|
[80] Pompeji's Bürger, du, mit dessen Aschen
Vielleicht gerad vorbei die Winde spielen,
Die vor mir, tändelnd, Reb' und Rose haschen
Und in des Mittags Sonnenlocken wühlen!
Dein ist das Haus, das ich, dein Gast, begrüße,
Der sich verspätet um zweitausend Jahre!
Du bist ein Mann, mit dem sich's leben ließe,
Und freundlich heißt willkommen mich dein Lare.
Dein »Salve!« an der Schwelle dieser Hallen,
Nachstammelt dir's der Mosaik seit Jahren;
Es gilt auch mir, wie einst den Nachbarn allen,
Die jetzt mit dir dahin im Winde fahren.
Du wirst nicht zürnen des Besuchs, des späten,
Indeß auch ich's dem Hausherrn nicht verarge,
Daß er statt Purpurkissen, Goldtapeten
Zum Sitz mir bietet nur dieß Moos, das karge.
Wohl werden deine Laren sich vertragen
Mit meinen Hauskobolden gütlich können!
Wenn sie sich auch mit Kohlenbränden schlagen,
Daß sie nur uns die Schüsseln nicht verbrennen!
[81]
Sind Deck' und Goldgebälk' auch längst in Trümmern,
Deckt blauer Himmel uns auch nur statt ihnen,
Ich bin ein milder Gast und seh' ihn schimmern
Als deine seidnen, blauen Festgardinen.
Und sengt die Sonn' auch brennend meinen Scheitel,
Sie sei des Schweigens Rose, will ich schwören,
Gen deren Pracht selbst Pästums Rosen eitel,
Und die du aufgesteckt dem Gast zu Ehren.
Des Epheus Schnur, drauf die Cicade schaukelt,
Ist über'm Haupt als Seil uns aufgehangen,
Drauf uns dein Gaukler seine Sprünge gaukelt.
Wir brauchen seines Sturzes nicht zu bangen!
Hier ist auch Amor! Seine Siege blieben
Verewigt an der Wand von Farbendichtern!
Zwar etwas derb und keck! Doch scheint's, im Lieben
Ists besser allzukeck, als allzuschüchtern!
Bacchustrophäen, Amphor'n in den Hallen
Zerstreut, wie trunkene Bacchanten, liegen;
Ist auch mit Asch' ihr Mund verstopft, doch lallen
Sie noch von ihres Gottes lust'gen Zügen!
Gruß, Musen, euch! Dort die Papyrusrolle,
Verkohlt und morsch, wahrt noch im Eingeweide,
Gleich wie der Muschel Schrein, der perlenvolle,
Wohl manche Perl aus eurem Festgeschmeide.
[82]
Laß uns zu deines Gartens Blüthenfesten!
Ach, seine Mauern, die verwaisten, gleichen
Dem Aschenkrug mit den verbrannten Resten
Des Lenzes, der als Jüngling mußt' erbleichen!
Doch sieh dort neu Viol' und Rose nickend
Und Reben grünend, Palmen und Platanen!
Sie sprießen draußen, still herüber blickend,
Wie wir jetzt auf die Gräber unsrer Ahnen!
Und sieh, hier kommen ja noch andre Gäste!
Bequem macht sich, wie ich in deinem Zimmer
In ihrer Schwester tausendjähr'gem Neste
Die Schwalb', umschwebend deines Simses Trümmer!
Den Rosenfriedhof hier umschwebt ein dreister
Goldfalter, wie ein Geist, der sich verirrte!
Umsäuseln ihn des Gartens Blumengeister?
Denkt er des Ahns, des Flug sie einst umschwirrte?
Ich aber weiß, des Daseins Ring, der helle,
Er ist in Einem ungeheuren Bogen
Durch Stern und Baum, durch Rosen, Sonnenbälle,
Durch Menschenherz und Engelsbrust gezogen!
Des Daseins Lied, von Allen angeklungen,
Aussprechen kann für sich allein es Keiner!
Was meine Lippen ganz nicht ausgesungen,
Ergänzen Rose, Stern und Baum statt meiner!
[83]
Und nur ein Theil von mir wird eingegruftet,
Ein Theil von mir wird fort sein Dasein leben;
Ein Theil von mir ist's, was in Rosen duftet,
In Sonnen flammt und grünt in Palm' und Reben!
Ein Theil von mir ist's ja, das von dem Hügel
Als Quell durchstürmt der Erde ew'ge Fluren,
Als Schmetterling noch schlägt die farb'gen Flügel,
Als Schwalbe noch verfolgt des Frühlings Spuren!
So soll mein Salve! einst auch Enkeln klingen,
Wenn über ihren Reben, Quellen, Rosen
Im Jubelfluge, auf des Windes Schwingen
Vorüber meine Aschenreste tosen!
Ausgewählte Ausgaben von
Schutt
|
Buchempfehlung
Aristophanes hielt die Wolken für sein gelungenstes Werk und war entsprechend enttäuscht als sie bei den Dionysien des Jahres 423 v. Chr. nur den dritten Platz belegten. Ein Spottstück auf das damals neumodische, vermeintliche Wissen derer, die »die schlechtere Sache zur besseren« machen.
68 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro