Zehnder Auftritt.

[341] Alphonsus. Ramiro. Rodrigo. Liberata. Die Pagen und Trabanten.


ALPHONSUS.

Gleichwie der Götter Zorn nicht stracks auff frischer That

Die tolle Welt bestrafft / so sol auch Liberat

Jn dieser Sicherheit ohn allen Anstoß schweben /

Dafern Sie Unsrem Schluß gehorsamst nach wird leben.

Sie weiß / wie hoch Sie hat den grossen Jupiter /

Den Himmel / Erden / See / ja selbst das Höllen-Heer

Jn tieffster Demuth ehrt / durch jhren Fall verletzet /

Weil Christum hoher Sie als seine Gottheit schätzet.

Es hat auch dessen Rach und Eyfers volle Stärck

Bey diesem Abfall sich und schnödem Glaubens-Werck

Recht sichtbarlich gezeigt / indem Er jhre Glider

Jn einen Mohr verkehrt selbst der Natur zuwider.

Weil nun kein Mittel ist zu dämpfen disen Blitz /

Alß daß Sie wider sich zu seinem Sternen-Sitz

Und heiligem Altar in wahrer Andacht wende /

Die jhn versöhnen wird / so hat man zu dem Ende

Diß Opffer Jhr bestellt / wodurch die Schönheit Sie

Der vorigen Gestalt ohn alle fern're Müh

Gewiß erlangen wird. Kan Sie nun diß erfreuen /

So wolle Weyrauch Sie auff diesen Altar streuen /

Auff-opfern jhre Seel und bitten umb Genad

Vor jhren schwehren Fall und grosse Missethat /

So wird Sie nicht allein den grossen Gott versöhnen /

Es wird auch selbst Alphons Jhr Englisch Haupt bekrönen

Mit dem Jaßminen-Krantz der Väterlichen Gunst.

So knie Sie nun Prinzeß in Andachts-voller Brunst

Vor dises Söhn-Altar deß grossen Ertztgotts nider /

Jndem sich hören laßt die Anmuth heil'ger Lider!


[342] Jndem höchst-liblich zum Opfer musiciret wird / und der König nebst dem Ramiro mit allerhand charessirenden Minen die Liberatam zum Opfer zu bewegen sich vergeblich bemühet / redet der höchstergrimmte König also.


Halt inn mit der Music! O übergrosser Trotz!

Verlacht dann Liberat deß grossen Gottes Schutz?

Auff! Weigre länger nicht die Andacht zu vollbringen /

Sonst wird der Hencker dich mit tausend Martern zwingen!


Liberata betet kniende zu GOTT in den Himmel / der Statua den Rücken kehrende / also.


LIBERATA.

Ach Dreymahl-grosser GOTT! beweise deine Stärck

Und deiner GOttheit Macht in diesem Glaubens-Werck!

Steh mir genädigst bey in dieser Unglücks-Stunde

Und stürtze was dich schimpfft durch deinen Arm zu Grunde!


Der Donner schlägt die Statuam des Jupiters in viel Stücke / welche Ramiro mit vielen Küßen von der Erden auffhebet und wieder aufs Altar leget.


ALPHONSUS.

Hilff grosser Jupiter! Was leider sehen Wir!

Welch Blitz schlägt auffs Altar? Jhr grossen Götter jhr!

Wird dises Bild entweiht durch Liberatens Sünden?

Wie? Sol sich größre Pein der Frevlerin verbinden?

Wie? Oder ist vielleicht verfluchte Zauberey /

Durch welche offters sich die Christen machen frey

Von der verdienten Qvahl / in disem Werck verborgen?

Jhr grossen Götter Jhr! Benehmt mir doch die Sorgen!

RAMIRO.

So ists großmächt'ger Fürst! Der Christen schnöde Schaar

Baut offt durch Zauberey dem Teuffel ein Altar.[343]

RODRIGO.

Die meisten Christen sind die grösten Hexenmeister!

Sie führen stets bey sich kunstreiche Höllen-Geister!

LIBERATA.

O Einfalt sonder Grund! Mein JESUS ist der Mann /

Der Lufft und Blitz regirt und alles stürtzen kan /

Und Diser wil auch hir durch dises Beyspil lehren /

Daß man den wahren GOTT in diser Welt sol ehren.

Und disen ehr' auch Jch! Es mag Alphonsus nun

Durch grimmste Tyranney mit Liberaten thun

Was seinen Sinn gelüst / so wird in diesem Hertzen

Doch stets mein JESUS stehn auch bey den grösten Schmertzen!

RAMIRO.

Sie dencke doch Prinzeß an jhren Ehren-Stand!

LIBERATA.

Die Ehre dieser Welt ist Schatten / Rauch / und Sand.

RODRIGO.

Wo bleibet Jhre Pracht und Sonnen-helle Strahlen?

LIBERATA.

Die Engel werden mir den schönsten Purpur mahlen.

RAMIRO.

Wo bleibt Jhr Demant-Schmuck und prächtiger Talar?

LIBERATA.

Es ligt mein schönster Schatz auff Christi Creutz-Altar.

RODRIGO.

Wo bleibt die Liberey der Pagen und Trabanten?[344]

LIBERATA.

Vor dise werd' ich schaun des Himmels Musicanten.

RAMIRO.

Wo bleibet doch Prinzeß Jhr grosser Helden-Muth?

LIBERATA.

Die schönste Hurtigkeit besteht in Christi Blut.

RODRIGO.

Wil Sie deß Zepters Gold verwandeln in Zypreßen?

LIBERATA.

Der SISIGAMBIS Stab hat längst die Zeit gefressen.

RAMIRO.

Sol Jhr der Purpur-Rock ein Sterbe-Kittel seyn?

LIBERATA.

Jch hülle mich mit Lust in diesen Scharlach ein.

RODRIGO.

Wil Jhre Krone Sie in Todten-Kopff verkehren?

LIBERATA.

Mir wird der Engel-Hauff den Siges-Krantz gewehren.

RAMIRO.

Erschreckt sie nicht Prinzeß der Marter-volle Todt?

LIBERATA.

Ach nein! Der Tod führt mich auß aller Pein und Noth!

RODRIGO.

Die Art des Todes kan den bittern Todt erherben![345]

LIBERATA.

Es kan der schwache Mensch mehr nicht alß einmahl sterben.

ALPHONSUS.

Wolan! Der Grimm reißt auß! Weil gar nichts helffen wil /

So mag die Bestie ein blutigs Trauerspil

Dem Erd-Kreiß stellen dar! so mag das Thir erbleichen!

Die Vater-Libe muß der Götter Ehre weichen.

Zudem hat Africa deß Molochs grimmer Glut

Zum Opfer dargestellt gekröntes Fürsten-Blut /

Wann etwan Mars gedreut mit Ketten / Band und Eisen

So wird auch niemand Unß dehn Urthelspruch verweisen.

Drumb lasset ohn Verzug auffs Henckers rauhen Bahn

Die grosse Sünderin ans Creutze nageln an /

An welchem / weil gantz nichts Jhr Hertze kan erweichen /

Sie durch gehäuffte Qval höchst-kläglich mag erbleichen!

LIBERATA.

Gar wol Durchlauchster Fürst! Nun wird mein Wunsch erfüllt!

Was ist doch dise Welt? Der Eitelkeiten Bild!

Die Marter scheinet zwar unmöglich zu ertragen;

Jdoch mein JESUS wird mir lindern alle Plagen.

Seyd tausendmahl gegrüßt Jhr tapffren Märtrer jhr /

Ribera / Philippin' / und Hyacinthens Zir!

Jhr habet allbereit die Straße mir gezeiget

Auff der mein froher Geist zun Seraphinen steiget.

Ade nun werthes Reich! Geübtes Vaterland!

Der Himmel schütze dich! Auch Er / dehn ich erkant

Alß Vater in der Welt / bleib Ewiglich gesegnet!

Jch steh und wancke nicht ob es gleich Schwefel regnet!


Sie betet abermahls kniende zu GOtt.


Käyser Himmels und der Erden

Jn dem grossen Sternen-Saal /[346]

Lasse dieses Creutzes Qval

Mir zur Himmels-Fackel werden!


Leuchte mir zu meinem Leiden

Mit der Sonne deiner Gnad!

Laß die ärmste Liberat

Fröhlich von dem Erdkreiß scheiden!


Laß die Freyheit nun erlangen

Meinen Nahmen mit der That /

So wird deine Liberat

Ewiglich in Freyheit prangen!

ALPHONSUS.

Vollziehet den Befehl und führt das Unthier weg /

Daß die gerechte Rach' erreiche jhren Zweck!


Jndem Liberata zum Tode geführet wird / wird hinter dem Theatro nachfolgendes Lidgen nebst einer beweglichen Music gesungen.


1.

Reise frölich nach dem Himmel

Helden-gleiche Märterin!

Reise frölich! Denn dein Sinn

Fährt von diesem Welt-Getümmel!


2.

Reise frölich nach der Krone

So in diesem harten Streit

Dir dein Jesus hat bereit

Auf dem Heilig-hohen Throne!


3.

Reise frölich zu dem Sterben /

Denn es hat der grosse GOTT

Ebenfalls durch solchen Todt

Uns den Himmel wolln erwerben!


[347] Hierauff erscheinet unter einer lamentirlichen Music.


Die Singende Streitende Kirche.


1.

O Traurigkeit!

O bittres Leid!

Jst das nicht zu beweinen?

Liberatens Tugend-Glantz kan nicht ferner scheinen!


2.

O herber Fall!

O Donnerknall /

Der meine Scheitel rühret

Und mich in den Labyrinth tiefster Sorgen führet!


3.

Ach wer wird nun

Mir guttes thun

Und meine Kinder küßen /

Nun die schönste Liberat muß die Augen schlüßen?


4.

Mein Bräutigam

Der sich am Stamm

Deß Creutzes mir vertrauet /

Auf dich wird mein höchster Trost in der Noth gebauet!


5.

Zu Dir flieh ich!

Ach schütze mich

Vor deß Alphonsus Rasen /

Welcher deiner libsten Braut wil den Geist außblasen.
[348]

6.

Laß meinen Flor

Jns Himmels Thor

Zu einem Wetter werden /

Welches disen Ertz-Tyrann reisse von der Erden!


7.

Die Thränen-Bach

Sey eine Rach

Wodurch deß Mörders Seele

Jämmerlich versincken müß' in deß Satans Höle!

Quelle:
Johann Christian Hallmann: Sämtliche Werke. Band 2, Berlin und New York 1975, S. 341-349.
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