Schuster.

[355] Schuster betriegen 1) Wenn sie Kalb-Leder auf Corduan-Art, oder Schaf-Leder auf gelb Saphianisch[355] zubereiten / und beydes dafür verkauffen. 2) Wenn sie gemeines Kalb- und Roß-Leder für Englisches Kalb-und Pfund-Leder verkauffen, oder, wie Mengering in Scrut. Consc. Catech. p. 1547. schreibet / denen Pfund-Sohlen eine schöne Gestalt zu geben wissen /daß sie für gute Hamburger Pfund-Sohlen passiren müssen. 3) Wenn sie das Sohlen-Leder einweichen, und, nach dem bekannten Sprichwort: Der Schuster hat zwey lange Zähn / damit er kan das Leder dehn, mit der Beiß-Zange dergestalt weit auseinander ziehen / daß seine Compactur oder Gewebe zertrennet und es sehr porös gemachet wird. 4) Wenn sie mit Fleiß solches Leder, welches in der Bereitung durch die Loh-Gerber verderbet und verbrennet worden /wohlfeil einkauffen und verarbeiten, nur damit die Schuhe desto eher zerreissen / und sie fein bald wiederum neue zu machen bekommen mögen. 5) Wenn sie den Juchten auf rauchem Leder vermittelst einiger dazu præparirten Specereyen nachmachen / und solches Leder nachgehends den einfältigen Bauren vor veritablen Moscowitischen Juchten verkauffen. 6) Wenn sie an den Schuhen, welche schon eine Zeitlang getragen worden, das Ober-Leder wischen / die Sohlen aber mit schwartzer Farbe überstreichen, und solche hernach vor nagel-neu verkauffen. 7) Wenn sie jezuweilen ein Loch ins Ober-Geschuh aus Unvorsichtigkeit geschnitten, solches so dann zunehen, oder mit Wachs verschmieren, damit man es bey dem Kauff nicht innen werden soll. 8) Wenn sie unter die Absätz-Fleckgen, oder auch zu den Ober-Ledern und Hinter-Theilen altes Leder[356] nehmen / und nachgehends für lauter neues verkauffen. 9) Wenn sie gantz und gar alte Absätze auf die Schuhe machen / und damit man es nicht so bald gewahr werde, solche von aussen und innen schwärtzen. 10) Wenn sie die gepappten Absätze, unter der Presse nicht recht ausdörren lassen, daß solche hernach gleich wieder voneinander gehen. 11) Wenn sie unter die gepappten Absätze mehr kleine Abschnitte / als grosse Körter und Flecken / oder auch wol gar Abschnitte von weissen Schaaf-Leder / und / wie an einem gewissen Ort geschehen / dick papierne Pappen thun. 12) Wenn sie an statt des behörigen Roß-Leders zu Brandsohlen Schaaf- oder wol gar Hosen-Leder / und Filsse von alten Hüten nehmen, und damit man den Betrug mit dem Schaaf-Leder desto weniger innen werde, das rauhe Theil heraus kehren. 13) Wenn sie die Brandsohlen / zumahl in den Frauenzimmer-Schuhen, welche mit Haaren sollen aus gefüttert werden, gar erspahren wollen / und die Haare nur zwischen eine weisse Schaaf-Lederne Fuß- und Roß-Lederne Unter-Sohlen einnähen, da doch auch die mittlere Sohle /welches eigentlich die Brand-Sohle seyn muß, ohnumgänglich darzu erfordert wird. 14) Wenn sie Schuhe von Kalb-Leder auf Pech oder gedoppelt verfertigen / welches doch / laut theils Innungen / bey Verlust derselben verboten ist. 15) Wenn sie sich mit Annehmung allzuvieler Arbeit, sonderlich bey annahenden Feyertagen / überhäuffen / und doch hernach die bestellten Schuhe, gethanen Versprechniß nach / zur bestimmten Zeit weder lieffern, noch andern Meistern theils zu verfertigen[357] gönnen. 16) Wenn sie in Verkauffung die Leute übersetzen / oder auch wol andern Meistern zum Tort, sich selbsten aber zum Schaden die Schuhe wohlfeiler geben / als sie das Leder haben. 17) Wenn sie, die Meister / einander selbst im Leder-Kauff heimlich übersetzen, und folglich das Leder unnöthiger weise vertheuren. 18) Wenn sie des andern Arbeit boßhafftiger weise tadeln / verkleinern und zunichte machen / hernach aber die ihrige / auch öffters mit leichtfertigem Schweren und Vermessen, daß man keine bessere Schuhe anderswo kriegen würde, heraus zu streichen wissen / nur damit sie desto mehrere Kunden an sich ziehen mögen. 19) Wenn sie zwischen den Brand- und Unter-Sohlen / dicke und starcke Ballen-Körter um den Rand legen, und so dann die Bauren beschwatzen / als seyen die Schuhe mit drey Sohlen gemacht. 20) Wenn sie die Brand-Sohlen mit hartem Pech brennen / oder zwischen denenselben und den Unter-Sohlen, an statt der so genannten alten Schwaben, Karten / Pappen, Rinde, Thon, oder auch wol gar, wie einsmals von einem gottlosen Meister geschehen seyn soll, Psalmen-Blätter unterlegen. 21) Wenn sie ihre Pech-Drähte aus schlechtem Hanff oder auch wol aus vermengtem Flachs verfertigen / und damit bestechen, nur daß sie auf solche Weise desto eher an den Schuhen wieder etwas zu flicken bekommen. 22) Wenn sie / sonderlich die Absätz-Drähte /gar zu dünne machen, und einen grossen Pfriemen führen / damit die Löcher fein groß werden / und der Draht desto eher durchgehen, auch diese sonst harte Arbeit ihnen nicht zu sauer ankommen möge. 23) Wenn sie[358] beym Aufstechen der Absätze die Drähte nicht wohl pichen, und allzuweite Stiche thun / oder nicht fest genug zuziehen, da es doch nach dem bekannten Sprichwort heißt: Wer wohl picht, und eng sticht / zeucht fest zu, macht gute Schuh. 24) Wenn sie den Gerbern das Leder abborgen / und / daß sie solches, so bald es nur verarbeitet / gleich bezahlen wolten / versprechen, nichts desto weniger hernach mit der Bezahlung zu bestimmter Zeit nicht inne halten / und wol theils die Schuld leugnen. 25) Wenn sie einen Schuh-Knecht von Ziel zu Ziel, nemlich, von Johannis biß Weyhnachten, & vice versa sprechen, und ihn zwar, so lange das Handwerck gehet, und viel bestellte Arbeit vorhanden ist / in ihrer Werckstatt behalten / hernach aber demselben / so bald nur die nöthige Arbeit vorbey, vor der Zeit seinen Abschied geben / und lauffen lassen. 26) Wenn sie einem ein paar Schuhe zu enge gemacht, ihn damit trösten / sie würden sich schon im Tragen austreten und ausdehnen / wann sie aber ein paar Schuhe zu weit gemacht, in der Nässe zu waden, davon sie bald eingiengen, vorgeben.


Mittel: Die auf solche Betrügereyen eingerichtete Innung und Beschauung derer zum Verkauff auf die Märckte bringenden Schuhe / auch Abnahm derer nicht tüchtigen / mag bey der Sache am dienlichsten seyn.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 355-359.
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