Deutsche große und tätige Welt

[625] Wir setzen diese Rubrik hieher, nicht um sie auszufüllen, sondern nur anzudeuten, daß an diesem Platze eine ganz interessante Abhandlung stehen könnte.

Die deutschen Höfe hatten schon zu Anfange des vorigen Jahrhunderts viele Verdienste um die Wissenschaften. Sowohl Fürsten als Fürstinnen waren aufgeregt, begünstigten gelehrte Männer und suchten sich selbst zu unterrichten.

Johann Wilhelm, Kurfürst von der Pfalz, nahm 1704 Hartsoekern in seine Dienste. Dieser hatte schon in seinem Essay de Dioptrique die diverse Refrangibilität anerkannt, doch auf seine Weise erklärt und sie den verschiedenen Geschwindigkeiten der farbigen Strahlen zugeschrieben.

Was der kasselsche Hof, was die Höfe Niederdeutschlands getan, und wiefern auch die Newtonische Lehre zur Sprache[625] gekommen und Gunst erhalten, wird in der Folge zu untersuchen sein. Nur eins können wir anführen, daß Professor Hamberger 1743 nach Gotha berufen wird, um die Newtonischen Versuche, welche die allgemeine Aufmerksamkeit erregt, bei Hofe vorzuzeigen. Wahrscheinlich hat man das Zimmer recht dunkel gemacht, durch das foramen exiguum im Fensterladen erst den sogenannten Strahl hereingelassen, das fertige prismatische Bild an der Wand gezeigt, mit einem durchlöcherten Bleche die einzelnen Farben dargestellt und durch eine zweite ungleiche Verrückung, durch das sogenannte Experimentum Crucis, auf der Stelle die höchsten Herrschaften und den sämtlichen Hof überzeugt, so daß Hamberger triumphierend zur Akademie zurückkehren konnte.

Quelle:
Johann Wolfgang Goethe. Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche. Band 1–24 und Erg.-Bände 1–3, Band 16, Zürich 1948 ff, S. 625-626.
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