Erste Schüler und Bekenner Newtons

[581] Außer den schon erwähnten Experimentatoren, Keill und Desaguliers, werden uns folgende Männer merkwürdig.

Samuel Clarke, geboren 1675, gestorben 1735, trägt zur Ausbreitung der Newtonischen Lehre unter allen am meisten bei. Zum geistlichen Stande bestimmt, zeigt er in der Jugend großes Talent zur Mathematik und Physik, penetriert früher als andere die Newtonischen Ansichten und überzeugt sich davon.

Er übersetzt Rohaults Physik, welche, nach Cartesianischen Grundsätzen geschrieben, in den Schulen gebraucht wurde, ins Lateinische. In den Noten trägt der Übersetzer die Newtonische Lehre vor, von welcher denn bei Gelegenheit der Farben gesagt wird: Experientia compertum est etc. Die erste Ausgabe ist von 1697. Auf diesem Wege führte man die Newtonische Lehre, neben der des Cartesius, in den Unterricht ein und verdrängte jene nach und nach.

Der größte Dienst jedoch, den Clarke Newtonen erzeigte, war die Übersetzung der Optik ins Lateinische, welche 1706 herauskam. Newton hatte sie selbst revidiert, und Engländer sagen, sie sei verständlicher als das Original selbst. Wir aber können dies keineswegs finden. Das Original ist sehr deutlich, naiv ernst geschrieben; die Übersetzung muß, um des lateinischen Sprachgebrauchs willen, oft umschreiben und Phrasen machen; aber vielleicht sind es eben diese Phrasen, die den Herren, welche sich nichts weiter dabei denken wollten, am besten zu Ohre gingen.

Übrigens standen beide Männer in einem moralischen, ja religiösen Verhältnis zueinander, indem sie beide dem Arianismus zugetan waren: einer mäßigen Lehre, die vielen vernünftigen Leuten der damaligen Zeit behagte und den Deismus der folgenden vorbereitete.

Wilhelm Molyneux, einer der ersten Newtonischen Bekenner. Er gab eine Dioptrica nova, London, 1692, heraus, woselbst er auf der vierten Seite sagt: »Aber Herr Newton[581] in seinen Abhandlungen, Farben und Licht betreffend, die in den Philosophischen Transaktionen publiziert worden, hat umständlich dargetan, daß die Lichtstrahlen keineswegs homogen oder von einerlei Art sind, vielmehr von unterschiedenen Formen und Figuren, daß einige mehr gebrochen werden als die andern, ob sie schon einen gleichen oder ähnlichen Neigungswinkel zum Glase haben«.

Niemanden wird entgehen, daß hier, bei allem Glauben an den Herrn und Meister, die Lehre schon ziemlich auf dem Wege ist, verschoben und entstellt zu werden.

Regnault. Entretiens physiques Tom. 2. Entret. 23, p. 395 ff. und Entret. 22, p. 379 ff. trägt die Newtonische Lehre in der Kürze vor.

Maclaurin. Expositions des découvertes philosophiques de Mr. Newton.

Pemberton. A view of Sir Isaac Newton's philosophy. London 1728.

Wilhelm Whiston. Praelectiones mathematicae.

Dunch. Philosophia mathematica Newtoniana.

Inwiefern diese letzteren sich auch um die Farbenlehre bekümmert und solche mehr oder weniger dem Buchstaben nach vorgetragen, gedenken wir hier nicht zu untersuchen; genug, sie gehören unter diejenigen, welche als die ersten Anhänger und Bekenner Newtons in der Geschichte genannt werden.

Von auswärtigen Anhängern erwähnen wir zunächst s'Gravesande und Musschenbroek.

Quelle:
Johann Wolfgang Goethe. Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche. Band 1–24 und Erg.-Bände 1–3, Band 16, Zürich 1948 ff, S. 581-582.
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