Eilfter Auftritt.

[40] Der Lieutenant. Fikfak. Greif. In der Bude.


DER LIEUTENANT hastig. Bist du's, Fikfak? Was willst du? was ist vorgefallen?

FIKFAK. Nichts, Herr Lieutenant, nichts. Bin ich denn so ein Hiobsbote?

DER LIEUTENANT. Was willst du aber hier?

FIKFAK. Mich ein wenig auf dem Kirschleber Jahrmarkt umsehen?

DER LIEUTENANT. Ohne Urlaub?

FIKFAK. Den wollt' ich eben bey Ihnen holen.

DER LIEUTENANT drohend. Du! nimm dir nicht zu viel heraus! Befahl ich dir nicht gestern, keinen Fuß aus dem Thore zu setzen, bis du die Handwerkspursche hättest? wo sind sie, heh?[40]

FIKFAK. Zum Teufel.

DER LIEUTENANT wild. Wo du auch hingehörst.

FIKFAK. Ich konnte sie nicht halten. Sie rochen Lunte, so schön mein Kamerad und ich uns auch verkappt hatten, und machten sich mit Tagsanbruch davon. Dafür hab' ich aber einen armen Hungerleider von Maler ertappt, der zeither auf den Dörfern da herum die Kreuzer und Grenzsteine angestrichen hat, und dem ich weiß machte, der König brauchte einen Bataillenmaler. Aber ich werd' ihn wohl wie der laufen lassen, denn der Schlag hat ihm den rechten Arm gelähmt.

DER LIEUTENANT. Narrenstreiche! Und unser Transport, der morgen fort soll, und an dem noch drey Mann fehlen?

FIKFAK. St! Sich geheimnißvoll umsehend. Merken Sie nicht Unrath? Darum komm' ich eben. Auf Jahrmärkten giebt's immer was. Meine Pursche sitzen schon in den Schenken und lauern. Da ist der lange Pfefferkuchenmann, ich weiß[41] nicht, ob Sie ihn kennen – den hätt' ich schon längst gern weggeputzt.

DER LIEUTENANT. Nun, so mache deine Sachen klug. Will ab.

FIKFAK. Sie könnten mir auch wohl spioniren helfen, Herr Lieutenant.

DER LIEUTENANT. Ich habe keine Zeit.

FIKFAK. Wie gewöhnlich. Ihm ins Ohr. Was haben Sie denn auf dem Korne?

DER LIEUTENANT sich verstellend. Nichts. Ich muß wieder zu meinem Vetter.

FIKFAK. Und darum eilen Sie so? – Um Vergebung, Herr Lieutenant. Schalkhaft. Mit dem Herrn Vetter ists nicht richtig. – Theilen Sie mir immer Ihr Plänchen mit! Ich verrathe Sie nicht.

DER LIEUTENANT. Aber hilfst mir auch nicht?

FIKFAK. Wer weiß? Ich kann ja den Jemand, der Ihren Absichten im Wege steht, mit in die Schenke nehmen und besaufen.

GREIF der gehorcht hat, den Hals aus der Bude streckend. Um Vergebung, das Schenkenbier taugt[42] nichts. Ich führ' auch Bier, braun Bier, weiß Bier, Bryhan, und Wein, von welcher Sorte man nur beliebt.

DER LIEUTENANT sinnend. Hm! – Du bringst mich auf einen verzweifelten Einfall. – Lehnt sich ihm auf die Schulter. Höre, Fikfak! Besaufen ist keine Kunst. Wenn du nicht mehr kannst!

FIKFAK. Was denn noch?

DER LIEUTENANT. Ihn anwerben.

FIKFAK mit Gelächter. Anwerben? Liesens Vater? Den alten Graukopf!

DER LIEUTENANT ungeduldig. Was willst du mit Liesen? hab' ich die Meerkatze nicht schon seit einem Monat aufgegeben? – Bärbchen, Bärbchen – das wär' ein Leckerbissen!

FIKFAK. Denkt doch! Lukasens Bärbe? Kein schlechter Geschmack, in der That. – Aber wie wollen Sie der beykommen?

DER LIEUTENANT. Das begreifst du nicht, Star?

FIKFAK. Sie hängt viel zu sehr an ihrem Schatz, und der hat Augen wie ein Luchs.[43]

DER LIEUTENANT. Man könnte Thüren mit dir aufrennen. – Den sollst du eben in die Eisen jagen.

FIKFAK sich einfältig verwundernd. Haha!

DER LIEUTENANT. Und du fängst ihn, greifst du's nur halbweg gescheut an. Alles ist vorbereitet. Er hat schon einen Hieb, hat sich schon mit seinen: Mädchen auf mein Anstiften überworfen. Mach ihn vollends toll und voll – und er ist unser.

FIKFAK mit verstelltem Ernst. Aber, Herr Lieutenant!

DER LIEUTENANT. Was?

FIKFAK. Wäre das auch recht?

DER LIEUTENANT. Wie so?

FIKFAK. Wär's keine Sünde, einen armen Teufel, in der Besoffenheit, um seine Freyheit, um sein Mädchen, um alles zu prellen?

DER LIEUTENANT erstaunt. Kerl!

FIKFAK. Ja, Herr Lieutenant. Ich bin des Gemäkels müde. Das Gewissen wacht auch einmal auf. Wo es mit rechten Dingen zugeht, laß' ich mir weder Mühe noch Wege in meinem Dienste[44] verdrießen. Aber daß ich Ihnen zu gefallen ein Seelenkipper werden soll, davon steht nichts in meiner Ordre.

DER LIEUTENANT mit verbißnem Aerger. Hat's übergeschnappt?

FIKFAK. Ich schaffe dem König freywillige Rekruten; Ihre Mädchen mögen Sie sich selbst schaffen.

DER LIEUTENANT in vollem Zorn. Unverschämter Pursche! Mache mir den Kopf nicht warm, oder ich fuchtle dich, daß es eine Art hat. So ein Schleicher! Mich erst auszuholen, um hernach – Ich will nichts mehr von dir wissen. Morgen sollst du zum Regimente zurück. Meine Uhr heraus! Eher wollt' ich sie auf die Gasse werfen, als dir lassen.

FIKFAK losplatzend. Hahaha! Verstehen Sie denn keinen Spaß mehr, Herr Lieutenant?

DER LIEUTENANT. Was?

FIKFAK. So holterpolter in Eifer zu kommen? Um des albernen Lukas willen! – Ich dächte, wir kennten uns. – Ihre Hand, Herr Lieutenant![45] Werden Sie wieder gut! Nennen Sie mich wieder Ihren Sancho Pansa! Ihre Hand!

DER LIEUTENANT. Auf deinen Buckel! – Seit wann bin ich dein Narr? Ist's jetzt Zeit, Possen zu treiben?

FIKFAK.

Lassen Sie mich immer spasen!

Gut genug, ich hab' ihn schon.

Keiner ist beym Bataillon,

Keiner, der, wie Fikfak, würbe.

Finten, Flausen, Pfiffe, Nasen,

Werden endlich mir nicht schwer. –

Ach, Herr, wenn man davon stürbe,

Lebten Sie und ich nicht mehr!

Ja, mit meinem Gewissen will ich schon fertig wer den. Stehen Sie mir nur sonst für die Folgen.

DER LIEUTENANT. Folgen?

FIKFAK. Wenn die Braut mit ihrem Anhang aufwacht, und die Sturmglocke zieht, und mich beym Herrn Obristen verklagt, der über gewisse Dinge ganz anders denkt, als wir.[46]

DER LIEUTENANT. Das giebt sich. Schaff ihn nur erst fort. Da läßt sich schon ein Deckmantel finden. Und hernach, meynst du denn, daß ich das Mädchen auf dem Halse behalten will? Sie soll ihn wiederhaben, aber erst von mir erkaufen. Für Lukas bleibt sie immer gut genug. – Du hast doch noch Geld?

FIKFAK. Wird nicht viel seyn.

DER LIEUTENANT. Hier ist mein Beutel, mit à peu près zwanzig Pistolen. Mein ganzer Rest. Halte gut Haus damit.

FIKFAK. Ich will mein Möglichstes thun, Herr Lieutenant. Indessen – schreiben Sie lieber wieder frisch um Vorrath!

DER LIEUTENANT. So Schlag auf Schlag? Das geht nicht. Sie wollten mir schon meine letzten Rechnungen nicht passiren lassen. Ich weiß nicht, was den alten Perrücken anwandelt. – Laß sie brummen! Nur diesen Streich noch durchgesetzt! Das wird mich nicht ruiniren. Dann will ich aber auch anfangen zu wirthschaften – daß du deine Freude sehen sollst. Geht ab.[47]


Quelle:
Georg Anton Benda: Der Dorfjahrmarkt. Leipzig 1778, S. 40-48.
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