26. Uber die Nichtig und flüchtige Welt-Lust.

[320] Aus dem Buch der Weißheit Cap. 5


1.

O Tolle Welt! soltu mich also trutzen /

und deine Lust so höchlich ausher mutzen?

sie ist ein Schiff / das durch die Wellen-fuhr

läst keine Spur.


2.

Ein Vogel ists / der durch die Lufft hinfleuget /

und seines Flugs kein Bahn noch Zeichen zeiget.

Gleich wie den Pfeil man in der Lufft nicht spürt /

sie sich verliert.


3.

Ein Schatten ist / all' eitle Freud und Leben /

den man nicht kan erhalten noch aufheben:

ein bloß Geschrey / und lauter Hörnerschall /

ohn Widerhall


4.

Wie eine Wolk in Lüfften sich aufbauet /

doch bald vergeht / eh man sich recht umschauet:

ein Nebel / Rauch / und was vergänglich mehr /

gleicht deiner Ehr.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 320-321.
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