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[91] Bürgemeister betriegen 1) Wenn sie bey der Wahl zum Bürgemeister-Amt die meisten Stimmen mit Geld erkauffen, oder durch andere verbothene Wege darzu gelangen, ohne daß sie dadurch geschickt und tüchtig sind. 2) Wenn sie nicht so wol auf der Stadt Bestes, als auf ihren eigenen Nutzen sehen, und sich also von den bürgerlichen Intraden bereichern. 3) Wenn sie gewisse Sachen vor sich allein und ohne Vorbewust der übrigen Raths-Glieder / oder zu der Zeit, da nur solche aus dem Collegio gegenwärtig /welche ihnen und der Sache nicht zuwider / decidiren / und darunter entweder ihr eigenes Interesse suchen, oder aber denenjenigen, welchen die Sache angehet /etwas zu Gefallen thun wollen. 4) Wenn sie, was auf dem Rath-Hause vorgegangen / und verschwiegen gehalten werden soll, dem Tertio zu seiner Præcaution oder guten Freunden zu Lieb / hingegen zum Nachtheil einer Parthey, heimlich offenbahren. 5) Wenn sie ihre Accidentien unvermerckter weise vermehren /und wol gar neue Accidentien sub specie recti aufbringen. 6) Wenn sie unter dem Schein des Rechtens das Ansehen der Person achten / Geschenck nehmen, und die Klag-Sachen der Reichen bald vornehmen und zu Ende bringen, den Armen und Geringen aber das Recht verzögern. 7) Wenn sie offenbahre im Schwang gehende Aergernisse und Unordnungen nicht zu allen Zeiten gebührend straffen, sondern dazu stille schweigen / wenn die Ihrigen oder ihre Anverwandten mit interessiret[91] sind, und diesen durch die Finger sehen. 8) Wenn sie denen an Sonn- und Feyertägen in öffentlichen Wirths-Häusern, Wein- und Bier-Schencken verübten Excessen, aus interessirter Absicht / und damit sie nur von den Delinquenten brav Straff-Gelder einziehen mögen, nicht mit allem Ernst und Eifer steuren. 9) Wern sie die Legata, Stipendia und andere Stifftungen vor arme studirende Jugend und Landes-Kinder / Untüchtigen / Unbedürfftigen / Fremden oder ihren eigenen Kindern und Vettern in die Hände spielen, solchergestalt aber manch herrlich Ingenium, welches einst der Stadt trefliche Dienste hätte thun können, sich aber Armuth halber nicht empor zu schwingen vermag, im Staube liegen und verderben lassen. 10) Wenn sie mit Abtragung derer Viaticorum und Zehr-Pfennige / welche Bürgerlichen und auf die Academie ziehenden Landes-Kindern aus gemeiner Stadt-Cassa zu reichen gestifftet sind / nach Affecten handeln, und solche nur denen / welchen sie wohl wollen / geben / andern aber / denen sie abhold sind, ob sie es sonst gleich wohl und besser als jene werth sind, unbilliger Weise entziehen, auch wohl gar als ob sie es ausgezahlet, berechnen. 11) Wenn sie die einkommende Gelder zu ihren eigenen Nutzen verwenden / und darüber die öffentliche Stadt-Gebäude der Kirchen-Pfarr- und Schulen, Mauren der Stadt und dergleichen mehr nicht im baulichen Wesen erhalten. 12) Wenn sie der hohen Obrigkeit Gewissen-lose Vorschläge thun / wie diese die Stadt um ihre Privilegia, Statuten, altes Herkommen / und Gerechtigkeiten bringen können / um sich dadurch[92] bey der Landes-Herrschafft desto mehr zu insinuiren. 13) Wenn sie den übrigen Raths-Verwandten / so in Rechnungen sitzen / conniviren, und bey Untersuchung deren Rechnungen über Einnahme und Ausgaben ein X vor ein V seyn lassen. 14) Wenn sie den von ihren Söhnen oder Befreunden mit andern verübten Unfug ungestrafft hingehen lassen / andere aber, so mit darbey gewesen, allein straffen, oder ihnen um jener willen ebenfalls durch die Finger sehen. 15) Wenn sie bey Einquartirungen unter den Bürgern und Inwohnern der Stadt keine Proportion halten lassen, sondern aus Privat-Rache oder Nutzen den einen mehr als den andern damit beschweren.
Mittel: 1) Daß hohe Obrigkeit gottesfürchtige und redliche Leute zu solchem Amt erwehle. 2) Die Klagen der Bürgerschafft / wenn dergleichen wider die Bürgemeister vorkommen / zu gewissen Zeiten selbst anhöre / und darauf 3) das Regiment des Raths durch die hiezu deputirte Räthe scharff untersuchen lasse / ob solches nach denen Policey- und andern Ordnungen gebührend gefüh ret werde.