Fünfter Akt

[376] Vorsaal.

Mana. Sora. Lato. Mela.


SORA. Liebe Schwestern, es koste, was es wolle, wir müssen in des Prinzen Zimmer.

MANA. Aber die Wache?[376]

SORA. Die hindert uns nicht; es sind Männer. Wir wollen ihnen schöntun und Wein geben; damit führen wir sie, wie wir wollen.

LATO. Laß sehn!

SORA. Ich habe vom süßen Wein genommen und ihn mit Schlaftrunk gemischt. Denn, ihr Kinder, es liegt viel dran.

MELA. Wieso?

SORA. Wer nicht neugierig ist, erfährt nichts. Mir brannt es auf dem Herzen, zu wissen, wie's im Zimmer wohl sein möchte, wenn die schönen Sachen alle spielten. Gegen Mitternacht schlich ich mich hinan und guckte durch einen Ritz in der Tür, den ich von alters her wohl kenne.

MANA. Was sahst du?

SORA. Was ihr nicht denkt! Nun glaub ich wohl, daß der Prinz gegen uns so unempfindlich blieb, so verachtend von uns wegging!

LATO. Ach! er ist ein schöner Geist von der neuen Sorte, die sind alle grob.

SORA. Das nicht allein. Er führt seine Geliebte mit sich herum.

MANA. Nicht möglich!

LATO. Ei wie?

SORA. Wenn ich euch nichts aufspürte! In dem verfluchten Kasten, in der geheimnisvollen Laube sitzt sie. Mich wundert nur, wie sie sich mag so herumschleppen lassen, so stille sitzen!

MANA. Drum wurde das Ding von Mauleseln getragen!

MELA. Wie sieht sie aus?

SORA. Ich habe nur einen Zipfel vom Kleide sehen können und daß der Prinz ihre Hand nahm und küßte. Gar nichts weiter. Hernach entstand ein Geräusche; da ruscht ich fort.

LATO. O laßt uns sehen!

MANA. Wenn sich's nur schickte![377]

SORA. Es ist ja Nacht, kein Mensch wird es erfahren. Ich habe schon den Hauptschlüssel. Nun spielt mit der Wache hübsch die Mädchen.


Musik.

Die Frauenzimmer spielen unter sich kleine Spiele. Die von der Wache kommen einzeln herein und sehen zu; sie rufen einander herbei, endlich mischen sie sich in die Spiele. Die Fräulein tun erst fremd, dann freundlich, endlich bringen sie Wein und

Früchte; die Jünglinge lassen sich's wohl schmecken, Tanz und Scherz geht fort, bis die Wache anfängt, schläfrig zu werden; sie taumeln hin und her, zuletzt in die Kulissen, und die Mädchen behalten das Feld.


SORA. Nun frisch ohne Zeitverlust ins Zimmer! Laßt uns die Verwegene aus ihrer Dunkelheit reißen, ihre Schande zu unserm Triumph offenbaren!


Alle ab.

Der hintere Vorhang geht auf, das Theater verändert sich in die Waldszene. Nacht ohne Mondschein. Um die Laube ist alles düster und stille. Die vier Fräulein kommen mit Fackeln: Pantomime und Tanz, worin sie Neugierde und Verdruß ausdrücken. Sie öffnen die Laube, leuchten starrend hinein und fahren zurück.


SORA. Was ist das? Mandandane!

LATO. Ein Gespenst oder Andrasons Gemahlin!

MELA. Eine Maske. Was steckt darunter?


Sie nähern sich wieder allmählich.


MANA. Wir wollen sie anrufen.

LATO. Heda, junge Dame!

SORA. Sie rührt sich nicht.

MELA. Ich dächte, wir blieben aus dem Spiele; ich fürchte, es steckt Zauberei dahinter.

SORA. Ich muß es doch näher besehn.

MANA. Nimm dich in acht! wenn's auffährt –

LATO. Sie wird dich nicht beißen.[378]

MELA. Ich gehe meiner Wege.

SORA die es anrührt und zurückfährt. Ha!

MANA. Was gibt's?

MELA. Es ist wahrlich lebendig! Sollt es denn Mandandane selbst sein? Es ist nicht möglich!

LATO indem sie sich immer weiter entfernt. Wir müssen's doch heraus haben.

MELA. So redet es doch an!

SORA die sich furchtsam nähert. Wer du auch seist, seltsame, unbekannte Gestalt, rede! rühre dich! und gib uns Rechenschaft von deinem abenteuerlichen Hiersein!

MANA. Es will sich nicht rühren.

LATO. Geh eins hin und nehm ihr die Maske ab!

SORA. Ich will einen Anlauf nehmen! Kommt alle mit!


Sie halten sich aneinander, und es zerrt eine die andre nach sich bis zur Laube.


MANA. Wir wollen am Sessel ziehen, ob's leicht oder schwer ist.


Sie ziehen am Sessel und bringen ihn mit leichter Mühe bis ganz hervor ans Theater; sie gehen drum herum, machen allerlei Versuche, die Maske fällt

herunter, und sie tun einen allgemeinen Schrei.


MANA. Eine Puppe!

SORA. Eine ausgestopfte Nebenbuhlerin!

LATO. O ein schönes Gehirn!

SORA. Wenn sie ebenso ein Herz hat?

MANA. Die soll uns nicht umsonst vexiert haben! Auskleiden soll man sie und in den Garten stellen, die Vögel damit zu scheuchen.

LATO. So was ist mir in meinem Leben nicht vorgekommen.

MELA. Es ist doch ein schönes Kleid.

MANA. Man sollte schwören, es gehöre Mandandanen.

MELA. Ich begreife nicht, was der Prinz mit der Puppe will.


Sie versuchen an der Puppe verschiedenes, endlich bringen sie aus der Brust einen Sack hervor und erheben ein lautes Geschrei.
[379]

SORA. Was ist in dem Sack? Laßt sehn, was ist in dem Sack?

MANA. Häckerling ist drin, wie sich's anfühlen läßt.

SORA. Es ist doch zu schwer –

LATO. Es ist auch etwas Festes drin.

MELA. Bindet ihn auf; laßt sehn!


Andrason kommt.


ANDRASON. Ihr Kinder, wo seid ihr? Ich such euch überall ihr Kinder.

MANA. Du kommst eben zur gelegenen Zeit! Da sieh!

ANDRASON. Was Teufel ist das? meiner Frauen Kleider? meiner Frauen Gestalt?

MANA ihm den Sack zeigend. Mit Häckerling ausgestopft.

SORA. Sieh dich um! Das ist die Natur, worin der Prinz lebt, und das ist seine Geliebte.

ANDRASON auffahrend. Ihr großen Götter!

SORA. Mach nur den Sack auf!

ANDRASON aus tiefen Gedanken. Halt!

MANA. Was ist dir, Andrason?

ANDRASON. Mir ist, als wenn mir in dieser Finsternis ein Licht vom Himmel käme.

SORA. Du bist verzückt.

ANDRASON. Seht ihr nichts, ihr Mädchen? Begreift ihr nichts?

MANA. Ja, Ja! das Gespenst, das uns geängstet hat, ist begreiflich genug und der Sack, den ich in meinen Armen habe, dazu.

ANDRASON. Verehre die Götter!

SORA. Du machst mich mit deinem Ernst zu lachen.

ANDRASON. Seht ihr nicht die Hälfte des mir Glück weissagenden Orakels erfüllt? –

MANA. Daß wir nicht darauf gefallen sind!

ANDRASON. »Wenn wird ein greiflich Gespenst von schönen Händen entgeistert« –

SORA. Nichts kann klärer sein![380]

ANDRASON. »Und der leinene Sack seine Geweide gibt her«. Nun aufgemacht, ihr Kinder! Laßt uns vor allem sehn, was der enthält!


Sie binden ihn auf, und wie sie ihn umschütteln, fällt eine ganze Partie Bücher, mit Häckerling vermischt, heraus.


ANDRASON. Gebt acht, das werden Zauberbücher sein. Er hebt eins auf. Empfindsamkeiten!

MANA. O gebt's her!


Die andern haben indessen die übrigen Bücher aufgehoben.


ANDRASON. Was hast du? »Siegwart, eine Klostergeschichte, in drei Bänden.«

MANA. O das muß scharmant sein! Gib her, das muß ich lesen. – »Der gute Jüngling«!

LATO. Den müssen wir kennenlernen!

SORA. Da ist ja auch ein Kupfer dabei!

MELA. Das ist gut, da weiß man doch, wie er ausgesehen hat.

LATO. Er hat wohl recht traurig, recht interessant ausgesehn.


Es bleibt den Schauspielern überlassen, sich hier auf gute Art über ähnliche Schriften lustig zu machen.


ANDRASON. Eine schöne Gesellschaft unter einem Herzen!

MELA. Wie kommen die Bücher nur da herein?

ANDRASON. Laßt sehn! Ist das alles? Er wendet den Sack völlig um, es fallen noch einige Bücher und viel Häckerling heraus. Da kommt erst die Grundsuppe!

SORA. O laßt sehn!

ANDRASON. »Die neue Héloïse«! – weiter! – » Die Leiden des jungen Werthers«! – Armer Werther!

SORA. O gebt's! das muß ja wohl traurig sein.

ANDRASON. Ihr Kinder, da sei Gott vor, daß ihr in das Zeug nur einen Blick tun solltet! Gebt her!


Er packt die Bücher wieder in den Sack zusammen, tut den Häckerling dazu und bindet's ein.
[381]

MANA. Es ist nicht artig von Euch, daß Ihr uns den Spaß verderben wollt! Wir hätten da manche schöne Nacht lesen können, wo wir ohnedem nicht schlafen.

ANDRASON. Es ist zu euerm Besten, ihr Kinder! Ihr glaubt's nicht, aber es ist wahrlich zu euerm Besten. Nur ins Feuer damit!

MANA. Laßt sie nur erst die Prinzessin sehn!

ANDRASON. Ohne Barmherzigkeit! Nach einer Pause. Aber was erscheinen mir für neue Lichter auf dem dunkeln Pfade der Hoffnung! Ich seh! ich seh, die Götter nehmen sich meiner an.

SORA. Was habt Ihr für Erscheinungen?

ANDRASON. Hört mich! Diese Bücher sollen nicht ins Feuer!

MANA. Das ist mir sehr lieb.

ANDRASON. Und ihr sollt sie auch nicht haben!

SORA. Warum?

ANDRASON. Hört, was das Orakel ferner gesagt hat:

»Wird die geflickte Braut mit dem Verliebten vereinet:

Dann kommt Ruhe und Glück, Fragender, über dein Haus.«

Daß von dieser lieblichen Braut die Rede sei, das ist wohl keine Frage mehr. Wie wir sie aber mit dem lieben Prinzen vereinen sollen, das seh ich noch nicht ein. Ich will auch nicht darüber nachdenken; das ist der Götter Sache! Aber geflickt muß sie zuerst werden, das ist klar, und das ist unsere Sache!


Er tut den Sack wieder an den vorigen Ort, die Mädchen helfen dazu, und man bittet, daß alles mit der größten Dezenz geschehe. Darauf wird die

Maske wieder vorgebunden und die Puppe in gehörige Positur gesetzt.


SORA. Ich verstehe noch von allem dem kein Wort; und das, was mir an dem Orakel nicht gefällt, ist, daß es von so gemeinen Sachen und in so niedrigen Ausdrücken spricht.

ANDRASON. Liebes Kind, die gemeinen Sachen haben auch ihr hohes Interesse, und ich verzeihe dir, daß du den tiefen Sinn des Orakels nicht einsiehst.[382]

MANA. Nun, so seid nicht so geheimnisvoll, erklärt einem was.

ANDRASON. Ist es nicht deutlich, meine schönen Kinder, daß in diesen Papieren eine Art von Talisman steckt, daß in ihnen diese magische Gewalt liegt, die den Prinzen an eine abgeschmackte, ausgestopfte Puppe fesselt, wozu er die Gestalt von eines ehrlichen Mannes Frau geborgt hat? Seht ihr nicht, daß, wenn wir diese Papiere verbrennten, der Zauber aufhören und er seine Geliebte als ein hohles Bild der Phantasie gleich erkennen würde? Die Götter haben mir diesen Wink gegeben, und ich danke ihnen, daß ich sie nicht mißverstanden habe. O du liebliche, holde, geflickte Braut, möge die Kraft aller lügenhaften Träume auf dich herabsteigen! möge dein papiernes Herz, deine leinenen Gedärme so viel Kraft haben, den hoch und fein empfindenden Prinzen an sich zu ziehen, wie sonst magische Zeichen, geweihte Kerzen, Alraune und Totenköpfe Geister und Schätze an sich zu ziehen pflegen! – Die Laube war wohl der Aufenthalt dieser himmlischen Nymphe? Kommt! wir wollen sie verwahren, alles in Ordnung bringen, niemand etwas davon entdecken und der Mitwirkung der Götter fürs Folgende gewiß sein.

MANA. Andrason, nun kommt mir's erst wunderbar vor, daß Ihr da seid.

ANDRASON. Ein Seltsames verdrängt die Empfindung des andern.

SORA. Wie kommt Ihr so schnell wieder und in tiefer Nacht bei uns an?

ANDRASON. Laßt's euch sagen und klagen, meine lieben Kinder! Als ich von euch wegging, eilte ich gerade nach Hause. Ich machte den Weg in ziemlich kurzer Zeit; das Verlangen, mein Haus, meine liebe Frau wiederzusehen, wurde immer größer bei mir. Ich fühlte mich schon in ihren Armen und letzte mich für die lange Abwesenheit recht herzlich. Wie ich in meinen Schloßhof hineintrete, ihr Kinder, höre ich oben ein Gebrause, ein Getöne,[383] Rufen, hohles Anschlagen und eine Wirtschaft durcheinander, daß ich nicht anders dachte, als der wilde Jäger sei bei mir eingezogen. Ich gehe hinauf; es wird immer ärger; die Stimmen werden unvernehmlicher und hohler, je näher ich komme; nur meine Frau höre ich schreien und rufen, als wenn sie unsinnig geworden wäre. Ganz verwundert tret ich in den Saal. Ich finde ihn finster wie eine Höhle, ganz zur Hölle dekoriert, und mein Weib fährt mir in ungeheurer Leidenschaft und mit entsetzlichem Fluchen auf den Hals, traktiert mich als Pluto, als Scheusal und flieht endlich vor mir, daß ich eben wie versteint dastehe und kein Wort hervorzubringen weiß.

MANA. Aber um Gottes willen, was war ihr denn?

ANDRASON. Wie ich's beim Licht besah, war's ein Monodrama!

MELA. Das muß doch ganz kurios sein.

ANDRASON. Nun muß ich euch noch eine Neuigkeit sagen: sie ist mit hier.

MANA. Mit hier?

SORA. O laßt uns gleich zu ihr gehen! Wir haben sie doch alle recht lieb.

MANA. Wie kommt's denn aber, daß Ihr sie mit hierherbringt, da Ihr wißt, der Prinz wird wieder durchkommen?

ANDRASON. Ihr kennt ja, lieben Kinder, meine alte Gutmütigkeit. Wie sie sich aus ihrer poetisch-theatralischen Wut ein bißchen erholt hatte, war sie wieder gefällig und gut gegen mich. Ich erzählte ihr allerlei, um sie zu zerstreuen, erzählte ihr allerhand von euch und meiner Schwester; sie sagte, sie hätte längst gewünscht, euch wieder einmal zu sehn; ich sagte ihr, daß eine Reise ihr sehr gut sein würde, und weil die schnellsten Entschlüsse die besten seien, sollte sie sich gleich in den Wagen setzen. Sie nahm's an, und erst hinterdrein fiel mir ein, daß ich einen dummen Streich gemacht hatte, sie, ehe es nötig war, mit dem Prinzen wieder zusammenzubringen. Doch[384] war's gleich mein Trost, wie gewöhnlich, daß ich dachte, es entsteht vielleicht etwas Gutes daraus. Und wie ihr seht, gelegner hätten wir nicht kommen können.


Mandandane, Feria kommen.


MANA. Sei uns willkommen, Mandandane!

MANDANDANE. Willkommen, meine Freundinnen!

FERIA. Das war eine recht unvermutete Freude! – Was macht ihr in des Prinzen Zimmer?

MANDANDANE. Ist das sein Zimmer?

FERIA. Was gibt's denn da? Was ist das?

MANDANDANE. Wie? Meine Gestalt? Meine Kleider?

ANDRASON für sich. Wie wird das ausgehn?

MANA. Wir haben diese ausgestopfte Puppe in der Laube gefunden, die der Prinz mit sich herumschleppt.

SORA. Dies ist die Göttin, die seine vollkommene Anbetung hat.

MANDANDANE. Es ist Verleumdung! Der Mann, dessen Liebe ganz in geistigen Empfindungen schwebt, sollte sich mit so einem schalen Puppenwerk abgeben? Ich weiß, daß er mich liebt; aber es ist meine Gesellschaft, die Unterhaltung, die er für seinen Geist bei mir findet. – Ihn mit so einem kindischen Spiel im Verdacht haben, heißt ihn und mich beleidigen!

SORA. Man könnte sagen, daß er Euer Andenken so werthält und Euer Bild überall mit sich herumträgt, um sich mit ihm wie mit Euch selbst zu unterhalten.

ANDRASON leise zu ihr. Halte dein verwünschtes Maul!

FERIA. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.

MANDANDANE. Nein! Sollte sein Andenken so eine erlogene, abgeschmackte Nahrung brauchen, so müßte seine Liebe selbst von dieser kindischen Art sein; er würde nicht mich, sondern eine Wolke lieben, die er nur nach meiner Gestalt zu modeln Belieben trüge.

ANDRASON. Wenn du wüßtest, womit sie ausgestopft ist.

MANDANDANE. Es ist nicht wahr![385]

MANA. Wir beteuern's. Wo sollten wir denn die Puppe hernehmen? Sieh hier noch den Platz, wo sie gesteckt hat.

ANDRASON. Wenn du es nicht glauben willst, so ist das beste Mittel: wenn wir merken, daß der Prinz wiederkommt, nimm die Maske vor, setze dich selbst in die Laube, tue, als seist du mit Häckerling ausgestopft, und sieh alsdann zu, ob wir wahr reden.


Die Mädchen setzen indes die Puppe wieder in die Laube.


MANDANDANE. Das ist ein seltsamer Vorschlag.

FERIA. Laßt uns gehen, eh der Tag und jemand von seinen Leuten uns überrascht.


Alle ab bis auf Andrason, der Sora zurückhält.


ANDRASON. Sora!

SORA. Herr!

ANDRASON. Ich bin in der größten Verlegenheit.

SORA. Wie?

ANDRASON. Der fünfte Akt geht zu Ende, und wir sind erst recht verwickelt!

SORA. So laßt den sechsten spielen!

ANDRASON. Das ist außer aller Art.

SORA. Ihr seid ein Deutscher, und auf dem deutschen Theater geht alles an.

ANDRASON. Das Publikum dauert mich nur; es weiß noch kein Mensch, woran er ist.

SORA. Das geschieht ihnen oft.

ANDRASON. Sie könnten denken, wir wollten sie zum besten haben.

SORA. Würden sie sich sehr irren?

ANDRASON. Freilich! denn eigentlich spielen wir uns selber.

SORA. Ich habe so etwas gemerkt.

ANDRASON. Mut gefaßt! – O ihr Götter! Seht, wie ihr euerm Orakel Erfüllung, dem Zuschauer Geduld und diesem Stück eine Entwicklung gebt! denn ohne ein Wunder weiß ich nicht, wie wir auf gute Art auseinanderkommen sollen.[386]

Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 5, Berlin 1960 ff, S. 376-387.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Der Triumph der Empfindsamkeit
Der Triumph der Empfindsamkeit

Buchempfehlung

Raabe, Wilhelm

Der Hungerpastor

Der Hungerpastor

In der Nachfolge Jean Pauls schreibt Wilhelm Raabe 1862 seinen bildungskritisch moralisierenden Roman »Der Hungerpastor«. »Vom Hunger will ich in diesem schönen Buche handeln, von dem, was er bedeutet, was er will und was er vermag.«

340 Seiten, 14.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon