[289] Eugenie. Hofmeisterin.
EUGENIE.
Wie? höhre Hand?
Was meint die Heuchlerin? Versteht sie Gott?
Der himmlisch Höchste hat gewiß nicht hier,
Mit dieser Freveltat, zu tun. Versteht
Sie unsern König? Wohl! ich muß es dulden,
Was dieser über mich verhängt. Allein
Ich will nicht mehr in Zweifel, zwischen Furcht
Und Liebe schweben, will nicht weibisch mehr,
Indem ich untergehe, noch des Herzens
Und seiner weichlichen Gefühle schonen.
Es breche, wenn es brechen soll, und nun
Verlang' ich, dieses Blatt zu sehen, sei
Von meinem Vater, sei von meinem König
Das Todesurteil unterzeichnet. Jener
Gereizten Gottheit, die mich niederschmettert,
Will ich getrost ins Auge schauend stehn.
O daß ich vor ihr stünde! Fürchterlich
Ist der bedrängten Unschuld letzter Blick.
HOFMEISTERIN.
Ich hab' es nie verweigert, nimm es hin.
EUGENIE das Papier von außen ansehend.
Das ist des Menschen wunderbar Geschick,
Daß bei dem größten Übel noch die Furcht
Vor fernerem Verlust ihm übrig bleibt.
Sind wir so reich, ihr Götter, daß ihr uns
Mit einem Schlag nicht alles rauben könnt?
Des Lebens Glück entriß mir dieses Blatt
Und läßt mich größern Jammer noch befürchten.
Sie entfaltet's.
Wohlan! Getrost, mein Herz, und schaudre nicht,
Die Neige dieses bittern Kelchs zu schlürfen.
Blickt hinein.
Des Königs Hand und Siegel!
HOFMEISTERIN die ihr das Blatt abnimmt.
Gutes Kind,
Bedaure mich, indem du dich bejammerst.
Ich übernahm das traurige Geschäft,[289]
Der Allgewalt Befehl vollzieh' ich nur,
Um dir in deinem Elend beizustehn,
Dich keiner fremden Hand zu überlassen.
Was meine Seele peinigt, was ich noch
Von diesem schrecklichen Ereignis kenne,
Erfährst du künftig. Jetzt verzeihe mir,
Wenn mich die eiserne Notwendigkeit
Uns unverzüglich einzuschiffen zwingt.
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