[291] Professores oder Academische Lehrer.

Professores oder Academische Lehrer betriegen 1) Wenn sie sich die Collegia voraus bezahlen lassen /hernach aber solche / unter dem Vorwand vorgefallener Hindernisse / nicht völlig absolviren. 2) Wenn sie zu Anfang eines Collegii sehr fleißig lesen / nach und nach aber den alten Schlendrian gehen / und es beym gleichen bewenden lassen. 3) Wenn sie unter dem Prætext einer Kranckheit / nöthiger Reisen / oder anderer Verrichtungen / viele Stunden aussetzen / und hernach die Versäumniß dadurch / daß sie über das gesetzte Ziel der halben Jahres-Frist weit hinaus lesen / wieder einbringen wollen / solcher gestalt aber die Studiosos alsdann an Besuchung anderer neu-angehender Collegiorum, oder an gäntzlicher Aushörung des ihrigen / hindern. 4) Wenn sie in denen Prolegomenis ihrer Collegiorum güldene Berge / und wie ausführlich sie von dieser oder jener Materie handeln wolten / versprechen / bey der Ausführung aber nur Proletaria und abgedroschenes oder ausgeschriebenes Zeug vorbringen. 5) Wenn sie einen gewissen Auctorem zum Grunde ihres Collegii zu legen vorgeben /nichts desto weniger aber viele unnöthige Dictata machen / und damit[291] die edle Zeit / welche zur Erklärung des Auctoris per Discursus könte angewendet werden / verderben. 6) Wenn sie einem Auctori, darüber sie lesen / nicht recht ins Maul greiffen / sondern über die schweren Loca gleichsam mit einem Flederwisch /und wie der Hahn über die Kohlen / obenhin fahren /und offt das Latein nur ins Teutsche übersetzen. 7) Wenn sie spät zu lesen anfangen / und bald / ehe noch der Zeiger geschlagen / wieder aufhören / oder auch wol die auf ihrem Tisch neben sich habende Sand-Uhr so lange rütteln und schütteln / biß sie fast ausgelauffen / und / da es alsdann noch nicht schlägt / die Schuld auf die unrecht lauffende Uhr verschieben. 8) Wenn sie die Fontes und Bücher / welche von dieser oder jener Materie / über welche sie hauptsächlich handeln / nicht anzeigen / sondern die besten / welche sie etwa wacker reiten / verschweigen / damit man ihre Blösse nicht so bald mercken oder hinter ihre Schliche kommen möge. 9) Wenn sie Collegia Pansophica anschlagen / und / nachdem sich einige mit dergleichen prächtigem Titul blenden lassen / in omnibus aliquid & in toto nihil præstiren / oder auf teutsch / die Auditores an der Nase herum führen /ohne etwas fundamentelles vorzubringen. 10) Wenn sie die Collegia publica, worauf sie doch von hoher Obrigkeit salariret werden / negligent abwarten /damit sie desto mehrere Collegia privata halten und davon profitiren können. 11) Wenn sie in ihren Collegiis mehr Schnacken / Schertz und Possen reissen /als Realitäten vorbringen / um dadurch mehrere Auditores an sich zu ziehen. 12) Wann sie alte angesehene Studiosos oder Magistros[292] heimlich suborniren, daß diese denen von Gymnasiis neu ankommenden Recrouten jener ihre Collegia bestens recommendiren /und so wohl von deren Nothwendig- als Nutzbarkeit anrühmen müssen. 13) Wenn sie in ihren Collegiis diesen oder jenen Professorem, Doctorem und Magistrum legentem ohne Ursach anzäpffen / und sonderlich mit dem schönen Nahmen Johann Ballhorn belegen / um hiedurch die Auditores von ihnen abspenstig zu machen / und hergegen an sich zu ziehen. 14) Wenn sie in ihren Collegiis privatissimis, welche sie einigen wenigen halten / gantz besondere Dinge zu tractiren versprechen / und sich übertheuer / auch wol voraus bezahlen lassen / gleichwol aber nichts besonders / ausser was man in Büchern findet / oder in andern Collegiis höret / vortragen. 15) Wenn sie die Auditores an ihren Dictatis, auf Versprechen / solche nicht zu ediren / fast die Hände abschreiben lassen /und hernach / da das Collegium zu Ende / solches im Druck heraus geben / folglich ihren Auditoribus vergebliche Arbeit machen. 16) Wenn sie in den gedruckten Lections-Catalogis, um sich bey Auswärtigen den Ruhm fleißiger Professorum zu wege zu bringen / von diesen oder jenen zu haltenden Collegiis viele Promessen thun / nachmahls aber / unter dem erdichteten Prætext, daß sie keinen austräglichen Numerum zusammen bringen könten / entweder gar keine / oder wenige davon halten. 17) Wenn sie über Materien lesen / die nicht zu ihrer Profession gehören / solchen Collegiis aber nur den Deck-Mantel eines ihrer Profession gemässen Nahmens umthun / und also[293] anderen das Brodt vorm Maul wegnehmen. 18) Wenn sie in ihren Collegiis Examinatoriis nach Affecten gehen / und diejenigen / so etwa in prächtiger Kleidung aufgezogen kommen / und von welchen sie sonst mehrern Genuß haben / fleißiger / als andere / examiniren / diejenigen aber / denen sie das Collegium gratis geben / das Quinquennium Pythagoræum halten / und ungefraget sitzen lassen. 19) Wenn sie denen Promovirenden / oder Disputirenden duch die bey jener Promotion à part gedruckte / bey dieser Disputation aber zu Ende solcher mit angefügte Carmina gratulatoria, unverdiente Lob-Sprüche geben /und sich davor die Hände versilbern oder sonst die Augen blenden lassen. 20) Wenn sie denen Doctorandis oder Magistrandis beym Examine rigoroso durch die Finger sehen / und damit sie nur desto mehrere Candidatos haben mögen / Indignis und Ignoranten / die vorzeiten so hoch geachtete Academische Gradus ums Geld conferiren. 21) Wenn sie bey Disputationibus geschehen lassen / daß die Respondenten sich pro Auctoribus derselben ausgeben / und / ohnerachtet diese kein Blatt daran gemacht / ihnen wol gar Epistolas gratulatorias beyfügen / wovon aber oben / unterm Titul / Disputanten / mit mehrern gehandelt worden.


Mittel: 1) Billig-mäßige Tax-Ordnung / wie viel jeder Professor und Magister von jedem Collegio nach dessen Länge und dem Numero Studiosorum fordern solle. 2) Fleißige Visitation durch die von hohen Nutritoribus besonders dazu abgeordnete / gelehrte / gewissenhaffte Männer.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 291-294.
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