7. Uber das H. Leiden Jesu Christi

[267] 1.

Mein Herze! wollst dich machen /

von eytlen Sachen /zu Christo deinem Gott!

betracht mit fleiß /

erweg' in deinem Herzen

desselben grossen Schmerzen.

Ihn Herzlich preiß' /

um alle seine Noht.


2.

Herr Jesu / deine Wunden /

zu allen Stunden /

erquicken meinen Muht.

Es ist meine Lust /

dein Leiden zu bedencken /

dir Lob und Dank für schenken.

mir ist bewust /

daß mich erlöst dein Blut.


3.

Der / so nicht gar von steinen /

muß ja beweinen /[268]

Herr / deine grosse Qual.

Es ist dein' Angst

unmüglich zu ersinnen.

Dein Herz möcht dir zerrinnen /

da du bezwangst

der Sünd' und Teuffel Schwall.


4.

Zu allem diesem triebe

dich deine Liebe /

die du zu uns gehabt.

Der brünstig Geist

macht dich das eigne Leben

vor unsre Wolfart geben.

Ach! dieses heist /

mit eignem Blut gelabt!


5.

Herr! deiner grossen Treue

ich mich erfreue /

an meinem letzten End.

In süsser Ruh /

will ich mit tausend Freuden

von dieser Welt abscheiden.

Die Höll' ist zu /

wann ich zu dir mich wend.
[269]

6.

Was soll' ich dir verehren:

ich will bekehren

mein Herz' und böse Werck.

Ich will hinfort

in deinen Wegen gehen /

den Sünden widerstehen /

mit Gottes Wort.

O Herr / verleih mir Stärk!


Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 267-270.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte
Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte

Buchempfehlung

Klopstock, Friedrich Gottlieb

Hermanns Schlacht. Ein Bardiet für die Schaubühne

Hermanns Schlacht. Ein Bardiet für die Schaubühne

Von einem Felsgipfel im Teutoburger Wald im Jahre 9 n.Chr. beobachten Barden die entscheidende Schlacht, in der Arminius der Cheruskerfürst das römische Heer vernichtet. Klopstock schrieb dieses - für ihn bezeichnende - vaterländische Weihespiel in den Jahren 1766 und 1767 in Kopenhagen, wo ihm der dänische König eine Pension gewährt hatte.

76 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon