten beurtheilen Sie einsichtig und gerecht. Dergleichen herbes Unreife paßt wohl zu dem Drange des Beginnens, alles dieses wird, noch eh der Reisende über die Alpen zurückkehrt, süßer und genießbarer. Besäß ich nicht die getreuen Tagebücher und beinah sämmtliche aus Italien geschriebene Briefe, so könnte das Werkchen diese Unmittelbarkeit und Frische nicht haben. Die früheren Eindrücke verlöschen, die Resultate bleiben freilich, das ist denn auch wohl der Zweck, aber früher war das Leben.

Daß Sie mich darin wieder erkannten und mit Neigung unserer späteren aber gewiß auch belebten und unschätzbaren Verhältnisse gedachten, erfreut mich höchlich. Wie manches Gute ist mir dabey geworden. So wie z.B. gerade in diesem Augenblick Ihr Brief mir anregend und aufrichtend erscheint.

Das Rhein- und Maynheft, 2. Stück, liegt in den Händen des Setzers. Es enthält das famose Rochusfest, dem ich meine Sommer-Einsamkeit in Tennstedt gewidmet hatte und einen Aufsatz, überschrieben: Neu-Deutsche[276] religios-patriotische Kunst. Ich wünsche daß er gerecht, ja billig gefunden werden möge. Die Liebhaber, welche die ältern Kunstwerke retten und sammeln, werden höchlich gepriesen, den Künstlern, die jene alte Art wieder hervorsuchen, wird ein Spiegel vorgehalten, den wir recht hübsch plan zu schleifen und gut zu poliren gesucht haben. Ob von Ihren Besitzungen zu reden Platz bleibe, ob und was davon zu sagen? darüber läßt sich noch conferiren. Mögen Sie mir etwas über den Straßburger Münster mittheilen, so soll es mir sehr willkommen seyn. Viele Grüße dem wackern Gesellen.

Abgegangen

Weimar d. 16. December 1816.

Goethe.


27/7588.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

vermelde hiedurch, daß der 13. und 14. Band meiner Werke, supplirt und revidirt, mit der fahrenden Post an Dieselben abgeht. Der 15. und 16. wird gleichfalls zu Anfang des nächsten Jahres folgen, und so die vier ersten Lieferungen in Ihren Händen seyn.

Den Betrag der dritten mit 3000 rh. erhebe von Herrn Frege und ersuche Ew. Wohlgeb. mir zu Neujahr die Rechnung von 1815 und 1816 im Zusammenhang aus Ihren Büchern copiren zu lassen.

[277] Die einzelnen auf kleine Blätter geschriebenen Rechnungen habe nicht mehr vollständig beysammen und wünschte doch einmal das Ganze mit meinen Papieren vergleichen zu können.

Die ersten Bogen des 2. Rhein- und Maynhefts erhielt ich zur Revision, da die Sache nun einmal im Gang und das Manuscript beysammen ist, so wird es nun hoffentlich rasch gehen. Die Umschläge werden schon gedruckt, das Kupfer gestochen, so daß wir bey Zeiten damit hervortreten können.

Zufälliger Weise konnte ich Herrn Gubitz eine Gefälligkeit erweisen, daß er zu der Ausgabe des Divans mit Holzschnitten gewiß das Seinige beytragen würde. Nun entstehen aber mancherley Fragen, welche zu beherzigen sind, eh man an's Werk schreitet.

Erstlich, könnte es wohl Ihre Convenienz seyn, daß jene geschmückte Ausgabe in Berlin gedruckt würde? weil die größte Sorgfalt dazu gehört, die neue Art der Holzschnitte, wo öfters schwarze Flächen vorkommen, abzudrucken, wozu wir die Einrichtung und Fertigkeit nicht haben.

Zweytens, sollte man, da jener Band theuer werden wird, nicht auch zugleich eine wohlfeilere Ausgabe, die in Jena gedruckt werden könnte, vorbereiten? Da die Sammlung fertig liegt, so könnte das in Zeiten geschehn, wenn die Jenaischen Pressen unbeschäftigt wären. Worüber ich mir Ihre Gedanken erbitte, um das Weitere zu überlegen und vorzubereiten.

[278] Sie haben eine wohlfeile Ausgabe meiner Gedichte, wie ich sehe, veranstaltet; wollen Sie mir ein Dutzend Exemplare davon zukommen lassen, um solche Freunden und Freundinnen zum neuen Jahr auf's Clavier zu legen?

Bey der neuen schnellen Regierungsveränderung hab ich sogleich an Ew. Wohlgeb. gedacht und den Wunsch und die Hoffnung gehegt, daß für Sie manches Gute daraus entspringen dürfte.

Könnte man von den fossilen Knochen, welche den Tod Sr. Majestät veranlaßt haben, einige Exemplare erhalten? sie wären mir um deswegen merkwürdig, weil wir dieselbigen auch hier in der Nähe finden, gerade wie sie der Aufsatz im Morgenblatt bezeichnet. Eine Vergleichung wäre wünschenswerth. Wahrscheinlich könnte man auch erfahren wieviel höher Cannstadt als Mannheim liegt? weil man dadurch genau die Höhe bezeichnen könnte auf welcher die Wasser im Elsaß zu jener Zeit gestanden.

Mit den aufrichtigsten Wünschen

ergebenst

Weimar den 16. December 1816.

Goethe.


27/7589.


An Johann Georg Lenz

Ich wünschte eine recht genaue Nachricht von der Auffindung unseres Cölestins, dessen Vorkommen,[279] Kennzeichen und Abänderungen. Der Aufsatz soll auf Serenissimi Befehl an den Erzherzog Johann gesendet werden, machen Ew. Wohlgebohren deshalb denselben recht stattlich und gelehrt.

Weimar d. 22. December 1816.

Goethe.


27/7590.


An Johann Heinrich Meyer

Wollen Sie nun, theurer Freund, nach Maaßgabe der Birnsteinischen Zierrathen, innerhalb der vier Puncte proportionirte Züge einzeichnen lassen. Die Spitzentriangel in den Rähmchen wünscht ich in abgestumpfte verwandelt wie auch meine Skizze andeutet, damit etwas hineingeschrieben werden kann. Lassen Sie übrigens die Rähmchen ganz leer, bis wir weiter darüber gesprochen haben. Vielleicht seh ich Sie heute Abend bey mir.

Weimar d. 22. December 1816.

G.


27/7591.


An August Tilly

[Concept.]

[23. December 1816.]

Ew. Wohlgeb.

fortgesetztes Vertrauen erkenne mit vielem Dank, obgleich die Lage unseres Theaters noch immer dieselbige bleibt und ich noch keine Aussicht habe das talentvolle[280] Frauenzimmer anzustellen. Hierüber trage um so mehr Leid als ich von einem einsichtigen Freunde, welcher sie in den Verwandtschaften spielen sehen, das beste Zeugniß von ihr empfangen habe.

Herr Hofrath Küstner besuchte mich neulich und als auf die neue Einrichtung seines Theaters die Rede kam, wollt ich ihm eben Dlle Tilly empfehlen, von der ich so viel Gutes gehört hatte. Weil es aber immer bedenklich ist, sich in fremde Angelegenheiten zu mischen, so unterließ ich es. Jetzt aber da Sie mir selbst melden daß Sie mit Leipzig in einige Verbindung gekommen, so werde, wenn es verlangt wird, was mir über Dlle Tilly mitgetheilt worden, sehr gerne an die Leipziger Theater-Direction gelangen lassen. Bey dieser neubelebten Anstalt sollte, wie mich dünkt, gute Gelegenheit seyn für eine junge Schauspielerin, sich zu bilden, wo sie gleich in die Rollen käme die ihr convenirten und Übung ist doch eigentlich bey'm Theater die Hauptsache. An Anleitung würde es ihr auch nicht fehlen, da Herr Hofrath Küstner als ein Theaterkenner bekannt ist, der sich selbst practisch geübt hat.

Soviel kann ich sagen um meinen guten Willen zu zeigen, den ich, wenn es die Umstände zuließen, gern reeller bethätigen würde.

Ihnen beyderseits das Beste wünschend empfehle mich zu geneigtem Andenken.

Weimar d. 21. December 1816.[281]


27/7592.


An Johann Heinrich Meyer

Mit Bitte auf der letzten leeren Seite das Oval anzudeuten, in welches die Hände kommen sollen. Wird man es gerade in die Mitte setzen? alsdann könnte oben und unten noch eine orientalische Zierrath angebracht werden.

d. 23. December 16.

G.


27/7593.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

zu dem heutigen sonnenhellen Festtage meine herzlichsten Wünsche freudig darbringend, melde eine nicht ganz unerfreuliche Nachricht. Man schreibt mir nämlich aus Frankfurt, daß man dort geneigt sey das Jenaische Ober-Apellationsgericht gleichfalls als höchste Instanz anzuerkennen. Man wünscht von mir zu hören, wie man diesen Gedanken hier ansehe.

Ist Ew. Excellenz hievon etwas bekannt geworden und was antwortete man wohl? Der Vorschlag ist ehrenvoll, ja, wenn er auch nicht durchginge, ist immer schon die ausgesprochene Möglichkeit alles Dankes werth.

Daß man von dort aus die übrigen freyen Städte auch zu dieser Vereinigung einladen werde, meldet man mir gleichfalls.

[282] Ich wünschte halbmöglichst zu antworten, weil in einer Sitzung am 28. dieses die Sache zur Sprache kommen wird.

Mit herzlichster Begrüßung

Weimar d. 23. December 1816.

Goethe.


27/7594.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeb.

haben der ganzen wissenschaftlichen Welt und mir besonders durch Ihre akademische Rede ein großes Geschenk gemacht, auch mein gnädigster Herr, der Großherzog liest solche mit Aufmerksamkeit und dankt bestens für die Mittheilung. Ich habe diese Darstellung benutzt um mich daran zu prüfen und so auf einmal eingesehen was ich wußte, was ich vergessen und was noch zu lernen sey. Möge es Ihnen an der neuen Stelle recht wohl gehen, da sie Ihnen Gelegenheit giebt in solchem Grade wirksam zu seyn.

Zugleich hat es mir viel Freude gemacht zu sehen, daß Ew. Hochwohlgeb. auf diejenigen Stellen dieser Wissenschaft hindeuten, wo bedeutende Mängel unter der Hülle des Vorurtheils eine ehrenhafte Rolle spielen. Daß Sie des braven und einsichtigen Charpentiers gedenken, und zwar so ehrenvoll, war mir höchst erwünscht, denn aus seinem zurückgeschobenen Büchlein muß unserer Ganglehre, die gar sehr im Argen liegt, früh oder spät ein Heil hervorgehen. Möge es Ihnen,[283] trefflicher Mann, gelingen den Eckstein, den die Bauleute verworfen, an der rechten Stelle zu grün den.

Zur Lehre: von Verrückung der Gänge, die noch lange Problem bleiben wird, habe die instructivsten Musterstücke im Kleinen zusammengebracht. Die Exemplare sind nur handgroß, sprechen aber das Factum auf das allerdeutlichste aus. Sehen und schauen kann man hier bequem, aber was soll man denken und sagen?

Soviel für dießmal.

Indem ich dieses Blatt nochmals durchsehe, muß ich bemerken, daß ein Wort von der herrlichen Darstellung wovon Ihre Rede recht musterhaft glänzt, gesagt ist. Sie wird von allen Lesern bewundert und so will ich auch nur dieses Wenige, das sich schon von selbst versteht, über die Form Ihrer so gehaltreichen Rede hinzugefügt haben.

Mir fortdauernde Mittheilung und Belehrung erbittend

gehorsamst

Weimar d. 24. December 1816.

Goethe


27/7595.


An Sulpiz Boisserée

Ich eile zu verkünden, daß die Rolle, zu meinem größten Vergnügen, angelangt ist. Nichts natürlicher als daß in Gegenwart des Gemäldes eine solche Nachbildung nicht völlig genug thut, wieviel ist es aber[284] nicht in der Ferne! und besonders hier, wo so wenig Anregungen des Kunstsinnes obwalten.

Höchst merkwürdig ist die scheinbare Vergrößerung des Umrisses nach Hemmling. Das Bild, in der Erinnerung steht mir wenigstens ein Drittel kleiner. Solche Täuschungen haben gewiß einen optischen Grund, der sich wohl nachweisen ließe.

Der Druck des 4. Bogens vom Rhein und Mayn ist in Bewegung dießmal wird von Ihrer Sammlung nichts weiter ausgeführt, aber erwähnen muß ich derselben. Legen Sie mir in den Mund, was ich von den bisherigen Negociationen sagen soll. Städel in Frankfurt ist nun gestorben und hinterläßt ein ungeheures Vermögen. Ich wüßte wohl, wenn ich mitzureden hätte, wofür ich einen Theil davon verwenden würde. Sagen Sie mir doch irgend ein Wort, wenn Sie etwas von Erfüllung der frommen Wünsche des ersten Heftes vernommen haben. Auch versäumen Sie nicht mir über Hütten-Anstalten des Straßburger Münsters das Zugesagte mitzutheilen.

Soviel für dießmal, damit der Brief nicht liegen bleibe.

Die herzlichsten Wünsche zum neuen Jahr!

Weimar d. 24. December 1816.

G.


Nachschrift. Beyliegende Bogen sind vielleicht schon mit der Nemesis zu Ihnen gekommen. Die Erscheinung ist mir aber gar zu lieb und werth, als daß ich sie[285] nicht mittheilen sollte. Sie verdient wiederholt gelesen und beherzigt zu werden. Das ist auch einmal wieder ein junger Mann der einen über die alten Narren, Pedanten und Schelme tröstet!


27/7596.


An Friedrich Wilhelm Gubitz

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

erhalten hiebey das versprochene kleine Gedicht auf drey Seiten vertheilt; auf der 4. Seite eine Vignette angedeutet, davon deutlichere Ausführung beyliegt. Ob es räthlich sey mit einer kleinen Einfassung die Seiten zu verzieren, wird Ihr geprüfter Geschmack entscheiden, auch auf welche Weise. Die Gedichte sind zwar orientalischer Sippschaft, gehören aber eigentlich der ganzen Welt an und es möchte nicht einmal räthlich seyn an jene immer etwas wunderliche Bücherverzierungen zu erinnern. Nehmen Sie einstweilen damit vorlieb bis sich etwa Raum und Gelegenheit findet, daß ich zu Ihren übrigen Zwecken beytragen kann. Es lastet gegenwärtig so viel auf mir, daß ich nicht weiß wie Kräfte und Zeit einzutheilen seyn möchten. Leben Sie recht wohl und gedenken meiner freundlich. Für die Mittheilung der meisterhaften Vignetten danke zum allerschönsten.

Weimar d. 26. December 1816.[286]


27/7597.


An Carl Friedrich Zelter

Weimar d. 26. December 1816.

Deinen werthen mit meinen Vorschlägen übereinstimmenden Brief habe erhalten, vorerst aber zu meinen übrigen Papieren gelegt, denn wie ich weiter eingreifen kann seh ich nicht klar. Wären wir beysammen, dann würde es sich geschwinder ergeben. Nun aber lastet die Witterung zugleich mit einer Menge Einzelheiten auf mir, daß ich, wenn ich mir auch ein glücklicheres Jahr denke als das vorige, nicht weiß wie ich fertig werden will.

Doch kommt zu solchen Dingen manchmal ein ganz unvermutheter Anstoß, darauf wollen wir hoffen und vertrauen. Siehst du Herrn Director Schadow, so sag ihm daß mir seine Sendung viel Freude gemacht hat. Herrn Gubitz schick ich eine Kleinigkeit, aus der er aber etwas machen kann.

Möge es dir wohlergehn! mich quält ein Katarrh seit vier Wochen, so daß ich dazwischen, weil doch manches gethan seyn muß, nur eine fieberhafte Thätigkeit ausüben kann. Das 2. Rhein- und Maynheft ist im Druck und schiebt mich mehr fort als daß ich es schiebe.

Das beste Lebewohl!

G.[287]


27/7598.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

vermeide hiermit, daß Serenissimus Einen von den beyden Tischen des Harzer Übergangsgesteins herüber nach Weimar befehlen. Existirt der Kasten noch, worin sie angekommen, so ersuche, die Platte sorgfältig darin zu packen, auf jeden Fall aber mir solche, wohlverwahrt, durch einen Boten auf der Trage herüber zu senden. Accordiren Sie mit demselben und geben es ihm schriftlich, damit ich für die Bezahlung, sorgen kann.

Die Nachricht von den schönen Acquisitionen dieses Jahrs versäume nicht Höchsten Orts vorzulegen und wünsche nichts mehr, als daß Ihnen in dieser neuen Epoche etwas Angenehmes begegnen möge.

Gedenken Sie mein in dem neuen Jahre wie bisher.

ergebenst

Weimar d. 26. December 1816.

Goethe.


27/7599.


An Johann Friedrich Rochlitz

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

neuste gefällige Gabe hat mich gleich von außen durch den schönen Einband erfreut, daß ich mir wohl einen so solchen Künstler in die Nähe gewünscht hätte. Nun[288] finde ich mich aber in dem Falle unserer verehrten Großherzogin zum 30. Januar 1817, als Ihrem Geburtstag die herausgekommenen acht Bände meiner Werke zu verehren. Ich nehme mir daher die Freyheit mit der fahrenden Post dieselben an Ew. Wohlgeb. abzusenden mit dem freundlichsten Ersuchen, diese in acht besondere Bände auf das zierlichste, wo nicht auf das prächtigste binden und mir solche vor gedachtem Termin wohlgepackt übersenden zu lassen.

In Hoffnung etwas Angenehmes dagegen erzeigen zu können empfehle mich bestens auch im nächsten Jahr zu geneigter Theilnahme.

Weimar d. 27. December 1816.


27/7600.


An Johann Gottfried Schadow

Ew. Wohlgeb.

erfreuliche Sendung kam genau zur rechten Zeit, so daß mein Sohn auf eine heitere Weise mir solche, mit andern Freundesgaben, zum Christgeschenk vorlegen konnte. Nehmen Sie meinen aufrichtigsten Dank für dieses so wohlgerathene Werk und für die Bemühung, die Sie sich im Kleinen gaben, da Sie im Großen soviel zu thun haben. Bey einer Medaillen-Sammlung wie die meinige, die sich von einigen hundert Jahren herschreibt, ist es immer eine angenehme Empfindung wenn der Besitzer sein Bildniß auch mit[289] anfügen kann, und zu diesem Zwecke sind die Erzgüsse höchst schätzenswerth, und doppelt sind sie es, weil Ew. Wohlgeb. Kunst und Geschmack hier so freundlich mitgewirkt hat.

Da aber die eigentlichen Vorzüge der Arbeit im Wachs freylich deutlicher in die Augen fallen: so wollte Ew. Wohlgeb. ersuchen mir von dem Porträt einige Wachsgüsse zu verschaffen, und zwar in Rahmen und unter Glas; dergleichen Einfassungen werden in Berlin sehr sauber gemacht, wie ich an Porträten des geschickten. . . öfters gesehen habe. Die Auslagen bitte mir gefällig zu notiren damit ich nicht gar zu tief in Schuld gerathe. Herrn Hofrath Hirt danken Sie schönstens für das glückliche Motto. Da ich selbst Freunden, Münz- und Kunst-Lustigen dieses Rund anzubieten gedenke so war ein naives Wort der Art sehr wünschenswerth.

Für Ihren früheren Brief vom 12. November a. c. danke auf's verbindlichste; es war mir höchst merkwürdig zu sehen, mit welchen Gegenständen sich die Künstler abgeben, und daß doch noch manches Vernünftige darunter ist, der Unsinn nach Dante ist mir auch willkommen, denn man wird nun nach und nach einsehen lernen, wohin uns falsche Wege führen.

In meinem zweyten Rhein- und Maynheft, welches sich auch wohl bis an die Donau und Spree, ja in alle Fluß-Regionen Deutschlands begeben möchte,[290] wünschte etwas über das Blücherische Monument zu sagen. Mögen Sie mir anzeigen wie weit das Geschäft gediehen ist, und was Sie davon öffentlich ausgesprochen wünschen.

Von Breslau aus hat man auch bey mir, wegen eines ähnlichen Monumentes angefragt; ich habe die Freunde an Ew. Wohlgeb. gewiesen. Ist wohl etwas deshalb an Sie gelangt?

Einen Abguß von der Medaille den Michel Angelo vorstellend erhalten Dieselben sogleich wenn ein geschickter Gypsgießer vorhanden ist, der uns seit Weisers unglücklichem Tod völlig abgeht.

Kann ich zu dem dießjährigen Künstlerfest nichts leisten, so schick ich künftig etwas.

Mich vielmals dankbar empfehlend.

ergebenst

Weimar d. 27. December 1816.

Goethe.


27/7901


An Maximilian Heinrich Fuchs

Ew. Wohlgeb.

danke für die angewandte Bemühung und die gegebene Nachricht. Was das Blumengemälde der Hofmannischen Erben betrifft, so bin ich nicht abgeneigt solches anzuschaffen; denn wenn es auch nur eine Copie ist, so deutet Ihre Zeichnung doch auf ein gutes zum Grunde liegendes Original. Glauben daher Ew.

[291] Wohlgeb. daß es sich zu meinen Zwecken eignet, daß nämlich blumenliebende Kunstjünger daran etwas Bedeutendes lernen können, so senden Sie mir solches in ein Kistchen wohlgepackt, und außerdem noch in Stroh emballirt, mit dem Postwagen, eine Assignation auf Carolin soll sogleich erfolgen. Das beste wünschend

W. d. 28. Dez. 1816.

Goethe.


27/7602.


An Heinrich Rittner

[Concept.]

[28. December 1816.]

Der treffliche Müllerische Kupferstich nach der Raphaelischen Madonne ist mir zu Gesicht gekommen und hat mir großes Vergnügen erweckt. Nun wünsche ich ein Exemplar selbst zu besitzen, und zwar ein vorzügliches, wie ich denn die Auswahl Ihrer eignen Einsicht und Fürsorge für mich überlasse. Den Betrag bitte mir anzuzeigen, welchen sogleich in Dresden anweisen werde. Sorgfältiges Packen darf ich nicht empfehlen. Die Absicht der Weimarischen Kunstfreunde ist in dem zweyten Heft von Kunst und Alterthum des gedachten Kunstwerks nach Würden zu gedenken, wozu es einer fortgesetzten Beschauung und Überlegung bedarf.[292]


27/7603.


An Julius Adolph Völkel

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

erlauben, daß ich durch Gegenwärtiges Dieselben in einer kleinen Angelegenheit um Vermittlung anspreche.

Auf Ihro Kaiserl. Hoheit, der Frau Erbgroßherzogin Befehl ward zu Anfang des Jahres 1813 ein astronomisches Instrument bey dem Hof-Mechanikus Körner bestellt, auch demselben deshalb, zu Ostern desselben Jahrs, von Töplitz aus, ein Vorschuß von 400 rh. gnädigst zugestanden, welche aus der Jenaischen Museums-Casse bezahlt wurden. Gar mancherley äußere und innere Hindernisse haben die Beendigung dieser Arbeit aufgehalten, welche jedoch, da Körner nunmehr nach Jena zieht, und alles bis auf Poliren und Zusammenstellen fertig ist, unter Beyrath des Herrn Professor von Münchow nächstens bewirkt werden soll. Da nun die neue Einrichtung dieses Jahres manchen Aufwand erfordert, auch durch Ankäufe, Baue und Anschaffungen unsere Casse ziemlich angegriffen worden, so würde Ew. Wohlgeb. mir eine besondere Gefälligkeit erzeigen wenn Sie die Restitution jener 400 rh. gefällig bewirken wollten, wobey ich bemerke, daß die durch mancherley Zufälligkeiten dem Hof-Mechanikus Körner bey diesem Geschäft zugewachsene mehrere Arbeiten und Auslagen von der Museums-Casse getragen werden, so daß Ihro Kaiserl.[293] Hoheit außer jenen ersten zugestandenen 400 rh. keineswegs ein weiteres angesonnen werden kann. Ich nehme mir um so mehr diese Freyheit als Ihro Kaiserl. Hoheit dieser Angelegenheit neulich gnädigst gedacht und mich zu einer nähern Erörterung der Sache gleichsam aufgefordert haben.

W. d. 28. Dez. 1816.

G.


27/7604.


An Johann Isaak von Gerning

Durch Ihren ausführlichen Brief haben Sie mich endlich einmal wieder, mein theuerster Freund, gar sehr erfreut indem Sie mich mitten in Frankfurt versetzten. Nehmen Sie dafür den allerschönsten Dank und bringen mich bey den Liebegesinnten durchaus in Erinnerung.

Haben Sie Sich nicht bey Aufzeichnung der Städelschen Verlassenschaft um eine Null verschrieben, so ist es wirklich zum Erstaunen; man sieht was man den Frankfurter Käuzen zutrauen kann. Sagen Sie mir von Zeit zu Zeit, was man für Anstalten trifft, auch was sonst Gutes in Frankfurt vorgeht, damit ich dessen im zweyten Heft gedenken könne, so wie Ihres kostbaren Geflügels.

Könnte ich erfahren ob schon etwas von den Brasilianischen Producten nach Neuwied gekommen, so würde mir es angenehm seyn.

[294] Der Gedanke, wegen unseres Appellations-Gerichtes macht dieser Anstalt besondere Ehre, ich zweifle aber auch nicht daß sie es verdienen werde. Wenn die zur Souverainität gelangten kleinen Fürsten sich anschließen wollten, würden sie wahrscheinlich angenehm seyn, auch der Beytritt der freyen Stadt Frankfurt beiden Theilen ersprießlich, nicht so was die nordischen Städte betrifft. Der Zustand derselben und das rechtliche Interesse was daraus hervorgehen muß, ist allzuweit von dem unsrigen entfernt. Auch möchte das Gleichgewicht im Innern durch so große hinzutretende Massen gestört werden, da die Anstalt nach ihrer jetzigen Einrichtung eine sehr schöne Proportion hat. Geben Sie mir nähere Nachricht von irgend einem Erfolg.

Die wiederkehrende Sonne bringt schon mehr Heiterkeit in unsere nördlichen Gauen, was diesen Sommer aus mir werden wird weiß ich noch nicht zu sagen. Wollen Sie indessen, bis ich die frischen Früchte wieder mit Ihnen genieße, etwas getrocknete, wohl eingepackt, auf der fahrenden Post unfrankirt mir übersenden, so wird diese Gabe meinem kleinen Haushalt sehr willkommen seyn.

Hiebey erhalten Sie unsern Staats-Calender, mit dem Ersuchenden Frankfurter neusten, sobald er erscheint, mir gefällig dagegen zu senden.

Glück und Behagen zum neuen Jahr

Weimar d. 29. December 1816.

Goethe.[295]


27/7605.


An Johann Jacob von Willemer

Das Christkindchen hat dieses Jahr, man muß es gestehen, sich sehr liebenswürdig erwiesen, doch kann es eine gewisse Tücke nicht lassen, denn ob es gleich herkömmlich ist, daß man des Papsts Pantoffel küsse, weil ein Kreuz drauf, wohl auch daß man die Füße der Geliebtesten liebkose, um anzudeuten, daß man sich dem Willen ganz hingiebt, der sich uns ergeben hat; so ist es doch unerhört, daß man eine würdige Person durch magische Zeichen nöthige die Hülle seines eigenen Fußes zu verehren, wozu moralisch und so physisch gar wunderbare Gebärden nöthig wären.

Mit allem dem aber sind Geschenkte der Götter, wenn sie auch, wie immer, etwas Problematisches mit sich führen, alles Dankes und aller Freude werth, wie denn ja durch das begleitende Süße alles etwa Bedenkliche aufgehoben wird.

Die hinzugefügten kleinen eingewickelten Gestalten bringen in die Einsiedler-Hütte eine wundersame Bewegung. Diese kleine Figuren thun manchmal die Wirkung Congrevscher Raketen und ich fürchte sehr die Zeitungen werden ehstens von entzündeten Burgen einige Nachricht geben.

Ähnliche magische Wirkung läßt sich denn auch bey dem Anblick des so unschuldig scheinenden Landsitzes spüren, denn das Blättchen hat völlig die Art[296] der Klapperschlange, man sieht es immer lieber an, je gefährlicher es anzieht.

Hieraus ist denn abermals deutlich, daß nichts schön, gut und erfreulich seyn kann, ohne gewissermaßen bedenklich zu seyn, wir aber wollen die Nutzanwendung daraus ziehen, daß der Gedanke, er mag denken oder bedenken, dem Genuß so sehr zu Statten kommt, den er nicht stört, als der Genuß dem Gedanken, wenn er ihn auch auf kurze Zeit stören sollte.

Und um nicht ganz amphigurisch zu schließen, setze ich Folgendes hinzu. Um das Porträtiren mag es freylich eine bedenkliche Sache seyn, da es sogar dem heiligen Lucas nicht gelungen seyn soll. Ob man der Bemühung eines orientalischen Wortschilderers ein besseres Zeugniß geben wird, steht zu erwarten. Hievon zunächst einige Proben. Heute nur den herzlichsten Danck!

Freude und Liebe ins neue Jahr hinüber.

W. d. 31. December 1816.

G.


27/7606.


An Johann Isaak von Gerning

Mein Letztes, welches unsern Staats-Calender begleitete, wird nunmehr in Ihren Händen seyn. Ich habe darin wegen des bekannten Antrags einige Bedenklichkeiten geäußert, da es aber im Anfange einer[297] Negociation immer besser ist, derselben nicht sogleich zu erwähnen, sondern abzuwarten ob sie sich in der Folge von selbst zeigen; so sende hiebeyliegend ein Blatt, welches vorerst keiner Schwierigkeiten gedenkt, sondern das Acceptabele im Allgemeinen ausspricht und Ihnen daher, bey irgend einer Einleitung wohl gute Dienste thun kann.

Das Weitere erwartend empfehle mich zum allerschönsten

Weimar d. 31. December 1816.

G.


[Beilage.]

Die an mich gebrachte gütige Anfrage kann zwar von mir nicht direct zur Sprache gebracht werden, aber ihr Gegenstand ist für beide Theile wichtig und sehr bedeutend.

Daß das auf dem 7. Januar 1817 zu eröffnende Jenaische Ober-Appellations-Gericht der Sachsen-Ernestinischen und der Fürstlich Reußischen Häuser durch Erweiterung seines Sprengels und durch Anstellung noch eines oder mehrerer trefflichen Rechtsgelehrten in Ansehen und Zutrauen und selbst die Universitätsstadt Jena an Celebrität und Zugang gewinnen werde, ist nicht zu zweifeln. Es wird daher über die Aufnahme mehrerer deutschen Bundes-Staaten in dieses Gericht vorzüglich bey dem Großherzoglich Weimarischen Hofe kein Bedenken vorwalten können.

Von der andern Seite würde eine solche Combination[298] gewiß ein weiser Entschluß seyn. Die freyen Städte Deutschlands haben immerfort bey den Jenaischen Dikasterien Rechtssprüche einholen lassen und dadurch ihr Zutrauen beurkundet. Dieses würde dadurch noch erhöht werden, wenn die freyen Städte eigne Beysitzer zu diesem Gericht anstellen dürften, ja nicht ohne Aussicht bleiben in der Folge vielleicht selbst die Präsidentenstelle zu besetzen.

Vornehmlich würden die vaterländischen liberalen Gesinnungen des Großherzogs einem Gericht, was er hauptsächlich errichtet und beschützt, das verdienteste Zutrauen zuziehen können. Ja es wird gleichsam ein Mittelpunct für Recht und Gerechtigkeit dadurch in Deutschland entstehen und benutzt werden können.

Weimar d. 31. December 1816.

J. W. v. Goethe.


27/7607.


An Christian Gottlob Voigt

[October 1816?]

Ew. Excellenz

lebhafte Opposition gegen den zweyten Punct jenes Aufsatzes ist mir höchst interessant. Die Papiere mögen liegen bis ich gelegentlich die Sache nochmals mit Ihnen durchgesprochen habe. Ich leugne nicht daß ich von meiner Seite die absolute Aufhebung aller Anonymität in Druckschriften für die größte Wohlthat halte die man einer Nation besonders[299] der deutschen in ihrer jetzigen Lage erweisen könnte. Das Weitere mündlich.

Mich bestens empfehlend

G.


27/7608.


An Christian Gottlob Voigt

[November 1816?]

Was soll ich zu dem Zurückkommenden sagen? als daß bey soviel Preßfreyheit uns doch auch die Nicht-Lesefreyheit bleiben müße.

Den lieben jungen Mann wünsche oft zu sehen.

G.


27/7609.


An den Großherzog Carl August

[Ende December 1816?]

[Concept.]

Das Kästchen an Erzherzog Johann ist auf dem Wege, mit einem instructiven Blatt von Lenzens Weisheit.

Die geologische Sammlung aus dem Großherzogthum Baden ist sehr willkommen zu einstweiliger Aufklärung der mitgebrachten Charte. Man hat noch einige fehlende Mineralien aus der Nähe von Baden von dem sendenden Freunde verlangt.

Professor Döbereiner wird von der Explosion, die so glücklich an ihm vorübergegangen, selbst referirt und den Wunsch geäußert haben, die Versuche im[300] Kleinen fortzusetzen. Wir kommen freylich der Natur öfters auf ihre Geheimnisse, bis wir sie aber zu unsern Zwecken benutzen, muß gar manches geschehen.

Die schönen und harten Kiesel sind, wie die Lage von Liebstedt zeigt, in der uralten Unstrutregion, gleichsam wie in einer Mermelmühle abgestumpft und rundgewaschen worden. Es sind die härtesten Theile der Urgebirge, von denen sich früher gar manche Ströme und jetzt noch manche Bäche in das weite Thal ergießen. Auch bey Tennstedt hab ich große Blöcke der entschiedensten Urgebirgsarten gefunden.


27/7610.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. K. H. genehmigen eine wohlgemeinte Sendung begleitet von den aufrichtigsten Wünschen.

Wenn man einem jedem Autor gerne zugesteht, daß er auf seine Arbeiten einigen Werth legen dürfe, so wird mir das besonders gute Geschick daß ich beyliegenden Bänden eine besondere Werthschätzung zu widmen habe. Einigen bin ich das Glück schuldig Ew. K. H. anzugehören, die andern wären ohne Höchstderoselben fortdauernde Huld, Gnade und Nachsicht niemals zu Stande gekommen. Wenn sie nun also gegenwärtig zu ihrem Ursprung zurückkehren darf[301] ich ihnen eine gute Aufnahme versprechen sowie den folgenden, deren Ende ich noch nicht absehe und mich nur in der Hoffnung erfreue Höchstdenenselben von Zeit zu Zeit etwas Unterhaltendes und Gefälliges zum Zeichen meiner unverbrüchlichen Anhänglichkeit überreichen zu dürfen.

Weimar d. 1. Jan. 1817.


27/7611.


An Carl Friedrich Zelter

Die Neujahrsbilder sind am Sylvestertage glücklich angekommen und konnten daher am Abend, so wie am andern Morgen, dem geselligen Scherz hülfreiche Hand leisten. Sie sind artig genug; man muß denken, daß sie nicht für uns, sondern für das junge verliebte Volk erfunden und gestempelt sind.

Eben mit dem Neuen-Jahr erklärt sich die Heyrath meines Sohnes mit der ältern Fräulein von Pogwisch; es ist der Wille der beiden jungen Leute, gegen den ich nichts einzuwenden habe. Hof und Stadt billigt die Verbindung welche recht hübsche gesellige Verhältnisse begründet.

Zugleich muß ich dir die wichtige Neuigkeit melden, daß die beiden letzten Strophen jener widerspenstigen Ballade: die Kinder sie hören es gerne, glücklich angelangt sind. Das Gebet des Paria dagegen hat noch nicht pariren wollen.

[302] Herrn Director Schadow, der mir durch die Medaille sehr viel Vergnügen gemacht hat, hab ich ein Lied zum Künstlerfeste geschickt; möge es dazu beytragen den düstern Geist der durch unsere Kunsthallen schleicht endlich verbannen zu helfen. Er überbietet freylich schon sich selbst und allernächst werden die Bekenner und Beförderer mit Schrecken spüren daß sie sich auch mercantilisch verrechnet haben.

Lebe recht wohl! und versäume nicht von Zeit zu Zeit deine Schwanen- und Trappenfeder für mich in Bewegung zu setzen.

Weimar den 1. Jan. 1817.

G.


27/7612.


An Carl Ludwig von Knebel

Deinem lieben ausführlichen Brief kann ich nur in kurzer Erwiderung heute begegnen. Zum neuen Jahre geht es etwas bunt um mich her. Die Nachricht, daß mein Sohn die ältere Fräulein von Pogwisch heirathet, wird schon zu dir gelangt seyn. Es ist der Wille der beiden jungen Leute, die schon längst einander wohlwollten. Ich hatte mir schon früher erwartet, daß es ernstlicher werden müßte, und jetzt ist es gerade die schicklichste Zeit. Jedermann übersieht leicht, daß durch diese Verbindung gar manche gute und angenehme Verhältnisse angeknüpft[303] werden. Hof und Stadt scheinen zufrieden und so mag es denn gewagt sein.

Daß es dir wohlgeht, meldet mir dein Brief; auch Ziegesar erzählte mir das Heiterste. Grüße die lieben Deinigen, habe Dank für das Nürnbergische Gebackne und gedenke mein.

Weimar d. 2. Jänner 1817.

G.


27/7613.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Indem bey der immer bedeutenden Epoche des Jahreswechsels mich in dem Fall befinde Ew. Königlichen Hoheit die mir gnädigst geliehene Blätter dankbar zurück zu senden; so fordert mich der Inhalt derselben zu einiger Betrachtung auf. Es ist darin von einer wichtigen, frommen, belebten und allgemein geförderten Angelegenheit die Rede.

Möge Ew. Königl. Hoheit Höchstem Haufe ein gleiches Schicksal bevorstehen und das durch Persönlichkeit und Besitz so wohl Gegründete immerfort zunehmen, wachsen und gedeihen, und zwar unter den Augen dererjenigen die, durch Thun und Ausharren, die eigentlichen Schöpfer und Erhalter des Ganzen sind.

Der ich mich und die Meinigen zu fortdauernder Huld und Gnade empfehle.

Weimar den 2. Januar 1817.[304]


[Beilage.]

Die Geschichte der Bibel-Societät ist ein Werk einzig in seiner Art. Die Größe des Gegenstandes, die Möglichkeit solchen zu vermannigfaltigen, zu vervielfältigen, mitzutheilen; ein durch mehrere tausend Jahre vorbereitetes und genährtes Interesse, das nun auf einmal die ganze Welt entzündet, daher eine sonst nie denkbare Übereinstimmung so vieler gleichüberzeugten Handelnden. Die kleinen Anfänge, die großen Fortschritte, die besiegten Hindernisse, die geringsten wie die höchsten Mittel: Geist, Vorurtheil, Armuth, Reichthum, alles muß einem Zwecke dienen, der unendlich ist, und eine Wirkung ausüben und vorbereiten die sich nicht berechnen läßt. Das Werk hat mich diese Tage her ganz absorbirt. Des trefflichen Buchanans geschieht auch in allen Ehren Erwähnung.

Mir ist der Gedanke beygegangen: ob man nicht suchen solle zur Büttnerischen Bibliothek, die auf solche Sprachseltenheiten fundirt ist, einige der merkwürdigsten Übersetzungen in Sprachen die von uns abliegen zu erhalten, ich will deshalb einen Auszug machen und die Bibel-Gesellschaft wird gegen eine billige Restitution nicht abgeneigt seyn.[305]


27/7614.


An Ottilie Gräfin von Henckel-Donnersmarck

[Concept.]

Ew. Excellenz

in gegenwärtiger alle Wunsche aufregender Epoche persönlich aufzuwarten, wäre mir Pflicht und Freude; ich will es aber doch lieber schriftlich thun, weniger im Gefühl meiner katarrhalischen Gebrechen, als in der Beruhigung daß gewisse Fälle recht geeignet sind, in schriftlichen Worten eine treue Aufbewahrung zu finden.

Also vorerst meinen lebhaftesten Dank für das köstliche Geschenk, das Sie uns vertrauensvoll am Sylvester-Abende gewährten, und alsdann meinen sehnlichsten Wunsch, daß Ew. Excellenz lange Jahre Zeuge seyn mögen, wie wir diese Gabe zu schätzen wissen.

Mich und die Meinigen zu fortdauernder Gnade und Neigung empfehlend.

Weimar d. 2. Jänner 1817.


27/7615.


An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

Ew. Excellenz

freundliches Blatt krönte den Abend eines guten Tages, dem ich manche folgende wünsche.

Ja! ich darf es aufrichtig gestehen, daß ich in Betrachtung[306] des Glücks, das Ew. Excellenz nach so manchem Verlust und manchen trüben Stunden geworden, ich auch die stille Hoffnung hegte, daß ein guter Genius mir auch etwas ähnliches bereiten werde. Dieß ist nun erfolgt und ich darf zu meinem größten Vergnügen darauf rechnen, daß diese Verbindung jüngerer Personen mich auch den würdigen Freunden wieder näher anknüpfen werde, von denen mich ein trüber verdrossener Zustand bisher mehr als billig entfernte. Schon seh ich im Geiste mein Haus der Geselligkeit wiedergegeben und ich wünsche nichts mehr als Ew. Excellenz und die theuern Ihrigen bey mir willkommen zu heißen und zu verehren.

Weimar d. 2. Jänner 1817.


27/7616.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

Wenn Ew. Kaiserl. Hoheit bey einer frohen und hoffnungsreichen Epoche irgend etwas vorzulegen unternehmen sollte, so müßte es eigentlich heiter seyn, aus dem Leben gegriffen und in's Leben zurückführend. Davon erfolgt aber gerade das Gegentheil, denn das Beykommende ist vielleicht das Abgezogenste was Menschen-Geist und Sinn von sich selber hören kann.

Diese Blätter jedoch einzureichen bewegt mich nur die mir bekannt gewordene Gewißheit, daß Ew. Kaiserl.[307] Hoheit schon etwas davon vernommen und nicht abneigt seyen, einen Blick darauf zu werfen. Demohngeachtet konnte ich nicht unterlassen ein Blatt hinzuzufügen wodurch die Strenge eines allzuscharfen Denkers vielleicht gemildert und erheitert werden könnte.

Der ich mich, mit den aufrichtigsten lebhaften Wünschen für Höchst Ihro und der Hohen Ihrigen Wohl in treuster Anhänglichkeit unterzeichne.

Weimar d. 3. Jänner 1817.


[Beilage.]

Beyliegende kurze Darstellung der Kantischen Philosophie ist allerdings merkwürdig indem man daraus den Gang welchen dieser vorzügliche Dencker genommen, gar wohl erkennen mag. Es hat seine Lehre manchen Widerspruch erlitten und ist in der Folge auf eine bedeutende Weise supplirt, ja gesteigert worden. Daher gegenwärtige Blätter schätzenswerth sind, weil sie sich rein im Kreise des Königsbergischen Philosophen halten.

Eine Bemerkung jedoch, die mir bey Durchlesung aufgefallen, will ich nicht verschweigen. Im § 3 scheint mir ein Hauptmangel zu liegen, welcher im ganzen Laufe jener Philosophie merklich geworden. Hier werden als Hauptkräfte unseres Vorstellungsvermögens Sinnlichkeit, Verstand und Vernunft aufgeführt, die Phantasie aber vergessen, wodurch eine unheilbare Lücke entsteht. Die Phantasie ist die[308] vierte Hauptkraft unsers geistigen Wesens, sie supplirt die Sinnlichkeit, unter der Form des Gedächtnisses, sie legt dem Verstand die Welt-Anschauung vor, unter der Form der Erfahrung sie bildet oder findet Gestalten zu den Vernunftideen und belebt also die sämmtliche Menscheneinheit, welche ohne sie in öde Untüchtigkeit versinken müßte.

Wenn nun die Phantasie ihren drey Geschwisterkräften solche Dienste leistet, so wird sie dagegen durch diese lieben Verwandten erst in's Reich der Wahrheit und Wirklichkeit eingeführt. Die Sinnlichkeit reicht ihr rein umschriebene, gewisse Gestalten, der Verstand regelt ihre productive Kraft und die Vernunft giebt ihr die völlige Sicherheit, daß sie nicht mit Traumbildern spiele, sondern auf Ideen gegründet sey.

Wiederholen wir das Gesagte in mehr als einem Bezug! – Der sogenannte Menschen-Verstand ruht auf der Sinnlichkeit; wie der reine Verstand auf sich selbst und seinen Gesetzen. Die Vernunft erhebt sich über ihn ohne sich von ihm loszureißen. Die Phantasie schwebt über der Sinnlichkeit und wird von ihr angezogen; sobald sie aber oberwärts die Vernunft gewahr wird, so schließt sie sich fest an diese höchste Leiterin. Und so sehen wir denn den Kreis unserer Zustände durchaus abgeschlossen und demohngeachtet unendlich, weil immer ein Vermögen des andern bedarf und eins dem andern nachhelfen muß.

Diese Verhältnisse lassen sich auf hundertfältige[309] Weise betrachten und aussprechen – z.B: Im gemeinen Leben treibt uns die Erfahrung auf gewisse Regeln hin, dem Verstand gelingt es zu sondern, zu vertheilen und nothdürftig zusammen zu stellen und so entsteht eine Art Methode. Nun tritt die Vernunft ein, die alles zusammenfaßt, sich über alles erhebt, nichts vernachlässigt. Dazwischen aber wird unablässig die alles durchdringende, alles ausschmückende Phantasie immer reizender, jemehr sie sich der Sinnlichkeit nähert, immer würdiger, jemehr sie sich mit so der Vernunft vereint. An jener Gränze ist die wahre Poesie zu finden, hier die echte Philosophie, die aber freylich, wenn sie in die Erscheinung tritt und Ansprüche macht von der Menge aufgenommen zu werden, gewöhnlich barock erscheint und nothwendig verkannt werden muß.

s. m.

Weimar d. 31. Dezember und 2. Januar

1816 und 1817.


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 27, S. 273-310.
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