Der Schluß des zweiten Aktes

[116] PANTHEA.

Hast du doch, menschlich Irrsal!

Ihm nicht das Herz verwöhnt,

Du Unbedeutendes! was gabst

Du Armes ihm? nun da der Mann

Zu seinen Göttern fort sich sehnt,

Wundern sie sich, als hätten sie

Die Törigen ihm, die hohe Seele, geschaffen.

Umsonst nicht sind, o, die du alles ihm

Gegeben, Natur!

Vergänglicher deine Liebsten, denn andre!

Ich weiß es wohl!

Sie kommen und werden groß, und keiner sagt,

Wie sie's geworden, so entschwinden sie auch,

Die Glücklichen! wieder, ach! laßt sie doch.

DELIA.

Ists denn nicht schön,

Bei Menschen wohnen; es weiß

Mein Herz von andrem nicht, es ruht

In diesem Einen, aber traurig dunkel droht[116]

Vor meinem Auge das Ende

Des Unbegreiflichen, und du heißest ihn auch

Hinweggehn, Panthea?

PANTHEA.

Ich muß. Wer will ihn binden?

Ihm sagen, mein bist du,

Ist doch sein eigen der Lebendige,

Und nur sein Geist ihm Gesetz,

Und soll er, die Ehre der Sterblichen

Zu retten, die ihn geschmäht,

Verweilen, wenn ihm

Der Vater die Arme

Der Aether öffnet?

DELIA.

Sieh! herrlich auch

Und freundlich ist die Erde.

PANTHEA.

Ja herrlich, und herrlicher itzt.

Es darf nicht unbeschenkt

Von ihr ein Kühner scheiden.

Noch weilt er wohl

Auf deiner grünen Höhen einer, o Erde

Du Wechselnde!

Und siehet über die wogenden Hügel

Hinab ins freie Meer! und nimmt

Die letzte Freude sich. Vielleicht sehn wir

Ihn nimmer. Gutes Kind!

Mich trifft es freilich auch und gerne möcht

Ichs anders, doch ich schäme dessen mich.

Tut er es ja! Ists so nicht heilig?[117]

DELIA.

Wer ist der Jüngling, der

Vom Berge dort herabkömmt?

PANTHEA.

Pausanias. Ach! müssen wir so

Uns wiederfinden, Vaterloser?


Quelle:
Friedrich Hölderlin: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 4, Stuttgart 1962, S. 116-118.
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