29. Uber den Spruch Christi: Friede sey mit euch!

[326] 1.

Gottes Fried' ist euch gegeben:

nehmet ihn mit Freuden an.

wisset / daß allein er kan

geben ein vergnügtes Leben.

mit dem edlen Seelen-Fried /

er uns alles theilet mit.


2.

Frölich in gemeinen Plagen /

muhtig in der grösten Noht /

ja getrost auch in dem tod /

glücklich in den bösen Tagen!

wen der Himmels-Fried' ergetzt /

der ist stäts in Freud versetzt.


3.

Ungewitter / Hagel / Regen /

Winde / Blitz' und Donnerstrahl /

Wellen / und Erdbeben-Knall /

können diesen nicht bewegen /

der in Gottes Frieden lebt /

über alles ist erhebt.
[327]

4.

Er kan kecklich alls verlachen /

was die eitle Welt beginnt:

er viel anderst ist gesinnt.

Er läst nur den Himmel machen.

geh' es übel oder wol:

sein Herz ist doch Trostes-voll.


5.

In dem Krieg ist er mit Frieden;

in der Armut / gleichwol reich;

Tod und Leben gilt ihm gleich:

wann er nur ist ungeschieden

von des höchsten Fried' und Freud /

die ihn tröstet allezeit.


6.

Ach die Edle Ruh der Seelen /

allen Mangel reich ersetzt:

ja in Leid vielmehr ergetzt:

seelig / wer sie pflegt zu wählen!

alles in der Welt vergeht:

nur der Seelen Ruh besteht.


7.

Wahres Ende der verlangen /

einigs Ziel und höchstes Gut![328]

bleibe stäts in meinem Muht /

lasse mich mit dir nur prangen.

Hilff daß ich die Welt besieg' /

und mich stäts mit dir vergnüg.


Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 326-329.
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