1831

[67] 48/59.


An Friedrich Jacob Soret

Nach einer langen Abwesenheit ist mir ein Übel, was Sie im Zimmern, wohl gar im Bette hält, doppelt und dreyfach peinlich. Manches Interessante ist mitzutheilen, wozu die flüchtigen Augenblicke keine Gelegenheit gaben.

Das in unsern botanischen Arbeiten Geschehene geh ich mit unserm guten Riemer durch und zeig es vielleicht, eh ich es zum Druck befördere; auf alle Fälle bleibt Ihnen bey der Revision eine und die andere Erinnerung frey.

Dagegen schick ich den Nachtrag Nr. II, lesen Sie ihn, befreunden Sie sich damit und übersetzen zu guter Stunde. Wenn Sie auf gebrochene Bogen die Artikel, wie sie hier liegen, hinter einander schreiben, so wird es wohl gethan seyn. Möge die Stunde bald schlagen, in welcher ich Sie wieder begrüße. Den schönsten Dank für die heutige Nachricht und Sendung.

treu ergeben

Weimar den 3. Januar 1831.

J. W. v. Goethe.[67]


48/60.


An Friedrich Jacob Soret

Hiebey sende, theurster Mann, die beiden Hefte, Original und Übersetzung, welche zum Druck erwartet werden. Mögen Sie guten Muth behalten zu diesem freylich einigermaßen complicirten Geschäft; ich hoffe, wir werden uns noch zusammen an dessen Vollendung erfreuen können.

Ich habe Zahlen vor die Absätze gemacht, damit man desto leichter Original und Übersetzung vergleichen könne. Sie finden auch einige Randbemerkungen mit Bleystift, worüber noch zu früh aus. Es läßt sich schriftlich gar manches abthun.

Das schönste Lebewohl.

treu verbunden

Weimar den 4. Januar 1831.

J. W. v. Goethe.


48/61.


An Friedrich Theodor von Müller

Darf ich bey Rücksendung dieses bedeutenden, aber trostlosen Briefes bescheidentlichst an unser vorsehendes Geschäft erinnern? Es bleibt noch gar viel zu thun, eh ich für den Augenblick und die Zukunft mich beruhigen kann.

Verpflichtet

Weimar den 4. Januar 1831.

J. W. v. Goethe.[68]


48/62.


An Kaspar von Sternberg

Die so ausführlich als willkommene Geschichtserzählung jener so nützlich, glücklich und höchst mannichfaltig vollbrachten Reise kam zu guter Stunde bey mir an und rief alles Interesse wieder hervor, was ich jemals an jenem merkwürdigen Eyland genommen hatte. Schon seit einiger Zeit besitz ich durch die Gunst junger Männer aus Jever Musterstücke von den dortigen Felswänden, nicht weniger von den verkiesten und in Hornstein umgewandelten uralten Seegeschöpfen, welche auf den dortigen Kiesbänken gefunden werden.

Nun aber hatt ich die Freude, die wunderlichen örtlichen Zustände vor meiner Einbildungskraft durch Freundes Hand deutlich aufgebaut und sie, durch ein wirklich seltenes Ereigniß, von einer großen Gesellschaft belebt zu sehn, die ich mir theils am Strande, theils auf Treppen und Stufen, sodann aber auch auf Gipfeln und Höhen denken durfte. Die Fährlichkeiten und Unbequemlichkeiten der Rückkehr wollten mir nicht recht behagen; dagegen war mir eine glückliche Landung und alles folgende Gelingen desto ergetzlicher.

Hieraus folgte nun, daß meine Einbildunskraft in jenen Gegenden versetzt ward und sich mit Felsen und Wellen, Schiffen und Abentheuern eine Zeitlang zu beschäftigen hatte. Jetzt aber, da ich mir alles[69] dieses zurückrufe, fühl ich mich in eine Zeit versetzt, da meine Zustände noch nicht so verunstaltet waren, als sie es in dem Augenblicke sind. Der Verlust meines Sohnes, zwar nicht ganz unbefürchtet, setzt mich in den wunderlichsten Fall. Eben da ich mich als jubilirten Ahnherrn betrachten und in die stille Behandlung mancher guten Vorsätze zurückziehen wollte, mußte ich die Rolle des deutschen hausvaters wieder übernehmen, welche denn doch die hohen Jahre nicht recht kleiden will. Kaum hatte ich mich auch dazu wieder ermuthigt, als mich freylich im Gefolg jener Gemüthsbewegungen ein bedenkliches Übel anfiel, von dem ich mich wundersam glücklich genug baldigst wieder herstellte und jene Fäden zu ergreifen mich wider anmaßte.

Dieses acht ich nun um mehr für Pflicht, als alles, was mich sowohl im häußlichen, als öffentlichen Leben umgibt, nicht anders als höchst günstig anerkannt werden muß.

Meine Tochter ist heiter, geistreich und liebenswürdig, meine Enkel gätlich-passende, sich mäßig frey entwickelnde Wesen; die Freunde in jedem Sinne hülfreich und aufrecht haltend, die höchsten Herrschaften schonend und bis zur Beschämung sorgfältig. Seh ich mich nach außen um, und stünde meinen Gedanken ein Geschwindschreiber zu Diensten, so würde mein verehrter geliebter Freund gar manches Blatt vor seinen treuen Augen erblicken.

[70] Und hiemit sey denn für dießmal geschlossen; in einiger Zeit folgt die letzte Sendung meiner Werke, die ich nicht zu erleben glaubte. Möge darin auch einiges, Neuere und Ältere, den edlen wohlwollenden Geistern anmuthig und gefällig seyn. Alles Gute und Erfreuliche zu dem Winteraufenthalt in Prag, der leider auch den früheren nicht gleichen wird. Da bleibt denn freylich nichts übrig, als das Gegenwärtige zu genießen oder zu erdulden. Fortdauernde Theilnahme

dem unwandelbar Angehörigen

Weimar den 4. Januar 1831.

J. W. v. Goethe.


48/63.


An Carl Friedrich Zelter

Heute producirt sich Falstaff, und alles ist im Schauspielhause. Die Weimaraner sind billig und hospital und verdienen auch alles Gute, was ihnen geboten wird. Devrient hat den Vortheil, daß er ein merkwürdiges Individuum ist; freylich jetzt in Trümmern, doch immer noch respectabel; und so läßt er die Ahnung, was er war, entstehen, anzüglich für einen jeden, der etwas dergleichen noch fühlen kann. Was haben wir nicht um alte Burgen herumgesessen, um ihnen künstlerische Ansichten abzugewinnen.

Felix, dessen glücklichen Aufenthalt in Rom du meldest, muß überall günstig aufgenommen werden.[71] Ein so großes Talent, ausgeübt von einer so liebenswürdigen Jugend.

Und daß auch du von deiner Wirkung vernimmt, ist wohl kein Wunder. Ottilie liest mir die Abende unsre Correspondenz vor. Es ist doch in uns beiden eine ruhig-stätige, ernst-leidenschaftliche Thätigkeit, immer in gleicher Richtung. nach außen wird wenig gefragt, jeder geht seinen Gang und läßt das Übrige werden. Gestern lasen wir gar töstliche Stellen über die natürliche Tochter.

In einiger Zeit langt auch dein Exemplar der letzten Sendung meiner Werke bey dir an. Ich dacht es nicht zu erleben. Man darf übrigens nur Spargelbeete pflanzen, und im dritten Jahre liegen die Pfeifen in der Schüssel.

Die zwey ersten Acte von Faust sind fertig. Die Exclamation des Cardinals von Este, womit er den Ariost zu ehren glaubte, möchte wohl hier am Orte seyn. Genug! Helena tritt zu Anfang des dritten Acts, nicht als Zwischenspielerin, sondern als Heroine, ohne weiteres auf. Der Decurs dieser dritten Abtheilung ist bekannt; inwiefern mir die Götter zum Ende des Endes steht auch schon auf'm Papiere. Ich möchte diesen zweyten Theil des Faust, von Anfang bis zum Bacchanal, wohl einmal der Reihe nach weglesen. Vor dergleichen pfleg ich mcih aber zu hüten; in der Folge mögen es andere thun, die mit frischen[72] Organen dazu kommen, uns sie werden etwas aufzurathen finden.

Noch ein bedeutendes Würtchen zum Schluß; Ottilie sagt: unsre Correspondenz sey für den Leser noch unterhaltender als die Schillerische. Wie sie das meynt und sich's auslegt, wo möglich nächstens zu guter Stunde.

und so fernerhin.

Weimar den 4. Januar 1831.

J. W. v. G.


48/64.


An Friedrich Jacob Soret

Darf ich um das vollständige Manuscript, sowohl Original als Übersetzung, bitten, um die Stelle im Zusammenhange zu übersehen.

Die besten Wünsche, mit wiederholter Bitte sich ja zu schonen.

ergeben

Weimar den 5. Januar 1831.

Goethe.


48/65.


An N.N.

Den Mann von vierzig Jahren

erbittet sich

W. d. 5. Jan. 1831.

J. W. v. Goethe.[73]


48/66.


An Friedrich Jacob Soret

Hierbey ad pag. 31 ein Versuch, wie ich meine Gedanken in einer fremden Sprache auszudrücken glaubte. Es fragt sich freylich, ob Sie mein Französisch für das Ihrige gelten wollen.

Dabey bemerke, daß, wenn ich das Manuscript morgen nur wieder vor Tische in Händen habe, es schon zeitig genug ist. Widmen Sie ihm noch alle möglich Sorgfalt, damit wir um desto freudiger in's Weitere schreiten können.

Mit den besten Wünschen für Ihr Wohl und nochmaliger Bitte, sich in dieser Jahrszeit ja nicht alzu früh herauswagen.

Weimar den 6. Januar 1831.

G.


48/67.


An Friedrich Theodor von Müller

Mit wiederholtem tausendfältig Danke darf ich wohl um Legalisirung bekommenden Documentes bitten.

treu ergeben

Weimar den 7. Januar 1831.

J. W. v. G.


48/68.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Lesen Sie doch, mein Guter, bekommenden deutschen Aufsatz; ich möchte damit die Geschichte meines botanischen Lebenslaufes abschließen.

[74] Eigentlich ist es eine stille Polemik gegen einige Albernheiten der Genfer, gegen die Herr Soret sich schon auflehnen wollte, wie Sie aus dem französischen Blatte sehen. Da ich aber dergleichen Feyden nicht liebe, so will ich lieber mit einer ruhigen Parade diese Unzulänglichkeiten ablaufen lassen.

zu geneigter Betrachtung

Weimar den 8. Januar 1831.

J. W. v. G.


48/69.


An Carl Friedrich Zelter

Hiebey, mein Theuerster, die beiden Documente. Das eine verwahrst du, das andere sendest du mir unterschrieben und legalisirt zurück; das Übrige wird alles auf's genauste und zierlichste besorgt. Wir haben geglaubt, auf diese Weise die Angelegenheit möglichst in's Enge zu bringen.

Verzeih, wenn ich schließe! Alle dergleichen Einrichtungen für die Zukunft nehmen mir die Thätigkeit des Augenblicks weg, und es ist zu fürchten, daß, wenn wir das hinter uns haben, ein neuer Leviathan seinen Rachen aufsperren wird.

Vor einigen Tagen las mir Ottilie deine Briefe von 1806 und 7 vor; da mag man sich denn sagen, daß man über Schlimmeres hinauskommen ist.

[75] Auch bleibt in literarischen und poetischen Dingen nichts im Stocken, ich suche alles, wenn auch nur Schritt vor Schritt, weiterzuführen.

Lebe wohl für dießmal und grüße deine guten Töchter.

Wunsch und Segen!

Weimar den 8. Januar 1831.

G.


48/70.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende das Mitgetheilte dankbar und, ich darf wohl sagen, ungern zurück, indem ich mich aus diesen wenigen Bogen noch ferner hätte angenehm zu belehren gewünscht. Ihr deutscher Vortrag ist wirklich sehr anziehend, er kann für original gelten, man merkt ihm nirgends etwas Übersetztes oder Geborgtes an. Auch die Art, wie Sie Ihre Zusätze beybringen, lößt vollkommen empfinden, wie Sie sich das Ganze zu eigen gemacht und, als Ihnen selbst angehörig, behandelt haben. Das Werk, wenn es beysammen ist, wird Ihnen alle Ehre machen.

Auch für den Aufsatz über Herrn Cuvier danke zum schönsten; hier bestätigt sich vollkommen, wie ich mir im Allgemeinen jenen Zustand denken mußte.

Könnten Sie mir ohnschwer dasjenige mittheilen, was er, im ersten Band seines neuen Werks über[76] die Fische, gegen die sogenannten Taturphilosophen vorgebracht hat, so geschähe mir ein besonderer Gefalle. Ich habe die Kühnheit gehabt, mich in den Streit zwischen ihm und Geoffroy zu mischen, und habe die Absicht, mit aller Mäßigung mine Schritte zu verfolgen, da man in Frankreich auf meinen Aufsatz in den Berliner Jahrbüchern aufmerksam geworden. Es ist Zeit und Gelegenheit, daß wir uns rühren; hätten Ew. Wohlgeboren die Natur nicht mit philosophischem Sinne betrachtet, so käme Ihre Behandlung seines Werkes ihm keinesweges zu Gute, wie jetzt geschieht.

Bleiben Sie mit Ihrer theuren Gattin, meiner werthen Landsmännin, einem Freunde gewogen, der sich im Stillen freut, daß ihm erlaubt war, dem wilden Fährmann für dießmal den Rücken zuzukehren.

Weimar den 9. Januar 1831.


48/71.


An Adele Schopenhauer

Ihre Sendung, theuerste Freundin, war so ausgesucht interessant, daß ich eile, IHnen dafür den schönsten Dank zu sagen.

Ihre allerliebste ländliche Wohnung wird, den Rhein im Zwischengrunde gedacht, Ihren Freunden höchst anmuthig. Sagen Sie mir, wer ist die geschickte Hand, die uns Entfernen eine solche Umgebung vor die Augen bringen konnte? Empfehlen Sie mich Ihrer[77] lieben Frau Mutter und [ver]bringen, wenn die immer lebendige Vegetation sich wieder hervorthut, heitere tage in so glücklicher Umgebung.

Daß Sie mir ein gewiß seltenes Werk, auf die Geschichte und den ehemaligen Zustand der heiligen drey Königsreste bezüglich, verschaffen und verehren wollen, hab ich vorzüglichst anzuerkennen. Hier sind, das Übrige alles nicht erwähnt, 226 geschnittene Steine hinreichend gut abgebildet; Schwefelabgüsse davon besitz ich 156 Stück, welche ich also mit den Abbildungen genau vergleichen kann. Vielleicht gelingt es Ihnen, einzelne Abgüsse, die gewiß in Cöln noch hie und da umherschweben, tz erlangen, so geschähe mir durch das Geringste ein besonderer Gefalle. Besonders aber, wenn von den beiden großen Steinen Nr. 121 und 155, welche von besonderer Bedeutung und leider in meiner Sammlung zerbrochen sind, vielleicht eine Wiederholung gefunden würde.

Unser August ist nicht wieder gekommen. Wenn Geist und Charakter der Hinterbliebenen, wie man fordert, solchen Fällen gewachsen seyn sollen, so muß der Körper sich dabey ganz natürlich betragen und bey einer sittlichen Krise zu seiner Erhaltung eine physische erfolgen lassen. und so war ich denn, meine Gute, dem äußern Anschein nach, schon mit den Fußzehen erfolgen lassen. Und so war ich denn, meine Gute, dem öuüern Anschein nach, schon mit den Fußzehen im Flusse des Vergessens, sollte aber dießmal doch die Barke nicht erreichen. Hierauf denn bleibt mir nichts übrig, als von vorn anzufangen und die[78] mißliche Rolle eins deutschen Hausvaters zu spielen; zwar, wie ich dankbar anerkennen muß, unter den günstigen äußeren Umständen.

Entschuldigen Sie mich ja bey Herrn Goldfuß, dergleichen Gedächtniß-Verirrungen und Verwechselungen kommen wohl einmal vor; Wohlwollende werden sie verzeihen. Sehr angenehm war mir's, eine kleine Schrift, die ich schon durch unsern Präsidenten erhalten hatte, bey diesem Anlaß nochmals zu vergnüglicher Belehrung durchzulesen.

Eben als ich schließen will, stockt mir die Rede. Ich kann nicht ausdrucken, wie mich das Hinscheiden unsres Niebuhrs angegriffen hat. Eben wollt ich Ihnen die freundlichsten Grüße an deselben auftragen. Vor drey Wochen erhielt ich einen treuen, verständig-wohlwollenden, belehrenden Brief von ihm und habe mich tagtäglich mit dem zweyten Theil römischer Geschichte neuster Ausgabe beschöftigt und, in anhaltendem geistigen Gespräch mit ihm, einen Brief, den ich an ihn senden wollte, vorbereitet. Nun muß ich das für mich allein durcharbeiten, und das ist eine leidige Zugabe, die mir eben jetzt sehr ungelegen kommt.

Möge es unter uns noch lange

beym alten bleiben

Weimar den 10. Januar 1831.

J. W. v. Goethe.[79]


48/72.


An William Parry

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

sind nicht unvorbereitet, einen Wunsch zu vernehmen, den ich vorzutragen mir die Freyheit nehme; er ist, daß Dieselben möchten die Gefälligkeit haben, dem geschickten Porträtzeichner Schmeller einige Stunden zu gönnen, damit ich auch Ihr werthes Bild in die schon bedeutende Sammlung würdiger Mitlebender und Mitwohnender hinzufügen könne, zu meiner eignen Vergnügung und zum dauernden Andenken für die Nachkommen.

Der mich zu geneigtem Wohlwollen zu empfehlen die Ehre habe.

Weimar den 10. Januar 1831.


48/73.


An Friedrich Jacob Soret

Damit Sie theuerster Mann, doch auch einmal mit Augen schauen, wie unsre mühselige Arbeit sich im Reinen ausnimmt, so sende die sieben ersten Aushängebogen, welche, wie mich dünkt, uns freundlich genug anblicken.

An Ihrer Übersetzung einiger Stellen glaube ich bemerkt zu haben, daß ich mich im Original nicht deutlich genug ausgedrückt, deshalb ich hüben und[80] drüben etwas unternahm, welches wir bey der Revision noch besprechen können.

Die Rückseite der Medaille ist außerordentlich schön gerathen, ich will sie nur noch Meyern zeigen, und alsdann werden Sie geneigt seyn, unsern Dank für die Bemühung auszusprechen.

Die wunderlichen Büchlein kommen dankbar zurück. Die kleinen Wallfahrt mit jungen Männern gibt Zeugniß, daß der Künstler eigenthümliche Gegenwart mit Geist aufzufassen weiß. In den carrikirten Romanen sind bewundernswürdig die mannichfaltigen Motive, die er aus wenigen Figuren herauszulocken weiß; er beschämt den allertüchtigsten Combinationsverständigen, und es ist ihm zu seinem angebornen, heitern, immer zur Hand bereiten Talente Glück zu wünschen.

Soviel für dießmal, wobey ich wohl aussprechen darf, daß, so angenehm es mir seyn sollte, Sie zunächst wieder zu sehen, ich doch immer wünsche, Sie möchten sich dieser Jahreszeit ja nicht risquiren.

treu ergeben

Weimar den 10. Januar 1831.

J. W. v. Goethe.


48/74.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

empfangen das weitere Manuscript, sowohl Original als Übersetzung; das letzte zwar nicht in wünschenswerther[81] Reinschrift, doch haben Sie bisher so viele Aufmerksamkeit und Sorgfalt bey diesem Geschäft bewiesen, daß ich auch wegen der kleinen Unbequemlichkeit, die Ihnen dadurch zuwächst, mich einigermaßen beruhigen kann. Die den Paragraphen beygeschriebene Zahlen haben nur die Absicht, daß man sich vom Original in die Übersetzung geschwinder finden konnte, und weiter keinen Bezug auf den Druck.

Mit den aufrichtigsten Wünschen.

Weimar den 11. Januar 1831.


48/75.


An Friedrich Jacob Soret

Hierbey send ich, theuerster Mann, die Erklärung, womit ich den ersten, botanisch-biographischen Nachtrag zu schließen wünsche; veranlaßt ward ich dazu durch Ihren Aufsatz, wodurch Sie die Äußerungen der Bibliothèque universelle zu widerlegen gesonnen waren. ich habe mich, wie Sie sehen, im Widerspruch so mild als möglich gehalten und bitte diese Blätter nunmehr auch mit Ihrer Übersetzung zu begünstigen.

Alles Gute, Schöne, Nützliche!

Weimar den 12. Januar 1831.

J. W. v. Goethe.


48/76.


An Carl Friedrich Zelter

Wegen der Medaille hat man bey mir nicht angefragt; aber dir, mein Theurer, will ich gleich erwidern,[82] daß ich den Gedanken, das Wappen auf die Rückseite zu setzen, höchlich billige, wie du allenfalls in meinem Namen erklären kannst.

Zu Ende des 15. und zu Anfang des 16. Jahrhunderts setzen Fürsten, Ritter, Staatsmänner, Gelehrte ihre Wappen auf die Rückseite.

Ein Hauptpunct aber ist: daß der Helmschmuck, Flügel, Lyra und Stern größer und in bessere Evidenz gesetzt würden.

Doch dieß ist alles zu frühzeitig; es kommt darauf an, ob man dort dazu geneigt ist. man versetzt sich oft höchst unschicklich in's Mittelalter zurück, hier aber kann man eine recht löbliche Gewohnheit wieder mit Verstand und Geschmack erneuern. Es würde manchem Ehrenmann angenehm seyn, statt der wunderlichen mythologischen, allegorischen, über- und untersinnlichen Figuren, sein Wappen auf der Rückseite des Bildnisses zu seiner und der Seinigen Ehren ausgeprägt zu sehen.

Köhlers Münzbelustigungen geben die schönsten Beyspiele. Auch Herr Friedländer wird dergleichen mittheilen können. Sollte man sich, nach Betrachtung solcher Vorgänge, dort nach deinen Wünschen entschließen, so stehe mit einigen Bemerkungen zu Diensten: denn bey deinem Wappen hat es einige Schwierigkeit, weil es complicirt, reich und der Helmschmuck gleichfalls bedeutend ist. Hier gilt nun freylich nicht, was bey einfachen Wappen dem Künstler in die Hände fiel.

[83] Ich muß eilen Gegenwärtiges fortzubringen, ich sage sonst zu viel und zu wenig und verwirre die Angelegenheit.

allereiligst

Weimar den 12. Januar 1831.

G.


Der treffliche Niebuhr hat sich, auch mir, zur höchst unrechten Zeit beurlaubt. Meine Wehklagen deshalb wirst du im nächsten Briefe vernehmen. Halte doch ja noch ein bißchen aus!

Inständige Bitte!

G.


48/77.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

haben eine kleine Reise vor, wie ich von Rinaldo vernehme; wollten Sie die Gefälligkeit haben, beykommende Anlage zum bewußten Codicill durchzusehen und, was allenfalls zu desideriren ist, gefällig zu notiren; so wünschte ich durch Ihre nachhelfende Geneigtheit auch dieser Sorgen baldigst los zu werden, da sich täglich neue dergleichen Gespenster aber und abermals hervorthun.

In stets erneuter Dankbarkeit verpflichtet.

Weimar den 13. Januar 1831.

J. W. v. Goethe.[84]


48/78.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Die in beygehendem Schreiben, welches mir wieder zurückerbitte, roth vorgestrichene Stelle weiß ich mir nicht zu erklären. Was ich zu sagen für nöthig hielt, glaube ich schon mitgetheilt zu haben. Der 8. Bogen ist ganz berichtigt, bis auf Seite 128 des Textes, wo das Strichelchen wegfällt und mein Verhältniß zu Batsch sogleich eintritt, wodurch denn die leere Stelle gedachter Seite ausgefüllt und der Inhalt an den 9. Bogen angeschlossen wird.

Diese sich anschließende Stelle muß eigentlich zweymal in Ihren Händen seyn, weil ich sie einzeln abgeschrieben vorausschickte, um die Vollendung des 8. Bogens nicht aufzuhalten; nachher folgte sie noch einmal mit dem Hauptmanuscript und der Übersetzung. Nach meiner Ansicht müßte Sie daher mit dem Druck ohne Bedenken fortfahren können.

Was die Lücke in der französischen Übersetzung S. 117 betrifft, so ist mein Vorschlag diese Stelle im Text wegzustreichen, hinter war, Zeile 17, ein Punct zu machen, die Stelle, wie gesagt, von worin mir denn bis leistete wegzustreichen, mit Hiebey einen neuen Absatz anzufangen und die dadurch entstehenden Räume typographisch zu benutzen.

Diese Erklärung sind ich schon in einem Concept, in einem Briefe vom 31. December 1830; es wäre[85] wunderbar, wenn Ihnen derselbe nicht zu Handen gekommen wäre. Wollten Sie in diesem Sinne die Angelegenheit noch einmal durchsehen und mir das Weitere deshalb eröffnen.

Fräulein Alwine hat uns durch ihre Gegenwart viel Vergnügen gemacht. Die Meinigen sind dankbar anerkennend für die Tage, die sie ihnen hat schenken wollen. Sie bringt viele Grüße und Empfehlungen mit.

Weimar den 15. Januar 1831.


48/79.


An Carl Friedrich Zelter

Von dem unschätzbaren Niebuhr erhielt ich, vor ungefähr drey Wochen, einen schönen Brief zu Begleitung seines zweyten Theils der römischen Geschichte; er war geschrieben in dem vollen Vertrauen, daß ich ihn kenne, daß ich sein Verdienst anerkenne. Das wichtige Buch traf mich gerade zu guter Stunde, wo ich auf alle Zeitungen Verzicht gethan hatte. Ich begab mich daher sehr gern wieder in jene alten Zeiten und las mich in das Werk anhaltend hinein, welches denn freylich nöthig ist, um von einer solchen Existenz wirklich umfangen zu werden.

Eigentlich ist es nicht mein Bestreben, in den düstern Regionen der Geschichte bis auf einen gewissen Grad deutlicher und klarer zu sehen; aber um des Mannes willen, nachdem ich sein Verfahren, seine[86] Absichten, seine Studien erkannte, wurden seine Interessen auch die meinigen. Niebuhr war es eigentlich und nicht die römische Geschichte, was mich beschäftigte. So eines Mannes tiefer Sinn und emsige Weise ist eigentlich das, was uns auferbaut. Die sämmtlichen Ackergesetze gehen mich eigentlich gar nichts an, aber die Art, wie er sie aufklärt, wie er mir die complicirten Verhältnisse deutlich macht, das ist's, was mich fördert, was mir die Pflicht auferlegt, in denen Geschäften, die ich übernehme, auf gleiche gewissenhafte Weise zu handeln.

Er erscheint von jeher als ein Skeptiker eigener Art, nicht von der Sorte, die aus Widersprechungsgeist verfahren, sondern als ein Mann, der einen ganz besondern Sinn hat, das Falsche zu entdecken, da ihm das Wahre selbst noch nicht bekannt ist.

Auf diese Weise leb ich nun beynahe einen Monat mit ihm als einem Lebenden. Ich habe das wirklich furchtbar anzuschauende Werk durchgelesen und mich durch das Labyrinth von Seyn und Nicht-Seyn, von Legenden und Überlieferungen, von Mährchen und Zeugnissen, von Gesetzen und Revolutionen, von Staatsämter und deren Metamorphosen und von tausend andern Gegensätzen und Widersprüchen durchgeschlungen, und hatte mich wirklich bereitet, ihm eine freundliche Erwiderung zu senden, die er von keinem nahen oder fernen Collegen, von keinem Einsichtigen irgend einer Classe zu erwarten hatte.

[87] Denn so wie ich um seinetwillen sein Buch las und studirte, so konnt ich auch am besten sagen und ausdrucken, was er mir geleistet wollte; denn mir genügte, was er bejahte, da die Herren vom Fach, nach ihrer Art, nothwendig wieder da anfangen zu zweifeln, wo er abgeschlossen zu haben dachte.

Dieses unerwartete Fehlgeschick ist mir bey dem Übrigen, was mich betrifft und bedrängt, höchst widerwärtig; ich wüßte nun keine liebe leidige Seele, mit der ich darüber conferiren möchte. Alle gemachte Leute haben ihr eigenes Wesen und sehen dieselbigen Dinge wenigstens als anders verbunden und verknüpft an; die liebe Jugend tastet und tappt umher und möchte wohl auch auf ihre eigene Weise finden, was recht ist; der Wille ist gut, aber das Vermögen reicht nicht aus; zu meinen eigenen Überzeugungen find ich keine Gesellen, wie sollte ich zu fremden Gedanken Einstimmung hoffen können. Indiesem Zustande muß es mich trösten, mich, den Volkskern und Sabinern, dem Senat, Volk und Plebes jemals ausgesehen, doch dabey ein höchst bedeutendes, allgemein Menschliches zu sicherer Auferbauung gewonnen zu haben, worin das Andenken des würdigsten Mannes auf's innigste verschlungen ist.

Am wenigsten würde dich der wichtigste Theil des Werks, von den Ackermessungen handelnd, interessiren[88] können, da du mit sämmtlichen Musikern Gott zu danken hast, durch eine gleichwebende, dort nie zu erreichende Temperatur auf deinem Acker zu ruhiger wirthschaftlicher Benutzung gekommen zu seyn.

uns so fort an!

Weimar den 17. Januar 1831.

G.


48/80.


An Friedrich Jacob Soret

Hätten Sie noch etwas, theuerster Mann, bey dem 8. Bogen zu erinnern, so habe Sie die Gefälligkeit es zu bemerken.

Alles Gute und Schöne.

Weimar den 17. Januar 1831.

G.


48/81.


An Friedrich Theodor von Müller

Die Erinnernung, daß ich im Laufe meiner Lehrjahre auch unter die enthusiastischen Verehrer der Demoiselle Schmehling gehörte, machte mir möglich, dem an mich gebrachten Wunsch entgegenzukommen. Möge Beyliegendes, wie es gelingen wollte, den fernen Freunden genügen.

Herr Capellmeister Hummel, dem ich mich schönstens empfehle, wird bey musikalischer Behandlung sich aller Freyheit bedienen und nach Belieben mit den Versen schalten und walten.

[89] Wenn er seine Partitur absendet, leg ich ein eigenhändig geschrieben Exemplar bey.

Mit dem besten Willen

Weimar den 18. Januar 1831.

Goethe.


48/82.


An Siegmund August Wolfgang Herder

Auf diejenigen Vorfälle, welche unglücklicherweise, indem sie meine Thätigkeit störten, mir eine Verdoppelung derselben zur Pflicht machten, haben Sie, theuerster Herr und Freund, zufällig, wie man es nennt, so besonders eingewirkt, daß ich mich in den letzten Wochen nicht beruhigt hätte, deshalb eine aufrichtige Erwiderung versäumt zu haben, hätte ich nicht der Überzeugung gelebt, Ihnen seyen durch freundlichste Hand vorläufig meine Gesinnungen angedeutet worden. Jetzt, da ich mich wieder freyer fühle, darf ich nicht länger zaudern, Sie unmittelbar zu versichern, wie sonderbar einwirkend Ihre Sendungen auf mich geesen. Ihr werthes Schreiben ist vom 10. November, und am Abend desselben Tages wurde mir das Ableben meines Sohnes in Rom durch schonende Freunde bekannt. Ihr bald darauf eintrefender Brief gab mir die tröstliche Übersicht: wie die liebenden Glieder einer ausgebreiteten Familie für mich gesinnt seyen, und ich mich nicht ganz sohnlos auf dieser Erde zuhalten habe.

Diesem tröstlichen Schreiben folgten sodann höchst erwünschte, nur zum Theil erwartete Sendungen, von[90] denen ich freylich im Augenblicke nur allgemeine Kenntniß nehmen durfte, zugleich aber die schönsten Aussichten wissenschaftlicher Belehrung mir eröffnet sah. Wundersam genug traf darauf das Paquet ein, den so wichtigen Vorschlag enthaltend zu einem tiefen Stollen von der Elbe bey Meißen biß in's Freyberger Revier, es war der 25. November gegen Abend. Ich las den Aufsatz sogleich von Anfang bis zum Ende durch, und wenige Stunden darauf überfiel mich ein bedrohliches Übel, welches mich einige Tage und Nächte in einen sorglichen Zustand versetzte, wobey denn aber, wie natürlich, der letzte Eindruck jener großen Unternehmung mir im Geiste bleib und mich stundenlang beschäftigte.

Baldmöglichst suchte ich hierauf Herrn Richter ein Lebenszeichen zu geben: die Ankunft der erwünschten Sendungen zu melden und die deshalb contrahirte Schuld alsobald abzutragen. Meine lieb Schwiegertochter unternahm, Ihnen meine herzliche Anerkennung mittelbar zukommen zu lassen, und ich gebrauche des ersten ganz freyen Augenblicks, um Vorstehendes als vorläufig zu vermelden, in Hoffnung, daß mir zunächst gegönnt seyn werde, auf die mir erwiesene Gefälligkeit, sowie das ehrenvolle Vertrauen geziemend zu erwidern.

Aller gern zurückrufend und eine neu belebte Sohnschaft[91] mit Freuden anerkennend, mit der leider sich einschleichenden unangenehmen Empfindung, daß mir das so liebe als bedeutende Freyberg, wo ich mich so oft in Gedanken aufhalte, immer weiter gerückt werde.

Verpflichtet verbunden

Weimar den 19. Januar 1831.

J. W. v. Goethe.


48/83.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

[19. Januar 1831.]

Ew. Wohlgeboren

für die neuste Mittheilung wiederholt zum allerbesten dankend, vermelde mit wenigem, daß in Überzeugung, wie nothwendig für die Naturforscher das Cuviersche Fischwerk sey, schon deshalb an Artaria Auftrag gegeben ist, welches zu Ihren Studien nach seiner Ankunft gerne mitgetheilt werden wird. Weiteres über verschiedene Gegenstände zu Eröffnendes vorbehaltend.

Weimar den 18. Januar 1831.


48/84.


An Johann Heinrich Meyer

Haben Sie denn wohl die Güte, bey dem Genfer Medaillen-Abdruck einige Desiderata aufzuzeichnen, damit wir sie durch Herrn Soret gelegntlich nach Genf befördern.

Mir den treusten Wünschen.

Weimar den 19. Januar 1831.

G.[92]


48/85.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

übersende den von Herrn Soret nochmals durchgesehnen 8. Bogen, wodurch Ew. Wohlgeboren Officin neue Bemühung zuwächst, welches ich bedaure; doch gelangen wir nunmehr zu einem sichern Schritt, und es wird sich alles in guter Folge und ohne weiteren Anstoß hoffentlich erweisen.

Mit den besten Wünschen, Empfehlungen und Grüßen nach allen Seiten.

Weimar den 20. Januar 1831.


48/86.


An Friedrich Jacob Soret

Hiebey unsres werthen Freundes, Hofrath Meyer, Bemerkungen bey dem Probedruck der so wohl gelungenen Medaille, mit denen ich vollkommen übereinstimme. Wollten Sie solche in die französische Sprache umkleiden und mit mir nochmals besprechen, so würden wir auch dieses Geschäft zu wechselseitiger Zufriedenheit beschließen können. Eine freundliche, wenn auch nur kurze Unterhaltung wünschend und hoffend.

treulichst

Weimar den 21. Januar 1831.

J. W. v. Goethe.[93]


48/87.


An Johann Christian Mahr

[22. Januar 1831.]

Ew. Wohlgeboren

haben die besondere Aufmerksamkeit gehabt mir ein zusammengeschmolzenes merkwürdiges Felsenstück zuzusenden. Ich ergreife die Gelegenheit eines Aufenthalts des Herrn Geheimen Raths v. Müller in Ilmenau, mit wiederholtem Dank um die Gefälligkeit zu ersuchen: mir nochmals umständlich anzuzeigen den eigentlichen Ort, wo dieser Klumpen gefunden worden, und ob in der Gegend diese Steinart, Gneiß, irgendwo anstehend gefunden werde, mir geneigte Nachricht zu ertheilen. Auch wäre zu untersuchen, ob nicht irgend ein Hohofen in einiger Entfernung möchte gestanden haben? wo man eine solche Felsart als Gestellstein anzuwenden geglaubt, solches Gestein aber die Probe nicht ausgehalten.

Verzeihen Sie diese meine Wünsche! Die durch Herrn v. Leonhard zur Sprache gebrachten verglasten Burgen in Schottland veranlassen uns, wo wir etwas Ähnliches erfahren, alle Aufmerksamkeit aufzuwenden.

Mit den aufrichtigsten Wünschen.

ergebenst

Weimar den 19. Januar 1831.

J. W. v. Goethe.[94]


48/88.


An Marianne von Willemer

Die freundlichste Hoffnung, die Sie mir geben: von dem köstlichen Honig wieder ein Fäßchen zu erhalten, bewahr ich geheim vor jungen und alten Leckermäulern, die sich an der vorigen Sendung nicht wenig zu Gute thaten, um, seiner Zeit, sie mit gleichem Genuß zu überraschen. Wann dieß Labsal aber ankommt, so überzeugen Sie sich, daß Ihrer immer wiederholt zum dankbarsten gedachte wird.

Die Maskenzüge sind auch wieder auch wieder glücklich zurück, und es ist nicht uninteressant zu sehen, was ein langer Friede für wunderliche Späße hervorbringt. Doch wollen wir uns und den hohen Societäten dergleichen Unterhaltungen gerne gönnen, wenn sie gleich nach und nach durch ernstere Zustände möchten vertrieben werden.

Über meine gegenwärtige Lage möchte ich Sie wohl mündlich beruhigen, brieflich läßt sich dergleichen nicht aus einander legen.

Eckermanns Gegenwart ist mir von großem Werth; er übernimmt eine Arbeit, die ohne entschieden verabredete Folge nicht denkbar wäre. Ich befinde mich verhältnißmäßig wohl und kann dem Nothwendigen genügen. Wer thätig seyn will und muß, hat nur das Gehörige des Augenblicks zu bedenken, und so kommt er ohne Weitläufig hindurch, da der Hauptzug[95] des Lebens sich ohnehin von selbst vorschreibt. ist das doch der Vortheil der Frauen, wenn sie ihn verstehn.

Das Mikrorama von Frankfurt wußt ich mir unter den Taschenspieler-Werkzeugen nicht recht zu erklären. Herzlichen Dank, daß wir Ihnen diese freundlichen Ansichten schuldig sind. Und so darf ich denn auch nicht verschweigen, daß mein trefflicher Arzt jene indischen Erdfrüchte für vollkommen echt und heilsam anerkennt.

Mögen Sie mir etwas genauer anzeigen, wo und wie Sie die schönsten blauen Schatten bemerkt? Sie sprechen davon gleich in Gefolg des Nordlichts, mit dem sie doch gleich in Gefolg des Nordlichts, mit dem sie doch keinen Zusammenhang zu haben scheinen. Es ist mir sehr viel werth, daß selbst meine Pedanterey jener Zeit Ihnen nicht lästig geworden, sondern Eindrücke zu später fruchtbarer Folge Ihnen zurückgelassen hat.

Noch etwas, in Gefolg des Obigen. Was mir am meisten zu schaffen macht, sind die Fremden. Manchmal ist es freylich sehr angenehm, die fernsten Nationen und die eigensten Charaktere kurz nach einander kennen zu lernen, deshalb ich mich auch, Durchreisende zu sehen, öfters nicht verweigere. Das Schlimmste aber ist, daß gerade die Interessantesten die Gefährlichsten sind; denn sie erregen in mir ein fremdes Interesse, was mich in dem Augenblick gar nichts angeht und doch anzieht und ablenkt von dem, was ich eigentlich[96] zu leisten habe. Das gibt ein zwiespältiges Gefühl, das zuletzt auch überwunden seyn will.

Dieß nicht als Klage, sondern als Darstellung meines Zustandes, der Theilnahme meiner liebenswürdigen Freundin empfohlen.

Herzlichst

Weimar den 25. Januar 1831.

J. W. v. Goethe.


48/89.


An Friedrich August von Beulwitz

Ew. Hochwohlgeboren

verfehle nicht, auf Dero Anfrage sogleich zu erwidern: daß, insofern mir die Geschäfte des Professor Müller in Eisenach bekannt sind, nichts der Anordnung unseres gnädigsten Herrn entgegen stehe, denselben noch acht Tage länger hier zu behalten.

Der ich, mit Bitte mich höchsten Orts unterthänigst zu empfehlen, die Ehre habe mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen.

Ew. Hochwohlgeb.

ganz gehorsamsten

Diener

Weimar den 26. Januar 1831.

J. W. v. Goethe.[97]


48/90.


An Alexander von Humboldt

Dürft ich mir das Glück und die Freude Ew. Excellenz wieder zu sehen auf heute um zwölf Uhr erbitten?

in der lebhaftesten Hoffnung

Weimar

J. W. v. Goethe.

Mittwoch d. 26. Jan. 1831.


48/91.


An Carl Friedrich Zelter

Dein Document kommt gerade zur rechten Zeit, denn ich werde mich nächstens mit der Zukunft abgefunden haben, um wieder in der Gegenwart und für sie zu leben. Mein Testament, worin unsre Angelegenheit ausführlich besorgt ist, ward schon am 8. Januar großherzoglicher Regierung übergeben; in diesen Tagen kam auch ein Codicil zu Stande, um meine äußerst complicirten Zustände für die Nachkommen gut versteht. Parteisinn, Willkür und Unvernunft finden bey unserem gesetzlichen Zustande weniger Element und Spielraum.

[98] Ich bestätige mich mit deinem Wappen auf die Rückseite der Medaille; hier darf es durchaus nicht aussehen wie ein Petschaft, und ob ich gleich der Mittelalterey keineswegs günstig bin, so mag ich doch gern ihren Geist und Geschmack alsdann walten lassen, wenn von Dingen die Rede ist, die sich dort herschreiben. Dieß ist nun gerade das Wappen! Du erhältst eine Zeichnung; die Skizze hab ich entworfen und will sie nur in's Reine bringen lassen.

Deine Einleitung zu Händels Te Deum ist höchst wacker und brav und deiner würdig. – Das liebe, allerliebste, gegenwärtige Publicum meynt immer: das, was man ihm vorsetzt, müßten jedesmal warme Kräppel aus der Pfanne seyn. Es hat keinen Begriff, daß man sich zu jedem Neuen und wahrhaft Altneuen erst wieder zu bilden habe. Doch wie sollten sie dazu kommen? werden sie doch immer neu geboren.

In den Wissenschaften hör ich schon mein liebes langes Leben lang, bey Gelegenheit mancher bedeutenden Productionen: was wahr daran sey, sey nicht neu und das Neue nichtwahr; d.h. doch weiter nichts als: was wir gelernt haben, glauben wir zu verstehen; und was wir lernen sollen, verstehen wir nicht.

Hätt ich mich mit den Naturwissenschaften nie kennen lernen. In ästhetischen und philosophischen Dingen ist es schwer, Wohlwollen und Mißwollen zu unterscheiden; in den Naturwissenschaften aber wird es dem Ernsten, Redlichen[99] gar bald deutlich, was das für Personnagen sind, die der Natur Unrecht geben, wenn sie sich deutlich ausspricht, und sogar, wenn sie von Menschen schon ausgesprochen ist.

Nun will ich aber bekennen, daß ich neulich gefrevelt habe, wenn ich, in Unmuth über Niebuhrs Tod, zu sagen mich vermaß: nur Niebuhr sey es und nicht das von ihm so glücklich behandelte altrömische Wesen, was mich interessire; das ist keineswegs richtig. Denn der Verständige, der irgend eine Angelegenheit liebevoll und gründlich behandelt, gibt uns Theil an seiner Theilnahme und nöthigt uns in seine Angelegenheit hinein. So find ich es jetzt, da die römisch-antiquarische Societät fortfährt mir ihre Bemühungen mitzutheilen, die ganz im Sinne Niebuhrs, von ihm angeregt und nun, auf seine eigentlichste Weise fortgeführt, ihn nach seinem Abscheiden wirklich wieder beleben. Er geht noch umher und wirkt.

Ottilie fährt fort Abends mir in dem Briefwechsel vorzulesen, wo der anmuthigste Gegensatz von einem Lebe-, Lust- und Reisemann und immerfort weltthätigen Künstler gegen einen mehr oder weniger stationären, nachdenklichen, die Gegenwart aufopfernden, der Zukunft sich widmenden Freunden [sich] gar artig hervorthut.

Das Manuscript. das du kennst, ist reinlich geschrieben, aber doch voller einzelnen Mängel, die wir bey'm Durchlesen merken und bemerken. Professor[100] Riemer übernimmt die künftige Herausgabe gegen ein billiges Honorar. Ich will suchen, noch bey meinen Lebzeiten das Manuscript möglichst gereinigt zu sehen und deshalb mit ihm conferiren. Auslassungen und Fehlstellen kann ich ohne weiteres berichtigen, über die man späterhin viel und oft vergebliche Nachsuchungen anstellen müßte.

(Die Fortsetzung folgt unmittelbar.)

Weimar den 29. Januar 1831.

G.


48/92.


An Carl Wilhelm Lieber

Ich wünsche nach geendigtem Nachmittags-Unterricht Herrn Lieber bey mir zu sehen.

Weimar den 29. Januar 1831.

J. W. v. Goethe.


48/93.


An Johann Gottlob von Quandt

Mit der Ew. Hochwohlgeboren schuldigen Erwiderung habe bisher gezaudert und auch gegenwärtig möcht ich noch anstehen, Dieselben durch die unangenehme Nachricht zu betrüben, daß die farbige Glasscheibe gänzlich decomponirt hier angekommen; das verbindende Blei war aufgelöst und die ganzen Glastheile nicht verschont.

Die Personen, welche es bey Hof eröffneten, beklagten eine allzu leichtsinnige Packung. Ich melde[101] dieß wegen künftigen Sendungen an die Interessenten.

Ein geschickter Glaser ist bemüht eine mögliche Herstellung zu besorgen; wie das aber auch gelingen mag, so ist die erste Freude an einem so bedeutenden Gewinnne verkümmert.

Verzeihung dieser Klage; man schreibt nicht gern etwas Unangenehmes in die Ferne, doch glaubt ich dieß der Anstalt schuldig zu seyn.

Daß Ew. Hochwohlgeboren dem Corsteher-Amte sich nicht entzogen, ist von den Unsrigen mit allgemeinsten Beyfall aufgenommen worden, und mir steht das Angenehme bevor, unsre Wohlwollenden durch die erwarteten Kupfer nächstens zu erfreuen.

Möge alles Gute und Schöne, was Ew. Hochwohlgeboren so reichlich fördern, auch Ihnen zu freudigem Genuß im Laufe des angetretenen Jahres gedeihen.

Hochachtungsvoll

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 31. Januar 1831.

J. W. v. Goethe.


48/94.


An Carl Gottfried Theodor Winkler

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht anzuzeigen, daß gestern, als am 30. d. M. die an unsern Beyträgen noch fehlenden 45 rh. an Dieselben abgegangen sind. Wir besitzen nämlich 69 Loose,[102] welche zu 5 rh. 345. rh. betragen; 300 rh. sind am 14. December v. J. von hier angekommen. Empfehlen Sie mich, bey Gelegenheit gegenwärtiger zu entschuldigenden Nachsendung, dem respectablen Verein und bleiben unsrer fortgesetzten Theilnahme versichert.

In vorzüglichster Hochachtung

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar den 31. Januar 1831.

J. W. v. Goethe.


48/95.


An Carl Friedrich Zelter

Weimar den 1. Februar 1831.

Es ist sehr artig, daß uns dergleichen noch zu berichtigen erlaubt ist; ich erkenne aber auch diese Gunst der Dämonen und respectire die Winke dieser unerklärlichen Wesen.

Die Anfrage wegen der Congreß-Medaille ist sogleich geschehen, doch ohne glücklichen Erfolg, wie ich voraussah. Sie hatte zu jener Zeit wenig Glück, und nur in der Folge wurde sie durch Schriftsteller und Sammler merkwürdig. Wer schätzt denn auch den Augenblick und dessen Productionen. Indessen sind die Stempel verrostet und nicht wieder herzustellen. Mein Sohn besaß noch eine silberne, die er unserem alten Herrn vor soviel Jahren abtrat, als dieser mit[103] Ernst und Heftigket für einen hohen ebenbürtigen Sammler ein Exemplar aufsuchen ließ. Ich weiß nicht einmal, ob wir die broncene besitzen.

Ich rede hier von der einen Hauptmedaille; die andere erinnere ich mich nicht. Heute vernehm ich folgende Erwiderung: »Die Stempel sind, da in früherer zeit wenig Nachfrage nach den Medaillen geschah, zu andern Stempeln verbraucht worden. Von den Medaillen selbst ist keine mehr vorräthig, so daß Facius vor zwey Jahren bereits die letzte an einen englischen Reisenden für hohen Preis verkauft hat. Leid thut es Facius, daß er die Stempel vernichtet hat, da in der letzten Zeit und besonders im vergangen Jahr, starke Nachfragen von England, Frankreich und Deutschland darnach geschehen. Auch getraut er sich hier am Orte keine mehr auftreiben zu können.«

Sic transit gloria mundi. Wäre dieß ein Gedicht gewesen zu Ehren jener Monarchen, so fände sich's wohl noch in irgend einem Tagesblatte. Horaz hat also recht: wer dauern will, muß sich mit den Poeten halten.

Nunmehr aber versäume nicht, die Briefe vom vergangenen Jahre 1830 baldigst einzusenden, damit auch sie in die Reihe der Foliobände aufgenommen werden. Alsdann ist mir noch eine Vorsicht beygegangen. Deine Reise-Relationen machen höchst lichte Stellen in der Correspondenz. Du hast Abschriften davon; die halte ja fest und geheim und sorge, daß[104] weder jetzt, noch künftig Abschriften genommen werden. Die Druckerleute sind um desto geföhrlicher, da sie für ehrliche, ja generose Leute wollen gehalten seyn und überall Recht haben wollen, weil kein Gesetz in dieser Anarchie obwaltet.

Nun wirst du aber, mein Theuerster, vor dem hohen Barometerstande noch mehr Respect empfinden. Wenn du schon lange anerkennst, daß die höchste und zugleich schönste organische Kraftäußerung, welche Gott und der Natur hervorzubringen möglich war, die menschliche Singstimme, dem hohen Barometerstande ihre höchste Kraft und Lebensäußerung verdankt, so magst du dich freuen, daß er unter obwaltenden Umständen vermochte, mit den herrlichsten Farben die Atmosphäre leuchtend zu schmücken. Sprich davon nicht weiter, denn man würde dir erwidern: gerade das Nordlicht habe dem Barometer diesen hohen Stand gegeben. Man liebt Ursache und Wirkung zu verwechseln.

Je länger ich lebe, je mehr freue ich mich meiner lichten Ketzerey, da die herrschende Kirche der dunklen Kammer, des kleinen Löchleins und in der neuern Zeit der kleinen Löchlein zu hunderten bedarf, um das Offenbarste zu verheimlichen und das Planste zu verwirren.

Eckermann, der als wahrhafter Ali durchgedrungen ist von dem hohen Begriff, daß Licht und Dunkel im Trüben die Farben hervorbringen, hat mir eine kleine[105] Büste Napoleons von Opalglas mitgebracht, die allein eine Reise um die Welt werth ist. Sie steht der aufgehenden Sonne entgegen: bey'm ersten Strahl derselben erklingt sie von allen, die sämmtlichen Edelsteine – – Fortsetzung nächstens. Und so fortan!

G.


48/96.


An Johann Nepomuk Hummel

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit, mir die für Madame Mara bestimmten Strophen durch Überbringern zu übersenden; das Concept hat sich bey mir verlegt, und ich wünsche die eigenhändige Abschrift baldigst zustellen zu können.

Das Beste wünschend

ergebenst

Weimar den 2. Februar 1831.

J. W. v. Goethe.


48/97.


An den Großherzog Carl Friedrich

Durchlauchtigster Großherzog,

gnädigster Fürst und Herr.

Ew. Königlichen Hoheit Wünsche gar öfter auszusprechen: welches Glück mein Verehrter Fürst seinem alten Einsiedler gewähre, wenn Höchstderselbe ihm irgend eine Abendstunde gönnen und, durch geistreich-gemüthliche Gespräche, zu manchem guten Gedancken Veranlassung geben will.

[106] Heute erlaube ich jene Äußerung zu guter Stunde und versäume nicht, sie mit den treusten Wünschen für Höchstihro fortdauerndes Wohl, welches auf Dero Familien- und Landeskreis sich freudig erstrecken möge, zu begleiten und wage zugleich die angelegentlichste Bitte: die mir bisher verliehene Gunst und Gnade möge meinen übrigen Lebenstagen, zu Erheiterung und Erquickung derselben, unwandelbar zugesichert bleiben.

Unter den aufrichtigst Angehörigen nicht der Letzte.

Verehrend und Vertrauend.

Ew. Königlichen Hoheit

unterthänigster

treugehorsamster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar am zweyten Februar 1831.


48/98.


An Heinrich Mylius

[Concept.]

Das an Ew. Hochwohlgeboren schon längst schuldigst zu erlassende Schreiben zaudere noch heute abzufassen, indem ich mich an Zeit und Umstände zu erinnern habe, die man so gern einer wohlthätigen Vergessenheit überlieferte. Sie betrauerten auf das schmerzlichste Vergessenheit überlieferte. Sie betrauerten auf das schmerzlichste den Verlust eines blühenden hoffnungsvollen Sohnes, als Ihnen der meinige freundlichst anempfohlen wurde, welcher bey einer glücklichen Constitution dennoch von manchem Übel ergriffen und bedroht war. Ihr[107] gütiger Empfang in der herrlichen Lombardei wirkte auf ihn höchst heilsam.

[...] [Vgl. Brief 48/50.] vielmehr scheint er bey seiner Ankunft zu Rom ganz eigen ergriffen worden zu seyn. Die höchst günstige Aufnahme dortigen Freunde genoß er mit erhöhter Reizbarkeit, die sich zu einem entzündlichen Übel steigerte, welches in wenig Tagen , bey angewandteer sorgfältiger Hülfe, ihn aus dem Zeitlichen entfernte und ihm eine beneidenswerthe Ruhestätte an der Pyramide des Cestius anwies.

Auf allen diesen seinen Wegen haben Ihre gütigen Empfehlungen ihn durchaus geleitet und begleitet, auch die Mittel angewiesen seine Zwecke durchzuführen, wofür ich denn zum allerverpflichtetsten danke, in Hoffnung, daß die dadurch von unsrer Seite gewirkte Schuld völlig abgetragen und berichtigt sey. Dahingegen mein aufrichtiger Dank, so oft ich mich dieser Angelegenheit erinnere, ja so oft ich meine Gedanken in jene Gegenden wende, immer so herzlich als lebhaft seyn wird.

Das Kästchen ist glücklich angekommen und der Inhalt nach dem früher gemeldeten Willen des Senders vertheilt worden. Für die zurückgesendete 5. Lieferung habe schönstens zu danken, indem wirklich dadurch ein Defect ergänzt worden. Die 7. und 8. Lieferung, als die beiden letzten, gehen nächstens an Herrn Grubers sel. Erben nach Lindau ab; ich lege ein Wörtchen bey, wozu mir der Platz hier mangelt.

[108] Ohne ein Beyblatt hinzuzufügen kann ich denn doch das Vorliegende nicht absenden; denn ich muß wünschen, daß Herr Cattaneo durch Ew. Hochwohlgeboren erfahre, wie sehr ich auch ihm für sein theilnehmendes, wahrhaft tröstliches Schreiben verpflichtet bin. Ich behalte mir vor, zu ruhiger Stunde, die mir in dem Augenblicke fehlt, unmittelbar meinen Dank abzutragen und die Versicherung immer gleicher Hochachtung hinzuzufügen. Die Tagebücher meines Sohns bezeugen, wie dieser vorzügliche Mann sich auch des Fremdlings angenommen und seine Wißbegierde, seine Lust zu Erweiterung von Kenntnissen zu fördern gesucht hat. Bis auf ein Weiteres an denselben, so wie an Herrn Manzoni meine verpflichteten Grüße.

Und so muß mir denn auch der noch gebliebene Raum hier gleichfalls willkommen seyn, indem ich noch die Anerkennung des trefflichen Kupferstichs auszusprechen habe, den ich Ihrer Güte verdanke. Gewiß, es kann nichts angenehmer seyn, als an das Verdienst eines Mannes wie Appiani erinnert zu werden und zugleich die musterhafte Kunst des Kupferstechers zu bewundern. Es setzt in Erstaunen, wenn die Künstler dieses Faches sich immer mehr einander steigern, da, wenn man glaubt, der eine habe das Höchste erreicht, sogleich ein anderer ihm auf dem Fuße folgt, ja wohl ihn zu überschreiten das Glück hat.

Die Weimarischen Kunstfreunde erkennen mit mir den Werth einer solchen Gabe um so lebhafter, als[109] ohne Ihre geneigte Aufmerksamkeit ein solches Blatt in vollkommenem Abdruck so bald nicht zu uns gekommen wäre.

Des interessanten lieben Bildnisses gedenk ich auch mit warmem Antheil. Es ist ein schmerzlicher Trost, so schöne edle Züge durch einen wackern Künstler erhalten und verewigt zu sehen. Nehmen Sie meinen aufrichtigsten Dank, daß Sie mich dieses Blattes und dieser Gefühle haben theilhaftig werden lassen.

Weimar den 3. Februar 1831.


48/99.


An Carl Friedrich Zelter

– – überbietenden Glanz- und Pracht-Farben. Fahr ich fort, sie gegen die Sonne zu richten, so leistet sie solches den ganzen Tag. Dieß ist also dem Einsiedler vor Allen gegönnt, die so viel haben und sich noch mehr dünken. Man kann sehr glücklich seyn, wenn man die Beystimmung der andern nicht fordert; daher ist eurer, der Musiker, Glück und Unglück beides übermäßig. Vom Schauspieler will der Rasirmesser-Schärfe des Augenblicks.

Verzeih solche Leben zerstörende Betrachtungen, sie sind es, die mir das Leben erhalten.

Die Rückseite deiner Medaille hat mich seither beschäftigt; eine sehr saubere Zeichnung, an der ich immer noch rücke und schiebe, steht schon auf dem Papier.

[110] So weit ich sie auch hier bringen kann, muß ich doch noch eine Litaney von Forderungen schriftlich hinzuthun, und alles kommt auf Sinn und Geschmack desjenigen an, der sie dort ausführen wird. Die Wappenrückseite einer Medaille muß durchaus nicht aussehen wie ein Petschaft, und doch müßte man wünschen, damit zu siegeln. Wäre dort ein Künstler, der eingriffe, so sollten wir die gräßlichen allegorischen Figuren eine Zeitlang los seyn, und jede Familie sähe sich in ihrem Wappen, es möchte seyn, wie es wollte, geehrt und gegründet. Doch das Weitere nächstens.

Weil es noch Zeit und Raum ist, will ich dir Folgendes vermelden, weshalb du mich, wie ich hoffe, loben sollst. Die gute Mara, von dir mit Recht geliebt und bewundert, feyert in der Ultima Thule, ich glaube in Reval, irgend ein angewachsenes Jahresfest. Man will ihr dort etwas Angenehmes erweisen, hat Hummeln um Musik, mich, durch ihn, um einiges Poetische ersuchen lassen. Da war mir's denn angenehm, mich zu erinnern: daß gab denn einen artigen parallelen Gegensatz, und so waren ein Paar Strophen leicht entworfen.

Freylich wäre, mit genialer musikalischer Übereinkunft, auch hier für die Dame die gränzenloseste Erinnerungsfreude zu bewirken gewesen, wenn man die erste Strophe mit den damals so hoch gefeyerten Motiven[111] Sta. Elena al Calvario ausgestattet hätte, wodurch sie in ihre Jugend schmerzhaft-anmuthig wäre zurückgeführt worden. Ich hatte das Programm mir schon ausgedacht, es blieb aber in meinem Busen verschlossen. Was geschehen ist, weiß ich nicht. Die zwey Strophen selbst secretir ich dir; höchst wahrscheinlich kommen sie von dorther oder irgendwo an den Tag, ich will aber nicht vorgreifen.

Gegenwärtiges mag abgehen zu Erneuerung freundlichsten Andenkens.

Der Deine.

Weimar den 3. Februar 1831.

G.


48/100.


An Johann Peter Eckermann

Sagen Sie mir, mein guter Doctor, wie Sie sich befinden, und ich hoffe Sie heute zu sehen. Zugleich sagen Sie mir doch, ob beykommendes Blatt unsern Manzoni vorstellt; ich erhalt es von Mailand ohne nähere Bestimmung.

Das Beste wünschend.

Weimar den 3. Februar 1831.

G.


48/101.


An Carl Friedrich Zelter

Hier kommt die Zeichnung des Wappens, welches freylich von einem geistreichen, in dieser Art geübten Künstler ausgeführt werden müßte. Wenn du die[112] Zeichnung deinem Petschaft gegenüber hältst, so wirst du den Unterschied bemerken, und ein Lüftchen des 16. Jahrhunderts sollte dich anwehen. Die Hauptsache ist, daß die strenge Symmetrie ersetzt werde. Man sieht zarte Linien durch den Mittelpunct gezogen und sich im rechten Winkel kreuzend. Nun bemerke: Helm, Lyra, Stern, alles ist gegen die rechte Seite gerückt, die Helmdecke, nach echter alter Art angebracht, zieht das Auge durch eine stärkere Masse gegen die linke; der eigentliche Mittelpunct ist ganz leer, wodurch das Auge von einer strengen Vergleichung der beiden Seiten entbunden ist. Das Pferd ist etwas zu lang; der Thurm mag angehen; das Ordenskreuz steht rein auf der Mittellinie und nöthigt das Auge in's Bleygewicht.

Die Flügel konnten etwas mehr zusammengerückt werden, die Leyer schmäler seyn und eine bessere Form haben, auch begnügte man sich, dächte ich, mit drey Saiten, mit denen mein Zeichner zu freygebig war. Das Motto nach Belieben.

Seh ich die Zeichnung recht scharf mit plastischer Intention an und lasse die Linien biegsam und lebendig seyn, so seh ich wohl, wie mit wenigem Rücken und Biegen das Ganze seine wahre Stimmung erhalten könnte; aber weder ich, noch mein Zeichner haben Zeit, es nochmals durchzuarbeiten, und am Ende kommt doch darauf alles an, inwiefern der dortige Künstler in den Gedanken eingeht; denn er ist es doch[113] zuletzt, von dem die gefällige Harmonie der Composition abhängt. Sollte sie Angelica Facius unternehmen, so wär es hübsch, wenn sie es in derselben Größe in Wachs modellirte, man sähe, wie sie sich's nach ihrem Sinne zugerichtet hat, und so könnte durch guten Rath und Nachgiebigkeit immer noch etwas Erfreuliches zu Stande kommen.

Ihrem Vater wird sie durch Trauern und Säumen nichts helfen; er hat sich thöriger Weise durch Selbstcuriren einen Schaden am Fuße zugezogen, ist unglücklicher Weise in der seltsamsten Hypochondrie befangen. Ein altes Künstlerübel. das den jetzigen Zustand gar sehr verschlimmert. Seinem Hauswesen haben Wohldenkende nachzuhelfen gesucht; er ist, wie ich höre, auf der Besserung, womit denn das Gegenwärtige beschlossen seyn möge. Daß die Medaille gelinge, ist mein eifrigster Wunsch; das Medaillenwesen ist nach und nach so trivial geworden, daß man sich gar nicht mehr gesteht, wie löblich und wichtig dergleichen immer gewesen sey und bleibe. Freylich ist der große plastische Ernst, womit man diese Angelegenheit in früherer Zeit behandelt, so gut wie verschwunden; indessen die Technik immer an Fertigkeit zunimmt. Mein Sohn schickte mir, von Mailand aus, wohl hundert Stück aus dem 15. und 16. Jahrhundert, worunter sich erstaunenswerthe Dinge befinden. Und somit Gruß und Segen, wie er sich in die Ferne zum treusten und besten überliefern läßt.

[114] Laß dich Vorstehendes nicht verdrießen, wenn es auch hie und da abstrus aussehen sollte. Denke dir, daß hier etwas Fugenartiges für die Augen geleistet werden soll, das, wenn es recht gelänge, in größter Regelmäßigkeit regellos erschiene und durch alle Verwirrung etwas Anmuthiges durchblicken ließe. Übereile die Sache nicht, aber laß sie nicht stocken und denke dabey, daß eine Medaille länger aushält, als man denken mag. In einer abgelegenen Wald- und Thalkneipe in Thüringen fand sich ein Pfennig auf'm Tische, den der Bettler nicht möchte; es war indessen eine Münze von Licinius, dem Schwager Constantin des Großen, eine Weile sein Mitregent, dann ein Opfer seiner Politik.

und also aber und aber mal

Weimar den 4. Februar 1831.

G.


48/102.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Sie erhalten hiebey, mein Werthester,

1) die Schlußrede zu meinem botanischen Lebenslauf, in welcher ich die bemerkten Stellen der französischen Übersetzung dem Sinne des deutschen Originals habe anzunäh'ren gesucht; wollten Sie solche Bemühung prüfen?

2) Die Naturgeschichte der Valisneria, welche anmuthig ist zu weiterer Erläuterung der Vertical-[115] und Spiral-Tendenz, folgt gleichfalls zu geneigter Einsicht.

Das Beste wünschend.

Weimar den 6. Februar 1831.

J. W. v. G.


48/103.


An Heinrich Mylius

[Concept.]

Gegenwärtige Sendung begleite nur mit wenigen Worten, in Hoffnung mein Brief vom 3. Februar werde bey Ew. Hochwohlgeboren glücklich angelangt seyn. Schöpfen Sie aus beykommenden Büchlein einiges Vergnügen und Befriedigung, so gedenken Sie meiner geneigtest dabey als eines Freundes, welcher in diesen Heften einen Theil seines mühsames Lebens niedergelegt hat, um auch entfernten Wohlwollenden jetzt und künftig etwas Angenehmes und Nützliches zu erweisen.

Möge das Gute und Wünschenswerthe Ihren werthen Kreis niemals verlassen.

Weimar den 6. Februar 1831.


48/104.


An J. M. Grubers Erben

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten durch die fahrende Post ein Paquet in schwarze, Wachstuch sign. H. G. s. E. Lindau, welches[116] wohlgepackt, wie es ist, an Herrn Heinrich Mylius nach Mailand zu übersenden bitte, welcher von dessen Ankunft gleichfalls avertirt ist.

Indem ich für die bisherigen Gefälligkeiten zum schönsten danke und den gegenwärtigen Auftrag gleichfalls geneigt zu übernehmen bitte, empfehle mich einem freundlichen Andenken hochachtungsvoll.

Weimar den 7. Februar 1831.


48/105.


An Johann Heinrich Meyer

In Erwartung ihrer freundlichen Zusprache send' ich die Anfrage voraus: ob Sie mir mit etwa

Dreyhundert Thalern

auf kurze Zeit aushelfen mögen? und können. Mein oekonomisches Wesen erlebt eine wunderliche Krise.

W. d. 8. Febr. 1831.

G.


48/106.


An den Freiherrn Carl August von Lützerode

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

darf wohl freundlichst und angelegentlichst ersuchen, es möge Denselben gefällig seyn, dem Überbringer dieses, dem geschickten Porträtzeichner Schmeller, einige Stunden zu gönnen, damit ich ein wohlgetroffnes[117] Bildniß in die von mir veranstaltete Sammlung bedeutender und werther Mitlebenden hinzulegen und, auch in der Abwesenheit, mich und so manche hier Befreundete in der Erinnerung einer wohlwollenden Geneigtheit vergnügen könne.

Weimar den 11. Februar 1831.


48/107.


An Luise Seidler

Sie würden mir, meine theure Künstlerin, eine besondere Gefälligkeit erweisen, wenn Sie mir das Antlitz unseres werthen Niebuhrs, wie es Ihnen auf dem Papier und gewiß auch in der Seele zurückgeblieben, auf den hier beykommenden Bogen, als dem Format meiner großen Porträtsammlung, herüberbilden möchten; damit es in dieser Gesellschaft vorzüglicher Männer mir und andern Theilnehmenden einen schmerzlich-tröstlichen Anblick gewähre. Ihre Zeichnung gibt einen gar zu schönen Begriff von der, leider allzu schnell vorübergegangenen, Gegenwart des vorzüglichsten Mannes.

Das Beste wünschend.

Weimar den 11. Februar. 1831.

J. W. v. Goethe.


48/108.


An Ottilie von Goethe, geb. von Pogwisch

Wolltest du wohl, meine liebe Tochter, beyliegende Kupferstiche, welche mir wieder zurück erbitte, Herrn[118] Parry mittheilen; es sind Probedrücke derjenigen Blätter, welche wir von Dresden zu erwarten haben, und zwar nur ein Theil derselben.

Der Dresdener Verein erzeigt sich wirklich gegen die Actionärs sehr artig, indem er statt bloßer Umrisse, wie er versprochen, nunmehr ausführliche Blätter austheilt; welches besonders angenehm ist, da diese Probeblätter sämmtlich schätzenswerth sind, auch mehr oder weniger erfreuliche Gegenstände darstellen.

Dabey ist jedoch zu bemerken, daß diese Sendungen später als gewöhlich und dießmal in zwey Lieferungen erscheinen, weil ja die Kupferstecher nicht so leicht wie sonst fördern können. Es ist mir sehr viel werth, daß diese Angelegenheit auch sich fernerhin empfiehlt.

Weimar den 12. Februar [1831].

J. W. v. Goethe.


48/109.


An Heinrich Ludwig Friedrich Schrön

Indem der Himmels-Atlas hiebey zurückkehrt, wünsche das Weitere von der Erscheinung dieses Kometen zu vernehmen; so wie ich auch von dem Irrstern, welcher in den nächsten Jahren erwartet wird, in Kenntniß zu seyn wünsche, wo etwa in einer Druckschrift hierüber schon gehandelt worden.

Das Beste wünschend.

Weimar den 12. Februar 1831.

J. W. v. Goethe.[119]


48/110.


An David Charles Read

According to a wish of yours, expressed in a letter addressed to me a year ago, I send you, my dear Sir, the medals coined in my memory.

Expecting some new mission of your worthy endeavourings, of whom is given notice to the German public, in Annals of Lieterature, sent forth at Vienna.

I hoped you will think often on a loving estimator of talents, as are yours, favourised by nature, prospered by reflecting practice.

A cordial farewell!

Weimar, Feb. 16, 1831.

Goethe.


48/111.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtigste Großherzogin,

gnädigste Fürstin und Frau.

Ew. Käyserliche Hoheit tragen mehr als ich ausdrucken kann zur Vollständigkeit meines Daseyns bey. Denn welche Lücke in meinen Wochentagen erscheinen, wenn ich nicht das Glück hätte, Höchst-Dieselben zu geregelter Stunden verehren zu dürfen, und einer so höchst interessanten Unterhaltung in Höchstihro Gegenwart zu genießen.

[120] Die Fortsetzung der bedeutenden Beyhülfe, welche HöchstDieselben den mir untergebnen Anstalten zu widmen geruht, gereicht zu meiner größten Beruhigung. Denn wie vieles müßte zurück bleiben, wie vieles dürfte gar nicht unternommen werden, wenn ich ihnen solche Theilnahme, jene, seit einigen Jahren, mir zugewachsenen Anforderungen befriedigen sollte.

Indem ich nun, für mich und meinen Geschäftskreis, einen verpflichteten Danck, begleitet von den frömmsten Wünschen, ausspreche, so füge ich zugleich die danckbarste Anerkennung meiner gebildeten Mitbürger hinzu, welche, bey denen, neuerdings so trefflich eingeleiteten, begründeten und durchgeführten Anstalten, sich unterrichtet, erhoben und aufgeklärt fühlen.

Mögen diese und soviel andere Segnungen Höchstdero näherem und entfernteren Wirckungskreise lohnend zu Gute kommen, und auch mir gleiche Gunst und Gnade für immer gewährt seyn!

Verehrend

Ew. Käyserliche Hoheit

unterthänigst angehöriger Diener

Weimar d. 16ten Febr. 1831.

J. W. v. Goethe.


48/112.


An Carl Friedrich Zelter

Dein stöbernder Professor hat denn doch durch Vergrößerungsbrillen sich umgeschaut; bis auf den[121] heutigen Tag liegen fünf stärkere und schwächere Bände Manuscript bis Ende 1829 vor mir; 1830 wird den 6. Band anfangen. Alsdenn möchte man acht gedruckte Bände, wie die Schillerische Correspondenz, den Band zu einem Alphabet und drüber, garantiren können. Du siehst, daß es ein Schatz ist, von welchem die einzelnen Originale festzuhalten sind; Riemer übernimmt die nicht geringen Arbeit der Redaction; das Recht sich auf dem Titel als Herausgeber zu nennen wird er mit großer Sorgfalt zu gewinnen wissen. So lange ich lebe, werd ich ihm nachhelfen; denn es verlangt nicht allein Aufmerksamkeit, sondern auch Resolution, weil ich besonders alles Auffallende und Beleidigende möchte getilgt sehen, ohne daß dadurch der Derbheit und Tüchtigkeit Eintrag geschehe.

Dein Wappen, das mir ein guter Geist eingegeben, wird mir immer lieber. Überhaupt muß man sich nicht versagen, dasjenige aber- und abermal gut zu finden, was uns und andern einmal gelang, da dergleichen nicht immer zur Hand kommt. Daß ja die gute Facius in dem bisherigen Sinne fortfahre! Sendet mir das Resultat eurer Bemühungen. Gerade da, wo vom Entstehen eines Kunstwerks die Rede ist, kommt unter vernünftigen Menschen das Beste zur Sprache. Junge Künstler in meiner Nähe jammern mich oft; sie sind dem Falschen dergestalt leidenschaftlich ergeben, weil es ihren mäßigen Talenten zusagt, daß sie sich über die Verblendung von unser einem wundern[122] und betrüben müssen. Unglücklicherweise sind sie bescheiden und hoffen und streben, es immer besser zu machen, ohne freylich nur zu ahnen, daß der eingeschlagene Weg zuletzt nur zur Verzweiflung führt.

Indessen fahr ich immer fort sachte zu sammeln und habe die kostbarsten Dinge erhalten, auf die glücklicherweise niemand ein Auge hat. Eine Zeichnung von Augustin Carracci übertrifft alle Erwartung, weil ein ganzer Mann, aus seiner ganzen Natur, etwas glücklich hervorgebracht hat; man fragt nicht nach einem Höheren und Bessern.

Das begreifen unsre neusten Kunstaristokraten nicht, welche gegen diese höchst schätzbare Familie und ihre Wirkung eine ganz absurd-vornehme Stellung nehmen; und doch sind jene gerade die Leo's und Durante's ihrer Kunst und Zeit.

Du thust wohl, in deiner Kunst zu leben und leben zu lassen, ich mach es im Grunde auch so; denn wo nur halbweg ein menschlicher Funke hervorleuchtet, mag ich gerne beyfällig seyn.

Beyspiele, wo ich segnete und wo ich fluchte, mag ich selbst diesem Blatte nicht anvertrauen; mögen sie doch herauf- und herabwandeln, wie sie können.

Da ich dir übrigens nichts abschlagen kann, so folgen auch die paar Strophen zu Mara's Feste. Ich weiß nicht, was Hummel gethan hat. Nach meinem Sinne hätte die erste Strophe ganz die Sta. Elena al Calvario von Hasse anklingend zurückrufen müssen,[123] die zweyte konnte so original und modern seyn, als sie wollte.

Nun noch einen löblichen Hauptpunct! Das Außenbleiben meines Sohnes muß ich mir nun nach und nach gefallen lassen; der aufgedrungene Versuch, nochmals Hausvater zu seyn, gelingt mir nicht übel; damit aber doch jene bedeutende Natur für seine Gönner nicht so stumpf abklinge, so habe ich zuerst den italiänischen Freunden einen, freylich nur sehr flüchtigen, Abriß seiner Reisemonate aufgesetzt, den ich dir nun auch nächstens abschriftlich übersende. Es ist immer etwas; freylich sind seine Tagebücher höchst interessant, aber wegen der immer hervorstechenden Individualität, die du ja kanntest, nicht in ihrer eigensten Energie und Entschiedenheit mitzutheilen. Das wäre einmal eine Lesung, wenn es sich glücklich fügte, daß du uns wieder besuchtest; der Schwan würde darüber seine Flügel ausbreiten.

A propos vom Schwane: Herr Geh. Oberfinanzrath Beuth hat mir wieder eine ganz unschätzbare Gabe gesendet; ich habe meinen lebhaftesten Dank sogleich erwidert, und gibt es Gelegenheit, ihm unmittelbar ein Wort darüber zu sagen, wie sehr er mich verpflichtet hat, so versäum es nicht.

und so fort an!

Weimar den 19. Februar 1831.

G.[124]


[Beilage.]

Der

Demoiselle Schmeling,

nach Ausführung

der Hassischen

Sta. Elena al Calvario

Leipzig 1771.


Klarster Stimme, froh an Sinn –

Reinste Jugendgabe –

Zogst du mit der Kaiserin

Nach dem heilgen Grabe.

Dort, wo alles wohlgelang,

Unter die Beglückten

Riß dein herrschender Gesang

Mich den Hochentzückten.


An

Madame Mara

zum frohen

Jahresfest

Weimar

1831.


Sangreich war dein Ehrenweg

Jede Brust erwiternd,

Sang auch ich auf Pfad und Steg,

Müh' und Schritt erheiternd.

Nah dem Ziele, denk ich heut'

Jener Zeit der Süßen;

Fühle mit, wie mich's erfreut

Segnend dich zu grüßen.[125]


48/113.


An Peter Christian Wilhelm Beuth

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

überraschen mich abermals durch eine unschätzbare Gabe. Hier erscheint die Kunst vollkommen selbstständig, indem sie sich sogar unabhängig erweist von dem, was dem edlen Menschen das Höchste und Verehrungswürde bleibt, von der Sittlichkeit. Will sie sich aber völlig frey erklären, so muß sie ihre eigenen Gesetze entschieden aussprechen und bewähren, wie es auch hier geleistet ist.

Verzeihung dieser improvisirten Äußerung, hier wäre Anlaß zu vielem.

Der neuere Künstler, der von der unbedingten Kunst meist keinen Begriff hat, denkt: wenn in seinen Werken irgend ein Geschichtliches, Sentimentales, Frommes pp. ausgedruckt oder angedeutet ist, er habe seine Schuldigkeit gethan, und merkt nicht, daß im Reiche der Kunst sich alles höheren Betrachtungen unterzuordnen hat, wie solches Ew. Hochwohlgeboren praktisch bewundernswürdig zu fördern wissen.

Sodann aber darf ich Dieselben auf die Wiener Jahrbücher der Literatur und zwar deren letztes Heft von 1830 wohl aufmerksam machen und den Wunsch hinzufügen: Sie mögen daraus einigermaßen abnehmen, wie anhaltend sich die Weimarischen Kunstfreunde mit[126] Betrachtung des ersten Bandes der unvergleichlichen Musterbilder beschäftigt und sich daran geraume Zeit ergetzt und belehrt haben, hiernach aber den immerfort tief empfundenen, leider verspäteten Dank geneigtest annehmen. Wir gehören gewiß zu denjenigen, die das Werk anzuerkennen Meister zu verehren wissen, dessen weitausgreifende Wirkungen wir uns möglichst zu vergegenwärtigen suchen.

Verzeihen Sie die vom Augenblick abgeforderten Äußerungen; wollt ich sie näher überlegen und schicklich aufstellen, so ginge die Zeit hin, und ich müßte doppelt und dreyfach an der unangenehmen Empfindung leiden, welche den redlichen Schuldner niemals verläßt.

Haben Sie ja die Güte von Zeit zu Zeit solche Sterne in meine immer stiller werdenden Nächte hereinleuchten zu lassen.

Weimar den 22. Februar 1831.


48/114.


An Carl Friedrich Zelter

Freundlichkeit theilnehmend zu gedenken.

Mein Sohn reiste, um zu genesen; seine ersten Briefe von jenseits waren höchst tröstlich und erfreulich; er hatte Mailand, die Lombardei, ihre fruchtreichen Felder, ihre bewundernswürdigen Seen mit tüchtigem frohen Antheil besucht und beschaut, war ebnermaßen bis Venedig und nach Mailand wieder[127] zurückgekommen. Sein ununterbrochenes Tagebuch zeugte von einem offenen, ungetrübten Blick für Natur und Kunst; er war behaglich bey Anwendung und Erweiterung seiner früheren mehrfachen Kenntnisse. Eben so setzte sich's fort bis Genua, wo er mit einem alten Freunde, Herrn Sterling, der mein Verhältniß zu Lord Byron vermittelt hatte, vergnüglich zusammentraf und sich darauf von seinem bisherigen Begleiter, dem Doctor Eckermann, welcher nach Deutschland zurückging, trennte.

Der Bruch des Schlüsselbeins, der zwischen gedachtem Ort und Spezia sich leider ereignete, hielt ihn hier an vier Wochen fest; aber auch dieses Unheil, so wie eine sich dazu gesellende Hautkrankheit, beides in der großen Hitze sehr beschwerlich, übertrug er mit männlich gutem Humor; seine Tagebücher bleiben vollständig, und er verließ gedachten Ort nicht eher, bis er sich in der Umgegend vollkommen umgesehen und sogar das Gebäude der Quarantaine besucht hatte. Einen kurzen Aufenthalt in Carrara, einen längern in Florenz benutzte er musterhaft, durchaus mit folgerechter Aufmerksamkeit; sein Tagebuch könnte einem ähnlich Gesinnten zum Wegweiser dienen.

Hierauf war er, von Livorno mit dem Dampfschiffe abreisend, nach ausgestandenem bedenklichen Sturm, an einem Festtage in Neapel gelandet. Hier fand er den wackern Künstler Herrn Zahn, der bey seinem Aufenthalt in Deutschland zu uns das beste[128] Verhältniß gefunden hatte, ihm freundlichst entgegen kam und sich nun als erwünschtester Führer und Beystand vollkommen legitimirte.

Seine Briefe von dorther wollten mir jedoch, wie ich gestehen muß, nicht recht gefallen; sie deuteten auf eine gewisse Hast, auf eine krankhafte Exaltation, wenn er sich auch in Absicht auf sorgfältiges Bemerken und Niederschreiben ziemlich gleich blieb. In Pompeji ward er einheimisch; seine Gefühle, Bemerkungen, Handlungen in jener Stadt sind heiter, ja lustig-lebendig.

Eine Schnellfahrt nach Rom konnte die schon sehr aufgeregte Natur nicht besänftigen; die ehren- und liebevolle Aufnahme der dortigen deutschen Männer und bedeutender Künstler scheint er auch nur mit einer fieberhaften Hast genossen zu haben. Nach wenigen Tagen schlug er den Weg ein, um an der Pyramide des Cestius auszuruhen, an der Stelle, wohin sein Vater, vor seiner Geburt, sich dichterisch zu sehnen geneigt war. Vielleicht gibt es Gelegenheit in künftigen Tagen, aus seinen Reiseblättern das Gedächtniß dieses eignen jungen Manns Freunden und Wohlwollenden aufzufrischen und zu empfehlen.

und so, über Gräber, vorwärts!

Weimar den 23. Februar 1831.

G.[129]


48/115.


An Friedrich Jacob Soret

Erlauben Sie, theurer Mann, daß ich, gedrängt von den typographischen Gläubigern, dießmal einen Mahnbrief erlasse und Sie bitte: mir die noch rückständigen einzuschaltenden Blätter baldigst zu übersenden. Auch wollt ich wünschen, Sie besuchten mich nächstens zu einer heitern Morgenstunde. Das bisherige Manuscript, Original und Übersetzung, bin mit Professor Riemer sorgfältig durchgegangen; wir haben einiges dabey bemerkt, welches aber Ihrer Revision und Sanction bedarf. Wir werden ohnehin, wenn wir Ostern hervortreten wollen, früher schließen müssen, als die Absicht war.

Frohen Muth zur Vollendung.

treu theilnehmend

Weimar den 23. Februar 1831.

J. W. v. Goethe.


48/116.


An Wilhelm Johann Carl Zahn

Das Schreiben meines Sohns, datirt den 13. September von Neapel, war eins der angenehmsten seiner bisherigen Wallfahrt. Nach manchem Unbilden einer sonst glücklichen Reise, nach überstandenem harten Meeres-Sturm war er endlich im herrlichsten Hafen angelangt, an einem bedeutenden Festtage, welches gute Vorbedeutungen aufzufordern schien. Sein Glück hielt ich für ganz vollkommen, da er Sie gleich antraf,[130] und es ihm sodann an Leitung, Führung und allen möglichen Fördernissen nicht fehlen konnte.

Wenn das durch Ihre Vermittlung möglich gewordene Ereigniß einer besonders gewidmeten Ausgrabung auch fernerhin die Folge haben kann, daß unser Name heiter in Pompeji von Zeit zu Zeit ausgesprochen werde, so ist das einer von den Gedanken, mit denen unsre, über der Vergangenheit spielende Einbildungskraft sich angenehm beschäftigen, Schmerzen lindern und an die Stelle des Entflohnen das Künftige ich vorzubilden Gelegenheit nimmt. Empfangen Sie meinen lebhaften Dank für diese höchst freundliche Einleitung.

Eben so gibt auch für die Zukunft die erfreulichste Aussicht, Sie und Ihre neu erworbenen Schätze wieder bey uns zu sehen. Jenes farbige Blatt vielfach an einander gereihter, bunt vervierter Streifen, das ich mit einem Kästchen aus Neapel erhielt, erregt mir aber die Vermuthung, daß Sie in Neapel selbst ein Unternehmen jener Art ausführen könnten. Geben Sie mir Nachricht von Zeit zu Zeit von dem, was Sie unternehmen, was Ihnen begegnet und wo Sie sich befinden?

Daß Ihre Gegenwart in Wien willkommen gewesen, hat mir Herr Professor v. Deinhardstein schon ausgesprochen und die Anzeige, die ich von Ihren schönen Heften niedergeschrieben, gern und willig in die Jahrbücher aufgenommen. Sie ist wohl noch nicht[131] bis zu Ihnen gelangt; wann Sie aber auch solche erhalten, so werden Sie daraus den warmen Antheil erkennen, den ich an Ihren schönen Bemühungen genommen habe und immer nehmen werde.

Möge Ihre schätzenswerthe Thätigkeit von außen immer gefördert und durch Gesundheit und Geistesfreyheit fernerhin möglich gemacht und gesteigert werden.

Ober-Baudirector Coudray grüßt zum schönsten und wendet Ihre Hefte zu sichtbarem Nutzen täglich an. Er fand Gelegenheit und Förderniß, eine Gewerkschule anzulegen, wo manche Theile Ihrer Blätter, vorsichtig nachgebildet, zu vortheilhaften Mustern dienen und eine gewisse Freyheit und Heiterkeit des Geistes, woraus der gute Geschmack entsteht, den Nachzeichnenden gewähren.

Fahren auch Sie fort und erfreuen sich alles Guten und Schönen, das Sie genießen und stiften.

mit den treusten Wünschen

Weimar den 24. Februar 1831.

J. W. v. Goethe.


48/117.


An Luise Seidler

[Concept.]

Wenn Demoiselle Seidler die hier angelangten Dresdner Gewinne beschauen möchte, so findet sie solche um 4 Uhr in meinen vordern Zimmern aufgestellt.

Weimar den 24. Februar 1831.[132]


48/118.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

die eingesendeten Anschläge autorisirt zurücksendend, ersuche Dieselben künftighin: alles, was das eigentliche Geschäft betrifft, auf einen gebrochenen Bogen in Form eines Promemorias unter Aufschrift der unterzeichneten Behörde, versiegelt anher ergehen zu lassen, dagegen was als Privatsache mitzutheilen wäre, in brieflicher Form wie bisher allenfalls gefällig beyzulegen. Wie ich denn gegenwärtig mir die Mittheilung von Links philosophia botanica hierdurch freundlichst ausbitten will.

Weimar den 26. Februar 1831.


48/119.


An den Albert Joseph Ludwig Gabrielvon Groß

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

werden verzeihen, wenn ich Dieselben durch Gegenwärtiges freundlichst ersuche: unserm geschickten Porträtmaler Schmeller einige Stunden zu gönnen, damit ich Ihr werthes Bild der schon bedeutenden Sammlung hinzufügen könne, in welcher sich unter einer Anzahl vorzüglicher Mitlebenden die Freunde meines zu früh abgeschiedenen Sohnes meistens befinden.

[133] Ich ergreife mit Vergnügen diese Gelegenheit mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen.

Weimar den 26. Februar 1831.


48/120.


An Henriette von Schwendler

[Concept.]

Werden Ew. Gnaden es freundlich aufnehmen? wenn ich Dieselben ersuche, dem Überbringer dieses, dem geschickten Porträtzeichner Schmeller, einige Stunden zu gönnen, damit ich Ihr Bildniß in die bedeutende Sammlung, die von mir würdigen Männern und Frauen gewidmet ist, und zwar das Ihrige an der Seite des Herrn Gemahls niederlegen könne. Mir gereicht es zum besondern Vergnügen, bey dieser Gelegenheit mich hochachtungsvoll unterzeichnen zu dürfen.

Weimar den 26. Februar 1831.


48/121.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

[Concept.]

Bey Ew. Hochwohlgeboren wollte durch Gegenwärtiges anfragen: ob es nicht räthlich seyn möchte, einen kurzen Aufsatz niederzuschreiben, wodurch die Einrichtung unserer Gewerkenschule, deren bisherige[134] Führung und die letzten Leistungen am Geburtstag Ihro Kaiserlichen Hoheit wahrhaft und gründlich dargestellt würden? Ich besorgte sodann, daß solcher in den Thüringer Volksfreund eingerückt und auch wohl sonst verbreitet würde. Den besten Succeß wünschend.

Weimar den 26. Februar 1831.


48/122.


An Friedrich Willhelm Riemer?

Bey'm Aufräumen finde ich heute Beykommendes, welches aufzuheben Ihnen vielleicht nicht unangenehm ist. ich sende solches mir den besten Wünschen zu Ihrer Genesung.

treulichst

Weimar den 27. Februar 1831.

Goethe.


48/123.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

für die Übersendung des Fragments einer wunderlichen Tabelle schönstens dankend, übersende den Abschluß des ersten Nachtrags, Original und Übersetzung, in Absicht zugleich anzufragen: ob wir bald den 10. Bogen zur Revision erhalten könnten. Auch wollte zugleich um Anzeige ersuchen, wie viel das noch drüben vorhandene Manuscript im Druck abwerfen würde, indem ich alsobald das Weitere übersenden könnte.

[135] Die Fortdauer alles Guten und Angenehmen, womit Fräulein Alwine mich erfreut hat, auch fernerhin, unter den schönsten und besten Empfehlungen, wünschend.

Weimar den 2. März 1831.


48/124.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wenn Sie sich getrauen, aus dem Zimmer zu gehen und das Haus zu verlassen, so sende gegen 6 Uhr den Wagen. Für jeden Fall folgt ein neueres Manuscript hiebey, zu gefälliger Durchsicht für die nächste Zusammenkunft.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 2. März 1831.

G.


48/125.


An Johann Jacob und Marianne von Willemer

Die netten Fäßchen sind glücklich angekommen, deren Inhalt mir nun, bey Alten und Jungen, freundliche Gesichter bewirkt; möcht ich doch auch irgend etwas Angenehmes und Erquickendes dagegen übersenden können.

Vielleicht gelingt es mir mit dem eintretenden Frühlinge, auf den Sie wohl auch sehnlichst hoffen, obgleich Ihre Winter-Aussicht auf das belebte Maynufer, besonders gegenwärtig, unterhaltend genug seyn mag, indessen ich das Bedürfniß lebhaft fühle: das[136] Einschauen in meinen entschlafenen Klostergarten mit einer Übersicht frey und frisch aufgründender Landschaften zu vertauschen.

Meine vielfachen Beschäftigungen, die mir zwar nicht lästig sind, die ich aber noch lieber verfolgen würde, wenn ich etwas darunter entstehen sähe, was Ihnen zunächst auch Freude machen könnte. Doch wollen wir auch diese Hoffnung nicht aufgeben.

Meine, mir vom wunderlichen Geschick abermals zugemuthete Rolle eines deutschen Hausvaters wird denn doch noch, und zwar aber allzu deutlich gewahr wird, daß, wenn man unmittelbar nützen soll und will, man freylich die Gegenwart, da denn der Wunsch nicht ausbleibt: man möge für seine abwesenden Freunde doch auch manchmal noch Tage, wo nicht Wochen, gegenwärtig leben können.

Treulichst grüßend

und wünschend

W. d. 2. März 1831.

J. W. v. Goethe.


48/126.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hiebey, mein Theuerster, die, unsern guten Jungius betreffenden Papiere. Denken Sie bey der gefällig unternommenen Arbeit den flüchtigen Entwurf zu[137] einem methodischen Vortrage nochmals durch. Wenn man die Wiederholungen beseitigt, so wird das Übrige meist brauchbar seyn, indem man es umstellt und das Zusammengehörige vereinigt. Ich arbeite indessen, um den Hauptpunct zu völliger Klarheit hindurchzuführen.

Da ich mich durch Ihre Theilnahme vollkommen erleichtert fühle, so seh ich erst wieder, wie angenehm eine solche Arbeit ist, welche zu denken gibt, indem sie unterrichtet.

treulichst

Weimar den 3. März 1831.

G.


48/127.


An Friedrich Jacob Soret

Wegen der bedenklichen Stelle fol. 37 gebe ich Ihnen völlig recht; sende Ihnen deshalb die Stelle zurück und ersuche Sie: selbst,

avec beaucoup de reserve,

in französischer Sprache aufzusetzen, was in diesem Falle schicklich seyn möchte, welches ich nachher in's Deutsche übersetzen will. Wir müssen unsern guten Ruf zu erhalten suchen.

ergebenst

Weimar den 3. März 1831.

J. W. v. Goethe.


48/128.


An Friedrich Jacob Soret

Ich erhalte mich nicht, aus dem Stegreife zu erwiedern: daß Ihre Behandlung der bedencklichen Stelle[138] fürtrefflich sey. Die französische Sprache eignet sich unvergleichlich zu solchen diplomatischen Äußerungen. Tausend Danck. Ich will sehen, es glücklich in's Deutsche zu versetzen. Verzeihung dem Bleystift, der eben bey Hand ist.

W. d. 4. März 1831.

G.


48/129.


An Peter Christian Wilhelm Beuth

[Concept.]

[4. März 1831.]

Ew. Wohlgeboren

wüßte nicht genug zu danken für die baldige und schöne Gelegenheit, welche Sie mir geben, dasjenige nachzuholen, was ich in meinem letzten eiligen Schreiben versäumte, nämlich zu berichten, daß es unserm wackern Ober-Baudirector Coudray durch günstige Unterstützung unsrer verehrten Frau Großherzogin gelungen ist, eine Gewerkschule zu errichten, welche bey dem Talente, der Einsicht, der Thätigkeit des genannten Mannes in kurzer Zeit sich gar erfreulich aufgenommen hat.

Hier sind nun die schon früher geneigtest mitgetheilten, höchst schätzbaren Blätter ganz eigentlich zum Grunde gelegt, erst die Vorschriften für Zimmerleute, nun die für den Maurer bestimmten, und wenn man sich von gründlich überlieferter Reißkunst zur Fähigkeit der freyen Zeichnung erhoben, dann zeigt sich erst recht der entschiedene Vortheil jener unschätzbaren Vorbilder, welche uns die großen Gedanken der alten Kunst vor Augen bringen.[139]

Indem ich also, im Namen so vieler Thätigen und Strebsamen, Lehrenden und Lernenden, die aufrichtigste Anerkennung ausspreche, so darf ich wohl dringend die Bitte hinzufügen: Ew. Hochwohlgeboren [mögen die Güte haben,] unsre lebhafte Gesinnung einem hohen Ministerium des Innern zu betheuern, auch sich selbst diese Anstalt, als das eigentlichste Filial, für jede Folge freundlichst empfohlen seyn zu lassen.

Der ich, an meinem Theil gleichermaßen gefördert, an Kenntniß und Einsicht bereichert, Ihrem Andenken immerfort als ein Verpflichteter gegenwärtig zu bleiben wünschen muß.


48/130.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende hiebey die Fortsetzung des Manuscripts, welches nicht als ganz löblich angesehen werden kann; doch werden sich erfahrne Setzer, Correctoren und Revisoren wohl darin zu finden wissen.

Mit den besten Wünschen und schönsten Empfehlungen.

Weimar den 5. März 1831.


48/131.


An Ottilie von Goethe

[Concept.]

Hierbey sende den 3. Band des Moorischen Werkes zurück; die ganze Sache ist für uns von Bedeutung,[140] und ich ersuche dich daher, mit den schönen langgeschnittenen Zeichen die sämmtlich Stellen nochmals zu bezeichnen, die sich auf dieses Ereigniß der Dedication beziehen. ich würde jene Druckstellen abschreiben lassen, so wie für eine vollständige Abschrift des Originalblattes zu sorgen wäre. Dieß gäbe ein gar hübsches Actenstückchen zu unsrer Beyronschen Sammlung.

Weimar 6. März 1831.


48/132.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

[Concept.]

Der hier zurückgehende Aufsatz ist vollkommen zweckmäßig, und könnte nichts dabey erinnert werden; nur die einzige mich betreffende, durchgestrichene Stelle wünschte weggelassen.

Mögen Sie mir eine weitere Abschrift übersenden, so soll sie alsobald nach Jena befördert werden.

Die Vorlegeblätter für Maurer folgen hiebey; ich widme sie sehr gern dem so kräftig lebendigen Institut.

Weimar den 6. März 1831.


48/133.


An Johann Heinrich Meyer

Jener kleinen schweizerischen Familiensammlung von fast- und halbgleichzeitigen Künstlern war ich vom ersten Augenblick an günstig und destinirte 20 rh. dazu. Nun findet sich in beykommendem Briefe die Forderung nur wenig höher, ich biete ihnen jene[141] Summe, und wir haben für den Denkenden, ruhig Beobachtenden einen wahren Schatz. Die Blätter von Heinrich Fueßli sind es allein werth und mehr; wo finden sich denn so bedeutende Anfänge außerordentlicher Menschen?

Geben Sie Vorstehendem Ihren Beyfall, so schaffe ich die Sammlung an. Sie hätten alsdann die Güte und commentirten sie in einem kurzen Aufsatz über Leben und sonstiges der vorkommenden Künstler, wodurch die Blätter den doppelten Werth gewönnen, indem wir diese Notiz hinzulegten.

Das Beste wünschend.

treulichst

Weimar den 7. März 1831.

Goethe.


48/134.


An Friedrich Jacob Soret

Die Übersetzung Ihres schönen Artikels wird Sie lächeln machen, mein Theuerster; um einigermaßen höflich zu seyn hab ich mehr Worte bedurft. Es gibt zu scherzhaften Betrachtungen Anlaß.

Da Sie, soviel ich weiß, kein Original zur Übersetzung mehr in Handen haben, schick ich einen Aufsatz, mit dem ich unsern historischen Nachtrag zu schließen gedenke. Das Weitere wird zu bereden seyn.

Mich zu geneigter fernerer Mitwirkung schönstens empfehlend.

treulichst

Weimar den 7. März 1831.

Goethe.[142]


48/135.


An Friedrich Theodor Kräuter

Von dem französischen Botaniker und Pflanzenzeichner

Turpin

wünschte einige biographische Kenntnisse.

Weimar den 8. März 1831.

G.


48/136.


An Carl Friedrich Zelter

Die erste Seite deines lieben Briefes vom 5. März schließt sich freundlich an das vorhergegangene schon angelangte Blatt getreulich an und kommt mir zur rechten Stunde. Das Original von Rameau's Neffen findet sich in folgendem Bande: Oevres inédites de Denis Diderot de L'Auteur; par Goethe. Empfiehl mich dem Herrn Fürsten Radziwill Durchlaucht zum allerschönsten. Auch melde mir, ob sich Faust nach und nach in diesen unharmonischen Zeiten immer harmonischer erweise?

Diderot ist Diderot, ein einzig Individuum; wer an ihm oder seinen Sachen mäkelt, ist ein Philister, und deren sind egionen. Wissen doch die Menschen weder von Gott, noch von der Natur, noch von ihres Gleichen dankbar zu empfangen, was unschätzbar ist. Nun habe auch ich Anfrage und Bitte. Vor vielen[143] Jahren kam eine englische Übersetzung meiner Iphigenie heraus; auf meine Veranlassung erschien darauf ein Nachdruck bey Unger, sauber und schön. Meine Exemplare sind alle verloren; sollte sich nicht in dem Ungerischen Nachlaß, unter andern Ladenhütern, oder bey irgend einer andern Handlung, an die sein Verlag abgetreten worden, noch ein Restchen dieser Ausgabe finden? Es würde mir viel Freude machen.

Das versprochene Blatt von Leonard da Vinci soll nächstens folgen; ein Abdruck liegt in dem Portefeuille der lombardischen Schule, der andere muß aufgesucht werden, welches bisher versäumt worden. Lies indessen in meinem 35. Bändchen S. 311 und 12, so wirst du noch ungeduldiger auf die Nachbildung des köstlichen Werkes werden, welches nächstens bey dir eintreffen wird. Gönn ihm sogleich Glas und Rahmen, laß es lebenslänglich vor deinen Augen, erquicke und erbaue dich daran. Eigentlich solltest du mir diese Hauptfuge des bildenden Kunstvermögens analog am allerbesten auslegen können.

In Gefolg des Vorstehenden ließ ich sogleich nachsehen, wo ich die Doublette vermuthete; leider ward sie nicht gefunden, und da es mit solchen Dingen, die, bey sonstiger regelmäßiger Aufbewahrung, einmal zufällig untergeschoben werden, gewöhnlich der Fall ist, daß man sie nur zufällig wieder findet, so wirst du dich gedulden, bis ich selbst wieder meine Sammlungen angehe, welches bey zunehmender besserer Jahrszeit[144] nächstens geschehen wird. Was sonst noch zu sagen wäre, wird nicht ausbleiben.

eilig abschließen

Weimar den 9. März 1831.

G.


48/137.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende hiebey den revidirten 10. Bogen zurück mit dem Wunsche, Sie mögen mir den hiernach revidirten Bogen zu nochmaliger Revision herüber senden.

Es bedarf wohl kaum der Bemerkung, daß die hinüber gesendeten einzelnen Blätter, Original und Übersetzung, hinter einander unmittelbar weg gedruckt werden, und daß nur ein Strichelchen einen Artikel von dem andern trennt.

Alles Gute weiterer Fortsetzung wünschend.

Weimar den 9. März 1831.


48/138.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sind in Ihrem Tagesblatt so oft in dem Falle, von versäumten oder mißlungenen Anstalten zu sprechen, daß es Ihnen gewiß Freude machen wird, von einer einsichtig unternommenen und auf das beste prosperirenden Unternehmung genaue Nachricht zu geben.

[145] Dabey wünscht ich, daß Sie bey Ihrem nächsten Hierseyn entweder die Schulstunden selbst oder wenigstens das zweckmäßig eingerichtete Local in Augenschein nähmen, um auch die Theilnahme der jenaischen Wohlwollenden für diese glücklichen Anfänge geneigt zu beleben.

Weimar den 9. März 1831.


48/139.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Sehen Sie, mein Bester, Beykommendes mit Geneigtheit an und studiren es als ein für sich bestehendes Fragment. Das Unverständliche daran wird sich bey der nächsten Unterhaltung lösen; mein Wunsch ist, kurz, redlich und tüchtig, doch anständig über diese Angelegenheit hinauszukommen.

Weimar den 13. März 1831.

Goethe.


48/140.


An Friedrich Jacob Soret

Darf ich Sie nun ersuchen, beykommendem deutschen Texte eine geneigte Übersetzung zu gönnen? Nach Verabredung hab ich das lateinische Original Ihrer Seite überlassen; deshalb haben Sie die Güte, nur da anzufangen, wo der lateinische Text aufhört, wie ich es auch auf der zweyten Seite mit Bleistift bemerkt habe.

[146] Einige kurze Conferenzen werden uns über gar manches hinausheben, worauf ich mich herzlich freue. Meine besten Wünsche so wie die traulichsten Grüße.

Unwandelbar

Weimar den 16. März 1831.

Goethe.


48/141.


An Friedrich Theodor von Müller

Indem ich die mitgetheilten, höchst interessanten Briefe hiemit dankbarlichst zurücksende, kann ich nicht unterlassen, das gestern besprochene Gedicht beyzufügen, damit Sie sich von dem wundersamen Talente des leider zu frühabgeschiedene Poeten einigen Begriff machen mögen.

Weimar den 18. März 1831.

G.


48/142.


An Friedrich von Luck

[Concept.]

[18. März 1831.]

Ew. Hochwohlgeboren

sind mir von je als ein wohldenkender und wohlwollender, geistreicher Mann bekannt; deswegen bin ich überzeugt, Sie werden es freundlich aufnehmen, wenn ich Ihnen, in Erinnerung heitrer und ernster Stunden, zutraulich die Verlegenheit mittheile, in der ich mich befinde.

[147] Ich darf vorausetzen, daß Sie jederzeit die vorzüglichen und trefflichen Personen im Auge haben, an welche Sie ein Schreiben zu richten gedenken. Nun ersuch ich Sie, unsre verehrte Frau Großherzogin sich vorzustellen, deren Tage und Stunden in sorgsamster Beobachtung hoher Pflichten, wie eine Fürstin gegen Familie und Staat empfindet, treulichst verwendet werden, wobey sie zugleich durch die sehr bewegte Zeit zu den ernstesten Betrachtungen aufgefordert wird.

Eine solche Dame, denken Sie sich, eröffne einen Brief, der mit den seltsamsten indechiffrablen Hieroglyphen, mißfarbigen Bildern und seltsamen Lettern Ihr entgegen tritt, so werden Sie mir zugestehen, daß ein reines zartes Frauengefühl eine gewisse Apprehension empfinden, und der augenblickliche Eindruck höchst unerfreulich seyn müsse.

Darf ich daher, der ich Personen und Verhältnisse in der nächsten Nähe genauer kennen kann, als es Ew. Hochwohlgeboren in so weiter Ferne möglich seyn dürfte, Sie nicht ohne höhere Veranlassung auf's dringendste ersuchen, künftighin Ihro Kaiserliche Hoheit nicht ferner, weder mit solchen Schreiben, so wenig als mit Gedichten und Zueignungen anzugehen.

Ew. Hochwohlgeboren werden solche Sendungen um so gewisser unterlassen, als ich versichern kann, daß jedesmal unangenehme Sensationen dadurch erregt werden, welches gewiß die Absicht nicht ist, da Sie in Gefahr kommen, der vorzüglich guten Meynung,[148] welche Ihro Kaiserliche Hoheit von Ihren Eigenschaften hegen, einen ungünstigen Eintrag zu thun.

Da diese meine Äußerung schon beweist, welches herkömmliche Zutrauen ich in Ihre Gesinnungen setze und ich nicht verbergen kann, daß unsre so höchst ehrwürdige Rhein-Scenen mir vollkommen gegenwärtig sind, so darf ich wohl nichts weiter hinzufügen und mich mit den treusten Wünschen hochachtungsvoll unterzeichnen.


48/143.


An Wilhelm Reichel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

darf nicht verfehlen, die richtige Ankunft beider Sendungen [zu melden], sowohl der vor einigen Tagen angekommen ist, und wodurch ich nun im Besitz auch der vollständigen Octav-Ausgabe mich befind.

Wenn ich die Vorsehung dankbar zu verehren habe, die mich gegen alle Wahrscheinlichkeit die Beendigung dieses wichtigen Geschäfts erleben ließ, so schließt sich gleich daran die Anerkennung von Ew. Wohlgeboren immer gleicher einsichtiger Thätigkeit, welche von dem Wunsch unzertrennlich ist, es möge mir gelingen Denenselben irgend etwas Angenehmes zu erweisen.

Womit ich zu geneigtem Andenken und, wenn sich noch ein ähnliches Verhältniß hervorthun sollte, gleicher Mitwirkung empfohlen zu seyn wünsche.

Weimar den 19. März 1831.[149]


48/144.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey zwar nur wenige Blätter, die aber doch unterdessen abgesetzt werden können, und so ist es immer ein Schritt weiter. Nächstens hoffe das übrige Manuscript zu übersenden, womit wir schließen wollen. Wir würden allenfalls in den 13. Bogen hineinkommen.

Wollten Sie indessen auf einen hübschen Umschlag denken? da denn wünschenswerth wäre, daß er etwas gefüttert und dauerhaft geheftet würde. Es kommen mir von der Art manche Sendungen zu.

Mögen Sie mir noch einige Exemplare des Volksfreundes, die Anzeige unsrer Gewerkschule enthaltend, überschicken, so geschähe mir ein Gefalle. Ich habe versäumt, Sie um Abdrücke auf besseres Papier zu bitten, um solche unsern höchsten theilnehmenden Herrschaften und höheren Behörden vorlegen zu können.

Weimar den 19. März 1831.


48/145.


An Sulpiz Boisserée

Ihr liebes Briefchen, durch Herrn v. Conta gesendet, erwidere ich dankbar.

Wenn ich Sie, wie ich mich nicht recht erinnere, in meinem letzten Schreiben auf den 51. und 52. Band[150] der Wiener Jahrbücher aufmerksam gemacht habe, ohne daß Sie diese edlen Hefte deshalb aufgeschlagen hätten, so bin ich nicht schuld, wenn von Ihren Weimarischen Kunstfreunden keine weitere Kenntniß zu Ihnen gekommen. Genug, in dem ersten ist zu finden, wie ich mich mit Zahns pompejischen Alterthümern befreundet, und, wie sorgsam zunächst Meyer sich nach den vorzüglichsten Kupferstichen und Lithographien umgesehen, in dem zweyten. Halten Sie sich versichert, wie Sie es auch sagen, daß unser innigstes Interesse an allem, was gut und schätzbar ist, nur wächst und sich auf die wunderbarste Weise steigert. Ich kann mich in meiner gegenwärtigen Stellung mit nichts abgeben, als was ich bewundern muß, und da[zu] gehört denn doch wahrhaftig Ihre, in einem großen und höchst bedeutenden Felde beharrliche, mitunter mühselige, aber auch ehren- und vortheilhaft begünstigte Thätigkeit.

Von Ihrem Porträt möcht ich sagen: es ist recht anmuthig ähnlich, dabey sind Sie durch Cornelius' Auge und Hand durchgegangen. Auch könnte wohl seyn, daß eine leibe zärtliche Gattin den ganzen Habitus (wie wir Naturhistoriker und ausdrucken) des theuren Freundes zu größerem Wohlbehagen eingeleitet hätte. Verzeihen Sie! aber meine Schmellerische Zeichnung hat mehr von dem eigentlichsten Sulpiz Boisserée; dieser letzte ist ein wackerer Mann, deren es aber allenfalls noch ähnliche sich finden könnten. Dieß alles ist, wie Sie wissen, nur ein Hin- und[151] Widerreden, wodurch weder etwas recht dargestellt, noch entschieden wird, schwankende Worte, wie wir über Natur und Kunst so viele vernehmen.

Von mir selbst kann ich nur sagen, daß ich die geneigte Manifestation der moralischen Weltordnung nicht genug verehren kann, die mir erlaubte mich körperlich und geistig auf eine Weise wieder herzustellen, die dem Augenblick allenfalls genug thut. Denn daß die großen Unbilden, die mich in Umgebung und Persönlichkeit zu Ende des vorigen Jahrs überfielen, meine Bezüge gegen die Außenwelt gar sehr verändern mußten, werden Sie denken. Wenn ich auch innerlich mir gleich bleib, so war es doch eine schwerere Aufgabe, in Bezügen zu wirken, die ich längst andern übertragen hatte. Aus der Stellung des Großvaters zum Hausvater aus dem Herrn zum Verwalter überzugehen, war eine bedeutende Forderung. Sie ist gelöst, und wenn ich sage, daß Tochter und Enkel sich so betragen, daß man sich über ihre Fügsamkeit, Zucht und Anmuth, über alles unabsichtliche Zuvorkommen und harmonisches Übereinseyn nicht genug erfreuen kann, so ist noch nicht alles gesagt. Wollte man dieses Behaben und Behagen nach der Wirklichkeit schildern, so würde es zwischen die Idylle und das Mährchen hineinfallen.

Die Ausgabe meiner Metamorphose der Pflanzen, Original und Übersetzung, mit biographischen und literarischen Zuthaten mancher Leser nicht unerfreulich,[152] schließt sich Ostern gewissermaßen in der Hälfte, aber gerade am schicklichsten Absatz. Es ist eine wundersame Stellung, wenn man seine Gedanken unmittelbar in's Französische übersetzt sieht und dabey zu fühlen glaubt, daß das dort wohl nicht so recht passen würde. Wir sind hier activ, da wir unser ganzes Leben her an Übersetzungen so viel gelitten haben.

Ich weiß nicht, ob es zu Ihrer Kenntniß gekommen, daß ich an dem Streit, der sich zwischen Cuvier und Geoffroy de St.Hilaire trotz aller akademischen Convenienzen hervorthat, durch ein Wort in der Berliner Monatsschrift gestreift habe. Ich werde mich hüten weiter zu gehen, obgleich alle wissenschaftlichen Dinge unter den fürchterlichsten politischen Bewegungen immer so gut ihren Gang fortsetzen, als Schuster, Schneider pp. ihre Handwerke unter Krieg und Noth fortführen.

Da ich, um in dem einmal gewonnenen Zug nicht abzubrechen, ein neues Blatt nehmen muß, so hab ich vor allen Dingen Sie zu ersuchen, Herrn Ober-Bergrath Kleinschrot zum allerschönsten zu danken für die seltenen – –

Die Furcht zufälliger Retardation läßt mich Gegenwärtiges allzugleich absenden.

Weimar den 20. März 1831.

G.[153]


48/146.


An Sulpiz Boisserée

– – und seltsamen fossilen Reste. Das unmittelbare Anschauen der Dinge ist mir alles, Worte sind mir weniger als je; ich bin deshalb auch für diese Sendung dankbarer, als man sich vorstellen kann. Empfehlen Sie mich diesem werthen Manne in solchen und ähnlichen Fällen.

Wundersam war es, daß ich gerade wieder wünschen mußte, diese Ankömmlinge meinem Sohne zu übergeben, der sich mit Leidenschaft auf dieses Fach geworfen und eine sehr bedeutende Sammlung in einem meiner Gartenhäuschen, deren Sie sich erinnern, auf's ordentlichste aufgestellt hatte. Es sind merkwürdige Dinge darunter, und also kommen die neuen Hippuriten in die beste Gesellschaft.

Ihre Unternehmung, das große Eyckische Bild zu lithographiren, darf mich nicht wundern, da an dem Schoreelischen das Unmögliche geschehen ist.

darf ich nicht zu melden unterlassen, daß auch das Glück meine andern Sammlungen begünstigt. Mein Sohn sendete aus der Lombardei an die hundert Medaillen, wichtige gegossene, aus dem 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts, sodann auch weitere, gegen das 17. hin. Mein schöner Besitz wurde dadurch auf einmal auf's herrlichste erwaeitert.

Er schrieb mir noch aus Florenz, wo er das selten vorgewiesene Medaillen-Kabinett zu sehen Genuß fand:[154] daß, abgerechnet die Medaillen des Mediceischen Hauses, in Betracht der übrigen, mehr oder weniger wichtigen, kleinen Fürsten und bedeutenden Privatpersonen unsre Sammlung sich daneben nicht zu schämen habe. Das ist nun freylich viel gesagt, doch mag es im gewissen Sinne gelten. Wenn ich den Bonanni, Mazzuchelli, die Famigle celebri durchsehe, so habe ich Ursache, mich des Vorhandenen anzuerkennen, daß man schon dankbar seyn muß, wenn man sich an einem weiten See, in einer fischreichen Bay angesiedelt hat. Sollten Sie mir von München her nicht etwas dergleichen verschaffen können? Einzeln erfreut und nützt es niemand.

Weil ich aber nun einmal in der Schnurre bin, Sie von den Schwimmwämmsern zu unterhalten, die mich in meinem Elemente emportragen, so will ich noch melden: daß ich von Zeichnungen ganz Unschützbares gewonnen habe, dergleichen man, so lange man lebt, nie wieder von seine Seite läßt.

Dergleichen gäbe denn noch manches zu erzählen, denn ich habe mich auch wieder in das botanische Feld eingelassen, wo mir mein alter Gewinn immer wieder zu Gute kommt.

Die letzte Seite bin ich nun veranlaßt, in Ernst und Scherz mit etwas Wunderlichem zu schließen.

Des religiosen Gefühls wird sich kein Mensch erwehren, dabey aber ist es ihm unmöglich, solches in sich allein zu verarbeiten, deswegen sucht er oder macht sich Proselyten.

[155] Das letztere ist meine Art nicht, das erstere aber hab ich treulich durchgeführt und, von Erschaffung der Welt an, keine Confession gefunden, zu der ich aber in meinen alten Tagen von einer Secte der Hypsistarier, welche, zwischen Heiden, Juden und Christen geklemmt, sich erklärten, das Beste, Vollkommenste, was zu ihrer Kenntniß käme, zu schätzen, zu bewundern, zu verehren und, insofern es also mit der Gottheit im nahen Verhältniß stehen müsse, anzubeten. Da ward mir auf einmal aus einem dunklen Zeitalter her ein frohes Licht, denn ich fühlte, daß ich Zeitlebens getrachtet hatte, mich zum Hypsistarier zu qualificiren; das ist aber keine kleine Bemühung: denn wie kommt man in der Beschränkung seiner Individualität wohl dahin, das Vortrefflichste gewahr zu werden?

In der Freundschaft wenigstens wollen wir uns nicht übertreffen lassen.

Weimar d. 22. März 1831.

J. W. v. Goethe.


Absenden darf ich Vorstehendes nicht, ohne zu vermelden, daß Herr v. Conta rückkehrend mir durchaus das Freundlichste mitgebracht. Ihro Majestät der König haben Sich nach mir erkundigt und Sich auf's allergnädigste geäußert. Es gibt ja wohl Gelegenheit, meine so schuldige als freudige Anerkennung höchsten Orts vernehmen zu lassen.

treu verpflichtet

Weimar den 22. März 1831.

J. W. v. Goethe.[156]


48/147.


An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwohlgeboren

erwidere freundlichst das gefällige Schreiben vom 4. Februar mit Bitte um Verzeihung wegen zu langen Aufschubs.

Zuvörderst also vermelde: daß in dem Verzeichniß der Weimarisch-Eisenachischen Kunstfreunde einige Veränderung vorgegangen ist.

Nr. 257. Herr Staatsminister v. Gersdorff – gegenwärtig Herr Rocheid aus Schottland.

Nr. 475. Frau v. Werthern auf das Schloß Beichlingen, gegenwärtig Herr v. Ahlefeld auf Ludwigsburg im Herzogthum Schleswig.

Sodann bemerke, daß der nach der ersten Sendung von 300 Thalern gebliebene Rest von 45 Thalern am 29. Januar d. J. an Herrn Hofrath Winkler abgegangen, worüber ich aber keine Quittung bey meinen Acten finde.

Die erste Glasscheibe ist wieder hergestellt, indem, genau besehen, eigentlich nur das zusammenfügende Blei aus einander gegangen war. Die zweyte ist glücklich angelangt und wohl aufgenommen worden. Ich habe beide nicht gesehen, da ich nicht ausgehe und Bedenken trug, wegen der Zerbrechlichkeit, sie mir holen zu lassen.

Die Gewinnste nicht weniger sind wohlbehalten zu mir gekommen. Die Landschaft in Öl und das Kupfer[157] dankenswerth; was die gezeichnete Landschaft aber betrifft, die so vieles Verdienst hat, daß man erfreut wäre, die Viertelsgröße davon zu besitzen, konnte nicht zu des Gewinners Zufriedenheit dienen. Er hatte keinen Platz an irgend einer Wand, um sie aufzustellen, und schenkte sie daher einer öffentlichen Anstalt, die nun auch verlegen ist, sie irgendwo anzubringen.

Machen Sie doch ja Ihre Künstler aufmerksam, solche Riesenbilder nicht zu unternehmen und an Privatpersonen zu denken, denen ein solcher Gewinn zufallen kann; der gegenwärtige Fall ist wirklich bedauernswerth. Eine vorzüglich sorgfältige Landschaft mit Schwarz und weißer Kreide auf grau Papier, die man weder durch Glastafeln schützen, weder vor Staub, noch Fliegen, noch ungeschickten Kehrbesen sichern kann, die sogar schon jetzt an ein paar Stellen gelitten hat! Wie gesagt, denke man an den Empfänger und gehe nicht in's Weite. Die Bergpartie rechts, wo die Mühle, mit ihrem kleinen Gartengelaß und sonstigen Feld- und Gartenumgebungen, ganz allerliebst gedacht und ausgeführt ist, möchte man in einem schicklichen Format in seinem Zimmer gerne neben sich sehen.

Verzeihen Sie diese Äußerungen, sie sind aber für den Zweck, den wir und vorsetzen, höchst bedeutend. Gewinne sind selten, und wenn sie Unlust erregen, ein doppelter Verlust.

Bey dem Verzeichniß der Skizzen von Otto Wagner bemerke ich: nehmen Sie doch ein Dutzend der präsentabelsten[158] dem Künstler für ein Billiges ab, Sie vermehren dadurch, um ein leidliches Geld, die Anzahl der Gewinne, und oft ist eine halbweg sorgfältige Zeichnung nach der Natur, geistreich ausgeführt, dem Liebhaber angenehmer als Ölbilder, die nicht immer anmuthen. Könnte man das Skizziren nach der Natur überhaupt dem Landschaftsmahler abgewöhnen, damit er gleich lernte, einen würdigen Gegenstand unmittelbar geschmackvoll in einen Rahmen zu beschränken, so wäre viel gewonnen. Das verstand Hackert; ich besitze selbst noch Umrisse nach der Natur, und das in groß Folio, die Ferne mit Bleystift, die Mitte mit zarter, der Vordergrund mit stärkerer Feder, alles meisterhaft, so daß die Haltung schon drinne liegt. Dergleichen war mit drey Tinten leicht herausgehoben, und dem Bilde Licht, Schatten und Haltung verliehen. Das war ein Kunstwerk, verkäuflich, dem Kenner höchst schätzbar, den Liebhabern angenehm. Wie haushältisch und klug Hackert hierin verfahren, verdiente aufgezeichnet zu werden, ob vielleicht irgend ein Nachfolger dadurch erbaut würde.

Ich fahre in demselbigen Capitel fort. Unsere Künstler skizziren jetzt nach der Natur mitunter sehr estimable Einzelnheiten, Gegenstände sowohl als Effecte, in Hoffnung sie dereinst, bey größern Compositionen, benutzen zu können, wovon ich aber in meinem Kreise wenig Frucht sehe. Wer Einzelnheiten mit glücklichem Naturell auffaßt, ist deswegen noch nicht fähig, ein[159] Ganzes zusammenzudenken und vollständig auszuführen.

So eben habe ich eine Landschaft vor mir, wovon der Mittelgrund ganz allerliebst ist, die Ferne fernt recht gut, ist aber charakterlos; dem Vordergrund fehlt durchaus der ländliche überschwängliche Reichthum; der Himmel ist wolkenleer!

Und hat denn wohl jemals ein deutscher Landschaftsmahler daran gedacht, die von Howard so klar bezeichneten Wolkenformen zu studiren und durch ein geniales Sondern und Zusammenschmelzen dem jedesmaligen Charakter der Landschaft gemäß Beyfall und Bewunderung zu erwerben?

Verzeihen Ew. Wohlgeboren, wenn ich in ruhiger Stunde gegen meinen Willen weitläufig werde. Ich weiß, schon seit dreyßig Jahren, daß die Künstler auf nichts Allgemeines hören und sich einbilden, das individuelle talent könne durchdringen; das geht aber nicht, und am Ende wollen sie noch gelobt und bezahlt seyn.

Da denn aber das Lebenlassen in den Künsten an der Tagesordnung ist, und man wohl thut, zu verloosen, was niemand kaufen würde, so wollen wir auf unserm Wege treulich fortfahren, und ich freue mich, daß Sie Ihre einsichtige Thätigkeit dem Vereine wieder schenken wollen.

Die übersendeten Probedrücke, wo Sie statt Umrisse ausführliche Blätter liefern, habe alsobald an[160] viele unserer Theilnehmenden zur Aufmunterung vorzeigen lassen, und die Anstalt kann sich von hier aus den besten Willen versprechen, da man überzeugt ist, es werde unter gleicher Leitung alles den gleichen Gang gehen. Über kleine Abweichungen rechts und links muß man nicht verdrießlich werden.

Da ich gern jedem Neuantretenden die bisherigen Kupferstichhefte als eine freundliche Eintrittsgabe einzuhändigen pflegte, so wollte ich Dieselben ersuchen, mir, insofern es möglich ist, von dem ersten Hefte noch zwey Exemplare zukommen zu lassen. Von dem zweyten hab ich viere, und so wär ich denn für die nächste Zeit versehen.

Vorgesagtes bitte zu betrachten, als wenn es mir geglückt hätte in Ew. Hochwohlgeboren Nähe einige Stunden zuzubringen; diese Angelegenheiten sind so weit aussehend, und es ist nöthig, auf mancherlei Weise sich davon zu unterhalten; denn oft stehen Kunstfreunde näher an einander als sie denken, wenn sie sich mißverstehen und bestreiten.

Hiemit auf das allerdringlichste mich empfehlend.

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar den 22. März 1831.

J. W. v. Goethe.[161]


48/148.


An Friedrich Theodor von Müller

Mit dem schönsten Dank für den bedeutenden Brief des vorzüglichen Mannes, der mir immer ehrwürdiger erscheint; denn wie viele wüßten denn in solchen Zustände sich so ehrenhaft zu schicken?

Mir das Meyerische Gedicht erbittend, welches ich eilig abzusenden wünsche. Ich glaube wohl, daß es Sie interessirt.

Mit den treusten Wünschen.

Weimar den 22. März 1831.

Goethe.


48/149.


An Christian Ernst Friedrich Weller

[Concept.]

Wollen Sie, mein Bester, beykommendes wunderliche Bittschreiben freundlich ansehen und, in Beachtung der rothangestrichenen Stelle, den Mann zu sich kommen lassen und ihm etwa für ein paar Thaler die nothwendigsten Kleidungsstücke verehren, welche Sie irgendwo anzuschaffen wissen werden, das Geld dafür ihm aber nicht in die Hände geben.

Fänden Sie diese Wohlthätigkeit ganz deplacirt, so haben Sie die Güte, mir deshalb Vorstellung zu thun.

Mit den treusten Wünschen.

Weimar den 22. März 1831.[162]


48/150.


An Nikolaus Meyer

Es bedarf nur weniger Worte, solchen Eltern, solchen Freunden mein innigstes Beyleid zu bezeugen.

Nur der Schmerz versteht die Schmerzen.

Hierbey ein Theil des Gewünschten!

Nächstens mehr.

Weimar den 22. März 1831.

J. W. v. Goethe.


48/151.


An Friedrich Jacob Soret

Darf ich hoffen, Sie, mein Theuerster, heute früh auf ein Stündchen bey mir zu sehen, so würden wir dem Abschluß unserer Arbeit um vieles näher kommen.

treulichst

Weimar den 23. März 1831.

Goethe.


48/152.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende anbey den revidirten 11. Bogen, denselben Ihrer typographischen Sorgfalt fernerhin empfehlend.

Den Abschluß des Manuscripts sende vor Ablauf der nächsten Woche als den freudigsten Glückwunsch[163] zu den bevorstehenden Feyertagen. Mit dem aufrichtigsten Dank, daß Sie dieses mir zuletzt nicht ganz erfreuliche Geschäft so treulich haben fördern wollen.

Empfehlen Sie mich in Ihrem nähern und weitern Familien- und Gesellschaftskreise des, wie ich höre, sich immer mehr erheiternden Jenas.

Weimar den 26. März 1831.


48/153.


An John Murray d. J.

[Concept.]

[29. März 1831.]

Es ist nun überjährig, mein theuerster Herr, daß ich Ihren schätzbaren Brief mit einer angenehmen Sendung erhielt, worauf ich denn, obgleich spät, versichern darf, wie das eigenhändige wunderbare Schreiben des hochverehrten Lord Byrons mir von dem höchsten Werthe gewesen und geblieben. Denn jede Äußerung eines solchen Mannes ist wichtig, besonders wenn er sich muthwillige Invectiven, polemisch-satirische Lebhaftigkeiten erlaubt.

Jenes Blatt enthält nun aber eine noch größere Bedeutung, da es neuerlich abgedruckt ist und zwar mit Auslassung einiger Stellen, die ich, der ich das Ganze besitze, suppliren kann, wobey ich erfahre, wie er gegen Personen gesinnt ist, deren Productionen er nun einmal nicht estimable finden konnte, wenn auch ein großer Publicum daran Genüge findet.

[164] Nun haben Sie auch die Gefälligkeit gehabt, mir den 1. Band jenes wichtigen Werkes freundlichst mitzutheilen, und ich darf hoffen, Sie werden fortfahren, mich mit den folgenden zu erfreuen. An diesem höchst bedeutenden Werke habe ich meine Theilnahme zu bewähren gesucht, daß ich eine Abschrift jenes schätzbaren Schreibens, womit Lord Byron von Livorno aus mich erfreut, durch Herrn Robinson dem Herausgeber abgedruckt worden.

Mir aber bleibt es traurig, daß Lord Byron, der sich gegen das wechselsinnige Publicum gar ungeduldig beweist, nicht erlebt hat, wie wohl ihn die Deutschen zu verstehen und wie hoch sie ihn zu schätzen wissen.

Bey uns fällt aller sittlicher und politischer Weltklatsch des Tages in diesem Falle hinweg, der Mensch und das Talent allein bleiben in ihrer Würde glänzend stehen. Hiebey getrau ich mir zu sagen: wer jetzt sich einen annähernden Begriff machen kann, sie ohne Lob und Tadel in ihre Eigenthümlichkeit anzuerkennen weiß, der darf sich eines großen Gewinnes rühmen. Mir wenigstens an meinem Theil gereicht ein solches Bestreben zu großem Genuß.

Sodann daß Sie mir den Verfasser des didaktischen Gedichtes: King Coal's Levee, dem Namen und seinen Zuständen nach, genauer kennen lehrten, ist mir höchst angenehm. Die Production eines wissensreichen,[165] heiteren, geistvollen Mannes gewahr zu werden, die noch überdieß einen entschiedenen didaktischen Nutzen gewährt, wird so selten geschehen, daß man gern von der Persönlichkeit des Autors näher unterrichtet zu seyn wünscht.

Können Sie Herrn Scafe, in seinem nordenglischen Aufenthalt, von mir ein freundliches Wort zubringen und ihn meiner Theilnahme an seiner geistreichen Arbeit versichern lassen, so werden Sie ihm eine gute Stunde machen. Denn der Autor sey auch noch so resignirt, vielleicht im Allgemeinen beynahe vergessen zu seyn, so wird es ihm immer ein angenehmes Gefühl erregen, eine Stimme zu vernehmen, die ihm etwas zu Liebe spricht.

Nun will ich Sie aber noch auf einen Mann aufmerksam machen, der in der Tageswelt wohl schwerlich zum Vorschein kommen kann; es ist: der Mahler D.C. Read in Salisbury, der mir durch landschaftliche Radirungen bekannt geworden.

Dieser wackere Künstler darf sich, wie schon gesagt, gegenwärtig keiner vorzüglichen Aufmerksamkeit getrösten, weil sein Talent im Widerspruche mit dem Tage steht. Alles, was der fashinablen Stahlstiche und folglich eine mit dem natürlichen Auge kaum erkennbare Kunstfertigkeit zu empfehlen wissen. Der genannte Künstler aber hat in seinen Radirungen etwas Rauhes, welches besonders in den Wolken anstößig ist,[166] die er nicht genug nach Howard studirt haben mag. In gewissen Nacht- und Dämmerungseffecten jedoch, so wie in ländlich geschmackvollen Compositionen hat er schätzbare Blätter geliefert, und es sollte mich wundern, wenn [es] nicht unter den mannichfaltigen englischen Kunstfreunden auch welche gäbe, die dem geistigen frey natürlichen Vortrag einen billigen Werth beylegten. in London hat er gewiß einen Commissionär, der wohl zu erfragen wäre.

Vielleicht unterhält es Sie, sich nach ihm zu erkundigen. Ich wenigstens ergreife gern die Gelegenheit mich um problematische Talente zu bekümmern, welche wegen der augenblicklichen Tagesrichtung nicht zur Evidenz kommen.

Mögen Sie in diesem umständlichen Brief die Ursache meines langen Zögerns finden; da ich so viel zu sagen dachte und noch mehr zu sagen hätte, so konnt ich kaum versuchen, anzufangen, bis sich genugsam ein Raum fände, der nun gerade in dem Augenblick eröffnet, da mich verschiedene Anregungen von und nach England berühren.

Herr Robinson, der uns manches angenehm Unterichtende zugebracht hat, ist gegenwärtig in Italien; kehrt er vielleicht bey jetzigen Unruhen zurück, so bitte ihn schönstens zu grüßen, da Sie ihm doch wahrscheinlich manchmal begegnen.

In vorzüglichster Hochachtung.[167]


48/154.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Wenn ich auch nicht das Vergnügen habe, Ew. Wohlgeboren den ganzen Rest des Manuscripts zu schicken, so will ich doch Gegenwärtiges nicht zurückhalten. Es ist immer etwas zu thun und wohl wieder ein Bogen abzuschließen.

Möge Ihnen, Ihrem nächsten und entfernteren Kreise in diesen Feyertagen alles zu Lust und Vergnügen gereichen.

Weimar den 30. März 1831.


48/155.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie beykommenden, auf unsre neuliche Unterredung einigermaßen erweiterten Aufsatz prüfen und mir Ihre Bemerkungen gönnen, so stünde zu hoffen, daß unsre morgende Zusammnekunft an's längst erwünschte Ziel unsrer schwieriger Unternehmung führen dürfte.

Weimar den 31. März 1831.

G.


48/156.


An Carl Friedrich Zelter

Vor allen Dingen habe zu vermelden, daß ich einen ganz allerliebsten ausführlichen Brief von Felix, datirt Rom den 5. März, erhalten habe, welcher das reinste[168] Bild des vorzüglichen jungen Mannes darstellt. Seinen Eltern und Berliner Freunden wird er gewiß das Gleiche mit gleicher gemäßigten Freyheit melden. Für den ist nun weiter nicht zu sorgen, das schöne Schwimmwamms seines Talents wird ihn auch durch die Wogen und Brandungen der zu befürchtenden Barbarey hindurchführen.

Nun erinnerst du dich wohl, daß ich mich der kleinen Terz immer leidenschaftlich angenommen und mich geärgert habe, daß Ihr theoretischen Musikhansen sie nicht wolltet als ein donum naturae gelten lassen. Wahrhaftig eine Darm- und Drahtsaite steht nicht so hoch, daß ihr die Natur allein ausschließlich ihre Harmonien anvertrauen sollte. Da ist der Mensch mehr werth, und dem Menschen hat die Natur die kleine Terz verliehen, um das Unnennbare, Sehnsüchtige mit dem innigsten Behagen ausdrücken zu können; der Mensch gehört mit zur Natur, und er ist es, der die zartesten Bezüge der sämmtlichen elementaren Erscheinungen in sich aufzunehmen, zu regeln und zu modificiren weiß.

Brauchen doch Chemiker schon den thierischen Organismus als eine Reagens, und wir wollen uns an mechanisch bestimmbare Tonverhältnisse klammern, dagegen die edelste Gabe aus der Natur hinaus in die Region einer willkürlichen Künsteley hinüberschieben.

Dieß magst du verzeihen. Ich bin hierüber neuerlich aufgeregt worden und ich möchte dir vor allem Kenntniß geben, wo ich hartnäckig verharre und warum.

[169] Herrn Spiker wirst du auf's beste grüßen und danken, daß er mir jene Büchlein vor Augen bringen wollen, sie sollen treulich zurückgesendet werden.

Gegenwärtiges sende weg, ob mir gleich noch gar manches zu sagen übrig bleibt; du sollst aber wissen, daß ich an dich denke zur Stunde, wo du dich zu wackern Thaten vorbereitest; auch möchte ich der erste seyn, der dir zum ästhetischen und ökonomischen Gelingen Glück wünschte. Welches denn hiermit segnend geschehe!

Unverdrossen fortan!

Gründonnerstag den 3. März 1831.

Goethe.


48/157.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

die wohlausgedachte vegetablische Umschlagszierde zurücksenden, wollte zugleich den Wunsch ausdrücken, daß wir die Inschrift französisch und deutsch machten, wie das Blatt ausweist. Man druckte zur Hälfte, wie es hier bezeichnet ist; die andere Hälfte setzte man nun so, daß das Französische bey'm Heften vorankäme, da wär es denn für diesseits und jenseits des Rheins, wie man es nehmen wollte, ganz schicklich.

Die mir bestimmten Exemplare wünschte gefalzt, aber nicht geheftet, um solche nach Stand und Würden[170] der Empfänger binden zu lassen. Auch sende noch eine Masse Manuscript. mit folgender Bemerkung: Da diese Dinge, wie ich mich erinnere, in Fahnen ausgesetzt und erst zuletzt Seite für Seite rangirt werden, so wäre hier zu bemerken, daß gerade vor dreyßig noch ein bedeutender Artikel eingeschaltet wird, welcher nächstens folgen soll. Wir kommen hiedurch und noch einige Zugabe wahrscheinlich um ein paar Bogen weiterm, wo sich denn alles zuletzt noch wohl arrangiren wird.

Jener angenehmen Dornburger Zusammenkunft habe mich bey einem neulichen Besuch daselbst an Ort und Stelle mit viel Vergnügen erinnert; empfehlen Sie mich der verehrten Familie, zugleich mit allen den besten Wünschen und Segnungen. Glauben Sie, daß ich der jungen Dame mit einem Exemplar der Quart-Iphigenie einiges Vergnügen mache, so sende ein solches mit wenig eingeschrieben Worten.

Wie es Ihrem Freunde, dem Herrn Bibliothekar, bey uns ergehen wird, wüßt ich nicht zu sagen; unser sämmtliches Personal hat sich diese Feyertage bedeutende zurückgebliebene Arbeiten zu beseitigen vorgenommen, ich selbst werde ihn kaum, wenn ich auch wünschte, begrüßen können.

Und hiemit das schönste Lebewohl Ihrem werthen Familienkreise und Nächstbefreundeten.

Weimar den 2. April 1831.[171]


48/158.


An Friedrich Jacob Soret

Auch diesen Blättern, mein theurer, gönnen Sie Ihre Aufmerksamkeit; wir nähern almählig dem Ende.

W. d. 2. Apr. 1831.

Goethe.


48/159.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[4. April 1831.]

Anbey Herrn Sorets Revision; möchten Sie solche mit der Ihrigen vergleichen, um sie vielleicht morgen Abend zu besprechen.

G.


48/160.


An Ernst von Münchhausen

[Concept.]

Ein schöner Ostertag scheint mir eben recht geeignet, meine theueren Freunde in ihrem ländlichen Aufenthalt zu begrüßen.

Von unserer herzlichen Theilnahme an dem Glücklichen Familien-Ereigniß sind Sie vollkommen überzeugt; möge die günstige Witterung der theuren Gattin und ihrer lieben Kleinen beste Gesundheit befördern, und uns in der Stadt die Hoffnung erneuen, durch[172] eine baldig erwünscht Gegenwart uns beglückt zu sehen.

Mich und die Meinigen zu fortdauernder Geneigtheit angelegntlichst empfehlend.

Weimar den 4. April 1831.


48/161.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Durch Herrn Commissions-Secretär Vulpius habe für 100 rh. vollwichtigen Ducaten gewünscht; sollte diese Geldsorte nicht beyzuschaffen seyn, so würden mir vollwichtige Friedrichsd'or ebenmäßig gefallen seyn.

Weimar den 5. April 1831.


48/162.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

den revidirten 12. Bogen übersendend, ersuche Dieselben mir ja noch eine Revision zuzusenden wegen der mancherlei bedenklichen Stellen, auf welche zu achten ist.

Da die intentionirte Sendung an Fräulein v. Löw noch vor ihrer Verheirathung an sie gelangen kann, so möchte wohl ihren Vornahmen kennen, weil es bey einer solchen Zuschrift immer freundlicher aussieht.

[173] Meine Kleinen sind von Jena sehr fröhlich zurückgekommen und rühmen sich guten Empfangs und freundlicher Bewirthung. Empfehlen Sie uns sämmtlich überall.

Weimar den 6. April 1831.


48/163.


An Justus Christian von Loder

Ein heiterer erster Ostertag, den auch Ew. Hochwohlgeboren einen Monat später glücklich feyern und begehen mögen, gibt mir die erwünschte Stimmung, nach bisherigen sehr trüben Tagen Ew. Hochwohlgeboren meine Gedanken und Gefühle zuzuwenden und, in Erinnerung früherer vergangener Zeiten und im Genuß gegenwärtiger, auch in der Ferne dauerhafter Verhältnisse, ein in der Ferne dauerhafter Verhältnisse, ein Vertrauliches Schreiben an Hochdieselben zu erlassen.

Die Unbilden, die mich zu Ende vorigen Jahres betroffen, sind Ihnen gewiß zu herzlichster Theilnahme bekannt geworden. Mein Sohn, der freylich schon in bedenklichen Umständen durch Italien ging, schien durchaus sich erholen und auf dem Wege zu genesen. Allein zum Ziele seiner Laufbahn war ihm Rom vorgeschrieben, da es denn für mich kein geringer Trost bleibt, daß es dieses hohe Ziel erreicht und die Würde desselben, wenn auch nur kurze Zeit, empfunden und genossen hat. Sie haben, verehrter Freund, ein[174] Gleiches erduldet, und was hat derjenige nicht zu erdulden, der andere überlebt? er übernimmt ja gewisser maßen die Lebensbürden, die jenen eigentlich im Naturlaufe zugebracht waren.

Dieses Ereigniß, den ganzen sittlichen Menschen ergreifend, mit den daraus herfließenden Folgen einer vollkommnen Umänderung meiner Lebensweise, wollte denn doch der bejahrte Organismus nicht geduldig übertragen, sondern mußte sich erst durch die furchtbare Krise eines gewaltsamen Blutsturzes wiederum eine Art von Freyheit erkämpfen; zu der ich durch Hülfe eines trefflichen Arztes, unsres Hofraths Vogel, gelangt mich im thätigen Gleichgewicht zu erhalten trachte.

In solchen Epochen fühl ich erst recht den Werth eines allgemeinen Wissens, verbunden mit einer besondern Theilnahme an dem Guten und Schönen, das die unendlich mannichfaltige Welterscheinung uns darbietet; uns so darf ich wohl versichern, daß die mir gegönnten höchst wichtigen russischen Mineralien manche schöne Stunde des Betrachtens und Erinnerns gewähren; und wie sich Schatz zu Schätzen häuft, so haben Ew. Hochwohlgeboren höchst interessanten Nachsendungen einen frischen lebendigen Antheil mir immer zu erhalten gewußt, ja es sind, wie mich dünkt, durch Ihre Veranlassung, andere zugleich angeregt, und mir von dorther die köstlichen Dinge zugesendet worden.

Darf ich nun halb im Schmerz, halb im Ernst hinzufügen, daß ich Ihnen dagegen gleichfalls einen Schatz[175] zu senden vermeyne: er besteht in der 2. Hälfte meiner Werke vom 21. bis zum 40. Bande.

Hier soll aber Schatz nicht heißen: der Werth des Errungenen, sondern soll die Mühseligkeiten des Beschwörers andeuten, die er übernehmen müssen, um diesen Fund, wie er auch sey, zu Tage zu fördern. Auch von dieser Abtheilung fällt gar manches in die Zeit, wo wir, jung genug, der Gegenwart das Möglichste abzugewinnen trachteten, arbeiteten und genossen, erreichten und hofften. Es war eine schöne Zeit, deren Sie sich gewiß auch gern erinnern.

Lassen Sie in Erwiderung des Gegenwärtigen mich vernehmen: wie weit die ungeheuren Anstalten gediehen sind, denen Sie, versehen mit hinreichenden Mitteln, freudig Ihre Thätigkeit zu widmen fortfahren.

Das Kästchen mit gemeldeten zwanzig Bändchen sende, wie das vorige Mal, nach Braunschweig, da denn die schöne Jahrszeit, von Lübeck aus die Überfahrt begünstigend, Ihnen meine Arbeit vor Augen und meine Gesinnungen an's Herz legen möge.

Meinen ehemaligen werthen Herrn Nachbar, in dessen mir gefällig abgetretenem Garten frühzeitig hervorgehen, wünsche zum allerschönsten gegrüßt.

Hochachtungsvoll, vertrauend

Ew. Excell.

gehorsamster Diener.

Weimar den 7. April 1831.

J. W. v. Goethe.[176]


48/164.


An Friedrich Jacob Soret

Bey Übersendung des 13ten Bogens wünschte zu erfahren ob sich der Aufsatz über die Spiralität, nebst dessen Übersetzung glücklich vorgefunden habe. Glück zum schönen Tage!

W. d. 11. Apr. 1831.

G.


48/165.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

den 13. Bogen zurücksendend, erbitte mir eine nochmalige Revision, welche vortheilhaft seyn wird.

Wollten Sie mir anzeigen, wie viel das Manuscript, welches Sie in Händen haben und woran immer fortgesetzt werden kann, noch ausgibt, so wär es mir angenehm. Es folgt noch ein Abschnitt, und dann hätten wir für dießmal unser Ziel erreicht.

Fräulein Alwine hat bey ihrer Ankunft meinem hause viel Vergnügen mitgebracht.

Wie verhält sich's denn mit den vor geraumer Zeit bestellten Waizenkörnern? Wölfchen wünscht gar sehr, daß sie aufkeimen mögen.

Weimar den 13. April 1831.[177]


48/166.


An Friedrich Theodor von Müller

Den höchst merkwürdigen und tröstlichen Brief des Herrn Grafen Reinhard sende dankbarlichst zurück.

Das Schreiben des Herrn v. Gagern glaube schon wieder erstattet zu haben, doch werde weiter nachzuforschen nicht verfehlen.

Die 3 Medaillen folgen hiebey mit schönstem Dank für den bisherigen Credit.

Nun aber noch eine dringende Bitte: mögen Sie von Frau v. Beaulieu die Vergünstigung gewinnen, daß sie dem guten geschickten Schmeller einige Stunden widmen möchte, damit ich ihr werthes Bildniß auch mit unter die theuren Gleichzeitigen einfügen könne.

Eine merkwürdige Sendung von Paris, sehr viele Bildnisse bedeutender Männer enthaltend, ist bey mir angekommen und möchte für Freunde einladend genug seyn.

Mich bestens empfehlend.

gehorsamst

Weimar den 17. April 1831.

J. W. v. Goethe.


48/167.


An Henriette von Beaulieu-Marconnay,geb. von Egloffstein

Meiner verehrten Freundin sage tausend Danck für die Geneigtheit uns Ihr so werthes Bild zurück[178] zu lassen. Wie ich denn auch versichern darf daß, sobald Dem. Seidler von einer kleinen Reise nächstens zurückkehrt, jene Angelegenheit mit Vergnügen besorgt werden soll.

Unter den treusten Wünschen

unwandelbar

W. d. 18. Ap. 1831.

J. W. v. Goethe.


48/168.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wollen Sie wohl, mein Theuerster, Beykommendes, zwar genugsam Bekannte nochmals durchgehen, damit wir morgen Abend zum Abschluß kommen und dieses am Ende nicht ganz erfreulich Geschäft endlich beseitigen können.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 18. April 1831.

G.


48/169.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe für dießmal nur anzuzeigen, daß wir die Stelle, welche erst bestimmt war eingeschoben zu werden, ganz an's Ende, als einen besondern Nachtrag, bringen wollen; deshalb Sie denn mit dem übersendeten Manuscript auf die bisherige Weise fortfahren können.

[179] Den 3. Nachtrag und also den Schluß des Ganzen sende nächstens. Den Entwurf des Titels lege bey, welchen typographisch zu arrangiren bitte.

Für das Griechische auf der 4. Seite wären Buchstaben von einer Mittelgröße zu nehmen.

Für die Waizenkörner, welche übrigens nicht sehr fruchtbar zu seyn scheinen, bekennen zu seyn scheinen, bekenne mich als Schuldner.

Weimar den 20. April 1831.


48/170.


An Johann Friedrich Rochlitz

[Concept.]

Nur mit den wenigsten Worten vermelde, daß ich das mir vertraute Anliegen mit Zustimmung des Herrn Geh. Rath v. Müller sogleich in diejenigen Wege geleitet habe, wo am ersten Förderniß zu hoffen ist. Möge alles Ihren und unsern Wünschen gemäß gelingen.

Weimar den 22. April 1831.


48/171.


An Heinrich Wilhelm Ferdinand Wackenroder

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

danke zum schönsten für die mir mitgetheilten Notizen und für die Musterstücke der Stearinsäure. Die[180] aus dieser Materie gezogenen Lichter haben den Fehler, daß sie allzu brüchig sind, vielleicht ließe sich durch irgend eine chemische Operation diesem Mangel abhelfen.

Ich füge eine Partie Tremella Nostock hinzu; sie hat sich in diesen tagen häufig auf den Sandwegen meines Gartens an schattigen Stellen gefunden, und es ist Ihnen wohl interessant, dieses problematische Wesen nach Ihrer so genauen vorsichtigen Art zu analysiren, damit man seine Verwandtschaft näher kennen lerne.

Alles Gute wünschend und an Ihren Arbeiten aufrichtigen Theil nehmend.

Weimar den 23. April 1831.


48/172.


An Gerhardt Wilhelm von Reutern

[23. April 1831.]

Ew. Hochwohlgeboren

kostbare Sendung setzte mich, daß ich's nur gestehe, in einige Verlegenheit; denn ich sah mich sowohl durch Ihren wiederholten Wunsch, als durch die beygefügte höchst würdige Gabe beynahe unvermeidlich gedrungen, ein Verlangen zu erfüllen, welches mir einigermaßen bange machte. Mit solchen Empfindungen stellte ich das merkwürdige Bild Ihro Kaiserlichen Hoheit der Frau Großherzogin vor, welche, sehr zufrieden solches[181] wiederzusehen, mich ernstlich ermahnte, die verlangte Inschrift auf die leergelassene Tafel einzuschreiben. Hierdurch gewann ich Muth und ich wünschte, daß Sie mit dem Resultat einigermaßen zufrieden seyn mögen. Eingepackt ist die Sendung wieder; möge sie glücklich zu Ihnen gelangen!

Bey'm Absenden enthielt ich mich nicht, jenem herrlichen Blatte nachzurufen:


Wort und Bilder, Bild und Worte

Locken euch von Ort zu Orte,

Und die liebe Phantasey

Fühlt sich hundertfältig frey!


Da aber gegenwärtiges Blatt früher bey Ihnen ankommen wird, als jenes größere hauptsächliche, so vermelde ich hier vorläufig, was ich dort eingeschrieben, mit dem herzlichen Wunsche, Sie mögen dadurch Ihr Meisterwerk nicht entstellt sehen:


Gebildetes fürwahr genug!

Bedürft es noch der Worte?

Wir sehn des lieben Lebens Zug,

Durch Stunden schleicht's und Orte.

Die hohe Gabe preisen wir,

Die grausam Unheil steuert,

Auf Weg und Stegen Blumenzier

Dem holden Freund erneuert.

Doch jedes Auge, wie es blickt,

Wird in Bewundrung steigen;

Der Geist, erhoben und beglückt,

In stiller Freude schweigen![182]

Mit den treusten Segnungen, in Hoffnung freuidgen Wiedersehens nach so manchen störenden Ereignissen, die lebhaftesten Grüße Ihrer hiesigen Freunde und Verehrer hinzufügend.

unwandelbar theinehmend

J. W. v. Goethe.


Das höchst anmuthige Blatt verlangt eine besondere Erwähnung, es ist anzusehen als ein Meisterstück Ihres Talents, geübten Welt- und Naturblicks, technischer Fertigkeit, realistischer Darstellung der Gegenstände, dabey eines höchst sittlichen Eindringens in die Gemüthsverfassung und Stimmung bis zu den untersten Classen. Dieses Blatt hätten Sie mir nicht so freygiebig verehrt, wären Sie nicht überzeugt, daß ich es von Grund aus zu schätzen weiß, und daß ich es von Grund aus zu schätzen weiß, und daß es mir das größte Behagen gibt, wenn von Ihnen und Ihren Vorzügen die Rede ist, wie oft genug geschieht, mich nun jederzeit auf ein so vollständiges Zeugniß berufen zu können.

Verpflichtet ergeben

Weimar den 22. April 1831.

J. W. v. Goethe.


48/173.


An Joseph Maria Ernst Christian Wilhelmvon Radowitz

[23. April 1831.]

Ew. Wohlgeboren

haben die Geneigtheit gehabt mir eine sehr angenehme Sendung von Herrn Baron v. Reutern zu überschicken.[183] Sie enthielt ein höchst bedeutendes Blatt, auf welchem er, zwischen den allerliebenswürdigsten und ausführlichsten bildlichen Darstellungen, einen leeren Raum gelassen, worin er einige Freundesworte von mir zu sehen schon früher verlangt hatte; welchen Wunsch er nunmehr wiederholte.

Wie es damit ergangen, spricht beyfolgender Brief umständlicher aus, welchen ich offen zusende, damit Ew. Hochwohlgeboren näher unterrichtet werden von dem, was eigentlich vorgegangen.

Hiezu füge nun die geziemende Anfrage: ob Dieselben mir erlauben, gedachte Kiste wieder, wohl eingepackt, an Sie zurück zu schicken? da Ihnen wohl eher wie mir der Aufenthalt des Freundes bekannt seyn möchte, so wie Sie auch die schickliche Gelegenheit einer Absendung am besten beurtheilen werden.

Der ich mit Vergnügen den Anlaß ergreife, meine vorzüglichste Hochachtung auszusprechen und mich dankbar für übernommene Bemühungen zu unterzeichnen.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 22. April 1831.

J. W. v. Goethe.[184]


48/174.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

werden nach Anleitung meines Letzteren das Manuscript zu behandeln fortgefahren, auch den Titel geneigt bedacht haben.

Hiebey sende nun den 3. Nachtrag, als den Abschluß des Ganzen, welcher auf den Artikel: Baucher unmittelbar folgt und uns zu einem glücklichen Ende führen wird.

Mit den besten Wünschen und treusten Erinnerungen.

Weimar den 23. April 1831.


48/175.


An Carl Friedrich Zelter

Zuförderst muß ich versichern, daß mir die fortgesetzten Nachrichten aus eurer dramatisch-musikalischen Welt zu großem Vergnügen gereichen und meine Einsamkeit wirklich, in höherem Sinne, sonor machen. Daß meine Enkel von Zeit zu Zeit mir etwas vorklimpern, muß mir wohlgefallen; ich gönne ihnen herzlich, daß sie auf eine nicht ungeschickt praktische Weise in die höchst gesellige Region der Musikfreunde so zeitig eingeführt werden.

[185] Von Madame Mara habe ich einen eigenhändigen, sehr anmuthigen Brief; der Concipient verdient alles Lob, daß er das vieljährige, sich unsichtbar fortspinnende Verhältniß gar hübsch und deutlich eingesehen und klar ausgesprochen hat.

Das von der kleinen Facius modellirte Wappen rückt schon an meine Absichten ganz nah heran; es kommt, mit einiger Modification, zurück. Ein sehr geschickter, in dem Fache des Modellirens und Gießens wohlgeübter Künstler wird mir hiezu sein Talent leihen. Wie hieß doch das Motto, das ich einschrieb? Dergleichen verschwindet aus meinem Gedächtniß, und man muß mir meine eignen Träume vorerzählen.

Eine Stelle aus einem älteren Briefe, die mir bey'm Wiederlesen begegnete, war Veranlassung, die kleine Terz wieder in Anregung zu bringen; deine jetzige Erklärung hat mich völlig beruhigt, denn was in der Natur ist, muß doch einmal anerkannt in Begriff und That aufgenommen werden.

Dein Graun, der nur Worte haben will um zu musiciren, kommt mir vor wie jener mit seinem Thorzettel. Die guten Menschen ehren weder den Werth des Wortes, noch die grundkräftige Mannichfaltigkeit ihrer Kunst. Schlechte Gedanken, schlechte Verse können sie brauchen und vielleicht am liebsten, weil sie alsdann nach völliger Freyheit handeln können. Die Veranlassung, welche dem Musiker bedeutende[186] Worte, selbst im absurden Zusammenhang, verleihen, hast du trefflich ausgesprochen.

Ein Schweizer Theolog, der hier durch nach Berlin ging, war mir interessant wegen seiner reinen Naivetät, welche bey diesem guten Volke sich nicht immer klar erhält. Er ging aber so schnell bey mir vorüber, daß ich nicht einmal seinen Namen erfuhr. Theologen von St. Gallen sind nicht so viel in Berlin, daß er nicht auszuforschen wäre; dir will ich's nicht zumuthen, weil ich nicht so weiß, ob er Sinn für Musik hat. Unter deinen jungen Freunden und Schülern aber machst du vielleicht einen Verständigen aufmerksam. Verborgen kann er nicht bleiben, selbst in der Masse; er ist gar zu heiter-lebendig und auf rechtem Wege strebend; »wie mir schien!« muß ich sagen; denn ich habe ihn kaum eine Viertelstunde gesehn.

Der Vampyr ist hier wieder gegeben worden; das Sujet ist detestabel, aber nach dem, was man mir erzählt, das Stück als Oper sehr gut gehalten. Da haben wir's! bedeutende Situationen, in einer Folge, und der Musicus kann sich Beyfall erwerben. Worte, in verständiger empfindbarer Folge, gewähren ganz dasselbe, was du so oft an meinen Liedern bewiesen hast.

Empfohlen den besten Geistern

im Aether und auf Erden!

Weimar d. 24. Apr. 1831.

G.[187]


48/176.


An Sulpiz Boisserée

Daß mein zur guten Stunde dictirtes Blatt zu einer gleichmäßig Ihnen zugekommen und meine Zustände freundlich vergegenwärtigt, gibt mir durch baldige Rückwirkung gleichfalls einen heiteren Augenblick, gerade da ich Falle bin, Ihnen für etwas freundlich Vermitteltes den schönsten Dank zu sagen.

Neureuther hat mir ein großes Blatt zugeschickt mit Commentar oder vielmehr musicalischer Durchführung jener wunderlichen Parabel. Sollten Sie diese Production gesehen haben, so würden Sie derselben wohl erwähnen. Auf alle Fälle muß ich sagen, daß er sich hier, wie immer, des vorliegenden Zustandes höchst geistreich bemächtigt, ja sogar dessen Sinn und Bedeutung gesteigert und auf wundersame Weise emporgehoben hat. Es gibt keinem seiner andern Blätter etwas nach. Zeichnung und Ausführung sind vom höchsten Fleiß. Da das Blatt aquarellirt ist, so besticht es gleich bey'm ersten Anblick, und da er die Farben zu Erhöhung des Charakters und der Zustände braucht, so tritt die Absicht desto deutlicher entgegen. Die Facilität und Pertinenz seines Talents, das Glück, eine solche Art gewählt zu haben, die seinem Naturell völlig zusagt, sind einzig. Können Sie mir sagen, was er in Paris geleistet hat, so erklären Sie mir ein Räthsel: denn ich habe auch nicht[188] die mindeste Ahnung davon, was er dort hat aufgreifen und sich zueignen können. Doch wird's auch daran nicht gefehlt habe.

Bildhauer David schickte mir sein Medaillon, und dieser Knopf und Knoten eines Schädels und Gesichtes nimmt sich wunderbar zwischen den andern vielen, nach außen entwickelten, französischen Gesichtern aus.

Das Verzeichniß der Medaillen von gewünschter Art, welche man in diesem Augenblick in München erhalten könnte, wird mir sehr willkommen seyn.

Könnte mir Herr Oberbergrath Kleinschrot etwas Merkwürdiges, vielleicht Fledermausartiges, auch nur Fragmentarisches aus den Solnhofer Kalkschieferbrüchen verschaffen, so würde ich solches dankbarlichst erkennen.

Auf den nächsten Reichthum Ihrer Sendung bin ich höchst verlangend, und überzeugt: daß uns Eyck so wie Schoreel in Erstaunen setzen wird.

Bey der Übersetzung meiner letzten botanischen Arbeiten ist es ganz zugegangen wie bey Ihnen. Ein paar Hauptstellen, welche Freund Soret in meinem Deutsch nicht verstehen konnte, übersetzt ich in mein Französisch; er übertrug sie in das seinige, und so glaub ich fest, sie werden in jener Sprache allgemeiner verständig seyn, als vielleicht im Deutschen.

Einer französischen Dame soll dieß Kunststück auch schon eingeleuchtet haben; sie läßt sich das Deutsche verständlich und ungeschmückt übersetzen und ertheilt[189] ihm alsdann eine Anmuth, die ihrer Sprache und ihrem Geschlechte eigen ist. Dieß sind die unmittelbaren Folgen der allgemeinen Weltliteratur; die Nationen werden sich geschwinder der wechselseitigen Vortheile bemächtigen können. Mehr sag ich nicht, denn das ist ein weit auszuführendes Capitel.

Eben so wenig darf ich heute meiner vielleicht übereilt vertrauten Confession gedenken; mir ist sehr ernst bey der Sache, aber, genau besehen, nach meiner eigenen Weise, die nicht einen jeden anmuthen möchte und der meine Freunde schon so oft nachgesehen haben.

In einigen Wochen ist hoffentlich unser botanisches Wagniß in Ihren Händen; ich darf mir versprechen, daß Ihnen manches daran Freude machen wird. Sehen Sie Herrn v. Martius, so bitten Sie ihn, die Art, wie er darinne aufgeführt wird, geneigtest aufzunehmen, wenigstens zu verzeihen.

Mit diesem Hefte hebt sich denn doch ganz eigentlich eine große Last von mir ab, das man 15 Bogen, gedruckt, nicht ansehen wird. Seit dem Juni vorigen Jahrs mit dem Abdruck beschäftigt zu seyn und solchen durch alle Wechselfälle durchzuarbeiten und durchzuführen, war für mich kein Kleines. Doch darf ich nur, um mir Muth zu machen, an das denken, was Ihnen und den Ihrigen obliegt, so habe ich Ursache, mich allsobald zu ermannen.

Grüßen Sie herzlich die lieben Ihrigen und erhalten mein Andenken unter den werthen Gönnern[190] und Freunden in München. Möge alles Gute Ihro Majestät dem Könige werden, was er sich verdient und was wir ihm wünschen. Herr v. Conta hat die Freundlichkeit, mich manchmal durch Ihre herrlichen städtischen und ländlichen Anlagen durchzuführen, wo man sich wirklich in eine andere Welt versetzt glaubt; leider daß ich nicht mehr Mobilität habe, als nöthig ist, mich in meinem Kreise umher zu bewegen.

Alles Gute, Beste, Höchste.

treu verbunden

Weimar den 24. April 1831.

J. W. v. Goethe.


48/177.


An Friedrich Theodor von Müller

Unsre gestrige Unterhaltung veranlaßt mich zu beykommendem flüchtigen Aufsatz. Möge er Ihnen irgend Anlaß geben, um auf eine oder die andere Weise Gebrauch davon zu machen. Ein Gedicht, wie das an den König von Bayern, in veschiedenen Sylbenmaaßen, würde genugsamen Stoff finden. Dabey würde es sich artig machen, daß man, vom Allgemeinen sprechend, das weimarische Wesen als Symbol im Auge hätte.

Auch ließ sich wohl das Ganze in wenige Strophe zusammenziehn, das Einzelne gäbe ferner zu heitern Gesängen Anlaß, und was sonst eine geniale Thätigkeit daraus entwickeln könnte.

[191] Der ich diesen extemporirten Vortrag, wie mich selbst bestens empfehle.

gehorsamst

Weimar den 25. April 1831.

J. W. v. Goethe.


48/178.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Indem wir heute unsre Reisenden wieder erwarten, auch inzwischen schon gehört haben, daß es denselben ganz wohl gegangen ist, nicht weniger, daß auch unsere jenaischen Freunde sich wohlbefinden, vermelde, daß mir die Revision des 14. Bogens glücklich zugekommen. Sodann füge die Bitte hinzu, mir nachstehendes, schon vor einigen Jahren herausgekommene Werk mitzubringen. Mich Ihrem Herrn Vater zum allerschönsten empfehlend.

Hochachtungsvoll.

Weimar den 30. April 1831.


48/179.


An Carl Friedrich Anton von Conta

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

hoffe meinen verpflichteten Dank für die höchst bedeutende Mittheilung bald mündlich abzustatten.

[192] Der ich, mit Rücksendung des Heftes sowohl als der lithographischen Blätter, die Ehre habe mich unausgesetzt zu nennen.

Weimar den 5. May 1831.


48/180.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

muß dringend um die Gefälligkeit ersuchen, das Heft nochmals genau durchzugehen, denn ich glaube mich für gewiß zu erinnern, daß ich jenes Schreiben, sobald ich es gelesen, gleich wieder in das Paquet gesteckt und zwar zwischen die Blätter, nicht an den Anfang oder an's Ende, wo es hingehörte. Auch ist das Ganze nicht von der Stelle gekommen, wo ich es gelesen; hier hab ich alles sorgfältig durchsucht und nichts gefunden.

Möge durch diese Andeutung die Sache sich aufklären.

Mit diesem Wunsche mich unterzeichnend

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar den 5. May 1831.

J. W. v. Goethe.


48/181.


An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwohlgeboren

einsichtiges Schreiben möcht ich wohl mit Ihnen und den Dresdener Kunstfreunden zur guten Stunde durchsprechen;[193] mündlich lösen sich die kleinen Differenzen der Wohldenkenden leichter auf, und der Weg zum Zwecke wird zugänglicher. Sey die Führung des Ganzen den verehrten Männern wie bisher anvertraut.

In diesen Tagen sende ich zwey Landschaften von unserm guten Preller ab; wir wünschen, daß sie Beyfall erhalten, angenommen und billig honorirt werden. Zugleich empfehle ein von Fräulein Seidler nachzusendendes Bild, worauf die gute Künstlerin viel Fleiß und ihr ganzes Talent aufgewendet hat.

Unsre Actionärs, welche mehr als irgend einen Gewinn die Förderniß unserer Künstler im Auge haben, würden sich vorzüglich daran erfreuen und dadurch an das Geschäft fester geknüpft werden.

Die Quittung sind mir zugekommen, welches ich hiemit bescheinigend anzeige. Ihre Realisation soll zu rechter Zeit besorgt werden.

Mit Verlangen dießmal die zugesagten Kupfer erwartend, wünsche ich bestens empfohlen zu seyn.

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar den 6. May 1831.

J. W. v. Goethe.


48/182.


An Eugen Napoleon Neureuther

Hätt ich mir nur von ferne ferne träumen lassen, daß ich Sie zu einem Bilde aufforderte, wie ich solches eben von Ihnen empfange, so hätte ich mir es gewiß[194] nicht ausgebeten; ich dachte mir es zwar so geistreich, durchdringend, bedeutend, aber auch im Format und Behandlung wie Ihre herausgegebenen Blätter, denen ich es in Gedanken hinzufügte. Nun aber überbieten Sie alle meine Erwartungen und sollen deshalb höchlich gepriesen seyn.

Ich will Ihnen nur gestehen, daß, wenn ich einem Künstler irgend eine Aufgabe stelle oder gestellt sehe, ich sie bey mir im Stillen, in seinem Geist und Sinne aufzulösen trachte; und so hab ich dießmal, wie ich nicht oft, das Vergnügen gehabt, zu sehen: wie das eigentliche Genie dasjenige überflügelt, was der Dilettant mit dem besten Willen in seiner Verständigkeit auszudenken weiß.

Nehmen Sie diese wenigen Worte, die ich eilig niederschreibe, als ein Zeugniß meiner Gesinnung und anerkennenden Dankbarkeit.

wahrhaft theilnehmend

Weimar den 7. May 1831.

J. W. v. Goethe.


48/183.


An Carl Wilhelm von Fritsch

Ew. Excell.

bin, wie von jeher, so auch heute wiederhohlt aufs lebhafteste verpflichtet, da, durch Dero geneigte Vermittelung, die Hindernisse so bald entfernt worden, die sich einem gnädigsten Wohlwollen diesmal entgegen stellten.

[195] Wenn auch eine so gewünschte Zierde einen jeden nach außen erhöht, so ist doch hier der Fall daß das Innerste eines würdigen Mannes dadurch gerettet und sein vieljähriger Zustand auf's Neue befestigt worden.

Die Ungewißheit inwiefern er genötigt seyn möchte, in hohen Jahren sich zu einer ungewohnten und lästigen Lebensweise zu bequemen war ihm uns seinen Theilnehmenden Freunden höchst peinlich. Desto größer erscheint die erwiesene Gnade.

Meinen unterthänigsten Dank bitte vorläufig auf das lebhafteste abzustatten, dessen mündliche Wiederhohlung, so wie an Hochdieselben, nächstens mir zur angenehmsten Pflicht mache.

Mich und das Meinige zu fernerer Gunst und Geneigtheit, angelegentlichst empfehlend,

Verehrend und vertrauend,

Ew. Excellenz

ganz gehorsamster Diener

Weimar d. 11. May 1831.

J. W. v. Goethe.


48/184.


An Friedrich Johannes Frommann

Ew. Wohlgeboren

und Ihrem Herrn Vater zu glücklicher Wiederkehr und nicht ungünstig vollbrachten Geschäften zum schönsten Glück wünschend, ersuche Dieselben, mir einen Abdruck des 15. Bogens, wie er sich machen will, herüber zu schicken; denn, da das Ganze rein abgeschlossen[196] ist, wie ich noch eine Spalte hinzugefügt werden könnte, wäre zu überlegen, einen Abdruck vor Augen.

Nachstehendem wünsche geneigte Beherzigung.

ergebenst

Weimar den 15. May 1831.

J. W. v. Goethe.


Daß die unglückliche Nr. 36, die uns hier soviel Verdruß gemacht hat, auch für Sie bey Ihrer Rückkehr nicht ohne unangenehme Folgen geblieben, ersehe aus der 39. Schon längst fühlte ich mich verpflichtet, aus alter Anhänglichkeit an Ihr werthes Haus über diese Sache ernstlich mit Ihnen zu sprechen und mache mir Vorwürfe, nicht früher meine wohlgemeynten Bedenklichkeiten geäußert zu haben. Ich behalte mir vor, bey nächster Zusammenkunft es zu thun, eine gute Aufnahme von Ihrem graden Sinne hoffend und erwartend. Mit Gesinnungen, die ich nicht zu betheuern brauche,

wahrhaft theilnehmend

Weimar d. 15. May 1831.

J. W. v. Goethe.


48/185.


An Johann Friedrich Lortzing,Max Johann Seidel

und Eduard Franz Genast

Die Herren

Lortzing

Seidel und

Genast

werden hierdurch höflichst ersucht, Herrn Schmeller[197] einige Stunden zu gönnen, damit er Ihre Bildnisse einer von mir angelegten Sammlung geschätzter Mitlebenden hinzufügen könne.

Das Beste wünschend.

Weimar 16. May 1831.

J. W. v. Goethe.


48/186.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Wenn ich auch die Revision des übersendeten Schlusses heute nicht übersenden kann, so vermelde doch Folgendes:

1) Die Anzahl der Frey-Exemplare betreffend wünscht ich 10 auf Belin und 10 auf ordinär Papier.

2) Von denn Umschlägen erbitte mir von jeder Farbe gleiche Zahl.

3) Ich wünsche meine Exemplare nicht geheftet.

Mehr wüßt ich von unserm Geschäft [nicht] zu sagen, als daß ich mich freue, es glücklich beendigt zu sehen.

Beykommendes bitte an Fräulein v. Löw zu befordern mit meinen besten Empfehlungen.

Möge Ihre schöne Erwartung glücklich erfüllt werden, und ich Sie alsdann vertrauend, vertraulich bey mir begrüßen.

Mich in Ihrem nächsten Kreise freundlichst empfohlen wünschend.

Weimar den 18. May 1831.[198]


48/187.


An Carl Gustav Börner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey das Portefeuille mit Kupfern und Zeichnungen zurück. Sollte in der Folge der Fall wieder vorkommen, daß etwas zum Ansehen Übersendetes allzu lange außenbleibt, so werden Sie mir selbst in Ordnung und Behendigkeit in den Geschäften lieb und werth ist.

Das Wenige, was wir für dießmal zurückbehalten, ist auf dem Verzeichniß schwarz und roth angestrichen; die erste Post beträgt 11 rh., die zweyte 8 rh. 9 Groschen. Hierüber bitte mir zwey besondere Rechnungen zu schicken, auch eine dritte über das, was ich früher schuldig geworden. Zahlung soll alsobald erfolgen.

Mich schönstens empfehlen und das Beste wünschend.

Weimar den 18. May 1831.


48/188.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hiebey, mein Theuerster, den Abschluß unsrer mühsamen Arbeiten. Erhalte ich die Correcturen des Herrn Soret, so übersende sie sogleich zu herkömmlichem Gebrauch. Warum der Titel doppelt erfolgt, erklärt der Frommannische Brief; ich wäre dafür, den[199] Strich wegzulassen. Auf die letzte Seite wüßte ich nichts weiter, deshalb die Officin darauf gar wohl gemeldet werden kann.

Das Weitere mündlich.

Weimar den 18. May 1831.

G.


48/189.


An Friedrich Jacob Soret

Hierbey, mein theuerster Herr und Freund, erhalten Sie endlich den Abschluß unserer mühsamen Arbeit zur Correctur. Nächstens werden wir das Ganze auf unsern Bücherbrettern aufstellen können.

Zugleich liegen bey die Aushängebogen Nr. 13 und 14.

Gegenwärtiges zur schönsten Morgenstunde übersendet kann nicht anders als zum besten Humor gedeihen.

Weimar den 18. May 1831.

G.


48/190.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hiebey sende die stark revidirte französische Übersetzung der letzten Blätter; Sie die Güte, sie nochmals durchzusehen, schreiben aber nicht wie bisher die Correcturen in mein Exemplar, da es gar zu umständlich ist und ich noch auf eine Revision dringen werde. Morgen wollen wir die Sache näher besprechen,[200] vor den Feyertagen ist doch weiter keine typographische Thätigkeit zu hoffen.

Das Beste wünschend.

Weimar den 19. May 1831.

G.


48/191.


An Friedrich Johannes Frommann

Durch die drey letzten Blätter des beykommenden Heftes, welches ich so eben von Paris erhalte, werd ich veranlaßt, die letzte uns noch übrige Seite zu einer Anerkennung jener Artigkeit zu benutzen und zwar, da für beide Sprachen nicht Raum ist, nur die französische Übersetzung, um welche ich hiemit ersuche, abdrucken zu lassen. Da dieser Nachsatz eigentlich unmittelbar an einen Franzosen gerichtet ist, so sollte eine solche Anomalie sogar gut aufgenommen werden. Verzeihen Sie die Verlängerung der Mühe, doch glaube ich zu Gunsten unsrer Arbeit diese Gelegenheit nicht versäumen zu dürfen.

treu ergeben

Weimar den 19. May 1831.

J. W. v. Goethe.


48/192.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

muß ich bey gegenwärtiger Sendung meine Freude nothwendig bezeigen, daß wir so nahe dem Abschluß[201] zurücken. Was wir zu bemerken hatten, ist auf den beykommenden Blättern selbst angemerkt, auch wie wir es mit der letzten Seite gehalten wünschen. Vor allem aber muß ich inständig ersuchen, uns einen nochmaligen Abdruck zur schließlichen Revision zu übersenden, da sich, besonders bey dem Französischen, manches zu bedenken findet, und wir gerne am Schlusse völlig rein und sicher zu seyn wünschten.

Herzlich leid hat es mir gethan, Sie bey Ihrem Hierseyn nicht sprechen zu können; selbst das Dictiren ist mir untersagt wegen des heftigen Reizes zum Husten.

Durch meine gute Schwiegertochter haben Sie mich schon im Einzelnen beruhigt, erlauben Sie mir, bey nächster Zusammenkunft das Allgemeine zu sagen. Ein gründlich denkender Redacteur und Staatsbürger kann leicht einen jeden Aufsatz beurtheilen, wenn er fragt: ob dadurch Wohlwollen oder Mißwollen verbreitet werde. Das erste ist wünschenswerth, für jetzt und die Zukunft gültig, das andere, als verneinend, durchaus abzulehnen, weil es immer, wie es auch sey, allen reinen Fortschritt verhindert.

Lassen Sie uns über diesen Text nicht einmal, sondern öfters, ja immer unterhalten.

Manches Andere [übergehend,] mich auf mein letzes Schreiben beziehend und mich mit den besten Wünschen und lebhaftesten Empfehlungen unterzeichnend.

Weimar den 21. May 1831.[202]


48/193.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hiebey das letzte Blatt, womit ich nicht incomodiren würde, wenn nicht auf der letzten Seite, auf der 4. Linie Herr Soret ein n eincorrigirt hätte, wo aber eigentlich die volle Verneinung ne stehen sollte. Billigen Sie dieß, so schaff ich dieß Ende des Endes morgen mit dem Botenweg. Auf heute Abend lad ich Sie noch nicht ein, denn ich stehe mit der lieben Außenwelt noch nicht in sonderlichem Verhältniß.

Das Beste hoffend

Weimar den 27. May 1831.

G.


48/194.


An Friedrich Jacob Soret

Zwar hat so eben der jenaische Botanicus ein Exemplar des Equisetum eburneum nach Belvedere gebracht; ich kann mir aber das Verdienst nicht nehmen lassen, daß er es, gerade zu rechter Zeit, auf meinen Antrieb aufsuchte. Ich sende daher noch einige Exemplare einer Pflanze, die mir unter allen inländischen das fremdeste Ansehen zu haben scheint. Möge es zu einiger anmuthigen Unterhaltung dienen.

Mit den treusten Wünschen vermelde: daß ich zwar eine gute Nacht gehabt, aber doch bey'm Erwachen mich noch immer in die katarrhalischen Unbilden befangen fühle.

Mich überall auf's lebhafteste zu empfehlen bittend.

Weimar den 27. May 1831.

G.[203]


48/195.


An Friedrich Johannes Frommann

Aus einem düstern katarrhalischen Zustande, doch mit Heiterkeit des Geistes unsre Arbeit vollendet zu sehen, übersende Gegenwärtiges mit tausendfältigen Wünschen zu dem glücklichsten Ereigniß, hoffend auf beruhigende Nachrichten von dem Befinde der theuern leidenden Geberin. Also sey es!

Weimar den 28. May 1831.


48/196.


An Johann Friedrich Rochlitz

Lassen Sie uns doch ja, mein Theuerster, der Anmuth einer nachbarlichen schnellen Communication genießen; eine solche Halbgegenwart ertheilt eigene Reize. und so sey es denn gesagt: daß ich mich in einem leidlichen, aber freylich nicht präsentablen Zustand befinde; aufnehmen und verarbeiten kann ich wohl, aber nicht erwidern; so wie ich schon seit acht Tagen nicht dazu komme das Nächste wegzuräumen. Geduld also und Beharrlichkeit zum Bessern!

Der Anblick unschätzbarer Blätter dient zur innersten Wiederherstellung. Die wahre Universalmedizin ist das Vortreffliche. Ich werde mich, diese Stunden, unausgesetzt daran erfreuen, bis wir uns dabey zusammen stärker und kräftigen können.

[204] Die musicalischen Mittheilungen hat mich Ottilie, zu meiner Erquickung, mit freundlicher Stimme vernehmen lassen. Ich darf Ihnen diese treue Musikschülerin nicht zu geneigter Förderniß empfehlen.

Sagen Sie mir von Ihren Tages- und Stunden-Ereignissen; wobey unser thätiger Freund sich gewiß im eigentlichsten Sinne bewährt.

Mehr nicht als die hoffunngsvollsten Grüße.

Weimar den 28. May 1831.

G.


48/197.


An Johann Heinrich Meyer

Die durch Schuchardt bey Weigel bestellten Zeichnungen sind angekommen; möchte Sie, mein Theuerster, heute nach Tische mich besuchen, damit wir die Sendung durchsehen, vielleicht etwas auswählen und das Paquet zurückschicken.

Das Nähere mündlich.

Weimar den 31. May 1831.

G.


48/198.


An Carl Friedrich Zelter

Fahre ja fort, mein Guter, aus der reichen äußern Ernte, in die du gesendet bist, mir von Zeit zu Zeit einige Büschel zuzuschicken, indeß ich ganz in's innere Klostergarten-Leben beschränkt bin, um, damit ich es nur mit wenig Worten ausspreche, den zweyten Theil meines Faust zu vollenden. Es ist keine Kleinigkeit,[205] das, was man im zwanzigsten Jahre concipirt hat, im 82. außer sich darzustellen und ein solches inneres lebendiges Knochengeripp mit Sehnen, Fleisch und Oberhaut zu bekleiden, auch wohl dem fertig Hingestellten noch einige Mantelfalten umzuschlagen, damit alles zusammen ein offenbares Räthsel bleibe, die Menschen fort und fort ergetze und ihnen zu schaffen mache.

Du hast den guten St. Galler ausgeforscht und angezogen; möge ihm eine gute Stimme von Natur verliehen seyn, auf daß er das wahre invocacit aus deiner Schule in sein Gebirgsland mit hinübernehme.

Vorstehendes liegt schon lange, und wenn unsre katarrhalischen Zustände uns höchst lästig bleiben, so müssen wir uns zu trösten suchen, daß es uns wie den vielen Mit- und Gleichenden in Berlin nicht zum besten geht. Doch will ich weniges dictiren, um vor deine vielen angenehmen Mittheilungen zu danken.

1) Das löbliche Profil der Medaille ist in jedem Sinne sehr gut gerathen, welches selbst unser Hofrath Meyer gerne eingesteht und mit mir grüßt und dankt. Von der Rückseite weiß ich nichts zu sagen. Mir scheint sie einen Abgrund zu eröffnen, den ich aber bey meinem Fortschreiten in's ewige Leben immer links gelassen habe.

Hast du denn die vier Hefte der Randzeichnungen von Neureuther zu meinen Parabeln und Gedichten[206] gesehen? Sie sind eigentlich nicht recht gäng und gäbe im Handel, ich weiß nicht durch welche Schuld.

Mir hat er in bedeutendem Folioformat, mit der Feder gezeichnet, heiter colorirt, ein ganz allerliebstes Blatt verehrt. Die Parabel: »Ich stand in meiner Gartenthür« ist der Text. Er hat wirklich den Sinn ganz wundersam penetrirt, ja, was merkwürdig ist, das Geheimanmaßliche, was in dem Gedichte liegt, recht bescheiden kühn herausgesetzt.

Und nun hätte noch sehr vieles mitzutheilen, denn ich habe diese 14 tage Gefangenschaft unter einer harten katarrhalischen Despotie gar wohl zu nutzen gewußt, indem ich gränzenlos las und die merkwürdigsten Dinge, an die ich sonst nie gegangen wäre, mir klar machte, z.B. das wunderliche Treiben der St. Simonisten in Paris.

Dabey sind mir auch sehr bedeutende ältere Zeichnungen für einen billigen Preis zu Handen gekommen, und da kann denn der schnupfenhafteste Nebel weder Neigung noch Einsicht verdüstern.

Sey mir übrigens gesegnet in deinem ton- und klangreichen Leben. Es sind mir in diesen Tagen einige Gedanken über Cantilena aufgegangen, die mich fruchtbar beschäftigen; vielleicht wäre sie andern zu nichts nutze, mich haben sie seit ihrem Eintritt gar liebenswürdig gefördert. Dir sag ich nichts davon, denn du hast es, gebrauchst's und genießest's.

Merkwürdige Resultate eines stillen einsamen Denkens möcht ich wohl oft aufzeichnen, dann laß ich's[207] wieder gut seyn. Mag doch am Ende jeder darauf kommen, wenn er in Verhältnisse tritt, wo er das Vernünftige nicht entbehren kann.

Das Wappen kommt nächstens zurück mit abschließlichen Bemerken. Glück auf! der guten Künstlerin.

und so fortan!

Weimar den 1. Juni 1813.

J. W. v. Goethe.


48/199.


An Johann Heinrich Meyer

[Concept.]

Da es sich doch nöthig macht, daß wir das Weigelsche Portefeuille bald wieder zurückschicken, so hab ich es mit Aufmerksamkeit durchgesehen und mir etwa ein halb Dutzend ausgewählt und herausgenommen. Es sind noch gute und brauchbare Sachen drunter. Mögen Sie daher die Blätter nochmals durchschauen und, wenn Sie etwa für unser Museum etwas Wünschenswerthes drunter finden, etwa für 15 bis 20 rh. auswählen, absondern, in dem Catalog bemerken, auch mir das Ganze wieder zurückschicken, so sorge für Zahlung und Rücksendung nach Leipzig. Möge unser beiderseitiges Befinden bald ein freundliches Zusammenkommen möglich machen. Die Disharmonie meiner Zustände will sich leider noch nicht auflösen.

Weimar den 1. Juni 1831.[208]


48/200.


An Thomas Carlyle

Bey eintretendem Frühling, welcher Sie gewiß auch schon besucht haben wird, finde ich gemüthlich Sie wieder zu begrüßen und zu versichern, daß wir diesen Winter an Sie, als eingeschneite Freunde, öfter gedacht haben. Wenn ich sage wir, so ist es, daß Ottilie mit ihren Kindern, nachdem der Gatte, als Mittelperson, beliebt hat, in der ehemaligen Hauptstadt der Welt zurückzubleiben, sich natürlich- und sittlicher Weise näher an mich anschließt; da wir denn genugsam wechselseitiges Interesse und daraus entspringende Unterhaltung finden, und zwar mitunter so abgesondert von der übrigen Welt, daß wir eine Art von Craigenputtoch mitten in Weimar zu bilden im Falle waren.

Gegenwärtiges, welches schnell genug bey Ihnen meist bekannt und was er für Sie Neues enthält wird Ihnen, später wie früher, einige Unterhaltung geben. Es ist aber manches auf mich und Schiller Bezügliches zeither hervorgetreten, welches ich erst sammeln und ordnen möchte, damit Sie auf einmal etwas Bedeutendes erhielten.

Sogar möcht ich eine Antwort auf gegenwärtigen Brief erwarten, um von Ihnen zu vernehmen, ob Sie[209] vielleicht auf einiges in Deutschland Erschienene, von hier aus zu Sendende aufmerksam geworden, was Sie allenfalls zu sehen wünschten. Das alles könnte zu gleicher Zeit anlangen, denn wenn ich die gute Jahrszeit vor mir sehe, so scheint mir, man könne nichts verspäten.

Der gute Eckermann ist glücklich zurückgekehrt, heiter und in seiner Art wohlgemuth. Sein zartes und zugleich lebhaftes, man möchte sagen, leidenschaftliches Gefühl ist mir von großem Werth, indem ich ihm manches Ungedruckte, bisher ungenutzt Ruhende vertraulich mittheile, da er denn die schöne Gabe besitzt, das Vorhandene, als genügsamer Leser, freundlich zu schätzen und doch auch wieder nach Gefühl und Geschmack zu Forderndes deutlich auszusprechen weiß.


Vorstehendes war längst zur Absendung bestimmt, blieb aber liegen, bis ich das beysammen hätte, was doch auch werth wäre, über's Meer sich zu Ihnen zu begeben. Sie erhalten also:

1. Vier Hefte Neureutherischer Randzeichnungen zu meinen Parabeln und sonstigen Gedichten. Schon vor Jahren wurde in München ein altes Gebetbuch entdeckt, wo der Text den geringsten Raum der Seite einnahm, die Ränder aber von Albrecht Dürer auf die wundersamste Weise mit Figuren und Zierrathen geschmückt waren. Hievon wird genannter junger Mann entzündet, daß er, mit wundersamstem[210] Geschick, Randzeichnungen zu vielen meiner Gedichte unternahm und sie mit anmuthig congruirenden Bildern commentirte. Wie dieß geschehen, muß man vor Augen blicken, weil es etwas Neues, Ungesehnes und deshalb nicht zu beschreiben ist. Möge dieses reizende Heft unsern Eremiten der Grafschaft Dumfries oft wiederholt heitere Lebensaussichten gewähren.

2. Die letzte Sendung meiner Werke; lassen Sie sich zu dem schon Bekannten freundlich hinführen. Ich habe mit einer poetischen Masse geschlossen, weil denn doch die Poesie das glückliche Asyl der Menschheit bleiben wird; indem sie sich zwischen den ersten düstern Irrthum und den letzten verfühlenden Zweifel mitten hineinsetzt, jenen in Klarheit zu führen trachtet, diesen aber deutlich und theilnehmend zu werden nöthigt, so werden nicht viele wirksamere Mittel gefunden werden, um den Menschen in seinem Kreise löblich zu beschäftigen.

3. Die zwey Bändchen Schiller redivivus werden Ihnen Freude machen; sie regen manch schönes Gefühl und manchen wichtigen Gedanken auf.

4. Nun kommt auch der Abschluß des Chaos anbey, wovon manches Sie interessiren wird. Mit dem 52. Stück ward der erste Band geschlossen, und es fragt sich: ob die anmutige Societät, wie sie jetzt ist, bey schnell wechselnden Theilnehmenden, bey flüchtigen Gesinnungen, Neigung und Grillen, unternehmen wird in diesem Flusse zum zweytenmal zu schwimmen;[211] einige Herzenserleichterungen, von unsrer schottischen Freundin mitgetheilt, würden die Entschlüsse wahrscheinlich und hoffentlich befördern.

5. Meine Metamorphose der Pflanzen mit einigen Zusätzen, alles übersetzt von Herrn Soret, liegt denn endlich auch bey. Da dieses Heft Ursache der retardirten Sendung ist, so wünsch ich denn doch, daß der Inhalt auch Ihnen möge von Bedeutung seyn. Gewinnen Sie dem Ganzen etwas ab, so wird es Sie nach manchen Seiten hin fördern, auch das Einzelne wird Ihre Gedanken auf erfreuliche Wege hinweisen. Es waren die schönsten Zeiten meines Lebens, da ich mich um die Naturgegenstände eifrig bemühte, und auch in diesen letzten Tagen war es mir höchst angenehm, die Untersuchungen wieder aufzugreifen. Es bleibt immer ein herzerhebendes Gefühl, wenn man dem Unerforschlichen wieder einige lichte Stellen abgewinnt.

Auch liegt ein Blatt bey, von Herrn Hitzig unterschrieben, die Anerkennung Ihrer Berliner Fellowship. Von jenen werthen Freunden habe ich unmittelbar lange nichts vernommen. Die fortwährende Bemühung mein Haus zu bestellen und meinen nächsten Mitfühlenden und Mitwirkenden das in die Hände zu legen, was ich selbst nicht vollbringen kann, nimmt mir alle brauchbare Stunden weg, deren uns doch noch manche gute wie schöne gegönnt sind.

Hiemit sey geschlossen; im Kästchen selbst wird noch ein Blatt beygelegt. Von mir und Ottilien die schönsten[212] Grüße und treusten Wünsche dem lieben Eremitenpaare. Die Ankunft des Kästchens bitte baldigst zu melden.

Also sey es!

Weimar den 2. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.


48/201.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Concept.]

Hiebey der Schillersche Briefwechsel; auch ein Schwänchen für Herrn Castelli, welches für Druck, Bug und Knick zu bewahren bitte. Möge es ihm mit meinen schönsten Grüßen überreicht werden.

Weimar den 4. Juni 1831.


48/202.


An Johann Friedrich Rochlitz

Wie doppelt lästig mir diese Tage her eine Abstumpfung alles Geistigen Mißbehagen aller körperlichen Thätigkeiten geworden, darf ich wohl nicht aussprechen. An und für sich wäre das schon schwer zu erdulden gewesen; da ich Sie aber, theuerster Herr und Freund, nur einige hundert Schritte von mir entfernt, von gleichem Übel befangen und uns in solcher Nähe eben so getrennt fühlte, als wenn Meilen zwischen uns lägen, so gab das einen bösen hypochondrischen Zug, wie ein mißlungenes Unternehmen, eine so nah und in der Erfüllung getäuschte Hoffnung nur störend in unsre Tage hineinschieben können. Sie empfinden eben dasselbe und auch, in[213] meinen Sinn sich versetzend, schärfer, weil in höheren Jahren man immer weniger geneigt wird auf die Genüsse des Augenblicks Verzicht zu thun.

Wenn ich nun auch eben in diesem Alter nach Besitz weniger habsüchtig bin als sonst, denn warum sollte man das zu erlangen suchen, was man zunächst verlassen soll, so lebt aber doch, in gewissen Fällen, die alte Begierde wieder auf; und es begegnet mir gerade jetzt, indem ich Ihr herrliches Portefeuille, welches für mich und mit Freunden, immer Ihre Gegenwart vermissend, auf das aufmerksamste durchgesehen, zurückzusenden im Begriffe bin.

Wie dem auch sey: ein gewisses Gefühl heißt mich den Wunsch des Kunstliebhabers von den Freundesworten zu trennen. Die Form eines Promemorias soll Ihnen völlige Freyheit lassen, meine vielleicht indiscreten Äußerungen nach ganz eignem Gefühl und Convenienz zu erwidern.

Aufs Frische verbunden und

verpflichtet

Weimar den 4. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

Zu geneigter Aufnahme.

Unter den trefflichen Kupferstichen, welche uns in dem höchst bedeutenden Portefeuille mitgetheilt worden, findet sich einer, dessen Besitz für mich von dem größten Werth wäre. Das Blatt stellt vor vier[214] Kirchen-Väter, die sich über eine wichtige Lehre des christlichen Kirchthums vereinigen, nach Rubens von Cornelius Galle. Von dieser höchst durchdachten und ausgearbeiteten Composition besitze ich die Original-Gouache von Rubens, genau in derselben Größe, und man kann sich von der Ausführlichkeit derselben durch das Kupfer den deutlichen Begriff machen. Ich würde sie beylegen, wenn sie nicht in den vielbepack ten Portefeuilles begraben läge.

Einem Kunstfreund und Kenner darf ich nicht sagen, wie zwey solche Blätter, neben einander gelegt, den Werth wechselseitig erhöhen, indem eins von dem andern Zeugniß gibt, was der Mahler beabsichtigt und geleistet, und wie der Kupferstecher bey'm Übertragen und Übersetzen einer so hohen Aufgabe sich würdig erwiesen; ja es läßt sich sagen: daß man beides erst neben und mit einander kennen lerne und eigentlich besitze.

Möge, wie irgend sonst eine Leidenschaft, die sich nicht entschuldigt, weil sie sich nicht helfen kann, auch dieser nicht zurückzuhaltende Wunsch freundlich betrachtet werden. Der Liebende verzeiht dem Liebenden wohl einen Fehltritt, der Kunstfreund dem Kunstfreunde eine vielleicht unbequeme Anmaßung, die man einem geprüften Angehörigen vorzulegen wagt, ohne ihm die Freyheit des Entschlusses nach Gefühl und Bezug im mindesten schmälern zu wollen.

vertrauensvoll

Weimar den 4. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.[215]


48/203.


An Friedrich Jacob Soret

Haben Sie die Güte, theuerster Herr und Freund, die beykommenden Bände Ihro Kaiserlichen Hoheit mit unterthänigstem Dank zu erstatten. Es ist ein ganz unschätzbares Werk, das und in Zustände versetzt, die wir niemals kannten, mit Gesinnungen vertraut macht, von denen wir keinen Begriff hatten, und von Verwirrungen Kenntniß gibt, die wir, auch wie sie vorliegen, weder entwickeln noch beurtheilen können.

Möge in Belvedere alles froh und glücklich von statten gehen. Der treffliche Meyer bereitet sich, an so viel Gutem Theil zu nehmen; indessen ich an dem katarrhalischen Alpdruck noch allzusehr leidend bin.

Unserm lieben jungen Fürsten die besten Empfehlungen und treusten Wünsche; sowie ich nunmehr hoffe, daß unsere Bemühungen bald durch hübsche vollendete Exemplare belohnt werden sollen. Mit verdüsterten Sinnen, doch mit unwandelbaren Gesinnungen.

treu angehörig

Weimar den 4. Juni 1831.

J.W.v.G.[216]


48/204.


An Siegmund August Wolfgang Herder

Ihre werthe, mir desto willkommenere Sendung, mein theuerster Herr und Freund, da sie mich in einem Augenblicke trifft, wo ich ihr nicht allein alle meine Aufmerksamkeit zuwenden kann, sondern wo ich sogar mit den Gaben Ihrer frühern Geneigtheit beschäftigt bin.

Herr Administrator Richter wird Sei von dem wunderbaren Irrthum unterrichtet haben, in welchem ich mich wegen der Sendung des Novembers bisher befand; ich glaubte, die Kiste enthalte jene frühere Bestellung, ließ auch die dafür bestimmte Summe alsbald auszuzahlen, und zuletzt begriff ich nicht, warum mir noch zwey Kistchen zu Gute kommen sollten. Nun, seitdem ich unterrichtet bin, daß ich jene erste Kiste Ihrer Geneigtheit schuldig geworden bin, ist sie ausgepackt, in Schränkchen gelegt und dient mir zugleich mit dem Catalog, der Schneeberger Charte und der Betrachtung über jenes Revier zu belehrender Unterhaltung. Die Jahreszeit begünstigt auch durch heitere und erwärmte Localitäten ein Studium, dem ich viele Jahre auswärts die besten Monate zu widmen gewohnt war; wär ich nicht auf so vieles resignirt, so würde es mir vollkommen peinlich seyn, Sie nicht besuchen zu können.

[217] Die beiden neuesten Kästchen stehen auch noch unausgepackt; ich mache Anstalt, die Gangarten, auf die mich der Catalog höchst verlangen macht, vor mir aufzulegen und darüber auf meine eigene Weise zu denken. Je länger ich diese wichtigen Gegenstände mit ruhiger treuer Forschung verfolge, je mehr fürcht ich, daß sie für uns unerschöpflich bleiben werden.


Vorstehendes war geschrieben, als Ihre freundliche briefliche Sendung bey mir anlangt; die Hoffnung, Sie diesen Sommer bey uns zu sehen, ist mir von der größten Bedeutung; mich mündlich mit Ihnen, mein Theuerster, zu unterhalten, wird mich glücklich machen. Schriftlich über die in dem Schreiben vom vorigen Jahr mir vorgelegten Fragen mich zu äußern, ist mir ganz unmöglich. Mündlich lassen sich diese zartesten allergeheimsten Dinge wenigstens mit einiger moralischen Sicherheit und geistigen Heiterkeit behandeln.

Sie, mein Bester, wissen vor vielen, mit welcher redlichen folgerechten Sorgfalt ich mich der Naturforschung gewidmet. Im Organischen ist mir's geglückt, Theilnehmende und Fortschreitende zu gewinnen. Was meine Farbenlehre im Praktischen seyn wird, bleibt der Folge anheimgegeben. Die Mineralogie hat uns mit den mannichfaltigsten Körpern und ihrer Gestaltung nach und nach auf die anmuthigste Weise bekannt gemacht; in der Geognosie mäßig fortzufahren,[218] bleibt dem stillen Betrachter unbenommen, der sich denn aber freylich, was geologische Betrachtungen betrifft, aus dem immer wachsenden, tumultuarischen, keineswegs naturgemäßen Getümmel zu retten hat. Von meinen Prämissen, von meinen Urtheilen kann ich wohl mündlich einem Freunde, der mir ruhig zuhören möchte, Rechenschaft geben; auch hier habe ich, wie in allem, das Nächste gesucht und in dem Unläugbaren Fuß zu fassen getrachtet; auch hier ist mir, wenigstens zu meiner eigenen Beruhigung, manches gelungen.

Könnte ich mit einem Manne, dem so unendliche Einzelheiten bekannt sind, und welcher auch über die Erscheinungen überhaupt zudenken alle Ursache hatte, mich zu meiner Belehrung, Berichtigung, Bestätigung, wie ich nun hoffen darf, folgerecht unterhalten, so hoffte ich den Beyfall desselben wenigstens für meine Bescheidenheit zu gewinnen, welche sich an den Problemen, wie es den Menschen geziemt, eigentlich nur übt, um sich selbst kennen zu lernen und zugleich seine Beschränktheit mit der großen Breite, die ihm zu umschauen gegeben ist, kennen zu lernen und sich am Ende selbst ehrenhaft zu bescheiden.

Dank für die mannichfaltigen Beylagen; fahren Sie ja fort, mir dergleichen dichterische und rednerische Äußerungen mitzutheilen; man blickt dadurch in bedeutende Zustände klarer hinein; in solchen Fällen thut sich die Brust auf, Geist und Neigung offenbaren sich auf's kräftigste.

[219] Mit den schönsten Grüßen und besten Wünschen mich unterzeichnend.

unwandelbar

Weimar den 7. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.


48/205.


An Marianne von Willemer

Eben als Ihr lieber Brief, meine Theuerste, zu mir gelangte, war das zweyte Fäßchen Honig angebrochen worden, und mein zweyter Enkel, welcher vorzüglich auf diese Süßigkeiten begierig ist, machte deshalb gar freundliche Gesichtchen.

Es ist mir diese Zeit her manches Gute begegnet und gelungen; ich finde mich in dem Falle, nach und nach Ordnung zu machen in allen Dingen um mich her, besonders auch so mancherlei poetische, literarische, naturhistorische Schriften als Supplement zu meinen bisher herausgegebenen Werken zu arrangiren. Der verständige gute Eckermann ist mir hiebey von besonderer Hülfe, auch von zutraulicher Aussicht auf die Zukunft.

Meine lieben Freunde dank ich mir nun wieder in den schönen Mühlenbesitz eingeführt, wenn schon die Witterung am Mayn kaum günstiger seyn kann als bey uns. Von katarrhalischen Übeln theils bedroht, theils befangen, kommen wir nicht recht zum Bewußtseyn, daß wir zwischen Frühling und Sommer wandeln.

[220] Wenn meine liebe heitere Freundin ihre anmuthigsten Stunden mit heiterer Jugend zubringt, so darf ich wohl das Gleiche sagen; meine drey Enkel, zwey Knaben und ein Mädchen, sind wirklich wie heiteres Wetter, wo sie hintreten, ist es hell. Am Augenblick Freude, er sey wie er wollte; das theilt sich denn unmittelbar auch den Ältesten mit, und so wollen wir die guten Geister loben, die uns dergleichen Lichtlein angezündet haben.

Neugierig bin ich, ob Sie sich wieder mit dem Freunde dieß Jahr in die Gebirge wagen? Es ist denn noch und bleibt grandios, wenigstens rechts und links, wenn wir auf bequemen Wegen durch das Unerforschliche dahin fahren. Legen Sie es ja auf ein hübsches, recht ausführlich-communicables Tagebuch an, wenn es der Fall seyn sollte.

Kaum werd ich mich diesen Sommer aus Weimar begeben; die Witterung ist unsicher, und man muß in das, was man thun und leisten will, immer mehr Folge legen, wenn noch irgend etwas herauskommen soll, was man sonst aus dem Stegreife gar wohl zu produciren wußte.

Jetzt will ich aber noch eine Bitte und Auftrag eigner Art hinzufügen.

Vor alten Zeiten hatte man Staatskalender der freyen Reichsstadt Frankfurt, einige Fuß breit, mehrere lang; das Wappen des Schultheißen stand oben quer vor, an der einen Seite die Schöffen-, an der andern[221] die Rathsherrn-Bank, die dritte Bank unten quer vor, nach Standesgebühr und Würden, Vornamen, Namen, Wappen und was sonst bemerklich war.

Einen solchen Kalender wünscht ich mir nun von der Zeit, wo mein Großvater Schultheiß war; beschwören Sie Ihre dienstbaren Geister, einen solchen herbeyzuschaffen; es gibt ihrer gewiß noch genugsame, und ich erböte mich zu irgend einer Freundlichkeit demjenigen, der durch Ihre geneigte Vermittelung; um einen Stab gewickelt käme er wohlbehalten bey mir an.

So weit schon vor einigen Tagen, und damit dieß Blatt nicht fernerhin stockte und zaudere, wenn ich auch schon manches hinzusetzen möchte, nur noch die lebhaftesten Wünsche und treusten Grüße.

and so for ever

Weimar den 7. Juni 1813.

Goethe.


48/206.


An Carl Friedrich Zelter

Heute sind es gerade drey Wochen, daß ich durch einen widerwärtigen Rheumatismus abgeschlossen bin von allem eigentlich geselligen Leben. Meine Nächsten hatten die Freundlichkeit mich diese Tage her zu subleviren.

Das bißchen Thätigkeit, was mir übrig blieb, hab ich angewendet, um zu beseitigen, was nur einen mäßigen Willen und keine Geisteskraft verlangte. Ich[222] hatte die ersten Monate des Jahres gut angewendet, so daß ich mich das Geleisteten erfreuen konnte, indem ich manches in Gedanken vorbereitete, was zunächst auch gelingen wird.

Das Erste von Bedeutung, was ich vornehme, ist die Berathung über dein Wappengebilde. Ich sende das Modell der guten Facius zurück, zugleich mit einem andern, das hier von einem geschickten jungen Manne gemacht worden; ich melde zugleich, was noch zu bedenken und zu überlegen wäre, so daß die gute Künstlerin wohl mit Leichtigkeit und Freyheit das vorgesteckte Ziel erreichen möchte; es soll mich freuen, wenn der Anblick erheitert; ein leichtes Ehrenkreuzlein ist immer etwas Lustiges im Leben; das leidige Marterholz, das Widerwärtigste unter der Sonne, sollte kein vernünftiger Mensch auszugraben und aufzupflanzen bemüht seyn. Das war ein Geschäft für eine bigotte Kaiserin Mutter, wir sollten uns schämen, ihre Schleppe zu tragen. Verzeih! aber wenn du gegenwärtig wärst, müßtest du noch mehr erdulden. Mit 82 Jahren nimmt man es wirklich ernster in sich und für sich selbst, indem man die liebe leidige Welt in ihrem vieltausendjährigen Narrenleben in Gottesnamen fortwandeln läßt. Es ist schrecklich, wie sich das ein- über das andere Mal wieder in seinen Irrthümern brüstet.

Da ich das wieder überlese, möcht ich es zurückhalten, wie mir jetzt sehr oft geschieht; da man nicht[223] einmal sagen mag, wie man denkt wie fällt's einem ein, so zu schreiben.

Nach allen diesen, etwas Timonischen Ausdrücken, die man sich nicht immer versagen sollte, darf ich dir wohl vertrauen: daß seit Anfang des Jahrs mir manches gelungen ist, was ich dafür halten kann, weil ich wenigstens es nicht besser zu machen wüßte. Sey dir also dergleichen Vermächtniß hiemit angekündigt.

Auch bin ich sehr glücklich gewesen mit allerliebsten und schätzbaren Zeichnungen, wodurch mir vorzüglich alte Künstler, die ich bisher kaum dem Namen nach kannte, ganz nah gebracht werden. Dieses sind alles ganz stille Freuden unter dem bescheiden klösterischen Dache; laß mir nun immerfort auch wissen, wie du dich in deiner breiten, rauschenden und tönenden Welt behaben magst.

In der Revue de Paris Nr. 1. den 1. May, dritter Jahrgang, steht ein merkwürdiger Aufsatz über Paganini. Er ist von einem Arzte, der ihn mehrere Jahre gekannt und bedient; dieser setzt auf eine gar kluge Weise heraus, wie dieses merkwürdigen Mannes musicalisches Talent durch die Conformation seines Körpers, durch die Proportionen seiner Glieder bestimmt, begünstigt, ja genöthigt werde, das Unglaubliche, ja das Unmögliche hervorzubringen. Es führt uns andere dieß auf jene Überzeugung zurück, daß der Organismus in seinen Determinationen die wunderlichen Manifestationen der lebendige Wesen hervorbringe.

[224] Hier will ich nun, da noch etwas Raum ist, eines der größten Worte niederschreiben, welches uns unsre Vorvordern zurücklassen haben:

»Die Thiere werden durch ihre Organe

unterrichtet.«

Nun denke man sich, wie viel vom Thier im Menschen übrig bleibt, und daß dieser die Fähigkeit hat, seine Organe zu unterrichten, so wird man gern auf diese Betrachtungen immer wieder zurückkehren. Und nun schnell in's Couvert, damit es mich nicht reue, so Wunderliches auf das Papier gebracht zu haben.

und also fortan!

Weimar den 9. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.


48/207.


An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwohlgeboren

habe leider zu bemerken, daß die unter dem 6. May als abgehend angekündigten Gemählde erst heute, den 10. Juni, abgegangen sind. Ein seit drey Wochen mich befallenes, heftiges, katarrhalisches Übel hat in meine Geschäfte, die ich sonst so ordentlich als möglich zu führen gewohnt bin, einige Stockung gebracht, die ich nun nach und nach aufzulösen mich beeile.

Indem ich nun diese Sendung nochmals einem günstigen Empfang zu empfehlen die Gelegenheit nehme,[225] bitte zugleich auch meiner in wohlhergebrachter Geneigtheit freundlichst zu gedenken.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 9. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.


48/208.


An Carl Friedrich Zelter

[10. Juni 1831.]

Um nunmehr mit dem unternommenen Wappen abzuschließen, sende das Modell unsrer Künstlerin zurück und lege noch ein anderes bey, welches auch die Sache noch nicht ganz entscheidet.

Nun wünsche ich, daß unsre liebe Künstlerin sich besonders an den Helm halte, wie er im weimarischen Modell gestaltet ist; die Helmdecke liegt drüber her, dabey bleibt's; auf derselben aber findet sich ein Wulst, von welchem die Flügel ausgehen und worauf der Knopf der Lyra eigentlich ruht. Flügel und Lyra sind einigermaßen in Perspectiv gesetzt, um die schiefe Stellung des Helms einigermaßen zu accompagniren.

Was nun aber das Verhältniß des Helmes zum Schilde betrifft, so halte ich für besser, daß man ihn mehr in die Mitte rücke, so daß der Kragen zwischen den Hals und die Flügel des Pferdes hereintrete; dadurch kommt denn freylich der obere Stern und das untere Ordenskreuz völlig in eine Perpendicularlinie,[226] welche sich auch nicht übel ausnehmen wird. Was die Helmdecke selbst betrifft, so gefällt mir die Anlage auf dem Berliner Modell sehr wohl, nur müßte sie in nicht gar zu kleinen Spitzen und Schnörkeln endigen und etwas annehmen von den einfacheren Einschnitten des weimarischen Modells. Doch wird dieses dem Geschmack und Gefühl unsrer lieben Künstler anheim gegeben.

Das weimarische Pferd scheint etwas tüchtiger, doch find ich die drey Tragsteine des Berliner Thurms kunstgemäßer; wie denn auch zu wünschen wäre, daß der Thurmkranz und die Zinnen etwas mehr die Rundung des Thurms andeuteten.

Was den Wahlspruch betrifft, so würde ich die Worte desselben nunmehr so stellen:

Getreu der Natur und Kunst,

als dem laconischen Ausdruck des Sinnes gemäßer.

Weiter wüßt ich nichts zu sagen und wünsche das Beste zu glücklicher Vollendung.

Meinem gestern abgegangenen Briefe habe ich nun meinen Dank für deinen so gehaltreichen vom 29. May bis 5. Juni nachzusenden; fahre fort, mich durch deine Relationen zu erfreuen.

Das französische Theater wird in seinen Komischen, heiteren, socialen Productionen immer unerreicht bleiben, sowohl was die Anlage, als die Ausführung betrifft. Es ist hier eine überhundertjährige Kunst und Technik, ein Metier, das seine Ahnen hat, indessen[227] man sich bey uns vergebens abmüdet. Unsere Schauspieler wissen nichts mehr von Kunst, vom Handwerk haben sie gar keinen Begriff; alles beruht noch auf dieser und jener Individualität. Lassen wir das gut seyn, ich habe dieser Region längst den Rücken gewendet. Doch muß ich von meinen häußlichen Umgebungen uns sonstigen Lebefreunden immer das Für und Wider der Unvollkommenheiten, das Fordern und Schwanken des Wollens und Vollbringens vernehmen.

Mehr nicht für heute, fahre nur fort zu melden und anzuregen.

und so fort an!

Weimar den 9. Juni 1831.

G.


48/209.


An Friedrich Jacob Soret

[10. Juni 1831.]

Das Hausmannische Werk, theuerster Herr und Freund, hiebey dankbar zurücksendend, – lege zugleich drey Stücke der Revue de Paris bey, welche Ihro Kaiserlichen Hoheit zu erstatten bitte, mit Versicherung, daß diese Blätter mir das größte Interesse gegeben. Von der Revue française habe ich Nachricht, daß sie nicht weiter fortgesetzt werde. Es wird uns also diese Pariser, so lange sie sich aufrecht erhält, desto willkommener seyn.

Was soll ich aber von Herrn Dumonts Mittheilungen sagen? Ich habe nur noch wenig Blätter[228] zu lesen und sende das Werk morgen auf alle Fälle zurück. Es gewährt ein Interesse ganz ohne gleichen, man sieht sich auf einmal hinter den Coulissen und in dem Foyer, woher das Ungeheure ausgegangen. In das Geheimste von Mirabeau hineinzusehen, ist des besten Dankes werth, und das durch den Vortrag eines so wohlwollenden, thätig gebildeten, talentvollen und tüchtigen Mannes! Ich könnte ganze Seiten lang noch so meinen freudigen Beyfall aussprechen.

Wenn ich mich nicht fürchtete, in den Fehler Wielands zu verfallen, der immer das letzte Gute, was er las, für das Vortrefflichste und Vollkommenste pries, so würde ich sagen: eine Bibliothek über die französische Revolution ist nun einäugig, wenn sie dieses Werk nicht enthält.

Versteh ich die Ausdrücke Ihres gefälligen Schreibens recht, so wollen Sie mir die Billette Mirabeaus zu der Sammlung meiner Autographen gefällig widmen. Ich sehe dieses an als eine große und bedeutende Gabe und werde diesen Blättern ein kleines Heft widmen in Bezug auf Herrn Dumonts Werk, wenn ich solches in einiger Zeit wieder gelesen habe; wie ich mir denn solches wieder einmal ausbitte.

Ich habe von denen lange bey mir stehenden Kisten eine eröffnet, die jene merkwürdige Kobaltformation von Schneeberg enthält. Ein sehr genauer schöner Grundriß, ein numerirtes Verzeichnung und ein kurzer Aufsatz über die ganzen Zustände machen diese[229] Mittheilungen höchst interessant. Erkältete nur das unglückliche Wetter nicht noch die Betrachtung des Gesteines, das denn doch eigentlich keine Wärme mit sich führt.

Diese mögen denn aber im freundschaftlichen Innern niemals erlöschen und, soweit als nur möglich ist, sich nach außen, durch alle drey Reich, lebhaft ausbreiten.

in diesem Sinne

unwandelbar

Weimar den 9. Juni 1831.

Goethe.


48/210.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

[11. Juni 1831.]

Ew. Wohlgeboren

dankbar anzeigend, daß die zwey Exemplare Umschlag heute bey mir angekommen sind. Nun wünschten wir noch die Aushängebogen 15 und 16 mit dem Titel, um wenigstens einsweilen ein Exemplar geheftet zu sehen. Herrn Soret fehlt der 8. Bogen in dem seinigen, ich weiß nicht, wie es zugegangen ist. Können Sie ihm denselbigen wieder erstatten, so wird er es als eine Gefälligkeit ansehn.

Wann können wir auf die Freyexemplare hoffen? Sie erinnern sich gefälligst, daß ich die meinigen gesalzt, aber nicht geheftet wünsche.

Alles Gute und Förderliche.

Weimar den 10. Juni 1831.[230]


48/211.


An Georg August Christian Kestner

[11. Juni 1831.]

Der gute Preller, theuerster Mann, ist angekommen, seine Sachen, die ihm nachfolgen, aber bleiben noch aus, und also ist das, was Sie mir so freundlich zusagten, bis jetzt nicht in meinen Händen; doch will ich nicht länger zaudern und Ihnen auf's beste für die freundliche Behandlung danken, welche Sie unserm geschickten Künstler während seines Aufenthaltes in Rom gegönnt haben. Es steht zu erwarten, wie er sich hier einrichten wird, wo ihm weder eine schöne Natur, noch eine fördernde artistische Gefelligkeit zu Gute kommt.

So viel Günstiges kann ich aber für den Anfang melden, daß er von unsern gnädigsten Herrschaften, so wie von den Weimarischen Kunstfreunden gnädigst und wohl ist aufgenommen worden, und daß es von Bestellungen die Rede ist, welche gleich bey ihm gemacht werden sollten.

Auch ohne zu besehen wünsche ich Ihnen aufrichtig Glück, daß Sie sich in Besitz vorzüglich geschnittener Steine setzen können. Der Geist, der im Alterthum so köstlich wirkte, den höchsten Ernst, so wie den niedrigsten Scherz belebte, zeigt sich hier in seiner vollkommensten genialen Freyheit. Ich habe tausend und abertausend Abdrücke um mich versammelt und[231] doch, bey jeder neuen Mittheilung, wie es auch vor einiger Zeit von der römischen Societät geschah, ist immer etwas unerwartet Überraschendes; es sey nun, daß ein bekannter Gedanke durch höhere Behandlung uns doppelt schätzenswerth erscheine, oder daß ein glücklicher Einfall uns, bey einer gränzenlosen Erfahrung, immer gleichsam wieder zu Anfängern mache.

Nun aber bitt ich Sie, einen kleinen Auftrag unschwer und ohne sonderliche Umstände zu besorgen.

In der Kirche San Giacomo dei Spagnuoli hat Hannibal Carracci des heiligen Didacus, sonst auch Sanct Diego genannt, das Brod, das er hinter seinem Vorgesetzten her den Armen bringen will, sich in Rosen verwandelte.

Dieses Bild wünschte in der allerleichtesten kleinsten Skizze, wie Sie mir solche, zusammengebogen, in einem Brief übersenden können, nachgebildet zu sehen. Es ist von gar nichts weiter die Rede, als daß man die Composition im Allgemeinen erkenne, das Verhältniß der Figuren gegen einander; wie gesagt, die allerleichteste Skizze ist zu meinen Zwecken hinreichend. Je eher, je lieber Sie mir solche senden, desto mehr werd ich Ihnen Dank wissen; bin ich auch jetzt nicht weitläufiger, um Gegenwärtiges nicht aufzuhalten.

Dürft ich Sie ferner ersuchen mit Herrn Resident Platner, welchem ich mich bestens zu empfehlen bitte, zu überlegen: ob man nicht die geringe Verlassenschaft meines Sohns, welche sich noch dort befindet, in eine[232] Kiste zusammenpacken und Herrn Banquier Mylius nach Mailand zuschicken sollte, da es sich nicht wohl ziemen will, Reisende, die für sich selbst genug zu thun haben, damit zu beschweren.

Noch eine Frage füge hinzu: ich habe einige Zeichnungen, klein Folio, die ich um einen Stab gewickelt Ihnen gern zuschicken möchte, einige wenigstens problematische Gegenstände vorstellend. Auf welche Weise schick ich Ihnen am sichersten zu, ohne daß Sie gerade durch ein disproportionirtes Porto belästigt werden?

Der Ankunft Ihrer liebnswürdigen Sendung mit Verlangen entgegen sehend.

Doch will ich noch etwas anschließen; sollte es thunlich und schicklich seyn, daß man die Stelle, wo mein Sohn niedergelegt worden, auf irgend eine Weise bescheidentlichst bezeichnete? Haben Sie die Güte, mir Ihre Gedanken darüber zu eröffnen; da der Vater, wie jene Elegie bezeugt, jenen Weg zu nehmen gewünscht, so ist es doch ganz eigen, daß der Sohn denselben eingeschlagen, und der Vorfall verdiente wohl ein Merkzeichen.

Mit dem ununterbrochenen Wunsche, mit Ihnen jenen dort einzig möglichen gründlichen Studien obliegen zu können, empfehl ich mich zum besten. Da es aussehen will, als wenn ich gar nicht schließen könne, so will ich nur noch versichern, daß jene Beschreibung von Rom mit ihren Tabellen mich manche Tage dieses[233] Jahres ernstlich beschäftigt hat. Alles Gute, besonders allen Landsleuten, da ich denn Gräfin Julien zu nennen mich nicht entbrechen kann.

Danckbar verpflichtet

Weimar d. 9. Juni. 1831.

J. W. v. Goethe.


48/212.


An Friedrich Jacob Soret

[11. Juni 1831.]

Hiebey eine abermalige dankbare Sendung. Die Mittheilungen des Herrn v. Dumont halten sich bis zu Ende in gleichem Werth. In einiger Zeit erbitt ich mir sie wieder zu erneuter Betrachtung.

Von der Revue de Paris ist ein Heft liegen geblieben, deshalb bey Ihro Kaiserlichen Hoheit mich zu entschuldigen bitte.

Herr Frommann hat den Umschlag gesendet; die Aushängebogen von 15 und 16 noch nicht, ich habe sie erinnert und wegen des 8. Bogen, der Ihrem Exemplar fehlt, Anfrage gethan.

Bey mir wollen die guten Geister noch nicht einkehren; das dreywöchentliche Übel hat mir eine solche Mattigkeit zurückgelassen, daß ich mich kaum zu benehmen weiß. Der Arzt vertröstet mich auf besseres Wetter, eine Aussicht, die nicht viel hoffen läßt.

Das Beste wünschend, mich angelegentlichst empfehlend.

treu ergeben

Weimar den 10. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.[234]


48/213.


An Friedrich Jacob Soret

Hiebey, mein Theuerster, endlich die letzten Aushängebogen mit dem Titel, auch der Bogen 8, der Ihrem Exemplare fehlte. Die Bemerkung wegen der so nöthigen Inschrift auf den Rücken kam, fürcht ich, zu spät. Auf die Exemplare, die durch meine Hände gehen, laß ich das Erforderliche durch den Buchbinder aufdrucken.

Zugleich lege die Mirabeauschen Billette bey; Facsimiles werden mir sehr willkommen seyn. Ich habe dieser Tage einen bedeutenden Aufsatz über Mirabeau gelesen, wodurch mir die Mittheilungen des Herrn Dumont nur noch lieber geworden sind.

Nun aber wollen wir uns denn doch zum vollendeten gemeinsamen Geschäft Glück wünschen und uns, insofern es möglich ist, in einigem Behagen wenigstens ausruhen. Die Gangarten geben die beste Gelegenheit dazu.

Die treusten Wünsche.

Weimar den 12. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.


48/214.


An Friedrich Theodor von Müller

Hiebey das unselige Schreiben des werthen Freundes zurück. Was will man dazu sagen? Ich würde nicht rathen diesen Brief weiter sehen zu lassen. S. m.

Danck für alle Mittheilung.

W. 14. Jun. 1831.

G.[235]


48/215.


An Friedrich Jacob Soret

Heute nur, theuerster Herr und Freund, eine schuldige Erwiderung auf die an mich ergangene Anfrage.

Nicht weniger verpflichteten Dank für das merkwürdige Buch und die näheren Verhältnisse des respectablen Herrn Duval.

Ich will versuchen einige Stunden im Freyen zuzubringen, mit höchstem Vergnügen denkend, daß den verehrten Bewohnern von Belvedere heute doch abermal ein schöner Tag leuchtet.

Weimar den 15. Juni 1831.

G.


48/216.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

kann nach einigen verflossenen Tagen schon für das mitgetheilte Werk zum allerschönsten danken, indem ich manche angenehme und lehrreiche Stunde dabey genossen habe. Es macht einen sehr angenehmen Eindruck, wenn wir dasjenige, von welchem wir eine vereinzelnde, verzettelte Kenntniß haben mögen, nun in seiner Vollständigkeit beysammen sehen, wo wir uns mit dem neu Erworbenen des alten Besitzes erfreuen dürfen.

Mit Bewunderung der neuen Gaben, womit Sie dieses Werk ausgestattet, erfreut ich mich auch des[236] heitern, immer gleichen, deutlichen Vortrags, der es uns möglich macht, das Allermannichfaltigste in vollkommner Klarheit zu imaginiren.

Nächstens übersende ein Exemplar der Metamorphose mit Übersetzung und Anfügung; mögen Sie ja zufrieden seyn mit dem Gebrauch, den ich von Ihren Beyträgen gemacht habe, welche Sie mir zu meinen Zwecken mitzutheilen beliebten.

Weimar den 15. Juni 1831.


48/217.


An Friedrich Theodor von Müller

Finden Ew. Hochwohlgeboren beykommendes Anerbieten acceptabel, so würde am 24. Juni die Ausfertigung des Conceptes und die Übergabe des Werkes zu veranstalten wissen.

Weimar den 16. Juni 1831.

G.


48/218.


An Johann Friedrich Cotta

Ew Hochwohlgeboren

sind nunmehr durch die Aushängebogen des Herrn Frommann in Kenntniß gesetzt, daß wir das auf die Metamorphose bezügliche Heft endlich abgeschlossen haben.

Da es sich nicht wohl ziemen will, daß man theilnehmenden Freunden in die Ferne die einzelnen Unbilden vorklage, welche unsre Thätigkeit hemmen und[237] verspäten, so hab ich bisher über manches geschwiegen, besonders da ich von Ihrer Einsicht in die weltlichen Dinge mir versprechen durfte, Sie werden mitgefühlt haben, daß die gegen Ende des vorigen Jahrs mich betroffenen Unglücksfälle eine völlige Umänderung in meinem Lebensgange machen würden. ich mußte still stehen da, wo ich kräftig vorzuschreiten gedachte; da, wo ich glaubte aufgehört zu haben, mußt ich von vorne anfangen und ich will nur bekennen, daß ich mehr als einmal auch dieses Heft, wie es jetzt liegt, nicht zu endigen fürchtete.

Wir sind nur bis zur Hälfte, zum 15. Bogen, gelangt, und ich bleibe deshalb nach früherer Verabredung wegen der andern Hälfte Ew. Hochwohlgeboren Handlung Schuldner. Eine Differenz, die sich auf ein oder die andere Weise gar wohl wird ausgleichen lassen.

Was mich bey allem diesen dennoch erfreuen kann, ist: daß ich in den allerletzten Blättern noch im Falle war eine wissenschaftliche Angelegenheit zur Sprache zu bringen, welche zunächst die botanische Welt höchlich beschäftigen würde, und zugleich an jene Verhandlungen anknüpfen konnte, bey welchen ich in Frankreich einige Sensation zu machen das Glück hatte.

In allem diesen, so wie in anderem fahr ich fort, mäßig zu wirken, da mir auch eine ausgebreitete Correspondenz gar manchen Nutzen verschafft; so wie ich nicht unterlassen darf meine Freunde zu rühmen, die Herren Meyer, Riemer, Eckermann, welche mir die[238] mannichfaltigen Papiere, die sich um mich häuften, zu ordnen, zu redigiren und gewissermaßen zu gestalten beyräthig sind.

Indem ich nun durch dieses vertrauliche Bekenntniß manche bisherige Retardation und ein langes Stillschweigen zu entschuldigen und aufzuwiegen hoffe, so will ich nur noch versichern, daß mein aufrichtigster Wunsch ist: es mögen des verehrten Paares gleichfalls gesteigerte Jahre von äußern Übeln dergestalt bewahrt bleiben, damit die innre Lebenskraft auf eine so mannichfaltige unübersehliche Weise fortzuwirken kräftig bleibe. Die Jahre nehmen ohnehin, was sie früher brachten; wenn nun auch die Außenwelt ihren Antheil wegnehmen will, so möchten wir zuletzt als allzu nackt und hülflos dastehen.

Doch sey es nicht muthlos geschlossen! vielmehr mir der Versicherung: daß ich jeden guten Augenblick zu nutzen trachte, um derjenigen, die an mir theilnehmen, bis an's Ende werth zu seyn.

Hochachtungsvoll wie vertrauenvoll

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 16. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.


Sollte von demjenigen, was Herr Neureuther in Paris geleistet, irgend etwas communicabel seyn, so würde es mir zu der angenehmsten Unterhaltung gereichen.[239]


48/219.


An Thomas Carlyle

[18. Juni 1831.]

Eben als ich schließen will, findet sich noch Raum in dem Kästchen, und ich komme auf einen Gedanken, den ich längst hätte haben sollen. Ich lasse Ihnen die fünf verflossenen Monate dieses Jahres von einer unsrer beliebtesten Zeitschriften: dem Morgenblatt, einpacken nebst seinen Beyblättern über Kunst und Literatur. Sie werden dadurch mitten in's Continent versetzt, erfahren, wie man sich unterhält, wie man über mancherlei denkt, und Sie können sich dabey vorstellen, wie es klänge, wenn Sie ein Exemplar von dem übersetzten Leben Schillers bey, der Freundin gewidmet, damit sie erfahre, wie sich auch die Buchbinder des Continents aller Genauigkeit und Anmuth befleißen.

Und so sey es denn hiermit geschlossen unter den besten Wünschen und in Hoffnung baldiger Erwiderungen.

Weimar den 15. Juni 1831.

G.


48/220.


An Carl Friedrich Zelter

Seit drey Wochen, wie ich schon geklagt habe, von katarrhalischen Unbilden und dem widerwärtigsten[240] Wetter niedergehalten, hab ich mich denn doch immer, wie dir auch angenehm zu hören seyn wird, dergestalt zu fassen und zu wehren gesucht, daß ich Tag vor Tag nicht nachgab, sondern fort und fort das Nächste zu fördern trachtete, so daß ich durch diese Hindernisse nicht zurückgehalten ward, sondern vorwärts gegangen bin und zwar in bedeutenden Angelegenheiten, wo man, wenn auch nicht große, nur sichre Schritte zumachen hat. Darunter ist denn auch einiges, das, wenn es dir seiner Zeit vor die Seele gebracht wird, dich nicht ohne Anregung lassen kann.

Wie es die Welt jetzt treibt, muß man sich immer und immerfort sagen und wiederholen: daß es tüchtige Menschen gegeben hat und geben wird, und solchen muß man ein schriftlich gutes Wort gönnen, aussprechen und auf dem Papier hinterlassen. Das ist die Gemeinschaft der Heiligen, zu der wir uns bekennen. Mit den Lippen mag ich nur selten ein wahres, grund-gemeyntes Wort aussprechen; gewöhnlich hören die Menschen etwas Anderes, als was ich sage, und das mag denn auch gut seyn.

Dagegen bin ich denn auch für Geduld und Beharrlichkeit belohnt worden durch eine Zeichnung von Sachtleben, einem Künstler des 17. Jahrhunderts, Schüler und Meister der dort lebendigen Kunstepoche. Das Blättchen ist quer Groß-Octav, wenig angefärbt. Er hatte sich in die Rheingegenden verliebt, seine[241] besten Bilder stellen dergleichen dar, und dieß ist auch eine.

Das Merkwürdige dieses Blättchens ist: daß wir die Natur und den Künstler im Gleichgewicht mit einander gehen und bestehen sehen, sie sind ruhig befreundet; er ist's, der ihre Vorzügen sieht, anerkennt und sich auf's billigste mit ihnen abzufinden sucht. Hier ist schon Nachdenken und Überlegeung, entschiedenes Bewußtseyn, was die Kunst soll und vermag, und doch sehen wir die Unschuld der ewig gleichen Natur vollkommen gegenwärtig unangetastet.

Dieser Anblick erhielt mich aufrecht, ja es ging so weit, daß, wen ich mich augenblicklich schlecht befand und davor trat, fühlt ich mich wirklich unwürdig es anzusehn. Der tüchtige muthige Geselle, der solches vor hundert Jahren in heiterster Gegenwart niedergeschrieben hatte, konnte den kümmerlich Beschauenden in Mitten der tristen thüringischen Hügelberge kaum erdulden. Wischt ich mir aber die Augen aus und richtete mich auf, so war es denn freylich heiterer Tag wie vorher.

Nun aber bin ich veranlaßt, dich in die entgegengesetzten Regionen zu führen, indem ich kürzlich referiren möchte: daß ich, durch das Strudeltagsgelese, in die gränzenlosen Schrecknisse der neusten französischen Romanliteratur bin hineingeschleppt worden. ich will mich kurz fassen: es ist eine Literatur der Verzweiflung. Um augenblicklich zu wirken (und das[242] wollen sie doch, weil eine Ausgabe auf die andere folgen soll) müssen sie das Entgegengesetzte von allem, was man dem Menschen zu einigem Heil vortragen sollte, dem Leser aufdringen, der sich zuletzt nicht mehr zu retten weiß. Das Häßliche, das Abscheuliche, das Grausame, das Nichtswürdige, mit der ganzen Sippschaft des Verworfenen, in's Unmögliche zu überbieten, ist ihr satanisches Geschäft. man darf und muß wohl sagen Geschäft: denn es liegt ein gründliches Studium alter Zeiten, vergangener Zustände, merkwürdiger Verwicklungen und unglaublicher Wirklichkeiten zum Grunde, so daß man ein solches Werk weder leer, noch schlecht nennen darf. Auch entschiedene Talente sind's, die dergleichen unternehmen, geistreiche vorzügliche Männer, von mittleren Jahren, die sich durch eine Lebensfolge verdammt fühlen, sich mit diesen Abdominationen zu beschäftigen.

Dein heiter-thätiges Brieflein kommt an,

fahre fort mich zu erfreuen.

Weimar den 18. Juni 1831.

G.


48/221.


An Christian Parish und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht anzuzeigen, daß ich mir die Freyheit genommen habe, unter dem heutigen Datum abermals[243] ein Kistchen an Dieselben abzusenden, bestimmt für Herrn Thomas Carlyle, Craigenputtoch, Dumfries, Schottland; mit welchem wie mit den vorigen zu verfahren bitte.

Genannter Freund kann nicht genugsam rühmen, wie schnell und sicher durch Ihre Geneigtheit die Sendungen an ihn gelangen, deshalb ich denn doppelt wiederholten Dank schuldig bin.

Darf ich bitten mir sodann gefällig anzuzeigen, was ich an Kosten für diese Übersendung und, wenn ich nicht irre, für eine vorige noch zu erstatten habe, so werde nicht verfehlen den kleinen Betrag alsbald zu berichtigen.

Der ich mich zu geneigtem Wohlwollen und zu sonstiger freundlicher Förderniß bestens empfohlen wünsche.

Weimar den 18. Juni 1831.


48/222.


An Ulrike von Pogwisch

Wenn ich dir, meine liebe Ulrike, viel Anderes zu sagen hätte, als was du schon weißt, daß wir uns nämlich von Herzen längst angehören, so hätt ich dir wohl schon geschrieben und dir für dein liebes Brieflein gedankt.

Was allenfalls begegnet, weißt du; ich will aber zunächst von den Kindern reden, die gegenwärtig um[244] mich her, in den vordern Zimmern, tumultuiren und ihre Existenz doppelt und dreyfach fühlbar machen.

Walther, dem man ein musikalisches Talent zugestehen muß, scheint mir einen Sonnenstich von der ersten Leipziger Sängerin erlitten zu haben; er componirt Arien, die er, von ihr gesungen, allenfalls hören möchte. Wer weiß, wohin das führen kann. In der Hauptsache aber haben die Bemühungen deiner Frau Mutter seinem Flügelspielen entschiedenen gründlichen Vortheil gebracht; das Übrige muß man wirken und werden lassen.

Wölfchen hält sich wie immer ganz nah an dem Großvater, wir frühstücken zusammen, und von da an zieht sich's durch den ganzen Tag durch. Das Theater reißt im Grunde diese guten Creaturen mit sich fort, er schriebt Trauer- und Lustspiele, sammelte die Comödienzettel, liest gränzenlos. Mir kommt immer vor, daß unsre Kinder sich wirklich als mit Purzelbäumen bilden. Wer will dazu weiter etwas sagen. Wolf ist klug, wie alle Kinder und alle Menschen, die unmittelbare Zwecke haben. Wenn ich sehe, wo er hinaus will, so mach ich mir einen Spaß, seine Wünsche bald zu hindern, bald zu fördern, wodurch er sich aber in seinem Gange keineswegs irren läßt.

Das Mädchen ist allerliebst und, als ein ächt gebornes Frauenzimmerchen, schon jetzt incalculabel. Mit dem Großvater im besten und liebevollen Vernehmen, aber doch, als wenn es nichts wäre, ihre[245] Herkömmlichkeiten verfolgend. Anmuthig, indem sie, bey entschiedenem Willen, sich ablenken und beschwichtigen läßt. Übrigens keinen Augenblick ruhig, lärmig, aber leidlich, und mit einigem Scherz gar bald in Ordnung und Zucht gebracht.

Wolf, halb eifersüchtig, bemerkte schon, daß sie in einigen Jahren seine Rolle übernehmen und dem Großvater manches ablocken könnte.

Hier hast du also, meine Gute, einen wahren großväterlichen Brief, wobey ich nur noch zu bemerken habe: daß man Tag, Stunden und Gelegenheit nicht genug zu schätzen weiß, sonst würdest du mir Demoiselle Vavasour öfters zugeführt haben, da es denn dem guten Kinde an einer angenehmen Unterhaltung nicht hätte fehlen sollen. Möge euer Zusammenseyn in Carlsbad höchst erquicklich seyn.

Alles Übrige, als wenn es nicht wäre, unerwähnt lassend, bitte nur tausend Empfehlungen der Frau Gräfin Henckel, Excellenz, auszurichten und mein im alten treuen Sinn und Gefühl auch fernerhin zu gedenken.

and so for ever

Weimar den 18. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.


48/223.


An den Vorstand des Lese-Museums zu Weimar

Unter denen von der ehemaligen Batschischen naturforschenden Gesellschaft überbliebenen Effecten,[246] welche bey den Museen zu Jena abgesondert verwahrt werden, befindet sich auch das große Zedlerische Lexikon, obschon nicht ganz vollständig.

Wenn nun dieses bedeutende Werk daselbst ungenutzt lange Jahre gestanden, so ist mir der Gedanke beygegangen: ob es nicht der hiesigen Museumsgesellschaft angenehm seyn dürfte solches Werk bey Sich aufzustellen? da ja, in einem so hochgebildeten Verein, nicht nur von gleichzeitigen, sondern auch von vergangenen geschichtlichen Ereignissen die Rede seyn wird.

Um nun dieses geziemende Anerbieten auszusprechen, erwähle den Geburtstag unsres theuren Herrn Erbgroßherzogs, um bey dieser Gelegenheit meine Freunde über so manche würdige Anstalt zu bezeugen, denen der hoffnugsvolle Prinz glücklich entgegenwächst.

Da es deshalb wünschenswerth seyn möchte, daß dieses bändereiche Werk, welches bey mir bereit steht, an gedachtem erfreulichen Festtage dort aufgenommen würde, so habe diese beabsichtigte Widmung um einige Tage zu beeilen für räthlich erachtet.

Wie ich mich denn den verehrten Herren Vorstehern und den sämmtlichen Theilnehmern an der höchst bedeutenden Anstalt des neuen Museums zum allerbesten empfohlen wünschte.

Verehrend

gehorsamst

Weimar den 19. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.[247]


48/224.


An Friedrich Jacob Soret

Hierbey, theuerster Herr und Freund, das Dieterichische Opus, wovon neulich die Rede war. Auch Herrn Beudants Mineralogie, welche mich in dieses Fach nie würde eingeleden haben, mich auch jetzt, wenn ich's näher betrachte, aus diesem Paradiese herauszujagen drohte.

Indem ich den 1. Theil von Notre Dame de Paris dankbar zurücksende, wage ich nicht den zweyten zu erbitten; warum sollte ein Mensch, der sich bis in's hohe Alter einen natürlichen Sinn zu erhalten suchte, sich mit solchen Abominationen abgeben.

Den heiteren Aufsatz, worin Herr Töpffer so artig um die Frage spielt, was für Künstler und Kunst, für Kunst und Künstler gethan werden könnte und sollte, hab ich mit Vergnügen gelesen; man erkennt auch hier den geistreichen Mann.

Homer und seine Überzeugung liegen mir so fern, daß ich meinen Blick dahin nicht richten darf.

Die treusten Wünsche und besten Empfehlungen.

unwandelbar

Weimar den 19. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.[248]


48/225.


An Johann Heinrich Meyer

[Concept.]

Mit den besten Grüßen bitte um den botanischen Namen der drey gewundenen Bäume im, belvederischen Park.

Mögen Sie unsere belvederischen botanischen Freunde aufmerksam machen, daß ein Heracleum speciosum oder giganteum, gebürtig von dem Fuße der Pyrenäen und des Kaukasus, bey mir zu einem seltenen Grade von Größe und Entwicklung gekommen ist so stattet man wohl diesem Naturwunder einen Besuch Vorbeygehen freundlich ab.

Das Allerwünschenswertheste!

Weimar den 20. Juni 1831.


48/226.


An Friedrich Jacob Soret

Meine Freiexemplare sind ungeheftet, wie ich wünschte, angekommen, ich habe sie dem Buchbinder übergeben; die Ihrigen sind ja auch wohl in Ihren Händen. Nun wünscht ich daß wir uns wegen der Absendung besprächen; ich wollte unter Kreuzband eins an Herrn Geoffroy, das andere an Girardin senden. Das: De la part de l'Auteur mit einigem anmuthigen Zusatz, worüber ich mir Ihren Rath erbitte.[249] Ist es möglich so sprechen Sie auf einige Zeit bey mir ein.

Das Beste wünschend.

Weimar den 20. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.


48/227.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Möchten Sie, mein bester Herr Doctor, Rentamtmann Lange veranlassen, daß ich den Johannisquartal-Extract der Bibliotheks-Rechnung baldigst erhalte, so werden Sie mir eine Gefälligkeit erzeigen.

Das Beste wünschend.

Weimar den 20. Juni 1831.


48/228.


An Ernst Heinrich Friedrich Meyer

Ew. Wohlgeboren

haben mich durch ein sorgfältig geschriebens Werk in den kalten Regionen vor einiger Zeit mehr, als mir war fest jedoch dank ich bestens für die mir dadurch gewordene bedeutende Umsicht und gründliche Belehrung.

Das längst unternommene und, traurig genug, verzögerte Heftlein kommt endlich auch sich Ihnen Mittheilungen gemacht, Ihnen nicht zuwider seyn.

[250] Daß ich nahe Ende meiner Laufbahn noch von dem Strudel der Spiraltendenz ergriffen werden sollte, war auch ein wunderlich Geschickt.

Ich habe hier, in der dritten Beylage, nur der Gipfel der Aussichten anzudeuten gesucht, aber indessen sehr viele und angenehme Phänomene gesammelt, die, einigermaßen zusammengestellt, auf das Weitere hindeuten mögen. Die Entfernung, die uns trennt, hindert leider an einem lebhafteren Zusammenwirken; ohnerachtet bleiben Sie überzeugt, daß ich Ihre Gesinnungen in den Hauptpuncten anzuerkennen und zu schätzen weiß und in dem, was ich vornehme und unternehme, auch gerne hoffen mag, daß es Ihnen genehm seyn werde.

Gegenwärtiges erlasse auf Puncte des längsten Tages, wo wir erst des Sommers gewahr werden, der nun schon wieder von uns Abschied zu nehmen scheint. Ich fürchte, daß die feuchte unfreundliche Witterung Ihnen noch schädlicher widerwärtiger gewesen ist als uns; mögen Sie mir davon ein Wort sagen. Doch will ich nicht schließe, ohne etwas Botanisch- Erfreuliches zu melden:

Das Heracleum speciosum , giganteum, oder wie man es heißen will, gebürtig vom Kaukasus, woher es uns zugekommen (auch wohl an den Pyrenäen und im südlichen Frankreich zu finden) ist dieß Jahr in meinem Garten zu einer Kraft, Pracht und Herrlichkeit gediehen, die jedermann erstaunen macht. Uns[251] andern gibt's eine unmittelbare neuauffallende Überzeugung: daß der Wurzelblätter, welcher sechs Fuß acht Zoll hat, am aufsteigenden Stengel sich zusammenzuziehn genöthigt wird und zuletzt, als eine gleichsam bedeutende Hülle, zur Legitimation, daß er wirklich der identische sey, Analogon von Blätterspitze kümmerlich nachweist. Der gleichen mag bey Umbellen öfters vorkommen, wird aber bey diesem Flügelmann recht augenfällig bemerkt. Von der Blüthe red ich nicht, zu deren eigentlicher Dolde die oberen Augenzweige blühend emporstreben, zu Schirm in seiner Peripherie gleichsam zu erweitern.

Diese Pflanze, die eigentlich schon vor'm Jahr hätte blühen sollen, war zurückgeblieben und hatte sich vergangenen Winter wahrscheinlich so fundirt, um nun als Wunder zu erscheinen. Die vorjährigen waren auch schon ansehnlich und mächtig genug, doch überbietet die gegenwärtige alle jene. Melden Sie mir gefällig, wie diese Pflanze, welche Sie gewiß auch, da sie keine Rarität ist, besitzen, sich dieses Jahr bey Ihnen erwisen hat.

Und so möge denn eine so seltene, obgleich im Geiste nicht unterbrochene Unterhaltung für den Augenblick wieder angeknüpft seyn.

Und so fortan!

Weimar den 21. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.

Das Heft erfolgt mit der Fahrenden.[252]


48/229.


An Julius J. Elkan

[Concept]

Herr Banquier Elkan wird hierdurch höflichst ersucht, für Unterzeichneten

achtzehn Stück vollwichtige Ducaten

gefällig zu besorgen und der unmittelbaren Erstattung des Werthes gewärtig zu seyn.

Weimar den 24. Juni 1831.


48/230.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Senden Sie mir doch, mein guter Herr Doctor, mit Vorwissen des Herrn Prodirectors, dem ich mich schönstens zu empfehlen bitte: des Professor Reuß Mineralogie von Böhmen. Dabey bemerke: daß noch einige Bücher aus der mineralogischen Bibliothek bey mir vorhanden seyn mögen; sehen Sie nach den Scheinen, damit ich sie alsobald restituire. Auch ersuchen Sie den Herrn Prodirector, mir durch Färber die sämmtlichen, im Museum befindlichen Exemplare des bekannten Trümmer-Achats herüber senden zu lassen, welche alsobald zurückschickte.

Das Beste wünschend.

Weimar den 25. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.[253]


48/231.


An Louise von Knebel

[Concept.]

So gern ich, meine theure gnädige Frau, zu Beruhigung eines werthen alten Freundes und der Seinigen ungesäumt beytragen mag, so muß ich doch dießmal vorläufig bemerken, daß die ganze Angelegenheit wegen des von Ihnen bewohnten Hauses durch Herrn v. Lyncker verhandelt worden und, wie ich nicht anders weiß, noch in seinen Händen liegt. Daher ich nicht gern, ohne sein Einverständniß und Mitwirkung, hierin etwas beschließen oder vornehmen möchte. Wollen Sie mich hierüber in's Klare setzen, so werde alsdenn gern das Weitere, Billige bedenken und mich deshalb erklären.

Mich zu hergebrachtem freundlichen Wohlwollen bestens empfehlend.

Weimar den 25. Juni 1831.


48/232.


An Friedrich Jacob Soret

Hiebey den 2. Theil der Notre Dame de Paris zurück, an der ich mich nicht bis zum endlichen Schlusse erbauen konnte. Alle Spur von Wahrscheinlichkeit, natürlichem Zustand und Ereigniß verliert sich nach und nach in einem Chaos von Abominationen.

[254] Anbey ein sehr erfreuliches Schreiben des Herrn Grafen Sternberg, woraus wir die Vorbereitungen zum Empfang der Naturforscher in Wien klar und deutlich vernehmen und erkennen. Ihro Raiserliche Hoheit nehmen, wie ich überzeugt bin, auch hieran freundlichen Antheil. Unserm theuren Prinzen die treusten Glückwünsche zu ersten Schritten in's neue Lebensjahr.

und so fortan!

Weimar den 25. Juni 1831.

J. W.v. Goethe.


48/233.


An Justus Christian von Loder

[26. Juni 1831]

Ew. Hochwohlgeboren

Gegenwärtiges am längsten Tage ausfertigend, darf ich hoffen, daß eine günstige Witterung dasselbe glücklich in Ihre geneigten Hände befördern werde. Gar manche Resultate meines Lebens sind in diesen vierzig kleinen Bändchen Ihrer Aufmerksamkeit gewidmet; die besten Tage dieser Productionen waren einer gemeinsamen Thätigkeit angehörig, deren wir uns so gern erinnern. Eben als ich schließen will, seh ich mich in dem Falle, noch einige Bogen hinzuzufügen, an denen Sie meine unverbrüchliche Neigung zur Natur und ihren Unerforschlichkeiten auf's neue gern bemerken werden.

[255] Das würdige Heft, Zeugniß Ihrer großen Thätigkeit bey dem Hereinbrechen des furchtbaren Übels, gelangt noch später zu mir und läßt mich meinem verpflichteten Dank noch kürzlichst hinzufügen. Wie ich mich denn aber und abermals geneigtem Andenken und wohlwollender Theilnahme bestens empfohlen wünsche.

Unwandelbar

treu ergeben

Weimar den 22. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.


48/234.


An Christian Heinrich Keitel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe hiedurch geziemend anzumelden: daß mit der heutigen fahrenden Post ein Kästchen an Dieselben abgeht, bestimmt für des Herrn Geh. Staats- Raths v. Loder Excellenz in Moskau. Unter dem blauen Papier findet sich zwar ein wachstuchner Überzug, Ew. Wohlgeboren werden aber doch noch für eine hinlängliche Emballage zu sorgen die Gefälligkeit haben. Ich wünschte dieses Kästchen bis zu Lübek frankirt; da ich mir denn eine Berechnung über die sämmtlichen Auslagen, welche bey dieser Gelegenheit schuldig werde, baldigst einzusenden bitte, damit ich für die Restitution derselben Sorge tragen und meinen widerholten Dank[256] für die geneigte Übernahme dieses kleinen Geschäftes abstatten könne. Der ich die Ehre habe mich zu unterzeichnen.

Weimar den 26. Juni 1831.


48/235.


An Carl Friedrich Zelter

Deine Potsdamer Expedition gibt uns andern Nach- und Hinterdrein- Denkern die schöne Gelegenheit dem egoistisch- anarchischen Wesen nachzuspüren, wo nach sich jeder dahin drängt und stellt, wohin er nicht gehört, an einen hübschen Platz, den er nicht ausfüllen kann. Dabey bleibt denn aber doch immer das Löbliche an der Anarchie, daß, wenn sie einmal einen entschiedenen Zweck im Auge hat, so sieht sie sich nach einem Dictator um und merkt nun, daß es geht. Dieses habt Ihr Musiker aber vor allen Künsten voraus, daß ein allgemeiner, allgemein angenommener Grund vorhanden ist, sowohl im Ganzen als im Einzelnen, und daß also jeder eine Partitur schreiben kann, in vollkommener Gewißheit, vorgetragen zu werden, sie sey auch, wie sie sey. Ihr habt euer Feld, eure Gesetze, eure symbolische Sprache, die jeder verstehn muß. Jeder Einzelne, und wenn er das Werk seines Todfeindes aufführte, muß an dieser Stelle das Geforderte thun. Es gibt keine Kunst, kaum ein Handwerk, das vergleichen von sich rühmen kann.[257] Ihr dürft ohne Pedanterie auf Älteste halten, Ihr könnt ohne Ketzerey Hinderniß euch an dem Neusten ergetzen; und wenn auch das Individuum in eurem Kreise etwas Wunderliches Seltsames hervorbringt, so muß es doch zuletzt mit dem AU des Orchesters wieder zusammentreffen.

Nun ein Wort von dem guten Felix; der Herr Papa hatte sehr Unrecht, ihn nicht nach Sicilien zu schicken; der junge Mann behält eine Sehnsucht ohne Noth. Es muß in meinen letzten sicilianischen oder darauf folgenden neapolitanischen Briefen eine Spur sich finden, welchen unangenehmen Eindruck mir diese vergötterte Insel zurückgelassen hat; ich mag durch Wiederholung auf diesen Punct nicht lasten.

Das Zweyte, welches du aber nicht verrathen mußt, ist: daß jenes Gedicht, der Wanderer, im Jahre 1771 geschrieben ist also viele Jahre vor meiner italiänischen Reise. Das ist aber der Vortheil des Dichters, daß er voraus ahnet und werth hält, was der die Wirklichkeit Suchende, wenn er es im Daseyn findet und erkennt, doppelt lieben und höchlich daran sich erfreuen muß.

Bey manchen innern stillen Arbeiten, wobey ich dein immerfort gedenke, bin ich doch auch in das neuere Französische mitunter hineingezogen worden und habe bey solcher Veranlassung über die Réligion Simonienne nachzudenken gehabt. An der Spitze dieser Secte stehen sehr gescheite Leute, sie kennen die Mängel unserer[258] Zeit genau und verstehen auch das Wünschenswerthe vorzutragen; wie sie aber anmaßen wollen, das Unwesen zu beseitigen und das Wünschenswerthe zu befördern, so hinkt sie überall. Die Narren bilden sich ein, die Vorsehung verständig spielen zu wollen, und versichern, jeder solle nach seinem Verdienst belohnt werden, wenn er sich mit Leib und Seele, Haut und Haar an anschließt und sich mit ihnen vereinigt.

Welcher Mensch, welche Gesellschaft dürfte vergleichen aussprechen, da man ja von Jugend auf nicht leicht jemand kennen und die Steigerung seiner Thätigkeit beurtheilen wird. Wodurch bethätigt sich denn zuletzt der Charakter, als daß er sich in der Tagesbewegung, im Hin- und Widerwirken bildet. Wer unterstünde sich den Werth der Zufälligkeiten, der Anstöße, der Nachklänge zu bestimmen, wer getraute sich die Wahlverwandtschaften zu würdigen. Genug, wer sich untersteht zu schätzen, was der Mensch ist, der müßte in Anschlag bringen, was er war und wie er's geworden ist. Solche allgemeine Unverschämtheiten haben wir gar oft schon erlebt, sie kehren immer zurück und müssen gedultet werden.

Dieß hab ich bey Gelegenheit jener Unternehmungen gedacht, und ich zweifle nicht, daß haben noch gar manches Andere zu denken seyn möchte. Von der neusten französichen Rommanlectüre und ihrem nächsten Kreise will ich nur so viel sagen: es[259] ist eine Literatur der Verzweiflung, woraus nach und alles Wahre, Ästhetische sich von selbst verbannt. Notre Dame de Paris von Victor Hugo besticht durch das Verdienst fleißiger wohlgenutzter Studien der alten Localitäten, Sitten und Ereignissen; aber in den handelnden Figuren ist durchaus keine Spur von Naturlebendigkeit. Es sind Lebens untheilhafte Gliedermänner und – Weiber, nach ganz geschickten Proportionen aufgebaut, aber außer dem hölzernen und stählernen Knochengerüste durchaus nur ausgestopfte Puppen, mit welchen der Verfasser auf das unbarmherzigste umgeht, sie in die seltsamsten Posituren renkt und verrenkt, sie foltert und durchpeitscht, geistig und leiblich zerfleischt, freylich ein Nichtfleisch ohne Barmherzigkeit zerfetzt und in Lappen zerreißt; doch das alles geschieht mit dem entschiedenen historisch- rhetorischen Talent, dem man eine lebhafte Einbildungskraft nicht absprechen kann, ohne die er solche Abominationen gar nicht hervorbringen könnte.

Deine Schreiben, auch das, die musikalische Blumenfeyerlichkeit meldend, sind zu meinem besonderen Vergnügen angekommen. Soviel für heute.

und so fort an!

Weimar den 28. Juni 1831.

G.[260]


48/236.


An Jakob Thomas

[Concept.]

[29. Juni 1831]

Ihre angenehme Sendung, mein lieber junger Freund, ist zur guten Stunden bey mir angelangt; Sie haben mir dadurch ein ganz besonderes Vergnügen geschafft. Da Sie mir nun mit Alterthümlichkeiten ein angenehmes Geschenk machen, so find ich mich bewogen, Ihnen das Allerneuste vom Tage zu senden: Weimar und seine Umgebung, wie es sich für heitere Leute heiter ausnimmt. Da Sie dabey keine Erinnerung haben können, so sehen Sie es als eine Einladung an, wo Sie das hier Abgebildete in der Wirklichkeit noch schöner finden und nach freundlichstem Empfang, vor Schritt durchwandern sollen.

Ihren verehrten Eltern Großeltern meine besten Empfehlungen.


48/237.


An Johann Jacob und Marianne von Willemer

[Concept.]

Hier, meine Besten, eine eilige Erwiderung an meinen jungen Freund. Zu einer sehr guten Stunde kamen die Kalender an und wirkten doppelt freundlich. Soviel für heute, daß die Sendung nicht verspätet werde.

Weimar den 30. Juni 1831.[261]


48/238.


An Johann Friedrich Rochlitz

Erlauben Sie, theuerster Mann, die treuste lakonische Erwiderung.

Zur ersten Seite Ihres Briefs: jede Mittheilung soll mir angenehm seyn, Erwiderung sey Tagen und Stunden überlassen.

Zur zweyten Seite, dem Postscript:

ad 1. Mit der größten Theilnahme haben wir Ihre unerfreuliche Rückreise vernommen und uns unterdessen aus unsern Unbilden auch zu uns holen gesucht. Dem nach so viel Seiten hin thätigen, Herrn v. Müller, ist eine kleine Stockung des Briefwechsels wohl nachzusehen.

ad 2. Ich las jenes absichtliche Schreiben an Herrn v. Müller vorerst und rieth ihm, dasselbe niemand sehen zu lassen, gewisse unangenehme Eindrücke befürchtend. Ich weiß nicht, ob er mein Gutachten befolgte.

ad 3. Möge das allgemeine Übel, wie man es auch nennen mag, das uns alle bedrängt, so leise als möglich auf Sie wirken.

ad 4. Des »Malitiösen« bedienen Sie sich nur nicht gegen mich; es hat mich, jung, mit den aller schönsten Mädchen aus einander gebracht.[262]


Was ich aber bey den Hindernissen Ihres Hierseyns, bey der für beide Seiten unbefriedigten Abreise vorzüglich schmerzlich empfand, war daß Sie unmittelbar an dem vorzüglichen Pianoforte gesessen hatten, welches wir Ihnen schuldig sind, ohne daß meine Enkel Ihnen auch nur wenige Minuten darauf vorgespielt hätten, um recht sinnlich auszudrücken: daß dieses Organ zu unserm häuslichen Daseyn vollkommen unentbehrlich ist.

Soviel für heute, einen freundlichen Gegengruß wir versprechend.

unwandelbar

Weimar den 30. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.


48/239.


An Kaspar von Sternberg

Also Glück auf!

Man mag über diese Angelegenheit denken, wie man will, so sind ihre Folgen incalculabel. Ich hoffe das Beste.

Denn ich habe doch auch von diesen Stockprotestanten und Preßfreyheitlern gesehn, die, es ist nicht übertrieben, mit Entzücken von Wien zurückkamen und meynten, es sey doch auch ein ganz schmackhaftes Luftleben daselbst, welches dem Blatt-, Heft,- und Neuigkeitsleben, wenn jenes immer zu haben wäre, wohl vorzuziehen seyn möchte.

[263] Die Einleitung ist höchst respectabel, und was der hochverehrte Freund so lange vorbereitet hat, wird sich gewiß eines fröhlichen Decurses und glücklicher Folgen zu erfreuen haben.

Mit der fahrenden Post geht endlich das längst intendirte Heft ab, freundliche Ausnahme sich erbittend. Der dritte Nachtrag über die Spiraltendenz ist nur ein summarischer Auszug von meinen Bemerkungen in dieser Angelegenheit. Seit jenen Winken des Freund Martius hab ich nicht nachgelassen, zu beobachten und zu denken. Es ist schön, wenn uns in hohen Jahren ein solches Problem, das sich aus unsern frühern Gedanken entwickelt und mit ihnen vollkommen congruirt, dargeboten wird. Möge es in den Studiengang des verehrten Freundes auch mit eingreifen.

Aus dem neusten mitgetheilten Hefte der böhmischen Zeitschrift habe mir besonders die böhmischen Geologica zu Gemüthe geführt. Wie lange tast ich schon auf jenem Grund und Boden herum, und wie sehr willkommen muß mir eine so genügende Aufklärung seyn. Eine unschätzbare, aus beynahe 100 ausgewählten Stücken bestehende Sammlung bezüglich auf Gangformation, in Freiberg mit besonderer Gunst zusammengestellt, nöthigt mich zu fortgesetztem Nachdenken über diese Angelegenheit. Was mir aber auch dabey für Lichter aufgehen mögen, so leuchten sie mir allein, und darf nicht wagen, irgend jemanden in[264] diese halberhellten Finsternisse hereinzuladen. Glücklich macht mich aber der Gedanke, daß uns doch vergönnt ist, nach und nach der Auflösung so großer Probleme mit Bescheidenheit näher zu rücken.

Zu Stärkung und Kräftigung habe ich angefangen, die Dialogen des Galilei zu lesen. Wenn man nicht rechnet, was in seiner Zeit noch unbekannt war, und wie man sich mit dem aristotelischen Buchstaben herumzuschlagen hatte, so ist es ein höchst auferbauliches Lesen. Wie sich der Naturbild gegen den Buchstaben wehrt, ist fast zum Betrüben. Wie es aber auch im Einzelnen mit Kenntniß und Urtheil stehen mag, so dringt doch an den Hauptstellen hervor: daß hier ein Mann denkt, spricht und wirkt, welcher zu jeder Zeit groß gewesen wäre.

So verhält sich's also mit meinen Beschäftigungen, daß ich mich beklagen darf, da mir noch der Sinn bleibt, das Gute, Schöne und Vortreffliche mit Enthusiasmus anzuerkennen. Auch von Seiten der bildenden Kunst sind mir, höchst erfreulich und aufregend, treffliche Dinge zugekommen, theils zu eignem Besitz, theils in vorübergehender Berührung.

Indem ich nun freylich nach jenen herrlichen Wiener Feyerlichkeiten nur aus beschränkten Zuständen hinblicken darf, so bleibt mir der desto lebhaftere Wunsch übrig: dem so würdig- thätigen Freunde möge die Gesundheit günstig seyn, um ein so wichtiges Amt glücklich durchzuführen. Ich möcht es einen Feldzug[265] nennen, und da wird denn wohl für einen ausreichenden Generalstab gesorgt seyn.

Und so theil ich meine Person, indem der körperliche Theil sich, dem Alter geziemlich, zwischen seinen Wänden verhält, der geistige dagegen, zum Trutz der scheidenden Räumlichkeit, recht gründlich theilnehmend den verehrten Freund begrüst und umarmt.

Um öftere Mittheilungen im Laufe der nächsten Monate bittend.

unwandelbar angehörig

Weimar den 30. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.


48/240.


An Adele Schopenhauer

Mein liebes Adelchen! danke für's trauliche Briefchen, worauf ich alsobald vermelde: daß das bisher in Unentschlossenheit stockende Gemählde heute an die gegebene Adresse nach Frankfurt abgegangen ist. Nach gepflogenem Rath mit Verständigen der Kunst und Blendrahmen abgezweckt, rückwärts in sich selbst gerollt und in einem viereckten langen Kasten eingeschoben.

Nun muß ich aber bemerken: wenn es ankommt, ist das obere und untere Deckelchen aufzubrechen; da wird man finden daß Saum des Gemähldes mit Nägelchen an die Kiste befestigt sey, die Nägelchen muß man sorgfältig herausziehen, da denn das Bild ohne weiteres sich herausnehmen lassen. Es ist[266] wirklich recht schätzbar und wird vielleicht am Rheine nach Würden geachtet.

Und somit ich meiner lieben Freundin beweisen: daß ich sehr gern nach Ihrem Wunsch etwas ausrichte.

Was die Kupferstiche betrifft, so lassen Sie solche in ein tüchtiges Portefeuille oder zwischen starke Pappen einpacken und schicken mir solche unfrankirt, durch den Postwagen. Bey dem Anschauen derselben wird sich um so leichter aussprechen lassen, was man allenfalls dafür zahlte, da uns die neusten Auctions-Catalogen mit Preisen zu Handen sind; auch könnte man das allenfalls dagegen Anzubietende gleicherweise schätzen, den Kupfer und Zeichnungen lassen sich unbesehens nicht taxiren.

An unsrer kleinen Haushaltung ist nichts auszusetzen, als daß Ottilie immer leidend ist; wie sie sich ihre Füßchen stellt, ist sie gleich wieder bey der Hand. Die Kinder sind allerliebst. Alles Andere hat sich, mit einiger Vernunft, so hübsch gefügt, daß wir mit dem häuslichen Gange unsrer Tage recht wohl zufrieden seyn können. Vielleicht wären wir über manches geschwinder hinausgekommen, wenn Sie uns mit Ihrer Gegenwart begünstigt hätten.

Wo Sie auch seyn mögen, gelinge es Ihnen, wie Sie es verdienen. Freunde und Theilnehmende finden Sie gewiß überall, nur daß man mit neuen erfreulichen Bezügen auch neue Leiden übernimmt.

[267] Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Mutter zum allerschönsten. Möge die Lebhaftigkeit Ihres Geistes Sie überall hinbegleiten. Dießmal denk ich Sie auf Ihrem Vorgebirg im Rhein und schließe mit den treusten Wünschen für Ihr Wohl und mit der Versicherung unverbrüchlicher Theilnahme.

unwandelbar

Weimar den 30. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.


48/241.


An N.N.

Romeo und Julia.

Götz von Berlichingen.

Tasso.

Clavigo.

Egmont.

Iphigenie.

Faust.

Ich würde rathen dasjenige Stück vorzunehmen, welches man, in Betracht der Persönlichkeiten und der übrigen Bezüge, am vollkommensten darzustellen die Aussicht haben könnte.

Weimar den 30. Juni 1831.

J. W. v. Goethe.


49/1.


An Christian Ernst Friedrich Weller

[Concept.]

Hiebey sende die mir überschickten Achatmuster wieder zurück und zwar die Nr. 1054. 1058. 1059. 1062. 1063. 1064. 1074. und 1077.


Nr. 1056.

habe für einige Zeit zurückbehalten; es kann diese Nummer als ein vorzügliches Beyspiel des [Lücke] Trümmerachats im Catalog bemerkt werden.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 6. Juli 1831.


49/2.


An Carl Friedrich Zelter

Eine wohlgegliederte weibliche Gestalt liegt, nackt, den Rücken uns zukehrend, uns über die rechte Schulter anschauend, auf einem wohlgepolsterten anständigen Ruhebette; ihr rechter Arm ist aufgehoben, der Zeigefinger deutet, man weiß nicht recht worauf. Rechts vom Zuschauer, in der Höhe, zieht aus der Ecke eine[1] Wolke heran, welche auf ihrem Wege Goldstücke spendet, deren einen Theil die alte Wärterin andächtig in einem Becken auffängt. Hinter dem Lager, zu den Füßen der Schönen tritt ein Genius heran, er hat auch ein paar begeistete Goldstücke aufgefangen und scheint sie dem Örtchen näher bringen zu wollen, wohin sie sich eigentlich sehen. Nun bemerkt man erst wohin die Schöne deutet. Ein in Karyatidenform, den Bettvorhang fragend, zwar anständig drapirt doch genugsam kenntlicher Priap ist es auf welchen sie hinweis't, um uns anzuzeigen wovon eigentlich die Rede sey. Eine Rose hat sie im Haar stecken, ein paar andere liegen schon unten auf dem Fußbänkchen und neben dem Nachtgeschirr, das, wie auch der sichtbare Theil des Bettgestelles, von goldnen Zierrathen glänzt.

Das muß man beysammen seyn, mit welchem Geschmack und Geschick der geübteste Pinsel, allen Forderungen der Mahler- und Farbenkunst genugthuend, dieses Bildchen ausgefertigt hat. Man stellt es gern kurz nach Paul Veronese; es mag's ein Venetianer oder auch ein Niederländer gemahlt haben. Behalte das für dich; denn unsern Meistern, welche sich mit traurenden Königspaaren beschäftigen, ist dergleichen, ein Ärgerniß und den Schülern, die sich in heiligen Familien wohlgefallen, gewiß eine Thorheit. Glücklicher Weise ist das Bildchen gut erhalten und beweis't überall einen markigen Pinsel.

[2] Bey dir, mein Bester, bedarf es wohl keiner Versicherung, daß der Gegenstand auf mich nicht die geringste Einwirkung hat. Ich bewundere nur wie der echte Künstler die wahre Katharsis geübt hat, von der eure Buchstaben-Menschen nichts wissen wollen, die, weil sie nur den Effect fühlen, von Production nichts begreifen und sich einbilden, der Künstler habe Zwecke, ihnen zu Ehren und zu Liebe. Dieser hier hat mit heiterem, ausgebildetem, allerliebstem Kunstsinn sein Täfelchen abgerundet und abgeschlossen, und bekümmert sich nun den Teufel wie sich der Anschauer dazu verhält. Der nehme es nun nach Belieben, als unreiner Wollüstling, als gefälliger Liebhaber, als durchbringenden Kenner, uns alle lacht er aus wie mir uns gebärden. Er hat's hervorgebracht, weiß selbst nicht recht wie, aber mit dem Bewußtseyn daß er es recht gemacht habe. Das ist's was man Natur und Naturell heißt. Die guten Menschen, wenn sie der Sache näher kommen wollten, müßten Kants Kritik der Urtheilskraft studiren.

Doch vermuth ich, die neuste Philosophie weiß das alles besser, aber freylich nur in sich selbst; unzugänglich dem Leben und dem mitgebornen Menschenverstande.

Dieß alles kaum fortschicken, wenn ich dir nichts zugleich sagen könnte daß es mir in jedem Sinne wohlgeht, dergestalt, daß ich mir ein vor meinem nächsten Geburtstag[3] zu erreichendes Ziel vorgesteckt habe, das ich nicht voreilig berufen will. Ist es gelungen, so sollst du erste seyn dem es notificirt wird.

Hiemit also sey für dießmal geschlossen, mit dem besten Dank für deine vielfachen Mittheilungen, auch in den letzten Briefen, bey deren ersten Lesung mir gar manches in die Gedanken kommt, welches ich gern auf dem Papier wünschte, wohin es aber nicht leicht gelangt, aus oben gemeldeten Ursachen; daher auch theilweise sey es dir willkommen.

Unter allen Umständen und Zufälligkeiten

treulich eingedenck

Weimar den 8. Juli 1831.

J. W. v. Goethe.


49/3.


An Charlotte von Reutern

Theuerste gnädige Frau!

Das an meine gute Schwiegertochter erlassene vertrauliche Schreiben hat mich tief im Innersten geschmerzt. Indessen ich von Tag zu Tag hoffte, Ihren Herrn Gemahl bey mir zu sehen, so muß ich erfahren daß er in einer so bedenklichen, für seine Anverwandten und Freunde höchst bänglichen Lage sich befindet. Ein Mann, der wegen seiner Eigenschaften und Vorzüglichkeiten das beste Geschick verdient, der mir von jeher soviel Vertrauen geschenkt und für den meine Hochachtung immer wachsen mußte.

[4] Wir haben für ihn, so wie mehr oder weniger für uns alle, mit frommer Zuversicht zu bedenken: daß jenes allgemein Bedrohliche, welches über der ganzen Welt schwebt, den Einzelnen oft ganz wunderartig vorbeygeht und verschont. Das Portefeuille, wonach Sie wie billig, mit Antheil fragen, ist durch die Vermittelung des Herrn Obrist v. Radowitz zu Berlin in meinen Händen.

Ich habe das mir in einem beygefügten Schreiben des trefflichen Freundes gewidmete Natur- und Kunstblatt mit einer gewissen scheuen Dankbarkeit in meine Sammlung zu den besten gelegt und empfand um so mehr einige Verlegenheit, als es mir geraume Zeit nicht gelingen wollte, seinen wiederholten Wunsch zu erfüllen.

Ich hatte immer eine Art von Scheu, den zwischen den herrlich-reinlichen Arabesken gelassenen Raum durch Schrift zu verunstalten, besonders da ich der Absicht gemäß hielt selbst zu schreiben, und man denn doch niemals vor Unglück und Irrthum der Feder gewiß seyn kann. Endlich hab ich mir Herz genommen und es steht nun, wie es eben gelingen wollte.

Dieses Hauptblatt ist nun, wie es angekommen, sorgfältig eingepackt uns steht zu augenblicklicher Absendung bereit. Den Namen desjenigen, der von Cassel aus mir früher dergleichen Kunstschätze spedirte, wüßt ich nicht zu finden; wollte Sie mir ihn melden und dem guten Manne einen nähern Auftrag[5] geben, so könnte dieser Schatz, den ich ungern so lange verwahrte, bald wieder in Ihren Händen seyn. Meine gute Schwiegertochter dankt für das ihr erwiesene Vertrauen und hofft, durch das baldige Ausrichten des ihr gegebnen Auftrags Entschuldigung zu erlangen, daß sie nicht unmittelbar selbst Ihre freundliche Zuschrift dankbar erwidert, indem ich mich eher als sie beeilen kann, Sie, meine Gnädige, aus der bisher unangenehm empfundenen Ungewißheit zu ziehen.

Mit den treusten Wünschen für unser aller Bestes will ich mich hiemit angelegentlich empfohlen haben.

Meiner gnädigen Frau

anhänglicher

gehorsamster Diener

Weimar den 11. Juli. 1831.

J. W. v. Goethe.


49/4.


An Friedrich Theodor von Müller

Mit gewünschtem freundlichen guten Morgen ersuche inständig um Rücksendung der Zelterischen Correspondenz die wir nicht länger entbehren können.

Hofrath Meyer schreibt ganz vergnügt aus Carlsbad, wird aber schneller zurückkommen, als er sich vorsetzte. An der Gränze drohen mancherlei Hindernisse denen man zu entweichen denkt.

[6] Mit wiederholter dringender Bitte um Rücksendung des anvertrauten Bandes. Mich bestens empfehlend.

verpflichtet

Weimar den 13. Juli 1831.

J. W. v. Goethe.


49/5.


An Friedrich Theodor von Müller

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

verzeihen, wenn ich Überbringern zu empfehlen mir die Freyheit nehme; die unterstrichne Stelle in beykommendem Blatte bezeichnet seine Eigenschaften näher und ich muß ihm das Zeugniß geben daß seine Präparate von skelettirten Blättern und Früchten verdienen gesehen zu werden. Wie es ihm denn auch viele Zeugnisse, die er vorweis't, unbewunden zugestehn.

Er hat sich ihn auf dem Museum einführen, wo er, die Musterstücke seiner Kunst vorweisend, gewiß Interesse erregen würde, so gäbe sich wegen seiner Vorträge das Weitere.

Weimar den 15. Juli 1831.[7]


49/6.


An Friedrich Jacob Soret

Auf die Anfrage wegen der zu erwartenden Medaille erwidere kürzlich Folgendes.

Soviel ich mich erinnere, war meine Erklärung, daß ich für hundert Thaler sächs. Medaillen vorerst nehmen wolle, zu einem billigen Preise; davon 12 in Silber und die übrigen in Bronce. Wollte hiernach Herr Bovy seine Einrichtung treffen und die geprägten Stücke wohlgepackt hierher senden, so würde jene Summe, mein Theuerster, sogleich an Sie auszahlen oder, wenn es beliebt würde, nach Genf anweisen. Das, was wir bisher von diesem Kunstwerk kennen, verdient allen Beyfall und die Abdrücke werden sich gewiß auch im Metall sehr gut ausnehmen.

Daß Ihro Majestät der König von Württemberg einiges Gefallen an meiner Unterhaltung gezeigt und ausgesprochen haben, beruhigt mich gar sehr, da man immer ungewiß bleibt, inwiefern gewisse aufrichtigheitere Mittheilung von so hohen Personen dürften aufgenommen werden.

Möge unsre theure Frau Großherzogin in ihrem edlen Kreise die begonnene Erholung glücklich fortsetzen.

Friedensnachrichten sind immer willkommen, vorzüglich von so werther Hand.

Eines Durchreisenden muß ich gedenken, der an skelettirten Pflanzen-Blättern das noch nie Gesehene[8] vorweis't, indem er die mittlere Rippe zugleich mit der abgelös'ten obern und untern Epiderm, welche bey'm Skelettirten gewöhnlich durch Fäulniß verloren gehen, zusammen vorweis't.

Er knüpft noch gar manche andere Curiosa daran und verspricht zu Ausübung derselben technische Vortheile zu communiciren.

Dürft ich bitten, mir ein nicht allzugroßes Pisang-Blatt von unsern Gartenmeister zu verschaffen?

Mit den besten Wünschen.

Mit den treusten Gesinnungen

Weimar den 16. Juli. 1831.

J. W. v. Goethe.


49/7.


An Friedrich Theodor von Müller

An der zurückkommenden kurzen Anzeige habe nur einen einzigen Ausdruck geändert; doch wünscht ich meinen Namen bey dieser Gelegenheit auch nicht genannt, da es meine Art nicht ist, auf diese weise zu erscheinen. Ich wünsche dem wirklich merkwürdigen Manne alles Gute; allein da man doch nicht recht sieht, wo er zuletzt mit dem Technischen hinaus will, um praktisch-populär zu werden, so darf man mit dem besten Willen nicht weiter gehen.

Doch danke ich zum allerschönsten für die Förderniß die Sie auch diesem freymüthig wollen angedeihen lassen. Es ist keine Kunst, sich auf die negative Seite[9] zu schlagen und seine Person sicher zu stellen; dadurch gewinnt weder der eine noch der andere.

treu ergeben

Weimar den 19. Juli 1831.

J. W. v. Goethe.


49/8.


An Johann Heinrich Meyer

[Concept.]

Durch Schaller will ich Ihnen wenigstens ein vorläufig-freundliches Lebenszeichen geboten haben. Möge er Sie wieder glücklich zu uns zurückbringen. Im Ganzen finden Sie alles an der alten Stelle. Der Tod des Großfürsten Constantin hat übrigens in Belvedere trübe Tage verursacht, welche durch die Gegenwart Ihro Majestät des Königs von Württemberg glücklicher Weise erheitert wurden.

Preller hat den Entwurf seines Bildes, in der Größe wie es werden soll, auf Papier recht wacker hingestellt. Die wüste Gegend hat er durch eine sehr gut gedachte Staffage belebt und man kann mit dem Ganzen wohl zufrieden seyn. Möge es Ihnen und sodann unsrer theuren Fürstin auch in diesem Sinne erfreulich seyn.

Wundersam bleibt es immer wie sich der von allem absonderne, theils revolutionäre, theils einsiedlerische Egoismus durch lebendigen Thätigkeit aller Art hindurchzieht.

[10] Den meinen, will ich nur bekennen, hab ich in's Innerste der Production zurückgezogen und den, nun mehr seit vollen vier Jahren, wieder ernstlich aufgenommen zweyten Theil des Faust in sich selbst arrangirt, bedeutende Zwischenlücken ausgefüllt und vom Ende herein, vom Anfang zum Ende das Vorhandene zusammengeschlossen. Dabey hoffe ich, es soll mir geglückt [seyn], alle den Unterschied des Früheren und Späten ausgelöscht zu haben. Und so ist nun ein schwerer Stein über den Bergesgipfel auf die andere Seite hinabgewälzt. Gleich liegen aber wieder andere hinter mir, die auch wieder gefördert seyn wollten; damit erfüllt werde, was geschrieben steht: »Solche Mühe hat Gott den Menschen gegeben.«

Ihro Majestät der König von Württemberg haben mir die Gnade erzeigt, wohl anderthalb Stunden bey mir zu verweilen. Glücklicher Weise hatte ich heitern Sinn und einen gewissen Grad von Offenheit, so daß derselbe sich scheint gefallen zu haben. Es ist immer als eine Gabe des Augenblicks anzusehen, zwischen Bedächtigkeit und Freymüthigkeit behaglich durchzuschiffen.

Unsre liebe Hoheit hab ich freylich in diesen Trauertagen nicht wieder gesehen. Möge sie sich bald in dem Zustand fühlen, sich ihren Verehrten wieder wieder mitzutheilen.

Ihre Brieflein, mein Theuerster, hab ich zur rechten Zeit und Stunde wohl erhalten und freue[11] mich auf das Nähere, was Sie mir von dort zu erzählen haben.

In meinen Naturstudien bin ich auf eine wundersame Weise gefördert worden; man mag es zufällig heißen, indessen wenn man folgerecht in einem Studium fortfährt, so schließt sich das äußere Lebendige zum Innern und verwächs't zusammen.

Hiemit also wiederholten treusten Wunsch zur glücklichen Reise und frohem Wiedersehen.

Weimar den 20. Juli 1831.


49/9.


An Luise Seidler

[Concept.]

Ich halte für rathsam, Ihnen, meine Theure, die obgleich unangenehme Nachricht eiligst zu melden, daß man in Dresden Ihr Bild nicht zu behalten gedenkt. Herr v. Quant ließt mir solches durch Herrn Dr. Crusius, der mich im Erbprinzen; sollte er noch hier seyn, so würden Sie sich wohl entschließen ihn aufzusuchen, um durch Ihre Persönlichkeit vielleicht dieser für Sie so wichtigen Sache eine glücklichere Wendung zu geben.

In wahrhafter Theilnahme.

Weimar den 20. Juli 1831.[12]


49/10.


An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwohlgeboren

nehme mir die Freyheit, in Gefolg Ihres gefälligen Letzten, ein an mich gerichtetes Promemoria unserer guten Künstlerin zu übersenden, woraus, wie mich dünkt, man mit Vergnügen sieht, daß sie sich auf die ihr zugegangene Erklärung wegen ihres Bildes lobenswürdig zusammengekommen hat.

Da man gedachter ihrer Arbeit unverkennbare Vorzüge einräumt und die Künstlerin selbst auffordert, gewisse darin vorkommende Unrichtigkeiten zu verbessern, so kann ich ihrem Wunsch, nach Dresden zu gehen, meinen Beyfall nicht versagen. Denn wo könnten diese Mängel eher ausgetilgt werden als unter den Augen derjenigen, welche sie entdeckt und sie nachzuweisen am ersten verstehen, als an einem Orte, wo soviel zusammentrifft, um dem willigen Künstler die Augen zu öffnen.

Der Wunsch, gedachte Verbesserungen unter Beystand eines dortigen vorzüglichen Künstlers vorzunehmen, scheint mir so bescheiden als der Sache gemäß; wenn Ew. Hochwohlgeboren einen solchen zu dieser Gefälligkeit bestimmten, so würde sie alsobald nach Dresden hineilen und einen später vorgesetzten Aufenthalt daselbst um einige Wochen vorrücken.

[13] Wenn man nun aus allen unverwünschten Ereignissen womöglich Vortheil zu ziehen bemüht seyn soll, so würde ihr dießmaliger dortiger Aufenthalt nicht allein dieses Bild, sondern zugleich ihre ganze Kunstthätigkeit fördern und unserm guten Frauenzimmer, dem es wirklich Ernst ist, etwas zu lernen und zu leisten, eine neue Lebensepoche eröffnet werden, für welchen Fortschritt sie Ew. Hochwohlgeboren Sorgfalt wie bisher so für immer zu danken hätte.

Ich von meiner Seite würde nicht verfehlen, einer so schätzbaren Person in diesem Falle hülfreiche Hand zu leisten.

Einen solchen vermittelnden Weg Ew. Hochwohlgeboren zu geneigten Beyfall bestens empfehlend, schließe ich für dießmal. Von den Arbeiten des jungen Prellers, der so eben aus Italien zurückkommt und ein reiches Portefeuille Studien nach der Natur mitbringt, thue nächstens einige fernere Erwähnung.

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar den 23. Juli. 1831.

J. W. v. Goethe.


49/11.


An Sulpiz Boisserée

Wenn ich auch keine schriftliche Mittheilung schon lange von Ihnen erhielt, so haben Sie mir doch, diese Wochen her, für genugsame Beschäftigung gesorgt, indem[14] ich die drey letzten großen Blätter Ihres unschätzbaren Domwerks zu betrachten öfters Zeit fand. Die zwey vergleichenden Tafeln fordern uns zu gründlichem Nachdenken auf, und da finden wir sowohl Talent als Charakter unserer Vorfahren höchst schätzenwerth, welche das Zutrauen hatten: die Welt würde so lange in gleichem Sinne verharren, bis ihre ungeheuren Conceptionen durch ausgeführt wären.

Bey dem Cölner Dom schien mir's immer wichtig, einiges Mißtrauens, nicht etwa nur Wartesteine, wie man wohl zu thun pflegt, sondern Wartemauern, -Thürme und -Wassen aufgeführt, damit ihre Nachfolger angelockt würden, da oder dort wieder einzugreifen, und auf diese Weise die Folgezeit zu Vollendung des ersten Plans in eine unausweichliche Nothwendigkeit sich versetzt sähe.

Durch Ihre Zusammenstellung glaubt man nun zu begreifen, wie diese Thätigkeit nach und nach zu einer ganz unmeßbaren Größe gelangt sey. Wenn Sie uns Ihre Studien zunächst mittheilen, so werden wir immer weiter zu näherer Kenntniß so merkwürdiger Unternehmungen und weit verbreiteter Gesinnungen auf eine sehr einleuchtende Weise gelangen.

Es ist mit dem Bauen eine ganz eigene Sache, man macht's dem Nachfolger und so auch der Folgezeit niemals recht. Ich habe selbst erlebt, daß ein Fürst seinen Nachfolger architektonisch völlig ausgestattet zu[15] haben dachte, welcher aber von einer andern Seite ganz von vorn wieder anfing. Die Selbstthätigkeit ist des Menschen Seligkeit, die man nicht präoccupiren kann.

Zu allem dem Obigen füge noch hinzu: daß die Baudenkmale am Niederrhein nicht wenig beytragen, uns durchaus aufzuklären. Die auf der dritten großen Tafel gegebene Zusammen- oder vielmehr Übereinanderstellung der in die Höhe strebenden Geschosse näher zu betrachten, erspare bis auf die nächst zu hoffende Erläuterung.

Unsern verehrten und geliebten König Ludwig kann ich in diesen Tagen mit meinen Gedanken nicht verlassen, wenn ich ihm nur im mindesten dadurch nützen könnte. Es war seit langer Zeit meine Furcht: es möchte, wie es jenen frommen Bauherren mit der Nachwelt ging, ihm schon so mit seinen Zeitgenossen ergehen. Doch lenkt und richtet sich so manches im Leben unvermuthet, daß uns immer Hoffnung zum Bessern übrig bleibt. Müssen wir uns doch gegen die jetzt von allen Seiten drohenden Ungewitter eben so verhalten.

Da ich nach alter Weise die einmal angesponnenen Fäden nicht fallen oder wenigstens bald wieder aufzunehmen pflege, so habe ich nicht versäumt, jene durch die Berliner Jahrbücher mit Paris gewissermaßen zufällig gewonnenen Verhältnisse ganz leise zu handhaben, wozu denn die Übersetzung meiner[16] Metamorphose das Übrige beytragen wird. Weisen Sie das Heft nicht ab, wenn es Ihnen zur Hand kommt, es bringt manches zur Sprache, das sich in jedem Sinne fruchtbar erweisen muß.

Lassen Sie mich nun von den Münzen sprechen, von welchen freylich die Preise durchaus abschreckend sind. Sollten diese unter den Liebhabern gelten, so wäre meine Sammlung ganz unschätzbar, ja die letzte Sendung meines Sohnes von Mailand her nicht mit 100 Louisd'or zu bezahlen gewesen.

Da aber der Sammler immer verführbar ist, so bitte auf die drey roth vorgestrichenen, unter auf der vorletzten, oben auf der letzten Seite Ihre Aufmerksamkeit zu richten, zu sehen: ob sie wirklich vollkommen erhalten sind? und sie alsdann für mich so billig als möglich zu acquisiren. Das Verzeichniß B liegt ganz außer meinem Kreise. Silberne pflege ich nicht anzuschaffen; die von Erz sind von neuern Künstlern, wel che Suiten von Päpsten, Kaisern, Königen nicht ohne Talent nach nur auf Originale ausgehen, als eigentliche belege zur Kunstgeschichte.

Die Mediceische Familie scheint auch eine solche nachgebildete Suite zu sehen, wovon die Originale sich wohl nur in der florentinischen Sammlung finden.

Dagegen möchten sich unter den Uomini illustri so wie auch unter den Medaglie d'una grandezza minore ganz wünschenswerthe Sachen befinden, weil die gleichzeitigen[17] in dieser Art nicht ganz selten sind und ich eine Anzahl von diesen selbst mir um einen leidlichen Preis nach und nach angeschafft, da aber auf dem Verzeichniß A Erzmedaillen der mittlern Größe von vier bis acht Gulden angesetzt sind, so möchte auch wohl hier für unser einen kein ergiebiger Handel zu hoffen seyn. Womit ich die Erwähnung dieser Angelegenheit schließe und nur bitte, der drey oben gemeldeten freundlichst zu gedenken.

Indem ich so weit mit meinem Schreiben gelangt bin, habe ich mit besonderm vergnügen zu vermelden: daß mir das Glück geworden, Ihro des Königs von Württemberg Majestät bey mir zu verehren. Da Sie so lange unter dem Schutz dieses Herrn gelebt, darf ich Ihnen nicht betheuern: wie erhebend und wahrhaft auferbaulich mir solche Gegenwart gewesen und geworden. Auch für unsre Gegenwart gewesen und geworden. Auch für unsre Frau Großherzogin war sie, wie schon einmal, bey der so eben einlaufenden Nachricht von einmaligen, so großen Familienverluste höchst tröstlich und aufrichtend. Ich aber vernehme zu besonderer Beruhigung daß meine aufrichtigen Äußerungen Höchst Denselben nicht mißfallen haben.

Auch wie Sie, mein Theuerster, finde ich schon seit vielen Jahren erprobt, daß man zu bedenklichen Zeiten seine Jahren gleichsam schärfen und sich bedeutende Aufgaben auferlegen müsse, welche eine entschiedene Richtung nach innen fordern und begünstigen.[18] Ich finde mich in diesen Fall gesetzt und hoffe, eh noch zwey Monate vergehn, inwiefern es mir geglückt ist, entschiedene Nachricht gegeben zu können.

treulichst

Weimar d. 22. Jul. 1831.

J. W. v. Goethe.


Noch einiges muß ich hinzuthun. Herr Professor Kleinschrod wird mir verzeihen, wenn ich etwas kühn gewünscht habe. Bescheidenheit ist eine Tugend, deren sich leidenschaftliche Liebhaber nicht immer befleißigen. Das Bruchstück einer uralten Pflanzenformation aus der unterirdischen Flora wird mir höchst willkommen seyn, da ich durch die Neigung des seinen Kohlengruben besitze. Sorgfältig eingepackt könnte eine solche Sendung auch durch Fuhrgelegenheit an mich gelangen, wenn man sie an Herrn Handelsmann Goldbeck in Nürnberg abgehen ließe, durch welchen ich die meisten Sendungen aus erhalte.

Bey einem in unsern Landen sehr activen Chausseebau hab ich aus unsern Kiesbrüchen ungeheure Elephanten-Backenzähne zu erhalten Gelegenheit gehabt, und so vermehren sich die Wunder der Vorwelt um uns her immer mehr.

Findet sich einmal eine heitere herzöffnende Stunde, so versuch ich meine hypsistarische Lehre auf's Papier zu bringen. Was mir auferbaulich ist, sollte es freylich meinen Freunden auch seyn.

[19] Auch von den Medaillen sage zu mehrerer Sicherheit noch en Wort: die roth vorgestrichenen sind:

1) Philippus Maria etc. Opus Pisani . . . fl. 16.

2) Gian. Francesco etc. und Consorte . .fl. 14.

3) Jo. Franc. Tri. (Trivuzio) etc . . . . . . .fl. 8.

Hiebey bemerkte noch, auch darnach sey zu sehen, ob sie wohl erhalten, auch von Haus aus scharf und nicht etwa stumpfe Nachgüsse sind, welches wohl vorkommt.

Und damit allen Segen im Höchsten.

Weimar den 25. Juli 1831.

J. W. v. Goehte.


49/12.


An die Cotta'sche Buchhandlung

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende hiebey die Absicht der Berechnung des Absatzes meiner sämmtlichen Werke, von mir unterzeichnet und anerkannt, wovon ich das Original zu meinen Acten genommen habe. Indem ich nun höflichst ersuche, mit solchen Mittheilungen von Zeit zu Zeit fortzufahren, hab ich die Ehre mich zu unterzeichnen.

Weimar den 25. Juli 1831.


49/13.


An Johann Christian Mahr

In dem Augenblicke, da der Herr Commissions-Secretär Vulpius von mir Abschied nimmt, um nach[20] Ilmenau zu gehn, erinnere ich mich der geognostischen Angelegenheit, die für mich allerdings von Bedeutung ist, und welche Ew. Wohlgeboren so freundlich angeregt und gefördert haben. Möchten Sie, durch diesen bald zurückkehrenden jungen Mann, mir gefällige Nachricht ertheilen: ob es möglich gewesen, die fragliche Expedition zu unternehmen? wozu freyliche die fortdauernde ungünstige Witterung den Muth wohl möchte verkümmert haben.

Ich aber gebe die Hoffnung nicht auf, über diesen so bedeutenden Gebirgspunct durch Dieselben belehrt zu werden. Wobey ich auszusprechen mich veranlaßt finde: daß ich alle bey einer solchen Unternehmung unvermeidlichen Kosten sehr gern und dankbar wiederzuerstatten mich verpflichtet fühle.

Unter den besten Wünschen mich fernerhin zu geneigtem Andenken empfehlend.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar den 26. Juli 1831.

J. W. v. Goethe.


49/14.


An Joseph Rinald

[Concept.]

[28. Juli 1831.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht hiedurch zu vermelden daß jenes dem Herrn Obristlieutenant v. Reutern gehörige große[21] Portefeuille, sorgfältig emballirt, wie es zu mir gekommen, in diesen Tagen an Dieselben auf der Fahrenden abgehen wird. Haben Sie die Gefälligkeit, es an Frau v. Reutern nach Willingshausen weiterzubefördern und dieser Dame meine besten Empfehlungen hinzuzufügen.

Welchen lebhaften Antheil ich an den bisherigen so wunderbaren, theils günstigen, theils ungünstigen Ereignissen genommen, davon ist sie wohl selbst am besten überzeugt, indem sie dem zart-edlen Charakter ihres Gemahls und die großen Vorzüge seines Talents weit besser als irgend ein Menschen- und Kunstkenner sich zueignen kann. Möge dieser Würdige seiner theuren Familie und uns bald glücklich wiedergegeben seyn. Vielleicht wird mir das Glück, ihn auf seiner Himreise, da der Weg beynahe zu einem Besuche bey uns nöthigt, auf einige Zeit bey uns [zu] sehen. Zum Schluß bitte zu bemerken, daß ich einen Briefan Herrn v. Reutern unter'm 23. April an Herrn Major v. Radowitz in Berlin abgesendet habe, der vielleicht zur rechten freundschaftlichsten Grüße gebracht hat. Ew. Wohlgeboren treue Verbindung mit einer Dieselben gelangen zu lassen.

Mich zu allseitigem freundlichen Andenken bestens empfehlend.[22]


49/15.


An Georg August Christian Kestner

[29. Juli 1831.]

Sie erlauben, theuerster Mann, daß ich auf Ihren werthen Erlaß vom 5. Juli vorläufig dankbar einiges erwiedere, mir manches Andere für's Nächste vorbehaltend.

Die wichtigen Abdrücke Ihrer vorzüglichen Sammlung sind bey mir wohl angelangt, und man hat Ihnen dazu mir wohl angelangt, und man hat Ihnen dazu aufrichtig Glück zu wünschen. Der hinzugefügte ausführliche Aufsatz gibt so hinreichende Auskunft darüber, daß ich vorerst weiter hinzuzufügen nichts wüßte, als daß die frühere Erfahrung sich auch hier bestätigt. Von einer Seite haben sich sehr geschickte und vorzügliche Künstler mit dergleichen Arbeiten beschäftigt, von der andern haben sich geistreiche Männer, wenn auch begabt mit minderem Talent, jederzeit heiter und sinnvoll erwiesen und ausgedrückt.

Was die wenige Verlassenschaft meines Sohnes betrifft, so bey die Absendung derselben ganz in Ihre Hände gegeben. An Herrn Mylius in Mailand gesendet, kommen sie mir zu Handen. Meine wiederholte dankbare Empfehlung an Herrn Resident Platner.

Um nunmehr von dem Monument zu sprechen, darf ich wohl meine Rührung bekennen die mich ergreift, als ich die freundliche Vorsorge der dortigen geneigten Wohlwollenden und das Anerbieten des[23] Herrn Thorwaldsens vernehme, welches ich nicht anders als höchst dankbar anzuerkennen habe, wie ich in Worten kaum auszusprechen wage. Mit der Absicht, den Cippus auf zwölf Palmen zu setzen, bin ich völlig einverstanden, wie denn durch einen in der Zeichnung versuchten Einburg eine recht angenehme Proportion hervortritt. Auch eine Inschrift ist beygelegt, welcher ich der dortigen Kenner Beyfall gleichfalls wünsche.

Dank und Entschuldigung für die Bemühung die Sie um des Carracci'schen Bildes [willen] unternommen. Ich besitze eine Radirung von [Podesta] mit der Inschrift: nach Hannibal Carracci und zugleich eine höchst vorzügliche, braun ausgetuschte Federzeichnung, in ihrer Art höchst vorzüglich zu achten, nach welcher obgedachte Radirung offenbar gearbeitet ist.

Bey einer für das nordische Mitteland, für mich so bedeutenden Aquisition war es höchst interessant zu erfahren: ob das in der Kirche San Giacomo dei Spagnuoli von verschiedenen Autoren angezeigte Bild, denselben Gegenstand vorstellend, gleichermaßen componirt sey, wodurch die von mir besessene Zeichnung noch eine höhere Sanction erwerben und die Aufmerksamkeit der Kenner verdienen würde. Den besten Dank also auch für Ihre Nachricht des Verschwindens gedachten Bildes, wodurch meine beiden Blätter am Werthe der Rarität gewinnen, ob ich gleich Vortheil gern entbehren möchte.

[24] [Die schon längst zugedachte, obgleich nicht für jene Zustände bedeutende Sendung will ich nächstens auf dem angedeutenten Wege zu besorgen suchen. Meine besten Empfehlungen an] Gräfin Julie, wenn sich Gelegenheit gibt, so wie der gute Preller sich dankbarlichst Ihrer Theilnahme jederzeit erinnert.

Soviel für dießmal, damit dieses Blatt nicht aufgehalten werde, mit Vorbehalt, in ruhiger Stunde, die mir in diesen Tagen nicht werden will, noch einiges Besondere nachzubringen.


49/16.


An Carl Friedrich Bachmann

Ew. Wohlgeboren

Überzeugung, daß die vier genannten und empfohlenen Männer gar wohl verdienen als Mitglieder in unsre Gesellschaft aufgenommen zu werden [stimme ich bey]; deshalb lassen Sie uns überlegen und bestimmen, wie es mit den Diplomen künftig zu halten sey. Von den gedruckten, deren man sich bisher bedient und welche nunmehr völlig unbrauchbar seyn möchten, übersenden Sie mir ein Exemplar, mit Gutachten ob in dem Diplom in dem selbst eine Veränderung zu treffen sey.

Eigenhändige Namensunterschrift wünscht ich eingeführt: des Präsidenten, des Directors (gegenwärtig Prodirectors) und des Secretärs.

[25] Vielleicht besorgte ich für die ersten Male recht schöne Handschrift mit lateinischen Lettern, bis man etwa ein anständiges Blatt in Kupfer stechen ließe.

Die Verguldung des Siegels fiele weg, nur müsse man für recht scharfe Abdrücke sorgen, denn das Siegel ist gut und hübsch geschnitten.

Die Suite der Auvergne verdanken wir des

Herrn Grafen Reinhard Excellenz


durch Vermittelung

des Herrn Geheimden Rath v. Müller

wornach die Inschrift einzurichten wäre.

Die vollzogenen Instructionen des Secretär Dr. Weller und Museums-Schreiber Färber folgen anbey, und möchte daher die Einrichtung zunächst regulirt seyn.

Über alles Vorkommende jederzeit Auskunft zu geben erbötig.

Hochachtungsvoll

ergebenst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 30. Juli 1831.[26]


49/16a.


An Joseph Rinald

In beykommender Kiste, in genauer Packleinwand, Sign. H. I. R. Cassel, werden an Herrn Handelsherrn Joseph Rinald daselbst colorirte Handzeichnungen gesendet an Werth 30 Thaler.

Weimar den 30. Juli 1831.

J. W. v. Goethe.[78]


49/17.


An Johann Gottlob von Quandt

Euer Hochwohlgeboren

angenehme Zuschrift hat mir ein besonderes Vergnügen gemacht, indem ich daraus sehe, daß Sie die entstandene Differenz auf die glücklichste und billigste Weise auszugleichen[26] geneigt sind. Mögen Ihre vorzüglichsten Künstler von gleichen Gesinnungen belebt seyn!

Was Sie Liebes und Gutes unserer Künstlerin erzeigen können, wird unserm hiesigen mit dem Ihren verbundenen Verein zu Gute kommen; da man, wie ich nicht verbergen will, hie und da zu wanken anfängt, und dieses wohlgelittene Frauenzimmer überall sich und der Sache Gunst zu erwerben im Falle ist. Das Schreiben derselben überlasse Euer Hochwohlgeboren sehr gerne zu beliebigen Gebrauch und empfehle diese Angelegenheit zu weiter geneigter Förderniß.

Die Exemplare der Kupfer sind angenommen; ich habe sie alsobald austheilen lassen, mit dem Blatte worin die Bezahlung urgirt wird. Noch sind manche Personen abwesend, doch soll alles mit möglichster Sorgfalt ausgerichtet werden.

Der ich die Ehre habe, mich in aufrichtiger Hochachtung zu unterzeichnen

Ew. Hochwohlgeb. gehorsamster Diener

Weimar d. 1. August 1831.

J. W. v. Goethe.


49/18.


An Friedrich Jacob Soret

Gewiß wird Ihnen, theuerster Mann, zum Vergnügen gereichen, wenn ich Ihnen die erste, von Herrn Grafen Sternberg an mich gelangte Erwiderung unsrer ernsten treuen Arbeit zusende, in Hoffnung daß[27] andere sich als unsre und der Wissenschaft Freude bey dieser Gelegenheit beyfällig nach und nach erzeigen werden.

Bringt der nächst zu feyernde Namenstag unsrer verehrten Fürstin Sie nach herüber, so bitte bey Ihro Kaiserlichen Hoheit auch meiner als eines treu Glückwünschenden zu gedenken; wie ich Sie denn auch wenigstens auf einen Augenblick zu begrüßen hoffe.

Unserm theuern Herrn Erbgroßherzog bitte meine angelegensten Hochachtung und Neigung gewiß zu bleiben.

treulichst

Weimar den 2. August 1831.

J. W. v. Goethe.


49/19.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Concept.]

Vielfach sich kreuzende Angelegenheiten haben mich gehindert, das Urlaubsgesuch in forma zu sanctioniren, so wie die Abwesenheit unsres Cassirs, Ihnen die 100 rh. auszahlen zu lassen. Nun glaube ich, es wäre selbst bequemer für Sie, eine Assignation mitzunehmen worauf Sie das Geld in Berlin erheben und die Restitution hierher anweisen könnten. Sie ist hier beygeführt mit dem Wunsch, es möge einer so lieben Wünschen gelingen.[28]


[Beilage.]

Gegen diese meine Assignation zahle an Herrn Professor Riemer oder dessen Ordre unverzüglich die Summe von Einhundert Thalern sächsisch.

Weimar den 2. August 1831.


49/20.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Wohlgeboren

haben die Geneigtheit, nachfolgende Bemerkungen freundlich aufzunehmen.

Ich hatte gewünscht und gegen Herrn Ober-Baudirector Coudray ausgesprochen, daß ich die Ausstellung meiner Büste nicht mit einer Art von Function begleitet wünschte. Dagegen vernehme ich, daß man die Absicht hat ihrer Enthüllung einige Feyerlichkeit zu geben, wogegen ich denn auch nichts einwenden will, aber doch vorläufig Folgendes bemerken muß.

Diese Büste ward mir durch einen Brief von Herrn David ankündigt, welchen nächstens mittheile. Auf Franken geschätzt, deshalb ich mich in einer bedeutenden, wenn auch nicht gerade Schuld gegen diesen Mann befinde. Nun habe ich die Büste auf Großherzoglicher Bibliothek aufzustellen gedacht, weil ich sie für den schicklichsten Platz halte, wo der Zutritt Freunden und Schaulustigen am bequemsten offen[29] steht. Da ich aber mir das Eigenthum kaum selbst zuzueignen getraue, so kann ich solches noch weniger veräußern und ich muß daher erklären: daß ich, sowohl mir als den Meinigen, dieses Kunst- und Freun des-Werk, nach Ersatz der hiebey etwa aufgelaufenen Kosten, zu reclamiren vorbehalte.

Kann diese meine Erklärung sich mir der intendirten Feyer verbinden, so weiß ich dagegen nichts einzuwenden, ob ich gleich nach meiner Denkweise immer einen ruhigen Stand derselben und die succesive Beschauung derjenigen die sich dafür interessiren am liebsten sähe.

Ich wiederhole meinen zu Anfang gethanen Wunsch und empfehle [ihn], wie soviel Anderes, einer günstigen Einwirkung.

gehorsamst

Weimar den 2. August 1831.

J. W. v. Goethe.


49/21.


An Carl August Varnhagen von Ense

[2. August 1831.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben mir durch Ihre freundliche Sendung ein sehr angenehmes Geschenk gemacht. Ich hatte vor einiger Zeit den wackern Sinclair durch seine zwey Bände treulich begleitet; einen um desto vollständigeren Eindruck mußte Ihre Darstellung auf mich machen. Gern[30] will ich gestehen daß ich in dieser den Meister biographischer Kunst gewahr werde, mit dessen Ansichten ich vollkommen übereinstimmenden fühle und denke, ohne daß ich mir anmaßen dürfte, ein solches Werk auf eine so glückliche weise zu epitomisiren. Noch einen besondern Dienst haben Sie mir dadurch geleistet daß Sie mich in den Stand setzten, meiner guten Schwiegertochter das Ganze bekannt zu machen, da ich sie mit einzelnen auffallendern, allgemein interessanten Stellen zu unterhalten gesucht hatte.

Mehr will ich nicht sagen, da ich zwar nicht in bedrängten, aber doch in gedrängten Augenblicken lebe und deshalb an auswärtige Freunde und ihre Wünsche seltener zu denken angeregt werde.

Jener Aufsatz über die Händel der französischen Naturforscher hat, wie Sie wissen, wundersam gegriffen; die synthetische Partei findet in uns Deutschen willkommne Alliirte und mich haben manche Sendungen, Zeitungs- und Journal-Artikel noch tiefer in die Sache sehen lassen, woraus denn freylich erhellt: daß man am besten thut sich zurückzuhalten.

Damals, als ich Ihnen den ersten Versuch zuschickte, war das Interesse bey mir auf einem hohen Grad lebendig und ich dictirte sogleich eine Fortsetzung, die mich in die Zeiten Buffons und Daubentons zurückführte. Nun aber bin ich weit davon abgelenkt und durch die dazwischen getretenen Pariser Verworrenheiten in mein Kämmerlein zurückgedrängt. Führe[31] ich weiter fort, was ich nicht gerne aufgeben möchte so send ich es zu beliebigen Gebrauch.

Möge doch unsre kleine Familie, die ganz treu und heiter zusammenhält, immer auch von Ihrer Seite sich eines freundlichen Wohlwollens erfreuen.

Hochachtungsvoll

unwandelbar

J. W. v. Goethe.


49/22.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan dahier wird höflichst ersucht, an Herrn Professor und Bibliothekar Dr. Riemer, gegenwärtig in Berlin, Ein Hundert Thaler preußisch auszahlen zu lassen und deren Restitution von Unterzeichnetem entgegenzusehen.

Weimar den 2. August 1831.


49/23.


An Carl Gerold

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erlauben, daß ich, in Auftrag des Herrn Geh. Legations-Rath Kestner in Rom, hiedurch vermelde: daß in diesen Tagen mit der fahrenden Post ein schwaches Paquet in Quart an Dieselben abgeht, mit Bitte: solches an gedachten Freund nach Rom gefällig gelangen[32] zu lassen. Vielleicht sind Dieselben schon von dorther hievon unterrichtet.

Ich bemerke: daß, wenn das äußere Papier weggenommen ist, sich unter demselben ein Überzug von schwarzem Wachstuch befindet mit den Zeichen H. L. K. Rom, wornach denn die Besorgung gefällig einzuleiten bitte.

Wollten Sie mir, ein solches Paquet sey bey Ihnen angekommen gefällig berichten, so würden Sie mir dadurch eine besondere Gegneigtheit erweisen.

Der ich dankbar für mich und im Namen meines römischen Freundes, diese kleine Angelegenheit zu geneigter Förderniß und mich selbst zu wohlwollendem Andenken empfehle.

Weimar den 6. August 1831.


49/24.


An Friedrich Jacob Soret

Durch die Friction des Herrn Geoffroy, unsres Freundes und Theilnehmers, veranlaßt, kommt denn nun auch eine Artigkeit der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu mir, welche hierbey übersende, sogleich aber auch das Concept einer Antwort, welchem ich Ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden bitte. Es ist hier nicht die Rede von einer Übersetzung, sondern ich wünschte daß Sie sich den Inhalt desselben ganz zu eigen machten und solchen alsdann mit der Ihnen[33] eigenen Anmuth ausdrückten, wie man in Paris das Gesagte gerne lesen und hören möchte. Vorausgesetzt, daß Sie mit dem Ganzen zufrieden sind; außerdem ich mir Ihre einsichtigen Bemerkungen erbitte.

Verzeichen Sie diese Bemühung; sie ist in Gefolg unsres Unternehmens, welches denn unter ganz freundlichen Sternen scheint erschienen zu seyn.

treu ergeben

Weimar den 10. August 1831.

J. W. v. Goethe.


49/25.


An Friedrich Theodor von Müller

[Concept.]

Wenn ich mich recht erinnere, so war die gestrige Verabredung, ich solle Morgen Donnerstag um 12 Uhr das Vergnügen haben, die werthe Abreisende bey mir zu sehen; wir haben aber nicht bedacht daß gerade um diese Stunde wahrscheinlich die Frau Großherzogin mir die Ehre Ihrer Gegenwart erweisen wird, da denn vielleicht am gerathensten wäre, jene Freundin träte um 1 Uhr bey meiner Frau Tochter ab, da sich als denn wohl eine ruhige Zusammenkunft wird vermitteln lassen.

Weimar den 10. August 1831.


49/26.


An Friedrich Jacob Soret

Mit dem lebhaftesten Dank, daß Sie mein deutsches Wesen den französischen Forschern haben annähern[34] wollen, will ich, um einiges näher zu überlegen, mir das Concept des Schreibens wieder erbitten. Was den Anfang betrifft, so war, wie ich mich erinnere, meine Absicht, mich ohngefähr auszudrücken wie auf beyliegendem Blättchen geschrieben steht.

Werden Sie ja nicht müde, in dieser Angelegenheit mir beyzustehn. Ich fürchte, sie führt uns noch weiter; doch wir wollen die nächsten Schritte einsweilen mit Muth und Fassung zurücklegen.

Meine reinsten Wünsche und treusten Empfehlungen.

treu ergeben

Weimar den 12. August 1831.

J. W. v. Goethe.


49/27.


An Carl Friedrich Bachmann

Ew. Wohlgeboren

finden mit mir nunmehr das Dringendste, die Form unsrer Diplome festzusetzen. Unter den vielen die ich erhalten habe gefällt mir beykommende französische am besten; sie ist einfach und anständig, fällt auch gut in die Augen, deshalb ich in Nachahmung derselben ein Blatt zu unsern Zwecken aufzeichnen lassen.

Wollten Sie dieses vorläufige Muster mit Herrn Frommann dem Jüngern besprechen! Freylich kommt es hier darauf an daß durch typographische Kunst, die in unsern Tagen sehr weit gediehen ist, die Inschrift ihrem Inhalt und ihren Zwecken gemäß, gehörig und[35] wohlgefällig erscheine, worin Herr Frommann meisterlich gewandt ist.

Wollten Sie, mit meinen besten Empfehlungen, eine Probe machen lassen, so würden wir zunächst darüber einig werden und sofort die gewünschten Diplome ausfertigen können.

In allem den besten Erfolg wünschend.

ergebenst

Weimar den 12. August 1831.

J. W. v. Goethe.


49/28.


An Carl Friedrich Zelter

Dießmal, mein Theuerster, dächt ich, könnten wir mit unsrer Zusammenkunft zufrieden seyn; du hast gegeben und empfangen, wir sind unsrer alten Bezüge auf's neue gewiß geworden und werden nur desto freudiger das was beiden wohlthut auswechseln.

Und so dank ich zuvörderst für dein Brieflein von Jena, das, mit ungewohnt spitzer Feder geschrieben, die Epoche deiner Reisefahrt in dem Codex ganz genau bezeichnen wird.

Unsres werthen Schultz Gegenwart hatte auch einen ganz eignen guten Eindruck hinterlassen; indem ich mich umsah nach den Gegenden, wo sein Interesse ihn festhielt, hab ich auch für mich Merkwürdiges angetroffen. Vorzügliche Menschen gab es immer, die uns denn auch mitunter glückliche Spuren ihres Daseyns hinterließen.

[36] Ich schiebe immer den Tag vor mir her, wie es denn am Ende jeder thut, wenn er seinen Caffee getrunken hat. Leider gewinnt man weiter nichts dabey als die Überzeugung daß noch immer genug zu thun übrig bleibt.

Die colossale Marmorbürste von Davis Hand ist angekommen und gibt viel zu reden. Ich verhalte mich ganz ruhig; denn ich habe in und mit dem kleinen Format schon genug zu thun, als daß ich begreifen könnte wie sich eine doppelt und dreyfach vergrößerte Form benehmen könnte. Indessen ist es trefflich gearbeitet, außerordentlich natürlich, wahr und übereinstimmend in seinen Theilen. Der Marmor aus den Pyrenäen, den die Französischen Bildhauer jetzt brauchen müssen, weil auf dem carrarischen ein schwerer Zoll liegt, hat einen sehr angenehmen Ton der in's Bräunliche zieht.

Überdieß bin ich über Berlin mit den Pariser Naturforschern neuerlich in Berührung gekommen, welches mich denn doch auf einen gewissen Grad beschäftigt und zu Mittheilungen nöthigt. Dabey muß ich gedenken daß doch manches hier vorzuzeigen versäumt worden, weil es etwas zur Seite lag.

Aus unsern Kiesbrüchen, die zum Wegbau stark benutzt werden, hab ich neuerlich Elephanten-Backzähne von der größten Schönheit erhalten. Denke dir! die Oberfläche welche kaut hat Wurzeln, die aber auch wieder nachschieben und entweder gleichfalls kauen oder auch wohl ewig ungebraucht bleiben können.

[37] Die Natur thut nichts umsonst, ist ein altes Philister-Wort. Sie wirkt ewig lebendig, überflüssig und verschwenderisch, damit das Unendliche immerfort gegenwärtig sey, weil nichts verharren kann.

Damit glaube ich sogar mich der Hegelischen Philosophie zu nähern, welche mich übrigens anzieht und abstößt; der Genius möge uns allen gnädigen seyn.

Da das Königliche Theater den rechten Weg gefunden hat seine Casse zu füllen, so send ich dir den letzten Gegensatz, wohin nur die guten Nachkommen des alten Thespis gerathen können. Das Original lege bey, man glaubt es sonst nichts; sende es aber wieder zurück.

»Theaterankündigung. Carlstadt, am 10. Juli 1823. Zum Vortheil des Herrn Ignaz Viol und seiner Tochter Ludmille:

Menschenhaß und Reue,

ein hier noch nie gesehenes Trauerspiel von dem gefallenen Kotzebue, unglücklicher weise; dasselbe ist in 6 Acten, nebst einem Prolog, welchen Herr Viol am Ende separat halten wird.«

»Nachschrift: Viele dringende Schulden setzen uns zwar in die angenehme Verlegenheit unserer Gläubiger, daß wir nicht weiter reisen können. Ich spiele den Greis; meine Ludmilla die Eulalia; lassen Sie uns deshalb nicht untergehen; Menschenhaß kennen die Bewohner dieser Stadt nicht, noch weniger wir eine Reue, daß wir hierher uns verirrten. Wir bitten daher um Zuspruch, denn es bleibt uns doch nichts.«

[38] Uns aber bleibe das Bisherige von guten Geistern gegönnt. Also sey es

W. d. 13. Aug. 1831.

J. W. v. Goethe.


49/29.


An Friedrich Jacob Soret

Es ist eine wunderliche Sache, mein Theuerster, wenn man einen Gedanken zwischen zwey Sprachen hin- und widerwälzt; der Ausdruck verändert sich und der Sinn zugleich, auf solche Weise sah ich mich genöthigt, meine Antwort an das Institut nochmals umzuschreiben und zwar, wie Sie sehen, das Besondere wegzulassen und mehr im Allgemeinen zu bleiben. Haben Sie die Güte, auch diesen Aufsatz näher zu betrachten und abschließlich mir zu vermelden, wobey es endlich bleiben könne.

Unserm theuern Prinzen mich zum besten empfehlend und alles Gute zum schönsten Tage wünschend, verharre ich unwandelbar angehörig.

Weimar den 17. August 1831.

J. W. v. Goethe.


49/30.


An die Directiondes Deutsch-Amerikanischen Bergwerk-Vereins

[Concept.]

[19. August 1831.]

Ew. Wohlgeboren

geben mir durch fortgesetzte freundliche Mittheilung den vollgültigen Beweis, daß Sie von meiner unverbrüchlichen[39] Theilnahme sich überzeugt halten; auch darf ich wohl sagen ich jenem großen Unternehmen durch diese Vermittelung aufmerksam zu folgen und sowohl Freude über die eintreffenden Hoffnungen als Schmerz über so manches Mißglückte mitzuempfinden befähigt war.

Nun aber will ich auch nicht verschweigen daß die letzte unmittelbar nach der höchst bedeutenden Generalversammlung eingegangne günstige Nachricht von einer nunmehr zu erwartenden einsichtigen Behandlung und deren vorauszusehenden glücklichen Folgen mich sehr erfreut hat, deshalb ich denn auch mein besonders Glück auf! zutraulich auszusprechen nicht verfehle.

Bey diesem neusten Gelingen kann ich aber einen früher geäußerten Wunsch nicht zurückhalten und fühle mich zu der Frage gedrungen: ob es nicht möglich sey, von dem jetzigen so günstig sich erweisenden Werke Anangueo einige Stufen zu erhalten, um sich sowohl geognostisch als mineralogisch jene höchst bedeutenden Erdpuncte vergegenwärtigen zu können.

Der Drang nach Autopsie scheint sich mit den Jahren zu steigern; meine näheren Freunde haben thätige Nachricht mit diesem leidenschaftlichen Bestreben, und ich darf mir nicht die Hoffnung versagen, daß auch entferntere Gönner meinen geistigen Bedürfnissen irgend zu Hülfe zu kommen geneigt seyn möchten.

Weimar den 17. August 1831.[40]


49/31.


An Johann Ladislav Pyrker von Oberwart

[Concept.]

[19. August 1831.]

Ew. Hochwürden

haben seit manchen Jahren mit so vielen Freundlichkeit an mich gedacht, indem Sie mich vor andern mit Ihren höchst schätzbaren Geisteswerken bekannt zu machen geruhten. Nun aber versichern Sie mir, daß einige von mir empfohlene werthe Reisende von Hoch Denselben würden günstig aufgenommen worden seyn, hätten nicht obwaltende Umstände ein unvorgesehenes Hinderniß dazwischen gelegt.

Daher, meine Dankbarkeit einigermaßen auszudrücken, nehm ich mir die Freyheit, ein Exemplar meiner bey Gelegenheit eines für mich höchst bedeutenden Festes besonders abgedruckten Iphigenie durch die fahrende Post zu übersenden, mit dem Wunsche, diese hoffentlich nicht zu spät ausgesprochene Erwiderung möge geneigtest aufgenommen und ein so höchst schätzbares Wohlwollen mir auch die Zukunft erhalten werden.

Weimar den 17. August 1831.[41]


49/32.


An Thomas Carlyle

Den funfzehn

Englischen Freunden.


Worte die der Dichter spricht,

Treu in heimischen Bezircken,

Wircken gleich, doch weiss er nicht

Ob sie in die Ferne wircken.


Britten! habt sie aufgefaßt!

»Thätigen Sinn! das Thun gezügelt;

Stetig Streben, ohne Hast.«

Und so wollt Ihr es besiegelt.


Vorstehendes habe gleich nach Empfang des anmuthigsten Geschenkes durch Herrn Fraser an die verbündeten Freunde nach London gelangen lassen. Ihnen, mein Theuerster, send ich das Duplum, das vielleicht früher als jene Mittheilung von dorther zu Ihnen gelangt.

Ich füge nur hinzu daß die begleiteten Bücher und Hefte schon von mir angegangen worden sind, und daß ich darin manches Erfreuliche gefunden habe. Worüber nächstens mehr. Auch eine Betrachtung der Schattenrisse und deren unglaublichen Vergegenwärtigung des Abwesenden.

Die zu Ende Juni von Hamburg durch Herrn Parish abgesendete Kiste ist nun schon, oder bald, in Ihren Händen; lassen Sie mich deshalb ein Wort vernehmen.

[42] Wie ich denn hier, nur mit den wenigsten Worten, wiederhole: daß mir die Gabe der verbündeten Freunde ein so außerordentliches als unerwartetes Vergnügen gemacht hat, und nicht mir allein, sondern gleichmäßig Freunden und Bekannten, die eine so kunstreiche Arbeit zu schätzen wissen.

Den theuren Gatten glückliche Stunden!

Weimar. 19. Aug. 1831.

Goethe.


49/33.


An Pierre Jean David

[Concept.]

So eben sind es zwey Jahre, seit Sie uns durch Ihre Gegenwart überraschten, ich dürfte fast sagen, in Verlegenheit setzen. Der ausgezeichnete Künstler einer benachbarten Nation, dessen Verpflichtung sich eigentlich nur auf seine Landsleute zu beziehen schien, wenn er sich entschloß, die Gestalt von Individuen durch seine Kunst zu erhalten, war uns eine ganz eigene Erscheinung.

Allein nicht lange genossen wir Ihres werthen Umganges, als wir einen Mann gewahr wurden, dem das allgemein Menschliche lebhaft im Sinne lag und welcher daher überallhin seine Aufmerksamkeit richtete, wo er ein Bestreben bemerkte, darauf zu wirken, daß Mensch- an Menschen sich knüpfen, um durch wechselseitige Anerkennung das eigentliche Gleichgewicht im Ganzen herzustellen, welches im Einzelnen, wegen des[43] immer fortdauernden Conflictes der besonderen Interessen, schwer zu erreichen und zu erhalten ist.

Im gleichen Sinne haben wir die übersendete Marmorbüste mit lebhaft dankbarer Empfindung aufgenommen, als ein Zeugniß des Wohlwollenes eines unmittelbaren Geistesverwandten, als einen Beweis der Auflösung strenger Nationalgränzen, und wir glauben dadurch uns der erhabenen Intentation des Gebers angenähert zu haben.

Von dem allgemein freudigen Empfang, von Aufstellung und festlicher Widmung zu sprechen, überlaß ich den Freunden, welche bezeugen werden, daß die beabsichtigte Wirkung in hohem Grade erreicht worden, welche gewiß auch auf künftige Zeiten kräftigst sich erstrecken und Ihr Andenken nebst dem Musterbild eines hohen Kunsttalentes lebhaft erhalten wird.

Möge Ihnen dieses, wie ein Deutscher in seiner Sprache sich ausdrücken wiederzugeben seyn.

20. Aug. 1831.


49/34.


An George Frédéric von Cuvier

[Concept.]

[20. August 1831.]

Im Laufe meines langen Lebens konnte kein Begebniß mich auf angenehmere Weise berühren als zu erfahren, daß Studien und Anstrengungen, die ich[44] zunächst nur zu meiner eignen Ausbildung unternommen hatte, auch außen die günstigste Wirkung hervorbringen. So werde ich denn noch am Ziele meiner Laufbahn mit inniger Dankbarkeit gewahr, wie eine berühmte Societät, längst im Besitz, die Fortschritte der Wissenschaften zu würdigen und nach ihrem wahren Werthe zu schätzen, meinen Forschungen freundliche Aufmerksamkeit gönnt und den Tribut meiner Hochachtung wohlwollend aufnimmt.

Wieviel ich Ihnen, mein Herr! persönlich verdanke, wie oft Ihre unschätzbaren Werke mir zum Leistern bey meinen Forschungen dienten, vermag ich nicht genugsam auszusprechen. Nie durchgehe ich meine Sammlung von Fossilien, oder zeige sie Freunden vor, ohne Blicke voll Dankbarkeit auf so viele schöne Exemplare zu richten, die mir aus Ihrer Hand ein Denkmal Ihrer ausgezeichneten Güte geworden. Noch ganz neuerlich war ich im Fall, in dem ersten Bande Ihres diese Gegenstände betreffenden köstlichen Werkes Rath und Belehrung zu suchen und zu finden, als ganz nahe bey Weimar in bedeutender Tiefe der Backzahn eines Elephanten entdeckt wurde, durchaus demjenigen ähnlich, den sie uns der sechster Kupfertafel Ihres Werkes abbilden. Möge diese isolirte Thatsache, schon an sich nicht ohne Interesse, Ihnen insbesondere von neuem beweisen, von wie großem Nutzen Ihre Schriften für mich sind, und wie hohe Achtung ich ihrem Verfasser widme.[45]


49/35.


An Carl Friedrich Zelter

Deine Sendung einer solchen Anzahl von Kupferstichen ist für mich ganz besonderer Bedeutung, da, wie ich schon erwähnte, der treffliche, zu frühabgeschiedene Longhi in seinem Werk über die Kupferstecherkunst mit ganz besonderer Vorliebe deinen aufwärts so nah Verwandten ausgezeichnet hat. Stellen übersetz ich dir, wenn das Werk, welches Meyer sich zu Gemüthe führt, wieder in meinen Händen ist.

In deiner Sendung find ich gute Abdrücke von Porträts des redlichen Mittelstandes, aus einer Zeit, da wohlhabende Familien neben dem Nekrolog der Leichenpredigt auch noch ihre Seligen in wohlgetroffenem Bilde über der Erde zu erhalten gedachten. Dann sind es mittlere Abdrücke bis zum geringsten, wo man freylich die Platten bedauert, die so behandelt worden. Mir aber geben sie Kenntniß von ihrem Daseyn und machen mich aufmerksam auf die Exemplare die in meiner und sonstiger Sammlung vorhanden sind. Das Studium dieses merkwürdigen Mannes ist unter uns doppelt und dreyfach begünstigt und so wollen wir auch zeitige Sendung nutzend preisen.

Wenn ich nun diese reiche Gabe auf meinen nächsten Geburtstag beziehe, so darf ich wohl vermelden von dem merkwürdigen Geschenk das ich über den Canal[46] erhalten habe. Funfzehn englische Freunde, wie sie sich selbst unterzeichnen, ließen bey ihren berühmtesten Goldschmieden ein Siegel verfertigen, welches, bequem in der hohlen Hand zu fassen, einer länglichen Vase sich allenfalls vergleichen läßt. Alles was der Goldschmied, verbunden mit dem Emaillirer, leisten kann, ist hier zu schauen. Man wird an die Beschreibungen erinnert, mit welchen Cellini seine Arbeiten zu rühmen pflegt, und die Absicht ist offenbar, sich dem Sechzehnten Jahrhundert zu nähern. Den Spruch:

»Ohne Rast, doch ohne Hast«

scheinen die Engländer bedeutend genug gefunden zu haben, da er im Grunde ihr eignes Thun sehr gut ausdrückt. Diese Worte sind um einen Stern innerhalb des bekannten Schlangenkreises eingeschrieben, leider mit altdeutschen Versalien, welche den Sinn nicht ganz zur Klarheit bringen. In jeder Rücksicht ist diese Gabe dankenswerth, und ich hab ihnen einige freundliche Reime dagegen geschrieben.

Da es die guten lieben Weimaraner nicht lassen können, dieses Fest, wie so manches andere, durch ein Ergo bibamus zu feyern, auch sonst noch verschiedene, durch die Umstände herbeygeführte Incidenzien zu nutzen denken, so werd ich mich wohl in diesen Tagen, wenn auch nicht weit, entfernen. Dergleichen wohlgemeynte Huldigung persönlich abzuwarten, wird mir immer unmöglicher. Je älter ich werde, sey ich mein Leben immer lückenhafter, indem es andere als ein[47] Ganzes zu behandeln belieben und sich daran ergötzen.

Übrigens gedenkt ich diese Woche vor meinem Geburtstag einen Theil meiner dringenden Obliegenheiten wegzuräumen. Leider dringt sich so manches auf was ganz unfruchtbar ist, und von den ausgestreuten Samenkörnern fällt gar viel zwischen Distel, Dorn und Felsen.

Aus England ist mir eine Übersicht der deutschen Literatur zugekommen, geschrieben von W. Taylor, der vor vierzig Jahren in Göttingen studirte und daselbst die Lehren, Meynungen und Phrasen, die mich vor sechzig Jahren schon ärgerten, nun auf einmal losläßt. Die gespensterhaften Stimmen der Herrn Sulzer, Bouterwek und Consorten ängstigen uns nun ganz als Nachklänge von Abgeschiedenen. Freund Carlyle dagegen wehrt sich musterhaft und dringt bedeutend vor, wovon gelegentlich das Mehrere.

und so fortan!

W. d. 20 Aug. 1831.

G.


49/36.


An Leopold Dorotheus von Henning

Wie sehr freu ich mich, mein Theuerster, zu erfahren daß Sie nicht unterlassen, die einmal gegründete und gebilligte Farbenlehre durch Ihre Vorträge annehmlich zu machen. Genau besehen, gestehen wir uns selbst[48] nicht recht welche vermilderte Aufgabe wir zu lösen übernommen haben. Nichts ist schwerer als daß der Mensch, dem man das Eine Fruchtbare überliefert, es bey sich auch fruchtbar werden lasse. Die Forderung wird immer größer, je man sich in diesen Geschäften ernst und treu, leidenschaftlich und doch umsichtig fortwirkend bemüht.

Wie gern spräch ich weiter, doch verliert man sich, will man so wichtigen Betrachtungen nachgehen, gar zu schnell in's Abstruse dieser Hoffnung mir höchst willkommen ist, Sie im Laufe dieser Monate wiederzusehen. Einer Quittung über die erhaltenen Gelder widme ich das folgende Blatt.

Mich schönstens und bestens empfehlend.

treu theilnehmend

Weimar den 20. August 1831.

J. W. v. Goethe.


Dreyzehn Thaler 5 Silbergroschen als Honorar für die beyden zum vorjährigen September-Heft der Berliner Jahrbücher gelieferten Recensionen richtig erhalten zu haben bescheinige hiermit.

Weimar den 21. August 1831.

J. W. v. Goethe.


49/37.


An Carl Friedrich Bachmann

Ew. Wohlgeboren

gutem Rathe tret ich vollkommen bey, wir wollen uns mit dieser Einfassung begnügen, bis sich in der[49] Folge eine passendere vorfinden läßt. Wollen Sie nach beykommender Correctur den Satz verbessern lassen, auch mir noch ein paar Probeexemplare zuschicken, wovon ich wünsche daß eines nun mit Schrift ausgefüllt wäre.

Meo voto nähmen wir nur vorerst wirksame Mitglieder auf, mit Wunsch und Bedingung daß sie aus ihren Gegenden entweder entschiedene Exemplare von bedeutenden Mineralien oder geognostische Notizen und Bemerkungen einsendeten.

Ehrenmitglieder anzuerkennen bleibt immer für die folge noch Zeit und Raum genug. Wir müssen im neuen Beginnen zeigen daß es uns Ernst ist.

Die Wahl des Papiers melde mit Nächstem.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar den 21. August 1831.

J. W. v. Goethe.


49/38.


An Amalie von Levetzow

Heute, verehrte Freundin, auf dem Lande, freundlich veranstalteten Festlichkeiten ausweichend, stelle ich jenes Glas vor mich, das auf so manche Jahre zurückdeutet, und mir die schönsten Stunden vergegenwärtigt.

Nach, so wundersam unerfreulichen Schicksalen, welche über mich ergangen, an denen Sie gewiß[50] herzlichen Antheil genommen, wende ich mich wieder zu Ihnen und Ihren Lieben, einige Nachricht erbittend, die Versicherung aussprechend: Daß meine Gesinnungen unwandelbar bleiben.

treu angehörig

[Ilmenau] am 28. Aug. 1831.

J. W. v. Goethe.


49/39.


An Ottilie von Goethe

Schönsten Dank für den freundlichen Gruß und für das Gesendete! Möge bey Euch alles glücklich gegangen seyn wie bey uns.

Briefe der Kinder liegen bey. Ein Conzept Tagebuchs wird H. Kanzler mittheilen.

Der Bote eilt. Das aller beste! Baldiges Wiedersehen.

Ilmenau d. 29. Aug. 1831.

G.

Grüße Alma schönstens und fahre fort uns alle zu lieben und zu dulden!


49/40.


An Friedrich Theodor von Müller

Tausendfach verpflichteten Dank für alles Eingeleitete, Gethane, Gesendete; darüber wollen wir lange und viel sprechen. Auch ist gar manches zu vermelden, von der Wallfahrt zu den Stellen Früherer Leiden und Freunden, reiche Betrachtungen aufdringend. Ich entschließe mich das Conzept eines Tagebuchs[51] mitzusenden, um den Boten nicht durch Reinschrift aufzuhalten.

Deshalb ich auch schließlich eilend meinen treusten Danck wie [der] hole und mich an Hohen und Geselligen Orten bestens zu empfehlen bitte.

Ilmenau d. 29. Aug. 1831.

G.


49/41.


An Friedrich August von Beulwitz

Ew. Hochwohlgeb.

erzeigen mir die Gewogenheit Ihro Königlich Kayserlichen Hoheiten meine Rückkunft von Ilmenau gefällig anzumelden und mich zu ferneren Hulden und Gnaden angelegentlichst zu empfehlen. Wie ich denn zugleich den Wunsch ausspreche: Ew. Hochwohlgeb. möchten mich auch künftighin durch theilnehmendes Wohlwollen beglücken.

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar d. 31. August 1831.

J. W. v. Goethe.


49/42.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wollten Sie, mein Theuerster, beykommenden Vorschlag zu den neuen mineralogischen Diplomen ansehen und etwa morgen mit mir speisen, so könnten wir diese kleine Angelegenheit besprechen und abschließen.

Weimar den 3. September 1831.

G.[52]


49/43.


An die Frankfurter Festgenossen

Verehrte Herren,

Gönner und Freunde!

Poesie und Rhetorik reichen uns oft auslangende Hülfsmittel, wenn wir unsere Empfindungen ausdrücken, unsere Gedanken mittheilen wollen, besonders aber, wenn wir das Gute erheben und vielleicht vollkommener darstellen möchten, als es an sich selbst war.

In dem gegenwärtigen Falle kann ich aber ihres Beystandes völlig entbehren, indem die mir verliehene Gabe von dem höchsten Werth und in ihren heilsamen Wirkungen unberechenbar günstig zu achten ist.

Ein tief empfundener, rein ausgesprochener Dank möchte hier in wenig Worten genügen und den verehrten Freunden die Überzeugung geben, daß eine so würdige Gabe, wenn sie zuerst überrascht und sodann auf unsere Behaglichkeit eine höchst anmuthige Wirkung ausübt, auch zugleich die dankbaren Empfindungen immerfort erneut, die sie in dem ersten Augenblick eingeflößt.

Indem ich mich nun hier der Kürze zu befleißigen dachte, fang ich an wortreich zu werden, und eile, mich dachte, fang ich an wortreich zu werden, und eile, mich andringlichst empfehlend, zur treugesinnten Unterschrift.

Verehrungsvoll

von jeher angehörig

Weimar, 3. September 1831.

J. W. v. Goethe.[53]


49/44.


An Friedrich Theodor von Müller

Nach sechstägiger, vom Wetter höchst begünstigter Abwesenheit von Weimar hätt ich freylich gewünscht, mit Ew. Hochwohlgeboren noch einiges zu sprechen und zu besprechen; da mir aber solches versagt war, so suche ich wenigstens die nothwendigste Forderung zu befriedigen, und lege ein treu-prosaisches Schreiben an die werthen Frankfurter gabereichen Freunde bey, mit Bitte, solchem guten Eingang zu verschaffen. Zu sonstiger Freundlichkeit ist mir nichts gelungen, das Einzige war mir eingefallen, daß auf Achtundvierziger sich Würziger gar wohl reimen mag; das ist aber noch kein Gedicht und so muß man es bey der Prosa belassen.

Möge Ihnen, wenn Sie dieses erhalten, alles nach Wunsch gelungen seyn! und wir Sie, zugleich mit andern werthen Abwesenden, gesund und froh wiedersehen.

Gewiß verfehlen Sie nicht, meinen verpflichteten Dank für die segensreiche Gabe kräftig auszusprechen; uns so das Beste zum Guten!

Hochachtungsvoll

treu ergeben

Weimar den 3. September 1831.

J. W. v. Goethe.[54]


49/45.


An Carl Friedrich Zelter

Sechs Tage, und zwar die heitersten des ganzen Sommers, war ich von Weimar abwesend und hatte meinen Weg nach Ilmenau genommen, wo ich in frühern Jahren viel gewirkt und eine lange Pause des Wiedersehens gemacht hatte, auf einem einsamen Bretterhäuschen des höchsten Gipfels der Tannenwälder recognoscirte ich die Inschrift vom 7. September 1783 des Liedes das du auf den Fittigen der Musik so lieblich beruhigend in alle Welt getragen hast:

»Über allen Gipfeln ist Ruh pp.«

Nach sie vielen Jahren war denn zu übersehen: das Dauernde, das Verschwundene. Das Gelungene trat vor und erheiterte, das, Mißlungende war vergessen und verschmerzt. Die Menschen lebten alle vor wie nach ihrer Art gemäß, vom Köhler bis zum Porcellanfabrikanten. Eisen ward geschmolzen, Braunstein aus den Klüsten gefördert, wenn auch in dem Augenblicke nicht so lebhaft gesucht wie sonst. Pech ward gesotten, der Ruß aufgefangen, die Rußbüttchen künstlichst und kümmerlichst verfertigt. Steinkohlen mit unglaublicher Mühseligkeit zu Tage gebracht, colossale Urstämme, in der Grube unter dem Arbeiten entdeckt (einen davon dir vorzuzeigen hatte ich vergessen, er steht im Gartenhause); und so ging's denn weiter, vom alten Granit,[55] durch die angränzenden Epochen, wobey immer neue Probleme sich entwickeln, welche die neusten Weltschöpfer mit der größten Bequemlichkeit aus der Erde aufsteigen lassen.

Im Ganzen herrscht ein wundernswürdigen Benutzen der mannichfaltigkeiten Erd- und Bergoberflächen und -Tiefen.

Wenn ich mich von da zu dir versetzte, wünscht ich nichts mehr als dich den großen Contrast zwischen deinen äußern Zuständen und diesem empfinden zu seyn.

Von der weimarischen Feyer meines Geburtstages, die sich schicklich und glücklich exhibirte, mögen Försters ja wohl erzählt haben. Das schöne Frauchen, das ich mit Vergnügen an meinem Tische sah, hat bedeutenden Effect gemacht. Frauenzimmer behauptet: ihr vorzüglich geschmackvoller Hut habe daran großen Theil gehabt.

Wend ich mich nun zu den Andeutungen deines Briefes, so sey ich wohl daß die alten großen Anforderungen: Laßt uns trinken, laßt uns küssen, bey euch ganz folgsame Schüler haben, selbst unter den alten Herrn, denen es denn wohl bekommen möge.

Die Luft klingt, wie von einem Glockenton, von der Berliner Aufgeregtheit gegen den gottlosen Zudrang eines unwillkommenden Gastes. Um der lieben Kürze willen schreib ich dir ein altes canonisch-classisches Wort her, das du vielleicht kennt:


[56] Was ist ein Philister?

Ein hohler Darm,

Von Furcht und Hoffnung ausgefüllt,

Daß Gott erbarm!


und hiemit sey diese widerliche Frage vorerst abgethan.

Wenn du nun aber nach dem Faust fragst, so kann ich dir erwidern: daß der zweyte Theil nun auch in sich abgeschlossen ist. Ich habe seit so vielen Jahren recht gewußt was ich wollte, habe aber nur die einzelnen Stellen ausgeführt die mich im Augenblick interessirten. Dadurch wurden Lücken offenbar, welche ausgefüllt werden mußten. Dieses alles nun zurechtzustellen, faßt ich den festen Vorsatz, es müsse vor meinem Geburtstag geschehen. Und so ward es auch; das Ganze liegt vor mir und ich habe nur noch Kleinigkeiten zu berichtigen, so siegle ich's ein, und dann mag es das specifische Gewicht meiner folgenden Bände, wie es auch damit werden mag, vermehrten.

Du hast eine wunderliche Scene oder vielmehr einen wunderlichen Theil des Ganzen gesehen, was du davon dir auch magst zugeeignet haben, so wird es im Zusammenhang doch noch lustiger erscheinen.

Nun aber, da diese Forderungen befriedigt sind, drängen sich neue sogleich hinten nach, wie an einem Bäckerlagen a la Queue. Was gefordert wird weiß ich wohl, was gethan werden kann, muß die folge zeigen. Ich habe gar zu vielerlei Bauwerk angelegt, welches zu vollführen doch am Ende Vermögen und[57] Kraft ermangeln. An die natürliche Tochter darf ich gar nicht denken; wie wollt ich mir das Ungeheure, das da gerade bevorsteht, wieder in's Gedächtniß rufen?

Soviel für heute; nächstens die schönen Worte von Longhi über Schmidt und vielleicht einiges über deinen Abend mit Langermann. Empfiel mich dem Werthen und gedenkt mein in Treue und Liebe.

und so fortan!

Weimar den 4. September 1831.

G.


49/46.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

von uns entfernt und in jenen Klostermauern, wenn gleich als Abt, Sie zu denken, fiel mir ganz unmöglich, und da gleiche Gesinnungen der höchsten Behörde mir bekannt war, so konnte sich nicht angenehmer ereignen, als indem ich mich in dem Falle fand, zu Ihrer Erhaltung, Beruhigung und bequemern Stellung beytragen zu können.

An Ihrer schönen Thätigkeit freu ich mich um so mehr und genieße mit Ihnen eines günstigen Augenblicks, da ich auf eine Folgzeigt von Jahren für ein Geschäft gesorgt sehe, das mir so sehr am Herzen liegt.

Möge die Witterung Sie auf der zu unternehmenden Fahrt begünstigen und ich bey Ihrer Rückkehr Sie als erfrischt und neugestärkt begrüßen.

[58] Kaum darf ich hinzusetzen: wie sehr mich die freundlich glänzende Feyer meines Tages auch in Abwesenheit gerührt hat.

Das Beste in froher Thätigkeit auf die bevorstehenden Wintermonate wünschend und mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 5. September 1831.

J. W. v. Goethe.


49/47.


An Felix Ferdinand Heinrich Küstner

Ew. Hochwohlgeboren

sende zunächst den Überrest der gefällig mitgetheilten Münzen zurück; ich habe nach Ihrem freundlichen Verlangen die für mich sehr erfreulichen und nutzbaren Stücke herausgenommen, und doch kann das Übrige noch manchem Liebhaber Vergnügen machen.

Auch erkenne ich mit vielem Dank, daß Sie unter den aufgeräumten Trümmern des Heidelberger Schlosses meiner gedacht haben. Es bleibt immer merkwürdig, was zu irgend einer Zeit der Thon, und wenn es Kacheln wären, für Gebilde gefördert hat.

Mögen Sie in ähnlicher Fällen mein gedenken, so sind Sie überzeugt, daß ich solches jederzeit dankbar erkenne. Für mich ist alles und jedes, dem Sie Ihre Aufmerksamkeit gönnen, gewiß instructiv.

[59] Das Doppelgedicht im Gegensatz von mehr als einem halben Jahrhundert lege abschriftlich bey. Es ist wirklich ein anmuthiges Ereigniß, zwey so entfernte Epochen mit freudigem Gefühl einander wieder nähern zu können.

Mich angelegentlichst empfehlend

hochachtungsvollgehorsamst

Weimar d. 6. Sept. 1831.

J. W. v. Goethe.


49/48.


An Carl Friedrich von Reinhard

Der verehrte Freund überzeugt sich daß auch mich die wunderlich-unschickliche Complication, die ihm peinlich ist, nicht weniger beunruhigt. Freund v. Müller hat mich von allem unterrichtet, und es bleibt die unangenehmste Empfindung von der Welt, wenn man im Dunkeln tappt, wo man, auch aufgeklärt, nicht helfen könnte. Wenigstens möchte man zu einiger Beruhigung wissen, wie die Sache steht? und ob vielleicht nicht gar das, was uns verwirrt, unter einem anderen Gesichtspuncte schon aufgelös't ist.

Unsern theuern genannten Freund hat vor einigen Tagen die Schnellpost mit an den Mayn gerissen. Ich will, aber in der Ferne scheint mir doch etwas Schattenhaftes vorzuschweben.

[60] Daß wir nun auch die lieben Ihrigen nicht sehen sollen, ist ein wahrhaftes Mißgeschick; denn ein heiteres Wiederanknüpfen in Gegenwart hat doch gar zu großen Werth, besonders für unsre Zustände, wo vor dem Drang des Augenblicks das Vergangene zu verschwinden scheint.

Doch dergleichen umnebelnde hypochondrische Dünste zu entfernen, bedienen ich mich aller sittlich- realistischen Mittel. Die dießmal sehr gesteigerte Feyer des 28. August, welche zu dämpfen ich kein Recht hatte, glaubte ich nicht in der Nähe bestehen zu können. Deshalb verfügte ich mich mit meinen beiden Vergangenheit durch die Gegenwart der Herankommenden auf eine gesetzte und gefaßte Weise zu begrüßen.

Die jungen Wesen, worunter sich der liebe Pathe besonders hervorthat, drangen ohne poetisches Vehikel in die ersten unmittelbarsten Zustände der Natur. Sie sahen die Kohlenbrenner an Ort und Stelle, Leute die das ganze Jahr weder Brot noch Butter noch Bier zu sehen kriegen und nur von Erdäpfeln und Ziegenmilch leben. Andere, wie Holzhauer, Glasbläser, sind in ähnlichem Falle, aber alle heiterer als unser einer, dessen Kahn sich so voll gepackt hat, daß er jeden Augenblick fürchten muß, mit der ganzen Ladung unterzugehen.

Indessen muß man nicht versäumen, Ruder und Segel und sonstige Griffe des Handwerks zu benutzen, um über die Welle des Augenblicks wegzukommen.[61] Als Poet denk ich immer, daß auf's stranden sich landen reime und somit Gott befohlen. Doch warum sag ich Ihnen das? da Sie hierin erfahrner und gewandter sind als wir Sedentarien alle.

Bekräftigen muß ich aber doch vertraulich, daß es mir gelungen ist, den zweyten Theil des Faust in sich selbst abzuschließen. Ich mußte schon lange her was, ja sogar wie ich's wollte, führte aber nur die einzelnen Stellen aus, die mich von Zeit zu Zeit anlachten. Nun bedurft es zuletzt einen recht tüchtigen Entschluß, das Ganze zusammenzuarbeiten, ich bestimme fest in mir: es müsse vor meinem Geburtstag geschehen seyn. Und es war in der Hälfte des Augusts, daß ich nichts mehr daran zu thun wußte, das Manuscript einsiegelte, damit es mir aus den Augen und aus allem Antheil sich entfernte. Nun mag es dereinst die specifische Schwere der folgenden Bände meiner werke vermehren, wie und wann es damit auch werde. Mein Wunsch ist, daß es Ihnen zu guter Stunde in die Hand kommen möge. Aufschlußerwarten Sie nicht; der Welt- und Menschengeschichte gleich, enthüllt das zuletzt aufgelös'te Problem immer wieder ein neues aufzulösendes.

Möge Gegenwärtiges, im besten Sinne, aber hie und da nicht mit wünschenswerther Deutlichkeit Geschriebenes freundlich aufgenommen und seiner Zeit genegt erwidert werden.

unwandelbar angehörig

Weimar den 7. September 1831.

J. W. v. Goethe.[62]


49/49.


An Carl Gottfried Theodor Winkler

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe hiedurch schuldigst zu vermelden daß wir die Vertheilung der eingesendeten Kupfer benutzt haben, um die Beyträge der Actionärs einzusammeln. Es folgen daher 250 rh. durch die fahrende Post, das Übrige hoffen wir nach der zweyten Kupfersendung zu übermachen; unter unsern Actionärs sind Entfernte, Abwesende, auch Zurücktretende, wo es immer Zeit und Mühe kostet, alles Einzelne zusammenzubringen.

Der ich, mich dem verehrten Vereine und Ew. Wohlgeboren zum allerbesten empfehlend, mich unterzeichne.

Weimar den 7. September 1831.


49/50.


An Sulpiz Boisserée

Dießmal hab ich, mein Werthester, die in Weimar sehr gesteigerte Feyer meines Geburtstags für meine Person in die Gebirge des Thüringen Waldes verlegt und, Ihrem lieben Briefe gemäß, Sie in Gedanken zwischen höheren und bedeutenden Felsen aufgesucht. Ihr freundliches Blatt ward mir dahin nachgesendet und nun will ich denn die anfrage, womit es sich schließt, vor allem etwas umständlicher beantworten.

[63] Es ist mir nämlich gelungen, den zweyten Theil des Faust in sich selbst abzuschließen. Ich wußte schon lange her was, ja sogar wie ich's wollte, und trug es, als ein inneres Mährchen, seit so vielen Jahren mit mir herum, führte aber nur die einzelnen Stellen aus, die mich von Zeit zu Zeit näher anmutheten.

Nun sollte und konnte dieser zweyte Theil nicht so fragmentarisch seyn als der erste. Der Verstand hat mehr Rechte daran; wie Sie ja auch schon an dem davon gedruckten Anfang ersehen haben. Nun bedurft es zuletzt einen recht kräftigen Entschluß, das Ganze zusammenzuarbeiten, daß es vor einem gebildeten Geiste bestehen könne. Da steht es nun, wie es auch gerathen sey. Und, wenn es noch Probleme genug enthält, keineswegs jede Aufklärung darbietet, so wird es doch denjenigen erfreuen, der sich auf Miene, Wink und leise Hindeutung versteht. Er wird sogar mehr finden als ich geben konnte.

Und so wird denn das Manuscript endlich eingesiegelt, daß es verborgen bleibe und dereinst, wenn's glückt, die specifische Schwere der folgenden Bände meiner werke vermehren möge. Alles was hiezu gehört wird, sorgfältig redigirt und rein geschrieben, in einem aparten Kistchen verwahrt.

Verzeichen Sie, wenn diese vielen Worte doch am Ende nichts Befriedigendes aussprechen. Möge das Ganze zu guter Stunde künftig zu Gesicht kommen.

[64] Von den übrigen Puncten Ihres lieben Schreibens schweig ich dießmal. Die Metamorphose, mit Übersetzung und Zugaben, hätte sogleich überschicken sollten; wer denkt denn aber, daß es in der unmittelbaren Nähe des Verlegers daran fehlen sollte. In einer gewissen Folgezeit hält man es für zu spät.

Ihr Urtheil über Notre Dame de Paris unterschrieb ich Sylbe für Sylbe. Die Chemiker belehren uns von drey Gährungen oder vielmehr von drey Stationen derselben: Wein, Essig, und Fäulniß; in dieser letzten versiren gegenwärtig behagliche Talente der Franzosen. Wie sie wieder zur natürlichen Beere und kräftiger Mostgährung gelangen sollten, weiß ich nicht. Nur gut, wenn ihre Weine nicht auch unter dieser traurigen ästhetischen Epoche zu leiden anfangen.

Auch habe zu vermelden, daß das Chaos von meinem Geburtstage an sich wieder zu entwickeln anfangen hat; ich habe Sie dringend um einen Beytrag zu bitten. Sollte Ihnen denn bey Ihren gebirgseeischen Wanderungen und Sitten sich nicht irgend etwas auf Menschen und Sitten sich Beziehendes vorgekommen seyn? da Sie so treu zu beobachten und so rein wieder darzustellen wissen.

Schreiben Sie mir nur öfter; durch den Augenblick wird man angeregt zu erwidern; bis man sich zu einer bedeutenden Mittheilung zusammenfaßt, findet sich nicht leicht eine ganz abgesonderte Stunde in[65] dem mannichfaltigen Leben, zu dem wir einmal berufen sind.

Alles Gute den werthen Ihrigen.

und so fort an!

Weimar den 8. September 1831.

Goethe.


49/51.


An Felix Mendelssohn-Bartholdy

[Concept.]

Du hast mir, mein lieber Sohn, durch deinen ersten römischen Brief viel Freude gemacht, daß ich nun auf deinen zweyten von Luzerne mich dankbar zu äußern alle Ursache habe. Ein Zwischenbrief von Mailand, den ich nach Zelterischer Anfrage empfangen haben sollte, ist nicht zu mir gekommen.

Manchmal mach ich mir Vorwürfe, daß ich im Familiengespräch und sonst im Geselligen doctrinär werde über Puncte die mich interessiren, und so mag ich auch in deiner Gegenwart von Witterung und deren Regel- und Unregelmäßigkeiten wohl gesprochen haben. Dieß ist mir aber nun sehr zum Vortheil gediehen, denn sobald du auf diese Phänomene deine Aufmerksamkeit lenktest, mußtest du ihre charakteristischen Eigenheiten ergreifen, und da du in den fall kamst [zu sehen] was ein sonstiger Beobachter nicht sehen wird, so hast du uns eine sehr bedeutende Schilderung jener ungeheuren und gewaltsamen Naturwirkungen aufbewahrt.

[66] Nun gratulire ich auch zu dem friedlichen Aufenthalt in Engelberg, wohin ich nicht gelangt bin. Eine behandelswerthe Orgel in dieser Wüste zu finden, ist denn doch höchst erfreulich, und gleich Sprache zu besitzen, womit man jene fremden und entfremdeten Menschen aufregen und erheben kann, ist keine Kleinigkeit.

Schillers Wilhelm Tell in Luzern ist doch auch eine gar artige Vorkommenheit. Ottilie hat Lust, ihr neuauflebendes Chaos damit zu schmücken, und es wird dir gewiß nicht unangenehm seyn, dein dramatisches Abenteuer in so verworrener Gesellschaft wiederzufinden.

Daß du die erste Walpurgisnacht dir so ernstlich zugeeignet hast, freut mich sehr; da niemand, selbst unser trefflicher Zelter, diesem Gedicht nichts abgewinnen können. Es ist im eigentlichen Sinne hochsymbolisch intentionirt. Denn es muß sich in der Weltgeschichte immerfort wiederholen, daß ein Altes, Gegründetes, Geprüftes, Beruhigendes durch auftauchende Neuerungen gedrängt, geschoben, verrückt und, wo nicht vertilgt, doch in den engsten Raum eingepfercht werde. Die Mittelzeit, wo der Haß noch gegenwirken kann und mag, ist hier prägnant genug dargestellt, und ein freudiger unzerstörbarer Enthusiasmus lodert noch einmal in Glanz und Klarheit hinauf. Diesem allen hast du gewiß Leben und Bedeutung verliehen und so möge es denn auch mir zu freudigem Genuß gedeihen.[67]

Damit aber dieses Blatt nicht länger verweile, will ich schließen und dir in München gute Tage wünschen. Was die Deinigen dir schreiben, weiß ich nicht; ich aber würde dir rathen, einige Zeit noch im Süden zu verweilen. Denn die Furcht vor dem hereindringenden unsichtbaren Ungeheuer macht alle Menschen, wo nicht verrückt, doch verwirrt. Kann man sich nicht ganz isoliren, so ist man diesem Einfluß von Stunde ausgesetzt.

Und somit lebe wohl und treffe wann es auch sey zur guten Stunde ein, sie wird dich willkommen heißen,

Weimar den 9. September 1831.


49/52.


An Carl Friedrich Zelter

Georg Friedrich Schmidt,

geboren Berlin 1712, abgegangen daselbst 1775

Der Künstler, dessen Talent wir zu schätzen unternehmen, ist einer der größten dessen sich die Kupferstechenkunst zu rühmen hat; er wußte die genauste Reinheit und zugleich die Festigkeit des Grabstichels mit einer Bewegung, einer Behandlung zu verbinden, welche sowohl kühn als abwechselnd und manchmal mit Willen unzusammenhängend war, immer aber vom höchsten Geschmack und Wissen.

Von dem regelmäßigen Schnitt, worin er den ernstesten Chalkographen nacheiferte, ging er nach[68] Beliebten zur freyen Behandlung über, indem er sich jenes spielenden Punctirens der geistreichsten Radirkünstler bediente und das Urtheil ungewiß ließ: ob er sich in einer oder der andern Art vorzüglicher bewiesen habe. Doch es ist kein Wunder daß er sich in diesen einander so entgegengesetzten Arten des Stiches vollkommen gleich erwiesen habe, weil ihm die gefühlteste Kenntniß der Zeichnung und des Helldunkels, die feinste Beurtheilung und ein unbegränzter Geist beständig zum Führer dienten.

In der ersten Art zog er vor, Porträte zu behandeln, ob er gleich auch einige geschichtliche Gegenstände gestochen hat und alles was er gestochen vorzüglich ist. Aber jenes Porträt von Latour, welches dieser Mahler von sich selbst gefertigt hatte, ist bewundernswürdig durch die Vorzüge welche in allen übrigen sich finden; mehr aber durch die Seele und die freye Heiterkeit, die in diesem Gesicht so glücklich ausgedruckt sind. Sehr schön ist auch das Bildniß von Mounsey und außerordentlich die der Grafen Rasumowsky und Esterhazy, und die Kaiserin von ußland Elisabeth, gemahlt von Tocqué, wo besonders die Beywerke mit erstaunender Meisterschaft behandelt sind.

Nicht weniger schätzenswerth ist das Porträt von Mignard nach Rigaud; welches ich doch nicht, wie andere wollen, für sein Hauptstück halte.

In der zweyten Art behandelt er eben so gut Porträte als historische Vorstellungen, worunter einige[69] von einiger Erfindungen sind, die ihm zu großem Lobe gereichen.

Er ahmte, doch nicht knechtisch, die weise mahlerische Unordnung Rembrandts und Castiglione's nach und wußte sich sehr oft mit der kalten Nadel der geistreichen und bezaubernden Leichtigkeit des Stefano della Bella anzunähern. Bey ihm ist alles Wissen, alles Feuer und, was viel mehr bedeutend will, alles der Wahrheit Stempel.

Man kann von diesem wundersamen Manne sagen: daß zwey der trefflichsten Stecher in ihm verbunden seyen. Wie er auch irgend die Kunstart eines anderen nachahmt, tritt er immer von seinem außerordentlichen Geiste begleitet als Original wieder hervor.

Hätte er die Geschichte im Großen Sinne wie das Porträt behandelt und hätte ihn die Überfülle seines Geistes nicht manchmal irre geleitet, so konnte er die oberste Stelle in unsrer Kunst erreichen. Ist ihm dieß nicht gelungen, so bleibt er doch, wie gesagt, einer der trefflichsten Meister und der erfahrenste Stecher.

Wer seine schönen Kupferstiche zu Rathe zieht wird von vielen Seiten in seiner Profession gewinnen.


Siehe La Calcografia da Giuseppe Longhi. Milano 1830. Vol. I. pag. 185.

Weimar d. 10. Sept. 1831

J. W. v. Goethe.[70]


49/53.


An Johann Friedrich Rochlitz

Auf Ihr freud- und leidvolles Schreiben, theuerster Freund, will ich, da sich nichts entscheiden läßt, zwischenredend wenigstens einiges vermelden.

Unser werther und thätiger v. Müller ist nach dem Rhein gereis't, und wenn er auch hier wäre, würde er auf Ihr höchst schätzenswerthes Anerbieten nichts erwidern können. Wir erhalten die Briefe von Berlin durchstochen, wie sonst nur von Constantinopel; von Nordosten droht uns ein unsichtbares ungeheures Gespenst, von Südwesten ein halb sichtbares aufgeregter Völkerschaften von welchem Übel sogar in Leipzig die gefährlichen Symptome nicht fehlen. Und so haben wir nur Ihrer edlen Weise zu folgen, still und gefaßt auf unserm Flecke zu seyn und das Unvermeidliche über uns weg und, wenn das Glück gut ist, an uns vorbeygehn zu lassen.

Mehr nicht für heute und nur das Wenige zum, gewissermaßen unnöthigen, Zeugniß: daß wir in wahrer hochachtungsvoller Theilnahme Ihnen unausgesetzt zur Seite sind.

und so fortan!

Time and hour runns through the


roug[h]est day!

Weimar den 11. September 1831.

Goethe.[71]


49/54.


An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwohlgeboren

haben durch Herrn Hofrath Winker schon erfahren, daß wir, dem Wunsch der hochgeachteten Dresdener Freunde zufolge, bey Umhersendung der mitgetheilten Kupferstiche zugleich die Beyträge des laufenden Jahres einzucassiren gesucht haben; wovon 250 Thaler sogleich durch die fahrende Post abgegangen sind; den Rest hoffen wir bald nachzubringen. Daß dieses so leicht nicht sey, werden Sie sich schon aus Erfahrung selbst genugsam überzeugt haben.

Hiebey entschließe ich mich zu bemerken: daß unser Bibliotheksdiener Römhild diese drey Jahre her aus bloßer Achtung gegen den Auftrag seines Vorgesetzten dieses wirklich beschwerliche Geschäft des Umhertragens und Eincassirens besorgt habe, und zwar ohne die mindeste Remuneration von Seiten der Interessanten, welche freylich derjenige nicht zu erwarten hat, welcher denn doch nur zuletzt, um Geld einzucassiren, anlangt.

Der mir untergebenen Casse kann ich nicht zumuthen, ihn deshalb zu entschädigen, denn Ew. Hochwohlgeboren werden selbst ermessen: daß ihre man che Ausgabe durch die Verbindung mit dem Dresdener Verein zugewachsen ist; es sind Kleinigkeiten, die sich am Ende des Jahres doch summiren.

[72] Sie haben, wie aus dem uns mitgetheilten Rechnungsauszug hervorgeht, dem Dresdener Gleichbeschäftigten zugebilligt; ich wünsche, daß Sie mich gegen den hiesigen das Gleiche zu beobachten berechtigen möchten; indem ich es für mich selbst zu thun nicht gern beschließe.

Für die freundliche Aufnahme und meistermäßige Förderniß unserer guten Seidler danke zum allerschönsten. Möge, nebst ihren sonstigen Verdiensten, auch der gute Wille, gutem Rath entgegenzugehen und ihn anzuerkennen, günstige Entschließung hervorrufen.

Erlauben Sie mir zu sagen, daß es politisch seyn wird, unsern Künstlern etwas zu Gute zu thun. Denn, wie Sie aus der Veränderung unserer Actienbesitzer vermuthen werden, schwankt das Zutrauen zu dem erwarteten Zwecke; ergreifen solche Zweifel, wie bey manchem Hin- und Widerreden leicht möglich ist, auch unsre Höchsten Theilnehmer, so periclitirt das ganze Verhältniß.

Mit unserm Preller z.B. haben Sie es nach meiner Ansicht zu hart genommen. Ich will jenen beiden Bildern das Wort nicht reden, weil ich dabey auch manches zu erinnern habe; verzeichen Sie aber, wenn ich auf Ihre Behauptung: es ließe sich aus Kupferstichen die Nachahmung Poussins nachweisen, erwidere: Sie scheinen die egoistische Originalität unserer deutschen Künstler nicht beachtet und nicht beherzigt zu haben, daß der Charakter der Apenninen noch immer[73] derselbige ist, und daß Poussin, insofern er in diesen Gegenden wieder verkehrten, sich selbst wiederholen wüßte. Freylich bey seinem großen Genie immer wieder auf's neue lebendig.

Unser Preller, dem man ein eingeborenen Talent zur Mahlerey nicht abläugnen kann, wenn er auch vielleicht hie und da den Weg verfehlt, hat bey seiner Rückkehr aus Italien Zeichnungen und Skizzen nach der Natur zu Hunderten nach Haus bebracht. Sollt ich ihm Ew. Hochwohlgeboren Urtheil mittheilen, müßt er in Verzweiflung fallen.

Vorstehendes würde ich nicht aussprechen, die Angelegenheit unsrer guten Seidlerin Ihnen nicht nochmals empfehlen, wenn ich nicht zu Ende dieses Jahres diese Hände zu geben mich genöthigt sähe.

Unsre gnädigsten Herrschaften so wie die nächsten höchsten Behörden erlauben mir, mich sachte zurückzuziehen, damit bey meinen hohen Jahren alles was etwa noch von mir abhängt dergestalt eingeleitet sey, daß es seinen ungestörten Gang in Jedem Falle weiter fortschreiten könne.

Lassen Sie gegenwärtiges, wie es mir vorschwebte Niedergeschriebene bey sich und den würdigen Freunden einigermaßen gelten. Das Weitere in der nächsten Folge.

Hochachtungsvoll

Ew. Hochwohlgeb. gehorsamster Diener

Weimar, d. 13. Sept. 1831.

J. W. v. Goethe.[74]


Beyliegendes war ausgefertigt und beynahe gesiegelt, als die gute Seidler voll dank, Hoffnung, Vergnügen und Zuversicht zurückkam. Mein Blatt send ich ab, denn ich weiß es auch jetzt nicht besser, und empfehle mich zum schönsten allen dort vereinten würdigen Männern.

Wie oben Diener

Weimar den 13. September 1831.

G.


49/55.


An Johann Heinrich Meyer

Mögen Sie wohl, mein Theuerster, beyliegenden unterthänigsten Vortrag bey unsrer gnädigsten Fürstin einführen und begünstigen? ich sende ihn deswegen unverschossen.

Soll ich aufrichtig seyn, so wünsche diese für Ihro Hoheit und alle Wohldenkende so erfreulichen Tage für gute Menschen in unserm Kreis, auf welche Weise es auch sey, froh und heiter zu machen.

Morgen gedenkt ich mich, etwa um 10 Uhr, in's Museum zu begeben, die Ausstellung an ihrem Schlusse zu betrachten, besonders aber die Cassler Figur aufzustellen. Ich lade Sie nicht eben ein, denn es wird sich leicht machen lassen.

Die Seidler ist ziemlich getröstet wiedergekommen; wir wollen im Einzelnen das Beste hoffen, im Ganzen bleibt's immer ein Mick-Mack.

Mögen Sie mit mir speisen, so gibt's auf alle Fälle gute Unterhaltung. Börner hat mir ein starkes[75] Portefeuille von Kupferblättern gesendet; leider manche schwache Drücke; aber auch gar Gutes, Beachtens- und Behaltenswerthes. Auch, sonderbar zufällig, ein schönes, obgleich nicht von Longhi citirtes, Porträt nach Rigaud von Schmidt.

Ich schiebe gar manches vor mir her, komme aber doch damit vom Flecke.

und so fort an!

Weimar den 13. September 1831.

J. W. v. Goethe.


49/56.


An Christian Wilhelm Schweitzer

[Concept.]

Ew. Excellenz

zu glücklicher Rückkunft mit den treuster Wünschen und Hoffnung begrüßend, nehme mir die Freyheit, ein Actenstückchen in der mir geneigtest anvertrauten Angelegenheit vorzulegen, aus welchem, besonders aus dem fol. 26. eingehefteten Resumé, der Zustand des fraglichen Münzkabinettes meistens hervorgeht. Doch ist noch einiges das mündlich deutscher und anschaulicher gemacht werden kann. Dürft ich daher hoffen, diese Tage Ew. Excellenz bey mir zu sehen, so würde mir es doppelte Freunde gewähren.

Mich zu wohlwollender Geneigtheit auch fernerhin angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 14. September 1831.[76]


49/57.


An Luise Seidler

Gegen beykommende Quittung, von Ihnen unterschrieben, wird die Summe von 50 rh. bey unserm Cassirer Hoffmann ausgezahlt werden.

Auch wäre Gelegenheit zu ergreifen, Ihro Kaiserlichen Hoheit sich dankbar zu erweisen.

Die mechanische Figur wünsche durch Sie geprüft, besonders auch wie sie stehend zu benutzen ist. Gute Wünsche.

Weimar den 15. September 1831.

G.


49/58.


An Carl Friedrich Bachmann

Ew. Wohlgeboren

sende hiebey die vier von mir vollzogene Diplome zurück, zu weiterer gefälliger Bestimmung. Wir wollen diese Art des Brechens auch künftig beybehalten. Das Einzige, was mir nicht ganz recht ist, bemerke: daß der Seitenbruch zu nahe an die Worte Präsident und Prodirector heranrückt, ich habe deswegen meinen Namen etwas vorwärts unterschrieben, schreiben Sie den Ihrigen etwas hinter den Bruch, so setzt sich auch das in's Gleiche.

Das verziehrte Papier um das Siegel nimmt sich recht gut aus, überhaupt kann man mit dem Ganzen zufrieden seyn.

[77] Zunächst ersuche Ew. Wohlgeboren nachzusehen, ob Herr Cammerherr v. Groß schon ein Diplom hat. Seit einiger Zeit ergibt er sich sehr eifrig unsrer edlen Wissenschaft.

Auch Herr Rentamtmann Mahr in Ilmenau wäre durch ein Diplom an Unserm Wirkungskreis zu attachiren.

Indem ich nun zu einem ernsten gesegneten Anfang Glück wünsche, bleibt meine zuverlässige Hoffnung, eine frische Epoche unsrer so lange wachsenden und soviel begünstigen Gesellschaft wieder eröffnet zu sehen.

Hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 16. September 1831.

J. W. v. Goethe.


49/59.


An Carl Friedrich Zelter

[17. September 1831.]

Die Tage und Stunden bisher waren sehr lebhaft angesprochen. Dem älteren Manne drängt sich immer Bedeutendes zu, daß man das Vorzügliche selbst für trivial achten muß. Deine schöne Sendung Schmidtischer Arbeiten konnte ich nicht energischer erwidern als durch das entscheidende Capitel, das du deinem Stammbaum einverleiben magst.

Die Hansnarren des Tages wollen den Adel aufgehoben sehen, als wenn es möglich wäre daß ein[78] tüchtiger Mann von tüchtigen Vorfahren etwas verlieren könnte. Nehmen sie doch dir und deinen Nachkommen den Großonkel weg! Sie sollten täglich und stündlich auf den Knieen Gott bitten: daß man das Altgeprüfte legitim nennen möge und daß von Zeit zu Zeit eine Creatur geboren würde, mit deren Namen Jahrhunderte könnten durchgestempelt werden.

Ich erinnerte mich an einem stillen Abend, Cicero habe ein kleines Werklein hinterlassende Senectute. Das wollt ich mir zum erstenmal zu Gemüthe nehmen und fand allerliebst.

Es ist, wie jene meist alles discursiv durchführen, als wenn das, was sich ohnehin versteht, nur so hingesprochen würde. Er läßt den alten Cato reden, und dieser spricht, wenn man es genau nehmen will, nur historisch aus, was für treffliche Menschen alt geworden sind und wie ihnen das zu Gute gedieh.

So dann kommt auch beyspielweise zur Sprache: wie unvernünftig es sey, ein jedes, auch das Nächstvergangene, wieder zurückrufen zu wollen. Manches Andere was mich nicht berührt laß ich gesagt seyn, nur muß ich erwähnen wie er dem Alter hoch anrechnet: die Würde, die Achtung, die Verehrung, die man ihm nach anständig vollbrachten Lebenszeit erweis't. Das klingt nun freylich aus dem Munde eines tüchtigen Römers, der im Sinn und Ton ganz herrlich von seinen Vorvordern spricht, daß man nicht viel taugen müßte, um nicht davon ergriffen zu werden.

[79] So sieht es bey mir in einsamen, und doch gedrängten Stunden aus. Unterlasse ja nicht, mich von dem was dich umgibt, dir begegnet, nach deiner treuen Weise in Kenntniß zu setzen.

Den allerliebsten Brief von Felix entschließe ich mich, durch's Chaos schicklichst an's Licht zu tragen.

Dein Empfohlner soll freundlich ausgekommen werden. Ottilie weiß wie es einzurichten ausgenommen werden. Ottilie weiß wie es einzurichten ist, daß ein Fremdes, mich im Augenblick nicht Interessirendes zur guten Stunde hereintrete. Bey dieser Gelegen heit will ich nicht verfehlen zu sagen: daß sie und die Kinder sich allerliebst benehmen, wovon viel zu melden wäre, aber nichts zu melden ist, weil das Zarte sich nicht in Worten ausspricht.

Ich selbst habe mich wieder mit dem vierundzwanzigjährigen Manuscripte, von dem du einige Bogen gesehen hast, befreundet; möge es dir dereinst zur heiteren, auch im hohen Alten noch bildsamen Stunde gereichen. Hierinne bekräftigt mich das mir eben wieder erneuerte Wort des Alten: »Ich lerne immer fort, nur daran merke ich daß ich älter werde.«

Friede mit Gott! und ein Wohlgefallen an wohlwollenden Menschen.

Also sey es! und bleibe!

G.[80]


49/60.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Auf Ihr so werthes, treu-bedeutendes Schreiben alsobald einiges zu erwidern, fange ich, verehrter Freund, folgendermaßen an.

Auf dem freyen Platze meinem Hause gegenüber steht ein großes anständiges Wasserbecken, welches von einer stark fließenden Röhre hinreichend genährt wird. Dahin kommen, besonders Morgens und Abends, Frauen, Töchter, Mägde, Gesellen, Kinder, das nothwendige Ingredienz ihres Daseyns abzuholen.

Hier ist das Geschäft einfach und doch mannichfaltig: aus dem Becken wird geschöpft, in Butter genossen, zum Reinigkeitsgebrauche auf dem Rücken fortgetragen. Zum Trinken werden Krüge unter die Röhre gestellt, zu Koch- und feinerem Bedürfniß Eimer untergeschoben. Dabey ist nun die Haltung der Handelnden und Abwartenden nie dieselbe; die Mannigfaltigkeit der Gebärden ist unendlich, die Stellung derjenigen sowohl, die im Besitz des Empfangs ist, als der andern, die auf den Augenblick paßt, bis die Reihe an sie kommen soll, zeigt keine Spur von Ungeduld, alles geht im Tact, und doch ist ein seiner Unterschied zwischen einer und der andern zu bemerken. Salat an Ort und Stelle zu waschen, ist jetzt streng polizeylich verboten. Schade! das gab recht artige häusliche Stellung, und doch bleibt noch genug übrig, von[81] der früh Ankommenden, Einsamen bis zum Gedränge der höhern Tagesstunden, bis zuletzt die ganze Anstalt wieder verlassen dasteht, und doch endlich noch ein Knabe auf den Rand des Beckens bis zu dem Pfeiler hinaufsteigt, um sich, über die Röhre gedrückt, unmittelbar aus derselben zu erquicken.

Hier wäre nun Gelegenheit, wo der bildende Künstler beweisen könnte, was er zu sehen, zu lassen, zu wählen und nachzubilden im Stande sey. Eine nothwendige unerläßliche Handlung der Menschheit in allen ihren Momenten zu studiren, wo jeder bedeutend ist, aber auch manchmal ganz pertinent, schön, grazios und vom besten Sinn und Styl seyn kann. Und so hätten wir einen Fall für tausend, woraus evident ist, daß ohne unmittelbare Vereinigung von Object und Subject kein lebendiges Kunstwerk zu Stande kommen kann.

Ich danke der kritischen und idealistischen Philosophie, daß sie mich auf mich selbst aufmerksam gemacht hat, das ist ein ungeheuer Gewinn; sie kommt aber nie zum Object, dieses müssen wir so gut wie der gemeine Menschenverstand zugeben, um am unwandelbaren Verhältniß zu ihm die Freude des Lebens zu genießen.

Vorstehendes eiligst Verfaßte möge den verehrten Freund bey glücklicher Ankunft in Bonn begrüßen und ihn veranlassen, von Zeit zu Zeit von seinem theuren Befinden und seinen würdigen Gedanken Meldung[82] zu thun. Denn selbst auf jenen ersten Brief, der mich zu dem Gegenwärtigen veranlaßte, habe noch manches zu erwidern und würde sehr erfreut seyn, verschiedenes mir am Herzen Liegende im Vertrauen mittheilen zu können, da man mit der Menge und Masse des Tags sich nicht gern weiter befassen möchte.

Und somit Glück zum Eintritt! in Hoffnung freudiger Folge, stetiger Behandlung und Mittheilung längst begonnener würdiger, wichtiger Unternehmungen, und also für das Nächste und Künftige das Beste.

treu angehörig

J. W. v. Goethe.

Weimar den 18. September 1831.


49/61.


An Carl Nehrlich

Daß ein wohlgepacktes Portefeuille, enthaltend Zeichnungen von Gustav Nehrlich nach Goethe's Faust, glücklich angekommen und den Weimarischen Kunstfreunden Gelegenheit gegeben hat, an dem vorzüglichen Talent eines geistreichen jungen Künstlers sich zu ergötzen, wird dessen Herrn Vater hiedurch angezeigt, vorbehältlich des Weiteren.

Glückwünschend

ergebnst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 19. September 1831.[83]


49/62.


An Johann Christian Mahr

Den vielfachen Dank, den ich Ew. Wohlgeboren bey meinem Aufenthalt in Ilmenau schuldig geworden, habe nach meiner Rückkunft zu verdoppelt alle Ursache gefunden, indem ich die bedeutende Sendung betrachte, die sie für mich haben zusammenstellen und durch Beschreibung sowohl als Zeichnung auf das beste erläutern wollen. Diese neusten Exemplare stellen sich dem vorigen merkwürdigen Stück instructiv zur Seite, und obgleich das ganze Vorkommen noch problematisch bleiben möchte, so steht doch die Gruppe für sich gewissermaßen geschlossen da, und wir haben zu erwarten ob sich von einer oder der andern Seite etwas Ähnliches, Verwandtes entdecken lasse, das uns weiter zu denken und zu schließen auffordert.

Nach dem eigenen Interesse, das Sie diesen Studien widmen, werden Sie bey nothwendigen und vergnüglichen Wanderungen in diesen Gebirgen gewiß auf alle correspondirende Puncte gar gerne Acht haben und werden mich zugleich wahrhaft verbinden, da dieses treffliche Grundfach mich eigentlich mehr als andere ununterbrochen beschäftigt hat.

Zu dem Betrag der kleinen Rechnung füge noch ein Weniges bey; sollte dieß nicht hinreichen, ein Musterstück jenes zurückgebliebenen Abdrucks im Kohlenwerke loszulösen, so werde dankbar das Weitere erstatten.

[84] Indem ich mich nun zum schönsten und besten hiemit empfehle, ersuche Ew. Wohlgeboren, bey allenfallsigem Hierseyn mich und die Meinigen nicht vorbeyzugehen, worauf sich auch meine muntern Enkel freuen, um ihren Dank für soviel Nachricht und Neigung auf das heiterste auszudrücken. Wie ich denn Gelegenheit wünsche, auf irgend eine Weise gefällig zu seyn.

Hochachtungsvoll

ergebenst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 19. September 1831.


49/63.


An Adele Schopenhauer

Ich will nicht länger anstehen zu vermelden daß die franzäsische Übersetzung des bedeutenden Werks über den Schatz der drey Könige glücklich angekommen, zugleich mit den eingelegten Abdrücken einiger Kupferstiche von Lucas von Leyden.

Wie ich nun für Mittheilung des Ersteren den schönsten Dank sage, so werde ich wohl bey Rücksendung desselben auch genannte Kupfer mit einschließen. Ich würde es nicht thun und vielleicht etwas Angenehmes dagegen besondern Werth darauf zu legen scheint, so möchte bey dem besten Willen meine Gegengabe zu kurz fallen. Denn für einen eigentlichen Liebhaber sind diese Blätter von wenigem Werth, schwache Abdrücke[85] und nicht einmal gut gehalten; man hätte keine Ehre davon bey'm Vorzeigen an Kenner, wenn man sich auch selbst wohl damit begnügen wollte.

Verzeichen Sie diese aufrichtige Erklärung, warum soll man in solchen Fällen nicht sagen wie die Sache beschaffen ist? Erzählen Sie mir viel von sich und der Frau Mutter, hiezu will ich Sie aufmuntern, indem ich von mir vermelde: daß ich sechs Tage auswärts war, in Ilmenau, bey einem außerordentlich schönen, dieses Jahr seltener Wetter. Dort befuhr ich auf neuerrichteten Chausseen die sonst kaum gehbaren Wege, freute mich an den Lindenalleen, bey deren Pflanzungen ich vor 50 Jahren zugegen war. Gute damalige Zeitgenossen hatten gealtert, die Spuren mancher Thätigkeit waren verschwunden, anders, weder zu Erwartendes noch zu Ahnendes, hatte sich entfaltet.

Genug! das alles war durch einen leidlichen Weltlauf von gescheiten und klugen Menschen recht hübsch geordnet in's Leben geführt und wohlerhalten. Besonders erfreuen die hundertjährigen Fichtenwände, schwarzgrün und düster, von der heitersten Mittagssonne kaum Notiz nehmen. In einiger Entfernung junge, von allen Jahren heranwachsende Reviere, welche ihr helles Gelbgrün auch bey trübem Himmel unserm Augen entgegenzuschicken nicht versagen.

Hab ich Sie nun einen Augenblick in das mittelländischste Mittland gerufen, so besuche ich Sie nunmehr in Gedanken am hellen Rhein, wo Sie gewiß mit[86] einigem Zwiespalt in sich selbst sind: ob es wohl räthlich sey gegen Nordosten zu ziehen? wo die asiatische Hyäne uns täglich näher die gräßlichen Zähne weis't.

Hier kann niemand dem andern rathen; beschließe was zuthun ist jeder sich. Im Islam leben wir alle, unter welcher Form wir uns auch Muth machen.

Mir geht es ganz gut; Ottilie und die Kinder sind allerliebst und die vielem Fremden, die bey mir vorbeygehen, machen mir den umgekehrten optischen Betrug, als wenn ich mich selbst vom Platz bewegte.

Gar vieles wäre zu sagen; doch sey es für dießmal genug hinzuzufügen: daß ein höchst vorzüglicher Mann, einer meiner geprüftesten Freunde und Mitarbeiter, der Geh. Ober-Regierung-Rath Schultz sich von Wetzlar nach Bonn versetzt. Möge das ewige Gesetz der sittlichen Wahlverwandtschaft auch Sie mit dieser werthen Familie zusammenbringen

und so fortan!

treulichst

Weimar den 19. September 1831.

Goethe.


49/64.


An Johann Jacob und Marianne von Willemer

Weimar muß sich dießmal in Person aufmachen, um die theuren Freunde zu begrüßen, und wegen[87] langen Stillschweigens um Verzeichnung bitten; diese kann einem alten Oheim, wofür ich denn eigentlich erklärt bin, von den lieben Mühlbewohnern und den theuren Angehörigen gar wohl gegönnt seyn.

Die Feyer meines Geburtsfestes war dießmal zu meiner Beschämung brillant. Ich, der ich es voraussah, entzog mich in ein heiteres Bergstädtchen am Thüringen Walde, wo ich vor vierzig – funfzig Jahren manches Erfreuliche und Leidige, soviel Glückliches als Widerwärtiges erlebt hatte, welches nur durch eine gränzenlose Thätigkeit allenfalls in's Gleiche zu bringen war und wo doch gar vieles geschah, dessen Wirkungen noch sachte umherschleichen.

Bey einem außerordentlich schönen, dieses Jahr seltenen Wetter befuhr ich auf neuerrichteten Chausseen die sonst kaum gehbaren Wege, freute mich an den Lindenalleen, bey deren Pflanzungen war. Gute damalige Zeitgenossen hatten gealtert, die Spuren mancher Thätigkeit waren verschwunden, anders, weder zu Erwartendes noch zu Ahnendes, hatte sich entfaltet. Genug! das alles war durch einen leidlichen Weltlauf von gescheiten und klugen Menschen recht hübsch geordnet in's Leben geführt und wohlerhalten. Besonders erfreuen die hundertjährigen Fichtenwände, schwarzgrün und düster, von der heitersten Mittagssonne kaum Notiz nehmend. In einiger Entfernung junge, von allen Jahren heranwachsende Reviere, welche ihr helles Gelbgrün, auch[88] bey trüben Himmel unsern Augen entgegenzuschicken nicht versagen.

Diese Einblicke, das Vergangene an's Gegenwärtige knüpfend, wurden erhöht und belebt und die Landschaft vorzüglich staffirt dadurch, daß ich meine Enkel mitgenommen hatte. Diese lieben Wesen und Neulinge drangen ohne poetisches Vehikel in die ersten unmittelbarsten Zustände der Natur. Sie sahen die Kohlenbrenner an Ort und Stelle, Leute, die das Ganze Jahr weder Brot noch Butter noch Bier zu sehen kriegen und nur von Erdäpfel und Ziegenmilch leben. Andere, wie Holzhauer, Glasbläser, sind in ähnlichem Falle, aber alle heiterer als unser einer, der gewöhnlich das Heute verliehrt, weil ein Gestern war und ein Morgen seyn wird.

Da indeß die Frankfurter verbundener Freunde einen Reichthum von Flaschen, der in einem Jahre nicht auszuschlürfen ist, gesendet haben, andere gute Seelen aber einen Becher hinzufügten, das edelste Gestein überbietend, so könnten wir hoffen durch Erhöhung unserer innern Kraft manches Übel zu neutralisiren das uns bedrohen möchte.

Respeckt vor dem Unerforschlichen,

Freude mit Wohlwollenden

angeeignet

Weimar den 22. September 1831.

Der Ihrige![89]


49/65.


An Friedrich Jacob Soret

Beykommendes Blättchen und die darauf verzeichnete Antwort ist wohl gegenwärtig unnütz, da das erste Heft in Hofrath Meyers Händen und also die Sache vollkommen aufgeklärt ist.

Doch will ich noch eine Bitte hinzufügen. In einer so großen Orangerie, wie die belvederische, kommt wohl auch im Lauf der Jahre der Fall vor, daß irgend ein Baum abstirbt dessen Stamm zu Drechslerarbeiten gewöhnlich verbraucht wird.

Es wäre mir höchst interessant, von einem solchen etwa die Länge einer Elle zu überkommen, welches ich dankbarlichst anerkennen würde. Sie haben ja wohl die Güte, sich darnach zu erkundigen, Sie erzeigen mir dadurch eine wahre Freundschaft.

treu ergeben

J. W. v. Goethe.

Weimar den 23. September 1831.


49/66.


An Carl Wilhelm Lieber

Herr Lieber wird hiedurch höflichst ersucht, die beiden reinen Seiten beykommender Holzplättchen mit einem klaren Firniß zu überziehen und mir alsdann solche wieder zuzustellen.

Weimar den 23. September 1831.

Goethe.[90]


49/67.


An Johann Friedrich Cotta

Indem ich die Epoche meines zu Weimar dieses Jahr auf eine so heitere als für mich ehrenvolle Weise gefeyerten Geburtstags in der Bergstadt Ilmenau am Thüringen Walde zubrachte und mich vergangener Zeiten dortiger Thätigkeit im Stillen erinnerte, konnte mir nichts erquicklicher seyn als auch dort von solcher weit in der Ferne gewonnenen Freunden die Versicherung zu erhalten, daß sie gleichfalls in diesen Tagen meiner treulichst eingedenk seyen.

Die verehrten Gatten sind überzeugt, daß ich ihre freundliche Zuschrift nach dem ganzen Werthe derselben zu schätzen weiß und auf's höchste erfreulich seyn muß, ein so vieljähriger-fruchtbares Verhältniß in seiner Blüthe und anreisen Früchten zu erkennen, wogegen manche andere, kräftig neben mir sonst Lebende und Strebende sich schon früher ein beschränkendes Ziel gestellt sehen mußten. Wenn nun bisher Ihre Geneigtheit unveränderlichst ist, so darf ich auch für die Zukunft hoffen, mit den Meinigen zum besten empfohlen zu seyn. Da es denn keiner Versicherung bedarf, daß bleibt und es mir das größte Vergnügen macht, mich aufrichtig unterzeichnen zu können

des verehrten Paares

angeeigneter Freund und Diener

Weimar d. 24. Sept. 1831.

J. W. v. Goethe.[91]


49/68.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

stimmen gewiß mit mir überein: daß wir nothwendig das Bildniß unsres verehrten Gastes uns zu erhalten und in Gesellschaft so mancher guten und vorzüglichen Menschen aufzubewahren haben.

Möchten Sie es daher gefällig einleiten, daß Schmeller morgen früh, zu jeder zu bestimmenden Stunde, Sr. Excellenz aufwarten und um eine günstige Sitzung bitten dürfte?

Mich angelegentlichst empfehlend.

Verpflichtet

J. W. v. Goethe.

Weimar den 24. September 1831.


49/69.


An Johann Heinrich Meyer

Auf das gestern erhaltene Schreiben beeile mich, theuerster Freund, zu erwidern: Daß die Oberaufsichtliche Casse nicht im Falle sey, die von dem Kupferstecher Schwerdgeburth gewünschten 400 rh. vorzustrecken, ergibt sich aus den bekannten Umständen.

Außer den unausweichlichen älteren bestimmten Ausgaben finden sich noch neuere und neuste zu bestreiten. Ich nenne die hauptsächlichsten als 1) die[92] Wiederbelebung und zweckmäßige Anordnung der Mineralogischen Gesellschaft; 2) die Übernahme, Anordnung und Custodie der v. Voigtischen antiken Münzsammlung; 3) die Versorgung der oberen Terrassen des botanischen Gartens mit Wasser, welche längst gewünscht und projectirt ist, jetzt aber erst möglich wird, da der Stadtrath seine Hauptröhrenfahrt höher legt, an welche sich anzuschließen man nicht säumen darf; der unerwarteten Kleinigkeiten nicht zu erwähnen.

Wollte man in der Folge Schwertgeburten etwas zuwenden, so müßte man es vorsichtig thun und ich würde vorschlagen: ihm ein paar junge Leute contractmäßig in die Lehre zu geben, mit genauer Bestimmung des geforderten Unterrichts, welches wir jetzt auszuführen um so mehr in dem Falle sind, als wir durch Longhi's Chalkographie mit der Technik dieser Kunst näherbekannt geworden. Doch dieß könnte nicht im Augenblicke geschehen, da man erst zu bemerken hat, wie es mit den schon zugedachten Beyhülfen bis zu Ende des Rechnungsjahres stehe.

Ihro Kaiserlich Hoheit mich zu Gnaden und Nachricht auch fernerhin angelegentlichst empfehlend.

Eiligst wie treulichst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 24. September 1831.[93]


49/70.


An Sulpiz Boisserée

Ihr lieber Brief kommt mir in dem Augenblick zu, als ich ein Paquetchen zusammen mache an Sie zu senden. Den guten Gedanken hätt ich vor soviel Wochen haben sollen und doch kommt vielleicht das Büchlein jetzt gelegener als damals. – So lernt man sich über Versäumniß trösten, manchmal spricht der Erfolg zu. Auf Eycks drey Könige freue ich mich, sie werden sich gewiß neben dem Hinscheiden Maria's, welches uns immer noch als ein unbegreifliches Kunstwerk erscheint, mit Ehren sehen lassen.

Die Zahlung folgt gleich nach der Ankunft; sie geschieht aus meiner Casse, auf welche manche Obliegenheiten seit dem Tode unsres alten Herrn übergegangen sind.

Ihre wenigen Reisezeilen möchte ich sogleich in's Chaos geben. Dagegen folgen aber auch die bisher Ausgefertigten Blätter. Ich begünstige das wunderliche Unternehmen, da es die Societät geistreich anregt und Unterhält.

Warten Sie aber ja nicht, mein Theuerster, auf irgend einen Augenblick von Aisance und Zufriedenheit, um jene liebenswürdigen Reisebilder zurückzurufen und sie niederzuzeichen. Hier muß der kategorische Imperativ eintreten, um sowohl Gleichgültigkeit als Widerwillen zu überwinden.

[94] Ihnen darf ich es bekennen: in widerwärtigen Situation, anstatt mich abzumüden, nahm ich den Abschluß des Dr. Faustus vor. Ich durfte nicht hinter mir selbst beiden und mußte also über mich selbst hinausgehen und mich in einen Zustand versetzen und erhalten, wo der Tag mit seinen Seiten mir ganz niederträchtig erschien. Nun darf ich sagen daß mir das Gewonnene Lust und Freude macht, ein Nächstens ebenmäßig anzugreifen.

So bin ich denn an den vierten Band meiner biographischen Versuche gelangt. Das was seit vielen Jahren vorlag, verdiente wohl gestaltet zu werden. Und so fahr ich auch hier fort bey niederem und hohem Barometerstand der Lebensatmosphäre. Folgen Sie dem guten Beyspiel und lassen Sie es uns genießen.

Dabey glauben Sie ja, daß, indem ich Ihre Kunstblätter wiederholt betrachte, ich im Tiefsten fühle was es heißen wollte, diese werke zu Stande zu bringen. Brauch ich doch bey meinen Hervorbringenden keine fremde Technik! und Sie suchen und bilden zu den Ihrigen das vollkommenste, mit der Kunst unmittelbar verbundene Handwerk hervor. Lassen Sie mich dieses kaum Auszusprechende hier mit Zutrauen wenigstens andeuten.

Die von dem zu früh verstorbenen Longhi ausgefertigte Chalkographie ich Ihnen, bey Ihrer Nähe von Italien, wohl schon zugekommen. Mir nimmt[95] dieß Werk den Dilettanten-Schleyer auf einmal von den Augen weg und ich begreife deutlich, daß ich einen Kupferstich niemals eigentlich eingesehen habe. Nun finde ich erst, was für kostbare, von dem trefflichen Mann so hochgeschätzte Werke ich selbst besitze, muß aber doch erst suchen, meinen vorigen Zustand mir dem gegenwärtigen in Harmonie zu bringen. Sonst erfreut ich mich am einem Geglückten Ganzen, jetzt erfahr ich von nothwendigen Strichen und Puncten wodurch es hervorgebracht wird. Wenn ich nicht zu alt bin, um beides zu ergründen und zu genießen, so steht mir auch noch in diesen Regionen eine anmuthige Epoche bevor. Ist es doch hier wie in einem jeden Fache, wo man, nach dem Vergnügen an dem Hervorgebrachten, doch auch gern wissen möchte wie es möglich geworden.

Alles andere Gute was Sie mir zubereiten erwarte mit heiter-thätigen Sinne. Die Gabe des Herrn Kleinschrod könnte mir durch die fahrende Post zusendet werden. Einen höchst vorzüglichen Mann an Herrn Geh. Rath v. Walther habe kennen lernen. Ich kann nicht sagen, welch einen gründlich angenehmen Eindruck mir seine Gegenwart zurückgelassen hat.

So eben wie ich schließe kommen Ihre beiden Sendungen, die Zahlung wird sogleich angeordnet und das kleine Paquetchen an Sie geht ab.

und so fortan!

J. W. v. Goethe.

Weimar den 27. September 1831.[96]


Ein besonderes Blättchen muß ich beylegen, um nicht allzu übereilt auszusprechen, wie es mich glücklich gemacht hat, Ihro Majestät der Königin bey mir aufzuwarten. Es ist mir dadurch eine wahre Wohlthat geworden daß ich eine so würdige, schöne, anmuthige Dame mir nun auch in dem weiten, großen, herrlichen München und Ihro Majestät dem Könige zur Seite denken kann. Möge mir beiderseitige Huld und Gnade immerfort erhalten bleiben.

treu angehörig

Weimar den 27. September 1831.

J. W. v. G.


49/71.


An Siegmund August Wolfgang Herder

Darf ich es bekennen, so hab ich an Ihrem baldigen Hierherkommen, theuerster Herr und Freund, immer gezweifelt. Die höchste Wichtigkeit Ihres Geschäftes, das bey der größten Consequenz immer mehr zufälligen Schädlichkeiten als Nützlichkeiten unterworfen ist, der große Umfang, den Sie zu überschauen genöthigt sind, erzeugen Verpflichtungen, welche die Aufmerksamkeit der Tage, ja der Stunden erfordern.

Die neue Antonshütte muß ein wohlüberdachtes zweckmäßiges Unternehmen seyn. Es ist Ihnen vielleicht nicht bequem, mich etwas näher damit bekannt zu machen, als ich aus den mitgetheilten Papieren entnehmen kann. Wenn ich nun aber bey dem allgemeinen[97] »Glück auf!« zu vollkommenem Musen freundlich begrüße, so wird es Ihnen nicht unangenehm seyn. Fürwahr: jene Lieder, von einem reinen Enthusiasmus beseelt, sind, mit heitrem Sinn und Geschmack vorgetragen, geeignet nicht allein die Gebildeten zu ergötzen, sondern auch tüchtige natürliche Menschen zu einem Gefühl höherer Bildung heranzulocken.

Auch die beiden gesendeten Mineralien waren mir sehr willkommen. Von dem altenbergischen Beryll hab ich schöne Stücke, aber bey dem gegenwärtigen zeigt sich eine Spur von Salbändern, die ich früher nicht bemerkt hatte, wodurch auf sein Vorkommen als Gangart hingedeutet wird. Das schillernde Stück Wismuth-Kobalt ist mir nicht weniger werth, theils weil es den Einfluß des Arseniks auf eine sehr zarte Crystallbildung bemerklich macht, theils weil ich auf die verschiedenen Spiegelungen jetzt doppelt aufmerksam bin, wodurch die Ursache alles Schillers zu Tage kommt. Diese Betrachtungen locken mich zu weit, daß ich eilig abbrechen muß. Wenn man mit diesen Phänomenen recht ausführlich bekannt ist, so findet man sich auf einmal von der prätendirten Polarisation des Lichts und allen ihren Quängeleyen völlig befreyt.

Nun aber lassen Sie mich schließen, damit dieses lang verzögerte Blatt endlich abgehe.

Herrn Geheimen Rath v. Reitzeinstein, welcher Ihre angenehme Sendung bey mir abgehen lassen, habe leider[98] nicht gesehen, da ihm die vielerley Verpflichtungen des Hofes nicht gestattet, seinen Besuch zu wiederholen.

Nun aber darf ich versichern, daß ich die kunstreiche und würdige Darstellung meines alten geprüften Freundes auf der ihm gewidmeten einige Hoffnung gibt, Sie hier zu sehen, so wünsche nur, daß mein zwar leidliches, aber doch manchmal schwankendes Befinden mir den völligen Genuß Ihrer werthen Gegenwart begünstigen möge.

Hochachtungsvoll

unwandelbar

J. W. v. Goethe.

Weimar den 30. September 1831.


49/72.


An Friedrich Jacob Soret

Beykommendes Kästchen meldet die Ankunft der langerwarteten, aber auch desto vorzüglicher gerathenen Medaille. Die dafür schuldigen 146 Thlr. 11 gr. liegen parat; haben Sie die Güte mir anzuzeigen, wohin ich sie zahlen soll.

Nur soviel für dießmal, damit Sie eiligst Nachricht und Beweis erhalten.

Von Haus aus

treulichst

Weimar den 3. October 1831.

J. W. v. Goethe.[99]


49/73.


An Carl Friedrich Zelter

Hagedorns Gedichte 2. Bd. p. 214.

»Ein Künstler, welcher sich des Griffels Ruhm erworben,

Der einen Ridinger, und Schmidt, und Preißler ziert.«


Hier also auch ein poetisches Zeugniß in deinen Stammbaum, welches um so nöthiger ist, als die Welt doch von jeher die Anmaßung der Poeten begünstigt hat: als seyen sie die einzigen wahren Gewalthaber und Ausspender des Ruhms.

Der übersendete Abdruck von Schmidts russischer Kaiserin ist von viel Bedeutung. Ich lasse sie auf Leinwand aufziehen, wodurch sie möglichst hergestellt wird, und ich freue mich darauf, sie alsdenn mit Meyern recht genau zu betrachten. Doch zeigte mir dieß Werk bey'm ersten Anblick recht deutlich warum ich diesem trefflichen Mann niemals habe etwas abgewinnen können. Er war zu der unseligen Zeit geboren wo alle Umgebungen der Menschen, Kleider und Mobilien sich in's Abgeschwackte verloren hatten; die widerwärtigsten Anhäufungen von Prachtschnörkeln waren mir, der ich gerade bey der Rückkehr der Ein falt mich zu bilden anfing, höchst zuwider und ich glaube mich noch zu erinnern, daß ich gerade diese Kaiserin mit Abscheu von mir wies.

[100] Sieht man in jene Epoche zurück, so findet sich: daß er fast mit keinem eigentlich würdigen Künstler zu gleicher Zeit lebte und sich also mit dem Falscher associiren mußte. Sein Ergreifen von Rembrandts Verdiensten zeigt seinen großen tüchtigen Sinn; es ist aber sehr glücklich daß gerade, da Longhi auf das Technische aufmerksam macht, du mir mit so vorzüglichen Beyspielen zu Hülfe kommst.

Auch ist es für ein günstiges Geschick zu achten daß eben jetzt unter den Kupferstichen, die mir von Zeit zu Zeit von Leipzig zur Auswahl gesendet werden, gar wohl erhaltene Arbeiten von ihm sich finden.

Bey allen diesen Ereignissen kann ich mein Glück nicht genug schätzen daß ich so früh in das Interesse der bildenden Kunst daß ich so früh in das Interesse der bildenden Kunst herangetrieben worden. Da ich nun kein Talent zur Ausübung belaß, mußte ich mich mehr im Erkenntniß bemühen und davon hab ich mir erworben gerade soviel als ich vor's Haus brauche, d.h. daß mein Enthusiasmus für irgend ein Werk verständig seyn und dauernd werden konnte.

Da ich nun durch obgemeldete Sendungen gar oft vorzügliche Künstler kennen deren Namen ich nie gehört, so macht dieses die Welt so reich, weil ihr Talent vollkommen gegenwärtig ist. Mit der Poesie ist es ein ganz Anders, da muß ich gar zuviel hinzuthun und weiß nicht recht ob ich wohl thue, das eine aufzunehmen und das andere abzulehnen. Die[101] Musik, in der du lebst und webst, verschwindet mir, fast ganz aus den ungeübten Sinnen.

Von den modernsten deutschen Dichter kommt mir Wunderliches zu: Gedichte von Gustav Pfizer wurden mir diese Tage zugeschickt, ich las hie und da in dem halbaufgeschnittenen Bändchen. Der Dichter scheint mir ein wirkliches Talent zu haben und auch ein guter Mensch zu seyn. Aber es ward mir im Lesen gleich so armselig zu Muth und ich legte das Büchlein eilig weg, da man sich bey'm Eindringen der Cholera vor allen deprimirenden Unpotenzen strengstens hüten soll. Das Werklein ist an Uhland dedicirt und das der Region worin dieser waltet möchte wohl nichts aufregendes, Tüchtiges, das Menschengeschick Bezwingendes hervorgehen. So will ich auch diese Production nicht schelten, aber nicht wieder hineinsehen. Wundersam ist es wie sich die Herrlein einen gewissen sittigen-religios-poetischen Bettlermantel so geschickt umzuschlagen wissen, daß, wenn auch der Ellenbogen herausguckt, man diesen Mangel für eine poetische Intention halten muß. Ich leg es bey der nächsten Sendung bey, damit es nur aus dem Hause schaffe.

Soviel für heute! die Fortsetzung ist schon im Reinen.

W. d. 4. Octbr. 1831.

G.[102]


49/74.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Auf einen Brief von Ihnen, mein Bester, hab ich freylich gehofft, wenn er mir auch nur Unwillkommenes meldete, indem ich seinen Inhalt schon wissen oder vermuthen konnte. Sie sind von meinem Antheil gewiß überzeugt, ich fühle ganz die peinlichste aller Lagen mit, in die Sie durch die seltsamste Complication von Umständen versetzt worden. Auch wüßt ich für den Augenblick nichts Aufrichtendes zu sagen als daß die Zeit vorübergeht und Sie sich bald wieder in dem Ihrigen finden werden. Die guten Kinder freuen sich auf Bruno's Rückkehr und sprechen es aus in beyliegendem Blättchen.

Daß Sie selbst nach Eckartsberga gingen, war nothwendig und gewiß eine Milderung für die allseitigen Zustände. Dadurch wird auch eine mögliche Wiederherstellung für die Folge vorbereitet, auf die wir hoffen und dahin wir wirken müssen.

Lassen Sie Bruno ein paar Worte an die Kinder schreiben, das junge Volk erheitert sich am besten unter einander. Grüßen Sie die liebe Frau zum schönsten. Ich wünsche, die Pracht des rothen Tellers, die allgemein bewundert wird, hätte auf etwas Freundlicheres hingedeutet.

Mehr nicht für dießmal, vielleicht hör ich von und vor Ihrer Wiederkunst noch ein Wort.

[103] In Hoffnung guter, fröhlicher Tage, die auch wohl wiederkommen.

treulichst

Weimar den 4. October 1831.

J. W. v. Goethe.


49/75.


An Carl Jacob von Otto

Ew. Hochwohlgeboren

werden mich doppelt verpflichten, wenn Sie beyliegende Rechnung nebst dem unterthänigsten Vortrag Ihro Kaiserlichen Hoheit zu schicklicher Stunde gefällig darbringend wollten.

Auf gleiche Weise ist auch das verflossene halbe Jahr der neuen Rechnung behandelt worden und, ich darf hoffen, dereinst gleichfalls zu höchster Zufriedenheit.

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar den 5. October 1831.

J. W. v. Goethe.


49/76.


An Carl Friedrich Zelter

Ottilie lies't mir die Abende die Leben Plutarchs vor und zwar auf neue Weise, nämlich erst die Griechen; da bleibt man denn doch in einem Local, bey einer Nation, einer Denkens- und Bestrebensweise.

Sind wir damit durch, so wird es an die Römer kommen, und auch diese Serie durchgeführt. Die Vergleichungen[104] lassen wir weg und erwarten von dem reinen Eindruck wie sich das Ganze zum Ganzen vergleicht.

Schon seit drey Monaten les ich keine Zeitungen und da haben alle Freunde bey mir das schönste Spiel. Ich erfahre den Ausgang, den Abschluß, ohne mich über die mittlern Zweifel zu beunruhigen. Wenn ich denke, was man der Belagerung von Missolunghi für unnützen Antheil zugewendet, würde ich mich schämen, wenn ich nicht meine besten Freunde in gleicher Thorheit am heutigen Tage befangen sähe.

Die herrlichste Cur aber und die kräftigste Bestätigung für den Menschen, der sich in den Kreis seiner Thätigkeit zurückzieht, ist der Spaß, einen Jahrgang von 1826 gebunden zu lesen, wie ich mir ihn jetzt mache, wo so klar ist daß man durch weder für uns noch die Unsrigen, besonders im Sinn einer höhern Bildung, daher auch nicht das Mindeste abzuleiten war.

Auch erschien bey mir gestern ein merkwürdiges Phänomen. Ein Vater brachte seine flügelspielende Tochter zu mir, welche, nach Paris gehend, neuere Pariser Compositionen vortrug; auch mir war die Art neu, sie verlangt eine große Fertigkeit des Vortrags, ist aber immer heiter; man folgt gern und läßt sich's gefallen. Da du dergleichen gewiß kennst, so kläre mich darüber auf.

[105] Ich habe die zwey Bände: Fragments de Géologie par Alexandre de Humboldt erhalten und durchgesehen; dabey hab ich eine wundersame Bemerkung gemacht die ich mittheilen will. Das außerordentliche Talent dieses außerordentlichen Mannes äußert sich in seinem mündlichen Vortrag, und genau besehen: jeder mündliche Vortrag will überreden und den Zuhörer glauben machen er überzeuge ihn. Wenige Menschen sind fähig, überzeugt zu werden; überreden lassen sich die meisten, und so sind die Abhandlungen die uns hier vorgelegt werden wahrhafte Reden, mit großer Facilität vorgetragen, so daß man sich zuletzt einbilden möchte, man begreife das Unmögliche. Daß sich die Himalaja-Gebirge auf 25000' aus dem Boden gehoben und doch so starr und stolz als wäre nichts geschehen und den Himmel ragen, steht außer den Gränzen meines Kopfes, in den düstern Regionen, wo die Transsubstantiation pp. hauset, und mein Cerebralsystem müßte ganz umorganisirt werden – was doch schade wäre – wenn sich Räume für diese Wunder finden sollten.

Nun aber gibt es doch Geister die zu solchen Glaubensartikel Fächer haben, neben sonst ganz vernünftigen Loculamenten; ich begreif es nicht, vernehm es aber doch alle Tage. Muß man denn aber alles begreifen? Ich wiederhole: unser Welteroberer ist vielleicht der größte Redekünstler. Da seinem ungeheuren Gedächtniß alle Facta gegenwärtig sind, so weiß er[106] sie mit der größten Geschicklichkeit und Kühnheit zu brauchen und zu nützen. Wer aber vom Metier ist, sieht ziemlich klar, wo das Schwache sich am Starken hinanrankt und das Starke gar nicht übel nimmt sich etwas bekleidet, verziert und gemildert zu sehen.

Und so ist denn von großer Wirkung: ein solches Paradox mit Kunst und Energie vorgetragen; deswegen auch schon viele unsrer wackersten Naturforscher sich einbilden, sie könnten das Unmögliche denken; dagegen erscheine ich ihnen als der hartnäckigste Häresiarch, worin uns Gott gnädiglich erhalten und bestätigen wolle. Sela!

Weimar den 5. October 1831.

G.


49/77.


An Friedrich Jacob Soret

Bey mir ist es völliger Ernst daß meine Wochenrechnung durch die vermißte Donnerstagfeyer völlig in Unordnung kommt. Möge um unser aller und auch besonders um meinetwillen die so geliebte als verehrte Fürstin an unserm Horizont wieder belebend aufgehen.

Auch ich habe die Pomona Weimars besucht und abermals einige gute Gedanken bestätigt gefunden. Es soll mir viel Freude machen, wenn unsre Bemühung auch andern zu Vergnügen und Nutzen gereichen.

[107] Die Medaille verdient allen Beyfall; es freut mich daß unser Meyer ihr auch sein Zeugniß nicht versagt. Lassen Sie solche Ihro Kaiserlichen Hoheit bey Gelegenheit sehen. Was sich so nahe auf mich bezieht möcht ich ihr nicht gerne vorlegen; es hat immer einen Schein von Anmaßung.

Ich lege Ihre Quittung wieder bey; lassen Sie mir dieselbe durch die Person einhändigen, der Sie den Auftrag geben, das bey mir liegende Geld abzuholen. Wobey ich tausend Dank sage für die bisherigen vielfältigen Bemühungen. Ein Glück daß das Unternehmen so gut gelungen ist.

Überall bestens empfohlen zu seyn wünschend.

treu angehörig

Weimar den 6. October 1831.

J. W. v. Goethe.


49/78.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

sende, nebst mancherley bekannten Dingen, auch das bedeutende, von Klingern selbst unterzeichnete Manuscript, welches gewiß einen entschiedenen Beytrag geben wird zu irgend einem Ehrengedächtniß. Sie sind in dem Falle, Ihre poetischen und literarischen Verdiente um's Vaterland durch eine Bearbeitung zum löblichsten Zweck auf das schönste Wünschend begleitet.

Weimar den 7. October 1831.

J. W. v. Goethe.[108]


49/79.


An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwohlgeboren

habe vorerst für die so einsichtige als wohlwollende Einleitung bestens zu danken, wodurch Sie die Angelegenheit unserer guten Seidler zu einem erwünschten Ende geführt. Möge diese schätzbare Künstlerin Denenselben auch in Zukunft empfohlen bleiben und sich Ihres fördernden Rathes immer bedienen dürfen.

Auch um den Verein hat sie viel Verdient, indem sie nicht nur die einfallenden Lücken wieder auszufüllen, sondern auch neue Theilnehmer zu gewinnen die Gabe hat. Ich lege als Zeugniß die Namen erst hinzugetretener Personen bey, denen ich Interimsquittungen gegeben und für welche ich mir nun neue Nummern und Loose erbitte. Wie ich denn auch alles dahin Gehörige wie bisher an mich gesendet wünsche, indem ich von einer Angelegenheit, die ich für so wichtig halte, hier am Orte gesorgt zu haben. Wegen der Remuneration des Dieners wird Fräulein Seider nächstens schreiben.

Bey Gelegenheit einer Übersetzung meiner Iphigenie in's Italienische meiner zugleich erwähnt zu sehen, würde mir sehr angenehm seyn.[109]

Ew. Hochwohlgeboren sprechen von einer Medaille, die mein Bildniß führt; eine neue Auflage derselben, in Genf, nehme mir nächstens die Freyheit zu übersenden, da ich denn auch ein Exemplar für genannte Dame beyzulegen nicht ermangelt werde.

Sollten Ew. Hochwohlgeboren eine leichte hübsche Zeichnung, die mir Ihre neue Aquisition des Schlosses Dittersbach vergegenwärtigte, von Einem Ihrer jungen muntern Künstler aufnehmen lassen, so würde ich näher wissen, wo ich Sie von Zeit zu Zeit In Gedanken besuchen könnte. Ich stelle mir den Aufenthalt als sehr reizend vor, zu welchem ich um so mehr Glück wünschen kann, als ich vernehme, daß sich in Dresden alles Öffentliche zum Besten anläßt.

Ferner zu Vertrauen und Theilnahme mich angelegentlich empfehlend.

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar den 10. October 1831.

J. W. v. Goethe.


49/80.


An Carl Gustav Börner

Indem ich das anvertraute Portefeuille hiemit zurücksende, erhalten Sie:

1) Ihr Verzeichniß;

2) Eine Rechnung, was für das Museum behalten worden;

[110] 3) Eine Rechnung, was ich behalten.

Nr. 2 beträgt 12 rh.15 gr.

Nr. 3 –38 –21 –

Sa.51 –12 –

welcher Betrag durch die fahrende Post Ihnen zukommt.

4) Sind beygelegt Holbeins Todtentanz 8. und 9. Heft, welche doppelt angekommen.

Hierbey bemerke noch Folgendes: Wenn Ihnen ein besserer Abdruck des guten Samariters von Rembrandt zu Handen kommt, würde ich ihn gern für ein Billiges acquiriren.

Sodann noch eine Anfrage: Es ist mir ein Abdruck avant la lettre vom Bilde der russischen Kaiserin Elisabeth, gestochen von dem vortrefflichen Berliner Schmidt, angeboten; dieser Abdruck war, wie natürlich, zu seinen Lebzeiten gemacht, war auch in seiner Familie geblieben, aber in so langen Jahren nicht zum besten behandelt worden; gegenwärtig aber, auf Leinwand gezogen, ist er vollkommen hergestellt; wie denn auch kein Riß oder sonstiger Mangel daran vorher zu spüren war. Das Einzige, was zu bemerken ist, sind die Sporflecken, welche bey durchscheinendem Licht sehr häßlich aussehen, bey aufscheinendem aber nur in dem Rahmen und kaum in den Fleischpartieen bemerklich sind. Übrigens ist der Abdruck von der größen Vollkommenheit und läßt von der Seite nichts zu wünschen übrig. Was sollte man wohl nach dem jetzigen Stand der Liebhaberey billiger Weise dafür[111] zahlen können? Mir hierüber einige Auskunft erbittend.

das Beste wünschend

ergebenst

Weimar 11. Okt. 1831.

J. W. v. Goethe.


49/81.


An Carl Gottfried Theodor Winkler

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

versäume nicht zu vermelden Post abermals Achtzig Thaler sächsisch an Dieselben abgehen. Das Übrige, sobald es eingegangen, wird sogleich erfolgen.

Zugleich erbitte für an Herrn Hofrath v. Quandt gemeldete Personen die erforderlichen, mit Nummern versehenen Quittungen.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 12. October 1831.


49/82.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Concept.]

Wie sehr, mein Theuerster, mich Ihre Rückkunst freut, möchte Ihnen gern selbst sagen. Kommen Sie deshalb, wenn sich kein Hinderniß findet, heute Abend um 6 Uhr; grüßen Sie die lieben Frau, der ich wegen des bisher ertragenen Übels zu condoliren und[112] wegen neu eintretender Auspicien, wie Ihnen, zu gratuliren wünsche.

In Gesinnungen unwandelbar.

Weimar den 13. October 1831.


49/83.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Im hohen Alter, wo uns die Jahre nach und nach wieder entziehen was sie uns früher so freundlich und reinlich gebracht haben, halte ich für die erste Pflicht gegen uns selbst und gegen die Welt, genau zu bemerken und zu schätzen, was uns noch übrig bleibt. Uns was ist schätzenswerther als geprüfter Freunde Daseyn, mit denen man viele Jahre einverstanden gehandelt und mit welchen man sich in geistiger Gemeinschaft immerfort näher und ferner bildete.

Dankbarlichst erkenn ich daher Ihre lieben Zeilen, theuerster Herr und Freund, so wie das beygefügte Heft.

Bey Gelegenheit desselben möchte ich Ihnen nun recht stark in's Gewissen reden und Sie beschwören: lassen Sie sich ja nicht reuen was Sie gethan und geleistet haben und verkümmern Sie sich's in der Erinnerung nicht selbst. Scheint auch ein redliches Bemühen nicht von solcher Wirkung, wie man gewünscht, wie man gehofft hatte, so hat es auf eine andere, uns vielleicht unbekannte Weise genutzt, gefördert und gebessert.[113]

Und mich dünkt, Sie sind gerade in dem Falle, daß Sie talentvolle Künstler zu eigenen Gedanken, auf einen bessern Weg geleitet haben. Ja man ist Ihnen schuldig, daß die Übereinstimmung des Äußern mit dem Innern nicht allein mit Worten gelehrt, sondern durch lebendigen Vorgang ein congruenterer Geschmack möglich geworden.

In irdischer Dingen ist alles folgereich, aber durch Sprünge. Glaubt man, irgend ein Eindruck sey verloren, so tritt die Wirkung da oder dort hervor. Vielleicht vernehmen wir es nicht, oder es gibt uns auch wohl keine Zufriedenheit, weil es nicht in unserm Sinne, nicht nach unsern Absichten äußert.

Verzeichen Sie diese Allgemeinheiten! Es sind die Früchte des Alters, an denen wir uns wieder herstellen müssen; sie passen aber auch dießmal gerade zu dem Fache, in welchem wir beide arbeiteten, und so darf ich wohl, was ich mir selbst gelegentlich zu Nutze mache, auch einem werthen Freunde mittheilen und empfehlen. Ein Blick in die frühere Zeit kann uns beiden schönen Stellung, die Ihnen jetzt zu der bildenden Kunst gegönnt ist. Von einer Fülle sind Sie umgeben, an deren letztem gedämpften Abglanz wir unsere einsiedlerischen Tage zu erquicken und zu fristen haben. Möge das Beste Ihre Stunden begleitet!

Treu angehörig

Weimar den 15. October 1831.

J. W. v. Goethe.[114]


49/84.


An Johann Wilhelm Mejer

[Concept.]

Länger darf ich nicht säumen, theuerster Mann, Ihnen für die ausgezeichnete Weise zu danken, mit der Sie mein Geburtsfest haben schmücken wollen. Denn was kann angenehmer seyn, als diejenigen Gestalten, denen man soviel Neigung zugewendet, deren Charaktere man genau zu zeichnen und ihr Eigenthümliches ausführlich darzustellen bemüht gewesen, in einem reinen schönen Talent wieder abgespiegelt und in verwandter Gesellschaft realisirt zu sehen?

Da Sie bey Ihren Bemühungen gewiß die Anmuth empfunden haben, in welcher mir das Ganze erscheinen würde, so sage ich nichts weiter und füge nur meinen, so sage ich nichts weiter und füge nur meinen wiederholen herzlichen Dank hinzu.

Sodann aber möcht ich gern bezeugen daß es mich höchlich freut, Sie in einem Kreise zu wissen, welcher an Ihren Gefühlen und Gesinnungen, in poetischer Form ausgedrückt, lebhaften Antheil nimmt, dem ich durch Sie gleichfalls angehöre, auch dessen fernerem Wohlwollen ich mich bestens empfehlen darf.

Nehmen Sie es geneigt auf, wenn ein geprüfter und täglich mitlebender Freund diesem Schreiben das Seinige folgen läßt, um das Schätzenswerth Ihres lieben Gedichtes traulicher auszusprechen, als es mir geziemen und gelingen möchte.

Weimar den 15. October 1831.[115]


49/85.


An Oskar Ludwig Bernhard Wolff

[Concept.]

Auf Ew. Wohlgeboren Anfrage kann ich nur mit wenigem erwidern: daß die Vergünstigung eines neuen Abdrucks meines Faust, auf welche Weise er auch unternommen werde, nur von der J. G. Cotta'schen Buchhandlung zu Stuttgart, welcher ich meine Rechte übertragen, in jedem aufrichtig wünsche.

Weimar den 15. October 1831.


49/86.


An Friedrich Jacob Soret

[Concept.]

Da ich nur, theuerster Herr und Freund, den gefundenen Elephantenzahn besprochen hatte, um solchen, wenn er hier von Freunden der Geognosie wäre betrachtet worden, nach Jena zu spediren, so muß es mich um so mehr freuen, wenn Ihro Kaiserliche Hoheit an diesem wirklich merkwürdigen Funde Antheil genommen haben.

Ein dazu bestellter Kasten wird das Hin- und Widertragen sichern und erleichtern; für den Transport nach Jena werde ich die beste Sorge tragen.

[116] Mich zu Gnaden, Hulden und Wohlwollen allerseits empfehlend.

Weimar den 16. October 1831.


49/87.


An Carl Friedrich Zelter

Und so wäre es wohl das Beste, sich nicht zu bekümmern was andere thun, sondern immerfort zu suchen wieweit man es selbst bringen kann.

Deshalb wird dich denn gewiß erfreuen zu vernehmen: daß die Kaiserin Elisabeht auf Leinwand glücklich aufgezogen sey. Von Rissen, sonstigen Beschädigungen, von sehr beschnittenem Rande und dergleichen war ohnehin nicht die Rede, und nun, da das Ganze glatt und liebenswürdig dasteht, finden sich glücklicher Weise die Moderflecken nur in dem Rahmen sichtbar, im Bilde aber nur ganz lind, hie und da ganz leise. Die Klarheit und Unbegreiflichkeit des Stichs, der sich nach den gränzenlosen materiellen Gegenständigen zu schmiegen und nach den Eigenschaften der Unzählbaren Oberflächen zu bewegen und zu richten weiß, leuchtet im vollsten Glanze, wie sich von einem Probedruck, bey Lebzeiten des Künstlers selbst gefertigt, nur erwarten läßt. Bey deiner nächsten Anherkunft, welche so unvorgesehn als glücklich seyn möge, soll dir diese hohe, durch deine Gunst wieder erstandene Dame die grazioseste Audienz geben.[117]

Die Gebrüder Schlegel waren und sind bey soviel schönen Gaben unglückliche Menschen ihr Leben lang; sie wollten mehr vorstellten als ihnen von Natur gegönnt war und mehr wirken als sie vermochten; daher war und mehr wirken als sie vermochten; daher haben sie in Kunst und Literatur viel Untheil angerichtet. Von ihren falschen Lehren in der bildenden Kunst, welche den Egoismus, mit Schwäche verbunden, präconisirten, lehrten und ausbreiteten, haben sich die deutschen Künstler und Liebhabar noch nicht erholt; sogar muß man diesen den Irrthum auf eine weile gönnen, sie würden verzweifeln, wenn ihnen die Augen aufgingen. Indessen haben wir andern die Noth, die wir Künstlern forthelfen sollen, deren Werke doch am Ende niemand will, weil sie niemanden zusagen; deswegen haben die lobenswürdigen Vereine das Publicum redlich zum Besten, indem sie verlosen was niemand kaufen würde, und woran derjenige der's gewinnt sich kaum erfreuen kann.

Ich würde sogar das Falsche lieben und fördern, wenn es nur gesucht und gut bezahlt würde. Und da mag es denn so hingehen.

Um zu jenen Dioskuren zurückzukehren, so erstickte doch Friedlich Schlegel am Wiederkäuen sittlicher und religioser Absurditäten, die er auf seinem unbehaglichen Lebensgange gern mitgetheilt und ausgebreitet hätte; deshalb er sich in den Katholicismus flüchtete und bey seinem Unterhang ein recht hübsches, aber falsch gesteigertes Talent, Adam Müller, nach sich zog.

[118] Genau besehen war die Richtung nach dem Indischen auch nur pis-aller. Sie waren klug genug zu sehen, daß weder im deutschen noch im lateinischen und griechischen Felde etwas Brillantes für sie zu thun sey; nun warfen sie sich das Talent von August Wilhelm auf eine Ehrenvolle Weise. Alles das – und + wird die Folgezeit reiner in Evidenz setzen. Schiller liebte sie nicht, ja er haßte sie, und ich weiß nicht ob aus dem Briefwechsel hervorgeht, daß ich, in unserm engen Kreise wenigstens, sociale Verhältnisse zu vermitteln suchte. Sie ließen mich bey der großen Umwälzung, die sie wirklich durchsetzen, nothdürftig stehen, zum Verdrusse Hardenbergs, welcher mich auch wollte delirt (ausgelöscht) haben. Ich hatte mit mir selbst genug zu thun, was kümmerten mich andere.

Schiller war mit Recht auf sie erbos't; wie er ihnen im Wege stand, konnt er ihnen nicht in den Weg treten. Er sagte mir einmal, da ihm meine allgemeine Toleranz, sogar die Förderniß dessen was ich nicht mochte, nicht gefallen wollte: »Kotzebue ist mir respectabler in seiner Fruchtbarkeit als jenes unfruchtbare, im Grunde immer nachhinkende und den Raschfortschreitenden zurückrufende und hindernde Geschlecht.«

Daß August Schlegel so lange lebt, um jene Mißhelligkeiten wieder zur Sprache zu bringen, muß man ihm gönnen. Der Neid, so viele wirksamere Talente[119] auftauchen zu sehen, und der Verdruß, als junger Ehemann so schlecht bestanden zu haben, können unmöglich gelangen lassen.

Wir wollen das alles wie seit so vielen Jahren vorübergehen lassen und immer nur auf das hinarbeiten was wirksam ist und bleibt. Ich habe gar manche hübsche Faden fortzuspinnen, zu haspeln und zu zwirnen, die mir niemand abreißen kann.

Uns somit mag denn noch manches weiße Papier zu dir gelangen, manches bleibt für die nächste Mittheilung. Uns und euch dessen Anblick wir uns eine Weile ergötzen wollen.

Alles Gute, Schöne, Würdige!

Also sey und bleib es!

Weimar den 20. October 1831.

G.


49/88.


An Friedrich Carl von Savigny

Wenn unsre theure Freundin gute Eindrücke von dem kurzen Aufenthalt bey uns mitgenommen, so können wir versichern, daß sie uns deren vielfach zurückgelassen hat. Mir war es höchst erfreulich und tröstlich, ein mehrjährig-geprüftes Wohlwollen in gleichem Sinn und Ausdruck mir zueignen zu können. Lassen Sie uns immer bey Ihnen und in Ihrem lieben Kreise in freundlichem Andenken fortleben.

[120] Mit einem Bezug zu Niebuhry letzter Arbeit verhält es sich folgendermaßen: Den dritten Band seiner Römischen Geschichte erhielt ich glücklicher Weise zu einer Zeit, wo es von mir abhing, mir irgend ein Interesse zu wählen; ich ergab mich daher diesem Werke und zog nach meiner Art viel Vortheil und Auferbauung daraus. Was ich mir zu Nutze gemacht, war mir deutlich, was ich noch ferner zu nutzen wünsche, wohl ebenfalls, und da ich das Ganze als Conversation mit dem Verfasser gelesen und mir ihn möglichst zu vergegenwärtigen gesucht hatte, so wären meine ersten Äußerungen gegen ihn lebhaft und einem Dialog ähnlich geworden. Auch war schon alles mit Heiterkeit im Kopfe zurechte gerichtet, und ich freute mich auf eine unmittelbare Ausführung eines für mich so bedeutenden Geschäftes.

Nun aber versetze man sich in meinem Schmerz, als die unerwartete Nachricht seines Todes mich ereilte. Ich fand mich ganz ohne Hülfe, ohne Rettung; denn nur mit dem Autor selbst konnte ich auf diese Weise sprechen, es konnte kein Dritter seyn. Und wie sollte auch jemand zu eben derselben Zeit sich in das Buch dergestalt versenkt haben? Sogar wenn er auch wäre aufzufinden gewesen, so war es doch auch nur ein Leser wie ich, der, nach dem Maaße seiner Neigung und Erkenntniß, sich dasjenige zugeeignet hatte, was ihn am meisten ansprach. Ich versuchte daher auch nicht einmal eine Zeile auf's Papier zu bringen, verarbeitete[121] das Gelesene eine Zeitlang in mir selbst. Doch fühlte ich bald, daß ich mich ablenken, mein Interesse nach einer andern Seite hinrichten müsse, um die schmerzlichen Gefühle nicht immerfort wieder aufzuregen. So ist denn, außer dem wirklichen Nutzen den ich aus dem Buche gezogen, alles weggeschwunden was durch Mittheilung und gegenseitige Theilnahme eigentlich erst ein anmuthiges Leben im Wissen bewirken sollte.

Diese weitläufige Darstellung nehmen Sie gewiß freundlich auf; sie hatte für mich etwas traulich Tröstliches, indem es mich zugleich schmerzt, nicht ein gründlicheres Zeugniß meiner Theilnahme an einem so nahverwandten Manne ablegen und, indem ich es zu so schönen Zwecken in Ihre Hände gab, auch Ihnen gefällig seyn und ein dauerndes bedeutendes Verhältniß bethätigen zu können.

Und so fortan!

Treulichst

Weimar den 21. October 1831.

Goethe.


49/89.


An Carl Ludwig von Knebel

[21. October 1831.]

Deine liebwerthe Sendung, theuerster Herr und Freund, kam glücklicher Weise mir in dem Augenblicke zu Handen, als ich, in Ilmenau am Fenster stehend,[122] deine Wohnung, wo du an dem trefflichen Werke schon emsig gearbeitet hattest, in der Nähe sehen und den Platz davor in seiner grünen Baumreihe wieder erkennen durfte.

In dieser Lage war mir denn der neue hübsche Band höchst erwünscht und ich konnte, meistens in ununterbrochenen Stundenfolge, bey meinem dortigen Aufenthalt die drey ersten Bücher ungestört durchlesen. Sie waren mir nicht neu, aber höchst willkommen, und ich darf wohl sagen, wahrhaft rührend: wie sich jene edle Seele auf den Fußpfaden seines Meistens eben da abmüdet, wo wir, wenn wir nicht das Gleiche thun wollen, uns demüthig bescheiden müssen. Dieß war mir dießmal ein großer Gewinn; die Betrachtungen darüber sind mir hierher gefolgt und ich will nicht länger säumen, dir meinen schönsten Dank für die Veranlassung abzustatten. Es darf dir wirklich in deinem hohen Alter ein heiteres Gefühl von Selbstzufriedenheit geben, wenn man sein Leben einem großen, fast unübersehbaren und kaum zu vollendenden Werke widmet.

Bey der völligen Freyheit und Heiterkeit, die mir in jenen Tagen zu Gute kam, habe ich erst auf's deutlichste wieder empfunden, welches Verdienst es sey, uns diese tiefen, errungenen, dem Widerspruch ausgesetzten Vorstellungen, die durch mächtige Geister Realität gewinnen und sich uns positiv ausdrücken,[123] mit solcher Klarheit und Anmuth in einer neuern faßlichern Sprache vorzutragen, so daß man nirgends anstößt, nirgends aufgehalten wird und sich gerne dem Vortrag hingibt, der, auch bey Verschiedenheit der Meynungen, unsern Beyfall mit sich hinzureißen kräftig genug gefunden wird.

Doch was mach ich viel Worte, deren ich mich schämen würde, wär es nicht auch erlaubt, ja verdienstlich, für das Unaussprechliche einen wörtlichen Ausdruck zu versuchen.

Und so fort an!

treu verbunden

Goethe.


49/90.


An Johann Heinrich Meyer

Nur wenig Worte zu Begleitung eines Heftes, welches Sie einige Stunden unterhalten soll. Sodann treulichste Bitte, mich allerbestens zu empfehlen und mir die von Potsdam hoffentlich guten einkommen Nachrichten baldigst mitzutheilen. Das Buch soll Großherzoglicher Bibliothek mit Dank einverleibt, das notirte verschieben werden.

Glück zu dem heiteren Wetter, welches jedesmal Heiterkeit mit sich führt.

Weimar den 23. October 1831.

G.[124]


49/91.


An Carl Gottfried Theodor Winkler

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

auf Dero letztes Gefälliges vom 18. October habe zu vermelden daß die durch die ausgetretenen Mitglieder erledigten Nummern schon wieder besetzt sind, wie das einzusendende Verzeichniß ausweisen wird. Sechs neue Mitglieder jedoch:

Herr Eichel in Eisenach,

Herr Kaufmann Louis Weis aus Langenfalza,

Frau Räthin Meissel in Weimar,

Herr Rittmeister H. v. Boyneburg in Stedtfeld bey Eisenach,

Frau Cammerherrin v. Hopffgarten in Eisenach und

Herr Landschaftscalculator Gessinger in Weimar haben Interimsquittungen von mir erhalten und ich bitte nunmehr, die erforderlichen Scheine mit frischen Nummern versehen mir gefälligst zu übersenden.

Jene oben gemeldete Ausgleichung so wie die Anwerbung der Neuhinzutretenden sind wir der rühmlichen Thätigkeit unsrer Fräulein Seidler schuldig; welches zu bemerken ich für Pflicht halte und mich zu fernerem wohlwollenden Andenken angelegentlichst empfehle.

Weimar den 24. October 1831.[125]


49/92.


An Carl Friedrich Zelter

Vor allen Dingen hab ich dir den schönsten Dank zu sagen daß du dich der guten Facius in einem zweifelhaften Falle so treulich angenommen hast. Ich bin wegen der Zukunft des guten Kindes in einiger Verlegenheit; denn es ist kaum abzusehen, wie man nach Verlauf des gegenwärtigen Jahres die Pension verlängern wolle und werde. So manche junge Hülflose empfehlen sich dringend und nach Maaß und Ziel zu treffen suchen. Sage mir deine Gedanken: inwiefern sie etwas verdienen, sich selbst forthelfen kann, damit man ihr allenfalls einen Zuschluß auswirkte.

Gar manches Andere geht mir durch den Sinn, jetzt will ich mich nur erst an deine letzten Briefe halten.

Es freut mich daß du manchmal wieder an den Schillerischen Briefwechsel gehst; man sieht darin ein paar ernstlich strebende Menschen, auf einer ziemlich Höhe des Standpunctes; man wird zu gleicher geistiger Thätigkeit angeregt, sucht sich neben sie, wo möglich über sie zu stellen, und dadurch ist für den Heranwachsenden alles gewonnen.

Nächstens erhältst du die ersten Nummern des Chaos, es kommt vor wie das zweyte Jahr[126] eines übrigens ganz leidlichen Ehestandes. Frage aber bey dir an, ob ich nicht deine einzig liebenswürdigen Äußerungen über das Fräulein am See und das Königstädter Theater überhaupt darf einrückend lassen.

Du könntest künftig, wenn du einen Brief an mich geschrieben hast, bey'm Wiederdurchlesen mit Gänsefüßchen oder sonst einem beliebigen Zeichen mir andeuten was ich dürfte abdrucken lassen. Es ist die wunderlichste und unschuldigste Art, jetzt etwas unter die Leute zu bringen.

Die Frömmler habe ich von jeher verwünscht, die Berliner, so wie ich sie kenne, durchaus verflucht, und daher ist es billig, daß sie mich in ihrem Sprengel in den Bann thun. Einer dieses Gelichters wollte mir neulich zu Leibe rücken und sprach von Pantheismus, da traf er's recht; ich versicherte ihm mit großer Einfalt: daß mir noch niemand vorgekommen sey, der wisse was das Wort heiße.

Neulich kommt ein recht hübscher junger Mann, auch ein Preuße, mir nach schicklichen Unterhaltung zu vertrauen: er übe sich auch im Dichterfach, und fügte hinzu: er suche gegen mich und meine Anhänger zu wirken. Ich versicherte ihm daß das sehr wohlgethan sey; denn da niemand leicht denke wie der andere, so sey nichts natürlicher als daß jeder in Versen und in Prosa auch anders ausspreche.

[127] Was die Tragödie betrifft, ist es ein kitzlicher Punct. Ich bin nicht zum tragischen Dichter geboren, da meine Natur conciliant ist; daher kann der reintragische Fall mich nicht interessiren, welcher eigentlich von Haus aus unversöhnlich seyn muß, und in dieser übrigens so äußert platten Welt kommt mir das Unversöhnliche ganz absurd vor. Ich darf nicht fortfahren, denn im Laufe der Rede könnte man doch abirren und das wollen wir vermeiden.

Daß dem werthen und würdigen Herrn Begas meine Sendung angenehm war und dir Freude macht, trifft mit meinen Wünschen überein. Auch dein Exemplar ist halb gepackt. Sogar auch nur diese mechanisch-technischen Besorgungen können bey mir nicht rasch gehen. Am Morgen jedes Tags find ich immer mehr zu thun als ich aufräumen kann; doch auch das geht frisch weg, und so kommt doch eins nach dem andern an die Reihe.

Schreibe nur immer das Unmittelbarste was dich berührt, ich kann nicht ganz das Gleiche thun; doch erinnerst du dich wohl eines Aufsatzes über die Händel der französischen Naturforscher in euren Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik, welcher in Jahrbüchern für wissenschaftlichen Kritik, welcher in Frankreich großes Aufsehen machte, weil er zwischen zwey Parteien hineintrat. Ich fuhr seit jener Zeit immer fort, die Angelegenheit durchzudenken, welche wirklich im Fache von großer Bedeutung ist. Ich schrieb auch manches, welches ich jetzt redigire und durcharbeite;[128] dieß ist aber einer von den Fällen in welchen der Geist ohne mühsame Vorbereitung nichts ausrichten kann.

Hiezu gib mir also deinen Segen und schreibe wie dir's vor die Feder kommt; ich muß es auch so machen Gott sey Dank daß wir überhaupt zu denken gewöhnt sind, über die jetzigen Umstände zu denken wäre penibel.

Die guten Nachrichten von dem Potsdamer neuen Palais haben großen Einfluß auf unsre guten Stunden. Hiemit lebe wohl! und erfreue dich theatralischer und musikalischer Unterhaltung, deren ich nun ganz und gar entbehre.

Also sey und bleib es

Weimar den 31. October 1831.

G.


49/93.


An den Albert Joseph Ludwig Gabrielvon Groß

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

nehmen beykommende Einladung freundlich auf und erlauben mir zu versichern, daß es mir das und erlauben mir zu versichern, daß es mir das größte Vergnügen macht, bey Ihnen eine entschiedene gründliche Neigung zu dem so interessanten, unser Leben auf das angenehmste begleitenden Wissen in Thätigkeit zu sehen, zu der ich mir mit der Gesellschaft Glück wünschen und eine so löbliche Vereinigung zu geneigtem Andenken und Mitwirkung zu geneigtem Andenken und Mitwirkung bestens empfehlen darf.

Weimar den 31. October 1831.[129]


49/94.


An Johann Christian Mahr

Ew. Wohlgeboren

mir früher mitgetheilten merkwürdigen Belege zu jener bedeutenden Entdeckung einer höchst problematischen Gebirgsart so wie die deshalb verfaßte, von einem deutlichen Plan begleitete umständliche Beschreibung habe an die Großherzogliche Mineralogische Gesellschaft übersendet; weil dergleichen dort besser verwahrt und benutzt werden kann als in einer Privatsammlung.

Nehmen Sie daher beykommende Einladung zu fernerem Einwirken als ein Zeichen dankbarer Gesinnung von uns an, fahren Sie in Ihren scharfsinnigen Beobachtungen fort und lassen Sie uns von Zeit zu Zeit davon vernehmen.

Wie ich denn auch hier für die zuletzt übersendeten Abdrücke der verkohlten Schale des colossalen unterirdischen Stammes den besten Dank abzustatten habe.

Mögen Sie beykommende, so eben erst fertig gewordene Medaille der lieben Tochter zu Erinnerung freundlichster Begrüßung übergeben und in dem dortigen werthen Kreise, wohin ich mich bey jedem schönen Tage so gern versetze, mein Andenken bey jeder Gelegenheit zu erneuern gefällig seyn.

Die Hoffnung, Sie bald bey uns zu sehen, gibt mir und den Meinigen eine freudige Aussicht. Der[130] ich mich zu geneigtem Andenken bestens zu empfehlen wünsche.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar den 1. November 1831.

J. W. v. Goethe.


49/95.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

verzeihen wenn ich meine Schulden nach und nach abtrage, und dadurch von Zeit zu Zeit meinen guten Willen bethätige.

Weimar den 4. November 1831.

G.


49/96.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

Da Ihro Kaiserliche Hoheit zu wünschen scheinen, daß ich die neuen Zimmer bald ansehe und mich an der schönen Einrichtung erfreue, so wollt ich hiermit anfragen: ob Ew. Hochwohlgeboren die Gefälligkeit hätten, einen der drey ersten Tage der nächsten Woche mich dort einzuführen und mit die so wohl gelungene Arbeit gefällig durchzugehen?

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar den 6. November 1831.

J. W. v. Goethe.[131]


49/97.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept].

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey eine noch rückständige Schuld, welche, wenn ich nicht irre, nunmehr ganz getilgt seyn wird. Auch bitte das Abgeschlossene an seine Adresse, dankbar für die Fortsetzung der mit Preisen bezeichneten Auctions-Katalogen, gefällig abzugeben. Fernere Mittheilungen wünsche nicht zu vermissen und unterzeichne mich hochachtungsvoll.

Weimar den 6. November 1831.


49/98.


An die Prinzessin Maria Louise AugusteKatharine von Preußen,

geb. Herzogin zu Sachsen-Weimar-Eisenach

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

haben durch ein gnädigsten Handschreiben den 28. August dergestalt verherrlichst, daß ich, davon wie geblendet, bis jetzt noch keine schickliche Äußerung meines verpflichteten Danks habe finden können.

Von Höchst Denenselben gelangten fort und fort die schönsten Hoffnungen zu uns, zwar nicht ohne durch einige Sorge gedämpft zu seyn. So erlebten wir den 18. October und da wir am Abend die Feuer auf unseren Bergen erblicken und das Geprassel der[132] Feuerwerke, begleitet von kräftigen Explosionen, vernahmen, so war mein innigster Wunsch: es möchten dieß entschiedene Ankündigungen seyn, daß uns ein neues Glück in der Ferne worden.

Am andern Morgen begab man nach Belvedere, wo der landwirtschaftliche Verein die besten Zeugnisse von dem Fortgang einer von oben so sehr begünstigten Feld- und Garten-Cultur reihenweise aufgestellt hatte, wo sich von Feld- und Garten-Erzeugnissen, von hohen und niederen Gewäschsen, von Obstfrüchten, wie sie die freye Luft, von Wurzeln und Knollengewächsen, wie der zugerichtete Boden sie gedeihen läßt, die größte Fülle vorfand, so wie von so manchem Andern, welches zu articuliren man mehr Zeit brauchte, als um es zu übersehen und zu beachten. So fehlte es auch nicht an Modellen zu Hülfsverzeugen, welche die Kunst, um die Natur zu fördern, immerfort auszusinnen beschäftigt ist.

In solchen Augenblicken, wo wir mit Bewunderung die Fülle der vegetativen Natur betrachteten, traf eine Nachricht ein die und ganz höchste Ziel menschlicher Glückseligkeiten versetzte, die Genesung Ew. Königlichen Hoheit, und zugleich die frische Belebung des auf alten ehrwürdigen Grundwurzeln immer neu sich verzweigenden Stammes. Wie jenes Zusammentreffen der Epochen und der Ereignisse, der gleichsam zufälligen Vorbedeutungen und Übereinstimmung des Erfolgs uns, gerührt und erhoben[133] hat, kann ich nur Höchst Deroselben eigner Empfindung anheim geben und nur sagen daß ich mich glücklich finde, in so bedeutenden Augenblicken meinen schuldigen Dank für das gnädigste Andenken, dem ich mich zu allen Zeiten ernstlich empfehle, verbindlichst abzustatten, in treuer Mitempfindung des frohen Behagens, das, wie es im gleichen Fall den Geringsten entzückt, nun auch auf den höchsten Stufen menschlicher Zustände waltet.

Höchst Denenselben und Ihro erlauchtem Kreise zu Gnade und Huld empfohlen zu seyn wünschend.

Weimar den 9. November 1831.


49/99.


An Johann Georg Paul Goetze

Du hast wohl gethan, mein werther Alter, diese versäumte Schuld zur Sprache zu bringen, verzeihe aber, wenn ich deine Zettelchen zurückschicke und dich ersuche: du mögest als alter Rechnungsführer mir ein hübsch ordentliches Laus deo zusenden, wobey du den Wein zu Gelde anschlügst.

Mein Keller ist vor Winter nicht so versehen, daß ich in natura eine Anzahl Flaschen erstatten könnte, und du kennst deinen Weinhändler und weißt wie du dich mit ihm abfindet.

Ich ersuche dich nochmals um etwa eines Tragkorps Maaß schwarzer Steine; sind kleine hübsche[134] weiße zu finden, auch die sind mir angenehm; sende sie wie die vorigen herüber, lasse sie an meinem Garten im Stern abladen und gib dem Fuhrmann ein Zettelchen mit, auf daß er gleich seinen Lohn empfange. Habe Dank für so manche Bemühung und Nachhülfe.

Im alten Sinne

J. W. v. Goethe.

Weimar den 10. November 1831.


49/100.


An Carl Nehrlich

Ew. Wohlgeboren

habe zu vermelden: daß jenes Ende August mir übersendete Portefeuille in diesen Tagen, wohleingepackt, wieder zurück an Dieselben nach Carlsruhe abgegangen sey.

Indem ich mich nun auf Beyliegendes beziehe, so säume ich nicht, Denenselben für eine Mittheilung zu danken welche mir und meinen Freunden diese Zeit über viel Vergnügen gemacht hat.

Auch Ihren Herrn Sohn schönsten grüßen und ihm zu seiner ferneren künstlerischen Laufbahn grüßen und ihm zu seiner ferneren künstlerischen Laufbahn alles Glück wünschend, empfehle mich zu geneigtem Andenken, mit Bitte: von dem glücklichsten Einlagen gedachter bedeutenden Sendung baldigst Nachricht zu geben.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 10. November 1831.[135]


[Beilage.]


Wir haben auf sechzehn großen Folioblättern einen abermaligen Cyklus vor uns bedeutender, in dem Goethischen Trauerspiele Faust allenfalls sinnlich denkbaren Situationen und Ereignisse, auch dürfen wir annehmen, daß der Künstler noch manche Lücken ausfüllen und sein Werk, gewissermaßen unabhängig vom Gedichte, zu einem Ganzen bilden werde.

Dieses ist um so mehr zu hoffen, als man ihm bezeugen muß, er habe zu hoffen, als man ihm bezeugen muß, er habe sich in das Gedicht ernstlich versenkt und befinde sich darin wie zu Hause.

Seine Bilder sind reich an Figuren und Nebenwerken, meist gut erfunden und motivirt. Sehr gelungen ist der Ausdruck; man könnte eine Anzahl der Art wohlgerathener, mit Geist und Leben ausgestatteter Köpfe anführen. Die Gebärden der Figuren sind der Handlung angemessen und die Glieder von guter Gestalt.

Möge der junge Künstler sich auf das Studium der Proportion noch eifrigen legen, damit allen Gliedern ein richtiges Maaß zugetheilt und eine Übereinstimmung derselben unter einander so wie zu dem Charakter der Köpfe durchaus erreicht werde.

Die Anlage der Gewänder ist meinst gut, einige sind als höchst zierlich anzuerkennen.

Auch darf nicht übergangen werden daß für die Räumlichkeit genugsam gesorgt, das Local schicklich[136] gewählt und das Hausgeräthe jener Zeit angehörig dargestellt sey.

Die saubre Ausführung der sämmtlichen Blätter mit der Feder trägt zu dem angenehmen Eindruck welchen sie gewährend das Ihrige bey.

Im Nahmen der Weimarischen Kunstfreunde.

Weimar am 10. Nov. 1831.

J. W. v. Goethe.


49/101.


An Christian Leopold Julius Pulvermacher

[Concept.]

Die Weimarischen Kunstfreunde müssen die Widmung des hierbey zurückkommenden Trauerspiels freundlich ablehnen, weil es gar zu weit außer dem Bereich ihres Urtheil gelegen ist.

Weimar den 11. November 1831.


49/102.


An Johann Gottfried Jacob Hermann

Ew. Hochwohlgeboren

haben mich so oft aus düstern kimmerischen Träumen in jenes heitere Licht- und Tageland gerufen und versetzt, daß ich Ihnen die angenehmsten Augenblicke meines Lebens schuldig geworden. Phaethon, Philoktet, die Urmythologie und so manches Andere haben mich vielfällig beschäftigt und mir möglichst gemacht,[137] das nach Zeit und Ort, Gesinnung und Talent Entfernteste an mich heranzurufen.

Wollen Sie mir nun gar auf die ehrenvollste Weise zugestehn, daß ich als ein gedämpftes, aber doch treues Echo jene Klänge unserm gemeinsamen Vaterland zugelenkt, so bleibt mir nichts weiter zu wünschen übrig. Die glücklichsten Augenblicke hab ich dabey gelebt; hat sich nun zugleich etwas erfreulich Förderndes für meine Landes- und Zeitgenossen entwickelt, so dient dieß zur Stärkung und Belebung meines Glaubens, den ich während eines langen Lebens festgehalten habe.

Der Hauptgedanke, nach welchem Sie uns ein so herrliches Stück wiederherstellen, ist bewunderswürdig, die Ausbildung in's Einzelne unschätzbar. Soviel darf ich wohl im Allgemeinen sagen, wenn ich auch schon, weder jetzt noch künftig, das eigentliche Verdienst gründlich anzuerkennen mir einbilden darf.

Doch freu ich mich gerade in solcher Fällen eines lebendigen Ahnungsvermögens, welches durch Ihre Behandlungsweise, so weit sie auch im Besondern von mir abliegen möchte, im Ganze mich immer befähigt und fördert.

Eine schon eingeleitete höchst angenehme so wie belehrende Unterhaltung mit Freund Riemer sey ich über diese neuste Mittheilung vor mir. In diesen sich immer mehr verlängernden Abenden werden Sie[138] also einen Dank von theilnehmenden Bewunderern zunächst sich immer vergegenwärtigen können.

In aufrichtigsten Anerkennung und Hochachtung

treu verpflichtet

Weimar d. 12. Nov. 1831.

J. W. v. Goethe.


49/103.


An Wilhelmine von Münchhausen

[Concept.]

[12. November 1831.]

Indem Sie, meine Theuerste, einen durch die Geschicklichkeit des Jägers festgehaltenen Strichvogel übersenden, geben Sie mir zugleich den erfreulichsten Beweis eines freundlich-beständigen Wohlwollens, wofür ich zum allerschönsten danke und nichts mehr wünsche als wozu Sie mir Hoffnung machen, Ihnen und Ihrem Herrn Gemahl die Versicherung meiner verpflichteten Anhänglichkeit mündlich bezeugen zu können.

Bis dahin und so ferner.


49/104.


An Carl Friedrich Zelter

Da ich weiß daß man sich bey dir insinuiren kann, wenn man von deinen Berlinern gut denkt und spricht, so will getrost vermelden: daß ich gestern das Fest eines eurer trefflichsten Freidens-Heroen praktisch gefeyert habe.

[139] Es ist doch wirklich merkwürdig daß seit 4124 Jahren, genau berechnet, das heißt seit Noachs Experiment sich zu berauschen, ob schon man immerfort gewünscht hat, des edlen weines und zwar soviel als möglich zu gewinnen, niemand recht auf den Grund der Sache kommen konnte, wie man sich auch im Einzelnen mehr oder weniger geschickt oder ungeschickt dabey gebärdete; bis endlich ein Berliner Blechlackirer das Ey aufrecht stehen machte und uns einen Gedanken hinstellte, an dem wir abmessen können, inwiefern man sich bisher der echten Behandlung genähert habe.

Von Dornburg aus habe ich wohl schon hierüber ehmals geschrieben; seit der Zeit gab ich mich [damit], wie überhaupt mit Botanik, emsig immerfort ab. In Weimar, Belvedere, Jena und sonst ergriff man die ausgesprochene Maxime alsobald, ich pflanzte wenige Weinstöcke, die sind nun drey Jahre alt und wurden nach jener Art zurecht geschnitten. Aber in meinem Garten, an der Wand des Hinterhauses, steht ein uralter, mächtiger ungarischer Weinstock, der sehr schöne große blaue Trauben, aber unregelmäßig, bald viel bald wenig, brachte. Kechts wohlerfahrner Schüler und Anhänger, der ihn eben jetzt methodisch verstümmelte, versprach uns für's nächste Jahr achtzig Trauben. Du bist eingeladen, bey der Lese Zeuge zu seyn und Mitgenießender.

Ein hiesiger Bürger und Uhrmacher hat sich, freylich mit Geist und Leidenschaft, auf diese Pflege des[140] Weinstocks geworfen und von der Rede eines dreyjährigen Stockes im vierten Jahr 120 Trauben geerntet. Gewiß aber ist's hier wie mit allem Vorzüglichen: nur dem gelingt es, der die Maxime gründlich auffaßt, sie mit Neigung und Baharrlichkeit durchzuführen und besonders auch der Localität und dem Klima anzueignen weiß.

Bey allem diesem würde ein etymologischer Deuter gewiß merkwürdig finden, wie aus einem Knecht durch Auslöschung eines einzigen Buchstabens ein Kecht geworden. Indessen wollen mir ihm seinen Platz unmittelbar neben unserm edlen Thaler schuldigst einräumen.

Du sieht, es geht bey mir nach alter Weise. Zu den hundert Dingen die mich interessiren constituirt sich immer eins in die Mitte als Hauptplanet und das übrige Quodlibet meines Lebens treibt sich indessen in vielseitiger Mondgestalt umher, bis es einem und dem andern auch gelingt, gleichfalls in die Mitte zu rücken.

Zunächst aber möcht ich erfahren was ihr von dem trefflichen Felix wißt. Ich hatte einen höchst interessanter Brief aus der Schweiz von ihm, wovon ich dem Chaos einiges anvertraute; ich schrieb ihm nach München, habe aber seit der Zeit nichts weiter vernommen.

Treue Segnungen zu allem Guten und Schönen!

W. d. 15. Nov. 1831.

J. W. v. G.[141]


49/105.


An David Knoll

Durch Gegenwärtiges vermelde vorläufig, mein werthester Herr Knoll, daß Brief und Muster-Sendung durch Herrn v. Conta im September richtig erhalten habe, wie denn auch Ihre neuerlichen Schreiben vom 5. und 11. November mit den Beylagen richtig zugekommen sind.

Durch Gegenwärtiges wünsche nur Sie zu versichern: daß, wenn es mir einigermaßen möglich wird, im Laufe der Wintermonate diese mir sonst so werthe Angelegenheit wieder vorzunehmen, Sie noch zur werthe Angelegenheit wieder vorzunehmen, Sie noch zur rechten Zeit einen kleinen Aufsatz zur Förderung Ihres Unternehmens erhalten sollen, damit er in den Curmonaten Nutzen bringen möge.

Mehr sag ich nicht, als daß es mich sehr freut, Sie ein Geschäft, dem ich soviel Zeit und Antheil gewidmet, unermüdet und in dem rechten Sinne fortsetzen zu sehen.

ergebenst

Weimar den 15. November 1831.

J. W. v. Goethe.


49/106.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersuche hiemit, Ein Exemplar meiner Farbenlehre, ordinär Papier, zwey Bände in 8°, ein Heft Tafeln[142] in 4°, für mich zu verschreiben. Es wird das Werk bey dem Beauftragten der Cottaischen Buchhandlung in Leipziger zu haben seyn. Wie ich denn den Betrag auf meine Rechnung zu setzen bitte.

Weimar den 15. November 1831.


Mit den besten Wünschend und in Hoffnung daß Fräulein Alwine gutes Zeugniß über Weimar abgelegt hat.


49/107.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

muß mit Bedauern vermelden daß mir noch kein kleines Verslein für die vortreffliche Dame gelungen ist. Ihre Persönlichkeit, ihr Betragen so wie ihre Verhältnisse und Schicksale sind so mannigfaltig, lieb- und ehrenwürdig, daß sie allen poetischen Bereich überschreiten und sich durchaus nicht dichterisch epitomisiren lassen. Die Rhetorik mit aller ihrer Phraseologie kommt auch hier nicht zu Hülfe. Mir ist indessen ein Gedanke beygegangen: setzen Sie mir ein paar artige schickliche Worte freundliche zusammen, welches Ihnen, in nähern Bezügen, nicht schwer werden wird, ich will sie abschreiben und Ihren Namen, wie man in Albums sonst zu thun pflegt, als Autor anführen. Das ist noch leicht geschehen und gibt einen nicht unschicklicher Scherz.

[143] Das köstliche Schreiben unsres Freundes kommt hier dankbar zurück. Ihren mittheilenden Gesinnungen muß ich ja auch wohl die Verbreitung des Gedichts nachsehen, da es mir ja zu Ehre und Freude gereicht, wenn jene dort symbolisch angedeutete, folgerechten Zustände von denkenden Männern gebilligt werden.

Für die Peau de Chagrin ist das blasé zu mäßig. Das Product eines ganz vorzüglichen Geistes deutet auf ein nicht zu heilendes Grundverderbniß der Nation, welches immer tiefer um sich greifen wird, wenn nicht die Departaments, die jetzt nicht lesen und schreiben können, sie dereinst wieder herstellen, insofern es möglich wäre.

Alles Heitere und Gute zu diesen trüben Tagen.

Weimar den 17. November 1831.

G.


49/108.


An Carl Friedrich Zelter

Gegenwärtiges Paquet enthält:

1) Die Blätter des Chaos, von Anfang bis Nr. 13 mit Beylagen. Für mich sind diese Blätter selbst chaotisch; ich habe sie nicht alle durchgelesen und vergönne Ottilien so wie ihrem Cirkel manche Wunderlichkeiten, wie das jetzt uns alten Herrn begegnet. Auch gab ich einiges hinzu, wie du wohl finden wirst, ohne das Übrige zu billigen. Sage mir ein Wort wie es dir vorkommt.

[144] 2) Lege eine Predigt bey, die mir eben zur Hand kommt; vielleicht ist einem deiner Freunde interessant zu vernehmen wie unsre Canzelherrn sich aus der Sache ziehn.

3) Zwey Exemplare der neusten Ausgabe meiner Genser Medaille, welche nicht ungeschickt, wie mich dünkt, auf meine Befreundung mit der organischen Natur hindeutet. Ein Exemplar genug! Die Briefpost bringt das Weitere.

und so

in saecula seculorum

Weimar d. 24 [22]. Nov. 1831.

G.


49/109.


An Carl Friedrich Zelter

Anzukündigen daß in diesen Tagen ein Paquet bey dir eintreffen werde, soll Gegenwärtiges abgelassen seyn. Du findest in jedem die Blätter des Chaos bis Nr. 12 incl., die folgenden leg ich dir zurechte und sende sie regelmäßige nach.

Aus deinen Briefen werd ich das Schickliche nach und nach mittheilen; denn, ob ich gerne dem geistreichen Kreise der sich damit befaßt nur zur Seite bleibe und mich weder um Tendenz noch um Urtheil bekümmerte, wie wir alten Herrn es am Schlusse des[145] Jahrs 1831 alle Ursache zu halten haben, so geb ich doch gern etwas dazu, weil es als eine Art von Sauerteig die geistlose politische Zeitungsexistenz zu balanciren oder wenigstens zu incommodiren vermag.

Zuvörderst aber hab ich zu melden daß ich in meine Klosterzelle mich zurückgezogen, wo die Sonne gerade jetzt bey ihrem Aufgehn, mir horizontal in die Stube scheint und mich bis zum Untergange nicht verläßt, so daß sie mir durch ihre Zudringlichkeit oft unbequem wird, auf den Grad daß ich sie wirklich auf einige Zeit ausschließen muß. Dabey kommt mir ein altes Verslein in den Sinn, welches, übersetzt, ohngefähr also lauten würde:


Mit liebe nicht, nur mit Respect

Können wir uns mit dir vereinen.

O Sonne! thätest du deinen Effect

Ohne zu schneien.


Sodann habe zu vermelden daß ich durch eine neue Ausgabe der Iphigenie in Aulis des Euripides, von Professor und Ritter Hermann in Leipzig, wieder auf diesen unschätzbaren griechischen Dichter bin hingewiesen worden. Sein großes und einziges Talent erregte zwar wie sonst meine Bewunderung, doch was mir dießmal hauptsächlich hervortrat, war: das so gränzenlose als kräftige Element worauf er sich bewegt. Auf den griechischen Localitäten und auf deren uralter mythologischer Legenden-Masse schifft und schwimmt er wie eine Stückkugel auf einer Quecksilber-See und[146] kann nicht untertauchen wenn er auch wollte. Alles ist ihm zur Hand: Stoff, Gehalt, Bezüge, Verhältnisse; er darf nur zugreifen, um seine Gegenstände und Personen in dem einfachsten Decurs vorzuführen oder die verwickelsten Verschränkungen noch mehr zu verwirren, dann zuletzt, nach Maaßgabe, aber doch durchaus zu unsrer Befriedigung, den Knoten entweder aufzulösen oder zu zerhauen.

Ich werde nicht von ihm ablassen diesen ganzen Winter. Wir haben Übersetzungen genug die einer Anmaßung ins Original zu sehn gar löblich bey der Hand sind, und welches, wenn die Sonne in die warme Stube scheint, mit Beyhülfe der lang hergebrachten Kenntnisse, immer besser von statten gehen wird, als es, in diesem Augenblick, unter den neuentdeckten Trümmer von Messene und Megalopolis geschehen könnte.

Übrigens begreifst du, daß ich ein testamentarischen und codicillarischen Leben führe, damit der Körper des Besitzthums, der mich umgibt, nicht allzuschnell in die niederträchtigsten Elemente, nach Art des Individuums selbst, sich eiligst auflöse. Doch haben Könige selbst nicht ein Quer-Fingerbreit über ihr irdischer Daseyn hinaus wirken können; was wollen wir andern armen Teufel für Umstände machen.

Ich sehe nur wenige Menschen zu bestimmten Zeiten, deswegen mir manche schöne Stube in salvo bleibt, wo ich denn in die Ferne auch wohl ein gutes Wort[147] abzulassen im Stande bin. Schreibe fleißig, vermelde und vertraue wie bisher, damit ich, wenn ich irgend zaudern sollte, zum Erwidern angeregt werde.

Sodann will ich aber, weil noch Platz ist, hinzufügen: du mögest mir, wenn das Jahr um ist, alsobald meine Briefe zurückschicken, damit die Abschrift, welche bisher sich gar zu lang in das nächste Jahr hinüberschleifte, sogleich angefangen und geendigt werden kann.

Also gescheh es! im Ganzen und Einzelnen!

Weimar den 23. November 1831.

G.


49/110.


An Amalie von Voigt

[Concept.]

Hochwohlgeborne,

gnädige Frau.

Ew. Excellenz sind gewiß schon in genugsame Kenntniß gesetzt, daß Ihro Königliche Hoheit das abgeschlossene Geschäft wegen des bedeutenden Münzkabinetts gnädigst zu genehmigen, die erste Abzahlung zu verführen und wegen der übrigen Termine die nöthigen Befehle zu erlassen geruht haben.

Auch bring ich Gegenwärtiges nur nach, um beiden Theilen zu einer so wünschenswerthen Übereinkunft Glück zu wünschen; auch mir besonders, da ich Gelegenheit finde, meine liebevolle Verehrung, welche ich[148] so lange Jahre meinem abgeschieden Freunde gewidmet, für jetzt und künftig, auch über mein eignes Bleiben hinaus, zu bethätigen.

Denn Ihro Königliche Hoheit haben, meine dringenden Wünsche gnädigst beachtend, dem so thätigen als einsichtigen Bibliothek-Secretär Theodor Kräuter die Großherzoglichen Münzsammlungen überhaupt und in Gefolg dessen auch die neuacquirirte v. Voigtische als einen zuverlässigen Custoden zu übergeben geruht, wodurch denn eine sorgfältige Anordnungen den Katalogen gemäß für den Augenblick bezweckt und eine fernere Benutzung und Vermehrung eingeleitet wird.

Wie ich denn mich selbst zu wohlwollenden Andenken zu empfehlen nicht ermangele und mich mit Anhänglichkeit und Verehrung unterzeichne.

Weimar den 23. November 1831.


49/111.


An Sulpiz Boisserée

Gegenwärtiges schreibe zu vermelden, daß ein Kistchen, in Packleinwand eingenäht, so eben durch die fahrende Post an Sie abgesendet wird. Der Inhalt brauchte nicht soviel Umstände, wenn ich nicht zugleich einen Gypsabguß der Medaille Mahomets des Zweyten überschicken wollte, dem ich glückliche Überkunft wünsche.

[149] Dieser mächtige und fürchterliche Herrscher verlangte vom venetianischen Senat einen Mahler, und man weiß daß Gentile Bellini nach Constantinopel gegangen. Wenn man nun auch nicht anzunehmen braucht daß der genannte Medaillen-Künstler Bertoldo auch das Profil nach einer vortrefflichen unmittelbaren Zeichnung gebildet sey. Ich bitte, das Licht von oben oder von der rechten Seite einfallen zu lassen, da Sie denn gewiß den Ausdruck eines in sich gekehrten orientalischen Herrschers bewundern werden. Die Medaille muß nach 1467 entstanden seyn, als in welchem Jahre er das alte Reich Trapezunt vernichtet hatte, wovon er sich nun als Herrscher nennt. Die Rückseite ist auch dem Ende des funfzehnten Jahrhunderts ganz angemessen und erinnert, wie ähnliche Rückseiten, an Mantegna und seine Kunstverwandten.

Die Blätter des Chaos sende bis 12 incl., worin Sie eine sehr abwechselnde Unterhaltung finden werden. Verlangen Sie nach der Folge, so senden Sie mir gefällig bald einen Beytrag. Die Gesellschaft der Redacteure und Theilnehmer hat sich neu gebildet und verlangt vierteljährige Beyträge, als Bekenntniß fortdauernden Interesses. Ich habe daran weiter keinen Antheil, als daß ich manchmal etwas hinzugebe; denn dieses wunderliche Unternehmen gewährt gar eine hübsche Unterhaltung einem geistreichen Cirkel,[150] dem man denn seine eigene innere Bewegung nach Weise von 1831 überlassen muß.

Sodann lege ein paar Medaillen bey, die neuste Ausgabe meiner Genfer, auf die Neigung zur organischen Natur im Allgemeinen hindeutend. Herr Oberbergrath Kleinschrob empfehlen Sie mich bestens. Die mir übersendeten Exemplare der Flora subterrenea sind köstlich und machen nunmehr nebst den Ilmenauischen und Graf Sternbergischen ein höchst bedeutendes Fach meiner fossilen Sammlung aus. Meinen wiederholten Dank deshalb!

Auch unsere Gegend verleiht uns manches Interessante; drey ungeheure Elephanten-Backzähne fanden sich in einer Kiesgrube nordöstlich, ein Stoßzahn sieben Fuß lang in einem Tufflager südwestlich. Uralte Documente einer Erstwelt, die uns mehr in Verwunderung setzen als belehren.

Meine Medaillen-Sammlung des funfzehnten in das sechzehnte übergehenden Jahrhunderts ist seit dem Eintritt des orientalischen Tyrannen gar löblich vermehrt worden. Vielleicht sind Sie bald in dem Falle, nach früherer Meldung, etwas Erfreuliches beyzutragen.

Ihre litographischen Sendung beschäftigen uns gar manchmal an hellen Stunden. Auch das Bild der drey Könige von Eyck ist vortrefflich; doch gibt es bey'm ersten Anblick nicht den heiteren Eindruck, den das Original in unserem Geiste zurückgelassen. Es mag daher kommen, daß man die Localtinten dem[151] Schatten gemäß, wie neuerlich auch in dem Kupferstich gefordert wird, auszudrücken suchte, wodurch das Ganze vielleicht düsterer geworden, indem der dunklen Eigenschaft des Monochroms die Energie der Farbe abgeht, welche stets auch dunkle Stellen zu erleuchten scheint. Sagen Sie mir Ihre Gedanken hierüber, mich weiter aufzuklären.

Seitdem ich das Glück hatte, meinen Faust abzuschließen und zu versiegeln, damit er, wie er auch sey, noch einige Jahre in Ruhe bleiben möge, hab ich mich wieder in die naturwissenschaftlichen Dinge geworden, um sie so zu redigiren, zu stellen und zu ordnen, daß sie sich dereinst an die Ausgabe meiner Werke schicklich anschließen mögen. Auf diesem Wege such ich gerade jetzt aus meiner Farbenlehre zwar nicht ein Lesebuch, aber doch ein lesbaren Buch zu machen. Ohnerachtet des grimmig-hassenden Widerstrebens der Phisiko-Mathematiker wirkt sie im Stillen, wovon mir anmuthige Beweise zugekommen sind. Freylich lasten die Schulnebel zu schwer auf den Überliefernden, von denen man nicht verlangen kann daß sie sich entschließen sollen von vorn anzufragen; wer weiß aber ob das Barometer der Vernunft nicht so hoch steigen kann, um jenen dichten Dunstkreis auf einmal zu zerreißen, damit die beschmutze Sonne sich in ihrer ewig-reinen Klarheit zeige und die reine Materie dagegen das ihr anheim gegebene Farbenspiel auch vor dem geistigen Auge der Menschen beginne.

[152] Und somit werde denn für dießmal freundlichst ausgesprochen und nur die Anfrage hinzugefügt: ob Sie den Betrag, sowohl für das Domwerk als für das lithographische, aus der Fürstlichen Casse richtig erhalten haben?

Da ich noch ein leeres Blatt vor mir sehe, will ich etwas gestehen was mir von Zeit zu Zeit in den Sinn kommt.

Als ich meinen abgeschlossenen Faust einsiegelte, war mir denn doch nicht ganz wohl dabey zu Muthe; denn es mußte mir einfallen daß meine werthesten, im Allgemeinen mit mir übereinstimmenden Freunde nicht alsobald den Spaß haben sollten, sich an diesen ernst gemeinten Scherzen einige Stunden zu ergötzen und dabey gewahr zu werden, was ich viele Jahre in Kopf und Sinn herumbewegte, bis es endlich diese Gestalt angekommen.

Sogar als Dichter, der sein Licht nicht unter den Scheffel setzen will, mußt ich verzweifeln, indem ich auf die nächste unmittelbare Theilnahme Verzicht that. Mein Trost ich jedoch, daß gerade die, an denen mir gelegen seyn muß, alle jünger sind als ich und seiner Zeit das für sie Bereitete und Aufgesparte zu meinem Andenken genießen werden.

Nun aber zu vollkommener Ausfüllung des weißen Raums noch ein Geschichtchen.

Ich reis'te durch eine Landstadt in Thüringen und fragte: ob nicht im Vorbeygehen etwas Bedeutendes[153] zu sehen sey. Drauf erhielt ich eine bejahende Antwort und die Nachricht: es sey so eben auf dem Friedhofe ein sehr schönes Monument ausgestellt worden. Auf meine Erkundigung vernahm ich: der Ehrenmann, der sich solches setzen lassen, sey schon funfzig Jahre gestorben, habe in seinem Testament eine bedeutende Summe ausgesetzt, zu welcher ein halb Jahrhundert die Interesse geschlagen werden sollten. Nach Verlauf dieser zeit hätten seine Erben von einem vorzüglichen Künstler ihrer Tage ihm ein Monument setzen zu lassen. Dieß sey nun geschehen und jedermann wallfahrte zu dem Grade des wackern Mannes. Auch ich besuchte es alsobald, fand es, dem antiken Geschmack sich nähernd, gar artig und gelungen, so daß dieser gute Mann, dem es eigentlich nicht um Ruhm, sondern nur um ein heiteres Andenken zu thun war, seinen Zweck wirklich erreicht hatte.

und so fort an!

von der ersten zur letzten Zeile

W. d. 24. Nov. 1831.

J. W. v. Goethe.


49/112.


An Friedrich Jacob Soret

Länger will ich nicht säumen, theuerster Herr und Freund, vorläufig zu vermelden, daß ich in ruhiger Stunde Ihre mir anvertraute Trilogie mit offnem Geiste gelesen habe und versichern darf: daß die verschiedenen[154] Theil des Gedichtes den Eindruck hervorbringen und hinterlassen den sie beabsichtigen. Die Tagszeiten sind hell und klar, nach ihrem Charakter, und Mitternacht welches dem trefflichen Victor Hugo selbst nicht immer gelingt, der dem Auge noch zuviel in der Finsterniß zu schauen übrig läßt.

Geben Sie mir zu einem zweyten Lesen einige Zeit, dann sprechen wir mehr darüber, gewiß zu anmuthiger Unterhaltung.

Indessen kann ich nicht schließen, ohne Sie mit einiger Bemühung zu bedrohen. Ich habe nämlich die Absendung meines Schreibens allzu lang verzögert, indem es französisch verfaßt seyn müßte. Wollen Sie mir behülflich seyn, dieses Schifflein vom Stapel zu lassen, so würde ich eine solche Gefälligkeit dankbarlichst erkennen.

Hochachtend wie vertrauend

W. d. 25. Nov. 1831.

J. W. v. Goethe.


49/113.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

die mitgetheilten bedeutenden Briefe dankbar zurücksendend, ersuche Dieselben: Ihro des Herrn Herzogs Bernhard Königliche Hoheit zu versichern daß er auch mir in den letzten Zeiten seiner bedeutenden Thätigkeit[155] nicht aus den Sinne gekommen sey und daß wir an seiner hohen Person so wie an jenen Zuständen überhaupt jederzeit die aufrichtigste Theilnahme zu bewahren für unerläßliche Pflicht hielten.

Wieviel hierüber zu sagen!

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

treulichst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 25. November 1831.


49/114.


An Friedrich Jacob Soret

Indem ich mir die Freyheit nehme, den angekündigten Brief zu gefälliger Behandlung hiemit zu übersenden, wünsche nichts mehr als eine baldige mündliche Conferenz, um über die schätzbaren Gedichte das Weitere zu sprechen.

Das einzelne: Le Volcan würde sich in jeder Sammlung recht gut ausnehmen; nur an die Trilogie würde ich nicht rathen es anzuschließen, indem sein Glanzfeuer die wahre Finsterniß jener Mitternacht sogleich aufheben und zerstören müßte.

Gar manches Andere versparend.

treu ergeben

J. W. v. Goethe.

Weimar den 26. November 1831.[156]


49/115.


An Ottilie von Goethe

[Concept.]

Bescheide Anfragen:

Ob Frau v. Goethe etwa auf zwey Exemplare des hier angeboten Werkes für die englischen Freunde subscribiren wollte?

Ferner wünscht man den Sinn des roth unterstrichenen Wortes in der englischen Übersetzung des bewußten Briefes zu erfahren.

Weimar den 26. November 1831.


49/116.


An Doris Zelter

[Concept.]

Die Rübchen sind glücklich angekommen und vermehren herkömmlich, dankbarlichst empfangen, unsre mannigfaltigen Wintervorräthe. Noch besser würden sie schmecken, wenn wir hoffen dürfen, Ihnen davon in guter Gesellschaft anzubieten; daher versichere ohne weiters daß Sie uns zu Weihnachten oder Neujahr durch Ihre Gegenwart sehr erfreuen würden. Ich besprach es mit Ottilien und sie denkt, daß es ohne beiderseitige besondere Unbequemlichkeit thunlich seyn werde, Sie bey sich zu logiren. Auf alle Fälle kennen Sie das Quartier im Schwan, welches zur Aushülfe bereit steht. Versorgen Sie den guten Vater vor der Abreise und bringen ihm, zu allenfallsiger[157] Entschädigung des Entbehrens, von uns die besten Nachrichten. Die Kinder sind ein muntres leidliches Volk, deren Beginnen eher unterhalten als lästig wirkt.

Auch unser Theater kann ich einer Berlinerin verhältnißmäßig empfehlen. Wenn schon enger beysammen, ist es doch nicht ohne Verdienst, gewisse Partien lobenswürdig, andere vorzüglich; und man schmeichelt mir, ein gewisses Fundament früherer Zeit sey noch geblieben auf welchem mit Geschmack und gutem Willen, nicht weniger mit bedeutenden Aufwand fortgebaut werde, und es sollte mir sehr angenehm seyn, auch hierüber von Ihnen ein versicherndes Zeugniß zu vernehmen.

Ottilie grüßt zum schönsten und ich kann versichern, daß Sie, meine liebe Doris, durch das Aus- und Eingehen, Hin- und Herwandern, abrupte so wie im Kreis sich bewegene Besuche abwechselndes Vergnügen genießen würde, wo mancher gute Gedanke aufgefordert und manche Empfindung erregt wird.

Empfehlen Sie mich zum schönsten in Ihrem tonreichen Kreise, der sich in palastähnlichen Räumen bewegt. In Gedanken bin ich oft daselbst, wo mir persönlich aufzuwarten nicht gelingen sollte. – Ich will nur abbrechen und habe Vorstehendes dictirt in Hoffnung, bald die Fortsetzung mündlich anzuknüpfen.

Alles Gute, Schöne, Wünschenswerthe.

Weimar den 26. November 1831.[158]


49/117.


An Eugen Napoleon Neureuther

Mit viel Vergnügen, mein werthgeschätzer Herr, erfahr ich durch Ihren zutraulichen Brief, daß Sie sich wieder in Ihr eigenes Feld, in die vaterländische Concentration, Einheit und Einfalt zurückgezogen haben und sich auf diese Weise würdig beschäftigen. Zugleich dient es mir zu Beruhigung, wenn Sie den großen Fleiß und jene durchdringende Aufmerksamkeit, die Sie meinen Gedichten bisher so energisch gegönnt, auch nunmehr den edlen Mitarbeiten an den deutschen Lufthügeln der Poesie gleichfalls zuwenden wollen.

Ich subscribire sehr gern auf sechs Exemplare, worunter ich mir ein schwarz abgedrucktes erbitte.

Schließen kann ich jedoch nicht ohne zu versichern: daß die colorirte Zeichnung, die ich Ihnen verdanke, immerfort von geistreichen Männern bewundert und zu guter Stunde entziffert wird.

Lassen Sie mich, so lange wir zusammen auf der Oberfläche dieses Erdballs wirken, theilnehmen an Ihren glücklichen Kunstzeugnisse, so wie an den, wie ich wünsche, vortheilhafte Ereignissen Ihres Lebens.

Mit heiterster Bewunderung an Ihren Arbeiten theilnehmend.

Weimar am 27. Nov. 1831.

J. W. v. Goethe.[159]


49/118.


An Friedrich Jacob Soret

Was die Medaille betrifft, theuerster Herr und Freund, so würde ich dem Votum des Herrn Hofrath Meyers beytreten. Die Mionnetischen Pasten erhalten nunmehr einen unschätzbaren Werth, indem die Originale gestohlen und wahrscheinlich zum größten Theil verschmolzen sind. Wir besitzen schon de griechischen und wenn man eine Auswahl der römischen Kaisermünzen der erste drey Jahrhunderte bestellen wollte, so entstünde daraus ein mannichfaches Gute und der geliebte Prinz würde dadurch in diese Abtheilung der römischen Geschichte initiirt und gewönne zugleich eine Annäherung an das neu angeschaffte v. Voigtische Kabinett.

Dem Kunst- und Alterthumsfreunde wär es gleichfalls zum großen Gewinn, wenn er eine Anzahl solcher wichtigen Documente vor sich sähe, anstatt daß jene früher angebotenen Sibermünzen nur unzusammenhängende Particularitäten darstellen. Hofrath Meyer wird hierüber sich noch vollständiger zu erklären wissen.

Daß Sie, mein Theuerster, in die Geheimnisse der Trilogie einzubringen wünschen, freut mich ganz besonders, und nur desto mehr, als ich Sie auf dem rechten Wege finde. Doch ist dieses Capitel, wegen großer Zartheit und Mannigfaltigkeit, nur mündlich zu behandeln. Wenn Sie solches völlig penetrirt haben,[160] so werden Sie Ihre eignen Arbeiten noch lieber gewinnen und gar manches, was jetzt isolirt steht, zu verknüpfen das Vergnügen haben. Auch deswegen völlige Wiederherstellung der Gesundheit und Erlaubniß, die Freunde zu besuchen, wünschend.

Ihro Kaiserlich Hoheit bitte mich unterthänigst in Gnaden bestens zu empfehlen.

treulichst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 28. November 1831.


49/119.


An Carl Gottfried Theodor Winkler

Ew. Wohlgeboren

habe zuvörderst zu vermelden: daß die zweyte Sendung der Kuferstich-Hefte und ein Nachtrag beider für die neu antretenden Mitglieder glücklicher angekommen, auch zu Vergnügen und Aufmunterung der Actionäre das Ihrige gewirkt.

Sodann liegt hier angeschlossen das rectificirte Verzeichniß, wobey die Einrichtung getroffen, daß man die abgehenden Actionäre zugleich mit den eintretenden bemerken kann.

Ferner liegt bey die Rechnung der Einnahmen, mit Bemerkung der Geldsendungen; da denn die letzten dreyßig Thaler mit dem Postwagen ebenfalls abgehen. Ein Schreiben an Herr v. Quant ist gleichfalls beygelegt.

[161] Und so wäre denn für dieses Jahr das Geschäft insofern geschlossen, und wir hätten nun zu erwarten, was das gute Glück weiter über die abgeschafften Bilder beschließen wird.

Auch will ich hier bemerken: daß Herr v. Quant bey mir die Anfrage gethan, ob man nicht unter den Kupferplatten die Namen der Gewinnenden weglassen sollte, indem dieses zu einigem Aufenthalt Anlaß gebe?

Wir sind auch in diesem Puncte mit dem, was eine verehrliche Direction beschließen wird, völlig einverstanden.

Bemerkt ist schon und anerkannt, daß Fräulein Seidler sich dieser Angelegenheit auf's ernstlichste annimmt und dabey von dem genannten Römhild auf das treu-fleißigste unterstützt wird. Indessen bitte ich noch alle Sendungen nach wie vor an mich zu adressiren, wie ich denn geneigt bin, die Übersicht des Geschäfts zu behalten, jedoch dasselbe dergestalt in jene Hände zu legen, daß es bey irgend einer Veränderung keine Stockung erleide und die hochverehrlichen Dresdener Freunde sich eines dauernden guten Verhältnisses mit den weimarischen Actionärs versichert halten können.

Hochachtungsvoll

Ew. Wohlgeb. ergebenster Dr.

J. W. v. Goethe.

Weimar den 29. November 1831.[162]


49/120.


An Benjamin Robert Haydon

My Dear Sir,

The Letter, which you have had the Kindness to address to me, has afforded me the greatest Pleasure; for, as my Soul has been elevated for many Years by the Contemplation of the Important Picture, formerly sent to me, which occupy an honourable Station in my House, it cannot but be highly gratifying to me to learn that you still remember me and embrace this Opportunity of convincing me that you do so.

Most gladly will I add my Name to the List of Subscribers to your very valuable Painting, and I shall give Direction to my Banker here to forward to you the Amount of my Ticket through the Hands of his Correspondents in London Messrs. Coutts and Co.

Reserving to myself the Liberty of asking, at a future Period, for further Information as well about the Matter in Question an the Picture that is to be raffled for, as concerning other Objects of Art, I beg to conclude the present Letter by recommending myself to your friendly Remembrance.

Weimar December 1., 1831.

[J. W. v. Goethe.][163]


49/121.


An Wilhelm von Humboldt

[Concept.]

Schon durch die öffentlichen Blätter, verehrter Freund, unterrichtet, daß der Wellenschlag jener wilden Ostsee auf die Organisation des theuersten Freundes einen so glücklichen Einfluß geübt, hab ich mich höchlich erfreut und dem so oft verderblich Gewässer alle Ehre und Reverenz erwiesen. Ihr willkommenes Brieflein bestätigt diese guten Nachrichten zum allerschönsten und besten, so daß ich aus meiner Klause in die vom Schnee verschleierten Klostergärten mit Behagen hinausblicken darf, indem ich den theuersten Freund auf seinem vierthürmigen Schlosse, in geräumiger Umgebung, eine weit überwinterte Landschaft überschauend, gleichfalls mit gutem Muthe seine tiefgegründeten Arbeiten bis in's Einzelne verfolgend mir vorstellen darf.

Im Allgemeinen kann ich wohl sagen, daß das Gewahrwerden großer productiver Naturmaximen uns durchaus nöthigt, unsre Untersuchungen bis in's Allereinzelnste fortzusetzen; wie ja die letzten Verzweigungen der Arbeiten mit ihren verschmisterten Venen ganz am Ende der Fingerspitzen zusammentreffen.

Im Besondern aber darf ich wohl sagen, daß ich Ihnen oft näher geführt werde als Sie wohl denken, indem die Unterhaltung mit Riemer gar oft auf's Wort, dessen etymologische Bedeutung, Bildung und[164] Umbildung, Verwandtschaft und Fremdheit hingeführt werden.

Ihrem Herrn Bruder, für den ich keinen Beynamen finde, bin ich für einige Stunden offner freundlicher Unterhaltung höchlich dankbar geworden. Denn obgleich seine Ansicht der geologischen Gegenstände aufzunehmen und danach zu operiren meinem Cerebralsystem ganz unmöglich wird, so hab ich mit wahrem Antheil und Bewunderung gesehen wie dasjenige, wovon ich mich nicht überzeugen kann, bey ihm folgerecht zusammengehängt und mit der ungeheuren Masse seiner Kenntnisse in eins greift, wo es denn durch seinen unschätzbaren Charakter zusammengehalten wird.

Darf ich mich, mein Verehrtester, in altem Zutrauen ausdrücken, so gesteh ich gern daß in meinen hohen Jahren mir alles mehr und mehr historisch wird: ob etwas in der vergangenen Zeit, in fernen Reichen oder mir ganz nah räumlich im Augenblicke vorgeht, ist ganz eins, ja ich erscheine mir selbst immer mehr und mehr geschichtlich; und da mir meine gute Tochter Abends den Plutarch vorlies't, so komm ich mir oft lächerlich vor, wenn ich meine Biographie in dieser Art und Sinn erzählen sollte.

Verzeichen Sie mir dergleichen Äußerungen! im Alter wird man redselig und da ich dictire, kann mich diese Naturbestimmung gar wohl auch überraschen.

Von meinem Faust ist viel und wenig zu sagen; gerade zu einer günstigen Zeit fiel mir das Dictum ein:


[165] Gebt ihr euch einmal für Poeten,

So commandirt die Poesie;


und durch eine geheime psychologische Wendung, welche vielleicht näher studirt zu werden verdiente, glaube ich mich zu einer Art von Production erhoben zu haben, welche bey völligem Bewußtseyn dasjenige hervorbrachte, was ich jetzt noch selbst billige, ohne vielleicht jemals in diesem Flusse wieder schwimmen zu können, ja was Aristoteles und andere Prosaisten einer Art von Wahnsinn zuschreiben würden.

Die Schwierigkeit des Gelingens bestand darin, daß der zweyte Theil des Faust, dessen gedruckten Partien Sie vielleicht einige Aufmerksamkeit geschenkt haben, seit funfzig Jahren in seinen Zwecken und Motiven durchgedacht und fragmentarisch, wie mir eine oder die andere Situation gefiel, durchgearbeitet war, das Ganze aber lückenhaft blieb.

Nun hat der Verstand an dem zweyten Theile mehr Forderung als an dem ersten, und in diesem Sinne mußte dem vernünftigen Leser mehr entgegengearbeitet werden, wenn ihm auch an Übergängen zu suppliren genug überblieb.

Das Ausfüllen gewisser Lücken war sowohl für historische als ästhetische Stätigkeit nöthig, welches ich so lange fortsetzte, bis endlich für räthlich hielt auszurufen:


Schließet den Wäss'rungskanal, genugsam tranken die Wiesen.[166]


Und nun mußte ich mir ein Herz nehmen, das geheftete Exemplar, worin Gedrucktes und Ungedrucktes in einander geschoben sind, zu versiegeln, damit ich nicht etwa hie und da weiter auszuführen in Versuchung käme; wobey freylich bedaure, daß ich es – was der Dichter doch so gern thut – meinem werthesten Freunden nicht mittheilen kann.

Eine Übersetzung meiner Methamorphose der Pflanzen von Herrn Soret mit einem Nachricht sende ich nicht, es müßte denn seyn, daß gewisse Lebensconfessionen Ihrer Freundschaft genug thäten. Ich bin neuerer Zeit in diese Naturerscheinung mehr und mehr verstrickt worden; sie haben mich zum Fortarbeiten in meinem uranfänglichen Felde angelockt und zuletzt darin zu verharren genöthigt. Wir wollen sehen was auch da zu thun ist, und das Übrige der Folgezeit überlassen, der wir, unter uns gesagt, ein beschwerlicheres Tagewerk zuschieben als man glauben sollte.

Lassen Sie uns beiderseits von Zeit zu Zeit einen Anklang fortwährenden Daseyns nicht verwissen.

Weimar den 1. December 1831.


49/122.


An Gaëtano Cattaneo

Vous m'avez obligé, Monsieur, de la Manière la plus sensible en m'adressant il y a quelque tems un écrit pour lequel je ne saurois me dispenser de vous témoigner ma reconnoissance, quelque tardive qu'en[167] puisse paroitre l'expression. A cette époche où nous avons été frappés du coup le plus sensible, où j'ai perdu dans mon fils un soutien préparé à la longue et riche en espérances, rien ne pouvoit m'être plus précieux que d'apprendre qu'il se trouvoit aussi loin de moi des hommes estimables prenant une part sincère à cet événement, qui sympathisoient du fond de leur coeur avec mes soufraces et qui éprouvoient le besoin de me donner preuve de leur bienveillance soutenue.

Vous même vous avez connu le jeune homme et lui avez fait l'amitié de converser avec lui et de lui communiquer vos lumières autant qu'il pouvoit le désirer et que le comportoit son instruction; vous aurez abservé sans doute qu'il possédoit à un haut degré des connoissances tés-Variées et qu'en particulier ses goûts le portoient vers l'étude de l'art et de l'antiquité.

Les nouvelles qu'il nous de son voyage en Lombardie étoient aussi détaillées qu'intéressantes; il obeser voit chaque contrée avec un formé à l'étude de l'histoire naturelle; ses relations me procuroient les plus vives jouissances, et me donnoient le meilleur espoir pour le complet rétablissement de sa santé.

Il m'avoit aussi fait l'envoi d'objets divers et d'antiquités qui sans être du premier prix n'en étoient pas moinstrés-remarquables dans leur genre.[168] D'autres envois qui se rsttachoient à mes collections sembloient me promettre des matériaux pour toute une vie de conversations intéressantes avec lui.

Mais cette espérance ne devoit pas être réalisée et j'étois destiné à supporter la dure épreuve d'avoir tout à recommncer lorsque j'étois pour ainsi dire au but, d'avoir à m'occuper des intérês de mes petits enfans, que dans l'ordre naturel des choses je m'étois plu à considérer comme assurés entre des mains plus jeunes que les miennes.

Dans le cas, Monsieur où vous series surpris doú retard qu'ont 'prouvé les remercîmens qui vous sont dus, permettez-moi encore d'avouer que j'ai coutume vers la fin de l'année de scruter attentivement le registre des dettes qui me restent encore à satisfaire au milieu des obligations et des rapports les plus compliqués, et comme alors je trouve une occasion de témoigner pour le passé ma reconnoissance logtems silencieuse, et de faire des voeux pour que dans l'avenir la bénédiction d'en haut descende sur des amis éprou vés, mes sentimens se trouvent ainsi exprimés de la manière la plus solennelle pour vous, Monsieur, pour l'excellente famille Mylius et pour Monsieur Manzoni.

Agrées enfin l'assurance de tout ma considération et de l'affectueux dévoument que je vous porterai toujours.

Weimar, ce 1. Dec. 1831.

J. W. Goethe.[169]


49/123.


An Johann Ludwig Deinhardstein

Auf die verehrliche Anfrage unter dem 16. November d. J. habe schuldigst zu erwidern: daß am 19. August an den hochwürdigsten Herrn Erzbischof Pyrker ein Paquet mit der fahrenden Post nach Erlau abgegangen und wahrscheinlich an der Gränze wegen Ermangelung eines Gesundheits-Passes aufgehalten worden. Man hat deswegen von hier aus einen solchen Paß alsobald nachgesendet und hofft, gemeldetes Paquet werde dadurch wohl mobil geworden und zu seiner Bestimmung gelangt seyn.

Goethe.

Weimar den 2. December 1831.


49/124.


An Anton Bernoully

[Concept.]

[4. December 1831.]

Für den Betrag des beykommenden Ducatens wünscht man Zuckerwerk von verschiedener Art, wie man solches vorm Jahr um diese Zeit erhalten, und zwar in zwey verschiedenen Schubkästen gleich getheilt, wohl emballirt, mit der fahrenden Post, baldigst abzusenden, adressirt wie beyliegt.

Weimar den 2. December 1831.[170]


49/125.


An Friedrich Theodor von Müller

Mit dem besten Dank erfolgt hier das geneigt Mitgetheilte zurück, welches zu bedeutender Unterhaltung Gelegenheit geben wird. Das liebenswürdige Schreiben einer anmuthigsten Dame darf man ein solches Juwel nicht lassen.

Mög ich Ihnen und zugleich allen Freunden schönstens empfohlen seyn.

und so fortan!

Weimar den 6. December 1831.

J. W. v. Goethe.


49/126.


An Johann Jacob und Marianne von Willemer

Das liebe Schreiben vom 17. Juli liegt mir seit jener Zeit immer vor Augen, bis ich gestern Raum fand, die schöne Beschreibung des merkwürdigen Regenbogens in meine Collectaneen eintragen zu lassen, es ist ein sehr seltener Fall, der nur unter den mannigfaltigen Bedingungen sich zutragen kann. Wie Sie sich denn wohl erinnern daß es hoch Mittag gewesen.

Seitdem ich Ende September von dem Nächstvergangenen einige Nachricht gegeben, habe ich mich fachte in die Winterquartiere zurückgezogen. Nun muß ich mir eine gleiche Retraite von der Mühle zur Stadt[171] vorstellen und Sie am Fenster suchen wie Sie den lebhaften Mayn überblicken.

Ich führe mein beschäftigtes Leben, wie sonst, immer fort, das mir von Zeit zu Zeit lästig und unfruchtbar und sodann wieder einmal wirksam und fröhlich erscheint und also von seiner Art und Sitte nicht lassen will.

Eigentlich habe wenig oder nichts meinen Freunden zu Ergötzlichkeit hervorbringen können; indessen kommt vielleicht nächstens einiges welches zugleich Dank sagt und um Verzeihung bittet.

Für die herkömmliche Freundlichkeit der musterhaften Distelköpfe habe vor allen Dingen Dank zu sagen; sie kamen, so wie wohlgemeynt, auch gerade zur rechten Zeit, und die lieben Gäste wußten nicht was sie von meiner vortrefflichen Gartenkunst denken sollten, so füll auch gesellige Gläser, zwar haushältisch, aber mit besten willen, von jenen freundlichen Frankfurter Geschenk, welches sich nicht weniger so wohl in den Thüringer Hügelgebirgen auszeichnet.

Und so erreichen wir wieder Weihnachten und Neujahr, dem alten Schlendrian des Kalenders nach, aber, wie mir dünken will, mit immer gleich neuen und frischen Freundesgesinnungen, die den doch zuletzt allein das Leben erhalten und fördern.

Die Meinungen sind wohl und thun mir wohl, indem sie sich, mit eigenen Charakteren und Tendenzen,[172] an mich anschließen und, von mir gewinnend, auch mir zur Förderungen und Gewinn dienen.

Fried' und Freude allen Wohl-

wollenden, besonders den

Nahen Verbundenen!

Und so fortan!

J. W. v. Goethe.

Weimar den 6. December 1831.


49/127.


An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwohlgeboren

von den herrlichsten Kunstwerken umgeben, eigenen sowohl als den Freunden wie dem Staat gehörigen, fühlen sich freylich zu den höchsten Forderungen berichtigt, indessen wir andern uns schon mit dem begnügen, was en wackerer Künstler geleistet hat.

Ich kann nicht aussprechen, wie angenehm mir diese beiden Bilder sind, die mit so vieler Sorgfalt, Klarheit und Reinlichkeit und mit dem einer guten Kunstschule eignen Geschmack, der wirklich in einer löblichen Disposition, Haltung und Förderung sich manifestirt, gar löblich ausgeführt sind. Danken Sie dem wackern Manne in meinem Namen, denn ich schätze diese Art, die sich von Zingg und Klengel herschreibt, von denen ich gar schöne aquarellirte Zeichnungen aus früherer Zeit besitze.

[173] Achten wir ja diese Art, welche sich mittheilen und lernen läßt, ohne die höheren Forderungen aufzunehmen, welche nur durch höchstbegabte Individuen zu erreichen sind.

Nun, da Sie selbst die Gefälligkeit hatten, die Standpuncte auszusuchen, wo sich die Gegend auf's beste entfaltet und in sich wieder zusammenfügt, so würde es Sie gewiß unterhalten, wenn es möglich wäre, Ihnen auf einem Blatt darzustellen, wie ich mir das liebe Dittersbach, die neugegründete Schönhöhe und das benachbarte Stolpe zusammengedacht; es gäbe ein Bild, das den steilen Darstellungen der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts sich zur Seite stellte. Hier aber ist alles so anmuthig, die Höhen so mäßig, das flächere Land so hübsch bewegt, daß man begreift, wie seit vielen Jahren eine bedeutende Besitzung sich hier gründet und zusammenhalten können, wovon und die topographischen Wörterbücher hinreichend belehren und wozu wir Ihnen von Herzen Glück zu wünschen haben.

Ich mag nun also diese abgebildete Gegend hin und wider in ihrer höchstverständigen, und ich darf wohl sagen, vernünftigen Lage betrachten, so erquickt mich die Hoffnung, daß die liebe Natur auch zur Vernunft gekommen sey und alle jene verrückten fieberhaften Erschütterungen für immer aufgeben habe, damit sowohl die umschauende umsichtige Schönhöhe als das daran sich schließende Wohlhaben für[174] ewige Zeiten gesichert sey und, mitten unter den problematischen Ruinen der Vorzeit, Ihnen und Ihren Nachfahren fest und beruhigt verharren, auch das Reelle, Faßliche, Nützliche, wie es in diesen Bildern vor uns liegt, immerfort unverkümmert zur Freude gedeihen möge.

Soviel für heute, da mir noch gar manches dankbar zu erwidern und mitzutheilen übrig bleibt.

Danckbar verpflichtet

J. W. v. Goethe.

Weimar den 18. December 1831.


49/128.


An Johann Christian Mahr

Für das übersendete Stück einer merkwürdigen fossilen Pflanze hab ich in mehr als einem Sinne zu danken; es ist nicht allein das Erste seiner Art was sich aus den dortigen Gruben herschreibt, sondern es ist mir auch dergleichen anders woher bekannt geworden. In der Graf Sternbergischen Flora der Vorwelt finden sich kaum eine angenäherte Abbildung; dem ersten Anblick nach hält man es für ein Farrenkraut, bis man bemerkt, daß dasjenige was man für Zweige hielt als unter einander anastomosirt erscheint, wodurch ein Continuum entsteht, welches cactusartig auch wieder einzelne Augen gemeinschaftlichen hervorbringt. Ich wünsche dem Herrn Grafen davon Mittheilung zu thun; da es aber höchst mißlich[175] ist, eine Zeichnung zu veranstalten, so wäre die Frage: ob nicht ein kleineres Stück, und wenn es nur handgroß wäre, sich daselbst vorfände. Denn das Wichtige davon ist, daß es keinen Abdruck darstellt, sondern als eine Pflanze gelten muß, welche von zwey Seiten her einen Körper einschließt.

Sowohl der ungeheure Stamm, den ich Ihrer früheren Aufmerksamkeit schuldig bin, als dieser neue Fund macht jene Kohlengruben nur desto wichtiger, je weiter man in diesen Kenntnissen vorschreitet, und da ich vermuthe daß Sie mit Herrn Rieth in nachbarlich-freundlicher Verbindung stehen, so würden Sie wohl diesen einsichtigen thätigen Mann auch geneigt machen, von dem dortigen Vorgefundenen das Interessante beyzutragen. Mir ist bey dem Wunsch, dergleichen selbst zu besitzen, auch angelegen, die Kenntniß im Einzelnen weiterzuführen und die unter den Geologen schon längstberühmten Kammerberger und Manebacher Kohlenwerke Rufe zu erhalten.

Manches Andere versparend und bey irgend einem kurzen hiesigen Aufenthalt mir einige Stunden zu gönnen bittend.

Das Beste wünschend

ergebenst

J. W. v. Goethe.[176]

Weimar den 18. December 1831.


49/129.


An Johann Carl Friedrich Riese

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht ungesäumt zu melden: daß die an mich gerichtet Sendung zu rechter Zeit und glücklicher ankommen sey. Gar seht habe ich für den heiter grüßenden Genius zu danken, welcher sich durch ein wohl empfundenes Kunstleben an meine heranwachsenden Enkel anschließt und in diesem Sinne ganz eigentlich zur Familie gehört. Möge Ihnen für dieses anmuthige Werk so wie für alles Gelingen auf Ihrem bedeutenden Posten ein verdienter Beyfall zum Lohn gedeihen.

Was Sie zu Gunsten unsrer Facius aussprechen, habe ich zu ihrem Vortheil zu benutzen nicht ermangelt. Wie ich höre, kommt sie selbst hierher, deshalb hebe ich ihre gesendeten Arbeiten bis dahin auf, damit sie solche den gnädigsten Herrschaften selbst überreiche und sich zugleich persönlich empfehle; da ich denn nicht zweifeln kann, sie werde, assistirt von ihren hiesigen Gönnern, den von ihr und allen ihren Freunden gewünschten Zweck erlangen, ihren Berliner Aufenthalt auch für das nächste Jahr verlängert zu sehen. Haben Sie die Güte, Ihr Wohlwollen für diese werthe Künstlerin fortzusetzen und dieselbe so wie auch mich dem Herrn Geh. Bergrath Frick bestens zu empfehlen.

[177] Sollt ich etwas Angenehmes erweisen können, so wird es mit Vergnügen geschehen.

Weimar den 21. December 1831.


49/130.


An Friedrich August von Fritsch

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben wohl die Gefälligkeit, beykommende Blättchen zu unsern Freundinnen an der Donau gelangen zu lassen, wo sie wohl einen vergnüglichen Augenblick zum neuen Jahre bewirken können. Für jene anmuthigen Verhältnisse zum schönsten dankbar.

Weimar den 21. December 181.


49/131.


An Friedrich Theodor von Müller

Wie unserm Freunde aus seiner gegenwärtigen Bedrängniß allenfalls zu helfen seyn möchte, ist mir ein Gedanke beygegangen, den ich gern mündlich mittheilte, wenn Ew. Hochwohlgeboren mir diesen Morgen auf einen Augenblick das Vergnügen Ihrer Gegenwart schenken wollten.

Weimar den 21. December 1831.

G.[178]


49/132.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiedurch freundlich ersucht, mir anzuzeigen, was die Übermachung von 10 Pfund Sterling nach London, hier am Orte zurückzuzahlen, betragen würde.

Weimar den 22. December 1831.


49/133.


An den Großherzog Carl Friedrich

[Concept.]

[23. December 1831.]

Durchlauchtigster!

Ew. Königlichen Hoheit wird aus beykommendem Schreiben des pp. Riemer unterthänigst vorzutragen seyn, wie derselbe um einen Besoldungsvorschluß von 125 rh. mit der Bedingung eines vierteljährigen Abzuges von 25 rh. gebeten und womit er sein Gesuch motivirt hat.

Wenn wir in der Regel pflichtmäßig dergleichen Anträge zu beseitigen nicht ermangeln, so ist doch der gegenwärtige Fall von der Art, daß wir solchen zu Höchst Ihro Kenntniß zu bringen uns bewogen fühlen.

Höchst Denenselben ist genugsam bekannt geworden, wie dieser Mann, gerade in der bedeutenden Epoche seines Lebens, bey der Einführung seines Sohnes in[179] Königlich Preußische Dienste, von so manchen zufälligen und widerwärtigen Hindernissen überrascht worden, daß sich Ausgabe über Ausgabe gehäuft und, ohngeachtet höchster bedeutender Begünstigung, er noch nicht zum Gleichgewicht seines Haushalts gelangen können.

Mit allen einzelnen Umständen dieser Verwicklungen bekannt, wagen wir dessen Bitte zu bevorworten, da bey seinen kräftigen Mannes- Jahren die Casse nicht gefährdet scheint, auch dem Ersatz in kurzer Zeit entgegenzusehen ist, [und] mit dem unzielsetzlichen Antrage hervorzugehen, Höchst Denenselben möge es gefällig seyn, uns zu der Auszahlung des gedachten Vorschusses, nicht weniger der terminlichen Rückzahlung gnädigst zu autorisiren.


49/134.


An Carl Gustav Börner

Ew. Wohlgeboren

erhalten mit der zunächst abgehenden Post das größere und die zwey kleineren mir übergebenden Portefeuilles zurück. Was ich daraus zurückbehalten, ist auf dem nächsten Blatte verzeichnet, mit den von Ihnen angeschriebenen Preisen, wonach ich denn 21. Thlr. 22 Ngr. schuldig bleibe, welche nächstens abzutreiben nicht ermangeln werde. Unsere bisherigen Zahlungen geschahen in sächsischen Gelde; melden Sie mir, ob es dabey bleibt oder ob inskünftige Preußische gemeynt ist,[180] welches denn doch auf eins hinausläuft, indem ich überzeugt bin, Sie werden wie bisher das Billigste ansetzen.

Der ich gegenwärtiger Sendung eine glückliche Überkunft wünsche und mich angelegentlich empfehle.

ergebenst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 26. December 1831.


49/135.


An Johann Carl Planitzer

[Concept.]

Da ich mir kein Urtheil über die Theorie der Musik anmaßen darf, so gebührt es mir nicht, Ihr Werk gründlich zu empfehlen, welches ohne Erfüllung Ihres Wunsches anbey zurückzuschicken gar sehr bedauern muß.

Weimar den 29. December 1831.


49/136.


An Carl August Steifensand

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

auf die freundliche Anfrage vom 20. December wo nicht eine befriedigende, wenigstens einigermaßen beruhigende Antwort zu ertheilen, muß ich, wie schon längst öffentlich geschehen, in Betracht zu ziehen bitten: daß es mir unmöglich fällt, die an mich gesendeten,[181] oft sehr bedeutenden Werke wie sich's gebührte zu erwidern. Eine solche Sendung trifft mich oft, indem ich ganz in einem andern Felde als dasjenige ist worin der treffliche Verfasser sich bewegt. Phrasen mag und darf ich nicht machen, und so bleibt denn manches ohne wohlverdiente Erwiderung.

Ihr verdienstliches Werk habe im Laufe des Jahrs mit unserm vortrefflichen Leibarzt Vogel, dessen praktische Verdienste Ihnen gewiß nicht unbekannt geblieben sind, gelesen und besprochen. Wir erfreuten uns an den wohlgesammelten, erweiterten, geordnet Erfahrungen, an einer methodischen Stellung des Ganzen. Hierbey überzeugten wir uns: daß Sie, auf Ihrem Wege fortschreitend, sich und andern praktisch und theoretisch fernerhin bedeutenden Nutzen stiften würden.

Allein indem Sie diese Worte lesen, werden Sie selbst bekennen daß sie, wenn schon aus der Betrachtung Ihres Werks hervorgegangen, doch eigentlich nichts enthalten was für Sie von Bedeutung wäre. Eine speciellere Theilnahme jedoch an Ihrem Werke, welche Sie eigentlich fördern könnte, ist mir in meinem hohen Alter und in meiner Lage nicht vergönnt. In solcher Fällen bleibt mir nichts übrig als mich in Stillen zu freuen, wenn ich sehe daß junge Männer auf dem Wege wandeln, den ich für den rechten halte; ihre einzelnen Schritte jedoch mit Beyfall, Rath[182] und That zu begleiten, wird mir durchaus, wird mir durchaus unmöglich; wie ich denn wohl wünschte daß Sie diese meine gutgemeynten Äußerungen Ihren Freunden und Studiengenossen mittheilen möchten.

Das Beste wünschend und mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

Weimar den 31. December 1831.[183]


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 49, S. 26-184.
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