November.

[163] 1. Zu dem französischen Streit Gehöriges gelichtet und gesondert. Herr von ....., russischer Officier, nach Italien reisend, Nachricht von Herrn von Reutern bringend, welcher sich in Riga aufhält. Herr von Groß für das Diplom dankend und einige Mineralien vorweisend. Anderes eingeleitet und vorbereitet. Mittag Ottilie. Später Hofrath Meyer, welcher in der Stadt blieb. Herr Geh. Rath von Müller. Scherzhaftes Räthsel von einem großen öffentlichen Skandal, welcher beyden Tagesneuigkeiten liebenden Herren verborgen geblieben war. Um 6 Uhr Herr Hofrath[163] Riemer. Wir gingen einige Concepte durch. Besprachen die Voigtische gestern transportirte Münzsammlung.

2. Gemeldetes Geschäft fortgeführt. Secretär Kräuter brachte seine Relation. Ich dictirte den Bericht und fing an mich in den hinteren Zimmern einzurichten. Hofrath Meyers Recension über Nehrlichs Faust. Sonstige Ordnung und Vorarbeiten. Mittag Fräulein Alwine Frommann. Sehr erfreuliche Unterhaltung mit dem vorzüglichen Frauenzimmer. Gegen Abend Herr Oberbaudirector Coudray. Später Ottilie von dem Geburtstagsdiner des Herrn Canzlers kommend. Wir beschlossen das Leben des Nikias von Plutarch. – An Rentamtmann Mahr nach Ilmenau, mit einer Medaille für seine Tochter und mineralogischem Diplom. An Museumsschreiber Färber, Jena.

3. Die französische academische Streitsache. Der abgeschlossene Transport des von Voigtischen Münzkabinetts. Weitere Einrichtung in den hinteren Zimmern. Um 12 Uhr Ihro Kaiserliche Hoheit und Demoiselle Mazelet. Die holländischen Angelegenheiten kamen bedeutend zur Sprache. Mittag Wölfchen. Lobenswürdige, aber höchst unbequeme, unermüdete Thätigkeit des Knaben. Vorbereitung auf morgen. Kam Ottilie bald. Lebhaftes Verhältniß zur Gräfin Vaudreuil.[164] Wundersame Einwirkung eines völlig fremden Wesens auf eine kleine, aber regulirte Existenz. Wir lasen den Eumenes des Plutarch. Die Knaben kamen aus der Probe der Fischerin und waren mit sich und den Anstalten zufrieden. Kam die neue Ausgabe der Iphigenie von Hermann in Leipzig an. Ich hatte mich den ganzen Abend mit der Vorrede beschäftigt.

4. Mannichfaltige Vorarbeiten. Concepte und Munda. Nachforschungen. Andere Vorsicht zur Wintereinrichtung. Zu Mittag Wölfchen. Übereinkunft wegen künftiger Stundeneinrichtung. Fuhr fort, die Iphigenie des Ritter Hermanns zu betrachten. Ihro Hoheit der Großherzog. Professor Riemer gegenwärtig, und kamen mancherley Psychologica und Mythologica zur Sprache. Nach Tische hatte ich die verschiedenen gleichsam neuentdeckten Schubladen vorgenommen, die letzten Sendungen meines Sohns enthaltend, gesondert und disponirt. Zuletzt Hofrath Riemer. Wir nahmen die Vorrede zur Hermannischen Iphigenie vor. – Herrn Geh. Rath von Müller, hier, das letzte Erwiderungsgedicht an die Frankfurter.

5. Munda zur nächsten Expedition. Kam Joachim Jungii Logica Hamburgensis von Jena. Sowohl Geschäftliches als Wissenschaftliches und Persönliches vorgeschoben und vorbereitet. Deßhalb Concepte und Munda mancher Art. Mittag Hofrath[165] Vogel. Gespräch über seine allgemeine Pathologie und Therapie. Dann über den kitzlichen Punct von Synthese und Analyse hauptsächlich im practischen Sinne. Gegen Abend Hofrath Meyer, der wieder in die Stadt gezogen war. Geh. Rath von Müller. Mancherley Nachrichten und Nova mittheilend. – An Museumsschreiber Färber, Jena, zwey autorisirte Quittungen.

6. Nebenstehendes: An Frau Räthin Wangemann, Medaille und Gedicht. Fräulein Coudray, Medaille. Oberbaudirector Coudray, Anfrage wegen des neuen Schloßbaues. Herrn Weigel in Leipzig die Summe von 11 Thlr. 5 Gr., eine Medaille angeschlossen für dessen Sohn. Herrn Geh. Rath von Müller, Blättchen für Frau von Martius. – Mittags mit Wölfchen gespeist. Sodann für mich. Abends bey Ottilien, wo das Singspiel Die Fischerin, componirt von Max Eberwein in Rudolstadt, mit sehr geschmackvoll zur Decoration arrangirten Zimmern, von den Kindern unter sorgfältiger Anleitung des Herrn Eberwein aufgeführt wurde.

7. Für mich höchst merkwürdiger Tag, als stiller Jahresfeyer meines sechsundfunfzigjährigen Wirkens in Weimar. Frau Hofrath Riemer überraschte mich mit einem sehr zierlichen Blumenkranze und Strauß. Um 11 Uhr Hofrath Riemer.[166] Sodann Secretär Kräuter. Beyde Glück wünschend. Um 12 Uhr mit der Familie spazieren gefahren. Mit Walther gespeist. Nachher für mich. Beschäftigt mit dem durch die Franzosen aufgeregten Streit über Synthese und Analyse. Oberbaudirector Coudray, Verabredung wegen Besichtigung der neuen Schloßzimmer. Nachts Ottilie, gesellige Vorfallenheiten. – Bericht wegen des von Voigtischen Münzkabinetts auf die Geh. Staatscanzley.

8. Schreiben von Mahler Haydon aus London, Einladung zum Ausspielen eines bedeutenden Gemähldes. Einiges concipirt in der wissenschaftlichen Angelegenheit. Hofrath Meyer. Verschiedene Angelegenheiten mit ihm besprochen. Fuhr mit ihm spazieren. Setzte ihn bey Hofe ab. Fuhr weiter. Speiste mit Wölfchen. Betrachtete Iphigenie in Aulis näher. Noch anderes hiezu Gehöriges. Abends Hofrath Riemer. Wir setzten unsre Betrachtungen über die Euripidische Iphigenie in Aulis und die Bearbeitung des Ritter Hermann fort.

9. Nebenstehendes: An Prinzessin Auguste von Preußen, Potsdam. – Verschiedenes concipirt und mundirt. Manches beseitigt, anderes vorbereitet. Um 12 Uhr mit Herrn Oberbaudirector Coudray in's Schloß gefahren, die neuen Zimmer zu besehen, welche schön, angenehm und prächtig[167] eingerichtet gefunden worden. Die gnädigsten Herrschaften und nächste Umgebung waren eben auch mit der Besichtigung beschäftigt und ich freute mich, zu dieser neuen Einrichtung Glück wünschen zu können. Allein gespeist. Abends Herr Geh. Rath von Müller, manches Neue mittheilend, anderes anregend.

10. Concepte und Munda zum oberaufsichtlichen Geschäft und litterarische Forderungen. Kam ein Schreiben von Herrn von Humboldt mit der ägyptischen Ankündigung. Auch ein Mahnebrief von Carlsbad, wegen der Strudelsteinsammlung, die man bevorwortet wünscht. Um 12 Uhr Ihro Kaiserliche Hoheit. War von der monstrosen neuen französischen Litteratur die Rede. Nach 1 Uhr Kunstgärtner Motz im Garten, den uralten ungarischen Weinstock nach Kechtischer Methode zurecht zu schneiden. Er versprach für's nächste Jahr bis achtzig Trauben; in dem laufenden waren kaum sechs daran zu finden gewesen. Mit Wölfchen gespeist. Gegen Abend Demoiselle Seidler, wegen hiesiger und Dresdner Kunstangelegenheiten. Auch an mich war ein sehr angenehmes Schreiben von Herrn von Quandt gekommen. Ihro Königliche Hoheit der Großherzog. Alwine Frommann. Ottilie auf dem Hofballe. – An Wegebauinspector Götze in Jena. An Herrn Carl Nehrlich in Carlsruhe.[168]

11. Alles Vorliegende weiter geführt. Die ägyptische Ankündigung näher betrachtet. Exemplare des Chaos geordnet. Concepte und Munda. Mit Walther gespeist, welcher unter vielerley Späßen seine Wünsche und Bitten anbrachte. Abends Hofrath Riemer. Wir gingen einige Aufsätze und Briefconcepte durch. Nahmen Ritter Hermanns Iphigenia wieder vor. Es fanden sich glückliche Bemerkungen im Ganzen wie im Einzelnen.

12. Nebenstehendes: Winterbergers Stammbuch an Hofrath Riemer zurück. Herrn Hofrath Göttling nach Jena. Herrn Professor Hermann, Leipzig. An Frau von Münchhausen nach Herrengosserstedt. – An dem Aufsatze über den Streit der französischen Naturforscher redigirt. Kam eine Sendung Pflanzenabdrücke von Oberbergrath Kleinschrod. In diese Tage fiel ein interessantes Heft von Witzleben über Zuwachs und Abnahme des polnischen Reiches, welches bequeme Übersichten gab. Mittag Hofrath Vogel. Bedeutendes Gespräch über wechselseitig sittliche, wissenschaftliche und praktische Ausbildung. Die französische naturhistorische Streitigkeit für mich weiter verfolgt. Abends Iphigenie von Euripides. Die große tragisch – rhetorische Technik bewundert, und wie man offenbar sieht, wie er sich nach Geschmack und Forderung seines Publicums eingerichtet hat;[169] denn der Zuschauer bleibt immer die eine Hälfte der sehr tragischen Vorstellung. Später Ottilie, welche vom Catarrh gehindert nicht auf den Bällen gewesen war, doch manches daher zu erzählen wußte.

13. Kam ein Dankbrief von Mahr. Ich redigirte am Aufsatz über die französische Streitigkeit, ohngeachtet der wunderlichen Form doch eine genügende Übersicht dem Theilnehmenden zu verschaffen. Die Kleinschrodische Sendung weiter betrachtet und etwas Freundliches dagegen vorbereitet. Mittag Dr. Weller von Jena. Wurden die litterarischen, academischen und politischen Tendenzen durchgesprochen. Auch einiges Oberaufsichtliche. Die Euripidischen Trauerspiele ferner beachtet, zu immer größerem Erstaunen über ein Talent, das wir gar nicht mehr begreifen. Denn was gehörte dazu, nach Äschylus und Sophokles seiner Zeit genug zu thun, welche genau besehen jenen ersten nicht gewachsen war, und der daher sehr wohl that, das Mindere zu allgemeiner Zufriedenheit in Gang zu bringen. Abends Ottilie. Agesilaus geendigt. Alexandern angefangen. Die allgemeinen und besondern Tagesbewegungen kamen zur Sprache.

14. Einiges Oberaufsichtliche. Ingleichen auf die französische Streitigkeit Bezügliches. Sonstige Umsicht. Ausgefahren in den untern Garten,[170] daselbst die von dem Kunstgärtner Motz geschnittenen Weinstöcke zu betrachten. Nach Tische die Carlsbader Sprudelsteine nach dem Wunsche des Handelsmanns David Knoll betrachtet und einen Aufsatz dazu überlegt. Zum Euripides zurückgekehrt. Abends Ottilie. Tagesbegebenheiten. Lebensbeschreibung Alexander des Großen von Plutarch.

15. Nebenstehendes: Herrn Professor Zelter, Berlin. David Knoll, Carlsbad. Herrn Frommann, Jena. – Anderes fortgesetzt und vorbereitet. Die von Jena angekommenen Kiesel in den untern Garten geschafft. Revisor Hoffmann, wegen einer Casseangelegenheit. Musikdirector Eberwein, für die Medaille zu danken und über das Haupttheater und die kindlichen Nebentheater zu sprechen. Es gab einige Übersicht über die Zustände, besonders die Singstimmen betreffend. Mittag mit Wölfchen. Nach Tische die Farbenlehre angegriffen und zwar den historischen Theil. Überlegend, wie viel zu redigiren und in's Enge zu ziehen sey. Abends Professor Riemer. Die neuste Redaction der litterarischen Vorfallenheiten wegen Rameau's Neffen betreffend. Später Ottilie und die Kinder.

16. Das Vorliegende fortgeführt. John schrieb ab am gestrig Redigirten. Der Kutscher ward auf den Holzmarkt geschickt und brachte nachher[171] Jenaische Kieselschiefer aus dem Garten herauf. Nebenstehendes ward abgesendet: An Herrn Frommann d. J., wegen der Farbenlehre. An Museumsschreiber Färber autorisirte Quittungen. – Spazieren gefahren mit dem Kinde. Wolf speiste mit mir. Ich fuhr fort, den Euripides zu lesen. Abends Hofrath Meyer, Geh. Rath von Müller. Mit Ersterem die Behandlungsart der Reben um Zürch, und in wiefern sie mit der Kechtischen übereinstimmt; wie man sich derselben überall genähert oder davon durch Schlendrian pp. abgewichen. Wäre eine herrliche Darstellung, wenn ihr jemand gewachsen wäre, denn das Wahre liegt immer im Nothwendigen, und man kommt darauf mehr oder weniger zurück.

17. Expeditionen in Bezug auf die Angelegenheit des Münzkabinetts. Nebenstehendes: Erlaß an Secretär Kräuter, hier. Geh. Rath von Müller, Schreiben von Grafen Reinhard. – Um 12 Uhr Ihro Kaiserliche Hoheit und Demoiselle Mazelet. Nachher ein junger Mann, Namens Lenz, aus der Familie meines unseligen Jugendfreundes. Mittag Wölfchen. Nach Tische Euripidisches. Gegen Abend Dr. Eckermann einsprechend nach seiner Rückkunft. Er theilte einen interessanten Brief von Mejer in Clausthal mit. Manches bedacht. Abends Ottilie. Nahes und[172] Fernes besprochen. Plutarchs Alexander ausgelesen. Ward auch heute das nächst Nothwendige mit Kräuter wegen der von Voigtischen Münzsammlung besprochen.

18. John mundirte den Aufsatz über Rameau's Neffen. Ich brachte die Austheilung einiger Exemplare des Chaos in Ordnung. Bereitete eine Sendung an Boisserée vor. Besorgte die neusten Angelegenheiten des Dresdener Vereins. Suchte den Aufsatz bezüglich auf die französische wissenschaftliche Streitigkeit seinem Abschluß zu nähern. Mannichfaltige Sendung des Herrn von Müller. Dr. Eckermann zum ersten Mal wieder mit mir speisend. Er theilte verschiedene merkwürdige Beyspiele von einer Culturstufe mit, welche alle Achtung verdient und manches Räthsel der Zeit auflöst. Wir besprachen ferner was zunächst in Chromaticis zu thun sey und wie man manches durchzuführen und zu completiren habe, wodurch der eingetretene Winter könnte nützlich zugebracht werden. Nachher Revision des historischen Theils der Farbenlehre. Abends Hofrath Riemer; einiges auf die französische Streitigkeit Bezügliche durchgegangen, auch sonstiges neuste Litterarische besprochen. Besonders wurden die angekündigten Werke über Ägypten und Morea, wie es auch damit seyn möge, für die Bibliothek unentbehrlich gefunden. Ferner noch[173] einiges über das neu einzurichtende Kabinett antiker Münzen.

19. Im naturhistorischen Fache Munda. Verschiedenes bezüglich auf oberaufsichtliche Gegenstände. Wölfchen arbeitete an seinen Theaterrecensionen. Hofrath Bachmann hatte sich melden lassen. Mittag derselbe und Hofrath Vogel zu Tische. Angenehme und gründliche Unterhaltung über Philosophie und Naturbetrachtung. Sodann ein Handelsmann mit Glasbechern, die er Serenissimo zum Kaufe anbieten wollte. Fortgesetzte Betrachtung des historischen Theils meiner Farbenlehre. Abends Hofrath Meyer. Las die Recension über Longhi's Calcographie. Wir besahen die Kupfer von Sharp, besprachen das Blatt von Bisi nach Luini. Später Ottilie, vom gestrigen Ball sprechend bey Santis. Liebenswürdige Natürlichkeit der Gräfin Vaudreuil. Andere Persönlichkeiten, Betragen, Erwartungen und dergleichen.

20. Expedition für das von Herrn von Müller empfohlene Album. Nebenstehendes: Verordnung an Herrn Hofrath Dr. Göttling, Jena. – Fortgesetzte Betrachtung des chromatisch Geschichtlichen. Hofrath Vogel. Die bißherigen Betrachtungen über Krankheit und Heilmittellehre fortgesetzt. Fischers von Erfurt Abhandlung deßhalb. Früh die Atmosphäre durchaus verfinsterndes[174] Schneegestöber. Sodann klarer Sonnenschein. Einige Unterschriften für Wölfchen. Um 1 Uhr Herr Staatsminister von Fritsch, Nachrichten von Fräulein von Gore aus Pisa mittheilend. Mittags Dr. Eckermann, von seinem Aufenthalt im Hannöverschen und auf der Reise gemachten Bekanntschaften und Bemerkungen, bedeutend über den Zeitaugenblick gegenwärtiger Bewegungen, Charaktere und Gesinnungen. Ein Portefeuille italiänischer Zeichnungen durchgesehen. Nachts Ottilie. Vorfallenheiten des Augenblicks, Plutarchs Alexander gelesen.

21. Vormittag allein zugebracht, überlegt und vorbereitet was bis zu Ende des Jahrs zu leisten sey. Dr. Eckermann zu Tische. Wunderliches Holzschnitzwerk, den protestantischen Lehrbegriff nicht ohne Geschicklichkeit der Figuren und deren Bedeutung ausgeführt, aber auf die gemeinste Weise der Kartenmalerey colorirt. Nachts Ottilie, sodann die Kinder, welche ihren Singparoxismus hatten.

22. Briefe an Boisserée und Zelter concipirt. Anderes revidirt. Nebenstehendes abgesendet: Herrn Professor Dr. Zelter in Berlin, das Chaos bis Nr. 12 und eine Medaille. – Anderes zur Absendung vorbereitet. Schmeller brachte die Porträte von Schwerdgeburth und Moltke. Der junge Martersteig einige Zeichnungen vorzeigend.[175] Mittag Dr. Eckermann und Wölfchen. Kamen seine Reisebemerkungen wieder zur Sprache. Ich las hernach den Jon des Euripides abermals zu neuer Erbauung und Belehrung. Mich wundert's denn doch, daß die Aristokratie der Philologen seine Vorzüge nicht begreift, indem sie ihn mit herkömmlicher Vornehmigkeit seinen Vorgängern subordinirt, berechtigt durch den Hanswurst Aristophanes. Hat doch Euripides zu seiner Zeit ungeheure Wirkungen gethan, woraus hervorgeht, daß er ein eminenter Zeitgenosse war, worauf doch alles ankommt. Und haben denn alle Nationen seit ihm einen Dramatiker gehabt, der nur werth wäre, ihm die Pantoffeln zu reichen? Hofrath Riemer war dispensirt. Sein Knabe ging heute Nacht nach Berlin ab. Später Ottilie, welche mit Gräfin Vaudreuil Visiten gemacht hatte. Schmeller brachte die Porträte von Moltke und Schwerdgeburth.

23. Nebenstehendes expedirt: Herrn Dr. Sulpiz Boisserée in München, Gipsabguß, Chaos und Medaille. An Fräulein Adele Schopenhauer nach Bonn ein Buch. Herrn Professor Zelter, Berlin. An den Museumsschreiber Färber in Jena Quittungen zurück. – Anderes vorbereitet. Herr Soret schickte seine Trilogie, die im Sinne der Zeit recht vorzüglich gedichtet ist. Neureuther schrieb über eine Subscription[176] zu neuen Randzeichnungen. Mittag Dr. Eckermann. Ich hatte dem Jon des Euripides abermals meine Betrachtung gewidmet und das Werk von der Seite hoher sittlicher Rhetorik betrachtet. In jenem Sinn zeugt es von der größten Reinheit, in diesem von der größten Gewandtheit. Abends Ottilie. Gelesen Agis, König von Sparta.

24. Nebenstehendes: An Frau Staatsminister von Voigt, hier. Herrn Dr. Sulpiz Boisserée, München. – Kamen die Vorlesungen von Dr. Carus an. Um 12 Uhr Ihro Hoheit die Frau Großherzogin. Mittags speiste Wölfchen mit mir. Nach Tische Carus' Psychologie. Ottilie ging auf den Hofball. Die drey Kinder brachten den Abend bey mir zu. War ein jedes in seiner Art unterhaltend. Alma beschäftigte sich sehr artig mit Bleystift und Papier.

25. Nebenstehendes: Herrn Hofrath Soret, hier. Herrn Geh. Rath von Müller. – In der Wiener Zeitschrift Rückerts Recension von Schlegels indischen Bearbeitungen. Darmstädtisches Programm über leichtere Erlernung fremder Sprachen. Mittag Dr. Eckermann und Walther. Letzterer producirte singend den größten Theil von Chelards Macbeth. Es ist wundersam, wie solche eingeborne Fähigkeiten durch äußere lebhafte Anlässe sich entwickeln und steigern. Ich fuhr fort in Carus' Psychologie zu lesen. Besorgte[177] vieles rechts und links. Einige angenehme Entwicklungen bezüglich auf Vertical- und Spiraltendenz der Pflanzen gelangen mir. Abend Hofrath Riemer, gingen einige Concepte, sodann aber den Zelterischen Briefwechsel 1830 durch.

26. Mehrere Concepte. Betrachtete ferner Herrn Sorets Trilogie. Verschiedene Sendungen mehr fordernd als bringend. Freundliches Anerkennen von Nehrlich Vater. Ottilie frühstückte mit mir. Erzählung vom gestrigen Ball. Verhandlung wegen Neureuther und andern Novissimis. Auch über die Pedanterie der englischen Titulatur bey Gelegenheit einiger Briefe und neuer Verhältnisse. Nachher fuhr ich fort das Nächste zu beseitigen. Besuchte mich Rentamtmann Mahr von Ilmenau. Speiste mit mir und Hofrath Vogel. Wurde manches über genannten Ort, seine Umgebung und Thätigkeiten gesprochen. Auch zuletzt manches Bedeutende über die Zustände des Augenblicks. Blieb für mich. Las in Carus' Psychologie fernerhin und bedachte, wie dieses allgemeine Schema sich in meiner besondern Individualität manifestire, und ich fand, daß zu Darstellung derselben eine umgekehrte Methode stattfinden müsse. Abends Ottilie. Im Werk seyende dramatische Unterhaltungen der Gesellschaft und was dabey wie gewöhnlich sich für Unbilden hervorthun. Kleomenes, König von Sparta, ward[178] gelesen. Ein Loos der Frankfurter Lotterie für die achtzigste Classe ward nach der löblichen Collectantenmanier statt hundert Thalern Gewinn eingesendet. – Herrn Hofrath Soret, eine Sendung zur Übersetzung.

27. Nebenstehendes expedirt: An Doris Zelter, Berlin. Herrn Eugen Neureuther nach München. – Anderes vorbereitet. Besonders die letzte Sendung an den Dresdner Kunstverein. Anderes Häusliche geordnet. Um 12 Uhr Herr Erbgroßherzog, Herr Hofrath Soret. Ich zeigte ihnen die neapolitanischen Gouachen. Mit Herrn Hofrath Soret Gespräch über seine schätzbaren Gedichte. Mittag Dr. Eckermann, welcher seine wohlangestellten Versuche auf die geforderten Farben bezüglich vorlegte. Las ich die Miscellen und die Minerva von Bran und fand nach dem Tode des wackern Mannes eine ganz schickliche Fortsetzung. Später Ottilie, die von Hof kam, und die Kinder gleichfalls, die sich über die Plumpsackpüffe bey etwas lebhaftem Spiel bey dem Erbgroßherzog beklagten. Ich setzte obige Lectüre noch weiter in die Nacht fort.

28. Manches vorbereitet. Selbst mundirt. Briefconcepte dictirt. Kam ein heiterer Brief von Zelter. Nach 12 Uhr Serenissimus. Im Stillen und fortwährend Betrachtung und Entwicklung des Pflanzenorganismus. Mittags Dr. Eckermann.[179] Er brachte den Aufsatz über die Landschaftsmaler zur Sprache und holte den Entwurf herbey, den ich durchging und mir die Angelegenheit wieder in's Gedächtniß rief. Ich zeigte ihm das Portefeuille mit einigen Poussins und viel Glaubers. Wir sprachen über die beyden Maler Preller und Kaiser und ihre in's Wilde und Triste gehenden Tendenzen. Ich verfolgte nachher diese Gedanken. Abends las Wölfchen in dem romantischen Bildersaal großer Erinnerungen aus der Geschichte des österreichischen Hauses. Gut gewählt und unterhaltend genug. Ich hatte früh ein Schreiben an Herrn Minister von Humboldt dictirt. Später Ottilie, das Leben des Kleomenes auslesend.

29. Nebenstehendes expedirt: Herrn Hofrath Winkler, Abschluß der Angelegenheiten des Kunstvereins, 30 Thlr. baar. B. R. Haydon, Esq., Historical Painter, London. Billet an Herrn Soret, wegen anzuschaffender Münzen für den Erbgroßherzog. – Speiste mit Dr. Eckermann. Unterhaltung über unsre beyden Landschaftsmaler Preller und Kaiser und die wunderbare Tendenz des talentvollen er sten zur Einsamkeit u.s.w. etc., wobey an keine freye Aussicht in die landschaftliche Welt zu denken ist. Was haben sich diese armen Menschen in Italien in ihrer chimärischen Deutschhaftigkeit bestärkt. Herr[180] Geh. Rath von Müller, zu Knebels morgendem Geburtstag auf Jena reisend und einiges zur Theilnahme mitnehmend. Abends Hofrath Riemer. Einige Concepte durchgegangen. Betrachtung über manches Ethisch-Ästhetische.

30. Auf Häusliches bezüglich. Holz angekauft. Munda von Briefen. Um 12 Uhr die Frau Großherzogin und Mademoiselle Mazelet. Vergnügen der trefflichen Dame über Wohlgelungenes in der Erziehung und öffentlichen Verhältnissen. Nachher zu meiner Tochter, wo ich Dr. Pfeiffer traf, einen bayerischen Arzt, der in's nördliche Deutschland gereist war, die Cholera zu beobachten, und die tröstliche Überzeugung gewonnen hatte und mitzutheilen suchte, daß sie nicht ansteckend sey. Einige scherzhafte Wechselreden über einen so bedenklichen Gegenstand. Mittags Dr. Eckermann. Fortgesetzte gestrige Unterhaltung. Ich ging mit ihm das Portefeuille sowie Sammlungen von Claude Lorrain, Poussin und Glauber durch, wie ich gestern schon gethan hatte. Las Marion Delorme von Victor Hugo. Nachher Unterhaltung mit Ottilien. Über die neue französische dramatische Kunst.


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, III. Abteilung, Bd. 13, S. 163-181.
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