Siebente Scene.

[46] Im Augenblicke, wo die Wirtin hineineilt, hört man.


ERNSTS STIMME. 's Masser – 's Masser nahm ich, wenn De mir iberall ei's Gehege kimmst! Man hört durcheinander schreien: »Ernst!« »kenn' Streit, Ernst!« »Ach!« Lachen. »Immer nihm a!«.

BAUER horcht und duckt sich.


Im nächsten Augenblick kommt ein Wirbel von Menschen nach der Gaststube. Ernst voran, den einige Burschen von Joseph abzudrängen suchen.
[46]

ERNST schreit. Lus sullt'r mich lo'n! Lus sullt'r mich lo'n! – ich wihl nu' amol mit dam Zigeunerkerle Abrechnung hal'n –

BAUER schnellt empor. Du – Du bist au hie? –

ERNST erschrocken verstummt. Es entsteht eine rückläufige Bewegung.

BAUER. Ich hätt' mir'sch ju denka kinn'! Ich hätt' mir'sch ju denka kinn'! Hust Dich ju zum Feierobende schun asu geschniegelt und gebiegelt –, daß Dir die Bihmscha keene Ruh wirda lo'n! Einige andere drängen sich mehr herein. Nischnutziges Volk is ju nu grade genung beisamma! Stark. Immer kummt rei'. Ihr kinnt's immer amol mite hier'n. Eure Väter sa'n 's Euch vielleichte nee asu.


Ernst, in Verlegenheit, will sich setzen.


BAUER. Stihn blei'st De! Was hust De d'n noch im Mitternacht hie zu sicha? Ich wills wissa.

ERNST bleibt stumm.

BAUER tritt neben ihn. Oder sull ich D'r druf halfa. Vielleicht fällt Dir'sch do ei?

ERNST bleibt stumm.

BAUER. Nu – wie werd's d'n, Muttersihnla? Wißt De's noch nee?

ERNST trotzig. 's schadt ju niemanda nischt.

BAUER. 's schadt ju niemanda nischt. 's schadt au niemanda nischt, wenn De a Liderjan bist –wenn De statts zu arbeita mit a Frauenzimmern rimlungerscht und au reene gar nischt kanst, als assa und schlofa und Dich mit alla Leuta rimzuschla'n! gelt? – Du! – Bist De denn werklich gar schun madig gewor'n bis im a Stiel? – Er ohrfeigt ihn.[47]

ERNST unbeweglich. Immer schla' zu. Ich kan's aushal'n!

BAUER. Nu hiert ock amol, hiert ock amol! 's Muttersihnla! das is's Muttersihnla! – Das kan Kummer und Surga vom Vater aushal'n, daß se au gar nischt fruchta und halfa, als Trutzigkeet und Bosheet! –

ERNST kochend. 's Madel! die kan macha, was se wihl, 's is gut! Und die kan breeta, was se wihl, 's is gut –

BAUER schreit. 's Madel! 's Madel! die macht an Sache.

ERNST höhnisch. 's Madel! die macht an Sache. Mit Schindler Joseph werd die schun an Sache macha! das heßt!


Einige der Zusehenden lachen.


BREITE drängt sich vom Tanzsaal durch. Joseph ihr nach. Sie ist kreidebleich, zurücksprechend. Ich sa's 'n. Ich sa's 'n. – Vater! Was dar Junge – Sie kann nicht weiter reden.

BAUER ist in sich hineingesunken und stiert sie an. Mir schwerer Sprache. A! – Madel! – Madel!

WIRTIN. Gotlieb – Gotlieb!

ANDERE lachen.

BAUER verstört. Pauline! – Pauline! – Gih ock – gih ock! – Ich muß doch mit menn' Madel – a Wort – reda! –


In alle kommt eine lässige Bewegung.


WIRTIN. Nu ju ju – mir war'n gihn! Gotlieb aber mach's ock glimpflich. Mach's ock hibsch glimpflich! –


Sie verschwinden langsam, von der Wirtin gedrängt.
[48]

BAUER. Mein Gott, mein Gott, Pauline, was hot's d'n gega'n?

WIRTIN drängt Joseph mit sich fort. Nu ju ju, Gotlieb! – An der Thür. Gotlieb, mach's glimpflich! Hierscht De! hierscht De!


Alle außer Bauer und Breite ab.


Quelle:
Carl Hauptmann: Ephraims Breite. Berlin 1900, S. 46-49.
Lizenz:
Kategorien: