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In einer mehr oder weniger rohen Masse entstehen enge Kreise; die Verhältnisse sind die intimsten, man vertraut nur dem Freunde, man singt nur der Geliebten, alles hat[458] ein häusliches Familienansehn. Die Zirkel schließen sich ab nach außen und müssen es tun, weil sie in dem rohen Elemente ihre Existenz zu sichern haben. Sie halten daher auch mit Vorliebe auf die Muttersprache, man nennte mit Recht diese Epoche
die idyllische.
Die engen Kreise vermehren sich und dehnen sich zugleich weiter aus, die innere Zirkulation wird lebhafter, den fremden Sprachen verweigert man die Einwirkung nicht, die Kreise bleiben abgesondert, aber nähern sich und lassen einander gewähren. Ich würde diese Epoche nennen
die soziale oder zivische.
Endlich vermehren sich die Kreise und dehnen sich von innen immer mehr aus, dergestalt, daß sie sich berühren und ein Verschmelzen vorbereiten. Sie begreifen, daß ihre Wünsche, ihre Absichten dieselben sind, aber sie können die Scheidegrenzen nicht auflösen. Sie mag einstweilen heißen
die allgemeinere.
Daß sie aber universell werde, dazu gehört Glück und Gunst, deren wir uns gegenwärtig rühmen können. Denn da wir jene Epochen seit vielen Jahren treulich durchgefördert, so gehört ein höherer Einfluß dazu, das zu bewirken, was wir heute erleben: die Vereinigung aller gebildeten Kreise, die sich sonst nur berührten, die Anerkennung eines Zwecks, die Überzeugung, wie notwendig es sei, sich von den Zuständen des augenblicklichen Weltlaufs im realen und idealen Sinne zu unterrichten. Alle fremde Literaturen setzen sich mit der einheimischen ins[459] gleiche, und wir bleiben im Weltumlaufe nicht zurück. Diese Darstellung möchte wohl den herzlichsten Dank und die redlichste Panegyrik den hohen Begünstigenden aussprechen.
s[alvo] m[eliori]
Weimar, den 25. April 1831
J. W. v. Goethe