Erfindung deß Trauer-Spiels.

Der ersten Abhandlung

[243] Erster Aufftritt.


Der heidnische König ALPHONSUS in Portugal hält mit seinen geheimsten Geist- und Weltlichen Räthen zu Lisabona Rath / wie Er seine Regirung glückseelig befestigen möge / welche / ausser dem PALAMEDES einmüthig dahin stimmen / daß der König keinen eintzigen Christen in seinem Königreich beym Leben lassen / und dann seine eintzige Tochter / die Prinzeßin LIBERATAM, weil kein männlicher Kron-Erbe verbanden / einem auß denen dreyen umb sie werbenden Königlichen Printzen / nemlich deme auß Sicilien /Egypten / oder Persien / verehlichen solle. Deren ersteren Vorschlag zwar der König genädigst anhöret /den letzteren aber in Ungenaden vermercket.


Zweyter Aufftritt.


Der in die Schönheit der Prinzeßin LIBERATA heimlich verliebte König sinnet auff Mittel und Wege / die umb sie anhaltende drey Printzen mit Manir abzuweisen.


Dritter Aufftritt.


Der Sicilianische Printz FERDINANDUS ersuchet den König umb gnädige Einwilligung in seine gegen der Prinzeßin tragende Eheliche Liebe / wird aber durch unverhoffte Ankunfft seiner zwey Neben-Buhler / nemlich deß Egyptischen Printzens ARIMANTES, und deß Persianischen Gesandtens[244] deß TIRIDATES, hieran verhindert / wessentwegen Er höfflichen Abschied nimmt und davon gehet.


Vierdter Aufftritt.


ARIMANTES und TIRIDATES verlangen von dem Könige / daß Er die Printzeßin LIBERATAM, auß Väterlicher Gewalt entweder zu einem gewissen Ja-Worte zwinge / oder aber selbsten Sie einem unter ihnen zweyen ehelich versprechen wolle / welch unförmliches Begehren aber der König höchstungenädig empfindet und entweicht.


Fünffter Aufftritt.


ARIMANTES und TIRIDATES entschliessen sich die Printzeßin selbsten dessentwegen anzureden / und ihre eigentliche Erklährung zuvernehmen.


Sechster Aufftritt.


Die in einem Pagen-Habit / unter dem Nahmen INFORTUNIO, verkleidete JULIANA, beklaget sich über ihres Herren deß Printzens FERDINANDI, Untreu / und erzehlet die zwischen Jhm und Jhr / als einer Römischen Printzeßin / vorgegangene Liebes-Begebenheit / wie Er Jhr / nemlich zu Rom die Ehe versprochen / und Sie hernachmals treuloß verlassen /weßwegen Sie Jhme in Pagen-Habit nachgezogen /und Dienste bey ihm angenommen; Entschleußt sich dannenhero Jhm als ein Geist zu erscheinen / umb die Beständigkeit seiner Liebe zu prüfen.


Siebender Aufftritt.


Die Königliche Hof-Dame AURORA bemühet sich die verkleidete Printzeßin JULIANA, in der Meynung / daß sie ein rechter Page sey / zu ihrer Gegen-Liebe zu bewegen / aber vergeblich.
[245]

Achter Aufftritt.


Sjnnet dannenhero auff allerhand Mittel diesen Zweck zu erreichen.


Neundter Aufftritt.


Dje Printzeßin LIBERATA dancket dem Drey-Einigen GOtte vor die Erleuchtung im Christlichen Glauben / und beklaget die grausame Verfolgung der Christen.


Zehender Aufftritt.


LIBERATA versichert den ihr auffwartenden Printz FERDINAND, daß / im Fall Sie heyrathen würde /kein anderer als Er Jhrer theilhafftig werden solte; Allein Sie werde durch eine hochwichtige Sache hieran verhindert.


Eilffter Aufftritt.


ARIMANTES und TIRIDATES bemühen sich zwar auch umb der Printzeßin LIBERATÆ Gewogenheit /aber umbsonst.


Zwölffter Aufftritt.


LIBERATA erzehlet dem Könige die Beunruhigung dieser dreyen Liebhaber / und daß Sie allen eine abschlägliche Antwort ertheilet habe.


Dreyzehender Aufftritt.


Der hierüber höchst-erfreute König hoffet wegen solcher Verweigerung desto eher die Printzeßin zu seiner Gegen-Liebe zu bewegen.


Die Schönheit rühmet in einem Sinn-reichen Gesange ihre Magnetische Stärcke in der grossen und kleinen Welt.


Der andern Abhandlung

[246] Erster Aufftritt.


TIRIDATES entschleust sich den fürnehmsten Königlichen Rath OCTAVIUM durch Versprechung eines Persianischen Fürstenthums zu der Entführung der Printzessin LIBERATÆ zu bereden.


Zweyter Auftritt.


Welcher Anschlag ihm auch gelinget / indem beyde dessentwegen einander einen Eyd schweren.


Dritter Auftritt.


Die Reue und die Ehrsucht bekämpffen vortrefflich die Seele deß OCTAVII, selbte aber wird von dieser besieget.


Vierdter Auftritt.


ARIMANTES wil durch Zauberey die Printzeßin LIBERATAM zur Gegen-Liebe bewegen.


Fünffter Auftritt.


Zu dem Ende giebt ihm die kluge CANIDIA einen gewissen Balsam / durch dessen Erwarmung in der LIBERATÆ lincken Hand sie Jhn ohnfehlbar werde lieben müssen.


Sechster Auftritt.


CANIDIA erweiset / daß dieses Kunst-Stück keine Zauberey / sondern in der Natur gegründet sey.


Siebender Auftritt.


FERDINANDUS sincket in Erhebung der LIBERATÆ Schönheit unter einer lieblichen Music in einen sanfften Schlaff.
[247]

Achter Auftritt.


JULIANA erscheinet Jhm in Gestalt eines Geistes /vorgebende / daß Sie Jhr wegen seiner Untreu das Leben verkürtzet; FERDINANDUS aber antwortet im Schlaff mit zweydeutigen Worten / worauff Sie / in Meinung daß diese Reden ihre Person angegangen /höchst-freudig entweichet.


Neundter und Zehender Auftritt.


Die im Königlichen Lust-Garten allein spatzirende Printzeßin LIBERATA wird von zwey vermaßqvirten Mohren gewaltsamer Weise entführet.


Eilffter Auftritt.


Der auff der Prinzeßin ängstliches Ruffen darzukommende RODRIGO nebst den Königlichen Trabanten setzt den Räubern eyfrig nach.


Zwölffter und Dreyzehender Auftritt.


Der höchst-erschrockene König nebst seinen Räthen kommt ebenfalls zu diesem Unwesen / und nachdem Er bey Salvirung der Prinzeßin siehet / daß die zwey gefangen überbrachte vermaßqvirte Räuber selbsten TIRIDATES und OCTAVIUS sind / läst Er diesen durch den Strick / jenen aber / ungeachtet seiner darwider Einwendenden Legations-Freyheit / durch das Beil vom Leben zum Tode bringen.


Die Gerechtigkeit erweiset in einem nachdencklichen Gesange / daß kein Laster verborgen und ungestrafft bleiben könne.


Der dritten Abhandlung

[248] Erster Auftritt.


Der in die Prinzeßin LIBERATAM höchst-verliebte König entschleust sich nach lange bey sich geführtem Gemüths-Streit der Begierde und der Vernunfft Selbte zu heyrathen.


Zweyter Auftritt.


Der Königin ISABELLÆ alß seiner verstorbenen Gemahlin Geist wil Jhn von dieser unanständigen Vermählung abhalten / aber umsonst / massen Er die Prinzeßin vor sich fordern läst.


Dritter Auftritt.


Der König bemühet sich LIBERATAM mit holdseligsten Worten zu seiner Verehligung zu bereden / allein Sie widerleget solch Begehren mit höchster Vernunfft und Bescheidenheit / Jhme zugleich ihre Bekehrung zum Christlichen Glauben entdeckend.


Vierdter Auftritt.


Der höchst-ergrimmte König befihlet dem Heidnischen Priester RAMIRO die Prinzeßin vom Christlichen Glauben abwendig zu machen / der auch mit Jhr eyfrig DISPUTIret / aber vergeblich; Weßwegen Sie ins Gefängnüs geführet wird.


Fünffter Auftritt.


Der Königliche Rath PALAMEDES wird durch der Prinzeßin hohen Witz und Beständigkeit in seiner heimlichen Zuneigung zum Christlichen Glauben vortreflich gestärcket.


Sechster Auftritt.


JULIANA erfreuet sich über der Prinzeßin LIBERATÆ Gefangenschafft / und hoffet hierdurch desto ehender den[249] Printz FERDINAND zu ihrem Gemahl zu überkommen / wirfft dannenhero den Dolch /womit Sie LIBERATAM entleiben wollen / hinweg.


Siebender Auftritt.


AURORA wil durch allerhand Geschencke JULIAnens Gegen-Liebe erlangen / wird aber nur von Selbter verlachet.


Achter Auftritt.


Die im Gefängnüs sitzende Prinzeßin LIBERATA bittet den Allmächtigen GOTT umb gnädigen Beystand in dieser ihrer Verfolgung / insonderheit aber /daß Er doch ein Mittel schicken wolle / wodurch Jhr Herr Vater der König von solcher ungebührlichen Liebe möchte abgehalten werden / und entschläfft vor lauter Mattigkeit.


Neundter Aufftritt.


Dje schlaffende Prinzeßin LIBERATA wird von einem singenden Engel getröstet.


Zehnder Auftritt.


FERDINANDUS ersuchet nochmahls. LIBERATAM umb Jhre Gegen-Liebe / Sie aber schläget Jhm nicht allein selbte gäntzlich ab / sondern Er wird auch durch Jhre Hertzbrechende Reden zum Christlichen Glauben bekehret.


Eilffter Auftritt.


ARIMANTES wil LIBERATAM durch der CANIDIÆ Balsam mit gewaltsamer Erwischung Jhrer lincken Hand zur Gegen-Liebe bewegen / Sie aber reißt Jhm seine Sebel von der Seiten und jaget Jhn damit in die Flucht.
[250]

Zwölffter Aufftritt.


Dem vor lauter Geilheit und Rache brennendem und ins Gefängnüs einbrechenden Könige kommet nicht anders vor / als wenn sich der Prinzeßin Antlitz in einen Mohren verwandelt hätte / wessentwegen Er Selbte als eine Zauberin hinzurichten schlüßig wird.


Die Himmlische Liebe erhebet in einem Trostreichen Gesänge die unbesiegte Keuschheit der Himmlisch-gesinnten Prinzeßin LIBERATÆ.


Der vierdten Abhandlung

Erster Auftritt.


FERDINANDUS dancket dem Allmächtigen GOTT vor die Bekehrung zum Christlichen Glauben / und rühmet der Prinzeßin LIBERATÆ unüberwindliche Keuschheit.


Zweyter Auftritt.


JULIANA erscheinet FERDINANDO in jhrem Rechten Frauenzimmer Habit / wie Er Sie zu Rom gesehen / hoffende / es werde hierdurch die alte Liebe in Jhm gegen Jhr entzündet werden / aber vergeblich. Weßwegen Sie auß lauter Eifersucht Jhme den Todt dräuet.


Dritter Auftritt.


JULIANA erzehlet dem Könige jhre Römische Liebes-Begebenheit mit FERDINANDO und daß Er durch die Prinzeßin LIBERATAM ein Christ worden sey / welches der König in höchsten Ungnaden empfindet / und zugleich dem RODRIGO, beyde lebendig zu verbrennen / höchst-grimmig befiehlet.
[251]

Vierdter Auftritt.


PALAMEDES, als ein heimlicher Christ verflucht diesen Mord-Befehl des Königes / beklaget die Verfolgung der armen Christen / und wil nicht diesem Tyrannischen Schau-Spiele beywohnen / sondern entschleußt sich die Flucht zu nehmen / und sich nach Rom unter die Christen zu begeben.


Fünffter Auftritt.


AURORA, nachdem Sie vernommen / daß JULIANA kein Page / sondern ein rechtes Frauenzimmer sey /lachet sich selber auß / zugleich die Unglückseeligkeit der Menschlichen Seele / als welche durch nichts eher / alß durch die Liebe verblendet werde / beklagende.


Sechster Auftritt.


Der verzweifelnde ARIMANTES dreuet der CANIDIÆ wegen jhrer vermeinten Betrügerey den Todt.


Siebender Auftritt.


CANIDIA, ein kostbares Geschenck vom ARIMAN TES erwartend / wird von demselben mit einem Dolch erstochen.


Achter Auftritt.


Worauff Er sich auch in voller Raserey mit demselben entleibet.


Neundter Aufftritt.


Der König stehet noch im Zweifel / ob Er LIBERATAM und FERDINANDUM, Jene zwar alß seine leibliche Tochter / diesen aber alß seinen nechsten Bluts-Freund wegen des Christlichen Glaubens solle hinrichten lassen / RAMIRO aber verhetzet Jhn dermassen / so daß LIBERATA zur Annagelung an[252] ein Creutze / FERDINANDUS aber zur Hinrichtung durch einen Gifft-Tranck verdammet wird.


Zehender Aufftritt.


LIBERATA wird in Gegenwart des Königes und des Hofes nach vergeblicher Nöthigung zu des Jupiters Opferung / dessen Götzen-Bild auff Jhr andächtiges Gebeth durch einen Donnerschlag zerschmettert wird / unter Anstimmung eines beweglichen Sterbe-Liedgens zu dem Tode geführet.


Die Streitende Kirche betrauret in einem lamentirlichen Gesange den unschuldigen Todt der vor den Nahmen JESU sterbenden Prinzeßin LIBERATÆ.


Der fünfften Abhandelung

Erster Aufftritt.


Jndem FERDINANDUS den unschuldigen Tod der Prinzeßin LIBERATÆ höchlich beklaget /


Zweyter Auftritt.


Wjrd Jhm wegen des angenommenen Christlichen Glaubens auff Befehl des Königes ein Gifft-Tranck überliefert / welchen Er auch unerschrocken zu sich nimmt / und stirbt.


Dritter Auftritt.


Ejn singender Engel schmücket mit einem Lorber-Krantze und Palmen-Zweige die Leiche FERDINANDI.
[253]

Vierdter Auftritt.


JULIANEN reuet vortreflich jhre Verrätherey / wodurch FERDINANDUS getödtet worden / so daß Sie sich auß Verzweifelung in dem Fluße Tagus ersäuffen wil.


Fünffter Auftritt.


Der schwermüthige ALPHONSUS wil im Grünen Ruhe suchen / und sincket vor lauter Melancholey in einen Schlaff.


Siebender Auftritt.


Dem schlaffenden ALPHONSO verkündigen die Geister der von Jhm wegen des Christlichen Glaubens hingerichteten Prinzeßin PHILIPPINÆ, FERDINANDI, RIBERÆ, und HYACINTHI, als Seiner fürnehmsten Bluts-Freunde / Feld-Herrens / und Obristen Priesters / die unaußbleibliche Rache GOttes / wie auch PALAMEDIS Entweichung.


Achter und Neundter Auftritt.


Dem hierüber höchst-erschrockenen Könige erscheinet der Geist LIBERATÆ in den Wolcken unter einer holdseeligsten Music / welche Jhre erlangte Ewige Glückseeligkeit höchlich preiset / und Jhn zu Verlassung des Heidenthums beweglich ermahnet.


Zehnder und letzter Auftritt.


Worauff der König nicht allein der Prinzeßin LIBERATÆ ein höchst-kostbares MONUMENTUM auffzurichten / sondern auch seinem Hoff und gantzen Königreiche den Christlichen Glauben anzunehmen höchst-eifrig befiehlet.


Die Triumphirende Kirche erfreuet sich in einem Siges-Liede über der erlangten Märtyrer-Krone der unüberwindlichen[254] Princeßin LIBERATÆ, wie auch über der Bekehrung Jhres Herrn Vaters und des gantzen Königreichs Portugal zum Christlichen Glauben / zugleich Unserm Allergnädigsten Käyser LEOPOLDO die GLORIEUSE Bekehrung aller Heyden zum Christenthum durch seinen Siegprangenden Scepter Hertzinnigst verwünschend.[255]


Quelle:
Johann Christian Hallmann: Sämtliche Werke. Band 2, Berlin und New York 1975, S. 243-256.
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