Die Vierdte Abhandlung.

[83] Catharina.

Der SchauPlatz verändert sich in der Königin Zimmer.


CATHARINA.

Wie wenn der Donnersturm der Wetter sich verzogen/

Wenn nach der Blitzen Knall / der Wolcken Nacht verflogen /

Der Tauben matte Schar sich an der Sonn' ergetzt /

Vnd Rück vnd Flügel die deß Regens fall durchnetzt

Abtrocknet bey der Wärm / vnd die verscheuchten Jungen[83]

Lockt auß deß Felsen Klufft mit girrend-trüber Zungen;

So hoffen endlich wir nach Schmertz vnd herbem schmähn

Nach Kercker vnd Verlust die freye Lufft zu sehn.

So tretten wir zu Hauff / wir abgekränckte Frauen:

Vnd lassen vns benetz't von eignen Thränen schauen.

So suchen wir die Last die vns so hoch beschwert

Zu werffen von dem Halß' vnd was den Geist verzehrt /

Zu reissen von der Brust. Doch! wie vil sind verschwunden /

In seufftzen Ach vnd Schmertz! ehr sie das Licht gefunden

Das vnsre Nacht vertreibt! das dise Thor auffbricht

Das von der Bar vns reist' / vnd ledig-freye spricht!

Wie vil sind in dem Stanck der Kercker hingegangen?

Wie vil sind ehr man noch den Kercker kont' erlangen

Verschmachtet auff dem Zug. Der Räuber jhr Gewin

Fil mat von Staub vnd Sonn' / vnd Durst vnd Ketten hin!

Ein halb verschmachtet Kind sog auß den todten Brüsten

Der Mutter laues Blut. Die sterbend' Augen grüsten

Den Freund zu gutter Nacht / der sie nicht schlissen kont

Weil jhm so Herr als Band die kurtze Pflicht mißgont.

Man schleifft' in einer Kett' hir lebend hir verschiden /

Hir was verscheiden wolt'. Es suncken auff die müden /

Den Krafft vnd Geist entwich. Man scharrt' in einen Sand

Halb Tod- vnd Todten ein / man schmettert an die Wand

Was auff der Mutter Arm verschmacht' in schärffstem Leiden/

Liß vngeborne Frücht' auß schwangern Leibern schneiden /

Hir fand man Felder vol gespister Leichen stehn /

Dort sah ein bluttend Weib den Man zum Tode gehn.

Die Flamme die bey Nacht für lichte Fackeln diente;

Versängte nicht Paläst / nicht was auff Wisen grünte.

Der Gurgistaner Schar die Abas überwand /

(Doch mehr durch List als Macht) kracht in demselben Brand.

Doch seelig die der Fall deß Vaterlands bedecket![84]

Die jhr Gewissen nicht / auch nicht den Leib beflecket /

Als nur mit keuschem Blut / das auß den Wunden floß/

Das man vor Freyheit / Herd vnd Kirch' vnd Gott vergoß.

O seelig die der Strom deß ersten Grimms verzehret!

O seelig den der Tod im hinzug ist bescheret!

Der nicht der Persen Reich / nie jhrer Fürsten Stadt

Nie jhres Königs Burg / nie den Palast betrat.

Dem nie sein zartes Kind für Augen mißgebrauchet!

Der nicht bey ferner Glut in höchster Qual verrauchet!

Der nicht / eh' er erstickt / gepfählt ward in dem Grab!

Der nicht für Lebens-Lust den Heiland übergab!

Wie vil hat der Tyrann durch Dreuen / Trotz vnd bitten

Durch Gaben / Lust vnd Zwang / vnd Folter nicht bestritten!

Vnd endlich vnterdrückt! wer wündtschte nicht den Tod

Für diser langen Qual vnd steten jammer Noht?

HErr daß dein' arme Magd noch unverletzt gestanden;

Ist dein / nicht Menschen Werck. Der Cörper ist in Banden;

Doch find der Geist sich frey / der durch vil Creutz bewehrt

Doch / weil du für vns wachst / durch keine Glut verzehrt!

Du sihst daß weder Tod / noch der Verlust der Crone /

Noch Vntergang deß Reichs / noch diß / in dem ich wohne /

Diß Angsthauß / noch die Pracht die Persen vns verspricht/

Noch Strom der Tyranney der alles schlegt vnd bricht /

Mich reissen mag von dir. Sol denn die Kett' auffspringen;

Wilst du vns wieder heim nach schwerem Elend bringen;

So gib daß vnser Schiff das auff den Wellen stund

Nicht geh' auff stiller See vnd in dem Port zu Grund.

Dient Meine Freyheit dein unendlich Lob zu mehren;

So gib daß ich gekrönt mein König dich mög ehren.[85]

Hab ich für Kirch vnd Land denn nicht genung gewagt /

Vnd wilst du meine Leich; hir bin ich / deine Magd.


Salome. Catharina.


SALOME.

Der Fürst deß grossen Hoffs (O längst gewündtschte Stunden!)

Sucht jhre Majestet. Wir haben nun gefunden

Was offt begehrt. Er macht an Abas stat vns loß.

CATHARINA.

Regire dein Gemütt. Die Freud ist vil zu groß!

Chach wird die Freyheit vns so wolfeil nicht verkauffen.

Wie daß die Thränen vns von beyden Wangen lauffen?

Welch' eine frembde Bürd! Ach! fällt auff dise Brust!

Was drückt den trüben Geist vnd dämpfft die neue Lust?

Die Wehmut ist gewiß ein Vorspiel neuer Schmertzen.

SALOME.

So gehts wenn Hoffnung kämpfft mit Furcht in einem Hertzen.

CATHARINA.

Wir hoffen nicht zu vil vnd fürchten nicht zu sehr

Geht last den Fürsten ein.


Imanculi. Catharina.


IMANCULI.

Der Printz dem Sig vnd Ehr

Vnd Macht vnd Recht zu Dinst / Durchlauchtigste der Frauen

Gibt jhr durch mich sein Hertz vnd milde Gunst zu schauen /

Vnd schenckt jhr Cron vnd Reich das sie vor dem verlor

Eh sich das frembde Glück auff ihren Fall verschwor /

Daß sie als auß der Grufft noch prächtiger erstünde

Vnd Zepter durch Verlust der Stül vnd Zepter / finde.

So sinckt das Licht der Welt in die Guineer See /[86]

Vnd steigt mit neuem Glantz wenn die gespitzte Höh

Der Felsen sich entfärbt. So raubt der Winter rasen

Der edlen Gärte Zir. Wenn süsse Lüffte blasen

Geht alles schöner auff. Man streut den Samen ein

Der hundertfach sich mehrt wenn der gewündtschte Schein

Der Sonnen / Erndte macht. Sie ist dem Land entgangen

Das für sie nur zu schlecht. Sie hält das Glück gefangen

Das sie gefangen hilt. Chach Abas räumt jhr ein

Was zwischen beydem Pont. Doch diß ist noch zu klein

Für die / die mehr verdint von Abas zu empfangen /

Von Abas / welchen sie / Großmächtigste gefangen.

Gantz Persen felt jhr heim vnd Chach beut jhr die Hand

Die Persens Zepter trägt zum vnverfälschten Pfand

Der Königlichen Eh! ich wündtsche zu der Crone /

Dem numehr freyen Stand / vnd zu der Parthen Throne

Vnd der so hohen Freud vnd Heyrath sonder gleich;

Ein ewig blühend Glück / vnd jmmer wachsend Reich.

CATHARINA.

Daß Imanculi sich so tief geneigt beflissen/

Ein Arm gefangen Weib in gröster Noth zu grüssen;

Erkent mit höchstem Danck die / die nicht dancken kan

Als mit verbundnem Geist. Der König beut vns an

Was ewig Catharin nicht willens zu empfangen.

Vnd nicht empfangen muß. Wir wündtschen vol Verlangen

Daß Abas vns erhör. Bricht er die Kett' entzwey /

Vnd schenckt vns Gurgistan; so sind wir warlich frey /

Vnd fallen jhm zu Fuß vnd küssen seine Hände /

Vnd schweren Trew' vnd Dinst biß zu deß Cörpers ende

Doch wil er daß der Geist nicht Christlich sich erklär;

So wird die Freyheit vns mit Persens Cron zuschwer.

Wir rühmen sein Gemütt / das vns zu hoch wil ehren:

Doch leider kan der Geist von keiner Freyheit hören /

Die vns von disem trent / der sich mit vns vermählt /

Der vns diß Leben gab vnd vnser Har gezehlt.

Vil besser daß diß Fleisch verschmacht in tausend Schmertzen!

Vil besser daß diß Blut auß auffgeschlitztem Hertzen[87]

Die Erd' vnd Hencker färb'. Als dises Reich verschertzt

In dem kein Elend herrscht das in der Welt vns schmertzt!

IMANCULI.

Durchlauchtigste / warumb wil sie die Gunst ausschlagen

Die vber Gunst der Welt? was kan sie Chach versagen

Der sich jhr selber schenckt. Läst sie diß Glück entgehn?

Kan Ihr jhr Christus wol so vil im Lichte stehn?

CATHARINA.

Der Fürst vermeld' vns doch! was denckt vns Chach zu geben!

Was hat er mit vns vor? wehn sucht er zu erheben?

Was nutzt so Ehr als Glück? gesetzt daß es gescheh

Daß Abas vns getränt von Christus Läger seh!

Wo wolt er mit vns hin? Er heiß vns frey genissen /

Was reicher Vberfluß liß in sein Schatzhauß schlissen!

Was Freund vnd Vnterthan' vnd vberwundne Macht

Freywillig / auff begehr / vnd hochgedrungen bracht!

Es dient doch nur allein den leeren Mund zu füllen

Vnd den entblösten Leib mit Kleidern zuverhüllen.

Da wir nun JEsu trew / vnd bleiben Abas Magd;

So wird vns ja von Chach nicht Brodt nicht Tuch versagt

Das jeder Sclav' empfing. Man zeigt vns seine Kammer

Vnd rufft vns auff sein Bett' / in dem mit furchtbarn Jammer /

Wir jhm an Beyschlaffs stat / zu Schand' vnd Hohn verpflicht

Gleich andern den er Hold. Es sey auch daß er nicht

Als durch ein festes Band vnd eine Lib' vns ehre /

Vnd küß in keuscher Eh' vnd vnsern Ruhm vermehre

Auff Persens güldnem Thron! was trüg es vor Gewin?

Man nent' vns Königin. Das sind wir ja vorhin!

Vnd dörffen / daß man vns solt' eine Cron auffsetzen/

Nicht deß Gewissen Recht nicht Gottes Huld verletzen

Auch jsts vergebne Müh' vns mit der Erden Lust

Zu locken; als wir frey als die noch zarte Brust

Nicht durch die Angst versehrt; hat vns erlaubt ergetzen

Mit Vberfluß erquickt / was nicht erlaubt; das schätzen[88]

Wir als Kott / Schmach / vnd Fluch / ja vnser Glaub vnd Stand

Erschrickt für toller Freud' vnd was deß Königs Hand

Der müden Seele zeigt. Man ding't vmb vnser Ehre!

Vnd beut vns Rauch vnd Dunst. Man sucht deß Höchsten Lehre

Zu dämpffen durch den Tand! vnd für den Wind der Zeit

Zu rauben den Besitz der heilgen Ewigkeit?

Die aller Götter Gott (der nie den Eyd gebrochen),

Vns / seiner ärmsten Magd auß treuer Gunst versprochen.

Wenn wir (doch laß vns eh der Himmel vntergehn!

Eh'r müsse dises Fleisch auff lichten Flammen stehn!)

Gereitzt durch süsse Lust / getrotzt durch grimmes Dreuen/

Vns suchten vor dem Tod' vnd Gottes Bund zu scheuen;

Wer würd in Gurgistan / da jhn die Angst erwischt /

Durch vnser Beyspil nicht zum Abfall angefrischt?

Was? würd ein schwaches Kind / ein zartes Fräulein dencken/

Sol mich die grimme Pein biß zu dem Mord-Pfahl krencken?

Wenn Catharine selbst den Thron fürs Creutz erkohr

Vnd eh'r deß Glaubens Krantz' als jhren Leib verlohr?

Nein Libsten! da euch ja die Angst solt' vberfallen;

Sucht eurer Königin standhafftig nachzuwallen /

Nemmt Kercker für Paläst / für Freyheit; Ketten an /

Für Reichthumb / kiest Verlust vnd was ersetzen kan

Verwächselt mit der Qual. Wagt Freund vnd Fleisch vnd Jahre!

Erschreckt für keiner Flamm! springt auff die Todtenbare![89]

Küst Schwerdter die man euch durch Brust vnd Gurgel treibt!

Wenn euch der eine Schatz deß heilgen Glaubens bleibt!

IMANCULI.

Durchlauchtigst es ist hart für einen Wahn zu sterben

CATHARINA.

Wer für die Warheit stirbt kan nimmermehr verterben.

IMANCULI.

Der Perß vnd Jud vnd Christ ehrt gleichwol einen Gott

CATHARINA.

Der Perß vnd Jude treibt mit Gottes Sohn den Spott.

IMANCULI.

Woher doch solte Gott ein Sohn geboren werden?

CATHARINA.

Sol der nicht fruchtbar seyn / der fruchtbar macht die Erden?

IMANCULI.

Er war ein sterblich Mensch den jhr Gott gleiche macht.

CATHARINA.

Der Zeit vnd Ewigkeit in seine Macht gebracht.

IMANCULI.

Ihr sagt daß er am Creutz' elende sey gestorben.

CATHARINA.

Vnd daß er durch den Tod das Leben vns erworben.

IMANCULI.

Daß sein erblaste Leich sey in ein Grab versteckt/

CATHARINA.

Daß er am dritten Tag auß eigner Macht erweckt.

IMANCULI.

Wer Tod ist ligt vnd schläfft biß Gott wird Vrtheil hegen /

CATHARINA.

Der diesem Richter wird den Feind zu Füssen legen.

IMANCULI.

Ist jrgend ein Prophet auß seiner Grufft erwacht?

CATHARINA.

Ja / der / durch welchen Gott Propheten hat gemacht.

IMANCULI.

Traut sie so sehr auff den der sie bißher verlassen?

CATHARINA.

Kein Vater pflegt sein Kind / ob er gleich strafft / zu hassen.

IMANCULI.

Wie lange läst er sie in disem Kummer stehn?

CATHARINA.

Ein Augenblick / wird bald: vnd Ewig nicht vergehn.

IMANCULI.

Last vns weil wir noch hir der Zeit vnd Welt gebrauchen![90]

CATHARINA.

In einem Nun wird Welt vnd jhre Pracht verrauchen.

IMANCULI.

Gott gönt in disem Nun den Menschen ihre Lust.

CATHARINA.

Wir sind vns ausser Gott gantz keiner Lust bewust.

IMANCULI.

Wer keine Wollust libt; sucht doch die Qual zu meiden

CATHARINA.

Die disem Leben Feind / entsetzt sich nicht zu leiden.

IMANCULI.

Das Leiden vnd der Tod laufft wider die Natur.

CATHARINA.

Das Leben vnd der Tod sind fest an einer Schnur.

IMANCULI.

Der Tod siht schrecklich auß den harte Pein erbittert.

CATHARINA.

Je härter Donnerschlag; je schneller außgewüttert.

IMANCULI.

Ein König eyfert hoch jhm angethanen Spot.

CATHARINA.

Wir ehren Persens Haupt; doch höher vnsern Gott.

IMANCULI.

Der an dem Creutz erblich'; vnd nichts denn Creutzer gibet.

CATHARINA.

Der durch das Creutz bewehrt die Seelen die er libet.

IMANCULI.

Sie libt was Creutzer gibt / vnd hass't was Cronen schenckt.

CATHARINA.

Diß Creutz gibt vns die Cron die Niemand nimbt noch kränckt.

IMANCULI.

Es ist ein falscher Wahn der jhren Geist bethöret.

CATHARINA.

Die Warheit haben wir auß Gottes Mund gehöret.

IMANCULI.

Die Warheit in dem Fall ist leider vil zu schwer

CATHARINA.

Genung von Demetrius. Der Fürst sag vns was anders her!

IMANCULI.

Wil sie / was ich mich selbst entsetze zu erzehlen?

CATHARINA.

Auß zweyen Ubeln muß man stets das minst' erwehlen.

IMANCULI.

Sie wehle weil sie kan / für Ubel grosses Gutt[91]

CATHARINA.

Wir thuns! vnd wagen frisch für Gut die handvol Blutt.

IMANCULI.

Deß gutten falscher Schein pflegt offtmals zubetrigen.

CATHARINA.

Der die Gott stärckt wird nicht die Eitelkeit obsigen.

IMANCULI.

Ach! wil sie denn von mir deß Königs harten Schluß?

CATHARINA.

Warumb verbirgt er den / der die jhn leiden muß?

IMANCULI.

Princessin sie verzeih! ich thu diß Werck gezwungen.

CATHARINA.

Wir merckens! es kommt an / nach dem wir stets gerungen.

IMANCULI.

Es ist deß Königs Sinn / die Worte sind zwar mein!

CATHARINA.

Nur bald! der Auffzug mehrt vnd schärfft die rauhe Pein.

IMANCULI.

Princessin muß ich denn so hefftig sie betrüben?

CATHARINA.

Erfreuen / grosser Fürst!

IMANCULI.

Sie kan den Tod auffschiben!

Sie tregt jhr Leben / Heil / vnd Sterben in der Hand.

CATHARINA.

O Tod! gewündtschter Tod! O angenehmes Pfand!

IMANCULI.

Die grause sterbens Art / ist grauser als das Sterben.

CATHARINA.

Gott muste selbst sein Reich durch grause Pein erwerben.

Zagt nicht / geehrter Fürst! schlagt vns die Schmertzen für

Wir finden vns bereit.

IMANCULI.

Sie lese diß Papir.

CATHARINA.

O freudenvolle Schrifft! O auffgelöste Bande!

O vberreichte Cron! O abgelegte Schande![92]

O Freyheit meiner Seel! O längst verhoffte Ruh!

O ewig Königreich! O Vaterland! glück zu.

Die Marter (wir gestehns!) scheint freylich nicht zu tragen

Doch was kan solch' ein Geist den JEsus stärckt nicht wagen!

Durch jhn hat auch ein Kind der Hencker Trotz verlacht!

Ohn jhn / hat Menschen Krafft auch sonder Noth / gekracht!

Ade! geehrter Fürst! last vns den Kampff vollenden

Vnd in die Ruh eingehn.

IMANCULI.

Könt ich den Vnfall wenden!

Stünd' es in meiner Macht; kein Mittel wer zu schwer /

CATHARINA.

Wir wissens! diser Streich rührt von Chach Abas her!

Doch kan der Fürst vns noch mit letzter Gunst verbinden;

Er dulde das / wofern ein Prister sey zu finden

Der JEsum mit vns ehrt / er auff der Burg erschein /

Als vnsers Glaubens Zeug' vnd Beystand in der Pein.

IMANCULI.

Ich geb es willig nach! doch wenn sie zubewegen

Wenn sie die Lust vnd Angst wolt' endlich überlegen

Wenn sie!

CATHARINA.

nicht mehr von dem! wir wissen Abas Danck/

Daß er nach so vil Ach / vnd langer Kercker Zwang /

Vns seine Cron auffträgt / vnd weil wir die ausschlagen /

Veranlast nach der Cron der Ewigkeit zu fragen.

IMANCULI.

Ade denn wertte Fraw! die bessern Glückes wert

CATHARINA.

Diß ist das höchste Glück das heut vns widerfährt.


[93] Catharina.


O Haupt vnd Feldherr deiner Glider!

Der du den Kampff für vns versucht /

Vnd durch dein Blut / was Gott verflucht /

Gesegnet: für dir fall ich nider!

Nimm' an was ich nun dir zum Opffer sol vergissen

Mein zwar durch Schuld beflecktes Blut.

Doch durch dein Blut wird rein vnd gut

Was auß den Adern muß zu deinen Ehren flissen.


Das zarte Fleisch bebt ob den Plagen!

Vnd zittert für der rauhen Noht;

Der frische Geist rufft nach dem Tod

Behertzt der ängsten Angst zu tragen!

Ach! daß nur einmal mir vergönt für dich zu sterben!

Die kurtze Pein ist ja nicht wert

Der Ehren die du mir beschert

Daß mein / doch nichtig nichts / muß dir zu Ruhm verterben.


Verterben! nein! es wird erhalten

Mein Bräutgam! was man für dich wagt!

Die haben den Verlust beklagt /

Die in der Erden Lust veralten.

Wer wil nicht was die Zeit vns endlich doch wird nehmen

Als ein Geschencke dem vertraun?

Den wir unsterblich werden schaun

Vnd der vns ehren wird wenn sich die Welt wird schämen.


Ach Heyland! laß mich nu nicht wancken!

Nun mir der letzte Feind zusetzt[94]

Vnd alle Marter auff mich hetzt!

Ach stehe bey in disem Schrancken!

Beut du mir selbst die Faust vnd hilff mir vberwinden

Alleine bin ich vil zu schwach /

Mit dir wil ich durch Angst vnd Ach

Den Sig / das Licht / den Weg / zu dir / Erlöser / finden.


Beherschten Reiche! seyd gesegnet!

Gott beut mir höher Cronen an.

Diß was die Welt nicht geben kan /

Die Freyheit ist mir heut begegnet.

Mein Kercker! eingeweyht durch seufftzen-schwangre Thränen


Den auch mein Blut besprengen soll /

Ade! nun wird der Seelen wol

Die auff die Stunde fühlt erfüllt ihr langes sehnen.


Catharina / Salome mit dem gantzen Frauen-Zimmer.

Der Blutrichter mit den Soldaten vnd Henckern.


CATHARINA.

Wir Salome sind frey! der Höchste reist die Bande

Deß langen Kerckers auff! vnd führt vns auß dem Lande

Da Tod vnd Marter herscht / in das gewündtschte Reich /

Der ewig steten Lust. Wir lassen dise Leich

Dem Chach zum Lösegeld. Der Geist ist dem befohlen

Der vns ins Vaterland wil auß dem Elend holen

Nemm't jhr das Ebenbild der leidenden in acht;

Vnd habt von vns zu letzt / O Libsten! gute Nacht!

Ihr habt mit vns behertzt das schwere Joch getragen!

Der Donner der vns traff / hat auch nach euch geschlagen!

Dennoch blib eure Trew' vom Weter vnbewegt /

Ob wir schon in dem Staub von vnserm Thron gelegt!

Habt danck für disen Dinst / den wir jtzt nicht belohnen![95]

Wir wolten (möcht es seyn!) nicht vnsers Bluttes schonen

Wenn euch zu helffen wär! Ach / aber vns're Cron

Fil mit der Freyheit hin! das Glück hat Gut vnd Thron

Vnd Schätz vnd Geld geraubt! wir haben nichts behalten

Als den gebundnen Leib der jtzund soll erkalten!

Ach! lernt wie vnversehns der Erden Lust vergeh!

Auff wie nicht festem Grund' all vnser Hoffen steh'

Vnd schlagt was euch die Welt; was Abas an mag bitten

Großmüttig auß der acht! es sind nur reine Sitten

Die den gerufften Geist begleiten für Gericht

Wenn Gott nach vnserm Thun / den letzten Schluß außspricht.

Ade! traurt nicht vmb vns! wir sind nicht zubeweinen!

Der HErr! der Herren HErr wird vns voll Lust erscheinen

Wir gehn durchs Finsternüß zu Gott der Licht von Licht

Beschwer't doch vnsern Tod mit euren Thränen nicht.

Beklagt die / die sich hir ob jhrer Sünd ergetzen /

Vnd auff vergänglich Gut den Grund der Hoffnung setzen /

Es ist nicht winselns Zeit / glaubt! es ist jauchtzens wert

Daß vnser Bräutgam vns die Marter-Cron beschert.

SALOME.

Ach! hat vns Reussen diß / hat Perß vns diß versprochen!

CATHARINA.

Chach hat nicht heut auffs erst was er versprach gebrochen!

SALOME.

Hilff JEsus hilff! sol diß nun vnser Heimzug seyn?

CATHARINA.

Ja freylich! ja! wir gehn zu Gott ins Leben ein.

SALOME.

Muß jhre Majestet so kläglich von vns scheiden!

CATHARINA.

Man muß was JEsus schickt / ohn widerwillen leiden.[96]

SALOME.

Ich glaube Gott verstopfft für vns sein gnädig Ohr.

CATHARINA.

Geduldig Salome! schreib nicht dem Höchsten vor.

SALOME.

Ich bin behertzt mit jhr mein Leben zu verliren

CATHARINA.

Gott heist vns nur allein / nicht dich zur Marter führen.

HErr wir gehn willig hin! welch Eyfer steckt vns an!

Wer ist der über vns mit Vrsach weinen kan?

Mißgönt man vns die Cron? wir fangen an zu leben

Vnd trotzen Perß vnd Tod! wer wil den Mutt begeben?

Schaut JEsus geht voran! ein Augenblick beschwert

Die Ewigkeit erquickt. Creutz / Messer / Zang vnd Herd

Sind Staffeln zu der Ehr'. Itzt wird der Traum erfüllet

Der / als vergangne Nacht vns Sorg vnd Schlaff vmbhüllet;

Auff disen Außgang wiß. Gurgistans Reich ist hin!

Wir haben von der Cron nur Dornen zu Gewin!

Nur Dornen! die wir noch als alle Lust verschwunden

Den Rosenblättern gleich / auff disem Har gefunden

Die Thränen filen vns als Perlen auff die Schoß /

Als diser Augenbrun schir vnauffhörlich floß.

Der Purpur ist entzwey / der Zepter gantz zustücket;

Als man vns von dem Thron in Staub vnd Stock gedrücket!

Vmbsonst sind Meurab / Reuß vnd Tamaras bemüht

Zu wenden vnser Leid das vnauffhörlich blüht /

Vnd täglich fruchtbar wird. Der endlich an vns setzte

Vnd auß den Dornen riß / vnd (wie es schin) verletzte;

Ist (Zweifels ohn) der Tod. Die Lust die vns empfing

Als der geschwinde Sturm der Wetter vberging

Zilt auff das seel'ge Reich das JEsus vns erworben.[97]

Auff! Gott schenckt vns die Cron wenn wir / wie Er gestorben!

SALOME.

Ach! wie wird Tamaras der wertte Fürst gequält

Der leider! alle Tag vnd Augenblicke zählt /

Der jede Stunde wündtscht der Mutter Hand zu küssen

Der Mutter! die (O Gott!) hir muß jhr Blut vergissen!

O grosser Printz! vmbsonst ist was man kan versucht!

Eu'r vnauffhörlich fleiß trägt leider! herbe Frucht.

CATHARINA.

Wird er / wie jeder sol / Gott vber alles liben;

So kan sein Hertze nicht der Vntergang betrüben.

Wofern er nicht für Gott die Mutter wagen kan;

Ist er nicht vnser Kind vnd geht vns gantz nicht an.

Ade! die Zeit verleufft! nemmt dise letzte Küsse /

Ihr die ich zwar in Arm doch mehr ins Hertz einschlisse /

Der vns nun von der Welt vnd eurer Seiten nimm't

Hat wie vnd wenn jhr vns nachfolgen solt bestimmt.

Cassandra nimm den Ring. Ihr / dise Perlen schnure;

Den Demant Salome / Serena die Saphire.

Nemmt an zu guter Nacht die Steine von dem Har /

Die Ketten vnd was noch von Schmuck vns vbrig war /

Vnd denckt an vnsern Tod. Hirmit bleibt Gott befohlen!

Wofern der Höchst euch noch wird in Gurgistan holen;

So zeigt dem Tamaras vnd allem Land-Volck an;

Der möge nicht vergehn der wie wir sterben kan.

BLUTRICHTER.

Princessin man begehrt jhr in dem grossen Sale

Der Prister ist bestellt.

CATHARINA.

Last auß dem Jammerthale

Last auß der Hell' vns gehn! was sind die Thränen noth!

Was macht jhr?

JUNGFRAUEN.

Wertte Fraw wir wündtschen vns den Tod

I.

Sol jhre Majestet so kläglich von vns scheiden?

II.

So kläglich vntergehn.

III.

O mehr denn herbes Leiden!

IV.

Bißher hab ich mein Land vnd Eltern nur beklagt;

Sie war stat beyder mir / sie die von Trost vns sagt /

Wenn schir das Hertze brach. Mit jhr fil vns die Bürde

Princesse ja nicht schwer. Es schin kein Vnfall würde[98]

In jhrer Gegenwart vns vnerträglich seyn:

Nun greifft der neue Schmertz vns in die Seelen ein /

Vnd reist die Wunden auff die kaum die Zeit gelindert.

Die Glut der Angst entbrent / die Hoffnung ist gemindert

Was sag ich? Sie ist hin! wer hilfft vns ferner?

CATHARINA.

Gott

Der aller Vater ist / der Waysen auß dem Kott

Vnd Witwen auß dem Staub / vnd Todten von der Bare

Kan retten / wenn Er wil. Glaubt daß Er euch beware

Vnd bleibt jhm Ewig trew.

SALOME.

Ach kans nicht möglich seyn;

Daß wir zu vnserm Trost beywohnen jhrer Pein?

BLUTRICHTER.

Drey mögen / vnd nicht mehr / sie in den Sal begleiten

JUNGFRAUEN.

Ach last vns mit.

BLUTRICHTER.

Ich darff Befehl nicht vberschreiten,

Es kostet meinen Kopff.

CATHARINA.

Stelt euren Geist zu Ruh

Vnd setzt vns ferner nicht mit trübem Weinen zu.

Wir haben satt gelebt / vnd können nichts begehren

Das vns die grosse Welt noch mächtig zu gewehren.

Wir haben Kirch vnd Cron beschützt mit Rath vnd Schwerdt

Armenien beherscht. Der Persen Land verhert /

Deß Schwehers trüben Fall / deß Libsten Blut gerochen /

Der blinden Libe Joch deß Todes Pfeil zubrochen.

Vnd steigen in der Blütt deß Alters auff die Bar

Doch mehr als im Triumph zu vnserm Schlacht-Altar.

Wo wir diß vnser Fleisch zum Opffer vbergeben

Dem der sich selbst für vns liß in ein Holtz erheben.

Die Erden stinckt vns an / wir gehn in Himmel ein.[99]

Betrübt euch Libste nicht! die Pein ist sonder Pein!

Die Zähren schwächen schir die vnbewegten Sinnen!

Wil man euch vnsern Tod zu schauen nicht vergönnen?

Gedult! doch dint jhr vns in disem Zimmer mehr

Fallt Gott für vns zu Fuß / wündtscht daß Er vns erhör /

Vnd selber kämpffen helff' / vnd Stärck' in Angst verleihe/

Daß er begangne Schuld / die vns befleckt / verzeihe

Vnd vns im Tod erquick' vnd rett' auß allem Leid.

Ade mit disem Kuß biß in die Ewigkeit.


Reyen der Tugenden / deß Todes vnd der Libe.


DIE TUGENDEN.

Erschreckte Sterblichen; welch Zittern stöst euch an?

Wenn man dem zarten Fleisch zusetzet /

Vnd Schwerdter auff die Hälse wetzet;

Wie daß jhr so verzagt ob dem was tödten kan!

Muß man diß leben lose Leben

Den Jahren nicht zur Beute geben?

Warumb denn so gelibt was man verlihren muß?

Wie daß jhr doch nicht auff wolt setzen

Vor diß was Ewig kan ergetzen /

Die Vnruh / dise Last / die Thränen / den Verdruß!

Erbebt vor dem / der Leib vnd Seele

Kan in deß grausen Abgrunds Höle

Durch ein erzörntes Wincken stürtzen

Vnd euch was ewig lebt abkürtzen.

TOD.

Diser Pfeil der mit dem Blut[100]

Gottes selbst genetzt /

Der mich vmbpfing euch zu gut

Heilt wenn er verletzt!

LIBE.

Diser Pfeil der durch das Hertz

Gottes selber drang /

Tödtet Furcht / vnd Qual / vnd Schmertz

Vnd der Folter Zwang.

TOD.

Dise Fackel leuchtet zwar

Euch auß diser Welt;

Dennoch führt sie von der Bar

In deß Himmels Zelt.

LIBE.

Diser Fackel heisse Glut

Steckt die Geister an

Daß man mit entbrandtem Mutt /

Vor Gott tretten kan.

TOD.

Wem vor disem Bogen graut

Kent noch Welt noch sich;

Wer die Erden recht durchschaut

Wündtscht nicht mehr als mich.

LIBE.

Wer nicht disen Bogen libt

Kent noch sich noch Gott.

Vnd bleibt hir vnd dort betrübt

Ja ist lebend todt.

TOD.

In mein weisses Ehrenkleid

Ward Gott selbst verhüllt

Als Er eurer Seelen Leid

Durch sein Leid gestillt.

LIBE.

Meine Purpur ist gefärbt

In deß Höchsten Blut

Als Er euch am Creutz ererbt

Ein unendlich Gut![101]

TOD.

Schliß ich euch die Augen zu;

So schlisst ihr vilmehr

Dises streiten sonder Ruh /

Disen Kampff ohn Ehr!

LIBE.

Wem für meiner Flammen Macht

Erstarrt Aug vnd Licht;

Siht in heylig-höchster Pracht

Gottes Angesicht.

TOD.

Die jhr in den Banden schmacht

Wendet euch zu mir

Ich brech auff der Kercker Macht /

Oeffne Block vnd Thür.

LIBE.

Wündtscht ihr euch von Banden frey:

Kommt zu mir allein.

Libe sprengt die Kett entzwey /

Bricht durch Stahl vnd Stein.

TOD.

Hass't jhr dises Thränenthal:

Bitet mir die Hand:

Ich führ auß dem Folter-Sal /

In das Vaterland.

LIBE.

Eilt jhr in das Reich der Lust

Ich geh euch voran!

Mir ist diser Weg bewust

Den man tretten kan.

TOD.

Was ist stärcker als der Tod!

LIBE.

Libe gilt noch mehr!

TOD.

Der Tod endet Leid vnd Noht

LIBE.

Libe krönt mit Ehr!

TOD.

Der Tod hebet alles auff!

LIBE.

Nur die Libe nicht!

TOD.

Wenn sein Pfeil in vollem Lauff;

LIBE.

Den die Libe bricht.

Reine Lib' herscht für vnd für

TOD.

Die durch mich bewehrt.

LIBE.

Trägt der ew'gen Crone Zir

TOD.

Die durch mich beschert.[102]

Hab ich nicht Gott selbst bezwungen

LIBE.

Nach dem ich jhn band:

TOD.

Den ich an das Creutz gedrungen /

LIBE.

Ich bott dir die Hand /

TOD.

Rechtschaffne Libe wird nur in dem Tod erkennet:

LIBE.

Wer libt wird durch den Tod von Libe nicht getrennet

TOD.

Der libt ohn alle falsch wer biß zum Tode libt;

LIBE.

Wer libend stirbet wird nicht durch den Tod betrübt.

DIE TUGENDEN.

Wer biß zum Tode libt wird ewig stehen /

Vnd kan im Tode nicht vergehen.

Es hilfft nicht daß man kämpff vnd ringe

Das Ende krönet alle Dinge /

Wer angefangen / muß vollbringen /

Wo er ein Sige-Lid wil singen.

Wer biß zum Brand-Pfahl Gott getreue

Wer nicht für Zang vnd Schwerdt ist scheue /

Wer mit der Grufft verwechselt Stat vnd Thron

Derselb erlangt die herlichst Ehren-Cron.

Quelle:
Andreas Gryphius: Catharina von Georgien. Stuttgart 1975, S. 83-103.
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