Sechster Auftritt

[131] Alcantor aus seinem Hause.


ALCANTOR. Den ausgewechselten Brief habe ich durchgelesen und sodenn zerrissen, er war die Abschrift desjenigen, den mir schon vorhin der Friseur zugesteckt hat; die von mir im Namen meines Sohnes verfaßte Schmähzeilen wird Henriette gleichfals erhalten haben, da ihr Lisette gemäß ihrer Meynung selbst sagen wird, solche aus der Hand des Hanswurst bekommen zu haben, so zweifle ich gar nicht, daß Henriette meinen Sohn auf das heftigste hassen, und ich folgsam mein erwünschtes Ziel erreichen werde. Nichtsdestoweniger muß ich doch auf das Betragen meines Sohnes heute besonders acht haben, und mich immer in dem Hause des Hasenkopfs sehen lassen, weil es sich doch fügen könnte, daß der mit dem Briefe von mir gespielte Betrug an den Tag kämme, oder daß Henriette ungeachtet der in dem Briefe enthaltenen Unhöflichkeiten dennoch Valeren liebte; denn die wahrhaft Verliebten verzeihen oft leichterdingen die gröbisten Beleidigungen, und man weiß Beyspiele, daß einige Frauenzimmer sich mit solchen Liebhabern verheyrathet, die ihnen lange vor dem Hochzeittage schon die empfindlichsten Grobheiten erwiesen haben Geht ab in des Hasenkopfs Haus.


Quelle:
Dichtung aus Österreich. Anthologie in drei Bänden und einem Ergänzungsband, Band 1, Wien und München 1966, S. 131.
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