Erster Auftritt.

[279] Der Schau-Platz stellet vor den Königl. Lust-Garten.


TIRIDATES.

Jhr Götter dehrer Arm gantz Persien beschützt /

Auff dehrer Hoheit sich mein grösser Sefi stützt /

Erleuchtet mein Gemüth und gebt mir zu erkennen /

Ob itzt die Rache sol in meiner Seele brennen!

Gebt / grosse Götter / doch mir einen treuen Rath /

Ob seinen Vorsatz sol vollziehen Tiridat!

Ob die Prinzeßin Jch / die Zucht und Schönheit ziehren /

Durch Schlangen-gleiche List dem Vater sol entführen!

Wahr ists; Alphonsus hat den grossen Schach verhöhnt /

Dehn Norden / Ost und West mit tausend Lorbern krönt;

Jch bin auch wol bedacht die Rache vorzunehmen /

Durch die deß Königs Hertz sich wird zu Tode grämen.

Allein diß wicht'ge Werck begleitet die Gefahr /

Auff dieser That beruht die schwänze Todtenbahr.

Drumb ist hier ein Ulyß und Seneca vonnöthen /

Der mir verjagen kan die dreuenden Cometen.

Hier sol Octavius mein treuer Leit-Stern seyn.

Man weiß der Ehre Gold wirfft einen solchen Schein

Und hellen Glantz von sich / daß auch die klügsten Sinnen /

Besonders im Pallast / die Ehrsucht kan gewinnen.

Diß Kleinod wil ich nun vorstellen diesem Rath /

Und daß Octavius durch solche Helden-That

Vom Grossen Sefi werd ein Fürst in Persen werden /

Dehm keiner gleiche sey auff diesem Kreiß der Erden.[279]

Steht / grosse Götter / mir in diesem Wercke bey /

Schafft / daß Octavius mir ein Ulysses sey /

Damit gantz Persien in dieser Liebes-Sache

Empfinde Glück und Sieg von Tiridatens Rache!


Quelle:
Johann Christian Hallmann: Sämtliche Werke. Band 2, Berlin und New York 1975, S. 279-280.
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