[192] Friederike. Der Baron. Die Vorigen.
FRIEDERIKE. Hier, liebe Mutter, ein Hase und zwei Feldhühner! Ich habe die drei Stücke geschossen, der Vetter hat immer gepudelt.
GRÄFIN. Du siehst wild aus, Friederike; wie du durchnäßt bist!
FRIEDERIKE das Wasser vom Hute abschwingend. Der erste glückliche Morgen, den ich seit langer Zeit gehabt habe.
BARON. Sie jagt mich nun schon vier Stunden im Felde herum.
FRIEDERIKE. Es war eine rechte Lust. Gleich nach Tische wollen wir wieder hinaus.[192]
GRÄFIN. Wenn du's so heftig treibst, wirst du es bald überdrüssig werden.
FRIEDERIKE. Geben Sie mir das Zeugnis, liebe Mama! wie oft hab' ich mich aus Paris wieder nach unsern Revieren gesehnt. Die Opern, die Schauspiele, die Gesellschaften, die Gastereien, die Spaziergänge, was ist das alles gegen einen einzigen vergnügten Tag auf der Jagd, unter freiem Himmel, auf unsern Bergen, wo wir eingeboren und eingewohnt sind. – Wir müssen ehester Tage hetzen, Vetter.
BARON. Sie werden noch warten müssen, die Frucht ist noch nicht aus dem Felde.
FRIEDERIKE. Was will das viel schaden? es ist fast von gar keiner Bedeutung. Sobald es ein bißchen auftrocknet, wollen wir hetzen.
GRÄFIN. Geh, zieh dich um! Ich vermute, daß wir zu Tische noch einen Gast haben, der sich nur kurze Zeit bei uns aufhalten kann.
BARON. Wird der Hofrat kommen?
GRÄFIN. Er versprach mir, heute wenigstens auf ein Stündchen einzusprechen. Er geht auf Kommission.
BARON. Es sind einige Unruhen im Lande.
GRÄFIN. Es wird nichts zu bedeuten haben, wenn man sich nur vernünftig gegen die Menschen beträgt und ihnen ihren wahren Vorteil zeigt.
FRIEDERIKE. Unruhen? Wer will Unruhen anfangen?
BARON. Mißvergnügte Bauern, die von ihren Herrschaften gedrückt werden und die leicht Anführer finden.
FRIEDERIKE. Die muß man auf den Kopf schießen. Sie macht Bewegungen mit der Flinte. Sehen Sie, gnädige Mama, wie mir der Magister die Flinte verwahrlost hat! Ich wollte sie doch mitnehmen, und da Sie es nicht erlaubten, wollte ich sie dem Jäger aufzuheben geben. Da bat mich der Graurock so inständig, sie ihm zu lassen: sie sei so leicht, sagt' er, so bequem, er wolle sie so gut halten, er wolle so oft auf die Jagd gehen. Ich ward ihm wirklich gut, weil er so oft auf die Jagd gehen wollte, und nun, sehen Sie, find' ich sie heute in der Gesindestube hinterm Ofen. Wie das aus sieht! sie wird in meinem Leben nicht wieder rein.
BARON. Er hatte die Zeit her mehr zu tun; er arbeitet mit[193] an der allgemeinen Gleichheit, und da hält er wahrscheinlich die Hasen auch mit für seinesgleichen und scheut sich, ihnen was zuleide zu tun.
GRÄFIN. Zieht euch an, Kinder, damit wir nicht zu warten brauchen. Sobald der Hofrat kommt, wollen wir essen. Ab.
FRIEDERIKE ihre Flinte besehend. Ich habe die französische Revolution schon so oft verwünscht, und jetzt tu' ich's doppelt und dreifach. Wie kann mir nun der Schaden ersetzt werden, daß meine Flinte rostig ist?
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