Siebender Auftritt

[122] Herr von Hasenkopf, Henriette.


HASENKOPF trocknet sich das Gesicht ab. Ja! meine Liebe Henriette! die verwünschte Trud ist, ungeachtet du samt dem Hausmeister im Zimmer warest, heute Nacht wieder hier gewesen; gedruckt hat sie mich zwar nicht, aber sie wollte eben auf das Beth steigen, als ich noch Zeit gewann, auf euch zu ruffen / ich weiß kein Mittel mehr, mir Ruhe bey der Nacht zu verschaffen. / Wenn ich ein neues Sontagkind wär, so nähm es mich nicht wunder; wo ein Gespenst ist, so muß ich es sehen / wo es poltert, da muß ich es hören, und ich allein muß es hören, eben ich, und ihr alle hört und seht im ganzen Hause nichts.

HENRIETTE. Vergeben sie, Herr Papa! sie sind schon gänzlichen von der Furcht eingenommen, und diese ist fähig, wenn sie sich einmal unsrer bemeistert hat, uns durch alle Gegenstände zu schröcken, und auch wenn wir nichts hören, nichts sehen, mittels der Einbildung unsren Augen allerley Gespenster vorzustellen.

HASENKOPF. Was ich höre, was ich sehe, ist alles mehr, als zu gegründet; sind dieß Einbildungen, wenn ich bey der Nacht im verschlossenen Zimmer seufzen höre, wenn es mit Pantufeln herumgeht, wenn es mit[122] Ketten rauscht, mir die Decke vom Bethe reißt, mich in die Hohe hebt, wenn es kracht, winselt, heult; ja, wenn ich würklich die Geister, wie letzthin deine verstorbene Mutter vor meinem Bethe stehen sehe; was sagst du dazu?

HENRIETTE. Ich sage, daß ich die Geister zwar nicht verwerfe, ich behaupte aber dabey, daß die meiste Spuckerey aus den Quellen der Einbildung entstehe, und daß man dergleichen Zufälle auf das genauiste untersuchen müsse, ehe man zur eigenen und anderer Qual sich von blinder Einbildung dahin reissen lasse.


Quelle:
Dichtung aus Österreich. Anthologie in drei Bänden und einem Ergänzungsband, Band 1, Wien und München 1966, S. 122-123.
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